Integration 2014 2019 - Von Alb bis Zukunft - Landratsamt Zollernalbkreis
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Inhalt 1. Ü berblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 5 Thorsten Müller und Axel Schuler, Rechts- und Ordnungsamt 1.3 Die Situation im Zollernalbkreis 10 1.4 Auswirkungen durch die LEA Meßstetten auf die Zuweisung von Geflüchteten 11 2. D ie Unterbringung im Zollernalbkreis 15 Thorsten Müller und Axel Schuler, Rechts- und Ordnungsamt 3. D ie Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten 19 Andreas Binder und Patrizia Hirt, LEA Meßstetten 3.1 Maßnahmen zur Integration in der LEA Meßstetten 20 3.2 Das Begegnungszentrum 23 von Sylke Schlude, Roswitha Kostanzer, Karl-Otto Gerstenecker, Ralf Greiner, Gisela Straub, Margot Dreher und Alfred Sauter 3.3 Die Arbeit der Streetworker in der LEA Meßstetten 25 Andreas Binder und Karl-Otto Gerstenecker 3.4 Transparenz und Bürgernähe 27 4. U nbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) 31 Eugen Merz, Kreisjugendamt 4.1 Rethinka – Jugendwohnheim Hechingen 36 Janina Gillé, Erzbischöfliches Kinderheim Haus Nazareth 4.2 Geschäftsbereich Albstadt – Diasporahaus Bietenhausen 36 Jürgen Naumann und Astrid Kiefer-Kirsamer 5. D ie soziale Betreuung im Zollernalbkreis 39 5.1 Stadt Albstadt und Caritas Schwarzwald-Alb-Donau 39 Elisa Alber, Caritas Schwarzwald-Alb-Donau 5.2 IntegrationsForum Albstadt 42 Frank Märkle, Stadt Albstadt 5.3 Caritasverband für das Dekanat Zollern 43 Saskia Tschöpe 5.4 Diakonische Bezirksstelle Balingen 45 Melanie Schneider-Brutschin Aus Gründen der besseren 5.5 DRK Kreisverband Zollernalb e.V. 47 Lesbarkeit verwenden wir Eike Kloka, DRK ausnahmsweise vorwiegend die männliche Sprachform. 5.6 Integrationsmanagement in der Anschlussunterbringung 50 2
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 6. E hrenamtliches Engagement 51 6.1 AK Asyl Albstadt 51 Nathalie Hahn 6.2 Asyl Balingen – Erlebnisse im Ehrenamt 52 Berthild Fechner, AK Asyl Balingen 6.3 AK Asyl Bitz 54 6.4 AK Asyl Burladingen 55 Schwarzwälder Bote, 10.03.2017 6.5 Warum hilft der Unterstützerkreis Asyl Haigerloch? 56 Ingo Pape 6.6 AK Asyl Hechingen 56 Almut Petersen 6.7 Herzlich willkommen in Geislingen 58 Hubert Gulde, Flüchtlingsbeauftragter der Stadt Geislingen 6.8 AK Asyl Ratshausen – Interview mit Irmgard Kolbe 60 6.9 Willkommen beim Freundeskreis Rosenfeld-Isingen! 61 Melanie Schneider-Brutschin, Diakonie Bezirksstelle Balingen 6.10 Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit beim DRK Kreisverband Zollernalb e.V. 63 Silke Weinmann und Natalie Hahn 7. W eitere Akteure und Projekte 65 Folgende Einrichtungen, Akteure und Projekte stehen exemplarisch und stellvertretend für viele weitere im Zollernalbkreis. 7.1 Stabsstelle Integration und Flüchtlingshilfe 65 Ute Sauter, Landratsamt 7.2 Bildungskoordination für Neuzugewanderte 72 Luisa Wöhrle 7.3 Agentur für Arbeit und Jobcenter Zollernalbkreis 76 Rolf Gehring, Agentur für Arbeit, Balingen 7.4 Sprachkursangebote im Zollernalbkreis 79 Snezana Berger, Deutsche Angestellten Akademie Albstadt und Ute Sauter 7.5 Ehrenamtliche interkulturelle Sprachvermittler im Zollernalbkreis 81 Lilli Oster, Caritas Schwarzwald-Alb-Donau 7.6 Projekt LAurA – Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Zollernalbkreis 82 Heinz Schwager, BBQ 7.7 STÄRKE Kurse beim Jugendförderverein Zollernalbkreis e.V. 86 Uschi Groß, Jugendförderverein Zollernalbkreis e.V. 3
Vorwort Nachdem wir 2014 eine Bestandsaufnahme über die Ak- teure und Projekte im Bereich von Integration von Men- schen mit Migrationsgeschichte im Zollernalbkreis darge- legt haben, stehen jetzt die Migration von Geflüchteten und die beteiligten Akteure von 2014 bis 2019 im Zollern albkreis im Mittelpunkt. Die aufgeführten Projekte und Persönlichkeiten stehen stellvertretend für viele weitere Leuchtturmprojekte im Zollernalbkreis. Wanderungsbewegungen prägen die Welt und damit ebenso Deutschland. Migration und Immigration sind die Regel, nicht die Ausnahme. Rund 14 Millionen Gastar- beiter kamen in den 1950er- und 1960er-Jahren mit den verschiedenen Anwerbeabkommen zu uns. Drei Millionen von ihnen fanden dauerhaft hier ihre Heimat. Darüber hinaus kamen vor allem ab Ende der 1980er Jahre 4,5 Millionen Aussiedlerinnen und Aussiedler nach Deutschland. Integration geschieht vor Ort, zum Beispiel in Kindergärten und Schulen, am Arbeitsplatz und im Sportverein. Integration dauert und ist aufgrund kultureller und sprachlicher Unterschiede eine enorme Herausforderung. Dass Flüchtlinge und Migranten in unserem Landkreis wirklich „ankommen“, betrifft uns alle. Es erfordert Offenheit und Interesse auf der einen und die Bereitschaft, sich einzubringen und Neues zu lernen, auf der anderen Seite. Integration ist, wenn aus Fremden Freunde werden. Dieser Integrationsbericht zeigt die unterschiedlichsten erfolgreichen An gebote sowie die zahlreichen gelungenen Projekte im Zollernalbkreis. Damit wollen wir Impulse geben und sensibilisieren. Günther-Martin Pauli Ute Sauter Landrat des Zollernalbkreises Stabsstelle Integration und Flüchtlingshilfe 4
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 1 Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 Thorsten Müller und Axel Schuler, Rechts- und Ordnungsamt Deutschland Die vergangenen Jahre waren geprägt von einem star In den letzten drei Jahren kamen die meisten Flücht ken Zuzug asylbegehrender Menschen. Kriegerische linge aus Syrien. Waren in den Jahren 2014 und 2015 Handlungen, prekäre wirtschaftliche Situationen und noch sichere Herkunftsländer wie Serbien und Albanien Armut treiben die Menschen nach Europa und vor allem unter den Top-5-Herkunftsländern, so setzt sich dieser nach Deutschland. Trend ab dem Jahr 2016 nicht mehr fort. 2015 gab es aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien mas- Im Gegensatz zu den Vorjahren sind Menschen aus siche- sive Fluchtbewegungen. Der dortige Bürgerkrieg zwang ren Herkunftsländern nicht unter den Top-5 Herkunfts- hunderttausende Menschen zur Flucht. Infolge des star- länder der Asylsuchenden vertreten. Ein Grund hierfür ken Zugangs war die Annahme eines Asylantrags in den dürfte sein, dass einzelne Bundesländer, wie beispiels- Erstaufnahmeeinrichtungen oftmals nicht möglich. Folg- weise Baden-Württemberg, Personen aus diesen Ländern lich kam es im Jahr 2015 zu einer Differenz zwischen Zu- nicht mehr auf die Stadt und Landkreise verteilen, son- gangszahlen und der Summe der Asylanträge. Genaue dern direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in ihre Zugangszahlen liegen nicht vor. Es ist davon auszugehen, Heimatländer zurückführen. dass im Jahr 2015 rund 890.000 asylsuchende Men schen nach Deutschland einreisten. 5
1. Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 Antragsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 1.000.000 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Erstanträge Folgeanträge Zugang Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Die häufigsten 5 Herkunftsländer von in Deutschland lebenden Asylsuchenden: 2014 Albanien 9 % 2015 Irak 10 % Afghanistan 10 % Afghanistan 11 % Syrien 45 % Syrien 52 % Kosovo 11 % Eritrea 15 % Serbien 20 % Albanien 17 % Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 6
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 2016 2017 Eritrea 3 % Iran 8 % Iran 5 % Eritrea 10 % Irak 18 % Syrien 50 % Syrien 45 % Afghanistan 16 % Afghanistan 24 % Irak 21 % Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2018 (Stand 07/18) Iran 10 % Nigeria 12 % Syrien 47 % Afghanistan 13 % Irak 18 % Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 7
1. Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 Baden-Württemberg Grundsätzlich werden die in Deutschland ankommenden erfolgt die Registrierung, Gesundheitsuntersuchung und asylsuchenden Menschen auf die einzelnen Bundeslän- Asylantragstellung. Nach circa drei bis sechs Monaten der nach dem sogenannten „Königsteiner-Schlüssel“ werden die Personen den Landkreisen zur vorläufigen Un- verteilt. Die Quote nach dem Königsteiner-Schlüssel setzt terbringung zugewiesen. Massive Migrationsbewegungen sich aus dem Steueraufkommen und der Bevölkerungs- im Sommer 2015 spiegelten sich ab Herbst 2015 in den zahl des jeweiligen Bundeslandes zusammen. Auf Baden- Zugangszahlen der Erstaufnahmeeinrichtungen wider. Württemberg entfallen demnach rund 13 Prozent aller ankommenden Asylsuchenden bundesweit. Damit hat Die höchsten Zugänge wurden in den Monaten Oktober Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen und Bay- (39.656 Personen) und November 2015 (36.601 Personen) ern die drittstärkste Quotenverteilung. verzeichnet. Der starke Rückgang der Zugangszahlen im Jahr 2016 ist die Folge von Grenzschließungen einzel- In Baden-Württemberg ankommende asylbegehrende ner Länder auf der sogenannten Balkan-Route. 2018 be- Personen werden in einer der Landeserstaufnahmeein- trägt der monatliche Zugang in Baden-Württemberg circa richtungen für Asylbewerber (LEA) untergebracht. Dort 1.600 Personen. Zugangszahlen Baden-Württemberg Januar 2015 – Juni 2017 45.000 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 Jan. 2015 Feb. 2015 März 2015 April 2015 Mai 2015 Juni 2015 Juli 2015 Aug. 2015 Sept. 2015 Okt. 2015 Nov. 2015 Dez. 2015 Jan. 2016 Feb. 2016 März 2016 April 2016 Mai 2016 Juni 2016 Juli 2016 Aug. 2016 Sept. 2016 Okt. 2016 Nov. 2016 Dez. 2016 Jan. 2017 Feb. 2017 März 2017 April 2017 Mai 2017 Juni 2017 Juli 2017 Aug. 2017 Sept. 2017 Okt. 2017 Nov. 2017 Dez. 2017 Jan. 2018 Feb. 2018 März 2018 April 2018 Mai 2018 Juni 2018 Juli 2018 Aug. 2018 Sept. 2018 Okt. 2018 Quelle: Innenministerium Baden-Württemberg 8
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Zollernalbkurier, 18.12.2015 Hohenzollerische Zeitung, 08.04.2017 Schwarzwälder Bote, 07.03.2018 9
1. Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 1.3 Die Situation im Zollernalbkreis Die Verteilungsquote innerhalb Baden-Württembergs Seit Juli 2016 war der Zollernalbkreis von dieser freiwilli- berechnet sich nach der Anzahl der Einwohner im jewei gen Aufnahme aufgrund der rückläufigen Zugangszahlen ligen Stadt- oder Landkreis. Somit erhält der Zollern ausgenommen. Zuletzt wurden ab Anfang 2017 wieder albkreis rund 1,7 Prozent der auf Baden-Württemberg Flüchtlinge und Asylsuchende aufgenommen, seit Beginn verteilten Asylsuchenden. 2018 sind es durchschnittlich zehn Personen pro Monat. Das Landratsamt nimmt als untere Aufnahmebehörde die Die vorläufige Unterbringung durch den Landkreis en- zugeteilten Menschen auf und bringt sie vorläufig unter. det mit der Unanfechtbarkeit des Asylantrags, Erteilung Von dieser Aufnahmepflicht war der Zollernalbkreis wäh- eines Aufenthaltstitels oder spätestens 24 Monate nach rend des Betriebs der Landeserstaufnahmeeinrichtung Aufnahme in der vorläufigen Unterbringung. Anschlie- (LEA) in Meßstetten befreit (sogenanntes „LEA-Privileg“). ßend werden die Menschen den Städten und Gemeinden Dennoch nahm der Kreis freiwillig Flüchtlinge in bereits zur Anschlussunterbringung zugewiesen. bestehende Gemeinschaftsunterkünfte auf. Die bundes- und landesweiten Entwicklungen spiegeln sich bei der Aufnahmequote des Zollernalbkreises wider. Kreisweite Aufnahmezahlen von Asylsuchenden in der vorläufigen Unterbringung 450 405 400 355 350 300 279 250 200 169 150 142 120 120 104 104 100 97 75 50 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Zugänge FlüAG Prognose FlüAG 10
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 1.4 Auswirkungen durch die LEA Meßstetten auf die Zuweisung von Geflüchteten Der Zollernalbkreis wurde nach der Inbetriebnahme Ferner erfolgte die freiwillige Aufnahme von Geflüchte- der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchen ten aber ebenso unter dem Gesichtspunkt der Solidari de in Meßstetten im Oktober 2014 von der Aufnah tät mit den anderen Landkreisen, die aufgrund der unver- me Erstantragsteller ausgenommen (sogenanntes mindert hohen Zugangszahlen erhebliche Probleme bei „LEA-Privileg“). Aus Solidarität wurden trotzdem wei der Unterbringung hatten. tere Menschen aufgenommen. Während der Laufzeit der LEA in Meßstetten war das Das Land Baden-Württemberg hat dem Zollernalbkreis Landratsamt in den Betrieb miteingebunden, so führten zugesichert, dass die während des Betriebs der LEA Meß- Ärzte des Gesundheitsamtes die Gesundheitsuntersu- stetten freiwillig aufgenommenen Personen auf die nach chung durch. Die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger der Schließung der LEA wieder anstehende Zuweisung Ausländer organisierte das Jugendamt des Landkreises. angerechnet wird. Herkunftsländer der im Jahr 2014 vorläufig untergebrachten Personen im Zollernalbkreis 2014 Indien 3 % Eritrea 4 % Übrige Länder 10 % Serbien 32 % Gambia 5 % Bosnien und Herzegowina 5 % Mazedonien 8 % Kosovo 15 % Syrien 18 % 11
1. Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 2015 Eritrea 4 % Bosnien 3 % Kosovo 4 % Serbien 25 % Sonstige 6 % Mazedonien 5 % Gambia 7 % Albanien 10 % Syrien 26 % Afghanistan 10 % 2016 Somalia 4 % Serbien 6 % Sichere Herkunftsländer 11 % Eritrea 6 % Syrien 27 % Irak 7 % Gambia 15 % Afghanistan 24 % 12
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 2017 Nigeria 4 % Irak 3 % Eritrea 4 % Türkei 3 % Somalia 6 % Sonstige Länder 7 % Russische Föderation 6 % Syrien 24 % Iran 6 % Anmerkung: Sonstige Länder (Guinea, Marokko, Algerien, Kamerun, Serbien, Mazedonien Afghanistan 18 % Gambia 19 % Tunesien, Äthiopien, Georgien, ungeklärt) Somalia 3 % 2018 Irak 4 % Nigeria 2 % Türkei 7 % Sonstige Länder 10 % Iran 7 % Gambia 23 % Russische Föderation 7 % Anmerkung: Sonstige Länder (Guinea, Marokko, Algerien, Eritrea 10 % Kamerun, Serbien, Mazedonien Tunesien, Äthiopien, Georgien, Syrien 16 % ungeklärt) Afghanistan 11 % Stand: bis April 2018 13
1. Überblick über die Entwicklung in den Jahren 2014 – 2018 Ana aus Georgien Mustapha aus Gambia Ausbildung zur Konditorin Auszubildender Elektriker Ana ist 19 Jahre alt und seit drei Jahren in Deutschland. Mustapha ist 22 Jahre alt und im zweiten Lehrjahr Sie macht eine Ausbildung zur Konditorin beim Café Baier seiner Ausbildung bei Elektrohaus Bühler. Er kam im in Schömberg. Nachdem sie das Sprachniveau B1 erreicht Winter 2015 nach Deutschland und der Schnee war hat plante sie, den Hauptschulabschluss zu machen. etwas ganz besonderes für Ihn. Durch seinen Vater Nach einem Praktikum wurde ihr jedoch dieser Ausbil- kam er zu seinem Beruf, denn dieser ist Elektriker in dungsplatz angeboten und sie ist direkt eingestiegen. Gambia. Seine Ausbildung macht ihm sehr viel Spaß. Faniel aus Eritrea Ahmad aus Syrien Arbeitet als Fachkraft für Metalltechnik Auszubildender Pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter Faniel ist 19 Jahre alt und arbeitet bei der Firma Krug und Priester in Balingen. Durch ein Schulpraktikum Ahmad ist seit drei Jahren in Deutschland. In der hat er eine Stelle in der Stanzerei bekommen und VABO-Klasse in Hechingen hat er deutsch gelernt möchte irgendwann eine Ausbildung in diesem Be- und ein Praktikum in der Apotheke gemacht. Seine reich machen. Ausbildung macht er bei der Heidelberg-Apotheke in Bisingen. 14
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 2 Die Unterbringung im Zollernalbkreis Thorsten Müller und Axel Schuler, Rechts- und Ordnungsamt Gemeinschaftsunterkunft Aviona in Hechingen Über 21 Jahre lang diente das alte Fabrikgebäude Avio Die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchen- na in der Runkellenstraße in Hechingen als Gemein den erfolgt seit 2014 im Zollernalbkreis dezentral in schaftsunterkunft (GU) für asylsuchende Menschen im Gemeinschaftsunterkünften. Hierbei handelt es sich um Zollernalbkreis. Nachdem der Landkreis jahrzehnte kleinere Einheiten mit Wohnheimcharakter. lang das Gebäude gemietet hatte, erwarb er es im Jahr 2013. Bis 2014 wurden alle dem Landkreis zugewiese nen asylsuchenden Menschen in der GU in Hechingen untergebracht, die über Raum für über 190 Personen verfügte. Da das Aviona-Gebäude nicht mehr dem heutigen Stan- dard entsprach, beschloss der Kreistag im April 2016 des- sen Abriss. Ab Herbst 2016 begann der Rückbau, April 2017 wurde das Terrain eingeebnet. Die Neubebauung ist derzeit in Planung. 15
2. Die Unterbringung im Zollernalbkreis Die Aufenthaltsdauer in den Gemeinschaftsunterkünften soziale Betreuung auf ein eigenständiges Leben vorzu- soll generell insbesondere für Familien so kurz wie mög- bereiten. lich gehalten werden. Dennoch ist es erforderlich, die be- troffenen Personen in der Zeit des Aufenthalts in einer Mit der Integration in das gesellschaftliche Leben in den Gemeinschaftsunterkunft durch Sprachkurse und enge Gemeinden wird damit bereits frühzeitig begonnen. Rangendingen Haigerloch Hechingen Grosselfingen Jungingen Bisingen Geislingen Burladingen Rosenfeld Balingen Dautmergen Dormettingen Bitz Dotternhausen Zimmern u.d.B Albstadt Schömberg Hausen a.T. Winterlingen Weilen i.d.R. Ratshausen Meßstetten Obernheim Straßberg Nusplingen Das dreistufige Unterbringungsverfahren 1 Erstaufnahme: • Zuständigkeit: Regierungspräsidium • Registierung, Gesundheitsuntersuchung, Asylantrag, -anhörung • nach max. 6 Monaten erfolgte die Weiterleitung in die vorläufige Unterbringung 2 Vorläufige Unterbringung: • Zuständigkeit: Landratsamt • Nach Abschluss des Asylverfahrens bzw. nach max. 2 Jahren erfolgte die Weiterleitung zur Anschlussunterbringung in die kreisangehörigen Städte/Gemeinden 3 Anschlsussunterbringung: • Zuständigkeit: Stadt/Gemeinde 16
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Soziale Betreuung während der vorläufigen Unterbringung Das Landratsamt gewährleistet während der vorläufigen Der Landkreis hat die Sozialbetreuung auf die Träger der Unterbringung eine adäquate soziale Betreuung. Ziel ist freien Wohlfahrtshilfe übertragen. es, den untergebrachten Menschen zu ermöglichen, ein menschenwürdiges, selbstverantwortliches Leben in Seit dem 01.01.2017 wurde die soziale Beratung und Be Deutschland zu führen und ihre Integrationsfähigkeit zu treuung übernommen von: erhalten. Insbesondere soll über den Aufenthalt und das Leben in Deutschland beraten und eine Lebensperspekti- • Caritasverband für das Dekanat Zollern ve erarbeitet werden. Während der Anschlussunterbrin- • Caritas Schwarzwald-Alb-Donau gung in den Städten und Gemeinden obliegt die soziale • Diakonie Balingen Beratung und Betreuung ebenfalls der unteren Aufnah- • DRK Zollernalb mebehörde. Sozialbetreuung ab 2017 Bietenhausen Bad Imnau Höfendorf Trillfingen Bittelbronn Hart Bechtholdsweiler Rangendingen Sickingen Stein Haigerloch Weildorf Beuren Stetten Hechingen Weilheim Salmendingen Schlatt Melchingen Gruol Grosselfingen Stetten Owingen Heiligenzimmern Wessingen Jungingen Ringingen Stetten u.H. Boll Killer Zimmern Hörschwag Binsdorf Bisingen Ostdorf Starzeln Bickelsberg Erlaheim Engstlatt Thanheim Brittheim Rosenfeld Onstmettingen Hausen im Killertal Burladingen Geislingen Isingen Balingen Streichen Gauselfingen Leidringen Tailfingen Erzingen Endingen Pfeffingen Frommern Zillhausen Dormettingen Stockenhausen Burgfelden Täbingen Dautmergen Truchtelfingen Bitz Weilstetten Roßwangen Margrethausen Zimmern Dotternhausen u.d. Burg Laufen Schömberg Lautlingen Harthausen Hausen am Tann Ebingen Tieringen Winterlingen Weilen Ratshausen Hossingen u.d. Rinnen Schörzingen Oberdigisheim Straßberg Meßstetten Benzingen Obernheim Unterdigisheim Kaiseringen Hartheim Heinstetten Nusplingen Diakonische Bezirksstelle Balingen AU / Caritas Zollern VU Caritas Schwarzwald-Alb-Donau VU+AU Diakonische Bezirksstelle Balingen VU+AU Deutsches Rotes Kreuz Zollernalb VU+AU Caritas Zollern VU+AU VU Vorläufige Unterbringung AU Anschlussunterbringung 17
2. Die Unterbringung im Zollernalbkreis Wohnsitzregelung Mit dem am 6. August 2016 in Kraft getretenen Integra tionsgesetz wurde vom Bundesgesetzgeber eine Rege lung zur Steuerung der Wohnsitzaufnahme eingeführt. Demnach ist zur Förderung seiner nachhaltigen Integra- tion in die Lebensverhältnisse in Deutschland ein Auslän- der, der als Asylberechtigter, Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter anerkannt worden ist, grundsätzlich verpflichtet, für den Zeitraum von drei Jahren ab Aner- kennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land seinen Wohnsitz zu nehmen, in das er zur Durchfüh- rung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Auf- nahmeverfahrens zugewiesen worden ist.1 1 vgl. § 12a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) Mahmoud aus Syrien Jawied aus Afghanistan Auszubildender Kfz-Mechatroniker Arbeitet als Fachkraft für Metalltechnik Mahmoud ist 20 Jahre alt und im zweiten Lehrjahr Jawied ist 19 Jahre alt. Er arbeitet bei Krug und Pries- seiner Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker beim Auto ter in Balingen in der Schweißerei. Er ist 2016 nach haus Kleinmann in Hechingen. Durch ein Schulprak Deutschland gekommen und wohnt in Balingen. tikum hat er seinen Beruf kennengelernt. 18
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 3 Die Landeserst aufnahmestelle (LEA) in Meßstetten Andreas Binder und Patrizia Hirt, LEA Meßstetten Auf dem Gelände der ehemaligen Zollernalb-Kaserne 2015 musste die Kapazität um mehr als das Dreifache öffnete im Oktober 2014 die LEA Meßstetten als zwei- überschritten werden. Über 3.500 Flüchtlinge waren te Landeserstaufnahmeeinrichtung in Baden-Württem- nun in der LEA zu versorgen. Die Einrichtung einiger berg. Die Kapazität wurde zunächst auf 1.000, zum Außenstellen, z. B. in Hechingen, Ergenzingen, Ulm und 01.01.2017, dann auf maximal 500 Bewohner festgelegt. Weingarten wurde notwendig, um diese hohe Zahl an In der LEA Meßstetten wurden Flüchtlinge unter anderem Flüchtlingen angemessen unterzubringen. Die Situation aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Somalia und Eritrea war damals für alle Beteiligten der LEA und für die be- untergebracht und betreut. Zum 31.12.2017 schloss die troffenen Menschen in der Stadt Meßstetten eine große Einrichtung. Herausforderung. Bei Eröffnung der LEA kamen pro Tag zwischen 50 und Ab dem 1. März 2016 lag die Bewohnerzahl wieder unter 100 schutzsuchende Menschen in Meßstetten an. Die 1.000 und ab 18. März 2016 unter 500. Durch die Schlie Bewohnerzahl lag zu dieser Zeit bei rund 1.000 Bewoh- ßung der Balkanroute zu Beginn des Jahres 2016 nahm nern. Als die Flüchtlingszahlen deutschlandweit zunah- die Zahl der Neuankömmlinge stark ab. Etwa fünf bis zehn men, steigerten sich die Zugänge in der LEA Meßstetten Menschen fanden täglich den Weg in die Erstaufnahme- drastisch. Pro Tag kamen mindestens 100 Flüchtlinge an, einrichtung in Meßstetten. Ab April 2016 lag die Bewoh- sodass die Bewohnerzahl schnell anstieg. Im Oktober nerzahl konstant bei rund 350. 19
3. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten Bewohnerzahlen in der LEA Meßstetten Dezember 2014 – März 2017 4.000 3.500 3268 3.000 2949 2732 2.500 2.000 1920 1776 1761 1.500 1152 1454 1.000 945 1144 837 500 447 478 350 282 312 332 343 0 230 01.12.2014 01.03.2015 01.06.2015 01.09.2015 01.12.2015 01.03.2016 01.06.2016 01.09.2016 01.12.2016 01.03.2017 3.1 Maßnahmen zur Integration in der LEA Meßstetten Da die Verweildauer in Erstaufnahmeeinrichtungen Meßstetter Bürger gefördert wurde. Dort berichteten wenige Wochen beträgt, können hier nur sehr begrenzt Flüchtlinge über ihr Heimatland, ihre Flucht und ihr An- Maßnahmen zur Integration der Flüchtlinge ergriffen kommen in Deutschland/Meßstetten. Zu diesen Veran- werden. Dennoch wird versucht die Menschen so gut staltungen war die einheimische Bevölkerung eingeladen. wie möglich auf das Leben in Deutschland vorzuberei ten und die Bevölkerung mit auf den Weg zu nehmen. In Die Vorträge von Flüchtlingen aus Serbien, Afghanistan, der LEA Meßstetten gab es daher verschiedene Maß Syrien, dem Irak und Somalia waren sehr interessant und nahmen. halfen dabei, die Probleme und Gründe, die zur Flucht der Betroffenen beitragen, zu verstehen. Rundgänge Deutschkurse Um Transparenz zu leben, fanden in regelmäßigen Ab- ständen öffentliche Rundgänge durch die LEA Meßstet- In der LEA Meßstetten gab es zum einen die Möglichkeit, ten statt. Alle interessierten Bürger konnten sich anmel- einen Sprachkurs der Deutschen Angestellten Akademie den und teilnehmen. Hierbei sollte den Besuchern der (DAA) zu besuchen, zum anderen gab es Deutschkurse im Ablauf des Verfahrens in einer Erstaufnahmeeinrichtung, Begegnungszentrum. die Art der Unterbringung und der Versorgung näher ge- bracht werden. Gerüchte, die sich immer wieder verbrei- Die Sprachkurse der DAA waren bereits der Beginn der teten, wurden bei diesen Rundgängen angesprochen und Integrationskurse, die die Flüchtlinge nach ihrer Ver- konnten in fast allen Fällen ausgeräumt werden. legung in die Kreise absolvieren. Sie fanden drei Mal wöchentlich statt. Die Deutschkurse im Begegnungszen- trum, die von 16 ehrenamtlich aktiven Menschen, davon „Mensch von nebenan“ zehn mit pädagogischer Ausbildung, angeboten wurden, fanden fünf Mal pro Woche statt. Zusätzlich gab es noch Regelmäßig fand eine Veranstaltung im Begegnungs- einen Sprachkurs für Jugendliche im Begegnungszen- zentrum unter dem Motto „Mensch von nebenan!“ statt, trum und einen weiteren für Kinder im Kindergarten durch die das Miteinander der LEA Meßstetten und der der LEA. 20
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Ehrenamt Die Arbeit der ehrenamtlich engagierten Menschen war ein wichtiger Baustein für die Integration der in der LEA Meßstetten lebenden Flüchtlinge. Einheimische und Flüchtlinge trafen im Begegnungszen trum der LEA zusammen, das im ehemaligen Soldaten- heim gegenüber der LEA untergebracht war. Hier knüpf- ten die Menschen Kontakte und kamen miteinander ins Gespräch. Rund 100 Freiwillige aus der Region küm- merten sich dort um die Flüchtlinge und machten Ange- bote für unterschiedliche Zielgruppen. Die Zahl der eh- renamtlichen Helfer war bemerkenswert und konstant hoch. Zu diesen Angeboten gehörte beispielsweise das Café Welcome, in dem Kaffee und Tee für einen geringen Betrag angeboten wurde. Das Café war für die Öffent- lichkeit zugänglich und hatte an sechs Tagen in der Wo- che geöffnet. Das Internetcafé, die Kleidersortierung, Sportangebote, Strickkurse, Tischtennisturniere, Kegeln und viele wei- tere Freizeitaktivitäten gehörten zu den Angeboten der Ehrenamtlichen im Begegnungszentrum. (Ausführliche Informationen zum ehrenamtlichen Engagement im Be- gegnungszentrum in Kapitel 3.2) aldpädagogisches Projekt des Forstamtes Zollernalbkreis für Kinder und W Jugendliche der Landeserstaufnahmestelle für Asylsuchende Meßstetten (LEAF) Für die 300 bis 400 Kinder in der LEA bestand ein Be treuungsangebot in Form eines „Kindergartens“ für den weit gefassten Altersbereich von 3 bis 12 Jahren. Die Einrichtung besuchten regelmäßig bis zu 80 Kin der. Der Kindergarten verfügte im Außenbereich über einen Kinderspielplatz, der mit Unterstützung des Forstamtes angelegt wurde. Projekt „LEAF“ Das Forstamt Zollernalbkreis bot seit April 2015 in re- gelmäßigen Abständen, zunächst einmal im Monat, ein Projektbeteiligte waren neben dem Forstamt Zollernalb- Wald- und Erlebnispädagogikprogramm für Kinder kreis das Haus des Waldes, die LEA Meßstetten und die und Jugendliche der LEA Meßstetten an. Das Angebot Auszubildenden des Landratsamtes Zollernalbkreis. Dem war ausgerichtet für Kinder in einem Altersbereich von 6 Forstamt Zollernalbkreis oblag die Gesamtprojektsteu- bis 12 Jahren. Pro Veranstaltung wurden max. 50 Kinder erung. Projektbeauftragte waren die Betriebsleitung für jeweils einen Nachmittag in Form eines Waldtages des Stadtwaldes Meßstetten, die dortige Forstrevierlei- betreut. tung und ein Trainee des Forstamtes, die fallweise von 21
3. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten weiteren Kollegen unterstützt wurden. Die LEA Meß- handenes Wildgehege mit Spielplatz ergänzte ideal das stetten war organisatorisch über die Leitung des Kin- Programm. Den Abschluss bildete regelmäßig ein Lager dergartens eingebunden. An den Projekttagen stan- feuer mit Stockbrotbacken. den die dortigen Betreuungskräfte für die Betreuung des Waldtages zur Verfügung, da der Kindergarten an den Veranstaltungsnachmittagen geschlossen blieb. Die Auszubildenden des Landratsamtes beteiligten sich an dem Pädagogikprojekt im Rahmen ihres Azubi-Projekts. Eine Interessenabfrage über die Auszubildendenvertre- tung des Personalrates hatte hier eine große Resonanz ergeben. Die starke Beteiligtenzahl war notwendig, um den erfor- derlichen Betreuungsschlüssel über einen zunächst auf 1½ Jahre angelegten Zeitraum gewährleisten zu können. Für die jeweils 50 Kinder war pro Veranstaltung ein Team von 2 Mitarbeitern des Forstamtes, 2 bis 3 Auszubildende und jeweils 2 bis 3 Erzieherinnen der LEA verantwortlich, Das Projekt bot zahlreiche gute Ansatzpunkte, die Akzep- die fallweise vom Haus des Waldes unterstützt wurden. tanz für Asylsuchende in der Gesellschaft zu erhöhen und Die Veranstaltung ermöglichte den Kindern vor allem ein Miteinander der Kulturen zu fördern. Einhellig gaben freies kreatives Spielen, Freude und gemeinschaftliches die Betreuenden den Eindruck wider, über den Kontakt Walderleben. Da die Kinder aus unterschiedlichsten Län- mit den Kindern und Erwachsenen in der LEA eine Hori- dern kamen, war die Verständigung nur in Einzelfällen zonterweiterung mitgenommen zu haben. möglich. Deshalb wurden Spiele und Aktionen ausge- wählt, die selbsterklärend waren oder durch Vor- und Nachmachen schnell erlernt werden konnten. Weitere Angebote innerhalb der LEA Ablauf des Waldtages Zusätzlich gab es viele weitere Angebote innerhalb der LEA. Beispielsweise eine Kinderbetreuung, Kochtreffs, Die Information über das Angebot erfolgte über die üb- Musikveranstaltungen, einen Fitnessraum und einen lichen Mitteilungsmedien der LEA (dortige Aushänge). Gebetsraum. Treffpunkt war jeweils an der Kinderbereuungseinrich- tung der LEA. Von dort begab man sich auf einen 500 m Durch die angebotenen gemeinnützigen Arbeiten wie langen Fußmarsch in den Wald. Hier erfolgte die Begrü- Dolmetschertätigkeiten, Kinderbetreuung im Kindergar- ßung und Einteilung in sechs Gruppen, denen feste Be- ten, Spüldienst in der Küche oder Reinigungsarbeiten treuer, in der Regel Auszubildende, zugewiesen wurden, auf dem Gelände der LEA bot sich den Flüchtlingen die die mit „ihrer“ Gruppe die sechs Stationen des Waldpar- Möglichkeit zu arbeiten. Eine Erwerbstätigkeit in den cours durchliefen. Spielalternativen waren vorbereitet, ersten Monaten des Aufenthalts ist in Deutschland nicht um altersgerecht auf unterschiedliche Gruppenzusam- erlaubt. mensetzungen reagieren zu können. Ein am Waldort vor- 22
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Diese zahlreichen Aktivitäten trugen im Wesentlichen gen wurde dadurch das Basiswissen dafür gegeben, sich dazu bei, dass in der LEA Meßstetten ein friedliches Zu in ihrem neuen Umfeld zurechtzufinden und die ersten sammenleben von Menschen unterschiedlicher Kul Schritte für eine erfolgreiche Integration zu gehen. turkreise und Religionen möglich war. Den Flüchtlin- 3.2 Das Begegnungszentrum von Sylke Schlude, Roswitha Kostanzer, Karl-Otto Gerstenecker, Ralf Greiner, Gisela Straub, Margot Dreher und Alfred Sauter Seit Oktober 2014 war der DRK-Kreisverband Zollern alb e.V. Träger des Begegnungszentrums (BGZ) für die Landes erstaufnahmeeinrichtung auf dem Gelände der ehemaligen Zollernalb-Kaserne. Im Begegnungs zentrum organisierten Mitarbeiter des DRK und Ehren amtliche das gesamte Freizeitangebot für die Flüchtlin ge. Ferner wurden die Kleider- und Spielzeugspenden aus der Bevölkerung angenommen und sortiert. Internetcafé Café Welcome Im Schnitt kamen pro Öffnungstag zwischen 40 und 60 Nutzer. Im 1. Halbjahr 2017 wurden die insgesamt zehn Das Café, das an sechs Tagen die Woche geöffnet hatte, internetfähigen Rechner 4.415 Mal á 30 Minuten genutzt. war für die Öffentlichkeit zugänglich. Je nach Wetter und Seit Eröffnung des Internetcafés sind somit insgesamt Belegung der LEA schwankten die Besucherzahlen stark. 41.025 Nutzer im BGZ-Internetcafé gewesen. Da die Im Durchschnitt waren drei Ehrenamtliche pro Schicht Rechner oftmals von Kindern ab vier Jahren genutzt im Café tätig. Im Rahmen der Öffnungszeiten des Cafés wurden, war der Zeitbedarf um die Anlage am Laufen konnten die Flüchtlinge Spiele und im Winter Schlitten zu halten enorm groß. So musste man teilweise ein bis ausleihen. zwei Stunden täglich für Wartungsarbeiten einrechnen. 23
3. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten Kleidersortierung sonders interessierte Schüler. Samstags boten zwei jun- ge Frauen, von denen eine arabisch spricht, ebenfalls Die Menge der Kleiderspen eine Deutsch-Stunde an. Im Kindergarten in der LEA fand den hatten im ersten Halb- eine Zeit lang jeden Vormittag Sprachförderung statt. Es jahr 2017 abgenommen. gab eine monatliche Besprechung beim Regierungsprä Aufgrund der rückläufigen sidium mit der Koordinatorin der Sprachförderung und Flüchtlingszahlen haben sich der LEA-Leitung. die Reihen bei den ehren amtlichen Helfern eben falls im Laufe der Zeit ge- Sport lichtet. Trotzdem waren pro Woche circa 5 bis 15 Fußball war in der LEA sehr gefragt! Trotz sinkenden Be- Helfer als Stammpersonal legungszahlen, war der Besuch beim Sportangebot auf bei der Kleidersortierung im dem Sportplatz oder in der Halle immer sehr beliebt. Ne- Begegnungszentrum tätig. ben dem traditionellen Mittwochskick führten das Di- asporahaus Bietenhausen und der TSV Meßstetten zwei Es wurden zweimal pro Woche Kleider sortiert, was nicht weitere Nachmittage mit Sport durch. Nach dem offiziel- benötigt wurde, ging an die DRK-Kleidersammlung. len Sport wurden die Sportplätze viel genutzt. Sprachförderung Sonstige Angebote im Freizeitbereich Im Sprachförderteam arbeiteten insgesamt 16 Ehren- Neben den genannten Aktivitäten waren im Begegnungs- amtliche regelmäßig, von denen 10 eine pädagogische zentrum Schachspielen mit dem Schachverein Heinstet- Ausbildung haben. Sie unterrichteten von Montag bis ten, Tischkicker, Tischtennis, Dartspielen, Stricken, Ke- Freitag jeden Nachmittag zwei Stunden. Außerdem gab geln, Federball, Minigolf und vieles mehr im Angebot. es Intensivunterricht für besonders schwache oder be- 24
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Bei ausreichender Schneelage waren die Schlitten und Bobs im Begegnungszentrum vor allem bei den jungen Flüchtlingen sehr beliebt. Jeweils am Montag-, Mitt- woch- und am Samstagnachmittag gab es im Saal des BGZ ein spezielles Programm für Kinder. Ferner spielten alle zwei Wochen 10 bis 20 junge Leute vom Bildungszentrum Bodelshausen mit den Kindern im BGZ. Donnerstags fanden besinnliche Abende mit kurzen An- dachten statt, die die örtlichen Kirchengemeinden ge- meinsam anboten. „Kindergeburtstag“ im BGZ 3.3 Die Arbeit der Streetworker in der LEA Meßstetten Andreas Binder und Karl-Otto Gerstenecker auf das Leben in Deutschland vorzubereiten, indem er beispielsweise den Wochenmarkt mit ihnen besuchte, Stadtführungen machte oder ihnen die Funktion eines Ticketautomaten am Bahnhof erklärte. Im Juni 2017 übernahmen Angela Neher und Christian Mehl die Arbeit als Streetworker in Meßstetten zu je 50 Prozent. Auf Anregung der LEA-Leitung wurden die Tätigkeits schwerpunkte der Streetworker im Frühjahr 2016 evaluiert und ein neues Aufgabenprofil erstellt. Ziel war es, mit den Angeboten und Informationen der Ab Mitte April 2015 war der Sozialarbeiter Axel Leuk- Streetworker mehr Flüchtlinge der LEA zu erreichen hardt als Streetworker in und um Meßstetten unterwegs. und für die Bürgerschaft in Meßstettens stärker prä Er sprach mit den Bürgern über ihre Probleme und An- sent zu sein: regungen bezüglich der LEA Meßstetten. Zu Zeiten der enormen Überbelegung der LEA wurde Leukhardt zuerst 1. Um ihre Arbeit präsenter zu machen, erstellte das durch Rebekka Robnig, später durch Eike Kloka als zusätz- Streetworkerteam wöchentlich einen Plan für die Folge- liche Streetworker und durch Johannes Herre als FSJler, woche, in dem alle geplanten Termine und Aktionen mit unterstützt. Es fanden regelmäßige Sprechstunden in oder für die Flüchtlinge festgehalten wurden. Dieser Plan seinem Büro in Meßstetten statt. Hier konnten die Sor- ging zu Wochenbeginn an die Leitung der LEA und des DRK. gen und Probleme genauso wie die positiven Erlebnisse, Anregungen und Fragen zur LEA und den Bewohnern be- 2. Die Durchführung der Informationsveranstaltung für sprochen und geklärt werden. Darüber hinaus hatte Leuk- neu angekommene Flüchtlinge der LEA wurde verändert hardt Kontakte mit den Leitern der Geschäfte in Meßstet- und im Verlauf mehrfach den Gegebenheiten vor Ort an- ten geknüpft und war somit als Schnittstelle zur LEA vor gepasst. Außerdem fanden die Veranstaltungen einmal Ort präsent. Ein weiterer wichtiger Punkt der Arbeit des wöchentlich in Kooperation mit der Registrierung des Re- Streetworkers bestand im Kontakt mit den Bewohnern gierungspräsidiums Tübingen statt. Neue Bewohner der der LEA Meßstetten. Er führte zwei Mal wöchentlich eine LEA bekamen ihren Ankunftsnachweis erst ausgehändigt, Informationsveranstaltung für die neu angekommenen nachdem sie die Veranstaltung der Streetworker besucht Flüchtlinge durch, vermittelte ihnen Verhaltensregeln haben. Durch dieses Verfahren wurden endlich alle Be- und sprach sie auf Probleme an. Außerdem half er ih- wohner der LEA flächendeckend durch die Streetworker nen dabei, sich in Meßstetten zurechtzufinden und sich erreicht. 25
3. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten 3. Neue Informationsmate- gen ihre Fahrräder repariert und verkehrssicher ausge- rialien wurden entwickelt stattet. und verteilt, darunter Info- blätter zum Pfandsystem 11. Ein Highlight war das Zuckerfest am 26.06.2017 in Deutschland, Informati- auf dem LEA-Gelände. Den Streetworkern ist es ge- onen über die Schwimm- lungen durch eine Spende der Volksbank Heuberg eine bäder in Meßstetten und Hüpfburg zu organisieren. Die Firma Ritter Sport tätigte Albstadt, ein Einkaufsfüh- eine große Schokoladenspende. Der Betreiber der LEA rer für Meßstetten sowie Meßstetten, die European Homecare GmbH (EHC), hatte neue Busfahrpläne. Die schöne Essenstände organisiert. Zusammen mit dem Willkommensbroschüre mit Pferdewagen, den das Regierungspräsidium organisiert allen Informationen rund hat, war es ein rundum gelungenes Fest. um die LEA wurde von den Streetworkern aktualisiert. 4. Ein Schaukasten innerhalb der LEA wurde installiert und wöchentlich mit Informationen über die Angebote der Streetworker bestückt. 5. Neue Infoflyer der Streetworker mit Kontaktdaten und Informationen über ihre Arbeit für verschiedene Ziel- gruppen (Meßstetter Bürger/Flüchtlinge) wurden ent wickelt und verteilt. 6. Die Streetworker beteiligten sich an gemeinnützigen Aktionen im Großraum Meßstetten, wie z. B. Landschafts- pflegeaktionen oder der jährlich stattfindenden Land- Neben all diesen Aktionen wurde natürlich das „All- schaftsputzede oder bei einem Arbeitseinsatz zur Sport- tagsgeschäft“ nicht vernachlässigt, dazu gehörten z. B. platzpflege. die wöchentlich angebotene Bürgersprechstunde im Streetworkerbüro, die verstärkte Präsenz im Ort, die re- 7. Die Streetworker boten wöchentlich eine Einkaufsbe- gelmäßige Kontrolle des Außengeländes und des Wildge- gleitung von Flüchtlingen nach Meßstetten an. In Klein- heges inklusive Geländereinigung, viele Einzelgespräche gruppen wurden gezielt Informationen zu Einkaufsmög- mit Flüchtlingen, vereinzelte Kontakte zu Meßstetter lichkeiten und zum Warenangebot Meßstettens gegeben. Bürgern mit persönlichen Anliegen, regelmäßige Kontak- Die Flüchtlinge wurden in die Geschäfte begleitet und mit te zu den lokalen Einzelhändlern und der enge Austausch Besonderheiten beim Einkaufen vertraut gemacht. mit allen innerhalb der LEA tätigen Institutionen wie Bil- dungsträgern, der Sozial- und Verfahrensberatung, dem 8. Aufgrund der Tatsache, dass die Feuerstelle auf dem Jugendamt, Jugendhilfeträgern, EHC, dem Sicherheits- LEA-Gelände verstärkt von Flüchtlingen zum Kochen dienst oder dem Regierungspräsidium und die Unterstüt- genutzt wurde, gingen die Streetworker in enger Ab- zung und Vertretung im Begegnungszentrum des DRK. stimmung mit dem örtlichen Forstamt wöchentlich mit gemeinnützig arbeitenden Flüchtlingen der LEA in die an- grenzenden Wälder, um Feuerholz zu besorgen. 9. Über Spendengelder und Sachspenden konnten in- zwischen zwei Brotbacköfen angeschafft und auf einen Pkw-Anhänger montiert werden. Diese Öfen wurden wö- chentlich am Freitag zum Backen aufgestellt. 10. Im Verlauf des Jahres wurde eine Fahrradrepara turwerkstatt eingerichtet. Werkzeug, Ersatzreifen und Ersatzteile wurden über Spendenaufrufe besorgt. Immer mittwochnachmittags wurden gemeinsam mit Flüchtlin- 26
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 3.4 Transparenz und Bürgernähe Bei öffentlichen Rundgängen konnten sich interessierte Bürger ein Bild machen, wie der Ablauf in einer Erstauf- nahmestelle funktioniert, insbesondere wie die Geflüch- teten untergebracht und versorgt werden. Vorurteile und Gerüchte konnten dabei weitestgehend aus dem Weg ge- räumt werden. Neben der Bürgerschaft im Zollernalbkreis und den Medi- en stieß die LEA Meßstetten ebenso bei politischen Per- sönlichkeiten auf großes Interesse. www.zak.de 27
3. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Meßstetten Karim aus Guinea Omar aus Gambia Auszubildender Fachlagerist Angehender Maschinen- und Anlagenführer Karim ist 18 Jahre alt. Er macht derzeit eine Ausbil- Omar ist 21 Jahre alt und macht seine Ausbildung bei dung bei der Firma barth in Hechingen. Nach einem der Firma Haigis in Onstmettingen. Er bekommt von hervorragenden Praktikum hat die Firma barth für einer Ehrenamtlichen jeden Donnerstag Sprachun- ihn einen zusätzlichen Ausbildungsplatz geschaffen. terricht und spricht schon sehr gut deutsch. Er ist seit zweieinhalb Jahren in Deutschland und spricht sehr gut deutsch. 28
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Zollernalbkurier, 13.09.2014 Zollernalbkurier, 24.09.2014 29
Pressestimmen Zollernalbkurier, Zollernalbkurier, 13.09.2014 24.09.2014 Zollernalbkurier, 16.10.2014 30
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 4 nbegleitete U minderjährige Ausländer (UMA) Eugen Merz, Kreisjugendamt Allgemeine Entwicklung Der Strom der Flüchtlinge, der seinen vorläufigen Höhe- jährige Flüchtlinge in Obhut zu nehmen. Hierbei handelt punkt im Jahr 2015 hatte, hat ohne Zweifel eine große es sich um eine vorläufige Schutzmaßnahme. Im Gesetz Herausforderung für alle dargestellt. Hunderttausende ist festgelegt, dass nach der Inobhutnahme unverzüglich Menschen waren und sind auf der Flucht vor Krieg, Ge- ein Vormund zu bestellen ist. walt und Tod und suchen Schutz in Europa, vor allem in Deutschland. Hiervon betroffen sind viele junge Men- Am 31.12.2014 befanden sich bundesweit rund 7.500 schen und Kinder. Circa 90 bis 95 Prozent der Flüchtlings- UMA in Obhut der Jugendämter, rund 10.500 wurden kinder kommen mit ihren Eltern nach Deutschland. Die im Anschluss in anderen Jugendhilfemaßnahmen be- anderen gelten als sogenannte unbegleitete minderjäh- treut, insgesamt befanden sich rund 18.000 UMA in An- rige Ausländer (UMA). geboten der Kinder- und Jugendhilfe. Nach §42 Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe- gesetz) besteht eine Verpflichtung unbegleitete minder- 31
4. Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) Situation vor dem 01.11.2015 Zu Beginn der Flüchtlingswelle waren bundesweit vor reich diese Person erstmalig „aufschlägt“. Dies hatte Kon- allem einige Kommunen (z. B. Berlin, Bremen, Frankfurt, sequenzen für die kostenmäßige Abwicklung. Bei einem Karlsruhe, München, Rosenheim etc.), die zentrale Ein- auf die Quote angerechneten UMA gab es eine kosten- reiseknotenpunkte darstellen, betroffen. Ähnlich war mäßige Erstattung durch einen überörtlich festgestellten es in Baden-Württemberg. Dort waren einzelne Stadt- Kostenträger. Für einen UMA, der keinen Asylantrag ge- und Landkreise wie z. B. Karlsruhe, Freiburg im Breisgau, stellt hatte, hatte das zuständige Jugendamt die Kosten Mannheim, Konstanz, Lörrach, Ortenaukreis, Konstanz zu tragen. und Esslingen überproportional belastet. Um eine gerech- tere Verteilung auf möglichst alle Land- und Stadtkreise In der Folge sind die Inobutnahmen deutschlandweit zu erreichen, wurde mit Verordnung des Integrations angestiegen. Der Zollernalbkreis war anfangs von Zu- ministeriums über die Durchführung des Flüchtlings weisungen weitgehend verschont – auch während den aufnahmegesetzes ein Zuteilungsverfahren für unbe- Anfangszeiten der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in gleitete minderjährige Flüchtlinge festgelegt. Dieses Meßstetten. Erst mit der Selbständigkeit der Landeserst- Verfahren, das sich an den Einwohnerzahlen orientierte, aufnahmestelle Meßstetten zum 1.4.2015 und der damit hat eine Zuweisung nach den Quoten des „Königsteiner verbundenen Konsequenz, dass dort direkt Asylanträge Schlüssels“ vorgesehen. Die Zuweisung der Personen gestellt werden konnten, ist die Zahl der Zuweisungen erfolgte über die Regierungspräsidien. und der Flüchtlinge, die ohne vorherige Registrierung di- rekt in Meßstetten erstmals erschienen sind, gestiegen. Die quotenmäßige Zuteilung galt nur für die unbeglei- teten minderjährigen Flüchtlinge, die einen Asylantrag Das Schaubild zeigt die Entwicklung der in der LEA re gestellt hatten. Für unbegleitete Minderjährige, die uner- gistrierten UMA-Fallzahlen (unbegleitete minderjähri laubt ins Bundesgebiet eingereist waren, aber kein Asyl ge, die ohne Personensorgeberechtigte in Meßstetten begehrten, war das Jugendamt zuständig, in dessen Be- eingetroffen sind): Von der LEA Meßstetten mitgeteilte unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) ab 1.4.2015 180 160 164 143 140 137 120 111 100 92 80 73 70 60 40 31 41 26 20 10 14 12 1 5 0 April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März April Mai Juni 32
Integration im Zollernalbkreis 2014 – 2019 Ab dem Sommer 2016 sind nur noch vereinzelt UMA di- quotenmäßigen Aufnahme befreit mit Ausnahme von rekt in Meßstetten angekommen. Die Zugangszahlen im Folgeantragstellern (sog. LEA-Privileg). Landkreis resultieren fast nur noch über Zuweisungen. In allen Fällen hatte ein Erstscreening durch das Kreis Anders verhält es sich bei den unbegleiteten minderjähri- jugendamt zu erfolgen. gen Ausländern. Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländi Grundsätzlich war: scher Kinder und Jugendlicher“, das zum 01.11.2015 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem ein bundes- und • e ine Alterseinschätzung durchzuführen als landesweites Verteilverfahren speziell für diesen Per- Voraussetzung für eine Inobhutnahme sonenkreis und ein neues jugendhilferechtliches Instru- • eine Inobhutnahme auszusprechen, ment – die sogenannte vorläufige Inobhutnahme – einge- • die rechtliche Vertretung zu klären, führt. Neben einer Verteilung der UMA auf die einzelnen • zu klären, ob Verwandte im Bundesgebiet sind Bundesländer nach Quote erfolgt ebenfalls eine quoten- • zu klären, ob diese Personen eine Vormundschaft mäßige Verteilung innerhalb des jeweiligen Bundeslan- übernehmen können, wollen und hierzu geeignet sind des auf die einzelnen Stadt- und Landkreise. • im Anschluss ein Bericht an das Familiengericht zu fertigen. In einem relativ eng begrenzten zeitlichen Rahmen haben die Jugendämter zu prüfen; ob: Das Familiengericht bestellte einen Vormund. In der Regel haben die Gerichte im Zollernalbkreis auf einen Amtsvor- • das Wohl des Kindes durch dessen Verteilung mund zurückgegriffen. gefährdet würde, • sich eine verwandte Person im Bundesgebiet aufhält, • das Wohl eine gemeinsame Verteilung mit Gesetzesänderung zum 01.11.2015 anderen Minderjährigen erfordert, • der Gesundheitszustand die Verteilung Im Familien- und Erwachsenenbereich wurden die im innerhalb von 14 Werktagen ausschließt, Bundesgebiet eintreffenden Flüchtlinge zuerst in einer • hierzu eine ärztliche Stellungnahme einzuholen ist. Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) untergebracht. Dort erfolgte die Registrierung, Gesundheitsuntersuchung und Nach der Meldung an die für Baden-Württemberg (BW) Asylantragstellung. Nach vier bis sechs Wochen wurden die zentral zuständige Verteilstelle beim Kommunalverband Personen den Landkreisen zur vorläufigen Unterbringung für Jugend und Soziales erfolgt von dort die Zuweisung zugewiesen. an andere Bundesländer oder innerhalb von BW an die Aufgrund der LEA Meßstetten, die bis 31.12.2017 befris- Stadt- und Landkreise. Wöchentlich sind seither die Fall- tet war, war der Zollernalbkreis zu dieser Zeit von der zahlen durch die Jugendämter an den KVJS zu melden. 33
4. Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) Wie haben sich die Fallzahlen hilfeeinrichtungen landesweit voll besetzt waren. Trotz entwickelt? intensivster Bemühungen ist es aber nicht gelungen, alle UMA im Zollernalbkreis unterzubringen, teilweise musste auf Unterkunftskapazitäten in anderen Landkreisen und Insgesamt sind die Zugangszahlen bei den UMA (Minder- Bundesländern (z. B. Bayern) zurückgegriffen werden. jährige und Volljährige, die als Minderjährige eingereist sind) im Nachgang zur Flüchtlingskrise 2015/Anfang Aufgrund der unterschiedlichen persönlichen Voraus 2016 rückläufig. setzungen der jungen Menschen sind Wohngruppen plätze mit unterschiedlichen Betreuungssettings Am 02.11.2018 befanden sich bundesweit 43.500 UMA notwendig: 5.882 in Baden-Württemberg) in der Jugendhilfe. Die Zahlen wurden den wöchentlich erscheinenden UMA- • I ntegrative Unterbringung in einer regulären Landesübersichten des Kommunalverbandes Baden-Würt Wohngruppe (zusammen mit Jugendlichen temberg entnommen. Die Zahlen umfassen Minderjähri- aus dem Landkreis) ge und junge Volljährige. • Wohngruppen nur für UMA • Jugendwohngemeinschaften zur Verselbständigung Über viele Monate hinweg ab Mai 2017 wurde Baden- • Jugendwohnheim Württemberg aufgrund der im Bundesvergleich stetig • Pflege- bzw. Gastfamilien überdurchschnittlich hohen Einreisezahlen durch das Bun- desverwaltungsamt als „Einreiseland“ definiert mit der Zielrichtung waren kleinere Einheiten mit Verkehrsanbin- Folge, dass alle „UMA-Neuzugänge“ zur bundesweiten Ver- dung wegen der Beschulung im Landkreis. Neben den teilung angemeldet werden konnten. Sobald Baden-Würt- in den bisher bestehenden Wohngruppen eingestreuten temberg seine Quote unterschreitet, kommt es wieder zu Plätzen wurden weitere Unterbringungsmöglichkeiten Zuweisungen aus anderen Bundesländern nach BW. geschaffen in Form von Jugendwohngemeinschaften (u.a. in Albstadt-Onstmettingen, Hechingen) und Regel- wohngruppen (Meßstetten, Hechingen). Entwicklung im Zollernalbkreis Hervorzuheben ist das 30 Plätze umfassende Jugend Im Jahr 2015 bis März 2016 war die Zahl der UMA im Land- wohnheim im ehemaligen Kreiskrankenhaus (Gesundheits- kreis durch die Zugänge in der Landeserstaufnahmestelle zentrum Fürstengarten) in Hechingen, bei dem Neuland (LEA) in Meßstetten geprägt. Während dieses Zeitraums in dieser Betreuungsform betreten worden ist. Dort war wurden die in der LEA eintreffenden Jugendlichen auf zusätzlich eine Regelwohngruppe mit 10 Plätzen unterge- die Landkreisquote angerechnet. Da der Zollernalbkreis bracht. Eine Notaufnahmegruppe mit Clearingmöglichkeiten bislang seine Quote nicht erfüllen konnte, ist bei einer konnte in Meßstetten eingerichtet werden. Beide Einrich- Unterschreitung der Quote durch das Land Baden-Würt- tungen konnten wegen dem Rückgang der Flüchtlinge temberg mit weiteren Zuweisungen zu rechnen. zwischenzeitlich wieder geschlossen werden. Bei den Jugendlichen, die per Quote zugewiesen werden, Eine wichtige Ergänzung bzw. Alternative stellten und handelt es sich um einen Personenkreis, der über einen stellen Gastfamilien dar. Das Kreisjugendamt suchte Per- längeren Zeitraum vor Ort bleibt und jugendhilferecht- sonen, die bereit waren junge Ausländer in ihrem Haus- lich, schulisch und beruflich unterstützt werden muss. halt aufzunehmen. Die gemachten Erfahrungen mit den Das Kreisjugendamt ist im November 2018 für 104 UMA bereits belegten Gastfamilien haben gezeigt, wie stark jugendhilferechtlich zuständig. die Familien durch die Schicksale der jungen Menschen geprägt werden und was für eine Herausforderung diese Art der Unterstützung darstellt. Umso bemerkenswerter Konsequenzen für den Zollernalbkreis ist die Tatsache, dass sich Menschen finden, die bereit sind, den jungen Flüchtlingen eine Alternative zu bieten. Im Unterbringung Moment gibt es aktuell 8 Gastfamilien im Landkreis. Die Unterbringung und Versorgung der Jugendlichen war In einigen Fällen ist es gelungen, Familienzusammen- ein Kraftakt für die Verwaltung, so mussten insbesondere führungen durchzuführen. In diesen Fällen wohnen die zusätzliche Unterbringungsplätze im Einvernehmen mit jungen Flüchtlinge bei Verwandten, ohne dass diese das den freien Jugendhilfeträgern geschaffen werden, da die Sorgerecht innehaben. Diese Unterbringungen werden bisherigen Kapazitäten nicht ausreichten und die Jugend- ebenfalls auf die Quote angerechnet. 34
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