ÖGHM Band 16 - Documenta Homoeopathica - Leseprobe

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ÖGHM Band 16 - Documenta Homoeopathica - Leseprobe
ÖGHM
               Band 16 - Documenta Homoeopathica
                                            Leseprobe
                               Band 16 - Documenta Homoeopathica
                                           von ÖGHM
                                  Herausgeber: Maudrich Verlag

                          http://www.narayana-verlag.de/b2101

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Inhalt

Vorwort ..................................................................................................... VII
Hannelore PETRY
Die Wiener Homöopathie 1842-1849....................................................                            l
Rainer APPELL
Homöopathie und Ökologie .................................................................. 27
Franz SWOBODA
Vom Einfordern der Wunder .................................................................. 37
Kees DAM
Das Kapitel „Mind" im Repertorium...................................................... 53
Kees DAM
Träume und Homöopathie .................................................................... 65
Anton ROHRER
Saccharum officinale...                                                                                    .. 89
Bernhard SCHMID
Cuprum metallicum ................................................................................. 107
Jan SCHOLTEN und A. LEUPEN
Kaffee........................................................................................................ 115
Jan SCHÖLTEN
Cochlearia officinalis ............................................................................... 121
Hans ZILLER
Freund? Garbo.......................................................................................... 131
Hugbald V. MÜLLER
Analfissuren und Hämorrhoiden ........................................................... 147
Hugbald V. MÜLLER
Depressive Verstimmung........................................................................ 155
Reinhard FLICK
Zwei Kasuistiken von Hautpatientinnen .............................................. 165
Willibald NEUHOLD
Tarantula................................................................................................... 177
Zalman BRONFMAN
Arznei und Geld...                                                                                        ... 195

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Leseprobe von M. Dorcsi, F.Swoboda „Documenta Homoeopathica“ Band
16
Farokh J. MASTER
Über die Ammoniumsalze ................................................................... 205
Beate HASELHOFER
Akute und chronische Krankengeschichten ...................................... 213
Helmut PALLASSER
Neugeborenen-Homöopathie.............................................................. 231
Claudia KLUN und Reinhard FLICK
Arzneimittelprüfung von Mater perlarum (Conchiolinum) ................ 237
Sieghard WILHF.LMER und W. FAES
Solanum tuberosum ............................................................................ 26l
Friedrich DELLMOUR
Die Steigerung der Immunität durch homöopathische Behandlung 273

VI

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16
Cuprum metallicum
       „Spieglein, Spieglein an der Wand ..."
                            Von B. Schmid

Ich möchte versuchen, mich in diesem Artikel dem Metall Kupfer von
der Seite eines bekannten Grimm-Märchens her zu nähern. Zuerst aber
einige allgemeine Dinge, z.T. den meisten Kollegen sicher bekannt, über
dieses Arzneimittel, welches HAHNEMANN als eines der wichtigsten bei
der Behandlung chronischer Krankheiten bezeichnete. Cuprum bestand
allerdings seine Feuertaufe zuerst als „Akutmittel", indem es eines der
drei Mittel war, die HAHNEMANN bei der Choleraepidemie 1831 als
indiziert sah. (Die beiden anderen Arzneien waren Conium und
Hyoscyamus, später hat er noch Rhus toxicodendron und Veratrum
album hinzugefügt). HAHNEMANN hat damals bereits als zusätzliche
Maßnahme zur arzneilichen Therapie Quarantäne und Desinfektion der
Kleider empfohlen.
Wie HAHNEMANN auf die Idee kam, Cuprum als Arznei zu verwenden,
verschweigt er uns in der Einleitung zu dieser interessanten Arznei im
Band III der Chronischen Krankheiten, er schreibt dort: „Nicht seltene
zufällige Vergiftungen mit diesem Metalle und seinen Auflösungen
schreckten durch die davon entstandenen, grausamen, meist tödlichen
Zufälle die Ärzte von jeher ab von seinem inneren Gebrauche in
Krankheiten."
Es erscheint mir trotzdem wichtig, einen kurzen Blick auf frühere An-
wendungen und auch auf die Mythologie zu machen. So schreibt
GAWLIK, daß die ersten Kupferwerkzeuge bei den Ägyptern nach Fun-
den bereits 3900 v.Chr. verwendet und dieses Metall auch bei selbigem
Volk medizinisch genutzt wurde — bei der Chlorose, eine Angabe die
wir auch im AMB finden.
Viele Hinweise auf dieses Metall finden wir in der griechischen Mytho-
logie, der Bezug zu Venus / Aphrodite / Göttin der Liebe, der Anmut
ist allgemein bekannt. Die Gottheit der Venus gilt seit jeher als Inbe-
griff von Schönheit und Anmut, die weichen Formen des Kupfers ha-
ben viele Kunsthandwerker im Kupfertreiben inspiriert - in der
Weichheit der Form und der Wärme, die diese Gegenstände ausstrah-
len, sei der Phantasie keine Grenze gesetzt. Daß in der jüngeren ho-
möopathischen Literatur weniger über Cuprum zu finden ist, mag ei-
nerseits an der Nüchternheit unserer Zeit liegen, andererseits auch

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daran, daß Kupfer als Blech ausgewalzt am Rande sehr scharf ist und
man sich damit tief (so wie in der Liebe) ins (eigene) Fleisch schnei-
den kann.
Aus dem Bereich der Kunst möchte ich noch ein gut bekanntes Bild
ins Gedächtnis rufen, nicht nur deshalb weil BOTTICELLI seine Venus
auf einer Muschel zur Geburt auf Zypern (Cypros - Kupferinsel)
kommen läßt, sondern auch deshalb, weil dieser Maler bereits i486
prophetisch anmutend den Bezug von Muschel und Kupfer und Was-
ser und Kalk zueinander sah. Wir wissen heute, daß Muscheln Kupfer-
Atmer sind - und was tut so eine Muschel den ganzen Tag? Kaltes
Wasser trinken. (Hier einerseits im Arzneimittelbild der Bezug zu
Calcium und andererseits ist auch in der Materia Medica unter Cu-
prum: Besserung durch Trinken von kaltem Wasser zu finden).
Historisch ist auch die Anwendung von Kupfer durch Paracelsus bei
Bluthusten und Schizophrenie interessant - ein PARACELSUS sicher un-
bekannter Parameter dürfte der immer wieder in der Literatur zu fin-
dende Hinweis auf erhöhte Kupfer-Spiegel im Blut bei Geisteskrank-
heit sein. Ebenfalls erhöhte Kupferspiegel findet man in der Gravidität
- eine natürliche Krampfprophylaxe? — oder auch ein „Mitverant-
wortlicher" für die gar nicht so seltene melancholische Stimmungslage
in dieser Zeit? - noch dazu zu erwähnen, daß Kupfer bei Galle- und
Leberleiden erhöht ist.
Aber jetzt zum Arzneimittelbild dieses Metalls. Ich habe mir anläßlich
eines Vortrags über diese Arznei Gedanken gemacht, wie ich dieses
auch memnotechnisch vermitteln kann und bin über ein geisteswis-
senschaftlich orientiertes Buch: „Schramm: Märchen und Heilmittel" auf
den Bezug dieser Arznei zu dem Märchen Schneewittchen gestoßen -
und dachte mir mehr spielerisch: Wenn an diesem Bezug etwas ist,
dann muß es auch mit den Symptomen der Materia Medica in Einklang
zu bringen sein. Im folgenden sind die meisten Cuprum-Symptome
unter Apostroph gesetzt.
Nehmen Sie dieses Bild „so, als ob sie im Traum wären", und stellen
Sie sich dieses Märchen als Puppenspiel vor (- ein solches hat in sei-
nen oft wallenden Gewändern auch etwas sehr „Anmutiges" - aber
auch, wenn so eine Puppe „starr" und „unbeweglich" -weggelegt wird,
etwas Beklemmendes, etwas, das einen an einen Menschen nach ei-
nem Krampfanfall erinnern kann, und einerseits ist Kupfer scheinbar
leicht zu führen, biegsam, wie eben auch das Metall, andererseits kann
es sehr rigid sein ...
Wer war Schneewittchen: ein schönes Mädchen — eigentlich für viele
der Inbegriff der Schönheit in der Kindheitserinnerung der Märchen

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(eine kleine Aphrodite): weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie
Ebenholz. Denken Sie hier an die Indikation der alten Ägypter - die
„Chlorose". Und obwohl dies eine Krankheit ist, so haben diese Mäd-
chen eine eigentümliche, fast magisch wirkende „Schönheit", sie wir-
ken ästhetisch, strahlen trotz ihrer „Anämie" so etwas Warmes, Herzli-
ches aus und wirken wie „frohen Mutes", aber auf eine kindliche Art. -
So wie man sich ein schönes unbeschwertes Mädchen, eben
Schneewittchen, vorstellt. Ein offenes Herz, eine „Kontaktfreudigkeit",
ein rasches Warmwerden, so wie eben auch Kupfer ein guter Wär-
me/Stromleiter ist - etwas Verbindendes.
Wir wissen nicht, woran die Mutter von Schneewittchen starb, aber der
König nahm sich eine zweite Frau, und diese repräsentiert in dieser
Geschichte auch einen Kupferteil; wir finden im Arzneimittelbild
„hochmütig", „destruktiv", und sie schaut in den Spiegel. Kupfer wurde
früher tatsächlich als Spiegel benützt. Einerseits wirft ein Kupferspiegel
ein rötlich-warmes Bild zurück, andererseits braucht gerade ein
„stolzer" Mensch die Versicherung, schön zu sein: „Spieglein, Spieglein
an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" — und wir finden
im Arzneimittelbild „Wahnidee, eine Person von hohem Rang zu sein",
und so ein Mensch kann auch, wenn er eben nicht der schönste, der
beste usw. ist ins Abseits geraten, - so empfindet er's, und ich erlaube
mir dieses übersteigert als „Wahnidee: lebendig begraben zu werden"
an dieser Stelle so zu sehen: Als Königin nicht mehr im Mittelpunkt zu
stehen, ist eigentlich lebendig begraben; (später, in der Position des
Schneewittchens auch anders zu interpretieren).
Nehmen wir noch einmal den Blick in den Spiegel - Cuprum ist ein
Krampfmittel: „Starren auf einen Punkt", in unserem Falle auf den
Spiegel. Der Spiegel hängt zwar im Märchen an der Wand, aber es gibt
auch Illustrationen, wo die böse Königin den Spiegel in der Hand hält
- und wie hält man einen solchen sicher und fest? - Indem man den
„Daumen und die anderen Finger gegenüberstellt, den Daumen fest
eingeschlagen" - ein Symptom von Cuprum in der MM. Ebenso finden
wir im AMB „hat Visionen, sieht Gesichter". - Und wie geht es der
Königin nach solchen „Spiegelungen"? In den Büchern finden wir bei
Cuprum: „Aufregung nach schlechten Neuigkeiten" - denken Sie hier
bei so manchem Ihrer Asthmapatienten oder auch bei anderen, die bei
schlechten Nachrichten „Koliken, Darmkrämpfe" bekommen, auch an
diese Arznei. Die Königin wird „haßerfüllt, hochmütig, hat Verlangen
zu töten". (Dachdecker und Spengler wissen um die zerstörende Wir-
kung von Kupfer auf weiter unten liegende andere Metalle und Me-
tallverbindungen.). Dieser Hochmut und Haß kann einem Lachesis ins

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Gedächtnis rufen, noch dazu finden wir bei beiden „dauerndes Vor-
und Zurückschnellen der Zunge". Und als der Spiegel sagt: Schnee-
wittchen ist lOOOmal schöner als Ihr, will die Stiefmutter sie nur noch
töten.
Hier begegnen wir noch einem Symptom: Wie will sie es tun? Sie ist
„feige", sie will es nicht selbst tun. Sie sieht hier ihre Beziehung zu
Schneewittchen gar nicht mehr. Interessant für mich ist auch, daß hier
der König nicht auf den Plan tritt, aber vielleicht ist er auch „feige", -
aber es gibt auch ein anderes Symptom: „Mangel an moralischer Be-
herztheit", die Geschichte schweigt darüber („schweigsam"). Die
Tötung wird an einen Jäger delegiert, der natürlich in diesem
Kupfertheater auch so seine Rolle hat. Er ist ja auch „feige", will seinen
Auftrag nicht ausführen. Schneewittchen beginnt zu jammern,
Jammern, daß sie sterben muß" - („Wahnidee muß sterben"). Der
gute Jäger zeigt uns ein weiteres Kupfersymptom: die „Milde". Oder
war es: „Sehr empfindlich gegenüber Ungerechtigkeit", das den Jäger
dazu brachte, der Auftraggeberin Lunge und Leber eines Frischlings
(Leber ist kupferreich) zu bringen. Schneewittchen möchte „entfliehen"
- „möchte davonlaufen". Das Kind bekam natürlich „Angst" im Wald,
aber die wilden Tiere taten ihm nichts, sie strahlte so viel „Sympathie"
aus. (Aus der Materia Medica: „Fliehen, davonlaufen, Verlangen sich zu
verstecken"). Und Schneewittchen kam zu den sieben Zwergen. Neh-
men sie die Zahl Sieben als Symbol für die Vielgestaltigkeit dieses
Metalls in der Natur und seine zahlreichen Verbindungen, die uns oft
sehr bunt entgegentreten — so wie die Zipfelmützen der Zwerge uns in
so mancher kindlich-kindisch naiven Darstellung bekannt sind
(Dioptas - rot, Malachit — grün, Türkis — blau, Buntkupferkies — gelb,
usw.). Alles ist bei den Zwergen klein, lieblich, niedlich — und in ei-
nem Buch fand ich über Cuprum: „Manche Kupferpersönlichkeiten
leben zurückgezogen, fernab von der großen Gesellschaft, als Einsied-
ler oder aber nur mit geringsten Kontakten zu ihren Mitmenschen".
Die Zwerge sind ein schönes Bild für diese Minimalkontakte. Die
Zwerge sind ganz aufgeregt, als sie in ihr Haus kommen. Aufregung,
ein Symptom, das wir schon in dieser Geschichte hatten,,, Angst, be-
obachtet zu werden" kommt hier noch dazu, „Angst vor Fremden", die
aber, als diese Zwerge Schneewittchen im Bettchen liegen sehen, in
„Sentimentalität" umschlägt. Schneewittchen zeigt uns hier, und dieses
sei von mir hier eingefügt, ein ganz anderes Cuprumsymptom:
„Schamlos" - denn wer legt sich schon zu sieben Männlein ins Bett?
Aber betrachten wir noch die Szene davor. Die Zwerge sind verunsi-
chert, als sie merken, daß etwas anders ist als gewöhnlich — „sehr be-

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dacht auf Regeln" (DD Calc-carb.): Wer hat von meinem Tellerchen
gegessen ... Aber auch von Seite Schneewittchens „Behutsamkeit" -
Überall nur ein wenig - und das Essen war sicher schon kalt
(„Verlangen nach kaltem Essen und Trinken"). Aber wie schon gesagt,
die Zwerge können diesem Mädchen, das hier so „müde" und schwer
liegt, nicht böse sein, es wirkt ja fast wie mit einem Heiligenschein.
Aber Ordnung muß sein - die Zwerge haben strenge Regeln („Sturheit,
Starrheit"). Schneewittchen muß das Haus in „Ordnung halten". Die
Zwerge sind eigentlich sehr unabhängig von allem — und „Unab-
hängigkeit, bzw. Verlangen danach" gehört zu Cuprum. Wir finden bei
Cuprum aber auch die „Angst, die Kontrolle zu verlieren" (als wichtige
Arznei bei Epilepsie nur zu gut verständlich), auch die „Angst, daß
jemand anderem etwas zustoßen könnte, die Angst um andere". Sie
sind aber auch, als sie am nächsten Morgen das Haus verlassen -
„ängstlich" (Cuprum: Angst, ängstlich, Angst, daß etwas passiert, vor
der Zukunft, vor einem Unfall,) — Laß nur ja niemand ins Haus. -
(„Angst vor Fremden"), und wir finden auch „Visionen" bei Cuprum.
Die Zwerge ahnen, was kommen wird - sie wissen's auch. Die Köni-
gin wird wieder „destruktiv" — „aktiv". Sie kommt verkleidet als Krä-
merin. „Sie kann keine Ruhe geben, bis sie ihr Ziel erreicht hat". MM:
Cuprum - ein harter Arbeiter, hat keine Zeit zum Rasten, oder sich zu
entspannen - andere können schwer glauben, daß eine Person das
alles bewerkstelligen kann. - Königin - Mörderin — Krämerin... Sie
verkleidet sich und findet zu Schneewittchen, welches sie aber nicht
erkennt (Cupr.: „Erkennt die eigenen Verwandten nicht"). Die
verkleidete Königin überredet die Stieftochter, wie? - das haben die
Grimm's nicht geschrieben - MM: „Braucht Wörter, die nicht genannt
sind". Und weil Schneewittchen ja so offen, so „gutmütig", so kindlich
ist, vergißt es alle guten Ratschläge und läßt die Krämerin herein - die
bietet ihm Schnürriemen an - natürlich in den buntesten Farben, wie
es sich für Cuprum gehört, und weil Kupfer auch „manisch" sein kann;
erlaubt das Kind auch, daß diese Krämerin ihm das Mieder damit
schnüre - die Aura eines Krampfleidens, das nach Cuprum verlangt,
beginnt von unten - und die böse Königin schnürte so fest, daß
Schneewittchen der Atem verging und es wie tot hinfiel. In dieser
Szene finden wir viele Lokalsymptome: Ein Mieder wurde zumeist
rückwärts gebunden. Die Aura beginnt zwar etwas weiter unten in den
Knien, und steigt nach oben, der Bewußtlose aber fällt dann nach
vorne, mit Schaum vor dem Mund. Wenn sie ein Mieder fest schnüren,
haben sie den Schaum - auch die Bauchsymptome werden sie zu
Cuprum passend finden: Bauch gespannt, heiß - aber auch berüh-

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rungsempfindlich und kontrahiert, Refraktion des Abdomens - bis hin
zur Invagination. Die böse Hex' hat sicher fest gezogen: Cuprum:
„Gesicht verkrampft, verzerrt, blaß und/oder bläulich" (auf beiden
Seiten denkbar). Das vielleicht anfängliche „schrille Schreien" des
Schneewittchens wird sicher bald in eine „stammelnde Sprache" über-
gegangen sein - auch nicht lange. - Die Zwerge lösen die Riemen -
im AMB.: „Spastische Erstickungsanfälle - Atemnot mit Unbehagen im
Oberbauch".
Auch den zweiten Mordanschlag finden wir in unserer MM. Sie erin-
nern sich vielleicht, die Hexe kommt jetzt mit einem vergifteten
Kamm, Schneewittchen erliegt abermals ihren Verführungskünsten und
läßt sich frisieren, wobei ihr die Böse den vergifteten Kamm in die
Kopfhaut drückt - Schneewittchen fällt wie tot um. Nehmen sie das
Bild des Hineindrückens als Synonym für Unterdrückung. (z.B.:
Krampfanfälle durch unterdrückte Hautausschläge). Hier möchte ich
stellvertretend für viele andere Kasuistiken, bei denen eine Unterdrük-
kung voranging und bei denen Cuprum als alleinige Arznei oder auch
als Arznei, die Verstecktes — Hineingedrücktes - wieder an den Tag
brachte, eine erzählen: Florian, geb. 4.10.1992, kam mit seiner Mutter
im Februar 1995 in meine Ordination. - Neurodermitis - wurde mir
von der Mutter als Schlagwort so hingeworfen. - Viele Ärzte, viele
Therapien in der Anamnese - und jetzt zum Homöopathen - sagt die
Mutter. Auffallend war, daß die Anamnese nicht viel ergab - (Cuprum
versucht sich im tiefen Wald, hinter den sieben Bergen ... zu verstek-
ken), - und nach solchen Gesprächen suche ich immer auch nach
Unterdrückung. Die Mutter erzählte auch von verschiedenen Salben,
von juckreizstillender Medizin, aber alles half/hilft eben nur kurz. Flo-
rian ist ein liebes, sehr lebhaftes Kind. Aus der Familienanamnese war
eine Asthmaerkrankung des Großvaters mütterlicherseits, eine sehr
empfindliche Haut des Vaters, sowie ein Morbus Crohn der Schwester
des Vaters erfragbar, auch haben die beiden um fünf und sechs Jahre
älteren Schwestern so etwas •wie ein Ekzem, aber das sei nicht so arg.
Psychische Unterdrückungen waren aufgrund der Einfachheit der
Mutter nicht zu erfragen, aus der Familiengeschichte heraus aber war
Florian nicht gerade ein erwünschtes Kind, die Mutter hatte die
Schwangerschaft der Verwandtschaft lange verheimlicht. Der kleine
Florian habe auch lange immer wieder — die ersten Monate scheinbar
grundlos - geschrien (Trimenonkoliken?), erzählt die Mutter. Das wohl
Auffälligste waren die Dinge ums Essen - so mag der kleine Bub nur
Kaltes, trinkt auch gerne kaltes Wasser, und hat beim Trinken ein gur-
gelndes Geräusch. Diese wenigen Symptome veranlaßten mich, Cu-

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prum LM VI einmal täglich zu verordnen. Der Ausschlag wurde zwar
anfänglich stärker, aber die Mutter erzählte einige Tage später am Tele-
fon, er schliefe jetzt ruhiger, denn seit der letzten Salbe habe er sich im
Bett oft hin- und hergeworfen und sei häufig erwacht. Innerhalb weni-
ger Wochen war die Haut wunderschön, ich habe den kleinen „Flo"
zuletzt am 3.6.1996 anläßlich einer Konsultation seiner Schwester ge-
sehen, er war bis zu diesem Zeitpunkt seit mehr als einem Jahr be-
schwerdefrei — Cuprum wurde von der Mutter nach telefonischer
Rücksprache nach vier Wochen abgesetzt. Bei Folge von Hinein-, Un-
ter-drücken ist Cuprum als sehr wertvolle Arznei hinlänglich bekannt.
Zurück zu der Geschichte, zu diesem zweiten Versuch, sich der schö-
nen Prinzessin zu entledigen: In diesem Bild gibt es noch einiges an
Symptomen: Die Königin will ja das Haar kämmen — „Ziehen und Zer-
ren am Haar" - oder ans Haarkämmen erinnern auch Cuprumsympto-
me wie „Verdrehen des Kopfes zu einer Seite und nach hinten", „der
Kopf ist zur Seite gezogen und fällt nach vorne", „verschlimmert durch
jeden Kontakt"; - die als altes Weib verkleidete Hexe hat sicher sehr
fest und boshaft gekämmt, sodaß jede dieser Verdrehungen gut vor-
stellbar ist - und zu guter Letzt hat sie den giftigen Kamm in den
Scheitel hineingedrückt: „Äußerliches brennendes Schießen in der
Stirnseite, in den Schläfen, am Scheitel". (Interessant und deshalb hier
eingefügt: bei Cuprum acet. befindet sich der Hautausschlag vor allem
am Kopf, der restliche Körper ist fast gar nicht betroffen). Schneewitt-
chen fällt wieder in Ohnmacht — „wie tot", es geht noch mal gut. Der
dritte Versuch — die Geschichte mit dem Apfel (hier einmal nicht im
Paradies) schaut schlimm aus. Schneewittchen ist zwar anfangs
„mißtrauisch", aber diese kindliche „Naivität", ... und ein Apfel hat ja
etwas Kühles, Kaltes an sich, und da Cuprum kaltes Essen und Trinken
mag, erliegt sie der Versuchung - und beißt ab. Der dritte Versuch
scheint zu glücken. Dreimal versuchte die Königin Schneewittchen zu
beseitigen - „dreimal" hat offenbar auch zu unserer Arznei einen Be-
zug - bei KENT finden wir in seinen AMB Cuprum unter anderem als
Keuchhustenmittel angegeben: „Drei Anfälle von spastischem Husten
hintereinander" - und - „Wiedererlangung des Bewußtseins nach Er-
brechen von festen Speisen" - aber bis dahin ist noch Zeit. Die Zwer-
ge ahnen ja nichts von der (vielleicht mit einer Kupferverbindung?)
vergifteten Apfelhälfte. („Süßlicher, kupferartiger Geschmack im Mund,
metallisch, auch sauer, Speichelfluß"). Schneewittchen scheint nun
wirklich tot - kein Wunder, denn „der Puls bei Cuprum ist klein,
weich, nicht fühlbar". Schneewittchen kann nicht mehr sprechen.
(„Verlust der Sprache, unfähig zu sprechen wegen Spasmus im Hals").

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Und vielleicht war die blasse Haut des Lieblings auch schon „bläulich
marmoriert". Es hat sicher „tief geschlafen". Die Zwerge dürften nur
eines überhört haben: das „Rumoren im Bauch" (ist oft bei Säuglingen,
die Kupfer brauchen, zu hören). Die Zwerge legten es in einen Sarg
aus Glas ,so „zerbrechlich" schien das Mädchen, so schön war es.
Schneewittchen blieb einfach tot - warum wohl? Vielleicht wurde es
von den Zwergen im Sarg liegend an einen kühlen Ort gestellt, und da
konnte es nicht erwachen, denn bei Cuprum wird „Alles schlimmer an
kühler Luft, in der Kälte". Dann kam, wie schön, im Märchen der Kö-
nigssohn - eigentlich ein kindlich anmutender Phantast (offenbar vom
kupfernen Pfeil des Amors getroffen), denn wer will schon eine Leiche
(„Fixe Ideen"), aber Amor, oder Aphrodite ... naja ... Die Sargträger
stolpern - Schneewittchen hat sich den Kopf angeschlagen, („Epilepsie
von Fall, Sturz oder Hieb auf den Kopf"), und es erbricht den Apfel.
MM - Cuprum. „Erbricht immer beim Erwachen", „Alles wird besser
durch Erbrechen fester Speisen, das Bewußtsein kehrt wieder". Die
Hochzeit etc. ...
Am Schluß der Geschichte lesen wir noch ein sehr kupfriges Ende der
bösen Königin: Sie wird zur Hochzeit geladen und stolz und neidisch
wie sie ist, kommt sie auch, und muß in eisernen Schuhen (in der
Bosheit nähert sich die Venus immer wieder dem Mars) auf glühenden
Kohlen tanzen bis sie umfällt. - Das Brautpaar ist hier „sehr grausam",
aber dieser Schluß bereichert unsere Geschichte um die MM-
Symptome der unteren Extremitäten: Schmerz in den Sohlen, bren-
nende Fußsohlen, spannender Schmerz und Krämpfe in den Waden
und als Nebensymptom — bei so einer Hitze gibt's natürlich keinen
Fußschweiß mehr — Cuprum als wichtige Arznei bei unterdrücktem
Fußschweiß - und so kommt als letzte Konsequenz der Zusammen-
bruch - eine Art Krampfanfall.
Sicher fehlen einige Kupfersymptome oder sind nicht vollständig wie-
dergegeben, betrachten Sie diese Geschichte als Denkanstoß, und als
Anregung, daß gültige Dinge — und Märchen gehören für mich dazu —
uns den Zugang zu einem Arzneimittel erleichtern können.

Weiterführende Literatur
Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten Bd. 3, 5. Nachdr., Haug, Heidelberg 1991
Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen, Bd. l, Reclam, Leipzig 1985/86 Schramm:
Märchen und Heilmittel, Novalis Verlag 1988 Gawlik, W.-. Arzneimittelbild und
Persönlichkeitsportrait, Hippokrates, Stuttgart 1990
Anschrift des Verfassers: Dr. med. Bernhard Schmid, A-3910 Groß-
globnitz 123.

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                                    Band 16 - Documenta Homoeopathica

                                    296 Seiten, geb.
                                    erschienen 2009

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