Global Automotive Business 2018/2019 - Automobil Produktion
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B 30470 www.automobil-produktion.de Sonderausgabe 2018 Global Automotive Business 2018/2019 powered by MAXOLUTION® HANDELSKRIEG UND CHINA-SCHWÄCHE MARKEN, PLATTFORMEN UND MODELLE Brexit und der Handelskrieg verunsichern Große Analyse der weltweit führenden die Autoindustrie stark. Ausgerechnet jetzt Autokonzerne und ihrer Marken. Die Plattform- schwächelt auch noch China. ab S.04 Planung zeigt: E-Mobilität kommt. ab S. 16
INHALT 3 NOVEMBER 2018 06 12 16 WIRTSCHAFT OEM-ANALYSEN 04 Zahlen und Fakten 16 16 BMW Group: 44 Renault-Nissan: Welche Hersteller produzieren 2018 Überbrückungsmusik Ziel: Welt-Format wie viele Autos? Wie entwickelt Breites Portfolio, aber mäßige Stim- Carlos Ghosn peilt an, Lenker des sich der größte Markt China? Alle mung: Bayern braucht Orientierung weltgrößten Autobauers zu werden Wichtige Zahlen und Daten zum 20 Daimler: 48 Tata/JLR: Autojahr 2018 auf einen Blick Zwischen den Welten Brexit bedroht Erfolgsmodell 06 06 Politik vs. Wirtschaft Wechselbad zwischen Führungs- Jaguar Land Rover ist die Zugma- Handelskriegrische Tendenzen und wechsel und Gewinnwarnungen schine der Automobilsparte des der Brexit bedrohen den freien 24 Fiat Chrysler Automobiles: indischen Tata-Konzerns Welthandel und bringen die auf Ziellinie 2022 50 Toyota: Globalität getrimmte Autoindustrie Transformation zum Global Player Back to the Roots zunehmend in Not ohne Sergio Marchionne Toyota will mit Macht zurück zur 10 Umbruch in China 28 Ford: bewährten Effizienz und schmiedet Der chinesische Automarkt ist in Drohender Kahlschlag eifrig Allianzen im Bereich Elektro- Wallung. Lokale OEMs bedrängen Jim Hackett nimmt Kosten und mobilität. zunehmend VW & Co. Dabei steht Modelle unter die Lupe 58 Volkswagen: mit der Eelektromobilität der große 30 Geely – Volvo: Spielraum mit Zentralsteuerung Umbruch erst noch an Ost-West-Beziehungen Der Diesel-Skandal ist auch nach 12 Europa und China im Griff, jetzt drei Jahren noch nicht ausgestan- 12 „VW mit hohem China-Risiko“ Interview mit Prof. Stefan Bratzel Vollgas in den USA und Asien den. Und die Selbstzünder sind über wachsende Risiken durch Han- 32 General Motors: nicht das einzige Problem von VW delskriege und warum eine zu star- Umbaumaßnahmen ke Position in China für VW zum Mary Barra nutzt die Nach-Opel- Problem werden kann Ära zu radikalen Veränderungen 34 Honda, Mazda, Subaru, Suzuki: In die Zange genommen Die japanischen OEMs zwischen Handelshemmnissen und komplex- eren Kundenwünschen 38 Hyundai – Kia: WELTKARTEN Problemzonen Der Sonderausgabe liegen vier Die Korea-Geschwister bleiben Karten mit den Werken der größten in USA und China hinter den Autokonzerne in aller Welt bei Erwartungen 40 PSA Group: RUBRIK EU-Championship vor Augen Carlos Tavares treibt den Umbau 03 Inhalt voran – mit einem Fokus auf Opel 59 Zum Schluss/Impressum AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
6 TITELTHEMA WIRTSCHAFTSPOLITIK WOHIN DIE REISE GEHT Die USA liefert sich einen Handelskrieg mit China, Großbritannien trennt sich – wie auch immer – von der EU. Der freie Welthandel, lange erkämpft, droht zu scheitern. Für die ohnehin im Umbruch steckende Autoindustrie bedeutet das enorme Unsicherheit und hohe Belastungen. TEXT: Frank Volk, Christiane Habrich-Böcker D ie Flieger aus München und Frankfurt in den Süden und nicht alles „Humbug“ was vom US-Präsidenten ins Feld geführt Norden der USA oder in Chinas Metropolen sind gut ge- werde. Bratzel gibt zu bedenken, dass sich die Chinesen seit Jah- bucht. Sie gelten als Pendelstrecke für Automobilmana- ren Regeln herausnehmen, die im Welthandel „ziemlich einzigar- ger, um ihre Dependancen in den beiden größten Fahrzeugmärk- tig“ sind. So haben chinesische Unternehmen weitgehend freien ten zu besuchen. Auch die Insel galt als attraktiver Fertigungs- Zugang zu den Märkten in Europa und Nordamerika, was diese standort, lockte doch die britische Regierung lange mit Förder- weidlich für milliardenschwere Einkaufstouren nutzen, umge- mitteln. Doch in den vergangenen Monaten sind die Reisen in die kehrt schützt aber China seine heimischen Unternehmen durch Autodestinationen Shanghai, Peking, Charlotte, Detroit oder den Joint-Venture-Zwang. Dass bei letzterem eine Kehrtwende rund um London alles andere als Routine. Denn US-Präsident eingeleitet wurde, sieht der Autoexperte durchaus als Ergebnis Donald Trump legt sich mit den Chinesen und Europäern glei- von Trumps wirtschaftspolitischem Kurs. chermaßen an. In Großbritannien stimmten die Bürger für ein Inseldasein, Annektionstendenzen Russlands und eine Einbahn- Verständnis für Trump straßenpolitik der Türkei rütteln zusätzlich an den in der WTO Ein Erfolg, den Trump auch für die Neufassung des Handelsab- verankerten globalen freiheitlichen Handelsbedingungen. kommens zwischen seinem Land, Mexiko und Kanada reklamie- Die Separierungstendenz hat mit dem EU-Exit der Briten be- ren kann. Die frühere NAFTA trägt jetzt das Kürzel USMCA und gonnen. Doch richtig aufs Gas stieg US-Präsident Donald Trump schon die Reihenfolge der Buchstaben macht klar, wer hier die nach seinem Amtsantritt. Um die nach seiner Meinung „Bad Hosen an hat. Dass im Zuge der Neufassung ein Mindestlohn in Deals“ auszumerzen, die seine Vorgänger der US-Wirtschaft ein- Mexiko definiert wird, findet durchaus Beifall in Kreisen von gebrockt haben, reitet Trump einen aggressiven handelspoliti- Wirtschaftswissenschaftlern. Damit scheint ein Konfliktherd schen Kurs – innerhalb der NAFTA, vor allem aber gegen China. zwar politisch entschärft. Wie sich das auf den Automarkt aus- Das durchaus nicht ohne Grund. Zwar tauge die vom US-Präsi- wirken wird, bleibt aber abzuwarten. IHS Markit, eines der glo- denten gewählte Rhetorik und die Politik der Strafzölle „nicht balen führenden Analyseinstitute für die Automobilindustrie, zum Vorbild“, so der Autoexperte Stefan Bratzel, es sei aber auch rechnet damit, dass sich Autos für US-Konsumenten um 1.800 Bahn-Verladung des Volvo S60L in China: viele Handelswege in Frage gestellt. 1 Bild: Volvo AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
TITELTHEMA 7 WIRTSCHAFTSPOLITIK bis 5.700 US-Dollar, je nach Wohin allerdings eine Eska- Modell, verteuern werden, lation des Handelsstreits was in der Konsequenz auf führen könnte, erleben die den Fahrzeugabsatz drücken Europäer mit dem Brexit werde. In Summe rechnen vor der eigenen Haustür. die Marktexperten im Jahr Dass auch zweieinhalb Jah- 2020 mit 2,2 Millionen Ein- re nach dem Brexit-Votum heiten weniger als im laufen- der Briten noch keine Eini- den Jahr 2018, das etwas gung in Sicht ist, „verunsi- über 17 Millionen Einheiten chert Wirtschaft und Unter- Bild: Jaguar Land Rover leicht unter Vorjahr liegen nehmen“, so Ludovic Sub- dürfte. Dabei sind noch ran, Chefvolkswirt der Euler nicht einmal alle Risiken Hermes Gruppe und stell- „eingepreist“, wie etwa die vertretender Chefvolkswirt Entwicklung des Ölpreises der Allianz. Messbar ist die angesichts des alten Konflik- Schön fürs Prestige von Jaguar Land Rover, für den Autobauer in Zahlen. Laut dem Kredit- tes mit dem Iran und des wäre ein „weicher“ Brexit wichtiger: Queen Elisabeth und Prinzge- versicherer kostet die Unsi- möglicherwiese neuen mit mahl Philip bei der Geburtstagsparade der britischen Königin. cherheit bis zu einer Eini- Saudi Arabien und eine mög- gung jedes Quartal bis zu liche Eskalation des Han- 0,1 Prozentpunkte beim bri- delsstreits mit China. tischen Wirtschaftswachs- tum. Durch die Schwäche des britischen Pfund seien die Margen Hamsterkäufe in Großbritannien seit 2016 um 2,5 Prozentpunkte geschrumpft und das Abwärts- Wie schnell sich das Blatt wenden kann, lässt sich auf dem größ- karussell drehe sich weiter. Inzwischen, stellt Ron van het Hof ten Automarkt der Welt besichtigen: Vor Monaten nahezu un- fest, der bei Euler Hermes die Regionen Deutschland, Österreich denkbar, ist der chinesische Automarkt dick ins Minus gerutscht und die Schweiz verantwortet, dass es regelrechte Hamsterkäufe und kommt von Regierungsseite auf den letzten Drücker nicht von in Großbritannien angesiedelten Industrieunternehmen gibt, noch ein Incentive-Programm, droht China erstmals ein Ganz- um die Unterbrechungen in der Lieferkette zu vermeiden. Auch jahresminus. Die Faktoren hierfür bereits jetzt alleine am Han- gehe man davon aus, dass europäische gegen britische Lieferan- delsstreit festzumachen, wäre zu kurz gegriffen. Durch den Han- ten ausgetauscht werden. Vor allem Zulieferer aus der zweiten delsstreit haben sich aber Importe verteuert und das zurückge- und dritten Reihe bringt das in die Bredouille. hende Exportvolumen in die USA hat das Wirtschaftswachtsum Zwar sind auch Unternehmen wie Hella oder Webasto inzwi- verlangsamt. In Summe, so Henner Lehne, bei IHS Markit Exe- schen – dem Trend „Die Produktion folgt dem Markt“ folgend – cutive Director Global Vehicle Group, führe das zu deutlicher global stark vertreten. Aber jetzt eine Entscheidung zu fällen, in Zurückhaltung beim Fahrzeugkauf in China. Wobei Lehne von Großbritannien zu investieren, dürfte zu einer echten Glaubens- einer vorübergehenden Schwäche ausgeht, von der auch längst frage werden. Trotz der polarisierten politischen Landschaft in nicht alle Bereiche betroffen sind. Großbritannien glaubt Subran nicht an einen harten Ausstieg,
12 TITELTHEMA INTERVIEW „VW mit hohem China-Risiko“ Die reale Lage der Autoindustrie – insbesondere der deutschen Hersteller – ist besser als die ge- fühlte. Interview mit dem Autoexperten Stefan Bratzel über Handelsstreitigkeiten, drohende magere Jahre und warum es durchaus kritisch ist, in China zu stark zu sein. INTERVIEW: Frank Volk Herr Professor Bratzel, wenn Sie die bis- Ich würde sagen, dass es schon eine Dis- rechtigten Kritik schon vor Augen halten herige Marktentwicklung 2018 betrach- krepanz im Moment gibt. Das hängt zum beim Umgang mit der Autoindustrie. Die- ten, wie würden Sie das Jahr einordnen? einen natürlich daran, dass es zwar schön se Erfolge sind nicht selbstverständlich. Zunächst einmal mit der Feststellung, ist, wenn man im Hier und Jetzt Milliar- dass sich bislang die Automobil-Konjunk- dengewinne einfährt. Damit ist aber Durch den Mobilitätswandel werden die tur in einer Hochphase befand. In den längst nicht gesagt, wer bei den großen Erfolge noch viel weniger selbstverständ- USA gab es zuletzt kleine Ermüdungser- Transformationsthemen auf dem richti- lich. Wie gut sind die deutschen OEMs für scheinungen, ebenso wird immer wieder gen Weg ist. Zum anderen ist da die spezi- die Zukunft gerüstet? Manche Kritiker sa- orakelt, wie lange und wie stark China elle Art, wie die Autoindustrie in Deutsch- gen mit Blick auf E-Mobilität und autono- noch wächst. Dabei darf man nicht über- land diskutiert wird. mes Fahren: Die Deutschen verlieren den sehen: Das sind Märkte, die über Jahre Anschluss ... sehr gut gelaufen sind und dieses hohe Ni- Was ist daran speziell? Das würde ich so nicht hundertprozentig veau nun weiter halten. Nicht zu verges- Ich denke, dass neben den eindeutig zu unterschreiben. Wir stellen zwar schon sen die starke Performance in Europa. Al- verurteilenden Betrügereien und dem auch über unsere empirischen Erhebun- lerdings spricht einiges dafür, dass das Ausnutzen von Graubereichen bei den gen fest, dass die deutschen Autobauer jetzt die „sieben fetten Jahre“ gewesen Abgasgrenzwerten in Deutschland etwas den Verbrennungsmotor, auch was Inno- sind, nun dürften eher „sieben magere zu stark in Vergessenheit gerät, welch vationen anbetrifft, noch ein bisschen Jahre“ kommen. Die Branche steht ange- enorme Bedeutung die Autoindustrie für stärker im Blick haben als die neuen Play- sichts der Trends von CO2-Zielen in der dieses Land hat. Die hohen Gewinne und er. Das liegt aber in der Natur der Sache, EU, Elektromobilität, autonomem Fahren die große Nachfrage, die wir auf den glo- schließlich wird damit das Geschäft am und Mobilitätsdienstleistungen vor den balen Märkten nach deutschen Fahrzeu- Laufen gehalten. Da unterscheiden sich größten Umbrüchen ihrer Geschichte. gen erleben, ist eben auch ein Ergebnis die deutschen OEMs nicht von den ande- von gelungener Innovation und von sehr ren globalen Herstellern. Ein neuer Play- Dennoch ist es ein bisschen wie in der Po- guter Arbeit, was Produkt- beziehungs- er, der keine Historie im Verbrennerbe- litik. Die gefühlte Lage ist schlechter als weise auch Prozessinnovationen anbe- reich hat, muss sich mit diesem auch nicht die Wirklichkeit. Wie kommt das? trifft. Und das muss man sich bei aller be- auseinandersetzen. Warum sollte er das auch tun? Aber passiert denn umgekehrt genug in ZUR PERSON den neuen Themenfeldern? Das muss man differenziert betrachten. Prof. Dr. Stefan Bratzel Ich sehe schon, dass die deutschen Her- steller in vielen neuen Themen sehr gut ist Direktor und Gründer des unabhängigen Center of Automotive Manage- unterwegs sind. Das gilt für mich auch für ment an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Nach ei- das Thema Connectivity, Fahrassistenz- nem abgeschlossenen Politik-Studium an der FU Berlin und der anschließen- systeme, autonomes Fahren. Wenn man den Promotion wurde Bratzel in und um die Automobilbranche aktiv. Hier hier die etablierten Player vergleicht, sind durchlief der 1967 geborene Wissenschaftler unter anderem Stationen als die schon vorne mit dabei. Eine Ausnah- Produktmanager bei Smart, als Programm Manager Product Line Automotive me würde ich im Bereich rein elektrischer bei Group3G und als Leiter Business Development Automotive bei PTV. Als Do- Mobilität machen. Ich würde nicht sagen, zent und Studiengangsleiter für Automotive Management an der Fachhoch- dass sie hier hinterher fahren, aber da sind schule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach und als Direktor des ortsansässi- sie eher im Mittelfeld. gen Auto-Instituts ist Bratzel seit April 2004 tätig. Einer der großen Diskussionspunkte zur AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
Es ist eine Herkulesaufgabe, bei der Batteriezelle in eine führende Position zu kom- men. Aber es ist absolut not- wendig, das zu erreichen. Stefan Bratzel, Direktor Center of Automotive Management (CAM) Bild: Center of Automotive Management
16 B MW G RO U P Überbrückungsmusik Nie hatte BMW ein besseres Portfolio, doch die Stimmung bei den Bayern ist mäßig. Auf dem Weg, wieder Nummer eins der Premiumhersteller zu werden, fehlt es an der rechten Orientierung. Die Gewinnwarnung bei BMW Ende September traf viele wie aus BMW Group: Plattformen & Modelle heiterem Himmel. Rund zehn Jahre waren die Münchner, ähnlich Plattform Marke Modell 2018 2023 wie die direkte Premiumkonkurrenz, bei Erträgen von Rekord zu LK BMW 3-Series 7.616 389.001 BMW 5-Series 394.008 356.385 Rekord geeilt, hatten die Verkäufe deutlich über die Zwei-Millio- BMW X3 226.206 228.767 nen-Marke geschraubt und nun das. Zwar kein Einbruch, aber BMW 4-Series 0 130.978 statt der avisierten acht bis zehn Prozent Rendite kämpft BMW BMW X4 34.047 49.716 BMW 2-Series 0 42.995 bis zum Jahresende darum, zumindest die reduzierten sieben Pro- BMW i4 0 42.144 zent zu packen. Ein harter Schlag für die sonst so in sich ruhenden BMW iNEXT 0 25.235 Münchner; schließlich feuert der Autobauer gerade die größte LU BMW X1 275.082 260.491 Modelloffensive seiner über hundertjährigen Geschichte ab. Vor- BMW 1-Series 41.167 218.534 Mini Mini 220.847 183.527 standschef Harald Krüger hatte nach dem erfolgreichen Überhol- BMW X2 98.071 92.845 vorgang durch Daimler eine schlichte Maßgabe ausgegeben: Bis BMW 2-Series Active Tourer 64.733 84.795 2020 will man wieder Premiumhersteller Nummer eins werden Mini Countryman 106.427 69.550 BMW 2-Series Gran Coupé 0 56.186 und die Schmach ausmerzen, just im Jahr des 100. Geburtstags Mini Clubman 47.097 39.256 von Mercedes vom Platz an der Sonne verdrängt worden zu sein. LG BMW X5 50.777 195.925 BMW 7-Series 56.209 62.578 Altlasten an Bord BMW X6 0 40.817 BMW X7 462 35.609 Wer durch die Gänge der Firmenzentrale am Münchner Petuel- L7 BMW 3-Series 309.139 0 ring oder dem immer gigantischer werdenden Forschungs- und BMW 1-Series 154.230 0 Innovationszentrum (FIZ) nur ein paar Minuten weiter nordöst- BMW 4-Series 112.216 0 lich an der Knorrstraße schreitet, spürt förmlich, dass es mit der Quelle: Plattform: Auszug Modelle nach Volumen, Stimmung im Hause BMW derzeit nicht zum Besten bestellt ist. Prognose Stand Ende September 2018 Die sonst so selbstbewussten Angestellten sind – egal auf welcher Hierarchieebene – ins Grübeln geraten. Dabei wussten, ebenso wie bei der Konkurrenz aus dem In- und Ausland, alle: Immer weiter nach oben geht es nicht – irgendwann musste einmal mit den Rekordmarken Schluss sein. Viele sind der Meinung, dass man nach dem mutigen Schritt mit der Submarke BMW i und der Kreation der elektrifizierten Modelle i3/i8 zu wenig konsequent nachgesetzt habe. Geplante Elektromodelle wurden wegen der mäßigen Nachfrage und noch schlechterer Erträge auf Eis gelegt oder gar gestrichen. Die Konkurrenz holte auf und zog schließ- lich früher als erwartet vorbei. So hat BMW bei den elektrischen Mit mächtiger Verzögerung hat nun auch Rolls-Royce einen SUV auf SUVs aktuell nichts zu bieten, während Jaguar, Audi und Merce- den Markt gebracht. Unter 315.000 Euro geht es beim Cullinan nicht. des bis Mitte 2019 ihre Erstlingswerke auf der Straße haben. Jetzt drückt BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich auf die Nebenschauplätze Tube, um in Sachen Elektrifizierung und Fahrerassistenz wieder BMW versucht, ebenso wie alle anderen Hersteller, das eige- in die erste Reihe zu kommen. ne Geschäft fit für die kommenden Jahre zu machen. Die zahlreichen Nebendienste laufen finanziell jedoch nur zäh Kein frischer Wind an. Zumindest hat man sich nunmehr mit Daimler zusam- Dabei liegen viele Probleme wohl etwas tiefer als beim intern mengetan, um die Mietdienste Car2Go und Drive Now un- zwischenzeitlich nachgelassenen Elektrodruck. Auch wenn der ter einem Dach anbieten zu können, was die Erträge erhö- Vorstandsvorsitzende Harald Krüger fester als in den Jahren zu- hen soll. Insbesondere Mini muss jedoch in die Spur ge- vor im Sattel sitzt, hätten sich große Teile der Belegschaft von bracht werden. Zuletzt ging es bei den Briten mehr um ur- dem vergleichsweise jungen Topmanager deutlich mehr erhofft. bane Lounge-Einrichtungen, denn um Autotechnik. Besser als alle anderen Hersteller hatte BMW ohne große Mei- nungsverschiedenheiten den Generationswechsel von Norbert AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
17 Reithofer auf Harald Krüger vollzogen. Doch zum Missfallen Entwicklung Konzernmarken 2018-2023 von vielen sprang Reithofer direkt in den BMW-Aufsichtsrat und Marke 2018 2023 Wachstum/% behielt bis heute viele Zügel aus dem Tagesgeschäft fest in der BMW 2.163.806 2.418.660 + 11,8 ↑ Hand. Das betrifft nicht nur die Modellpolitik, sondern mehr Mini 374.371 292.333 - 21,9 ↓ Rolls-Royce 4.029 5.589 + 38,7 ↑ denn je die Strategie für die kommenden Jahre und entsprechen- Quelle: Marken: Prognose Fahrzeugproduktion de Personalien. Dass der branchenweit hoch geschätzte Markus Duesmann das Unternehmen Richtung Volkswagen-Konzern verließ, schmerzt am Petuelring. Duesmann wäre lieber Entwick- lungsvorstand statt der Verantwortliche für den Einkauf gewor- Bilder: BMW den. Dass ein 49-jähriger Publikumsliebling dann mit Andreas Wendt von einem 60-jährigen Produktionsexperten als Einkaufs- vorstand ersetzt wird, sorgt nicht nur außerhalb von BMW für Irritationen. Dabei ist der Ruf des ehemaligen Leiters des BMW- Vorzeigewerks Dingolfing ausgezeichnet. Doch wie ein Schritt in eine innovative Zukunft sieht das nicht aus. SUV-lastige Strategie Der Duesmann-Abgang ist nicht der einzige eines hochrangigen Mitarbeiters, den die Münchner zu beklagen haben. Im Bereich Personal scheint es bei BMW ebenso zu hapern wie bei der Stra- tegie, denn die größte Produktoffensive aller Zeiten zeigt sich in diesen Tagen allzu X-zentriert. Innerhalb von kaum mehr als ei- Drive Now ist nicht mehr allein unterwegs. Nachdem mit dem Miet- nem Jahr wurden Modelle wie X3, X4, X2, X5, X7 und Rolls- fahrdienst bisher kein Geld verdient werden konnte, soll die Fusion Royce Cullinan in dichter Folge neu aufgelegt; nur kurz unter- mit Car2Go von Daimler Abhilfe schaffen. brochen von den Produktstarts der Dreier-, Achter- und Z4-Rei- he. Das hätte sich bei besserer Planung abwechslungsreicher ver- teilen lassen. Nach wie vor vermeidet man das Wort Luxus und bietet seine neuen Imageträger 8er und X7 ohne V12-Optionen an. Dass man in der elektrischen SUV-Klasse gegenüber Konkurrenten wie Jaguar I-Pace, Audi e-tron und Mercedes EQC den Anschluss verpasst und allein aus Angst vor chinesischen Risiken einen elektrischen BMW iX3 aus dem Boden gestampft hat, mag durchaus überraschen. Wer die halbgaren Übergangslösungen wie Mercedes EQC und Audi e-tron als Bastellösungen von GLC und Q5 sieht, mag an deren nachhaltigem Erfolg zweifeln. Viel- mehr erscheint die bayrische Konzentration auf die beiden eigens Andreas Wendt wurde nach dem Weggang von Markus Duesmann entwickelten Elektromodelle i4 als viertüriges Mittelklasse-Cou- angesichts seines Alters von 60 Jahren überraschend neuer Produkti- pé und den iNext, der nicht nur mit seinem Antrieb neues BMW- onsvorstand. Bisher leitete er das BMW-Vorzeigewerk Dingolfing. Terrain beschreiten soll, allemal sinnvoll. Trotzdem ist man spä- ter dran als die Konkurrenz und das bereitet nach dem mutigen Elektroschritt und dem frühen i-Doppelpack Sorgen. Elektrogeschäft läuft hoch Im Dezember 2017 kündigte BMW seinen Plan an, den Absatz seiner elektrifizierten Fahrzeuge bis Ende 2019 auf 500.000 Ein- heiten steigern zu wollen. Das sind trotz der schlechten Renditen beim elektrifizierten Autogeschäft gute Zahlen. BMW will die Einführung von Elektromodellen deutlich beschleunigen und bis zum Jahre 2025 ein Dutzend vollelektrischer Fahrzeuge präsen- tieren. Um eine kontinuierliche Versorgung mit Batterien für ih- Der neue BMW 3er der Generation G20 kommt im März 2019 auf den re Elektrofahrzeuge zu gewährleisten, hieß es, sich langfristig Markt. Er soll ein Gegenpol zu den überaus erfolgreichen X-Modellen abzusichern. Im Juli hat Chinas Contemporary Amperex Tech- sein, die sich im Moment aneinander drängen. nology Ltd. (CATL) für die nächsten Jahre einen Auftrag in Hö- AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
52 VO L KSWAG E N Wolfsburger Zentralismus Der Kuschelkurs ist vorbei. VW-Chef Herbert Diess gesteht den einzelnen Marken einen gewissen Ge- staltungsspielraum zu, setzt aber klare und anspruchsvolle Ziele. Das Wort „Umparken“ hat für Volkswagen eine ganz andere Be- Volkswagen: Plattformen & Modelle deutung als für manchen Konkurrenten. Stand der Werbeslogan Plattform Marke Modell 2018 2023 einst unter Karl-Thomas Neumann für einen Aufbruch Opels in MQB A/B Volkswagen Golf 706.747 781.010 Volkswagen Tiguan 753.841 594.451 eine bessere Zukunft, ist „Umparken“ bei VW ganz anders be- Volkswagen Passat 261.657 500.647 setzt: Europas größter Autobauer musste im Spätsommer externe Skoda Octavia 418.218 421.285 Stellflächen anmieten, um Neuwagen zwischenzulagern. Der Volkswagen Lavida 195.688 370.813 Audi A3 296.134 334.695 Grund für Pkw-Halden auf der Großbaustelle des Brandenbur- Volkswagen Sagitar 0 285.109 ger Flughafens, der Messe Hannover oder dem werkseigenen Volkswagen Bora 115.249 268.634 Testgelände in Ehra-Lessien war nicht der Diesel-Skandal, son- Volkswagen Magotan 249.088 250.919 Volkswagen T-Roc 222.708 237.482 dern die erheblichen Probleme bei der Umstellung auf das näch- Volkswagen Jetta 174.003 229.004 ste WLTP-Testverfahren. Was sich einigermaßen simpel anhört, Volkswagen Caddy 0 187.807 wurde von VW Konzernchef Herbert Diess zum aktuell größten Volkswagen Touran 128.154 165.097 Audi Q3 24.054 162.017 Problem des Autobauers erhoben: „Das größte Volumen- und Volkswagen Tharu 31.845 161.295 Ergebnisrisiko ergibt sich für Volkswagen durch die Umstellung Skoda Superb 139.430 157.464 Volkswagen Lamando 145.769 157.407 auf den WLTP-Prüfzyklus.“ Ablesbar ist das Ausmaß des Risikos Audi Q2 120.452 143.874 an Zahlen: Im September lieferte VW 18,1 Prozent weniger Fahr- Seat Leon 154.220 135.402 zeuge aus als im Vorjahr – in Westeuropa waren es sogar 41,5 Skoda Kodiaq 176.502 127.685 Skoda Karoq 153.630 106.010 Prozent. Obwohl die angepeilte Zahl der Auslieferungen für das MQB A0 Volkswagen Polo 503.019 709.380 Gesamtjahr bestehen bleiben soll, belastet dieser finanzielle und Volkswagen T-Cross 0 342.899 logistische Kraftakt das Konzernergebnis: Die angepeilte opera- Skoda Fabia 0 218.244 tive Rendite von 6,5 bis 7,5 Prozent ist mit einem dicken Frage- Volkswagen Gol 0 125.101 Audi A1 17.114 106.137 zeichen versehen. Das WLTP-Dilemma, von dem auch Marken Skoda B-CUV 0 105.090 wie Audi betroffen sind, ist nur eine der Baustellen, mit denen Seat Arona 117.688 105.068 Volkswagen zu kämpfen hat. Skoda Rapid Spaceback 0 98.369 Seat Ibiza 137.105 95.061 Skoda Rapid 0 82.920 Elektro-Offensive Volkswagen Virtus 69.192 72.626 Nach wie vor überschattet der Dieselskandal alle Diskussion bei PQ25/26 Volkswagen Jetta 250.413 0 Volkswagen. Seit September tobt vor dem Landgericht Braun- Volkswagen Polo 248.728 27.229 Volkswagen Santana 236.447 277.592 schweig ein Diesel-Prozess, bei dem sich geschädigte Anleger so- Skoda Fabia 197.497 0 wie Autokäufer und die Anwälte des Volkswagen-Konzerns er- Skoda Rapid 144.785 0 bittert gegenüberstehen. Die zentrale Frage dabei ist, ob der Kon- PQ34 Volkswagen Lavida 268.419 0 zern rechtzeitig die Finanzmärkte über den Dieselbetrug in den Volkswagen Bora 171.168 0 USA und die sich möglicherweise daraus ergebenden Konse- PQ35 Volkswagen Sagitar 344.608 0 quenzen informiert hat. Noch gibt es eine Verschnaufpause für Volkswagen Passat 187.515 0 Volkswagen Caddy 166.614 0 den niedersächsischen Autobauer, denn die mündliche Verhand- Audi Q3 162.293 0 lung wurde bis November vertagt. Eine Frage, die bei dem ganzen MSB Porsche Panamera 36.976 31.301 Verfahren mitschwingt, ist, wie viel wer und wann über die Ver- Bentley Continental 3.847 4.495 tuschungsversuche gewusst hat. Das betrifft vor allem die Top- Bentley Flying Spur 0 2.852 Manager und auch Diess selbst. „Leider erleben wir bei der Auf- PPE Audi eQ5 0 113.525 Audi E5 0 54.947 arbeitung der Dieselkrise aber auch immer wieder Rückschläge“, Porsche Macan 0 35.875 gab der Konzernchef unlängst zu Protokoll. Audi eQ7 0 25.958 Da passt der Zwischenbericht des von den US-Behörden we- Audi E7 0 19.078 Audi eQ6 0 10.558 gen des Abgasskandals eingesetzten Aufpassers Larry Thompson Porsche Panamera 0 8.041 ins Bild, der zwei Verstöße gegen die Auflagen feststellte, die al- Audi eQ9 0 6.649 lerdings von VW selbst gemeldet wurden. Klar ist jedenfalls, dass Quelle: Plattform: Auszug Modelle nach Volumen, Diess die Zügel des Großkonzerns fest in der Hand hält und seine Prognose Stand Ende September 2018 Vorgaben an das Management eindeutig und unmissverständlich AUTOMOBIL PRODUKTION 11/2018
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