Glykämischer Index und glykämische Last - ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept?
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Beleg/Autorenexemplar! Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. DGE | Stellungnahme Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE Daniela Strohm, Bonn Die Bedeutung von glykämischem Index und glykämischer Last für die Gesundheit und die Entwicklung ernährungsmitbeding- ter Krankheiten sind nach wie vor Gegen- stand der wissenschaftlichen Diskussion. Die vorliegende Stellungnahme ersetzt die DGE-Stellungnahme „Glykämischer Index und glykämische Last“ aus dem Jahr 2004 [1, 2]. Blutglukosespiegel Zeitablauf M 26 Ernährungs Umschau | 1/2013
Definitionen koseanstiegs als solche mit einem nisse von 205 Studien zusammen- niedrigen GI [5]. Als relative Größe fasst [8], wobei der GI in humanex- Bereits 1973 wiesen OTTO et al. da- der glykämischen Antwort auf die perimentellen Untersuchungen er- rauf hin, dass sich kohlenhydrathal- Zufuhr einer definierten Kohlenhy- mittelt wurde [9]. Die Datensamm- tige Lebensmittel in ihrer Wirkung dratmenge ist der GI ein Maß für die lung enthält Angaben zu fast 1 900 auf die Blutglukosekonzentration ernährungsphysiologische Qualität Lebensmitteln, die entsprechend der sehr unterscheiden [3]. JENKINS et al. der verzehrten Kohlenhydrate. Das Standards zur GI-Bestimmung aus [4] führten einige Jahre später den Ausmaß der glykämischen Antwort Untersuchungen an Probanden mit Begriff des glykämischen Index (GI) wird aber auch von der zugeführten normaler Glukosetoleranz abgeleitet ein. Er ist ein Maß für die Blutgluko- Kohlenhydratmenge beeinflusst. Da- wurden [10]. Angaben zu weiteren sewirksamkeit nach Zufuhr von her wurde der Begriff der glykämi- 600 Lebensmitteln wurden aus Un- 50 g verwertbaren Kohlenhydraten schen Last (GL) definiert. Diese tersuchungen an Probanden mit mit einem Testlebensmittel (쏆 Ab- ist das Produkt des GI und der ver- einem gestörten Glukosestoffwech- bildung 1). Die Angabe erfolgt in wertbaren Kohlenhydratmenge (in sel abgeleitet und werden deswegen Prozent bezogen auf die Fläche unter Gramm) pro Portion eines Lebens- als weniger valide eingestuft und an der Blutglukosekurve einer Referenz- mittels, dividiert durch 100 (쏆 Kasten dieser Stelle nicht weiter betrachtet. substanz, welche der Zufuhr von 1 und 2). Die GL ist ein Indikator der Das wiederholte Testen von Lebens- ebenfalls 50 g Kohlenhydraten in glykämischen Antwort auf eine Le- mitteln innerhalb der letzten 25 Form von Glukose oder Weißbrot bensmittelportion bzw. des dadurch Jahre ergab für einige Lebensmittel, entspricht. Die Verwendung von ausgelösten Insulinbedarfs [6, 7]. wie z. B. Weiß- und Vollkornbrot, Glukose als Referenzsubstanz führt zu niedrigeren GI-Werten als die Ver- wendung von Weißbrot, da die gly- GL = GI x verzehrte verwertbare Kohlenhydrate [g] kämische Antwort auf Glukose (Er- 100 höhung der Blutglukosekonzentra- tion) um den Faktor 1,43 über der Kasten 1: Definition der Glykämischen Last (GL) von Weißbrot liegt. Die glykämische Antwort wird hier als Erhöhung der GI und GL ausgewählter einheitliche Ergebnisse. Die Ergeb- Blutglukosekonzentration definiert, nisse zum GI anderer Lebensmittel, Lebensmittel welche wiederum einen Insulinbe- wie z. B. Frühstücksflocken, haben darf auslöst. 쏆 Tabelle 1 enthält Angaben zum GI sich in den vergangenen Jahren zum Pro Gramm Kohlenhydrate führen und zur GL verschiedener Lebens- Teil stark verändert. Aufgrund zu- Lebensmittel mit einem hohen GI zu mittel (Referenzsubstanz Gluko- sätzlicher industrieller Verarbei- einem rascheren Anstieg der Blut- se = 100). Diese sind einer Daten- tungsschritte ist der GI von verschie- glukosekonzentration und einem sammlung mit fast 2 500 Lebens- denen Lebensmitteln mit zunehmen- höheren Maximalwert des Blutglu- mitteln entnommen, die die Ergeb- dem Verarbeitungsgrad der Produkte angestiegen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Lebensmittelhersteller 4 ihre Produkte mit identischer Pro- Glukose duktbezeichnung in verschiedenen Δ Blutglukosekonzentration (mmol/l) Kartoffel Weißbrot Ländern mit unterschiedlicher Re- 3 ⴛ ⴛ alkoholfreie Getränke zeptur und Kohlenhydratzusam- * Linsen mensetzung anbieten. So ist es mög- 2 ⴛ lich, dass in unterschiedlichen Stu- ⴛ dien für Lebensmittel mit der * gleichen Produktbezeichnung unter- 1 * schiedliche Werte für den GI ermit- * * ⴛ telt werden. 0 ⴛ * * * Bei der Beurteilung der glykämi- schen Antwort auf kohlenhydrat- ⴛ ⴛ haltige Lebensmittel sollte neben dem GI als Parameter der Kohlenhydrat- 0 30 60 90 120 qualität auch die GL eines Lebens- Zeit (min) mittels betrachtet werden. Zum Bei- spiel hat die Wassermelone einen GI, Abb. 1: Verlauf der Blutglukosekonzentration nach Zufuhr von 50 g ver- der über dem von Brot aus niedrig wertbaren Kohlenhydraten mit verschiedenen Lebensmitteln [70] ausgemahlenem Getreide (hellem 쑺 Ernährungs Umschau | 1/2013 M27
DGE | Stellungnahme Mehl) liegt. Durch den höheren Ge- GICornflakes = 81 halt an verwertbaren Kohlenhydra- ten hat allerdings Brot aus niedrig 30 g (übliche Portionsgröße) Cornflakes enthalten 25 g verwertbare ausgemahlenem Getreide pro Portion Kohlenhydrate (30 g) eine mehr als doppelt so hohe 81 ⫻ 25 GLCornflakes = = 20,25; gerundet 20 GL als eine Portion (120 g) Wasser- 100 melone. Kasten 2: Berechnungsbeispiel zur Glykämischen Last (GL) Lebensmittel Anzahl Glykämischer Übliche Verwertbare Glykämische der Index (GI) Portions- Kohlenhy- Last (GL) Studien größe (g) dratmenge pro Portion (g/Portion) Frühstücksflocken Cornflakes 5 81 ± 3 30 25 20 Porridge (Haferflocken gekocht in Wasser) 13 55 ± 2 250 24 13 Porridge aus Instant-Haferflocken 4 79 ± 3 250 26 21 Brot/Teigwaren/Getreide Brot aus niedrig ausgemahlenem Weizen 16 75 ± 2 30 15 11 Weizenvollkornbrot (aus fein gemahlenem Getreide) 10 74 ± 2 30 12 9 Roggenbrot mit (80 % intakten) ganzen Körnern 1 41 30 12 5 Langkorn-Reis (gekocht) 5 60 ± 3 150 41 25 Basmati-Reis (gekocht) 6 57 ± 4 150 38 22 Jasmin-Reis (gekocht) 1 109 ± 10 150 42 46 Spaghetti (weiß, 10–15 min gekocht) 6 49 ± 3 180 48 24 Vollkornspaghetti (gekocht, Kanada) 1 42 ± 4 180 40 17 Obst (frisch) Wassermelone 1 80 ± 3 120 6 5 Ananas 1 66 ± 7 120 10 6 Kiwi 1 58 ± 7 120 12 7 Banane (Australien) 1 47 ± 5 120 24 11 Orange (Kanada) 1 40 ± 3 120 11 4 Aprikosen 1 34 ± 3 120 9 3 Apfel, Golden-Delicious (Kanada) 1 39 ± 3 120 16 6 Kartoffeln Kartoffelbrei (Instant) 6 87 ± 3 150 20 17 Kartoffeln (gekocht) 4 82 ± 7 150 16–32 9–251 Kartoffeln (gebacken) 4 86 ± 6 150 26 222 Gemüse Zuckermais (gekocht) 5 52 ± 5 80 17 9 grüne Linsen (gekocht) 1 37 ± 3 150 14 5 Karotten (roh und gekocht) 4 39 ± 4 80 6 2 Milch(-produkte) Smoothie (aus Milch und Früchten) 4 35 ± 3 250 ml 30 11 Pudding (Instant, Vanille) 1 40 ± 4 100 16 6 Naturjoghurt 4 19 ± 6 200 14 3 Milch (Vollfett) 7 31 ± 4 250 ml 12 4 Getränke Orangensaft 4 50 ± 2 250 ml 24 12 isotonisches Sportgetränk 1 70 ± 15 250 ml 18 13 Sonstiges Cashew-Nüsse 5 25 ± 1 50 11 3 Haushaltszucker 6 65 ± 4 10 10 7 Schoko-Riegel (USA) 1 68 ± 12 60 40 27 Nussnougatcreme 3 29 20 12 3 Kartoffelchips 3 56 50 21 12 1 abhängig von der Kartoffelsorte 2 hier werden keine Angaben zu den Kartoffelsorten gemacht Tab. 1: GI und GL ausgewählter Lebensmittel (Referenzsubstanz Glukose) [8] M 28 Ernährungs Umschau | 1/2013
Einflussfaktoren auf den GI Bevor das GI-Konzept eingeführt Retrogradation von Stärke wurde, galt die Annahme, dass sich Beim Kochen von Kartoffeln dringt Wasser in die feste Struktur der Stärke der Anstieg der Blutglukosekonzen- ein, was zur Gelbildung und einem Aufbrechen der Stärkekörnchen führt tration als Reaktion auf die Kohlen- und damit die Stärkeverdauung fördert. Das Amylopektin-Netzwerk bleibt hydratzufuhr aus der chemischen hierbei erhalten. Aufgrund seines hohen Wasserbindevermögens quillt die- Struktur der Kohlenhydrate ableiten ses sehr stark auf. Die Amylose-Moleküle dagegen lösen sich im heißen lässt [11]. So wurde mit der Zufuhr Wasser auf und verändern ihre Struktur. Gelöste niedermolekulare Amylose von Mono- und Disacchariden ein lagert sich dann an andere Amylose-Moleküle an und fällt aus der Lösung starker Anstieg der Blutglukosekon- aus. Dieses Bestreben, sich mit anderen Amylose-Molekülen zu aggregie- zentration in Verbindung gebracht, ren, wird Retrogradation genannt. Abkühlung beschleunigt diesen Pro- mit der Zufuhr von Polysacchariden zess. Die retrograde Amylose (resistente Stärke) kann von Enzymen des dagegen ein geringer. Es stellte sich Speichels und des Dünndarms nicht verdaut werden und wird erst im Dick- jedoch heraus, dass diese Beobach- darm durch die Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut [13, tung nicht unbedingt zutrifft und 15]. der Anstieg der Blutglukosekonzen- tration als Reaktion auf die Kohlen- hydratzufuhr nicht über die chemi- lose- und Amylopektingehalt zwi- Aus diesem Grund haben heiße sche Struktur der Kohlenhydrate er- schen 57 (Basmati-Reis, weiß, Kartoffeln einen höheren GI als er- klärbar war. Das führte zur gekocht) und 109 (Jasmin-Reis, kaltete Kartoffeln. Wiederholtes Er- Entwicklung des GI-Konzepts. Auf- weiß, gekocht) [8]. hitzen und Abkühlen fördert die grund der vielen Einflussfaktoren Bildung von retrograder Stärke auf den GI lässt sich der GI eines Le- – Grad der Verarbeitung, z. B. hat [14]. bensmittels nur schlecht vorhersa- Vollkornbrot aus fein gemahlenem gen und muss daher durch eine Mes- Getreide einen höheren GI als Brot – Enzyminhibitoren wie α-Amylase- sung genau bestimmt werden. Zu mit ganzen Getreidekörnern [8] Hemmer in Getreide sowie Lektine, den Einflussfaktoren auf den GI ge- und Kartoffelbrei hat einen höhe- Phytate, Tannine und Saponine in hören: ren GI als gekochte Kartoffeln, da Hülsenfrüchten, Nüssen und die Kohlenhydrate in stärker zer- Samen verlangsamen die Stärke- – Zusammensetzung der Stärke im kleinerten Lebensmitteln für En- verdauung und senken so die gly- Lebensmittel, z. B. Gehalt von zyme besser zugänglich sind. kämische Antwort. Amylose und Amylopektin. Amy- lose ist wegen seiner linearen Mo- – Technologische Bearbeitung, d. h. – Gehalt an weiteren energieliefern- lekülstruktur für Verdauungsen- Einwirken von Hitze und Feuchtig- den Nährstoffen in der Nahrung. zyme schlechter angreifbar als das keit. Erhitzen eines kohlenhydrat- GI-Werte werden meist für einzelne verzweigtkettige Amylopektin. haltigen Lebensmittels auf über Lebensmittel und nicht für ganze Demzufolge bewirken Lebensmit- 100 °C führt zu einem deutlichen Mahlzeiten ermittelt. Eine Mahlzeit tel mit einem hohen Gehalt an Anstieg des GI. Rohe Kartoffel- besteht jedoch aus mehreren Le- Amylose einen geringeren Blutglu- stärke bspw. ist kaum verdaulich. bensmitteln, die neben Kohlenhy- koseanstieg als Lebensmittel mit Auch beim Abkühlen erhitzter draten auch Fette und Proteine lie- einem hohen Gehalt an Amylopek- Stärke wird ein Teil in retrograde fern. Fette verzögern die Magen- tin. Die bei verschiedenen Reis- Stärke umgewandelt, die im entleerung und reduzieren dadurch sorten gemessenen GI-Werte z. B. Dünndarm nicht hydrolysiert und die glykämische Antwort [16]1. Die liegen in Abhängigkeit vom Amy- damit nicht verdaut werden kann. glykämische Antwort bei Gabe von Kohlenhydraten zusammen mit Protein fällt niedriger aus als bei getrennter Kohlenhydrat- oder Stärke Proteingabe [18]. Lebensmittel mit Stärke ist aus Glukoseeinheiten aufgebaut, die unterschiedlich miteinander einem hohen „Zuckergehalt“ haben verknüpft sind. Unverzweigte molekulare Strukturen werden als Amylose nicht unbedingt einen hohen GI. bezeichnet. Amylose ist aus etwa 200 bis 1 000 Glukoseeinheiten zusam- Saccharose (Haushaltszucker, zu mengesetzt und in Form einer Helix gewickelt. Bei Amylopektin dagegen gleichen Anteilen aus Glukose und handelt es sich um verzweigt-verkettete Glukoseeinheiten, im Mittel besitzt Fruktose bestehend) gehört zu den jede 25. Glukoseeinheit eine seitliche Verzweigung. Auch Amylopektin ist, zumindest teilweise, spiralig gewickelt. Stärke besteht aus diesen beiden 1 Auch Säure verzögert die Magenentleerung Hauptbestandteilen [12, 13]. und reduziert dadurch die glykämische Ant- wort [17]. Ernährungs Umschau | 1/2013 M29
DGE | Stellungnahme Faktoren, die mit einem niedrigeren mischen Antwort einhergeht [24]. Kartoffeln in gekochter Form, wel- GI des Lebensmittels einhergehen Der Vergleich des GI von Brot mit che mit einem niedrigeren GI einher- [19]. Auch Fruktose geht mit ganzen Getreidekörnern und Brot gehen [28]. Aufgrund dieser unter- einem niedrigeren GI des Lebens- aus fein gemahlenem Vollkorn (s. o.) schiedlichen Verzehrgewohnheiten in mittels einher. Dagegen haben Le- unterstützt diese Annahme [8]. den USA und Europa sind die nord- bensmittel mit einem hohen Glu- Somit kann man nicht automatisch amerikanischen Studienergebnisse koseanteil, wie z. B. Gummibär- bei einem hohen Ballaststoffgehalt bezüglich GI bzw. GL und ihre Aus- chen, einen höheren GI. eines Lebensmittels auf einen niedri- wirkungen auf die Gesundheit nicht gen GI schließen. unbedingt auf die deutsche Situation übertragbar. Ballaststoffhaltige Lebensmittel und GI GI der Kartoffel Ermittlung des GI bzw. In welchem Maß der Ballaststoffge- Der GI von Kartoffeln ist abhängig der GL der Ernährung halt eines Lebensmittels den GI beein- von Art und Dauer der Zubereitung, flusst, ist umstritten. JENKINS et al. [4] Sorte und Reifegrad [14, 25]. SOH Die experimentell ermittelten GI- fanden keinen Zusammenhang zwi- und BRAND-MILLER [26] fanden zwar Werte einzelner Lebensmittel werden schen GI und Ballaststoffgehalt ver- in einer Untersuchung, dass sich dazu genutzt, den GI bzw. die GL der schiedener Lebensmittel. Auch BAO et Kartoffeln unabhängig von Zuberei- Ernährung zu schätzen, um sowohl al. [6] zeigten, dass die postprandiale tungsmethode, Sorte und Reifegrad in Beobachtungsstudien als auch in Blutglukoseantwort nicht mit dem durch einen hohen GI auszeichnen, Interventionsstudien Ernährungs- absoluten Ballaststoffgehalt von Le- jedoch ist in verschiedenen Untersu- formen mit unterschiedlichem GI bensmitteln korreliert. chungen die hohe Variation der GI- miteinander zu vergleichen. Werte von Kartoffeln besonders auf- In Bezug auf die Bestimmung des GI Entgegen der früheren Annahme, fällig [8]. Kartoffelzubereitungen wie einzelner Lebensmittel bzw. des GI dass eine hohe Ballaststoffzufuhr Kartoffelbrei, Backofen-Pommes- bzw. der GL der Ernährung sind ver- mit einem niedrigen GI der Ernäh- frites und Backofenkartoffeln weisen schiedene Probleme zu diskutieren. rung einhergeht, zeigt eine Auswer- meist einen GI > 70 auf. Nach dem Wie bereits erläutert, wird der GI tung der EPIC-Studie (European Pro- Verzehr von im Mikrowellengerät eines Lebensmittels von zahlreichen spective Investigation into Cancer and gekochten Kartoffeln wurden eben- Faktoren wie der Zusammensetzung Nutrition), dass der GI der Ernährung falls hohe GI-Werte gemessen. Her- der Ernährung, der Verarbeitung nur schwach mit der zugeführten kömmlich auf dem Herd gekochte und Zubereitung des Lebensmittels Ballaststoffmenge korreliert [20]. Kartoffeln dagegen haben in der beeinflusst. Darüber hinaus werden Publikationen zur Nurses‘ Health Regel einen GI < 70, wobei es starke in Beobachtungsstudien v. a. bei gro- Study und ARIC-Study (Atherosclerosis Schwankungen zwischen den unter- ßen Kohorten Ernährungsfragebö- Risk in Communities Study) zeigen schiedlichen Kartoffelsorten gibt. Es gen (food frequency questionnaires, sogar, dass eine hohe Ballaststoffzu- sind einige Kartoffelsorten bekannt, FFQ) eingesetzt, um die durch- fuhr aus Getreide auch mit einem die unabhängig von ihrer Zuberei- schnittliche Nahrungszufuhr der höheren GI der Ernährung einherge- tung einen geringen GI aufweisen. Teilnehmer zu charakterisieren. Hier- hen kann [21, 22]. Allerdings machen Studien nur sel- durch wird dann anhand von Daten- Andere Autoren diskutieren einen ten Angaben zur verzehrten Kartof- banken der GI bzw. die GL der Er- Zusammenhang zwischen einem felsorte [27]. nährung berechnet [29]. Faktoren hohen Gehalt an löslichen Ballast- wie z. B. der Gehalt an weiteren ener- Meistens beziehen sich die Angaben stoffen (z. B. Hemizellulose, Pektin gieliefernden Nährstoffen in der zum GI auf sehr reife Kartoffeln, und Guargummi) und einem niedri- Nahrung (s. o.), die die glykämische deren Stärke aufgrund des höheren gen GI eines Lebensmittels [23]. Je- Antwort auf das verzehrte Lebens- Anteils an Amylopektin einfacher zu doch hat wahrscheinlich nicht der mittel beeinflussen, sind jedoch nicht verdauen ist. Der höhere Anteil an absolute Gehalt an Ballaststoffen, in den Datenbanken enthalten. Da- Amylose von Frühkartoffeln bedingt sondern die Anordnung der Ballast- rüber hinaus ist es oft nicht möglich, dementsprechend einen geringeren stoffe im Lebensmittel einen Einfluss mit in den Fragebögen erfassten Le- GI. Festkochende Kartoffelsorten auf die Blutglukoseantwort. In bensmittelgruppen einzelne Lebens- zeichnen sich generell durch einen ihrem natürlichen botanischen Ver- mittel mit unterschiedlich hohem GI niedrigeren GI aus als mehlig ko- band schließen Ballaststoffe die Stär- getrennt auszuwerten. Als Beispiel chende Kartoffeln [25]. kekörnchen ein und bilden so eine hierfür dient der bereits erwähnte physikalische Barriere gegen Verdau- In den USA werden Kartoffeln über- Vergleich des GI von Vollkornbrot ungsenzyme, was mit einer verzö- wiegend gebacken, frittiert oder in mit ganzen Getreidekörnern und gerten Freisetzung der Kohlenhy- Form von Kartoffelbrei verzehrt. Brot aus fein gemahlenem Vollkorn. drate und einer verringerten glykä- Viele Europäer bevorzugen dagegen Alternativen bei der Zuordnung der M 30 Ernährungs Umschau | 1/2013
GI-Werte aus den Tabellen können bei Krankheiten war nicht Inhalt der der Ergebnisse aller Studien wird die der Auswertung der Fragebögen zu Leitlinie. Im Folgenden werden die Evidenz für eine positive Assoziation einem unterschiedlichen GI bzw. un- Ergebnisse der KH-Leitlinie [30] dar- als möglich eingestuft. Für die GL terschiedlicher GL der Ernährung gestellt. Weitere Publikationen (Inter- weist die Mehrzahl der Studien auf führen. All dies führt unter Um- ventions- und Kohortenstudien keinen Zusammenhang hin. Zwei ständen zu widersprüchlichen Er- sowie deren Meta-Analysen), die Meta-Analysen weisen im Gesamt- gebnissen oder auch zur Fehlein- nach der KH-Leitlinie bis zum ergebnis zwar auf eine positive Be- schätzung des Zusammenhangs 15. Juli 2012 zum Zusammenhang ziehung hin, sind aber durch metho- zwischen GI bzw. GL und den ver- zwischen GI bzw. GL und den in der dische Schwächen gekennzeichnet schiedenen ernährungsmitbedingten KH-Leitlinie untersuchten Krankhei- (z. B. Heterogenität, selektive Studi- Krankheiten. Gegenwärtig gibt es je- ten veröffentlicht wurden, werden enauswahl, Ergebnisse einer Kohor- doch keine andere Methode zur Ab- gegebenenfalls an entsprechender tenstudie fließen zweimal ein). Die schätzung des GI bzw. der GL der Er- Stelle genannt. Evidenz für einen fehlenden Zusam- nährung. menhang zwischen der GL und dem Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 GI bzw. GL und Adipositas wird aufgrund der heterogenen Stu- Rolle von GI bzw. GL Zum Ende der Literaturrecherche für dienergebnisse als möglich bewertet für die Prävention ernäh- die KH-Leitlinie (s. o.) lagen zur Un- [30]. rungsmitbedingter tersuchung des Zusammenhangs Eine nach der Erstellung der KH-Leit- Krankheiten zwischen dem GI und der Prävention linie publizierte Auswertung einer In der evidenzbasierten Leitlinie der Adipositas bei Erwachsenen drei finnischen Kohorte mit 25 943 Rau- „Kohlenhydratzufuhr und Präven- Kohortenstudien und eine Interven- chern zeigte keinen signifikanten tion ernährungsmitbedingter Krank- tionsstudie vor. Diese Studien legen Zusammenhang zwischen dem GI heiten“ (= KH-Leitlinie) der DGE nahe, dass ein hoher GI in der Er- bzw. der GL und dem Risiko für Dia- wurde der Zusammenhang der nährung bei Frauen mit möglicher betes mellitus Typ 2 [35]. Eine wei- quantitativen und qualitativen Koh- Evidenz mit einem erhöhten Adipo- tere Meta-Analyse von elf prospekti- lenhydratzufuhr mit dem Risiko für sitasrisiko einhergeht, während die ven Kohortenstudien, die alle in der Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Evidenz für einen Zusammenhang KH-Leitlinie berücksichtigt wurden, Dyslipoproteinämie, Hypertonie, bei Männern unzureichend ist. Für ergab eine signifikante Risikoerhö- metabolisches Syndrom, koronare die GL legen die drei Kohortenstudien hung für Diabetes mellitus Typ 2 Herzkrankheit (KHK) und Krebs- übereinstimmend nahe, dass kein durch eine Erhöhung des GI sowie krankheiten auf Basis der bis Ende Zusammenhang mit dem Adiposi- der GL [36]. Nach dieser Meta-Ana- 2009 publizierten Studien (Interven- tasrisiko bei Erwachsenen besteht. lyse wurden zwei weitere Kohorten- tions- und Kohortenstudien sowie Die diesbezügliche Evidenz wird als studien publiziert. Die eine Kohor- deren Meta-Analysen) untersucht. möglich eingestuft. Für Kinder und tenstudie mit chinesischen Erwach- Aus dem Jahr 2010 wurden darüber Jugendliche ist die Evidenz zur Rolle senen konnte keinen Zusammen- hinaus Meta-Analysen mit einbezo- des GI bzw. der GL in der Adipositas- hang zwischen der GL und dem Ri- gen, die bis zum 15.12.2010 veröf- entstehung unzureichend [30]. siko für Diabetes mellitus Typ 2 fest- fentlicht wurden [30]. Die Bedeu- In einer nach der Erstellung der KH- stellen [37]. Die andere Kohortenstu- tung des GI bzw. der GL für das Ri- Leitlinie publizierten Auswertung der die mit japanischen Männern zeigte siko der Entstehung der genannten EPIC-Studie war das Risiko für die eine signifikant positive Assoziation Krankheiten wurde in diesem Rah- viszerale Adipositas bei Frauen und zwischen dem GI und dem Risiko für men ebenfalls untersucht. Neben den Männern signifikant positiv mit dem Diabetes mellitus Typ 2, für die GL in der KH-Leitlinie berücksichtigten GI assoziiert, wobei eine Erhöhung ergab sich kein Zusammenhang Krankheiten werden der GI bzw. die der GL nur bei den Frauen mit einer [38]. GL darüber hinaus noch mit einer signifikanten Risikoerhöhung asso- Reihe weiterer Krankheiten, wie z. B. ziiert war [34]. GI bzw. GL und Dyslipo- altersbedingten Augenkrankheiten proteinämie und entzündungsassoziierten Krank- GI bzw. GL und Diabetes Einfluss auf die Konzentration von heiten, in Verbindung gebracht mellitus Typ 2 Gesamt- und LDL-Cholesterol [31–33]. In der Leitlinie wird dargestellt, in- Die KH-Leitlinie zitiert eine Meta- In der KH-Leitlinie wurde aufgrund wieweit eine Ernährung mit einem Analyse, die einen Teil der bis dato der Ergebnisse von zwei Meta-Ana- niedrigen GI bzw. einer niedrigen GL publizierten Kohortenstudien enthält lysen von Interventionsstudien (von mit einem primärpräventiven Nut- und ein höheres Diabetesrisiko mit 13 bzw. drei Interventionsstudien) zen verbunden ist. Die mögliche Rolle höherem GI der Ernährung aus- und vier weiteren Einzelstudien des GI in der Therapie chronischer weist. Aufgrund der Heterogenität (zwei Interventions- und zwei Ko- 쑺 Ernährungs Umschau | 1/2013 M31
DGE | Stellungnahme hortenstudien) gezeigt, dass ein die Konzentration des HDL-Choleste- dagegen nicht mit der Nüchterntri- hoher GI die Konzentration des Ge- rols im Plasma hat. Die Evidenz für glyzeridkonzentration im Plasma as- samtcholesterols im Plasma mit eine Beziehung der GL zur Konzen- soziiert. wahrscheinlicher Evidenz erhöht. Die tration des HDL-Cholesterols im Evidenz für eine Beziehung des GI Plasma wird aufgrund der zu gerin- Die bereits erwähnte DiOGenes-In- zur LDL-Cholesterolkonzentration gen Anzahl von Studien als unzurei- terventionsstudie zeigte bei Überge- im Plasma ist wegen inkonsistenter chend bewertet [30]. wichtigen keinen Zusammenhang Ergebnisse unzureichend. zwischen den Nüchterntriglyzerid- Zur Untersuchung der Beziehung Die nach der Erstellung der KH-Leit- konzentrationen im Plasma und dem zwischen GL und den Konzentratio- linie publizierte und bereits zitierte GI in der Ernährung [40]. In der nen von Gesamt- und LDL-Choleste- randomisierte kontrollierte Interven- ebenfalls bereits erwähnten Inter- rol im Plasma lagen zum Ende der tionsstudie mit neun männlichen ventionsstudie von EBBELING et al. Literaturrecherche für die KH-Leitli- und sechs weiblichen Übergewichti- [41] war die Nüchterntriglyzerid- nie nur zwei Kohortenstudien vor, gen, deren Aussagekraft aber durch konzentration bei einer Ernährung sodass die Evidenz als unzureichend die geringe Teilnehmerzahl einge- mit niedrigem GI und niedriger GL bewertet wird [30]. schränkt ist, zeigte keinen signifi- signifikant niedriger als bei einer Er- kanten Zusammenhang zwischen nährung mit hohem GI und hoher In einer nach der Erstellung der KH- GL und der HDL-Cholesterolkonzen- GL. Leitlinie veröffentlichten randomi- tration [39]. sierten kontrollierten Interventions- studie mit neun männlichen und GI bzw. GL und koronare In der DiOGenes-Interventionsstudie sechs weiblichen Übergewichtigen Herzkrankheit (KHK) gab es keinen Zusammenhang zwi- zeigte sich kein Zusammenhang der schen dem GI der Ernährung und der Die KH-Leitlinie kommt zu dem Er- GL mit der Konzentration von Ge- Konzentration des HDL-Cholesterols gebnis, dass in Bezug auf das Risiko samt- und LDL-Cholesterol im im Plasma [40]. In der Interven- für KHK signifikant positive Asso- Plasma [39]. Aufgrund der geringen tionsstudie von EBBELING et al. [41] ziationen für GI bzw. GL nur bei Teilnehmerzahl kann dieser Studie al- war die HDL-Cholesterolkonzentra- Frauen beobachtet wurden. Zum lerdings keine starke Aussagekraft tion im Serum bei einer Ernährung Zusammenhang zwischen GI und zugesprochen werden. mit niedrigem GI und niedriger GL dem Risiko für KHK liegen für Frauen Die DiOGenes-Interventionsstudie signifikant höher als bei einer Er- und Männer jeweils zwei Kohorten- konnte keinen signifikanten Zusam- nährung mit hohem GI und hoher studien und eine Meta-Analyse von menhang bei Übergewichtigen zwi- GL. Kohortenstudien vor. Der Zusam- schen dem GI der Ernährung und menhang zwischen GL und KHK-Ri- den Gesamt- und LDL-Cholesterol- Einfluss auf die Konzentration siko bei Frauen wurde in drei, bei konzentrationen im Plasma feststel- der Triglyzeride Männern in zwei Kohortenstudien len [40]. Dagegen war in einer wei- In der KH-Leitlinie wird auf der Basis untersucht. Eine Meta-Analyse von teren Inter ventionsstudie mit 21 der Ergebnisse einer Meta-Analyse 2009 von fünf Kohortenstudien Frauen und Männern, während der (die sieben Interventionsstudien mit wertete den Einfluss von GI und GL Phase der Gewichtserhaltung nach normalgewichtigen Personen ent- zusammen aus. Aufgrund der Er- einem Gewichtsverlust, die Konzen- hält) die Evidenz dafür, dass eine gebnisse dieser Studien wird die Evi- tration von Gesamt- und LDL- hohe GL bei normalgewichtigen Per- denz für ein erhöhtes KHK-Risiko bei Cholesterol im Serum bei einer Er- sonen zu einem geringen Anstieg der hohem GI bzw. hoher GL der Ernäh- nährung mit niedrigem GI und nied- Nüchterntriglyzeridkonzentration rung bei Frauen mit möglich bewer- riger GL im Vergleich zu einer im Plasma führt, als wahrscheinlich tet. Bei Männern besteht mit mögli- Ernährung mit hohem GI und hoher bewertet. Dagegen hat ein hoher GI cher Evidenz kein Zusammenhang GL signifikant niedriger [41]. mit wahrscheinlicher Evidenz auf [30]. der Basis von zwei Meta-Analysen Einfluss auf die Konzentration von von 13 bzw. drei Interventionsstu- Nach der Publikation der KH-Leitli- HDL-Cholesterol dien keinen Einfluss auf die Nüch- nie wurden weitere Kohortenstudien Die KH-Leitlinie zeigt, dass aufgrund terntriglyzeridkonzentration im zur Beziehung von GI bzw. GL zum der weitgehend einheitlichen Ergeb- Plasma [30]. KHK-Risiko veröffentlicht. In einer nisse aus zwei Meta-Analysen von Auswertung der EPICOR-Studie, Interventionsstudien (von 13 bzw. In der nach der Erstellung der KH- einer italienischen Subkohorte der drei Interventionsstudien), zwei In- Leitlinie veröffentlichten bereits er- EPIC-Kohorte, war die GL der Ernäh- terventions- und zwei Kohortenstu- wähnten Interventionsstudie von rung bei Frauen signifikant positiv dien die Höhe des GI mit überzeu- VROLIX und MENSINK [39], war mit mit dem Risiko für KHK assoziiert gender Evidenz keinen Einfluss auf eingeschränkter Aussagekraft die GL (höchstes versus niedrigstes Quartil), M 32 Ernährungs Umschau | 1/2013
der GI der Ernährung war dagegen GI bzw. GL und Krebs- falls berücksichtigt wurde, berech- nicht mit dem KHK-Risiko assoziiert. krankheiten nete eine signifikant positive Risiko- Bei Männern gab es keine signifikan- beziehung für den GI und Brust- In der KH-Leitlinie wird die Evidenz ten Zusammenhänge [42]. Eine dä- krebs, in Bezug auf die GL gab es kei- zum Zusammenhang zwischen GI nische Kohortenstudie ergab bei nen signifikanten Zusammenhang bzw. GL der Ernährung und dem Ri- Männern einen signifikanten inver- [53]. Eine Auswertung der Women’s siko für maligne Tumoren in der sen Zusammenhang zwischen GI Health Initiative Observational Study, Speiseröhre und im Magen als unzu- und dem Risiko für KHK, die GL war die nicht in der angesprochenen reichend bewertet. Für Krebs im Ko- dagegen nicht mit dem KHK-Risiko Meta-Analyse enthalten ist, zeigte lorektum gibt es mit möglicher Evi- assoziiert. Bei Frauen zeigte sich kein keinen Zusammenhang zwischen denz eine positive Risikoassoziation Zusammenhang zwischen dem GI dem GI bzw. der GL der Ernährung mit dem GI. Es besteht mit möglicher und dem KHK-Risiko, dagegen ging und dem Risiko für Brustkrebs [54]. Evidenz keine Beziehung zwischen GI eine Erhöhung der GL mit einem er- und Krebsrisiko in der Gebärmutter- höhten Risiko für KHK einher [43]. In einer Kohortenstudie mit chinesi- schleimhaut, Brust und Bauchspei- Übergewichtige Männer einer finni- schen Frauen [55] und in einer Me- cheldrüse. Die Evidenz für eine posi- schen Kohorte hatten bei einer Erhö- taanalyse von 14 Kohortenstudien tive Risikobeziehung zwischen GL hung des GI sowie der GL ein erhöh- [56], in der diese Kohortenstudie be- und Krebsrisiko in der Gebärmutter- tes Risiko für KHK, bei Normalge- rücksichtigt wurde, waren GI und schleimhaut wird mit möglich be- wichtigen gab es keinen signifi- GL nicht mit dem Risiko für maligne wertet. Es besteht mit möglicher Evi- kanten Zusammenhang [44]. In der Tumoren im Kolorektum assozi- denz keine Beziehung zwischen der ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in iert. In einer Auswertung der Wo- GL und dem Risiko für maligne Tu- Communities Study) war bei Afro- men’s Health Initiative Observational moren im Kolorektum und in der Amerikanerinnen und -Amerikanern Study gab es keinen Zusammenhang Bauchspeicheldrüse. Die Evidenz für der GI und bei Kaukasiern die GL sig- zwischen dem Risiko für Pankreas- eine fehlende Risikobeziehung zwi- nifikant positiv mit dem KHK-Risiko krebs und GI bzw. GL [57]. MEIN- schen GL und Brustkrebs wird als assoziiert [45]. Eine weitere dänische HOLD et al. [58] fanden ebenfalls keine wahrscheinlich eingestuft [30]. Kohortenstudie zeigte, dass ein ge- Risikoassoziation für Pankreaskrebs ringerer Verzehr von gesättigten In Bezug auf eine Risikobeziehung und GI in der PLCO (Prostate, Lung, Fettsäuren zugunsten von Kohlen- zwischen den angesprochenen Krebs- Colorectal and Ovarian Cancer Scree- hydraten mit einem hohen GI bei lokalisationen und dem GI bzw. der ning)-Kohorte, jedoch eine signifi- Frauen und Männern signifikant mit GL wurden nach der Veröffentli- kante Risikoerhöhung für maligne einer Risikoerhöhung für KHK asso- chung der KH-Leitlinie weitere Stu- Tumoren im Pankreas durch eine Er- ziiert war [46]. Bei schwedischen dien publiziert. In einer Auswertung höhung der GL. Frauen zeigte sich kein Zusammen- der Nurses’ Health Study II [51] und hang zwischen dem GI sowie der GL der EPIC-Studie [52] waren GI und Eine Meta-Analyse von sechs Kohor- und dem Risiko für KHK [47, 48]. GL insgesamt nicht mit dem Risiko ten- und zwei Fall-Kontroll-Studien Eine Auswertung der prospektiven für Brustkrebs assoziiert. Eine zeigte, dass die GL, nicht jedoch der Kohortenstudie EPIC-Morgen mit Meta-Analyse von zehn prospekti- GI, signifikant positiv mit dem Risiko holländischen Männern und Frauen ven Kohortenstudien, in der die er- für Krebs in der Gebärmutter- konnte keinen Zusammenhang für wähnte Studie von LINOS et al. eben- schleimhaut assoziiert war [59]. den GI der Ernährung und dem Ri- siko für KHK feststellen. Die GL der Ernährung war bei Männern signi- fikant mit einem erhöhten Risiko für KHK assoziiert, bei Frauen ergab sich GL = kein Zusammenhang [49]. ( GI ⫻ KH 100 ) SENKEN Eine Meta-Analyse von acht Kohor- tenstudien, die vier Studien aus der KH-Leitlinie sowie vier der bereits ge- GI senken und/oder KH-Zufuhr senken = = nannten nach der KH-Leitlinie veröf- bevorzugte Zufuhr Fett- und fentlichten Studien berücksichtigte von Lebensmitteln Proteinzufuhr mit niedrigem GI erhöhen [42–44, 47], zeigte, dass ein hoher GI und eine hohe GL der Ernährung sig- nifikant das Risiko für KHK bei Frauen, jedoch nicht bei Männern, Abb. 2: Senken der Glykämischen Last (GL) erhöhte [50]. KH = [verzehrte verwertbare] Kohlenhydrate (g) 쑺 Ernährungs Umschau | 1/2013 M33
DGE | Stellungnahme GI bzw. GL und Hypertonie Als besonders geeignete Kohlenhy- Hungergefühle mindern und die Ge- sowie metabolisches Syndrom dratquellen benennt die Experten- wichtsabnahme fördern soll und da- gruppe „in angemessener Weise ver- rüber hinaus das Risiko für Diabetes Die KH-Leitlinie zeigt auf, dass für arbeitete“ Getreideprodukte, Gemüse, mellitus Typ 2, KHK und Krebs sen- die Hypertonie nicht genügend Hülsenfrüchte und Obst. Bei der ken soll. Daten vorliegen, um die Beziehung Auswahl von Lebensmitteln ähnli- zu einer Ernährung mit unterschied- cher Zusammensetzung innerhalb Ernährungskonzepte zur Senkung lich hohem GI bzw. GL bewerten zu einer Lebensmittelgruppe sollte der der GL können, sodass die Evidenz als un- GI als Kriterium mit herangezogen LUDWIG [66] schlägt eine moderate zureichend bewertet wird. Zum Zu- werden [61]. Neben der FAO/WHO Senkung der Kohlenhydratzufuhr sammenhang zwischen dem meta- befürworten Gesundheitsbehörden vor. In seiner Low Glycemic Load-Py- bolischen Syndrom und dem GI bzw. aus Großbritannien, Kanada und ramide bilden Obst, nicht-stärkehal- der GL in der Ernährung wurden Australien die Idee eines niedrigen GI tiges Gemüse und Hülsenfrüchte die zum Ende der Literaturrecherche für in der Ernährung [62]. Ernährungsgrundlage. Produkte aus die KH-Leitlinie keine Kohorten- und niedrig ausgemahlenem Getreide, Interventionsstudien gefunden [30]. Die Europäische Behörde für Lebens- Süßwaren und Kartoffeln werden mittelsicherheit (EFSA) [63] sowie die hier an der Spitze positioniert. Die nach der Erstellung der KH-Leit- US-amerikanischen Ernährungs- Auch von Experten der Harvard Uni- linie veröffentlichte DiOGenes-Inter- empfehlungen [64] sprechen sich versität, USA, wird nicht der GI, son- ventionsstudie konnte bei Überge- bisher aufgrund der geschilderten dern die GL als relevanter Parameter wichtigen keinen signifikanten Zu- methodischen Probleme gegen eine zur Senkung der glykämischen Ant- sammenhang zwischen dem GI der Berücksichtigung des GI oder der GL wort angesehen [21, 67]. Sie weisen Ernährung und dem systolischen in der Ernährung aus. darauf hin, dass bei alleiniger Be- und diastolischen Blutdruck feststel- len [40]. Eine weitere Interventions- rücksichtigung des GI v. a. solche Le- studie mit 21 Frauen und Männern Reduktion des GI bzw. der GL bensmittel schlechter beurteilt wer- zeigte ebenfalls keine Unterschiede in in der Ernährung den, die zwar einen hohen GI, aber Bezug auf den Blutdruck zwischen eine geringe Kohlenhydratmenge pro Die GL der Ernährung kann auf ver- Portion aufweisen (s. o.). Die Healthy einer Ernährung mit niedrigem GI schiedene Weise reduziert werden: Eating Pyramid von WILLETT et al. und niedriger GL und einer Ernäh- durch die bevorzugte Zufuhr von Le- [67] berücksichtigt im Gegensatz zu rung mit hohem GI und hoher GL bensmitteln mit einem niedrigen GI, anderen Ernährungspyramiden auch [41]. durch die Verringerung der Kohlen- Lebensstilfaktoren. Tägliche Bewe- In einer prospektiven Kohortenstudie hydratzufuhr oder durch eine Kom- gung und die Kontrolle des Körper- mit Jugendlichen im Alter von 12 bis bination aus beidem (쏆 Abbildung 2). gewichts bilden die Basis seiner Py- 17 Jahren waren der GI und die GL Diese Möglichkeiten werden in Er- ramide. Bezüglich der Lebensmittel- der Ernährung bei Mädchen signifi- nährungskonzepten unterschiedlich auswahl stellen nicht nur Obst und kant mit dem systolischen Blutdruck umgesetzt. LIVESEY et al. [65] konn- Gemüse wie bei LUDWIG, sondern assoziiert [60]. ten in einer Meta-Analyse zeigen, auch Vollkornprodukte die Ernäh- dass Ansätze zur alleinigen Reduk- rungsgrundlage dar. Auch hier sind tion des GI meist mit einer Verrin- Umsetzung von GI und GL Produkte aus niedrig ausgemahle- gerung der GL einhergehen. nem Getreide und die Kartoffel an der in Ernährungskonzepte Spitze positioniert. Internationale Empfehlungen Die Ernährungskonzepte WILLETT räumt dem GI eine ähnliche Im Rahmen eines Expertenwork- shops der FAO/WHO zu Kohlenhy- Zwei verschiedene Ernährungskon- Bedeutung ein wie die Experten- draten in der menschlichen Ernäh- zepte aus den USA von LUDWIG [62, gruppen der FAO/WHO: Bei der rung wurde 1997 die Empfehlung 66] und WILLETT [67, 68] fokussieren Wahl zwischen verschiedenen Le- bezüglich einer kohlenhydratbeton- die GL. Der kanadische Wissen- bensmitteln innerhalb einer Gruppe ten Ernährung mit mindestens 55 % schaftler WOLEVER und die australi- sollten die mit dem niedrigen GI aus- der Energiezufuhr aus Kohlenhydra- sche Wissenschaftlerin BRAND-MILLER gewählt werden, also bspw. Getrei- ten ausgesprochen. Der Großteil der dagegen fokussieren in ihren Aus- deprodukte aus Vollkorn (mit gan- kohlenhydrathaltigen Lebensmittel führungen den GI [69]. Ziel all die- zen Körnern) statt Produkte aus sollte reich an nicht-stärkehaltigen ser Ansätze ist eine Ernährung, mit niedrig ausgemahlenem Getreide. Polysacchariden sein, also Zellulose, der die Blutglukose- und Insulinant- Die Ernährungskonzepte von LUDWIG Hemizellulose, Pektine, Pflanzen- wort auf zugeführte Kohlenhydrate und WILLETT sehen eine sparsame gummi und anderen Ballaststoffen, verringert wird, was den Zugang zu Verwendung von Produkten aus und einen niedrigen GI aufweisen. gespeicherter Energie verbessern, niedrig ausgemahlenem Getreide und M 34 Ernährungs Umschau | 1/2013
Kartoffeln vor. In Bezug auf die spar- In Australien wird ein GI-Symbol für tungsstudien dazu beitragen, dass same Verwendung von Kartoffeln bestimmte Lebensmittel vergeben, diese Zusammenhänge auch in Zu- weichen sie somit von traditionellen sofern diese die geforderten Anforde- kunft nicht mit höheren Härtegra- Ernährungskonzepten wie den Die- rungen erfüllen2. Die Vergabe der Li- den abgesichert werden können. tary Guidelines for Americans [64] und zenz für das GI-Symbol erfolgt den 10 Regeln der DGE [70] ab. Die durch die Glycemic Index Founda- Die KH-Leitlinie zeigte, dass eine Er- hohe Nährstoffdichte der Kartoffel tion, hinter der u. a. die Universität nährung mit hohem GI das Risiko wiegt nach Ansicht von LUDWIG und Sydney mit der Arbeitsgruppe von für Adipositas (bei Frauen), Diabetes WILLETT ihre hohe GL nicht auf, was BRAND -MILLER steht. Die Einteilung mellitus Typ 2, KHK (bei Frauen) und in der oben genannten Empfehlung der Lebensmittel erfolgt nach festge- malignen Tumoren im Kolorektum in einer sparsamen Verwendung re- legten Grenzwerten in solche mit mit möglicher Evidenz erhöht. Mit sultiert (wobei hier zu berücksichti- hohem, mittlerem und niedrigem GI. wahrscheinlicher Evidenz erhöht eine gen ist, dass es sich um ein US- Ein GI bis 55 (Referenzlebensmittel Ernährung mit hohem GI auch die amerikanisches Konzept handelt und Glukose) wird als niedrig, ein Wert Konzentration des Gesamtcholeste- die US-Verzehrgewohnheiten Kartof- zwischen 56 und 69 als mittel und rols. Eine Ernährung mit einer hohen feln mit einem hohen GI favorisieren) ein GI ab 70 als hoch angesehen [8]. GL erhöht das Risiko für maligne Tu- [28]. In Europa dagegen werden Ver- Die Produkte müssen durch aner- moren in der Gebärmutterschleim- zehrgewohnheiten favorisiert, die kannte Labore nach den australi- haut und KHK (Frauen) mit mögli- mit einem niedrigeren GI einher- schen Standardverfahren getestet cher, das Risiko für eine Erhöhung gehen (s. o.). werden. Die Lebensmittel müssen der Triglyzeridkonzentration mit strenge Kriterien in Bezug auf ihren wahrscheinlicher Evidenz. Ernährungskonzept zur Senkung Energie-, Fett- und Ballaststoffgehalt des GI erfüllen, d. h. eine alleinige Ausrich- Inzwischen sind eine Reihe weiterer Die Wissenschaftler WOLEVER und tung der Ernährung am Konzept des Studien auch zu diesen Krankheits- BRAND-MILLER postulieren, kohlenhy- GI wird auch von Befürwortern des bildern veröffentlicht worden, die dratreiche Grundlebensmittel mit GI nicht als sinnvoll angesehen [72]. vielfach – zumindest für vulnerable hohem GI gezielt durch vergleichbare Untergruppen (z. B. Übergewichtige) mit niedrigerem GI zu ersetzen [69]. – eine Risikoerhöhung durch eine Er- Hintergrund ist die Argumentation, höhung von GI bzw. GL nahelegen. Zusammenfassung und dass günstige Effekte auf die Ge- Fazit sundheit in Interventions- und Be- Die nach der Literaturrecherche für obachtungsstudien bereits bei einer Als relative Größe der glykämischen die KH-Leitlinie veröffentlichten und relativ geringen Senkung des GI der Antwort (Erhöhung der Blutgluko- hier dargestellten Studien zum pri- Ernährung (< 10 Einheiten) zu be- sekonzentration) auf die Zufuhr märpräventiven Nutzen einer Er- obachten sind [9, 71]. Nach BRAND- einer definierten Kohlenhydratmenge nährung mit einem niedrigen GI MILLER et al. [72] profitieren v. a. ist der glykämische Index (GI) ein In- bzw. einer niedrigen GL weisen ten- Menschen mit Insulinresistenz von dikator für die Qualität der verzehr- denziell in die gleiche Richtung wie der Berücksichtigung des GI bei der ten Kohlenhydrate. Die glykämische die Evidenzbewertung der KH-Leitli- Auswahl kohlenhydratreicher Le- Last (GL) ist das Produkt aus dem GI nie zu GI und GL. Im Rahmen einer bensmittel. Da keine negativen Aus- eines Lebensmittels und dessen ver- Überarbeitung der KH-Leitlinie wird wirkungen für die Allgemeinbevöl- wertbarer Kohlenhydratmenge und die KH-Leitlinienkommission gegebe- kerung zu erwarten seien, wird das berücksichtigt somit neben der Art nenfalls eine Neubewertung der Evi- Konzept auch von einigen Wissen- der Kohlenhydrate auch die zuge- denz für den Zusammenhang zwi- schaftlern für die Gesamtbevölke- führte Kohlenhydratmenge. schen GI und GL und dem Risiko für rung empfohlen [73]. die aufgeführten ernährungsmitbe- Die Ergebnisse der evidenzbasierten dingten Krankheiten vornehmen. Das australische GI-Symbol KH-Leitlinie der DGE sichern eine Da es bei industriell gefertigten Pro- Rolle des GI bzw. der GL für die Prä- Die GL der Ernährung kann wie oben dukten für den Verbraucher sehr vention ernährungsmitbedingter erwähnt auf verschiedene Weise schwierig ist, eine Lebensmittelaus- Krankheiten derzeit nicht mit hohen reduziert werden (쏆 Abbildung 2): wahl nach dem GI zu treffen, wurde Evidenzgraden ab. Obwohl die An- durch die Berücksichtigung des GI in Australien das Programm zur zahl der Studien zur Bedeutung des bei der Lebensmittelauswahl, d. h. Kennzeichnung des GI von Lebens- GI und der GL weiter sprunghaft zu- also durch die bevorzugte Zufuhr mitteln initiiert. Aber auch in ande- nimmt, ist es denkbar, dass metho- ren Ländern findet sich eine große dische Probleme bei der Bestimmung Auswahl an mit dem GI gekenn- der glykämischen Antwort einer ge- 2 Siehe hierzu URL: www.gisymbol.com.au/ zeichneten Lebensmitteln [74]. mischten Ernährung in Beobach- Zugriff 01.08.12 쑺 Ernährungs Umschau | 1/2013 M35
DGE | Stellungnahme von Lebensmitteln mit einem niedri- aus Hartweizengrieß, Hülsenfrüchte Literatur gen GI, aber auch durch die Verrin- und einheimisches Obst3 trägt zur gerung der Kohlenhydratzufuhr Senkung des GI der Ernährung bei 1. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2004) oder durch eine Kombination aus und steht im Einklang mit den bis- Glykämischer Index und glykämische Last – beidem. herigen Empfehlungen zur Lebens- ein für die Ernährungspraxis des Gesunden mittelauswahl [76–78]. Hierbei ist relevantes Konzept? Teil 1: Einflussfaktoren aber zu beachten, dass die Berück- auf den glykämischen Index sowie Relevanz Bewertung des GL-Konzepts für die Prävention ernährungsmitbedingter sichtigung des GI nur bei kohlen- Die Rolle der GL für die Prävention hydratreichen und nicht bei kohlen- Erkrankungen. Ernährungs Umschau 51: ernährungsmitbedingter Krankhei- hydratarmen Lebensmitteln als Ori- 84−91 ten wurde, mit Ausnahme einer entierungshilfe dienen kann. 2. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2004) wahrscheinlichen Evidenz für eine Glykämischer Index und glykämische Last – Risikoerhöhung für erhöhte Trigly- Vollkornprodukte aus fein gemahle- ein für die Ernährungspraxis des Gesunden ceridkonzentrationen durch eine Er- nem Getreide haben zwar im Gegen- relevantes Konzept? Teil 2: Umsetzung des nährung mit einer hohen GL, in der satz zu Vollkornprodukten mit gan- Konzeptes eines niedrigen GI bzw. GL in KH-Leitlinie nicht mit harten Evi- zen Getreidekörnern einen relativ Ernährungsempfehlungen für die Bevöl- denzgraden abgesichert, sodass die hohen GI, sind aber dennoch auf- kerung. Ernährungs Umschau 51: 128−132 DGE diesbezüglich keine Ernäh- grund ihres hohen Ballaststoffge- 3. Otto H, Bleyer G, Pennartz M et al. Kohlen- rungsempfehlungen ausspricht. halts gegenüber Produkten aus nied- hydrataustausch nach biologischen Äquiva- Vorschläge, die GL durch eine Reduk- rig ausgemahlenem Getreide zu be- tion der Kohlenhydratzufuhr zu sen- vorzugen. Die primärpräventiven lenten. In: Otto H, Spaethe R (Hg). Diätetik ken, werden von der DGE nicht un- Eigenschaften ballaststoffreicher Le- bei Diabetes mellitus. Hans Huber, Bern terstützt. Eine Reduktion der Kohlen- bensmittel, zu denen auch die Voll- (1973), S. 41–50 hydratzufuhr birgt das Risiko einer kornprodukte aus fein gemahlenem 4. Jenkins DJ, Wolever TM, Taylor RH et al. unerwünschten Senkung der Zufuhr Getreide gehören, wurden in der KH- (1981) Glycemic index of foods: a physiolog- der primärpräventiv wirksamen Bal- Leitlinie mit wahrscheinlicher und ical basis for carbohydrate exchange. Am J laststoffe. Ebenfalls birgt eine Sen- überzeugender Evidenz nachgewie- Clin Nutr 34: 362–366 kung der Kohlenhydratzufuhr das sen [30]. Daher sind Vollkornpro- 5. Foster-Powell K, Holt SHA, Brand-Miller JC Risiko einer Reduktion des Nah- dukte allgemein, ob aus fein gemah- (2002) International table of glycemic index rungsvolumens und einer höheren lenem Getreide oder mit ganzen Kör- and glycemic load values: 2002. Am J Clin Energiedichte [75]. nern, in jedem Fall den ballast- Nutr 76: 5–56 stoffärmeren Produkten aus niedrig ausgemahlenem Getreide vorzu- 6. Bao J, Atkinson F, Petocz P et al. (2011) Pre- Bewertung des GI-Konzepts ziehen. diction of postprandial glycemia and insu- Die Rolle des GI für die Prävention er- linemia in lean, young, healthy adults: nährungsmitbedingter Krankheiten glycemic load compared with carbohydrate ist ebenfalls, mit Ausnahme einer content alone. Am J Clin Nutr 93: 984–996 wahrscheinlichen Evidenz für eine 7. Brand-Miller JC, Thomas M, Swan V et al. Risikoerhöhung für erhöhte Gesamt- (2003) Physiological validation of the con- Cholesterolkonzentrationen durch cept of glycemic load in lean young adults. J eine Ernährung mit einem hohen GI, Nutr 133: 2728–2732 nicht mit harten Evidenzgraden ab- gesichert. Hinsichtlich der Qualität 8. Atkinson FS, Foster-Powell K, Brand-Miller der Kohlenhydrate kann dennoch die JC (2008) International tables of glycemic Berücksichtigung des GI von kohlen- index and glycemic load values: 2008. Dia- hydratreichen Lebensmitteln als Ori- Dr. Daniela Strohm betes Care 31: 2281–2283 entierungshilfe angesehen werden. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 9. Chiu CJ, Liu S, Willett WC et al. (2011) In- Ein regelmäßiger Verzehr von Le- Referat Wissenschaft forming food choices and health outcomes by Godesberger Allee 18 bensmitteln mit niedrigem GI wie use of the dietary glycemic index. Nutr Rev 53175 Bonn z. B. Vollkornbrot mit ganzen Ge- E-Mail: strohm@dge.de 69: 231–242 treidekörnern, Müsli, Pasta/Nudeln 10. Brouns F, Bjorck I, Frayn KN et al. (2005) Interessenkonflikt Die Autorin ist Mitglied der Leitlinienkommis- Glycaemic index methodology. Nutr Res Rev 3 Heimische Obstarten wie z. B. Äpfel, Birnen sion der evidenzbasierten Leitlinie „Kohlen- 18: 145–171 und Pflaumen haben generell einen niedrige- hydratzufuhr und Prävention ausgewählter ren GI als viele der importierten Obstarten wie ernährungsmittelbedinger Krankheiten“ der 11. Committee of the American Diabetes Associ- z. B. Bananen, Ananas, Melonen und Orangen DGE. ation on Food and Nutrition, Special Report [8]. (1979) Principles of nutrition and dietary M 36 Ernährungs Umschau | 1/2013
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