Green bean tuning - Coffee Consulate

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Green bean tuning - Coffee Consulate
beans

       Green bean tuning
         Kaffee hat viele Gesichter. Hier erfahren Sie warum ein und die
         selbe Bohne einen unterschiedlichen Kaffeegeschmack erzielen kann.
                                                                                                 Text : Dr. Steffen Schwarz
                                                                                                 Fotos: Luca Siemann

Kaffee ist nicht Kaffee und es ist ein ganz besonderes Erlebnis,   ren Geschmack der braunen Bohnen aus. Ebenfalls bestehen Ve-
einmal den gleichen Kaffee, der von verschiedenen Röstern her-     ränderungen des Geschmacks durch unterschiedliche Verpack-
gestellt wurde, zu verkosten. Viele der besonders exotischen       ungen sowie den Restsauerstoffgehalt in den Packungen nach
Kaffees werden von verschiedenen Röstern angeboten (Hawaii,        dem Rösten sowie die Lagerung des Röstkaffees. Doch selbst
Galapagosinseln, St. Helena, Jamaica Blue Mountain gehören         wenn all diese Faktoren gleich zugrunde gelegt werden, bestehen
dazu) – eine ideale Chance für „Schnäppchenjäger“ sollte man       durch unterschiedliche Röstprofile noch große Geschmacks-
denken, denn insbesondere im Internet sind gleiche Kaffees         unterschiede. Um dies zu verstehen ist es nötig, sich eine
schnell auffindbar und Preise vergleichbar. Dennoch birgt jeder    Vorstellung über den Röstprozeß im Allgemeinen und seine ver-
dieser von verschiedenen Röstern verarbeitete Kaffee eine ganz     schiedenen Phasen zu machen. Nacheinander laufen die folgen-
eigene Geschmackswelt. Einige dieser Kaffees werden fruchti-       den Phasen während der Röstung ab.
ger, andere bitterer sein und nochmals andere mehr Röstaromen
aufweisen. Aber wie ist das möglich? Der Kaffee stammt doch        1. Homogenisierung
aus einem einzigen Lot (einer Charge) – vielleicht sogar von       2. Trocknung (endothermer Röstprozess)
einer einzelnen Plantage, wenn es sich um einen Estate-Kaffee      3. Thermische Spaltung (exothermer Röstprozess)
handelt.                                                           4. Ausrösten der Bohne

Zunächst sind bereits Unterschiede im Rohkaffee möglich, ins-      Während der Homogenisierung des Röstguts, die bis ca. 50 °C
besondere stellen die Erntejahre, die Aufbereitung und verschie-   abläuft, wird eine einheitliche Feuchtigkeit und Einstiegstempe-
dene Einzellagen bei Sammelbezeichnungen bereits Unter-            ratur vor Röstbeginn geschaffen. In der sich hieran anschließen-
schiede im Rohkaffee dar. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Roh-     den Trocknungsphase (bis ca. 110°C) erfolgt das Trocknen des
kaffees verschiedener Erntejahre zur gleichen Zeit auf dem         Röstgutes (endothermer Röstprozess). Hierbei wird der Roh-
Markt angeboten werden. Auch die Frische des Rohkaffees und        kaffee auf Temperaturen knapp über 100 °C erhitzt. Der Roh-
seine Lagerung üben einen erheblichen Einfluss auf den späte-      kaffee besitzt zu diesem Zeitpunkt noch rund 12,5 Prozent Feuch-

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tigkeit – abhängig von der Frische und der Herkunft des Kaffees      der glättet und damit optisch kontrolliert werden kann. Einen
– die während der Röstung auf unter 5 Prozent reduziert wird.        wesentlichen Anteil für die Geschmacksentwicklung des Kaffees
Hierbei verliert der Kaffee rund 10 Prozent seines Gewichtes. In     stellt die wenig erforschte Maillard-Reaktion (nichtenzymatische
der Trocknungsphase sind die chemischen Reaktionen noch sehr         Bräunung) dar, bei der aus wenigen Ausgangsstoffen zahlreiche
gering, da hier im Wesentlichen dem Rohkaffee Wasser entzogen        Produkte hervorgehen (Aromastoffe, Bitterstoffe).
wird.
                                                                     Hierbei reagieren Zucker (darunter Glucose und Fructose) mit
In der Phase der thermischen Spaltung organischer Verbindun-         Aminosäuren, Peptiden oder Proteinen. Viele Röstabläufe sind
gen (der sogenannten Pyrolyse) wird der eigentliche Röstprozess      bis heute nicht detailliert erforscht, es ist jedoch gesichert, dass
eingeleitet. Der Kaffee verändert seine Farbe von Grün in helles     durch die Maillard-Reaktion mehrere hundert Produkte ent-
Ocker und nimmt in den weiteren Phasen je nach Röst-                             stehen. Die wichtigsten Bitterstoffe sind ebenfalls
grad eine braune bis dunkelbraune Farbe an. Sobald                                           Maillard-Produkte. Sie entstehen bei-
ein Temperaturniveau von etwa 180 °C erreicht                                                     spielsweise durch thermischen Pro-
wird, beginnt mit der Karamellisierung                                                             teinabbau oder Dehydrierung von
der eigentliche Röstprozess. Dies ist                                                              Kohlenhydraten. Beide Vorgänge
auch der Beginn der exo-                                                                                 laufen vor und während der
thermen Röstphase.                                                                                         Maillard-Reaktion ab. Wenn
                                                                                                           Kaffee zu bitter ist, dann
Nun beginnen die Boh-                                                                                      kann das viele Ursachen ha-
nen ihre Temperatur                                                                                      ben. Im Bezug auf das Rösten
(Produkttemperatur) signi-                                                                                 besteht die Möglichkeit von
fikant zu erhöhen.                                                                                          „zu kurz geröstet mit vielen
Hierbei ist wichtig, zu                                                                                    residuierenden Säuren“ bis
Beginn der Röstphase so                                                                                  „zu schnell geröstet – wobei
viel Energie wie möglich                                                                             die Bitterstoffe erhalten bleiben“.
(Temperaturanstieg) in die Bohnen                                                                    Auch hohe Temperaturen beim
zu bringen, um einen klaren Über-                                                                 Röstvorgang erzeugen durch Oberflä-
gang zu erzielen und letztlich das                                                           chenverbrennung eine Bitternote.
für den gewünschten Röstgrad notwen-
dige Temperaturniveau zu erreichen. Diese                                                Bei lange ausgeführten Röstprofilen werden
Phase bringt den Röster in das                                                                            die im Rohkaffee enthaltenen
                                 Die Entwicklung der Bohne beim Röstvorgang. Sie verändert Ihre Farbe und
bedeutendste Stadium des die Oberfläche. Diese ändert sich von Anfangs glatt, über rau zuück zu glatt.    Säuren besser abgebaut.
gesamten Röstprozesses, da                                                                                Während des Röstprozesses
nun die gesamte Entwicklung aller sensorischen Komponenten            werden allerdings nicht nur Säuren abgebaut, sondern es entste-
(Aroma, Flavour und Körper) beginnt.                                  hen auch neue Säuren. Daneben spielt die Kaffeesorte eine wich-
Bei einer Temperatur von ungefähr 200 °C erreichen die Bohnen         tige Rolle, so enthalten Hochlandkaffees aus Afrika mehr Säure
ein Stadium, das als „Erster Crack“ bezeichnet wird. Jetzt erhöht     als indischer Robusta. Neben der Kaffeeart, der Varietät und der
sich der Innendruck der Bohnen auf etwa 6 bar und die Bohnen          Höhenlage ist das Terroir – also die Bodenbeschaffenheit – wie
dehnen sich um etwa 50–60Prozent – abhängig von Herkunft              auch beim Wein von entscheidender Bedeutung. So trägt ein
und Beschaffenheit – aus. Die Vergrößerung des Volumens ist           stark eisenhaltiger Boden – insbesondere bei Coffea arabica –
ebenfalls von der Röstzeit und damit auch vom eingesetzten            ebenfalls zu einer Säurebildung bei. Silberhaltige Böden hinge-
Röstverfahren abhängig. Das abschließende „Ausrösten“ der             gen fördern Gewürz- oder Nussaromen im Kaffee. Die Kunst des
Bohne erfolgt bei ca. 215 °C. Kennzeichnend hierbei ist eine          Röstens liegt darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
Oberflächenverschließung, bei der sich die Oberfläche der             Geschmack (zum Beispiel Säure, Bitterkeit und Süße), „Mund-
Bohnen nach einer Aufrauung während des Röstprozesses wie-            gefühl” (Körper) und Aroma (Geruchsstoffe) im Kaffee zu erzeu-

                                                                                                                     2010/eins/crema 29
Green bean tuning - Coffee Consulate
Aufgereiht: Hier erkennen Sie gut die
     Veränderungen der Bohnen beim Röstvorgang.
     Von Minute zu Minute werden sie dunkler

gen. Je länger der Kaffee geröstet wird, desto mehr unverträgli-   ser Säuren haben einen starken Einfluss auf den Geschmack. Die
che Gerbsäuren (insbesondere Chlorogensäuren), die im Roh-         Chlorogensäure bildet mit mehr als 70Prozent den größten
kaffee enthalten sind, können abgebaut werden. Darum ist auch      Anteil der Säuren im Kaffee. Sie kann durch lange geführte
ein langsam gerösteter Espressokaffee (Röstzeit bis zu      20     Röstprofile von über 10 Minuten weitgehend abgebaut werden.
Minuten) im Allgemeinen besser verträglich als der vergleichs-
weise hell geröstete Filterkaffee. Durch den geringeren Gerb-      Wird in der Trocknungsphase die Temperatursteigerung lang-
säuregehalt wird Kaffee beim Abkühlen in der Tasse auch weni-      samer vorgenommen, werden ebenfalls mehr Säuren abgebaut,
ger sauer und bitter.                                              da Säuren in wasserreicher Umgebung reaktiver sind. Ein
                                                                   schnell geführtes Röstprofil in der frühen Phase der Röstung
Grundsätzlich gilt es zwischen erwünschten                         bewahrt die Fruchtigkeit des Kaffees hingegen besser. Im späte-
und unerwünschten Säuren zu unterscheiden.                         ren Verlauf besteht dann die Möglichkeit die Süße (sofern sie im
                                                                   Kaffee vorhanden ist, insbesondere beim „pulped natural“ oder
Fruchtige Noten sind erwünscht und fördern die Brillanz des        „natural“ aufbereiteten Kaffee (siehe letzte Crema-Ausgabe) her-
Kaffees, wohingegen starke Säuren, inbesondere Gerbsäuren,         auszustellen oder auch Karamellnoten zu betonen.
lediglich zur Unverträglichkeit beitragen und den pH-Wert sen-
ken. Insgesamt findet man etwa 100 verschiedene Säuren im          Viele Möglichkeiten also, einen hochwertigen Rohstoff in ein
Kaffee. Die mengenmäßig am meisten vorkommenden Säuren             hochwertiges Endprodukt umzuwandeln. Begeben Sie sich doch
sind Zitronen-, Essig-, Apfel-, Chlorogen- und Chinasäuren. Aber   also einmal bewusst auf die Suche nach den Röstprofilen und
auch Linol-, Palmitin- oder Oxalsäure sind vorhanden. Viele die-   den Interpretationen der „Grean Bean Tuner“, den Röstern.

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Farbwechsel: Vom Hellen ins Dunkle.

Durchblick: Durch das Guckfenster
kann man sehen wie sich die Bohnen
von Minute zu Minute verändern.
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