Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion - Stärkung der Kapitalmärkte zur Förderung von Wachstum
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Policy Paper Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Stärkung der Kapitalmärkte zur Förderung von Wachstum
2 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Inhalt Zusammenfassung 4 1. Kapitalmarktunion – Integration der Finanzmärkte in 6 den 28 EU-Mitgliedstaaten 2. Nachhaltiges Wachstum durch diversifizierte Finanzierung 7 3. Grundprinzipien und politische Kernbotschaften 11 3.1 Wiederherstellung des Vertrauens in die Finanzmärkte 13 3.1.1 Anlegerschutz 13 3.1.2 Finanzwissen und Kapitalmarktkultur 14 3.2 Verbesserung der nicht-bankbasierten Unternehmens- 16 finanzierung 3.2.1 Eigenkapitalinstrumente 16 3.2.2 Fremdkapitalinstrumente 17 3.2.3 „Ökosystem“ für KMU 17 3.2.4 Verbriefung 18 3.2.5 Behandlung von Eigenkapital gegenüber 19 Fremdkapital 3.3 Förderung von Finanzstabilität 20 3.3.1 Reduzierung systemischer Risiken und 20 Verbesserung des Risikomanagements durch zentrale Gegenparteien 3.3.2 Stabilisierung der Finanzmärkte durch 22 Zentralverwahrer 3.4 Erhöhung der Transparenz 23 3.4.1 Preisfindung 24 3.4.2 Dark Pools und Marktmissbrauch 25 3.4.3 Transaktionsregister 26 3.5 Harmonisierung von Regulierungsstandards/ 27 Beseitigung von Barrieren 3.5.1 TARGET2-Securities 27 3.5.2 Wertpapierrecht 29
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 3 3.6 Gestaltung der unterstützenden regulatorischen und 30 aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen 3.6.1 Regulatorische Korrekturen/Anpassungen 30 3.6.2 Effiziente Aufsicht 31 3.6.3 Drittstaatenregelungen 32 3.6.4 Vermeidung regulatorischer Arbitrage 32 4. Fazit 33 5. Verzeichnis der Abbildungen 35 6. Quellenverzeichnis 36 7. Weiterführende Literatur 37 8. Liste der Abkürzungen 38
4 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Zusammenfassung Die vom Präsidenten der Europäischen Kommission Politische Entscheidungsträger und Stakeholder aus Jean-Claude Juncker angeregte Kapitalmarktunion Wirtschaft und Gesellschaft sollten gemeinsam eine ist der nächste Schritt auf dem Weg zur Integration weitere Integration und Vertiefung der europäischen der europäischen Finanzmärkte. Finanzmärkte vorantreiben. Dies ist essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber den Infolge der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise in USA und Asien zu stärken und die Attraktivität der den letzten Jahren haben viele europäische Länder Region für Investoren und Unternehmen zu steigern. immer noch Mühe, die Arbeitslosigkeit deutlich zu senken und die Konjunktur zu beleben. Europäischen Unternehmen, insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), soll Die EZB hat das traditionelle geldpolitische Instru- der Finanzierungszugang erleichtert werden. Zur mentarium weitgehend ausgeschöpft. Umsetzung dieser Vision hat man sich eine Reihe In manchen Teilen der EU erreicht die Arbeitslosen- von Zielen gesetzt: quote nach wie vor Höchststände. In vielen EU-Mitgliedstaaten hat sich das soziale örderung alternativer, nicht-bankbasierter Finan- F Klima seit der Krise verschärft, breite Bevölkerungs- zierungsquellen (Eigenkapital und Fremdkapital), schichten sind mit dem Wirtschaftsumfeld unzu- Schaffung einer ausgewogeneren Finanzierungs- frieden und es mangelt an der Finanzierung wachs- struktur für die europäische Wirtschaft tumsfördernder Investitionen. Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlich- keit in die Finanzmärkte und – insbesondere in Die aktuelle Verlagerung der politischen Prioritäten Ländern mit einer schwach entwickelten Kapital- (von der Krisenbewältigung hin zur Schaffung von marktkultur – Aufklärung darüber, wie sie funktio- Wachstum und Arbeitsplätzen) zeigt, dass sich die EU nieren und für die Wirtschaft (und damit auch für an einem Scheideweg befindet. Maßgebend werden die Menschen) Wert schöpfen die kommenden Jahre sein. Verbesserung der Stabilität und Effizienz dieser Märkte (insbesondere durch Nutzung von Markt- Eine Kapitalmarktunion könnte zur Lösung der Pro- infrastrukturen) durch Transparenz, Liquidität und bleme beitragen. Ziel ist es, in der EU die Kapital- Neutralität allokation durch die Erschließung nicht-bankbasierter Reduzierung der gegenwärtigen Fragmentierung der Finanzierungsquellen effizienter zu gestalten. So europäischen Kapitalmärkte durch die Harmonisie- werden Wirtschaftswachstum, Innovationen und rung von Regeln und Standards, womit viele der Arbeitsmarktentwicklung in ganz Europa nachhaltig Barrieren beseitigt werden, die eine Integration ver- gefördert. hindern Bei einer Betrachtung der Kapitalmärkte dürfen die Derivatemärkte nicht vergessen werden. Derivate spielen nicht nur an den Kapitalmärkten eine wichtige Rolle, sondern auch für die Unternehmen einer Wirtschaft, indem sie sicherstellen, dass Risiken abgesichert werden können.
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 5 Die Gruppe Deutsche Börse schlägt folgende Grund- 5. Harmonisierung von Regulierungsstandards/ prinzipien für die Schaffung einer funktionierenden Beseitigung von Barrieren Kapitalmarktunion vor: 6. Gestaltung der unterstützenden regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen 1. Wiederherstellung des Vertrauens in die Finanz- märkte Dieses Grundsatzpapier beschreibt, wie eine funk- 2. Verbesserung der nicht-bankbasierten Unterneh- tionierende Kapitalmarktunion aussehen könnte, mensfinanzierung und betrachtet entsprechende politische Initiativen. 3. Förderung von Finanzstabilität 4. Erhöhung der Transparenz Abbildung 1 Zusammenfassung der Grundprinzipien der Kapitalmarktunion 1. W iederherstellung des Entwicklung von Initiativen zur Rückgewinnung des Anlegervertrauens, um die Nachfrage nach neuen Vertrauens in die Finanz- Finanzierungsquellen zu stimulieren. Gut informierte, fachkundige Anleger sind eher bereit in EU-Unterneh- märkte men zu investieren. Gut informierte Unternehmen suchen nach den besten Finanzierungsmöglichkeiten. 2. Verbesserung der nicht- Zur Belebung des Wirtschaftswachstums in Europa ist eine bessere Verfügbarkeit von nicht-bankbasierten bankbasierten Unter- Finanzierungen nötig. Eine funktionierende Kapitalmarktunion bietet Investoren und Unternehmen nehmensfinanzierung Alternativen. 3. Förderung von Die Förderung von Finanzstabilität ist eine unabdingbare Voraussetzung für Wachstum und die Schaffung von Finanzstabilität Arbeitsplätzen. Ein Mangel an Finanzstabilität führt zu wirtschaftlicher Instabilität. Um systemische Risiken zu minimieren und gut funktionierende Märkte zu schaffen, müssen Sicherheit und Integrität sichergestellt werden. Die auf Finanzstabilität ausgerichteten G20-Ziele und europäischen Regulierungen müssen weiter umgesetzt und wirklich angewandt werden. 4. Erhöhung der Die Erhöhung der Transparenz für Anleger und Aufsichtsbehörden ist eine wesentliche Voraussetzung für Transparenz Finanzstabilität, da eine größere Transparenz die Qualität der Preisfindung verbessert und das Anlagerisiko reduziert. Um zusätzliche Kosten für Anleger und Aufsichtsbehörden zu vermeiden, sollte die Datenbereit- stellung für Transparenzzwecke nur da vorgeschrieben sein, wo dies nötig ist. 5. H armonisierung von Die Harmonisierung von Regeln und Standards ist wichtig, um Kosten verursachende Barrieren zu beseitigen Regulierungsstandards/ und die Komplexität für Investoren und Unternehmen zu reduzieren. Initiativen in diesem Bereich, die auf Beseitigung von Barrieren dem Single Rulebook als einheitlichem Regelwerk basieren, sollten die Attraktivität von Investments und die Kapitalrenditen erhöhen und damit das Wirtschaftswachstum anregen. 6. G estaltung der unterstüt- Eine kontinuierliche Gestaltung der unterstützenden regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbe- zenden regulatorischen dingungen in der EU und weltweit ist wichtig, um ein Umfeld zu schaffen, das Initiativen zur Belebung des und aufsichtsrechtlichen Wachstums unterstützt. Die Kapitalmarktunion sollte die regulatorische Belastung auf das Wesentliche Rahmenbedingungen reduzieren, eine effiziente Aufsichtsstruktur schaffen und weltweit einheitliche Bedingungen sicherstellen.
6 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 1. K apitalmarktunion – Integration der Finanz- märkte in den 28 EU-Mitgliedstaaten Die Integration der europäischen Finanzmärkte wird Verbesserung der Krisenresistenz des Finanzsystems seit vielen Jahren angestrebt. Mit der Zollunion, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Währungsunion und zuletzt der Bankenunion wurden Kapitalmärkte auf globaler Ebene wichtige Ziele erreicht. Diese Initiativen sollen die Barrieren, komplexen Strukturen und unnötigen Kos- Die Kapitalmarktunion unterstreicht die Verzahnung ten des fragmentierten Wirtschaftssystems abbauen von Wirtschaft und Finanzmärkten, denn eine starke und das Wirtschaftswachstum sowie die Finanzstabi- Wirtschaft braucht starke Kapitalmärkte zur Finan- lität fördern. zierung ihres Wachstums. Die Kapitalmarktunion ist der nächste Schritt auf dem „Die Ergebnisse unserer Untersuchungen in Europa Weg zur Integration der europäischen Finanzmärkte. belegen die positive Korrelation zwischen der Größe Der Präsident der EU-Kommission beschrieb das Kon- des Kapitalmarktes und der wirtschaftlichen Ent- zept wie folgt: wicklung. Wenn die Aktien- und Anleihemärkte zusam- mengenommen ein Drittel zulegen, dürfte das lang‑ fristige reale Wachstum des BIP pro Kopf um circa „Wenn wir die Finanzierung der Wirtschaft verbessern ein Fünftel steigen, da die Liquidität der Aktien- und wollen, sollten wir die Kapitalmärkte ausbauen und inte- Anleihemärkte eine kosteneffiziente Reallokation des grieren. So könnten wir die Kosten der Kapitalbeschaffung Kapitals in allen Branchen ermöglicht. Betrachtet man senken, vor allem für KMU, und unsere starke Abhängig- die Aktienmärkte allein, wird das Verhältnis auf 1:1 keit von der Bankfinanzierung mindern. Dadurch würde geschätzt, d. h. die Expansion eines Aktienmarktes um Europa auch als Investitionsstandort attraktiver.“ ein Drittel würde das reale Wirtschaftswachstum eben‑ falls um ein Drittel steigern. Unseres Erachtens hängt Jean-Claude Juncker, der positive Effekt der Aktienmärkte von zwei wesent- Präsident der Europäischen Kommission lichen Faktoren ab: (1) der Verfügbarkeit von Mitteln für langfristige risikoreiche Investitionen und (2) dem Anreiz zur Verbesserung der Corporate Governance.“ 2) Die Hauptziele der Kapitalmarktunion lassen sich folgendermaßen umreißen: 1) örderung von Investitionen durch eine verstärkte F Die Kapitalmarktunion sollte die europäischen nicht-bankbasierte Unternehmensfinanzierung, Kapitalmärkte ausbauen und vertiefen, nicht nur Schaffung neuer Arbeitsplätze und Stimulierung des im Euroraum – wie die Bankenunion –, sondern in Wirtschaftswachstums der gesamten Europäischen Union. Es ist wichtig, Effiziente Kapitalallokation und Minderung der dass alle EU-Mitgliedstaaten an der Umsetzung der Abhängigkeit vom System der bankbasierten Finan- Maßnahmen aktiv mitwirken und die Verantwor- zierung tung für den Erfolg dieses wichtigen Projekts gemein- Förderung von dauerhaften Investitionen und Inno- sam tragen. vation durch die Bereitstellung langfristig stabiler Finanzierungen und mittels verstärkter grenzüber- schreitender Investitionen 1) Vgl. Hill 2014: Capital Markets Union – finance serving the economy 2) Kaserer und Rapp 2014: Capital Markets and Economic Growth. Long-Term Trends and Policy Challenges
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 7 2. Nachhaltiges Wachstum durch diversifizierte Finanzierung Finanzierung ist die Voraussetzung für Wirtschafts- bei – 0,1 Prozent jährlich, gegenüber 0,9 Prozent in den und Beschäftigungswachstum in Europa. Gleich- USA und 4,4 Prozent im asiatisch-pazifischen Raum. zeitig haben die strengeren Anforderungen an die Kapital- und Liquiditätsausstattung zu einem Rück- Unternehmen brauchen Zugang zu neuer/zusätzlicher gang der Bankfinanzierung geführt. Infolge der ver- Finanzierung, um Investitionen zu tätigen, Innovatio- schärften regulatorischen Bestimmungen müssen die nen zu fördern und ihr Geschäft auszubauen. Gerade Kreditinstitute ihre Bilanzen bereinigen und stärken in wirtschaftlich schwachen Regionen haben unzurei- sowie Liquiditäts- und Kapitalpuffer gemäß der chend kapitalisierte Unternehmen große Schwierigkei- CRD IV anlegen. 3) Viele Banken bauen deshalb ihre ten, sich die nötigen Mittel bei Banken zu beschaffen. Risikopositionen ab, zum Teil durch eine reduzierte Kreditvergabe an Unternehmen. Da sich derzeit noch Banken reduzieren nicht nur die Kreditvergabe, seit keine Trendwende abzeichnet, muss die Wirtschaft der Krise ist es auch für sie selbst infolge des dramati- Wege finden, ihre Abhängigkeit von den Banken zu schen Vertrauensschwunds immer schwieriger gewor- reduzieren und alternative Finanzierungs- und den, Zugang zu neuem Kapital für die langfristige Investmentoptionen zu nutzen. Refinanzierung zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass sie ihr Geschäftsmodell in den Vielen Ländern in Europa fällt es nach wie vor schwer, kommenden Jahren neu definieren werden. die Arbeitslosigkeit deutlich zu senken und die Kon- junktur erfolgreich zu beleben (siehe Abbildung 2). Seit dem Ende der Finanzkrise, die 2008 begonnen hatte, liegt das Wachstum in Europa im Durchschnitt Abbildung 2 Wichtige gesamtwirtschaftliche Indikatoren Vor der Krise Nach der Krise Ø 2004 – Ø 2008 – 2004 2005 2006 2007 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2013 Europa Reale BIP- 2,3 % 2,1 % 3,5 % 3,1 % 2,7 % 0,4 % – 4,4 % 2,0 % 1,8 % – 0,4 % 0,1 % – 0,1 % Wachstumsrate Arbeitslosen- 8,1 % 8,1 % 7,6 % 6,9 % 7,7 % 7,0 % 8,8 % 9,2 % 9,3 % 10,2 % 10,6 % 9,2 % quote USA Reale BIP- 3,8 % 3,3 % 2,7 % 1,8 % 2,9 % – 0,3 % –2,8 % 2,5 % 1,6 % 2,3 % 2,2 % 0,9 % Wachstumsrate Arbeitslosen- 5,5 % 5,1 % 4,6 % 4,6 % 5,0 % 5,8 % 9,3 % 9,6 % 8,9 % 8,1 % 7,4 % 8,2 % quote Asien / Reale BIP- 5,3 % 5,1 % 5,9 % 6,9 % 5,8 % 3,8% 1,6 % 7,3 % 4,7 % 4,6 % 4,5 % 4,4 % Pazifik Wachstumsrate Arbeitslosen- 6,9 % 6,9 % 6,8 % 6,5 % 6,8 % 6,5 % 6,7 % 6,5 % 6,6 % 6,9 % 6,9 % 6,7 % quote Quellen: EIU, Eurostat, Oxford Economics 3) CRD IV ist die europäische Umsetzung der Kapitaladäquanzverordnung und -richtlinie gemäß den G20- und Basel III-Empfehlungen.
8 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Um die entstehende Finanzierungslücke zu schließen effiziente Kapitalallokation sichergestellt, da das Ver- und die Abhängigkeit vom Bankensektor zu mindern, mögen der Anleger auf diese Weise produktiv ein- muss die nicht-bankbasierte Unternehmensfinan- gesetzt wird. Dies kann dazu beitragen, die Lücke zierung ausgebaut werden. Die Verlagerung eines zwischen der Nachfrage nach langfristigen Finan- Teils der Unternehmensfinanzierung auf die Kapital- zierungen und dem entsprechenden Angebot zu märkte würde auch die Bereinigung der Bankbilanzen schließen. erleichtern. Aufgrund ihrer strategischen Bedeutung für die Wirtschaft in der EU brauchen v. a. KMU Investoren auf der Suche nach Anlagechancen dürften Zugang zu Kapital, um Arbeitsplätze und Wachs- je nach Risikoprofil ebenfalls eine Vielfalt geeigneter tum zu schaffen. 99 Prozent aller EU-Unternehmen Investitionsmöglichkeiten finden. Deshalb ist es für die sind kleine und mittlere Unternehmen. Von ihnen europäischen Kapitalmärkte wichtig, sowohl Anleger hängen zwei Drittel der Arbeitsplätze im Privatsektor aus der EU als auch aus der übrigen Welt anzuzie- ab. 4) Auch in den Bereichen Innovation sowie For- hen. 5) schung und Entwicklung spielen sie eine entschei- dende Rolle. Langfristig ist „sicherzustellen, dass die Haushalte lang- Die Kapitalmarktfinanzierung schafft zusätzliche fristige Spareinlagen in angemessener Höhe für die Real- Kanäle, was Unternehmen verschiedener Größe wirtschaft bereitstellen.“ hilft, Zugang zu Kapital zu erlangen, da verschie- Better Finance for All 2014: Better Finance-Manifest für dene Finanzierungsquellen zu unterschiedlichen die Europawahlen 2014. Saving for Growth and Jobs. Kosten verfügbar sind. Des Weiteren wird eine Abbildung 3 Vergleich der Bankfinanzierung mit der nicht-bankbasierten Finanzierung in Europa, den USA und Asien Europa USA Asien 24 % Nicht- 27 % 47 % bankbasierte Bank- Bank- Finanzierung finanzierung finanzierung 73 % 53 % 76 % Nicht- Nicht- Bank- bankbasierte bankbasierte finanzierung Finanzierung Finanzierung Quellen: EZB, BIZ, US-Notenbank, Fung Global Institute, Oliver Wyman (letzte verfügbare Zahlen: 2013 für Europa und USA, 2012 für Asien) 4) Vgl. Europäische Kommission 2013: Fakten und Zahlen über die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der EU (http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/facts-figures-analysis/index_de.htm) 5) Vgl. Maijoor 2014: Investor Protection and an integrated EU-Capital Market. Rede bei der Konferenz „Better Finance for All – International Investor’s Conference 2014: Shareholder Rights in Europe 2020“
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 9 Obwohl in Europa bereits nicht-bankbasierte Finan- (z. B. Nähe der Banken zu lokalen Kunden, Transpa- zierungsmöglichkeiten bestehen, sind die entspre- renz und Neutralität der Kapitalmärkte) und Nach- chenden Märkte in der Regel wesentlich kleiner als teile (Gefahr der Instabilität von Banken, mangelndes in den USA oder in Asien. Von 2003 bis 2013 Kapitalmarktwissen der Öffentlichkeit). Idealerweise sicherten sich europäische Unternehmen 76 Pro- sollten die bankbasierte und die nicht-bankbasierte zent ihrer Finanzierung über Banken, während Finanzierung nebeneinander existieren, damit Unter- US-Unternehmen nur zu etwa 27 Prozent von nehmen die für sie am besten geeignete Lösung wäh- Kreditinstituten finanziert wurden. In Asien entfielen len und ihre Kosten zur Kapitalbeschaffung senken 2012 rund 47 Prozent der Gesamtfinanzierung auf können (Abbildung 4 veranschaulicht die Struktur). Bankkredite (siehe Abbildung 3). Europa hat noch beträchtlichen Spielraum und Diese Unterschiede sind größtenteils kulturell und könnte daher die nicht-bankbasierte Finanzierung historisch bedingt, aber auch strukturell. Europa ist ausbauen, um die Lücke zu schließen, die durch „bankenorientierter“ als die USA und Asien und die die Drosselung der traditionellen Bankfinanzierung Bilanzsummen der europäischen Kreditgeber sind entstanden ist. wesentlich höher als die ihrer globalen Pendants. In den meisten Ländern Europas ist das Bankwesen Die nicht-bankbasierte Finanzierung bietet Alternativen lokal ausgerichtet. Anlageentscheidungen werden auf- und umfasst Eigenkapital- und Fremdkapitalinstru- grund von Geschäftsbeziehungen getroffen, auch mente. Eine gute Eigenkapitalausstattung ermöglicht sind die Unternehmen im Schnitt kleiner als in den es Unternehmen, langfristig zu planen. Zudem sind USA oder in Asien. gut kapitalisierte Unternehmen eher in der Lage, Krisen erfolgreich zu bewältigen. Die Wahrscheinlichkeit einer Infolge der Fragmentierung der Kapitalmärkte in Insolvenz ist geringer, zumal Dividendenzahlungen Europa, der wenig attraktiven Rahmenbedingungen ausgesetzt werden können, während Kreditzinsen (Besteuerung, rechtliche Unterschiede usw.) und regelmäßig fällig sind. Die Sekundärmärkte sind eine des fehlenden Anlegervertrauens können sich Finan- weitere wichtige Komponente der nicht-bankbasierten zierungsalternativen nur sehr langsam durchsetzen. Finanzierung, weil sie den Investoren erlauben, jeder- zeit ein- bzw. auszusteigen. Die Gewohnheiten in Europa und den USA mögen sich unterscheiden, doch gibt es kein „perfektes Gleichge- wicht“ zwischen Bank- und nicht-bankbasierter Finan- zierung. Beide Finanzierungsarten haben Vorteile
10 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Abbildung 4 Quellen der Bankfinanzierung und nicht-bankbasierten Finanzierung Gewinn- einbehalt Unternehmen Nicht-bankbasierte Finanzierung Bankfinanzierung Verbriefung Primärmarkt Sekundärmarkt Eigenkapital Fremdkapital Aktien Anlei- Aktien Anlei- Kredit hen hen Alternative Finanzierung Kapitalmarktfinanzierung Bankfinanzierung z. B. Wagniskapital, Crowdfunding, Börsen Banken Familienfinanzierung Eigenkapital Fremdkapital Aktien Anlei- Aktien Anlei- Spareinlagen hen hen Investoren Neben der Finanzierung benötigen Unternehmen die Kapitalmärkte auch zur Absicherung und Mini- Die Kapitalmarktunion sollte zu einem breiter auf- mierung von Risiken, die sich aus Preisschwankun- gestellten und effizienteren Finanzsystem mit gen ergeben können. Deshalb sind Derivatemärkte Alternativen für die Kapitalallokation führen und von wesentlicher Bedeutung für die Kapitalmarkt- die Eigenkapitalfinanzierung fördern. Die Gruppe union, verlagern sie doch die Risiken dorthin, wo Deutsche Börse hat sechs Grundprinzipien für die sie am effektivsten gehandhabt werden können. Schaffung einer wettbewerbsfähigen europäischen Derivate erlauben es, sich mit sehr geringem Kapital- Kapitalmarktunion ausgearbeitet, die die beschriebe- aufwand gegen Risiken abzusichern. Sie ermöglichen nen Defizite adressieren und künftige Wachstums- Unternehmen den Handel mit künftig zu erwartenden chancen aufzeigen möchten. Preisen und verbessern dadurch die Effizienz der Preis- findung. Die Derivatemärkte reduzieren also die Unge- wissheit und die Kosten für die Wirtschaft. 6) 6) Vgl. Gruppe Deutsche Börse 2009: The Global Derivatives Market – a Blueprint for Market Stability and Integrity
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 11 3. Grundprinzipien und politische Kernbotschaften Die Kapitalmarktunion stützt sich auf ein breit gefä- Die Gruppe Deutsche Börse schlägt sechs Grund- chertes Spektrum an Initiativen zur Vertiefung der prinzipien vor, die bei der Ausgestaltung der Kapital- bestehenden Märkte und zur Erschließung nicht-bank- marktunion von zentraler Bedeutung sind (siehe basierter Finanzierungsquellen, die den freien Kapital- Abbildung 5). fluss in den 28 EU-Mitgliedstaaten sicherstellen sollen. Abbildung 5 Grundprinzipien der Kapitalmarktunion 1. W iederher- 2. V erbesserung 3. Förderung 4. Erhöhung der 5. Harmonisierung 6. G estaltung der stellung des der nicht- von Finanz- Transparenz von Regulie- unterstützenden Vertrauens in bankbasierten stabilität rungsstandards/ regulatorischen die Finanz- Unternehmens- Beseitigung und aufsichts- märkte finanzierung von Barrieren rechtlichen Rahmenbedin- gungen Definition Rückgewinnung Besserer Zugang Verringerung von Sicherstellung Harmonisierung Gestaltung der des Vertrauens in zu alternativen, systemischen einer angemes- von Regeln/ unterstützenden die Kapitalmärkte nicht-bankbasier- Risiken und Ver- senen Transparenz Standards zur regulatorischen ten Finanzie- besserung der für Marktteilneh- Verringerung der Rahmenbedingun- rungsquellen Fähigkeit, Krisen mer und Auf- Fragmentierung gen und effiziente zu bewältigen sichtsbehörden und zur Beseiti- Aufsicht EU- und gung von Barrieren weltweit Wesentliche Ausgewogener „Ökosystem“ G20: Reduzie- Preisfindung T2S Regulatorische Elemente Anlegerschutz für KMU rung der syste- Reduzierung von Wertpapierrecht Korrekturen/ Förderung von Verbriefungen mischen Risiken außerbörslichem Insolvenzrecht Anpassungen Finanzwissen Pre-IPO Risikomanage- Handel und Dark Einheitliches Effiziente K apitalmarkt- Fremdkapital- ment Pools Regelwerk Aufsicht kultur instrumente Krisenresistenz Marktmiss- („Single Drittstaaten- C orporate Behandlung von Eigenkapital- brauch/Betrug Rulebook“) regelungen Governance Fremdkapital anforderungen Transaktions- Branchen- (Gegenseitigkeit) Aktionärsrechte ggü. Eigenkapital Sicherheit/ register standards Vermeidung Finanzierung Sicherheitsvor- Schattenbanken- regulatorischer durch öffentliche kehrungen/ regeln Arbitrage Institutionen sichere Kontentrennung IT-Systeme Wege zu Wiederherstellung Entwicklung neuer Schaffung von Transparente Preis- Reduzierung von Proportionale mehr des Vertrauens zur Finanzierungs- Finanzstabilität als findung und Trans- Kosten und Kom- und effiziente Wachstum Stärkung der Anle- quellen zur Schlie- Voraussetzung für parenz gegenüber plexität, Förderung Regulierung als gernachfrage und ßung der durch die die Steigerung der Aufsichtsbehörden grenzüberschrei- Voraussetzung für Stimulierung von rückläufige Bank- Investitionstätigkeit zur Erhöhung der tender Aktivitäten die Steigerung Wachstum finanzierung ent- und des Wachs- Finanzstabilität und Stimulierung der Investitions- standenen Lücke tums von Wachstum tätigkeit und des Wachstums
12 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Die sechs Grundprinzipien und Kernelemente der Von den Prinzipien würden verschiedene Stakeholder- Kapitalmarktunion sollen ein Gesamtbild – nicht gruppen profitieren. Wenn z. B. das Vertrauen in die nur mit Blick auf die KMU – davon entwickeln, Kapitalmärkte wiederhergestellt ist, sind sowohl die wie Wachstum und eine effiziente Kapitalallokation Öffentlichkeit als auch institutionelle Anleger zuver- generiert werden können. Zudem sollten bestehende sichtlicher und daher eher bereit, in Unternehmen zu Komponenten des Single Rulebook (also dem einheit- investieren. Wenn die nicht-bankbasierte Finanzierung lichen Regelwerk) der EU ergänzt und erweitert wer- gestärkt wird, haben die Unternehmen eine größere den. Ziel dieses Regelwerks ist es, einheitliche regula- Auswahl an Finanzierungsmöglichkeiten. torische Rahmenbedingungen für den Finanzsektor zu schaffen und letztlich für einen verbesserten euro- päischen Binnenmarkt zu sorgen.
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 13 3.1 Wiederherstellung des Vertrauens in die Finanzmärkte Seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 ist das 3.1.1 Anlegerschutz Vertrauen in die Finanzmärkte und Finanzinstituti- Wenn alternative Finanzierungsquellen erschlossen onen geschwunden. Diese Entwicklung ist zum Teil und der Einsatz von Kapitalmarktinstrumenten geför- auf den Eindruck zurückzuführen, dass die Gewinne dert werden sollen, sind klar definierte, auf das privatisiert und die Verluste sozialisiert werden, musste neue Umfeld abgestimmte Regeln für den Anleger- der Staat und damit letztendlich der Steuerzahler doch schutz von entscheidender Bedeutung. Der Anleger- wiederholt Banken retten. Das fehlende Vertrauen schutz ist ein treibender Faktor für die Finanzgesetz- in das Bankensystem und die mangelnde Kenntnis gebung in der EU. Ein angemessener Schutz der der Ursachen der Krise führten schließlich zu einem Investoren und Verbraucher würde das Vertrauen in markanten Rückgang des Vertrauens in die Kapital- die Finanzmärkte wieder stärken. Anleger werden märkte und komplexere Finanzinstrumente. Auch erst wieder bereit sein, an den Kapitalmärkten einzu- EU-Kommissar Hill bezog sich in seiner ersten Rede steigen und teilzunehmen, wenn sie sich ausreichend zur Kapitalmarktunion auf diese Wahrnehmung: geschützt fühlen. Beim Vertrieb von Kapitalmarktinstrumenten ist „Ich möchte, dass Finanzdienstleistungen als Teil des deshalb sicherzustellen, dass die empfohlenen Wirtschaftsgefüges gesehen werden, nicht als Bereich, Investmentprodukte wirklich für die Anleger geeig- der von der Gesellschaft getrennt ist.“ net sind. Kundenberater sollten alle erforderlichen Informationen über den Kunden einholen, um die Jonathan Hill, EU-Kommissar für Finanzstabilität, Geeignetheit umfassend prüfen zu können. Sie sind Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion verpflichtet, den Kunden die richtigen Fragen zu stellen, die richtigen Auskünfte einzuholen, die gesam- melten Daten korrekt zu interpretieren und letztlich Voraussetzung für die Wiederherstellung des Anleger- ein geeignetes Anlageprodukt zu empfehlen bzw. vertrauens sind neben einer angemessenen Unter- verschiedene Optionen zur Diversifikation des Port- nehmensführung (Corporate Governance) und Aktio- folios anzubieten. närsrechten die Verbesserung des Anlegerschutzes sowie die Förderung von Finanzwissen und einer Die Regulierungsbehörden haben bereits erkannt, positiven Einstellung zu den Finanzmärkten im Sinne dass diese Art des Anlegerschutzes von wesentlicher einer Kapitalmarktkultur. Bedeutung ist: Im Rahmen der Finanzmarktrichtlinie MiFID II veröffentlichte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Richtlinien zur weiteren Verbesserung des Anlegerschutzes, insbe- sondere hinsichtlich der Geeignetheit der Anlage- empfehlung. Diese sollen sicherstellen, dass Anleger in allen Mitgliedstaaten einen gleich guten Schutz genießen, ungeachtet dessen, in welchem europä- ischen Land sie investieren.
14 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion Da die Kapitalmarktunion zu einer Zunahme der 3.1.2 Finanzwissen und Kapitalmarktkultur Finanzierungsoptionen führt, sollten die Regulie- Anleger ebenso wie die breite Bevölkerung misstrauen rungsbehörden fordern, dass die Anbieter von den Märkten und dem Finanzsektor weiterhin. Gerade Finanzierungsprodukten die neuen Richtlinien in Europa, wo die Ersparnisse bevorzugt auf Bank- berücksichtigen. konten (Sparbüchern, Tagesgeldkonten etc.) angelegt werden, ist das fehlende Vertrauen besonders proble- Es ist jedoch ebenso wichtig, dass der Anleger- matisch. schutz ausgewogen ist. Die Regulierungsbehörden sollten darauf achten, dass die Anforderungen an Dieses fehlende Vertrauen steht den Zielen einer den Anlegerschutz keine übermäßige Belastung Kapitalmarktunion entgegen, da nicht-bankbasierte darstellen. Die Beurteilung der Geeignetheit einer Finanzierungsquellen vermehrt erschlossen werden Anlage sollte kein derart komplexer und ressourcen- könnten, wenn mehr Anleger bereit wären, Kapital intensiver Prozess sein, dass dies die Vorteile der bereitzustellen. Deshalb müssen Anleger durch Beratung aufhebt. Die Einführung neuer oder zusätz- attraktive Anlagechancen zur Kapitalanlage licher Regeln könnte dazu führen, dass Wertpapier- angeregt werden. Gleichzeitig müssen die Unter- dienstleister ihre Beraterstellen streichen oder es nehmen sich der Möglichkeit bewusst und bereit ablehnen, Anlageberatung anzubieten, was letztlich sein, sich über den Kapitalmarkt zu finanzieren. zu weniger Investments führt. Ferner hätten große Initiativen zur Bewältigung dieses Problems sind Unternehmen einen übermäßigen Vorteil gegenüber somit eine wesentliche Voraussetzung für eine funk- kleineren Konkurrenten (wie in Deutschland und tionierende Kapitalmarktunion, wie sie von der EU- Großbritannien zu beobachten ist). Zudem könnte Kommission beabsichtigt wird. eine Überarbeitung der Prospektrichtlinie den Zugang zu Eigenkapital erleichtern. Eine qualitative und quantitative Verbesserung des Finanzwissens wäre begrüßenswert, um dem Miss- trauen zu begegnen und die Einstellung der Markt- teilnehmer zu ändern. Die Kapitalmarktunion sollte Maßnahmen fördern, mit denen der breiten Öffent- lichkeit die Funktionen der Kapitalmärkte im Finanz- system erklärt und der Nutzen sowie die wirtschaft- lichen Vorteile der nicht-bankbasierten Finanzierung näher gebracht werden. Umfassendes Wissen und Informationen über die verschiedenen angebotenen Finanzprodukte sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Anleger wieder zum Einstieg zu bewegen. 7) Wenn die Fairness, Effizienz und Transparenz der Kapi- talmärkte sowie ihre anspruchsvollen Standards hervorgehoben werden, wird dies dazu beitragen, das Vertrauen in die Kapitalmarktfinanzierung wiederherzustellen. 7) Gute Beispiele sind die jüngsten Initiativen wie das vom Handelsblatt Research Institute entwickelte „Factbook Aktie“ sowie Seminare für alle Arten von Anlegern, die von akademischen Instituten, Börsen und Anlegerschützern angeboten werden (z. B. https://deutsche-boerse.com/cma/dispatch/de/kir/gdb_navigation/cma/20_Seminars/ 10_Trainings_for_Private_Investors).
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 15 Die Wiederherstellung des Anlegervertrauens durch Bildungsangebote kann zum Teil vom Finanzsektor Um die Wachstumsziele der Kapitalmarktunion zu geleistet werden; diese Bestrebungen sollten jedoch erreichen, sollte die Finanzbranche dringend Maß- durch Regulierung nachdrücklich unterstützt werden. nahmen zur Wiederherstellung des Anlegervertrauens Einige regulatorische Initiativen der jüngsten Zeit (wie treffen und so die Nachfrage nach neuen Finanzie- MiFID II, MAD II, die Richtlinie über Aktionärsrechte rungsquellen beleben. Fachkundige, gut informierte und die Richtlinie über die Offenlegung nichtfinanziel- (vgl. Abschnitt 3.4) und gut geschützte Anleger tref- ler und die Diversität betreffender Informationen durch fen verantwortungsbewusste Entscheidungen und bestimmte große Unternehmen und Gruppen) sollen wählen aus dem Spektrum der verfügbaren Kapital- das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wieder- marktprodukte diejenigen aus, die ihren Bedürfnissen herstellen. Viele dieser Initiativen konzentrieren sich entsprechen, während gut informierte Unternehmen auf den Anlegerschutz (siehe oben). Darüber hinaus nach den besten Finanzierungsmöglichkeiten (vgl. haben auf globaler Ebene die Mitglieder der Interna- Abschnitt 3.2) suchen. tionalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions, IOSCO) einen strategischen Rahmen zur Förderung der Anlegerbildung und des Finanzwissens festgelegt. 8) Der Mangel an Vertrauen und Wissen manifestiert sich auch auf der Nachfrageseite: Viele europäische KMU trauen sich nicht zu, über Wachstumsfinanzierung zu sprechen. Aus einer aktuellen Umfrage der EU-Kom- mission geht hervor, dass jedes dritte KMU Hem- mungen hat, Finanzierungsmöglichkeiten mit Banken zu besprechen. Schlimmer noch: Nur jedes fünfte ist bereit, mit Aktienanlegern und Wagniskapitalgebern zu sprechen. 9) Somit sind KMU eher bereit, Möglich- keiten der Bankfinanzierung zu erkunden als Optionen der nicht-bankbasierten Finanzierung. Darüber hinaus wissen sie oft nicht, wie breit das ihnen zur Verfü- gung stehende Finanzierungsspektrum ist, und können infolgedessen auch nicht alle Alternativen ausloten. Nur umfassende Informationskampagnen und ein Kulturwandel können diese Lage ändern. 8) Vgl. IOSCO 2014: Strategic Framework for Financial Investor Education and Financial Literacy. Abschlussbericht 9) Vgl. EZB 2014: Survey on the access to finance of enterprises of the euro area
16 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 3.2 V erbesserung der nicht-bankbasierten Unternehmensfinanzierung Der Ausbau der nicht-bankbasierten Unternehmens- Mal mehr Wagniskapital bereitgestellt als in Europa. 10) finanzierung steht im Zentrum der Initiativen zur Schätzungen zufolge hätten in Europa zwischen Förderung von Wachstum und Beschäftigung in 2008 und 2013 etwa 36.000 weitere Unternehmen Europa, da die traditionelle Finanzierung rückläufig mit Wagniskapital unterstützt werden können, wenn ist. Anleger auf der Suche nach Renditen im der Venture Capital-Markt so ausgeprägt gewesen aktuellen Niedrigzinsumfeld würden neue Anlage- wäre wie in den USA. 11) möglichkeiten begrüßen. Die Kapitalmarktunion wäre eine gute Grundlage für Wichtige Elemente, auf die sich die Kapitalmarktunion die Schaffung von Anreizen zur Eigenkapitalfinanzie- in diesem Zusammenhang konzentrieren könnte, rung über Wagniskapitalgeber, Crowdfunding und sind das „Ökosystem“ für KMU, die Wiederbelebung Business Angels, um das Wachstum von Unterneh- der Verbriefung, das vorbörsliche Umfeld (Pre-IPO), men zu beschleunigen. Dies könnte durch eine aus- Fremdkapitalinstrumente, die Behandlung von Eigen- gewogene staatliche Unterstützung für Start-ups kapital gegenüber Fremdkapital und die Finanzierung erfolgen, die ihnen die Kapitalbeschaffung erleich- durch öffentliche Institutionen (z. B. über europäische tern würde (z. B. durch Steuererleichterungen für langfristige Investmentfonds). Investoren). 3.2.1 Eigenkapitalinstrumente In einer späteren Entwicklungsphase können Unter- Ein verbesserter Zugang zur Eigenkapitalfinanzie- nehmen einen Börsengang erwägen, der es ihnen rung könnte, in Anbetracht der Eigenschaften von erlaubt, sich zusätzliches Eigenkapital zu beschaffen, Eigenkapital, ein weiterer Eckpfeiler der Kapital- während die ursprünglichen Wagniskapitalgeber die marktunion sein. Es gibt viele verschiedene Arten Möglichkeit erhalten, über den Sekundärmarkt aus- von Eigenkapitalinstrumenten, z. B.: zusteigen. Darüber hinaus dient ein Börsengang auch der Eigenwerbung und trägt dazu bei, das Eigenkapi- Business Angels – wohlhabende Privatpersonen tal für eine breitere Aktionärsbasis zu öffnen. (häufig Unternehmer), die Start-ups finanzieren Wagniskapital (Venture Capital) – Spezialfonds, Um Börsengänge als alternative Finanzierungsquelle die Kapital für aussichtsreiche Start-ups in der zu fördern und diese Möglichkeit insbesondere auch Frühphase bereitstellen KMU zu eröffnen, ist es nötig, die Phase vor dem Crowdfunding – Finanzierung durch (niedrige) Bei- Börsengang (Pre-IPO) besser zu koordinieren. Zur träge vieler Investoren, in der Regel über Internet- Belebung des IPO-Marktes für KMU, v. a. in Län- Plattformen dern wie Deutschland, ist die Schaffung eines neuen Börsengang (IPO) – erstmaliges (öffentliches) Ange- Börsensegments nicht die richtige Lösung. Da den bot der Aktien eines Unternehmens an einer Börse Börsen im „Ökosystem“ der Kapitalmärkte eine immer wichtigere Rolle zukommt, könnte stattdessen durch Europa schneidet im Vergleich zu den USA schlecht die Marktinfrastruktur die Transparenz- und Effi- ab, wenn es gilt, Kapital über die genannten Kanäle zu zienzlücke zwischen den Beteiligten im Vorfeld des beschaffen und KMU zum Wachstum zu verhelfen. Börsengangs geschlossen werden. Im Rahmen der So wurde in den USA im zweiten Quartal 2014 fünf 10) Vgl. Centre for European Reform 2014: Unlocking Europe’s Capital Markets Union 11) Vgl. New Financial 2014: Driving Growth: Making the Case for Bigger and Better Capital Markets in Europe
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 17 Kapitalmarktunion wäre eine vorbörsliche Informa- könnten z. B. wie in den USA einheitliche Prospekt- tions- und „Vermittlungsplattform“ für KMU und anforderungen für Anleiheemissionen entwickelt Anleger denkbar, die gleichsam als Schaufenster werden. Der Zugang zu standardisierten Informati- fungiert, das Verfahren vereinfacht und Börsengänge onen wie diesen dürfte das Interesse der Anleger als eine der möglichen Finanzierungsoptionen etabliert. stärken und größere Liquidität am Anleihemarkt schaffen, womit dieser letztlich als Finanzierungs- 3.2.2 Fremdkapitalinstrumente quelle an Bedeutung gewinnen würde. Trotz der Vorteile der Eigenkapitalfinanzierung stellen Fremdkapitalinstrumente in vielen Fällen eine attrak- Eine weitere Maßnahme, um die Begebung von tive Option für Investoren und Unternehmen dar und Anleihen zu fördern, könnte darin bestehen, die sollten aus diesem Grund im Rahmen der Kapital- freie Wahl des Emissionsortes zuzulassen. Die Kapi- marktunion ebenfalls gefördert werden. Einige Unter- talmarktunion sollte danach streben, die Hürden bei nehmer (insbesondere Eigentümer kleinerer Firmen) grenzüberschreitenden Anleiheemissionen durch lehnen Beteiligungen ab, weil sie nicht bereit sind, die Harmonisierung der Bedingungen in den einzelnen die Kontrolle über ihr Unternehmen aufzugeben. Bei Mitgliedstaaten zu beseitigen. der Finanzierung über Fremdkapital ist dies nicht nötig. 3.2.3 „Ökosystem“ für KMU KMU spielen eine wichtige Rolle für die Wirtschaft Die direkte Ausgabe von Unternehmensanleihen an und die Beschäftigung in Europa. Hinsichtlich der Anleger ist eine gute Methode der Fremdfinanzie- Zusammensetzung des Sektors und seiner Entwick- rung, die in Europa besser genutzt werden könnte. lung gibt es erhebliche regionale Unterschiede, die Anleihemärkte können häufig Finanzierungen bereit- während der Krise noch deutlicher hervortraten. In stellen, wenn Banken nicht bereit sind, Kredite zu der Vergangenheit entschieden sich KMU eher für gewähren. Zudem werden auf diese Weise die Bankkredite als für nicht-bankbasierte Finanzierungen. Eigentumsrechte der Unternehmer nicht einge- Es gab zwar Bemühungen, den KMU diese Finanzie- schränkt. Die Kapitalaufnahme erfolgt entweder über rungsformen zu ermöglichen, ihr Erfolg hielt sich eine öffentliche Emission oder eine Privatplatzierung, jedoch in Grenzen. Der mangelnde Erfolg ist auf viele bei der das Unternehmen die Anleihen einem kleinen Faktoren zurückzuführen, u. a. auf das geringe Selbst- Kreis spezialisierter Anleger direkt anbietet. In den vertrauen, wenn es darum geht, alternative Finanzie- letzten Jahren hat sich der Markt für Unternehmens- rungsmöglichkeiten zu diskutieren, und das oben anleihen in Europa stark entwickelt und so dem Rück- angesprochene unzureichende Finanzwissen. Ange- gang der traditionellen Finanzierungsformen entge- sichts der Tatsache, dass 90 Prozent der KMU gengewirkt, insbesondere in Deutschland, wo seit 2010 Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbei- Anleihen im Wert von über 7 Mrd. € von etwa 130 tern sind, ist das nicht weiter verwunderlich. Dabei KMU begeben wurden. haben gerade KMU in den Ländern, die am meisten unter Rezession und Arbeitslosigkeit leiden, die Initiativen zur Unterstützung dieses Trends wären größten Schwierigkeiten, Bankkredite zu erhalten, begrüßenswert, insbesondere für kleinere Unterneh- und zahlen wesentlich höhere Zinsen als große men, die niedrigere Beträge beschaffen wollen und Unternehmen. für die die Kosten eine größere Rolle spielen. So
18 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion In Europa gibt es ein breites Spektrum an Initiativen, 3.2.4 Verbriefung die KMU beim Zugang zu Finanzierungen unterstützen Auch die Verbriefung von Krediten (für KMU) könnte sollen. Bisher gingen diese Maßnahmen hauptsäch- dazu beitragen, dem Rückgang der Bankkredite zu lich von staatlichen Institutionen aus und waren darauf begegnen. Zur Refinanzierung der Kredite würden die ausgerichtet, die Kreditvergabe der Banken auszu- Banken die Forderungen bündeln und in Wertpapiere weiten. Die Einbindung des Privatsektors ist von größter umwandeln, die für Anleger attraktiv sind. Die Revi- Bedeutung, da direkte staatliche Kredite oder Bürg- talisierung des Kreditverbriefungsmarktes wird voraus- schaften zu signifikanten Kosten für den Steuerzahler sichtlich hohe Priorität auf der Agenda der Kapital- führen und kreditwürdigen KMU sogar schaden marktunion haben, ist doch der Verbriefungsmarkt, können. 12) der unzureichend reguliert war und missbraucht wurde, aufgrund des Misstrauens der Anleger und des man- Hierbei muss in Betracht gezogen werden, dass viele gelnden Marktvertrauens seit 2008 um 30 Prozent Formen der Kapitalmarktfinanzierung einer Besteue- geschrumpft. 13) Die Wiederbelebung dürfte deshalb rung unterliegen könnten. Eine Finanztransaktions- eine Herausforderung darstellen, wäre allerdings steuer würde die Transaktionskosten in europäischen eine interessante Alternative, sofern die Lehren aus Finanzzentren in die Höhe treiben und damit die Ziele der Krise gezogen wurden. der Kapitalmarktunion konterkarieren. Vor allem KMU müssten infolge der höheren Transaktionskosten Bestimmte Faktoren müssen beim Ausbau des euro- höhere Kosten für die Kapitalbeschaffung tragen. päischen Verbriefungsmarktes berücksichtigt werden; Privatanleger würden ebenfalls größere finanzielle diese Debatte wird zum Teil bereits geführt. Einbußen erleiden, da Altersvorsorgeprodukte durch die Steuer direkt belastet würden. Erstens ist die EU-Kommission bestrebt, eine Diffe- renzierung von „hochwertigen“ Verbriefungsprodukten Die Schaffung einer Kapitalmarktunion soll alternative (mit einfachen und leicht verständlichen Strukturen) Finanzierungsquellen fördern, um das Wachstum auszuarbeiten, um ggf. eine bevorzugte regulatorische zu unterstützen, wobei es nicht nur eine Methode, Behandlung über alle Finanzsektoren hinweg zu sondern verschiedene Ansätze gibt, mit denen die ermöglichen. Dies geschieht aufgrund der Empfeh- Finanzierung der KMU in Europa erleichtert werden lungen der EZB und der Bank of England, denen kann. Die Förderung eines stabilen, positiven zufolge diesen hochwertigen Produkten eine weniger Umfelds und die Schaffung von Anreizen für Unter- strenge Regulierung zugutekommen könnte. Verbrie- nehmen durch attraktive und vielfältige Finanzie- fungen könnten dann davon profitieren, dass sie an rungsoptionen sind vor diesem Hintergrund von klar regulierten und überwachten Märkten mit entscheidender Bedeutung. hoher Transparenz gehandelt werden und strikte – von Experten konzipierte – Risikomanagement- systeme durchlaufen. Abschnitt 3.3 beschreibt, wie durch die Nutzung von Marktinfrastrukturen die Finanzstabilität erheblich verbessert werden kann. 12) Vgl. Deutsche Bank Research 2015: Mittelstandsfinanzierung im Euroraum – Neue Lösungen für ein altes Problem 13) Vgl. Llewellyn Consulting 2014: Financing Europe’s Investment and Economic Growth
Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 19 Zweitens ist eine Bündelung und Standardisierung tuelle Verluste leichter bewältigen und ihre finanzielle von Krediten nötig, um Transparenz und Vergleich- Stabilität verbessern. Zweitens könnte eine Korrektur barkeit zu gewährleisten. Hierfür wären die Schaf- dazu führen, dass Anleger weniger Steuern auf ihre fung eines institutionellen Rahmens und eine größere Eigenkapitalanlagen zahlen müssen und damit ein Bereitschaft der Banken nötig, diese Märkte zu ent- Anreiz für die Bereitstellung von Eigenkapital als alter- wickeln. Die EU-Kommission wird voraussichtlich mit native Finanzierungsquelle geschaffen wird. internationalen Organisationen wie dem Baseler Aus- schuss und der Internationalen Vereinigung der Wert- Außerdem gibt es große Unterschiede bei der Diffe- papieraufsichtsbehörden (IOSCO) zusammenarbeiten, renz zwischen den effektiven Grenzsteuersätzen für um globale Standards für „hochwertige“ Verbriefungen fremdkapital- und eigenkapitalfinanzierte Investitionen. und die mit ihnen verbundenen Risiken auszuarbeiten Laut Internationalem Währungsfonds variiert diese und so regulatorische Arbitrage zu vermeiden. Differenz zwischen den einzelnen europäischen Län- dern zwischen 10 und 50 Prozent. Deshalb ist es 3.2.5 Behandlung von Eigenkapital gegenüber nicht nur wichtig, die Bevorzugung von Fremdkapi- Fremdkapital tal zu korrigieren, sondern auch, die steuerliche Aus der Sicht eines Unternehmens / Emittenten ist Behandlung in Europa anzugleichen, um einheitli- Eigenkapital in den meisten Ländern höher besteu- che Bedingungen zu schaffen. Ferner ist in Betracht ert als Fremdkapital, d. h. es besteht ein geringerer zu ziehen, dass diese Bevorzugung in den USA aus- Anreiz, Eigenkapitalinstrumente zu nutzen. Zins- geprägter ist als (im Durchschnitt) in Europa. Infolge- zahlungen für Fremdkapital können vom Vorsteuer- dessen könnte eine Senkung der Steuern auf Eigen- gewinn abgezogen werden. Für Eigenkapital sind kapital die Attraktivität der Region für Investoren jedoch keine Steuererleichterungen vorgesehen (viel- steigern. mehr unterliegen Kapitalerträge und Dividendenzah- lungen einer signifikanten Besteuerung). Diese struk- turelle Bevorteilung der Fremdfinanzierung veranlasst Unternehmen, eher Fremdkapital aufzunehmen als Ein breit gefächertes Spektrum an Finanzierungs- Eigenkapital zu beschaffen. Ein hoher Verschuldungs- formen kann die Abhängigkeit von der bankba- grad erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit eines sierten Finanzierung mindern. Eine gut funktio- Konkurses und fördert die Risikobereitschaft – häufig nierende Kapitalmarktunion bietet Investoren auf Kosten der Gläubiger und des Staates (anstelle und Unternehmen Wahlmöglichkeiten. der Aktionäre). 14) Die Kapitalmarktunion sollte sich zum Ziel setzen, dem derzeitigen Ungleichgewicht entgegenzuwirken. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens könnte eine Korrektur die Unternehmen dazu anregen, ihre Eigenkapital- ausstattung zu stärken, und sie vor einer zu hohen Verschuldungsquote bewahren. So würden sie even- 14) Europäische Kommission 2012: The Debt-Equity Tax Bias: Consequences and Solutions
20 Grundprinzipien für eine europäische Kapitalmarktunion 3.3 Förderung von Finanzstabilität Die Förderung von Finanzstabilität beruht auf einer Die G20-Staaten veröffentlichten vor Kurzem eine Verbesserung der Schockresistenz, der Reduzierung Erklärung, die diese Ansicht bestätigt: systemischer Risiken und der Stärkung der Wider- standsfähigkeit der Finanzmärkte. Die Krisenresistenz wurde durch die Einführung strengerer Eigenkapital- „Wir arbeiten darauf hin, eine langfristige Finanzierung anforderungen bereits deutlich verbessert, und einige durch institutionelle Anleger sowie marktbasierte Finan- Aspekte der Kapitalmarktunion wie die Förderung zierungsquellen einschließlich transparenter Verbriefungen nicht-bankbasierter Finanzierungsformen dürften dies insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen verstärken. Darüber hinaus sollte die Nutzung von zu fördern […] Unsere Reformen zur Verbesserung der Marktinfrastrukturen verstärkt gefördert werden, da Kapitalausstattung und Liquidität der Banken sowie zur sie eine bedeutende Rolle beim Management von Erhöhung der Sicherheit an den Derivatemärkten werden systemischen Risiken spielen. Marktinfrastrukturen die Risiken im Finanzsystem reduzieren.“ sind hochregulierte Entitäten, die effiziente krisen- Kommuniqué der Staats- und Regierungschefs der G20, geprüfte Risikomanagementsysteme bereitstellen. November 2014 Initiativen zur Steigerung der Finanzstabilität umfassen die Reduzierung systemischer Risiken, das allgemeine Risikomanagement, Krisenresistenz und Kapitalanfor- 3.3.1 Reduzierung systemischer Risiken und Ver- derungen, effizientes Sicherheitenmanagement und besserung des Risikomanagements durch zentrale Sicherheitsvorkehrungen (auch für IT-Systeme). Einige Gegenparteien dieser Elemente werden nachstehend eingehender Eine zentrale Gegenpartei tritt als Mittler zwischen dargestellt. den an einem Handelsgeschäft beteiligten Parteien auf. Sie fungiert als Verkäufer für jeden Käufer und In den letzten Jahren haben politische Entschei- als Käufer für jeden Verkäufer, minimiert das Ausfall- dungsträger und Regulierungsbehörden erkannt, risiko und erleichtert das Netting. 15) dass zentrale Gegenparteien (CCPs), Zentralver- wahrer (CSDs) und insbesondere Börsen einen Erstens verhindern zentrale Gegenparteien über- wichtigen Beitrag zur Stärkung der Sicherheit und mäßige Risiken, da sie als unabhängige Risikoma- Integrität der Finanzmärkte durch Minderung nager eine neutrale Bewertung der Risikopositionen systemischer Risiken, effiziente Nachhandelspro- sicherstellen. Durch die Forderung von Sicherheiten zesse und Sicherheitenmanagement sowie perma- zu aktuell bewerteten Marktpreisen gewährleistet nente Handelsüberwachung leisten. Die jüngsten die zentrale Gegenpartei eine strikte Marktbewertung regulatorischen Bemühungen in aller Welt sind ein der Risiken und verhindert damit, dass übermäßig Beleg für diese Anerkennung. hohe Risiken entstehen. 15) Netting bezeichnet das Aufrechnen von Kauf- oder Verkaufspositionen über einen bestimmten Zeitraum, sodass Marktteilnehmer nur noch den Saldo ausgleichen müssen.
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