Grüne Infrastruktur Ruhr // - Regionalverband Ruhr
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Inhalt // Vorwort der Regionaldirektorin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 I. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6 II. Zum Begriff der Infrastruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 III. Grüne Infrastruktur – Ziele, Inhalte, Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8 3.1. Innovationsleistungen der Grünen Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.1 Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.2 Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.3 Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.4 Staatliche Fördermöglichkeiten für die Grüne Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 V. Metropole Ruhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5.1 Tradition der regionalen Landschaftsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.2 Auf dem Weg zur „Grünen Infrastruktur Ruhr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.2.1 Urbane Kulturlandschaft – Emscher Landschaftspark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 5.2.2 Wasser in der Stadt – Umbau des Emschersystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 5.2.3 Grüne Stadtentwicklung – naturbasierte Lösungen in Städten und Quartieren . . . 46 5.2.4 Emissionsneutrale Mobilität – regionales Radwegesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.2.5 Klimaschutz und Steigerung der Energieeffizienz – lokale und regionale Projekte. . .60 5.3 Grüne Dekade Ruhr 2017 – 2027 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 VI. Handlungsansätze in europäischen Städten und Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.1 Liverpool (UK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Inhalt // 6.2 Mailand (IT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 6.3 Milano – Lugano (IT und CH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.4 Sheffield (UK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.5 Vitoria-Gasteiz (ES) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 VII. Akteure der grünen Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Abbildungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. Titelseite: Ripshorstbrücke über den Rhein-Herne-Kanal / Oberhausen
Vorwort // Karola Geiß-Netthöfel Vorwort // Die Metropole Ruhr verfügt über eine lange wirtschaftliche und soziale Bedeutung grüner Tradition der regionalen Landschaftsentwick Infrastrukturen in das allgemeine Bewusstsein lung, die fast 100 Jahre zurückreicht. Der zu heben. Regionalverband Ruhr steht seit seiner Grün- dung im Jahr 1920 in dieser Tradition. Er trägt Wir freuen uns deshalb darüber, dass der Bund Verantwortung für den Erhalt und die Wei- Deutscher Landschaftsarchitekten seine Jah- terentwicklung des rund 460 Quadratkilome- restagung der Grünen Infrastruktur widmet ter umfassenden Emscher Landschaftsparks, und sie im Herzen der Metropole Ruhr durch- besitzt rund 16.000 ha Freiflächen, davon führt. Mit der vorliegenden Broschüre wollen 14.500 ha Wald. Er betreibt sieben Revier- und wir zum Gelingen dieser Fachtagung beitragen Freizeitparks. Zu seinen Liegenschaften zählen und zugleich einen Beitrag zur europaweiten auch 3.000 ha an Flächen in 55 Naturschutzge- Diskussion leisten. bieten. Grüne Infrastrukturen gehören zu den Kernaufgaben des Regionalverbandes. Wir verstehen die Diskussion auch als Ansporn für die Bewältigung von anstehenden Aufga- Über die Bereitstellung von Geo- und Klima ben in der Metropole Ruhr. Der Regionalverband daten unterstützt der RVR die Kommunen bei Ruhr wird das Thema Grüne Infrastruktur da- der Planung von Maßnahmen zur Anpassung her verstärkt in der Region diskutieren und die an den Klimawandel. Zugleich treibt der RVR Ergebnisse gemeinsam mit den Städten und die Entwicklung des regionalen Radwegenetzes Kreisen, den Planerinnen und Planern sowie voran. Der in Entstehung begriffene Radschnell- den Unternehmen umsetzen. weg Ruhr RS1 wird auf rund 100 Kilometern ins- gesamt zehn Städte miteinander verbinden. Urbane Kulturlandschaften, Gewässerentwick- lung, Stadtgrün, emissionsneutrale Mobilitäts- systeme und Naturschutz gehören zusammen. Diese Handlungsfelder ergänzen sich gegen- seitig. Die aus dem Zusammenwirken entste- henden Ergebnisse verbessern die Lebens- und Karola Geiß-Netthöfel Arbeitsbedingungen aller Menschen. Regionaldirektorin des Regionalverbandes Ruhr Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrück lich die Initiativen der Europäischen Union, des Bundes und der Landesregierung NRW zur Grünen Infrastruktur. Auch aus unserer Sicht ist es wichtig, die staatlichen Fördersysteme entsprechend anzupassen und die ökologische, Grüne Infrastruktur Ruhr // 5
I. Einleitung // I. Einleitung // Seit einigen Jahren weitet sich der Diskurs Als einer der größten Ballungsräume Europas über die Perspektiven von Landschaftsentwick verfügt die Metropole Ruhr über vielfältige lung und nachhaltiger Stadtentwicklung zu ei- Erfahrungen mit der Entwicklung regionaler ner Diskussion über die Entwicklung von „Grü- Strategien zur Sicherung, Vernetzung und er- nen Infrastrukturen“ aus. An dieser ursprünglich holungsbezogener Nutzbarmachung von Land von der EU-Kommission angestoßenen Debatte schaftsräumen. Anhand verschiedener Beispiele beteiligen sich in Deutschland die staatlichen zeigt die Studie den Stand der Umsetzung und Ebenen – zum Beispiel die Bundesregierung erläutert die anstehende Weiterentwicklung oder das Land Nordrhein-Westfalen – aber auch der regionalen Strategien in Richtung eines in- Wissenschaft, Umweltverbände und die Fach- tegrierten Ansatzes der „Grünen Infrastruktur verbände der Landschaftsarchitekten, des Gar- Ruhr“. ten-, Landschafts- und Sportstättenbaus oder der Gartenamtsleiter. Durch Beispiele aus verschiedenen europäi- schen Ländern wird zudem dargestellt, welche Die vorliegende Studie nimmt die Diskussions- Strategien Städte oder Ballungsräume außer- stränge auf und zeichnet verschiedene Ansätze halb Deutschlands bei der Konzeption und zur Begriffsdefinition und Erläuterung der Wir- Implementierung von grünen Infrastrukturen kungszusammenhänge nach. verfolgen. Abb. 2: Bergpark Lohberg / Dinslaken 6 Grüne Infrastruktur Ruhr //
II. Zum Begriff der Infrastruktur // II. Zum Begriff der Infrastruktur // Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt Einrichtungen der Erwachsenenbildung und in Städten oder urbanen Ballungsräumen – mit fördern neben der Berufsvorbereitung auch so- steigender Tendenz. Als elementare Vorausset ziale und kulturelle Kompetenzen. zung für das Zusammenleben in diesen Räu- men gelten funktionsfähige Infrastrukturen. Ein weiteres Merkmal von Infrastruktursyste- men besteht in ihrer permanenten und dau- Derartige Systeme werden gemeinhin definiert erhaften Verfügbarkeit. Damit kommt der Be- als „Grundausstattung einer Volkswirtschaft standssicherung die gleiche Bedeutung zu wie (eines Landes, einer Region) mit Einrichtungen, dem weiteren Ausbau der Systeme. Je größer die zum volkswirtschaftlichen Kapitalstock ge- die Netze von Straßen, Schienen oder Was- hören, die aber für die private Wirtschaftstätig- serwegen, je umfangreicher der Bestand an keit den Charakter von Vorleistungen haben.“1 Bildungseinrichtungen – desto größere Anteile der Investitionen sind zur Bestandserhaltung Die Gesamtheit der Infrastruktursysteme setzt und Pflege der Systeme erforderlich. sich aus materiellen, institutionellen und per- sonellen Faktoren zusammen. Unter materiel- Der daraus folgende Nutzen kommt allen Mit- ler Infrastruktur wird „...1. die Gesamtheit aller gliedern der Gesellschaft – von Einzelpersonen Anlagen, Ausrüstungen und Betriebsmittel in über Familien bis hin zu Unternehmern – zu einer Volkswirtschaft verstanden, die zur Ener- Gute und ist gekennzeichnet durch quantitative gieversorgung, Verkehrsbedienung und Tele- wie qualitative Dimensionen: Eine gute Wasser- kommunikation dienen; hinzu kommen 2. die versorgung sichert nicht nur den Transport der Bauten usw. zur Konservierung der natürlichen Flüssigkeit, sondern liefert gutes Trinkwasser für Ressourcen und Verkehrswege im weitesten alle. Sinne und 3. die Gebäude und Einrichtungen der staatlichen Verwaltung, des Erziehungs- Die Weiterentwicklung infrastruktureller Sys- und Forschungs- sowie des Gesundheits- und teme kann deshalb auch nur gelingen, wenn Fürsorgewesens“.² viele öffentliche und private Akteure an den entsprechenden nationalen oder regionalen Infrastrukturelle Systeme sind grundsätzlich Prozessen beteiligt werden. mehrdimensional; sie zeichnen sich aus durch in- haltliche Komplexität und gesamtgesellschaft liche Relevanz: Gut organisierte Verkehrssys- teme unterstützen nicht nur den Warenfluss, sondern bieten bedarfsgerechte Beförderungs- möglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen. Organisierte Bildungssysteme reichen von Kin- dertagesstätten bis hin zu Hochschulen und Grüne Infrastruktur Ruhr // 7
III. Grüne Infrastruktur – Ziele, Inhalte, Wirkungen // Mit der Veröffentlichung der Kommissions- nal und beeinflussen vielfältige Bereiche des mitteilung „Grüne Infrastruktur (GI) – Aufwer- öffentlichen Lebens. tung des europäischen Naturkapitals“ im Jahr 2013 hat die Europäische Union einen Pers- Dazu gehören nicht nur die Schaffung von pektivwechsel für die Beurteilung der gesamt- Naturräumen oder die Schaffung von Erholungs gesellschaftlichen Bedeutung von Natur und flächen, sondern zum Beispiel auch die nach- Landschaft eingeleitet. haltige Entwicklung von Gewässerläufen, die Abmilderung von Folgen des Klimawandels, das So heißt es in der Mitteilung: „Europa verschleißt Hochwassermanagement oder die Aufwertung sein Naturkapital, gefährdet seine langfristige von Wirtschaftsstandorten. Der Mehrdimensi- Nachhaltigkeit und schwächt seine Wider- onalität der grünen Infrastrukturen entspricht standskraft gegenüber Umweltbelastungen“.³ in vielen Fällen ihre enge Verzahnung mit den blauen Infrastrukturen der Flussgebiete. Es zeigt Und an anderer Stelle: „Die Besonderheit be- sich, dass der gesellschaftliche Nutzen grüner steht in der Mehrdimensionalität von Grüner Infrastrukturen viele Bereiche des öffentlichen Infrastruktur. Grüne Infrastruktur hat sich als Lebens beeinflusst und damit einem signifikan- natürliches Instrument zur Erwirtschaftung ten Merkmal gängiger – „grauer“ – Infrastruk- ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nut- tursysteme entspricht. zen bewährt. Sie hilft uns, den potentiellen Nutzen der Natur für die menschliche Gesell- schaft zu erkennen, und Investitionen zu mo- bilisieren, um dieses Potential zu erhalten und aufzuwerten“.4 Über den veränderten Blickwinkel wird deutlich, dass Natur und Landschaft als „Naturkapital“ ebenso zum volkswirtschaftlichen Grundstock gehören wie klassische Infrastruktursysteme – und wie diese entsprechender Maßnahmen zur Aufwertung und zur Bestandssicherung bedürfen. Die nachfolgende Grafik vermittelt einen um- fassenden Überblick zu den potenziellen Inter- ventionsbereichen der Grünen Infrastruktur. Die Wirkungen von natur- und landschafts bezogenen Maßnahmen sind mehrdimensio- 8 Grüne Infrastruktur Ruhr //
III. Grüne Infrastruktur – Ziele, Inhalte, Wirkungen // Klimawandel- anpassung & Milderung Hochwasser- Freizeit & schutz & Erholung Management landwirt Aufwertung schaftliche des Erzeugnisse Standortes Interventionen Grüner Gesundheit & Tourismus Infrastruktur Lebensqualität Wirtschafts- wachstum & Biodiversität Investment Steigerung von Produktivität Grundstücks- werten Abb. 3: Interventionen der Grünen Infrastruktur / nach ECOTEC & NEW 2008 Grüne Infrastruktur Ruhr // 9
III. Grüne Infrastruktur – Ziele, Inhalte, Wirkungen // In Deutschland beteiligen sich neben den sern, die alltägliche Lebensumwelt des Men- staatlichen Institutionen auch Verbände und schen zu qualifizieren sowie die Auswirkungen Wissenschaft intensiv an der Diskussion zu In- des Klimawandels zu begrenzen. (….) Häufig ist halten und Zielen der Grünen Infrastruktur. die Grüne Infrastruktur mittel- und langfristig eine kostengünstige und dauerhafte Alterna- So formuliert der Bund Deutscher Landschafts- tive zur grauen Infrastruktur – von der Natur architekten (bdla) wie folgt: „Grüne Infrastruk- inspirierte Umwelttechnologien sind weniger tur ist ein multifunktionales System, da es die energieintensiv und weniger anspruchsvoll in Fähigkeit besitzt, auf ein und derselben Fläche Bezug auf Unterhalt und Pflege als konventi- mehrere Funktionen zu erfüllen und somit onelle Lösungen und sind daher nachhaltiger unterschiedliche Nutzungsansprüche (z. B. Er- und effizienter. Grüne Infrastruktur leistet holung und Naturschutz) miteinander zu ver- einen wesentlichen Beitrag zur wirksamen einen. Grüne Infrastruktur dient als Werkzeug Durchführung aller Maßnahmen, wenn die zur Vernetzung von Freiraumelementen, zur angestrebten Ziele mit natürlichen Lösungen Stärkung von Ökosystemdienstleistungen in erreicht werden können.“6 urbanen und ländlichen Räumen und für eine nachhaltigere und ressourceneffizientere Ent- Die Mehrdimensionalität und Wirkungen grü- wicklung. Durch eine strategische Verknüp- ner Infrastrukturen in städtischen Gefügen fung entstehen außerdem neue Netzwerke beschreiben Ingo Kowarik, Robert Bartz und verschiedener Akteure und Beteiligte“.5 Miriam Brenck in ihrer Studie „Naturkapital Deutschland TEEB DE (2016) – Ökosystem- Der Dresdener Landschaftsarchitekt Till Reh- leistungen in der Stadt“.7 Die daraus entnom- waldt erweitert diese Definition in einem Bei- mene Grafik verdeutlicht insbesondere die trag für die Zeitschrift „Kommunalwirtschaft“ intensive Wechselwirkung von grünen Infra- wie folgt: „Das übergeordnete Ziel ist die Di- strukturen und Stadtplanung. versität und Resilienz der Umwelt zu verbes- STADTNATUR GESELLSCHAFTLICHE BEDEUTUNG naturnah und gestaltet privat und öffentlich ÖKOSYSTEMDIENST- NUTZEN WERTE Wälder, Gewässer, Acker, Grünland, Parks, Hausgärten, Kleingärten, Fried- LEISTUNGEN höfe, Straßenbegleitgrün, z. B. Temperaturregulation z. B. weniger Hitze- z. B. größeres begrünte Gebäude, Brachen u.v.a. stress, gesundheitliche Wohlbefinden, Belastung geringere Gesund- heitskosten BIOLOGISCHE VIELFALT Bestandteile, Strukturen, Prozesse, Funktionen Sozialer Kontext, Ethik, Recht, Ökonomie, Technik STADTENTWICKLUNG / PRIVATE UND ÖFFENTLICHE GRÜNE INFRASTRUKTUR ENTSCHEIDUNGEN Nutzung, Unterhaltung, Ausbau (Inwertsetzung von Ökosystemdienstleistungen) Abb. 5: Gesellschaftliche Bedeutung von Stadtnatur (Konzept der Ökosystemdienstleistungen) / nach TEEB DE 2016 Grüne Infrastruktur Ruhr // 11
Abb. 6: Am Phoenixsee / Dortmund 12 Grüne Infrastruktur Ruhr //
III. Grüne Infrastruktur – Ziele, Inhalte, Wirkungen // 3.1 Innovationsleistungen der Grünen Infrastruktur Grüne Infrastrukturen umfassen ein breites >> Grüne Infrastrukturen führen zu qualitativen Spektrum unterschiedlicher Räume. Sie rei- Verbesserungen für zentrale Lebensbereiche – chen von der Feuchtwiese bis zum regionalen von der Ernährung über die Aufenthaltsquali- Grüngürtel, vom baumumsäumten Spielplatz tät bis hin zum allgemeinen Wohlbefinden. im Stadtquartier bis zum weitläufigen Stadt- park, vom Bachlauf bis zur Flusslandschaft. >> Daraus folgt: Die Systemdienstleistungen grü- ner Infrastrukturen sind von Nutzen für alle Mit dem dargestellten Perspektivwechsel (vgl. gesellschaftlichen Gruppen. Kapitel 3) verbindet sich nicht nur eine neue Sicht auf die Bedeutung von Natur und Land- schaft, sondern auch ein veränderter Blick auf deren gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Zu den damit einhergehenden Innovationsleis- tungen der Grünen Infrastruktur gehören ins- besondere: >> Natur und Landschaft werden nicht länger nur als – passiv – gegen andere Ansprüche „zu schützende“ Güter, sondern als „Natur kapital“ und damit selbstverständlicher Teil des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks ver- standen. >> Damit verbindet sich implizit die Verpflich- tung zum Erhalt und zur Pflege der einschlä- gigen Systeme. >> Grüne Infrastrukturen tragen zur Verbesse- rung anderer Infrastruktursysteme bei. Dies gilt gleichermaßen für die ökonomische (z. B. durch Standortaufwertung oder Kostensen- kung bei Hochwasserschutz), die ökologi- sche (z. B. durch Minderung von Folgen des Klimawandels), die mobilitätsorientierte (z. B. durch die Verknüpfung mit Radwegen) und die soziale Dimension (z. B. durch die Schaf- fung von quartiersnahen Erholungs- und Freizeitflächen). >> Ziele und Maßnahmen der Grünen Infra- struktur sind also anschlussfähig an die Sys- temleistungen im Bereich der „grauen“ Infra- struktur. Grüne Infrastruktur Ruhr // 13
Abb. 7: Grimberg Sichel / Gelsenkirchen 14 Grüne Infrastruktur Ruhr //
IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen // Grüne Infrastruktur Ruhr // 15
IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen // Im Dialog mit Fachverbänden, Wissenschaft zeichnet. Der abschließende Teil dieses Kapitels und gesellschaftlichen Akteuren haben staat reflektiert die vorhandenen Fördermöglichkeiten liche Institutionen in den letzten Jahren grund- und spiegelt diese auf die mehrdimensionalen legende Analysen, Handlungsempfehlungen Anforderungen bei der Entwicklung grüner In und Angebote zur Mitfinanzierung grüner In frastrukturen. frastrukturen erarbeitet. In den folgenden Abschnitten werden diese Ent- wicklungen auf der Ebene der EU, des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen nachge- 4.1 Europa Aus der Sicht der Europäischen Kommission seine Widerstandskraft gegenüber Umwelt- sind grüne Infrastrukturen ein wesentliches belastungen. Wie schon im Fahrplan für ein Element der Strategie „Europa 2020“ und der ressourcenschonendes Europa hervorgehoben, dort formulierten Ziele des „intelligenten, müssen wir beginnen, unser Naturkapital zu nachhaltigen und integrativen“ Wachstums. schützen und Ökosystemdienstleistungen ei- nen echten Wert zuordnen, wenn der Fahrplan In der Stellungnahme der Kommission zur für intelligentes, nachhaltiges und integratives Mitteilung COM (2013) 249 final „Grüne Infra- Wachstum, das in der Strategie „Europa 2020“ struktur (GI) – Aufwertung des europäischen zum prioritären Ziel für die EU erklärt wurde, Naturkapitals“ an das Europäische Parlament, eingehalten werden soll.“8 den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regio- Die ökologische und wirtschaftliche Bedeu- nen wird dazu ausgeführt: „Europa verschleißt tung von grünen Infrastrukturen wird darin somit weiterhin sein Naturkapital, gefährdet wie folgt erläutert: seine langfristige Nachhaltigkeit und schwächt 16 Grüne Infrastruktur Ruhr //
IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen // „Grüne Infrastruktur bietet vor allem eine in- Innovation zusammen. Über 60 % der Bevöl- telligente und ganzheitliche Lösung für die kerung in Europa leben in städtisch gepräg- Eine Bewirtschaftung unseres Naturkapitals. Nur ten Räumen. Deshalb hält die EU-Kommission Grüne Infrastruktur allzu häufig versuchen wir aktuelle Probleme Grüne Infrastruktur-Lösungen in Städten für für Europa nach einem sehr einseitigen Ansatz zu lösen besonders bedeutsam: und lassen die komplexen Wechselbeziehun- Umwelt gen zwischen den wichtigsten Arten der Land- „Grüne Infrastruktur in Städten bringt gesund- nutzung wie Siedlungswesen, Landwirtschaft, heitliche Vorteile wie saubere Luft und sau- Abb. 8: Eine Grüne Verkehr und Biodiversität größtenteils außer bereres Wasser. Gesunde Ökosysteme hem- Infrastruktur für Europa / Acht. Grüne Infrastruktur fordert dynamische, men auch die Verbreitung vektorübertragener EU Kommission 2014 vorausschauende Lösungen, die es uns er- Krankheiten. Grüne Infrastruktur in Stadtge- möglichen, vielfältige und oft miteinander kon- bieten fördert den Gemeinschaftssinn und die kurrierende Flächenbewirtschaftungsprobleme freiwillige Mitarbeit der Zivilgesellschaft, sie auf räumlich kohärente Weise zu lösen und hilft aber auch, die soziale Ausgrenzung und gleichzeitig vielfältige positive Nebeneffekte Isolierung zu bekämpfen. Sie ist ein physischer, und Win-win-Lösungen zu erzielen. Und schließ- psychologischer, emotionaler und sozioöko- lich werden durch Investitionen in Grüne Inf- nomischer Faktor für das Wohlbefinden des rastruktur hoch- und weniger qualifizierte Ar- Einzelnen wie auch der Gemeinschaft. Grüne beitsplätze geschaffen – bei der Planung, der Infrastruktur schafft Möglichkeiten zur Ver- Umsetzung und der Realisierung von GI-Ele- knüpfung von Stadt und Land, aber auch at- menten ebenso wie bei der Wiederherstel- traktiven Wohn- und Arbeitsraum“.12 lung und Erhaltung städtischer und ländlicher Ökosysteme.“ 9 Die Implementierung von grünen Infrastruktu- ren wird von Seiten der EU über die einschlägigen Finanzierungsinstrumente unterstützt – z. B. aus dem Europäischen Fonds für regionale Ent- wicklung oder über das Forschungsprogramm Horizon 2020. In einer Stellungnahme des Wirt- schafts- und Sozialausschusses im Europäi- schen Parlament heißt es dazu: „Darüber hinaus haben die EU-Finanzierungsins- trumente erheblichen Einfluss auf die regionale und lokale Planung. Aus diesem Grund muss die Integration des Konzeptes der Grünen In- frastruktur in diese Finanzierungsinstrumente eine besonders hohe Priorität haben“.10 In den „technischen Informationen zur Grü- nen Infrastruktur“11 wird schematisch darge- stellt, wie die Unterstützungsmaßnahmen der EU-Kommission aussehen sollen. Zur Umset- zung der konzeptionellen Ansätze in poten- zielle Fördermaßnahmen arbeiten die drei Ge- neraldirektionen für Umwelt, Regionalpolitik und Stadtentwicklung sowie Forschung und Grüne Infrastruktur Ruhr // 17
Aktionen der EU Ebene Integration in EU-Politikbereiche und Umsetzung Integration in Finanzierungsmechanismen der EU und Zugang zu alternativen Finanzierungs- instrumenten Forschung zum Nutzwert von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen EU Zusammenstellung von GI-Initiativen – Untersuchung der Auswirkungen und Kosten- Nutzen-Analysen Strategieziele und Indikatoren Kommunikation, Beteiligung und Fortbildung Einstellung und Förderung von Rahmen- bedingungen für die Umsetzung von GI und von Zielen für eine bessere Kohärenz auf EU-Ebene Verbreitung von Beispielen vorbildlicher Um- setzung, Erfahrungsaustausch und Erstellung national von Leitfäden Kommunikation und Ausbildung Förderung der Beteiligung von Interessen- gruppen Förderung von unter-regionaler und regionaler GI Beratung zur Förderung von GI durch EU- geförderte operationelle Programme inter-regional / Verbreitung von Beispielen vorbildlicher Um- regional setzung, Erfahrungsaustausch und Erstellung von Leitfäden Finanzierung zielgerichteter lokaler Projekte lokal Abb. 9: Grüne Infrastruktur auf allen europäischen Ebenen / DG Umwelt EU Kommission 2013 18 Grüne Infrastruktur Ruhr //
IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen // 4.2 Deutschland Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung > Grüne Infrastruktur ist auch für urbane aus dem Jahr 2013 wird ausgeführt: Räume essentiell. Sie stellt die Gesamtheit und Vernetzung aller städtischen Grünflä- „Der Schutz und die Bewahrung der natürlichen chen dar. Die Ausstattung der Städte mit Schöpfung erhält unsere elementare Lebens- Grün ist neben der gebauten Infrastruktur, grundlage und ist Teil unserer Verantwortung Verkehrs- sowie Ver- und Entsorgungsinfra- für künftige Generationen. struktur für die Stadtbewohner Teil kommu- naler Grundversorgung. Städte haben und (….) Für uns ist die Förderung einer nachhalti- brauchen Grüne Infrastruktur (…). gen Entwicklung grundlegendes Ziel und Maß- Abb. 10: Grünbuch Grün stab des Regierungshandelns.“13 > Grüne Infrastruktur ist ein Beitrag zur Verbes- in der Stadt / BMUB 2015 serung der Resilienz der Städte, insbesondere Auch in Deutschland leben mehr als 60 % der gegenüber Umwelt-, Klima- und Gesundheits- Bevölkerung in Städten mit mehr als 20.000 risiken.“16 Einwohnern. Mit dem Grünbuch wurde ein integrierter, in- Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministe- terdisziplinärer Dialog über den Stellenwert von rium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor- Grün- und Freiflächen angestoßen. In einem sicherheit in Zusammenarbeit mit dem Bundes- nächsten Schritt erarbeitet das Bundesum- ministerium für Ernährung und Landwirtschaft weltministerium derzeit ein „Weißbuch“ zum im Jahr 2015 ein „Grünbuch“ zum Thema „Grün Thema „Grün in der Stadt“ mit konkreten Hand- in der Stadt – für eine lebenswerte Zukunft“14 lungsempfehlungen und Umsetzungsmöglich- veröffentlicht, in dem ressortübergreifend der keiten für eine grüne Infrastruktur. aktuelle Wissensstand zum urbanen Grün zu- sammengefasst und die Handlungsmöglichkei- Der Weißbuchprozess wird durch Forschungs- ten von Bund, Ländern und Gemeinden darge- vorhaben flankiert und im Dialog mit Fachver- stellt werden. Umweltministerin Barbara Hen- bänden und Wissenschaft entwickelt. Die Ver- dricks schreibt dazu in ihrem Vorwort: „Da im- öffentlichung des Weißbuchs ist für Mai 2017 mer mehr Menschen in unseren Städten leben vorgesehen. wollen und leben werden, nimmt die Bedeutung einer „Grünen Infrastruktur“ zu. Sie steigert die Wohnqualität, fördert Freizeit, Sport und Erho- lung und kann damit den sozialen Zusammen- halt und die gesellschaftliche Teilhabe stärken“.15 Das Grünbuch fasst Argumente für „urbanes Grün als Lebensgrundlage und als Ressource für Mensch und Umwelt“ zusammen und be- tont ausdrücklich die Werthaltigkeit grüner In- frastrukturen: > „Eine Grüne Infrastruktur leistet direkte und indirekte Beiträge zur Wertschöpfung in Kommunen (…), Grüne Infrastruktur Ruhr // 19
4.3 Nordrhein-Westfalen Ministerium für Bauen, Wohnen, Das nordrhein-westfälische Ministerium für Das Umweltministerium des Landes Nord- Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Ver- rhein-Westfalen hat im August 2016 den Wett- kehr hat bereits 2012 eine wissenschaftliche bewerbsaufruf „Grüne Infrastruktur NRW“19 Studie zum Thema „Urbanes Grün in der inte- veröffentlicht. Entsprechende Vorhaben sol- Urbanes Grün in der integrierten Stadtentwicklung Strategien, Projekte, Instrumente grierten Stadtentwicklung“17 vorgelegt. len in einem zweistufigen Verfahren bis zum Sommer 2017 ausgewählt und in der Fol- Die Studie beschreibt die Mehrdimensiona- gezeit im Wesentlichen mit Hilfe von Mit- lität grüner Infrastrukturen: „Urbanes Grün teln aus dem Europäischen Fonds für regio- erfüllt vielfältige Funktionen, die sich vier gro- nale Entwicklung (EFRE) umgesetzt werden. www.mbwsv.nrw.de Abb. 11: Urbanes Grün ßen Bereichen zuordnen lassen: Gesellschaft, Die Projektvorschläge sollen im Rahmen von in der Stadtentwicklung / Wirtschaft, Ökologie und Klima sowie Ästhetik integrierten Handlungskonzepten durch „einen MBWSV 2012 und Baukultur“ und vermittelt eine Vorstellung strategischen, ganzheitlichen Planungsansatz für das Stadtgrün der Zukunft: „Stadtbäume, die multifunktionale Vernetzung von Grün- Freiräume und neue Stadtlandschaften tragen und Freiflächen (auch Wasserflächen) über dazu bei, dass unsere Städte ‚atmen‘ können mehrere Einzelmaßnahmen im jeweiligen Ge- und Stadträume (neu) in Wert gesetzt werden. biet stärken.“20 Kleingärten und Bürgergärten verbessern den sozialen Zusammenhalt in den Stadtquartieren. Zum grundsätzlichen Verständnis der Grü- Urbanes Grün – Konzepte und Instrumente Leitfaden für Planerinnen und Planer Attraktive Wohnungsangebote und Büros ent- nen Infrastruktur wird im Aufruf ausgeführt: stehen insbesondere dort, wo ein qualitäts- „Grüne Infrastruktur (GI) ist ein strategisch ge- volles grünes Umfeld möglich ist. Bürgerzu- plantes, multifunktionales Netzwerk von natür- friedenheit hängt mit Erreichbarkeit, Größe, lichen und naturnahen Flächen einschließlich Ausstattung und Pflege des städtischen Grüns der Gewässer. Es ist in der Lage, über gesunde www.mbwsv.nrw.de Abb. 12: Urbanes Grün – eng zusammen.“ Ökosysteme ein breites Spektrum an Ökosys- Konzepte und Instru- temleistungen für die Gesellschaft (z. B. Küh- mente / MBWSV 2014 Im Jahr 2014 folgte ein Leitfaden „Urbanes lung der Innenstädte, Verbesserung der Luft- Grün – Konzepte und Instrumente“ mit elf qualität, Vorsorge für Starkregenereignisse, konkret beschriebenen Handlungsfeldern für Hochwasserschutz über Retentionsflächen, als die Kommunen. Unter der Überschrift „Die Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten, Natur- Städte zukunftsfähig machen“ schreibt Mi- erlebnis und -bildung, biologische Vielfalt) be- nister Michael Groschek in seinem Vorwort: reitzustellen. Das Konzept der GI unterscheidet „Diese „Grüne Infrastruktur“ ist das Kapital je- sich von der bisherigen Grün- und Freiraum- der Stadt und jedes Quartiers und trägt zu öko- planung und geht über diese hinaus, indem es logisch-klimatischem Ausgleich, zur Naherho- wichtige Themen in einem flexiblen Planungs- lung, Gesundheit, zur Schönheit der Stadt und ansatz strategisch integriert betrachtet und so zur Wertsteigerung bei.“18 Naturschutz mit Siedlungsflächenentwicklung, Anpassung an den Klimawandel, Wachstums- Abb. 13: Aufruf Grüne Die Bandbreite der Handlungsempfehlungen politik und graue Infrastruktur gemeinsam Infrastruktur NRW / im Leitfaden – von lebenswerten Stadtquartie- denkt.“21 MKULNV 2016 ren über Innenstadtverdichtung und Biodiver- sität bis hin zum Thema „gesunde Stadt“ und der Einbeziehung von Verkehrsräumen – doku- mentiert die Anschlussfähigkeit grüner Infra- strukturen an „graue“ Infrastrukturnetze. 20 Grüne Infrastruktur Ruhr //
IV. Programmatische Ansätze auf den staatlichen Ebenen // 4.4 Staatliche Fördermöglichkeiten für die Grüne Infrastruktur In vielen Städten und Ballungsräumen ist Vielmehr ist festzustellen, dass die Kommunen die Umsetzung von Strategien zur Schaffung zwar gehalten sind, in verstärktem Maße inte- grüner Infrastrukturen nur über staatliche grierte Handlungskonzepte – zum Beispiel für Finanzhilfen möglich. grüne Infrastrukturen – zu entwickeln, wegen der einschlägigen Förderbestimmungen in EU-, Grundsätzlich stellen alle staatlichen Ebenen Bundes- oder Landesprogrammen jedoch kei- dafür entsprechende Förderangebote zur Ver- neswegs auf eine darauf fußende integrierte fügung. Auf Seiten der EU kommen dafür ins- Unterstützung zählen können. besondere Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem For- So müssen etwa für Projekte, die neben städte- schungsprogramm „Horizon 2020“ in Betracht. baulichen Maßnahmen auch technologieorien Die Bundesregierung stellt entsprechende Mit- tierte Bausteine zur Steigerung der Energie tel aus der allgemeinen Städtebauförderung effizienz, Module zur Landschaftsentwicklung und für die Projekte der „nationalen Stadtent- und Maßnahmen zur Optimierung der Mobili- wicklungspolitik“ sowie zur wissenschaftlichen tät enthalten, mindestens vier verschiedene Begleitforschung zur Verfügung. Programme in Anspruch genommen werden. Hinzu kommt, dass insbesondere Förderpro In Nordrhein-Westfalen gibt es eine gute Tra- gramme mit EU-Mitteln nahezu ausschließ- dition der finanziellen Unterstützung von kom- lich über zeitlich versetzte Wettbewerbsver- munalen Projekten, die auf eine integrierte fahren abzuwickeln sind. Damit werden die Umsetzung von städtebaulichen, sozialen, land Umsetzung integrierter Vorhaben auf kom- schaftsbezogenen und wirtschaftsorientierten munaler Seite und auch die projektorientierte Maßnahmen zielen. In vielen Fällen erfolgt die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Privat- Finanzierung aus einer Kombination von Lan- wirtschaft erheblich erschwert. desmitteln und kommunalen Eigenanteilen mit Bundes- oder EU-Mitteln. Für die besonderen ökologischen Herausforde- rungen in der Metropole Ruhr stand überdies von 1991 bis zum Jahr 2015 mit dem „Ökolo- gieprogramm Emscher-Lippe“ ein besonderes Programm zur Verfügung, das – gespeist aus anteiligen EU-Mitteln – mit Maßnahmen der Städtebau- oder Wirtschaftsförderung kom- binierbar war. Die in den vorstehenden Kapiteln beschrie- bene programmatische Neuorientierung auf den staatlichen Ebenen – hin zu einem neuen, integrierten Verständnis von Infrastruktursys- temen – spiegelt sich jedoch bislang nicht in integrierten Förderangeboten wider. Grüne Infrastruktur Ruhr // 21
Abb. 14: Halde Hoheward / Herten 22 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Grüne Infrastruktur Ruhr // 23
V. Metropole Ruhr // In der Metropole Ruhr arbeiten alle Städte Über die Zusammenführung dieser Hand und Kreise, der Regionalverband Ruhr (RVR), die lungsfelder formt sich das Gesamtbild einer Emschergenossenschaft und der Lippeverband, „Grünen Infrastruktur Ruhr“. Der Prozess des Unternehmen des Bergbaus und der Energie- Zusammenwachsens und der Umsetzung kon- versorgung, wissenschaftliche Institutionen kreter Maßnahmen wird in den nächsten Jah- und zahlreiche weitere Akteure an einem regi- ren begleitet durch eine Reihe überregional onalen System der nachhaltigen Landschafts- wahrnehmbarer Ereignisse. Diese Ereignisse entwicklung, das sich räumlich bis in die Stadt- umfassen die Jahre 2017 bis 2027 und bilden in teile und Innenstädte erstreckt. ihrer Gesamtheit die „Grüne Dekade Ruhr“. Die vielfältigen, bereits realisierten Maßnahmen Die nachfolgenden Kapitel zeichnen die histo- haben in der gesamten Region zu einer erhebli- rische Entwicklung nach, beschreiben in the- chen Steigerung der Umwelt- und Lebensquali- matischer Gliederung laufende und künftige tät entlang der Flüsse Emscher, Lippe, Rhein und Projekte und erläutern die Handlungsfelder der Ruhr, in Stadtzentren und Stadtteilen geführt. Grünen Infrastruktur Ruhr. Den Abschluss bil- Über die Summe der Maßnahmen ist – durch Ar- det ein Ausblick auf die Grüne Dekade Ruhr von beitspraxis quasi „by doing“ – ein breites Netz- 2017 bis 2027. werk grüner Infrastrukturen entstanden. Das Land Nordrhein-Westfalen, der Bund und die Europäische Union haben viele der Projekte mit erheblichen Mitteln unterstützt. Angeregt durch die wachsenden Herausforde rungen bei der Bewältigung von Folgen des Klimawandels, Vorarbeiten für den künftigen Regionalplan Ruhr und Überlegungen zur wei- teren Ausgestaltung der regionalen Grünsys- teme wird aktuell eine Diskussion zur systema- tischen Zusammenführung von Aktivitäten in den Bereichen >> Urbane Kulturlandschaft >> Wasser in der Stadt >> Grüne Stadtentwicklung >> Emissionsneutrale Mobilität >> Klimaschutz und Steigerung der Energieeffizienz geführt. 24 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // 5.1 Tradition der regionalen Landschaftsentwicklung Die Metropole Ruhr blickt auf eine lange Tra- „Die Infrastrukturqualität der Zukunft wird dition von regional angelegten Grünsystemen die Landschaft sein […] Nicht irgendeine Land- zurück. schaft, sondern eine ökologisch intakte und ästhetisch befriedigende, eine gestaltete Land- Robert Schmidt, der spätere Gründer und Direk- schaft, eine sich fortwährend ändernde Land- tor des „Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk schaft“.23 (SVR)“ schrieb im Jahr 1912: „ Auf Einladung [...] traten am 29. November 1910 [...] die Herren Ver- Das Parkgebiet umfasste insgesamt 320 km². treter der Stadt und Landkreise [...] zusammen, Von 1990 bis zum Abschluss der IBA Emscher um die Frage eines Nationalparks für den rhei- Park im Jahr 1999 engagierten sich die beteilig- Abb. 15: Denkschrift nischwestfälischen Industriebezirk vertraulich ten Kommunen, der damalige Kommunalver- Robert Schmidt / 1912 und unverbindlich zu besprechen. Der Begriff band Ruhrgebiet und große Grundstückseigen- Nationalpark wurde dabei dahingehend festge- tümer wie der Bergbau über sieben „Regionale legt, daß kein abseits liegender Park gemeint sei, Grünzüge“ hinweg bei der Realisierung von sondern ein Wiesen- und Waldgürtel, von allen rund 100 Projekten. Mit dem „Emscher Park Gemeinden leicht erreichbar, der den Bezirk in Radweg“ wurde seinerzeit auch das Funda- möglichst zusammenhängenden Zügen durch- ment für die regionalen Radwegesysteme in zieht. [...] Aus der Bearbeitung des Stoffes ergab der Metropole Ruhr gelegt. sich mit zwingender Notwendigkeit, daß über die ursprünglich gestellte Aufgabe hinausgegan- Flankiert wurde das Heranwachsen des Em- Abb. 16: Memorandum gen und die Lösung der Siedelungsfrage für den scher Landschaftsparks durch Entwicklungs- IBA Emscher Park / ganzen Bezirk angestrebt werden muß, wenn projekte auf Industriebrachen („Arbeiten im MSWV 1998 Irrwege in Zukunft vermieden werden sollen.“22 Park“) und dem Beginn der Umgestaltung des Emschersystems. Im Gebietsentwicklungsplan „GEP66“ des SVR wurden rund 50 Jahre später erstmals Freiraum- Unter der Regie der landeseigenen Projekt Ruhr strukturen in Form „Regionaler Grünzüge“ recht- GmbH entstand in den Jahren 2001 bis 2006 lich gesichert. Ziele waren die Erhaltung und der „Masterplan Emscher Landschaftspark Entwicklung der zusammenhängenden Grün 2010“. Die beteiligten Städte verständigten flächen und die Verhinderung des Zusammen- sich auf eine Erweiterung der Grundfläche – sie wachsens der einzelnen Städte. In den 1970er umfasst seither 457 km².24 Jahren folgte die Einrichtung der fünf großen Revierparks zwischen Dortmund und Duisburg Bis zum Jahr 2016 wurden im Emscher Land- Abb. 17: Masterplan ELP sowie die Einrichtung der Freizeitzentren im schaftspark insgesamt 406 Maßnahmen reali- 2010 Rhein- und im Ruhrtal. siert – zum großen Teil mitfinanziert aus dem landeseigenen „Ökologieprogramm Emscher- Im Jahr 1988 war die IBA Emscher-Park GmbH Lippe“. Initiatorin der ersten Machbarkeitsstudie für einen „Emscher Landschaftspark“, der im Kern- Um den Erhalt des Emscher Landschaftsparks zu gebiet der Region entlang der Emscher von sichern, schlossen das Land Nordrhein-Westfalen Dortmund bis nach Duisburg entwickelt wer- und der Regionalverband Ruhr im Jahr 2006 ei- den sollte. Prof. Karl Ganser, der damalige Ge- nen „Pflegevertrag“25 mit zehnjähriger Laufzeit. schäftsführer der IBA, schrieb im Jahr 1991 zur Über die Neufassung des RVR-Gesetzes im Jahr Erläuterung dieses Parkmodells: 200726 wurde dem Verband formell die dauer- Grüne Infrastruktur Ruhr // 25
hafte Aufgabe des Aufbaus und der Pflege des von Stadt- und Landschaftsräumen entlang des Emscher Landschaftsparks übertragen. Flusses. Dazu wurde im Jahr 2014 eine Kooperati- onsvereinbarung27 geschlossen, an der sich auch Parallel zu dieser Entwicklung trieben die die Landesministerien für Stadtentwicklung und Städte großflächige Entwicklungsprojekte an Umwelt beteiligten. den Schnittstellen von Stadtentwicklung und der Umgestaltung des Emschersystems vo- Die nächste Stufe der Weiterentwicklung des ran. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Neu- Emscher Landschaftsparks leitete in den Jah- nutzung der Phoenix-Flächen in Dortmund. ren 2010 bis 2014 der RVR mit dem Konzept „Emscher Landschaftspark 2020+“28 ein. Die Im gleichen Zeitraum wurden auch großräu- Erarbeitung erfolgte im Dialog mit den 20 be- mige Vorhaben der Landschaftsgestaltung teiligten Städten und zwei Kreisen sowie den außerhalb des Emscher Landschaftsparks reali- sieben interkommunalen Arbeitsgemeinschaf- siert. Dazu gehört zum Beispiel der bundesweit ten für die regionalen Grünzüge. Auf dieser bekannte Ruhrtalradweg im Süden der Region. Grundlage laufen derzeit die Verhandlungen der Region mit dem Land Nordrhein-Westfalen Auch entlang der nördlich gelegenen Lippe arbei- für eine Neuauflage des Pflegevertrags für die teten nun die Städte und Kreise gemeinsam mit nächsten zehn Jahre. dem Lippeverband an Projekten zur Gestaltung Abb. 18: Freiraumkonzept Metropole Ruhr – Netzplan (Entwurf) / RVR 2016 26 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // 5.2 Auf dem Weg zur Grünen Infrastruktur Ruhr Die „Grüne Infrastruktur Ruhr“ ist ein integrier- und Energieeffizienz tragen in Stadtquartieren ter Ansatz der Regionalentwicklung, der gemein- und der gesamten Region zur Verbesserung der schaftlich von den Städten und Kreisen, dem Umwelt- und Lebensbedingungen bei. RVR, der Emschergenossenschaft und dem Lip- peverband sowie vielen weiteren Akteuren aus- Das gesamte Netzwerk der Grünen Infrastruktur gestaltet wird. Die Grüne Infrastruktur versteht wächst zusammen und entwickelt sich damit zu sich als Plattform für gemeinsames Handeln einem selbstverständlichen Teil des volkswirt- und überführt die grundsätzliche Diskussion zu schaftlichen Kapitalstocks der Metropole Ruhr. diesem Thema in eine operative Dimension. Durch die Verschiedenartigkeit der Maßnah- Ausgehend von den bislang erzielten Erfolgen men entstehen mehrdimensionale ökologische, arbeiten die Akteure der Region zusammen, ökonomische und soziale Wirkungen. definieren räumliche Schwerpunkte, verein- baren Organisationsmodelle und realisieren Über die Systemleistung aller fünf Schichten Projekte. Die inhaltliche Basis bilden fünf wird die Anschlussfähigkeit an lokale wie re- Handlungsfelder zum Ausbau grüner Infra- gionale technische und soziale Infrastrukturen strukturen in der Metropole Ruhr: hergestellt. >> Die urbane Kulturlandschaft mit dem Emscher Damit wird zugleich deutlich, dass dem Betrieb Landschaftspark als Herzstück, und Erhalt der Grünen Infrastruktur die gleiche Wertigkeit zukommt wie den grauen Infra- >> das Wasser in der Stadt mit dem Umbau des struktursystemen. Emschersystems als Rückgrat, >> die grüne Stadtentwicklung mit naturbasier- Klimaschutz & Steigerung der Energieeffizienz – lokale & regionale Projekte ten Lösungen in Städten und Quartieren, Emmissionsneutrale Mobilität – >> die emissionsneutrale Mobilität mit dem regionales Radwegesystem regionalen Radwegesystem, 5 Grüne Standtentwicklung – naturbasierte Lösungen in Städten & Quartieren >> und der nachhaltige Klimaschutz im Verbund Wasser in der Stadt – 4 mit der Steigerung der Energieeffizienz. Umbau des Emschersystems Die fünf Handlungsfelder sind inhaltlich aufein- Urbane Kulturlandschaft – 3 Emscher Landschaftspark ander bezogen und ergänzen sich wechselseitig. 2 Die Flächen des Emscher Landschaftsparks und der Umbau des Emschersystems (Fluss und Bä- 1 che) sind vielerorts räumlich miteinander ver- bunden. Der Emscher Landschaftspark und die Abb. 19: Handlungsfelder der Grünen Infrastruktur Ruhr Gewässersysteme reichen in die Städte und Quartiere hinein und fügen sich an Maßnahmen der grünen Stadtentwicklung an. Die Radwe- gesysteme verbinden Stadträume, freie Land- schaften und Gewässer. Die Projekte der Klima- Grüne Infrastruktur Ruhr // 27
Abb. 20: Rheinpark / Duisburg 28 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Grüne Infrastruktur Ruhr // 29
5.2.1 Urbane Kulturlandschaft – Emscher Landschaftspark Mit dem Emscher Landschaftspark (ELP) und spiegelt sich in der Vielgestaltigkeit der nutzt das Ruhrgebiet den wirtschaftlichen kommunalen Einzelprojekte. Strukturwandel für den Aufbau einer regiona- len Grünen Infrastruktur. Heute gehören völlig Aktuell erstreckt sich der Emscher Landschafts- neue Bilder und Angebote der urbanen Natur- park auf 457 km². Im Rahmen der sieben „regio- begegnung zu den Alleinstellungsmerkmalen nalen Grünzüge“ arbeiten 20 Städte, zwei Kreise, einer sich nachhaltig wandelnden Metropole. die Emschergenossenschaft und der Lippever- band sowie der Regionalverband Ruhr zusam- Eine Vielzahl ehemaliger Kohle- und Stahlstand- men. Im Einzugsbereich des Parks leben rund 2,6 orte hat sich seit 1990 in neuartige Parkanlagen Mio. Menschen. gewandelt; ehemalige Bergehalden sind zu Landmarken geworden. Ein funktionsfähiges Netz umgebauter Industriebahntrassen ver- vollständigt die regionale Parkinfrastruktur. Beteiligte am Emscher Landschaftspark: Viele weitere Flächen dienen der Biotopver- bindung sowie dem Landschafts- und Natur- Die Städte Duisburg, Oberhausen, Mülheim an schutz. der Ruhr, Bottrop, Gladbeck, Essen, Gelsenkir- chen, Herten, Herne, Bochum, Recklinghausen, Der ELP wurde von Beginn an als kooperatives Castrop-Rauxel, Waltrop, Dortmund, Lünen, Gesamtsystem ausgelegt, dessen ökologische, Werne, Bergkamen, Kamen, Bönen und Holz- soziale und kulturelle Bedeutung mit jeder In- wickede; die Kreise Recklinghausen und Unna; vestition, mit jedem fertiggestellten Biotop die Emschergenossenschaft und der Lippever- verbund, Parkelement und Wegeabschnitt band; der Regionalverband Ruhr. wächst. Die Dezentralität hat sich bewährt Abb. 21: Landschaftspark Duisburg-Nord / Duisburg 30 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Derzeit gibt es 116 Parkwege mit einer Gesamt- Im „Evaluierungsbericht 2014 – Trägerschaft für länge von 516 km. Entlang der Wege befinden den Emscher Landschaftspark“29 hat der RVR sich 37 besondere Landmarken, die vorwiegend die Erfahrungen mit der Pflege des Emscher auf ehemaligen Bergbauhalden errichtet wur- Landschaftsparks und die Diskussion zu den den. Insgesamt 72 landwirtschaftliche Betriebe Parkperspektiven – nach intensiven Beratungen sind daran beteiligt, besondere Bauernhofer- mit den Städten und Kreisen sowie den inter- lebnisse zu schaffen. kommunalen Arbeitsgemeinschaften für die Regionalen Grünzüge – unter der Überschrift Der Emscher Landschaftspark wird regional „Handlungsprogramm ELP 2020+“30 zusammen- und interkommunal vom Regionalverband Ruhr gefasst. (RVR) moderiert und vor Ort von den 20 Städ- ten, den zwei Kreisen, der Emschergenossen- Ein wichtiger Bestandteil des Handlungspro- schaft sowie dem Lippeverband und vom RVR – gramm ELP 2020+ sind thematische, räumliche Projekt für Projekt – Trasse für Trasse – realisiert und organisatorische Leitlinien für die weitere und gepflegt. Entwicklung. Abb. 22: Emscher Landschaftspark und seine Regionalen Grünzüge A bis G Grüne Infrastruktur Ruhr // 31
Zu den thematischen Leitlinien gehören >> Neues Emschertal Bottrop-Essen >> Projektinitiative Emscherland (Herten, Herne, >> Klimaschutz und Klimaanpassung, Recklinghausen, Castrop-Rauxel) >> Biodiversität und Industrienatur, >> Weiterentwicklung Landschaftspark Hoheward >> Urbane Landwirtschaft, im Raum Herten >> Urbane Waldnutzung, >> Wasserstraßenkreuz (Rhein-Herne-Kanal und >> Grüne Infrastruktur für Freizeit, Erholung, Emscher) in Castrop-Rauxel Sport und Servicequalität, >> Urbane Landwirtschaft (Grünzug F / Castrop- >> Wirtschaftskraft des Parks für den Struktur- Rauxel, Waltrop, Bochum, Dortmund) wandel. >> Weiterentwicklung Seepark Lünen >> Halde Großes Holz – Wasserstadt Aden in Die räumlichen Leitlinien orientieren sich auf Bergkamen >> Integrierte Stadtentwicklung, >> Freiraumnetz und Lebensqualität, >> Räumlicher Schwerpunkt Städtelandschaft, >> Räumlicher Schwerpunkt Neues Emschertal und Seseketal. Wesentliche organisatorische Leitlinien sind >> Regionales Parkmanagement, >> Parkpflege und Qualitätssicherung, >> Teilhabe gestalten – der Park für alle Men- schen. Auf dieser Grundlage sollen in den nächsten Jahren weitere Projekte auf den Weg gebracht werden, die in Zusammenarbeit mit den Kom- munen, der Emschergenossenschaft und dem Lippeverband, der Ruhrkohle AG und weiteren Akteuren realisiert werden sollen. Alle aufge- führten Projektbeispiele schließen räumlich an bereits entwickelte Freiräume bzw. Gewässer- systeme an oder tragen zur Verknüpfung der- artiger Räume bei: >> Rheinpark in Duisburg >> Emscherdelta in Dinslaken und Voerde >> Haldenlandschaft Lohberg in Dinslaken >> Rheinische Bahn (Essen / Mülheim an der Ruhr) als Teil des Radschnellweg Ruhr RS1 >> Haldenwelt Gladbeck Brauck und angren- zende Freiräume 32 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Abb. 23: Zollverein Park / Essen Grüne Infrastruktur Ruhr // 33
Abb. 24: Handlungsfeld Urbane Kulturlandschaft 34 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Grüne Infrastruktur Ruhr // 35
Abb. 25: Borbecker Mühlenbach / Essen 36 Grüne Infrastruktur Ruhr //
V. Metropole Ruhr // Grüne Infrastruktur Ruhr // 37
5.2.2 Wasser in der Stadt – Umbau des Emschersystems Der Umbau des Emschersystems durch die werk auf einer Länge von 51 Kilometern in bis Emschergenossenschaft ist eines der größten zu 40 Metern Tiefe. Renaturierungsprojekte weltweit und ein wich- tiger Beitrag zur Schaffung von blau-grünen Der Emscherumbau ist jedoch mehr als die Naturräumen und neuer Wohn- und Lebens- Umgestaltung eines Gewässers. Mit der Fertig qualität. stellung des neuen Emscherkanals und den rund 350 km ökologisch umgestalteten Gewässern er- Das als Folge der bergbaulichen und industri- geben sich für den Kernraum der Metropole Ruhr ellen Intensivnutzung der Region über fast ein- völlig veränderte Entwicklungsperspektiven. hundert Jahre in offenen Gerinnen geführte Abwasser der Emscher und ihrer Nebenläufe Die städtebaulichen Impulse des Gewässerum- wird zukünftig in geschlossenen Kanälen abge- baus können von vielen öffentlichen und priva- leitet, der Fluss und seine Nebenläufe werden ten Akteuren aufgegriffen werden. Ganze Stadt- Schritt für Schritt in naturnahe Gewässer um- teile, deren Entwicklung über Jahrzehnte hinweg gebaut. Von Dortmund-Deusen bis zur Rhein- „mit dem Rücken“ zur Emscher verlief, können mündung bei Dinslaken entsteht mit dem sich nun dem Fluss zuwenden. Nahegelegene Abwasserkanal Emscher ein gigantisches Bau- Immobilien werden erhebliche Wertsteigerun- Abb. 26: Regenwasserprojekte - Maßnahmen im Rahmen der „Zukunftsvereinbarung Regenwasser“ / Emschergenossenschaft 38 Grüne Infrastruktur Ruhr //
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