GUTE NACHT, BURSCHEN-PRACHT - BURSCHENSCHAFTEN IN BERLIN FEMINISTISCHE KRITIK AM VERBINDUNGSWESEN AKTUELLE ENTWICKLUNGEN - ASTA FU BERLIN
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Ein Reader des Antifaschismus und Internationalismus Referats des AStA FU GUTE NACHT, BURSCHEN- PRACHT BURSCHENSCHAFTEN IN BERLIN FEMINISTISCHE KRITIK AM VERBINDUNGSWESEN AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS 3 EDITORIAL 4 STUDENTISCHE VERBINDUNGEN - WHAT THE F*CK 6 BURSCHENSCHAFTEN UND ANDERE STUDENTENVERBINDUNGEN IN BERLIN – GUT VERSTECKT 9 RECHTS UM! DIE DEUTSCHE BURSCHENSCHAFT – EIN ABRISS DER LETZTEN ZWEI JAHRE 12 FEMINISTISCHE KRITIK AM VERBINDUNGSWESEN 14 ZUR GESCHICHTE VON FRAUEN* AN DEN HOCHSCHULEN 15 DAMENVERBINDUNGEN – EMANZIPATION GEHT ANDERS! 17 SEXISMUS AN DER UNI? GIBT’S DAS? 18 EIN BISSCHEN VERSCHWÖRUNGSTHEORIE GEFÄLLIG? BURSCHIS ZU GENDER MAINSTREAMING 20 WENN DIE BURSCHIS MIT DEN RECHTEN TANZEN – DER WKR-BALL 22 VERBINDUNGEN VERBINDEN SICH. BURSCHIS IN SOZIALEN NETZWERKEN 24 KONTAKTE 25 IMPRESSUM 26 GLOSSAR 2
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT EDITORIAL N och ein Anti-Burschenschafts- Reader? Steht da nicht immer der gleiche Schmarrn drin? Nationalistisch, und damit einen negativen Einfluss auf die Gesamtgesellschaft haben. meist reine Männerbünde sind und Frauen die Mitgliedschaft verwehrt bleibt. Die Markierung mit dem *, bzw. antisemitisch, frauenfeindlich – jaja, wir Dieser Anti-Burschi-Reader soll auf- und Gender_gap benutzen wir, um andere wissen es: Burschenschaften sind erklären, wer in den burschenschaft - geschlechtliche Identitäten einzuschlie- scheiße! Doch Moment! Die letzten lichen Diskursen den T on angibt, ßen und deutlich zu machen, dass es zwei Jahre waren u. a. für die Deutsche warum der Chefredakteur der Bur- sich bei den Bezeichnungen Mann* und Burschenschaft mehr als aufregend. schenschaftlichen Blätter Kopf einer Frau* um gesellschaftliche Konstrukte 2011 kam es auf dem Burschentag in rechtsextremen Vereinigung (ja, das der Zweigeschlechtlichkeit handelt. Eisenach fast zu einer Spaltung. Der darf man nun so sagen) ist, und seit Dachverband wurde sowohl für seine wann Damenverbindungen eine Rolle Für eine Uni ohne elitäre Männerbünde, eindeutig neonazistischen Einstellun- spielen. Oder tun sie das überhaupt? nationale Traditionen und Geschichts - gen als auch für seine rassistischen revisionismus! Aufnahmekriterien und der Debatte um Wir haben Texte geschrieben zu bur - den „Ariernachweis“ scharf kritisiert. schenschaftlichen Umtrieben in sozia- Außerdem erreichten die Proteste len Netzwerken, über die enge gegen den WKR-Ball in Wien 2012 ihren Schnittstelle zwischen Burschenschaf- bisherigen Höhepunkt. ten und Rechtsradikalen und bieten euch eine feministische Kritik korporier- Es gibt also einiges zu berichten rund ter Traditionen. um das Thema „Burschenschaft“, rechte Umtriebe an Universitäten und Ihr werdet merken, dass wir auf gegen- warum Studentenverbindungen gene- derte Sprache größtenteils verzichtet rell ein reaktionäres Weltbild vertreten haben, weil Studentenverbindungen „Ein Burschireader ist eine Publikation, die Studentenverbindungen zum Inhalt hat. In aller Regel werden diese von linksgerichteten studentischen Gremien oder Vereinigungen erstellt. Diese Burschireader sind kritisch gegenüber dem Verbindungswesen eingestellt. Oftmals geht diese Kritik aber über das eigentliche Maß einer eben solchen hinaus. Statt dessen werden Verbindungen einfach falsch dargestellt und dadurch in Misskredit gebracht. Besonders auffällig an diesen Burschireadern ist, dass die Autor en faktisch gesehen schlicht uninformiert sind und Behauptungen in den Raum geworfen werden, derer es jeglicher Grundlage entbehrt.“ 1 (Frank Kimmerle v. Spezi, Mitglied der B! Cimbria zu Nürnberg) 1 Frank Kimmerle: „Der Burschireader. Studentenverbindungen, so wie sie wirklich sind“, Zugriff am 28.07.2012, unter http://www.burschireader.de/burschireader-2 3
STUDENTISCHE VERBINDUNGEN – WHAT THE F*CK? STUDENTISCHE VERBINDUNGEN – WHAT THE F*CK? H äufig wird das Wort Burschenschaft und Studentenverbindung fälschli- cherweise synonym verwand. Dabei gilt: Nicht jede Studentenverbindung ist eine Burschenschaft, aber jede Bur - schenschaft eine Studentenverbindung. Soll heißen, Burschenschaften sind ein spezieller Teil von Verbindungen, neben ihnen gibt es noch eine Menge anderer Korporationen. Als da wären: Lands- mannschaften, Turnerschaften, Corps, Sängerschaften, Jägerschaften, Wingolfs und in geringer Zahl auch Damenschaf- ten. Alle diese V erbindungen eint das Convents- und Lebensbundprinzip. Des Weiteren kann man sie unterteilen in farbentragende und nicht-farben - tragende Verbindungen und in fakulta- „Heldengedenken“ beim Burschentag in Eisenach (Foto: Björn Kietzmann) tiv und pflichtschlagende. Diese Verbindungen organisieren sich in un- den sie in der Regel von der Stadt freu- der Deutschen Burschenschaft. Außer - terschiedlichen Dachverbänden. Die dig begrüßt. Das Rathaus ist immer mit dem war eine Landsmannschaft des Co- wichtigsten Dachverbände in Deutsch- dem Symbol des Dachverbandes ge- burger Convents für die Organisation land sind der Cartellverband der katho- schmückt. Pfingstmontag gibt es tradi- des WKR-Balls 2012 verantwortlich. lischen deutschen Studentenver - tionell eine Soldatenehrung im bindungen (CV) und der Ring Katholi- Hofgarten. Dafür wurde 2011 ein Gottes- Deutsch-national mit Tradition scher Deutscher Burschenschaften dienst angemeldet. Die Störung eines Im Anschluss soll sich nun näher mit (RKDB), in beiden finden sich katholi- Gottesdienstes kann mit einer Freiheits- dem Verbindungstyp der Burschen- sche, farbentragende, nicht-schlagende strafe bis zu drei Jahren bestraft schaften beschäftigt werden. Diese ver- Verbindungen. Außerdem gibt es den werden. Damit verhinderten die Verbin- stehen sich im Gegensatz zu anderen Coburger Convent der Landsmannschaf- dungen, dass Gegendemonstrant_innen Verbindungen als explizit politisch, je- ten und Turnerschaften an deutschen ihren Unmut kundtun. 2011 reisten 300 doch nicht im parteipolitischen Sinne, Hochschulen (CC), in welchem nur und 2012 200 Menschen an, die ver- denn Burschis oder besser Alte Herren farbentragende und pflichtschlagende suchten den Ablauf des Pfingstkongres- finden sich in nahezu allen P arteien Korporationen vertreten sind, und letzt- ses so gut wie möglich zu stören. 2012 von der SPD, FDP, CDU/CSU bis hin zur endlich die Deutsche Burschenschaft wurde der traditionelle F ackelmarsch NPD. Ihre Politik bezieht sich eher auf (DB). Ihr gehören farbentragende und am Montagabend abgesagt, da am ihren Wahlspruch von „Ehre, Freiheit, fakultativ, als auch pflichtschlagende Samstag ein halber Häuserblock in der Vaterland“. Dabei vertreten Burschis Verbindungen, genauer Burschenschaf- Altstadt brannte. immer wieder ein völkisch-nationales ten an. Weltbild. Der CC hat in letzter Zeit keine Skandale Auf die DB wird im weiteren Verlauf der wie die DB hervorgebracht, das heißt Der Wahlspruch, welcher noch heute Broschüre noch eingegangen. Daher jedoch nicht, dass es kein Problem mit von den in der DB organisierten Bur - hier noch einige Informationen zum CC Rechtsextremen innerhalb des Verban- schenschaften verwendet wird, geht zu- und seinen schlagenden V erbindungs- des gäbe. Immer noch pflegen einzelne rück auf die Jenaer Urburschenschaft, brüdern. Diese treffen sich einmal im Mitglieder und Korporationen des Co- welche sich im Jahr 1815 gründete. Zwei Jahr zu Pfingsten in Coburg. Dort wer - burger Convent enge Beziehungen mit Jahre später fand dann das W artburg- 4
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT fest statt. Hier gaben sich die Burschis derts galten Burschenschaften als zahlreiche Burschenschafter später nicht nur ein nationalpolitisches Pro- stärkste Widersacher gegenüber der Funktionäre im NSDStB. gramm, sondern verbrannten auch mit Einführung des allgemeinen Frauen - antifranzösischer, antiaufklärerischer studiums an den Universitäten. Seit Nach Ende des 2. W eltkrieges waren und antijüdischer Stoßrichtung Bücher, 1920er Jahren zählten sie zu den stärks- Burschenschaften zunächst verboten, u. a. den Code Civil, der die Gleichstel- ten Unterstützern der NSDAP. Dennoch aufgrund ihrer zuvor klar pronazisti- lung der Bürger festschrieb und eine inszenieren sich Burschenschaften schen Positionen. Doch bereits gegen Schrift des deutsch-jüdischen Schrift- heute gern als Widerständige und Opfer Ende der 1940er Jahre wurde dieses stellers Saul Ascher, welcher bereits da- der Gleichschaltung durch die Nazis. Verbot von den Westalliierten aufgeho- mals vor einem übertriebenen Dabei drehten sich die Unstimmigkeiten ben, nur in der DDR blieben Studenten- Deutschtum warnte. zwischen dem Nationalsozialistischen verbindungen offiziell verboten. Deutschen Studentenbund (NSDStB) Ab dem Jahr 1896 wurden keine Juden und den Korporierten, lediglich um Füh- In den folgenden Jahrzehnten erinnerte mehr in Burschenschaften aufgenom- rungsansprüche – inhaltliche Dif feren- man sich seiner alten „W erte“ und so men. Zu Beginn des neuen Jahrhun- zen gab es kaum. Und so wurden kam es immer wieder zu personellen Überschneidungen mit dem rechts - extremen Lager. 1973 scheiterte ein ver- bandsinterner Antrag innerhalb der DB, welcher das Verbot von Doppelmitglied- schaften in einer Burschenschaft und dem Nationaldemokratischen Studen- tenbund oder anderen rechten Organi- sationen forderte. Mit der Wiedervereinigung kehrten auch die Burschenschaften auf das Ge- biet der ehemaligen DDR zurück. Und seit 1990 findet regelmäßig die Tagung der DB auf der W artburg in Eisenach statt. Dabei werden regelmäßig alle drei Strophen des „Deutschlandliedes“ ge- sungen, es gibt einen F ackelmarsch zum Burschenschaftsdenkmal und immer wieder wurde von „Sieg-Heil“- Rufen berichtet. Die Liste der V erstrickungen zwischen Burschenschaften und Neonazis in den 1990er Jahren ist lang und könnte ganze Bände füllen. Doch in den letzten Jahren sehen sich Burschis immer wie- der öffentlicher Kritik ausgesetzt. Dazu mehr auf den folgenden Seiten. Burschenschaftsdenkmal in Eisenach (Foto: Thomas Guffler, wikimedia) 5
BURSCHENSCHAFTEN UND ANDERE STUDENTENVERBINDUNGEN IN BERLIN – GUT VERSTECKT BURSCHENSCHAFTEN UND ANDERE STUDENTENVERBINDUNGEN IN BERLIN – GUT VERSTECKT A n Berliner Universitäten treten Stu- dentenverbindungen bei weitem nicht so offen auf wie beispielsweise in Bezeichnungen haben all diese Verbin- dungen jede Menge Gemeinsamkeiten. Sie eint ein konservatives bis reaktio- im Coburger Convent. Sie sind alle so- wohl farbentragend als auch pflicht- schlagend. Das studentische F echten, Jena oder Marburg. Anders als dort gilt näres Geschichtsverständnis, das Män- was nach eigener Aussage der meisten an der FU ein Verbot des Farbentragens. nerbund- (diese Eigenschaft gilt Verbindungen die Weiterführung einer Soll heißen, es ist Burschenschaftern selbstverständlich nicht für die Damen- Tradition ist, zeigt ganz deutlich, wel- verboten in ihrer Uniformierung auf schaft) und Lebensbundprinzip und ein ches Geschlechterrollenverständnis von dem Campus umherzulaufen. Dies ist starker Patriotismus, welcher sich auf diesen Verbindungen propagiert wird. vor allem den Studierenden selbst zu einen völkischen Nationalismus zurück- Als Vorbild gilt der wehrhafte soldati- verdanken, welche sich aktiv dafür ein- führen lässt. Die meisten von ihnen sche Mann. Doch lassen wir an diese setzten, an der neu gegründeten Freien sind farbentragend und zumindest fa- Stelle die Korporierten einmal selbst zu Universität den antifaschistischen Grün- kultativ schlagend, dass heißt in diesen Wort kommen. Die folgenden zwei Zi- dungskonsens ernstzunehmen. So ver- Verbindungen gehört das „studentische tate können exemplarisch für die tra- suchte der AStA FU bereits 1949 im Fechten“ zur Tagesordnung und gilt als dierten Denkmuster gelesen werden, Akademischen Senat einen Beschluss der Teil der „Burschung“ (Der der W eg welche in pflichtschlagenden V erbin- durchzusetzen, wonach Immatrikula- zum vollwertigen Mitglied). In pflicht- dungen weiter vorherrschen. tion oder Tätigkeit an der FU unverein- schlagenden Verbindungen muss eine bar sei mit der Zugehörigkeit zu Mensur gefochten werden, in fakultativ „Wir sind eine pflichtschlagende Verbin- schlagenden und/oder farbentragenden schlagenden Verbindungen besteht zu- dung und gehen davon aus, dass nur Verbindungen (Korporationen). Am mindest formal die Möglichkeit darauf der, der bereit ist, für unser e Gemein- 20.04.1950 beschloss der 1. Konvent die zu verzichten. schaft im wahrsten Sinne des Wortes Aktivitäten der farbentragenden Verbin- seinen Kopf mindestens zweimal hinzu- dungen und das F arbentragen inner- Alle diese Studentenverbindungen sind halten, bei uns ein Leben lang Mitglied halb der FU oder auf ihren außerdem in Dachverbänden organi- sein kann.“ (Landsmannschaft Bran- Veranstaltungen zu verbieten. i Dies er- siert. denburg Berlin) ii schwert es den V erbindungen enorm, offen an der Uni aufzutreten. Nichtsdes- Die erwähnten Landsmannschaften „Zum einen verhält es sich im interkor- totrotz gibt es in dieser Stadt eine sowie Turnerschaften organisieren sich porativen Umgang mit den Partien wie ganze Menge solcher Vereinigungen. Derzeit sind das 4 Landsmannschaften (Landsmannschaft Brandenburg zu Berlin, Landsmannschaft Preußen Ber- lin, Landsmannschaft Spandovia Berlin, Landsmannschaft Thuringia Berlin ), 6 Burschenschaften ( Berliner Bursch- enschaft der Märker, Berliner Burschen- schaft Germania, Berliner Burschenschaft Gothia, Burschenschaft Obotitia, Ver - einigte Berliner Burschenschaft Thurin- gia, sowie Berliner Burschenschaft Arminia), hinzu kommt eine T urner- schaft (Turnerschaft Berlin zu Berlin ) und ein Corps (Corps Berlin) außerdem gibt es in Berlin eine Damenschaft (VBSt Lysistrata). Trotz unterschiedlicher (oben): L! Thuringia Berlin im CC, Schwendenerstr. 10, 14195 Berlin-Dahlem 6
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT im GTI-Club mit den PS-Zahlen: Haste mehr, biste mehr! Aus genau diesem Grund ist der Name unseres Bundes bei allen schlagenden Verbindungen in Deutschland ein Begriff und unsere Bun- desbrüder, ganz gleich wieviel Mensuren sie persönlich geschlagen haben, wer - den überall respektiert.“ (Landsmann- schaft Brandenburg Berlin) iii Die Berliner Burschenschaften sind zum größten Teil in der Deutschen Burschen- schaft (DB) organisiert. Dieser Dachver- band, mit ca. 100 Burschenschaften aus Deutschland und Österreich und ca. 10.000 Mitgliedern, ist in den letzten Jahren wiederholt negativ durch seine (oben): Berliner Burschenschaft der Märker, Podbielskiallee 15, 14195 Berlin Nähe zu rechtsextremen Kreisen aufge- fallen. Im Jahr 2011 sorgte der ver- In Berlin sind die Burschenschaften der „Die Burschenschaft bekennt sich zum bandsinterne Streit darum, ob Männer Märker, der Gothia, Germania, Arminia deutschen Vaterland als der geistig-kul- mit nicht in Deutschland geborenen El- und Vereinigten Berliner Burschenschaft turellen Heimat des Deutschen Volkes. tern, überhaupt Mitglied einer Bur- der Thuringia in der DB organisiert. Unter dem Volk versteht sie die Gemein- schenschaft sein dürfen für Aufsehen. Dabei ist die Gothia auch Teil der Bur- schaft, die durch gleiches geschichtli- Dieser wurde in der Presse fortan zu- schenschaftlichen Gemeinschaft. Im Fol- ches Schicksal, gleiche Kultur , recht als Streit um einen „Arierpass“ genden soll exemplarisch noch einmal verwandtes Brauchtum und gleiche beschrieben. 2012 war es erneut die auf die Burschenschaften Märker und Sprache verbunden ist. Pflicht der Bur- Deutsche Burschenschaft, in Person von Gothia eingegangen werden. schenschaften ist das dauernde rechts- Norbert Weidner, Chefredakteur der Ver- staatliche Wirken für die fr eie bandszeitung „Burschenschaftliche Die Berliner Burschenschaft der Märker Entfaltung deutschen Volkstums in Blätter“, welche für Negativschlagzeilen ist ein Zusammenschluss aus 3 Grün- enger Verbundenheit aller T eile des sorgte. Dieser hatte den christlichen Wi- dungsbünden, deren Geschichte an - derstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer geblich auf das Jahr 1842 zurückreicht. 5 gute Gründe gegen als „Landesverräter“ und seine Hinrich- Anzutreffen sind die Märker im schö- Burschis tung als „juristisch […] gerechtfertigt“ iv nen Dahlem ganz in der Nähe der FU. bezeichnet. Weidner ist Teil der Bur- Im Jahr 2003 fielen die Märker dadurch 1. Antifaschismus schenschaftlichen Gemeinschaft, einer auf, dass sie das Pressefest für die Burschenschafter trauern einem Untergruppierung der DB, welche den extrem rechte W ochenzeitung „Junge Deutschland in den Grenzen vom ultra-rechten Rand des burschenschaft- Freiheit“, inklusive Dampferfahrt aus- 1.9. 1939 nach. Noch heute ehren lichen Milieus in Deutschland und richteten. Zu den geladenen Gästen sie regelmäßig Vernichtungskrie- Österreich repräsentiert. Nachdem zählte auch der Ideologe der „neuen ger und Soldaten der Wehrmacht Weidners Abwahl beim letzten Bur - Rechten“ Alain de Benoist. v als „Helden“. In ihren Veranstal- schentag in Eisenach scheiterte, wollen tungen und Publikationen betrei- nun mehrere Burschenschaften aus der Aus ihrer völkisch-nationalen Einstel- ben sie unter dem Vorwand der DB austreten. Es bleibt also zu hof fen, lung macht die Burschenschaft dabei „Meinungsfreiheit“ systematische dass die Burschenschaften sich mehr keinen Hehl, so ist auf ihrer Website zu Geschichtsfälschung. und mehr selbst zerlegen. lesen: 7
BURSCHENSCHAFTEN UND ANDERE STUDENTENVERBINDUNGEN IN BERLIN – GUT VERSTECKT Abordnungen der Bundeswehr um den „gefallenen Kameraden“ oder aber auch „Opfern von Krieg und Gewaltherr- schaft“ zu gedenken. Da kann es schon mal vorkommen, dass man mit NPDlern wie Jörg Hähnel um den schönsten Kranz konkurriert. ix Fazit: Dies kann sicher nur ein kurzer Einstieg in das Thema der Studentischen Verbin- dungen Berlins sein. Es soll an dieser Stelle nicht behauptet werden, dass alle Burschenschaften oder anderen Verbin- dungen rechtsextrem seien und jeder Burschenschafter ein Neonazi. Dies wäre schlicht und ergreifend falsch. Es (oben): Berliner Burschenschaft Gothia, Königstraße 3, 14163 Berlin (Zehlendorf) findet sich jedoch in allen Burschen- schaften und anderen Studentenverbin- deutschen Volkes, unabhängig von „Die Burschenschaft fordert von ihren dungen ein enorm konservatives staatlichen Grenzen in einem einigen Mitgliedern eine gründliche allgemeine Weltbild, welches gewisse Schnittmen- Europa in der Gemeinschaft fr eier Völ- und fachwissenschaftliche Ausbildung. gen mit der extremen Rechten aufweist. ker.“ (Artikel 9, Satzung der Märker) vi Gleichberechtigt neben der Pflege der Erwähnt seien hier ein völkischer Natio- geistigen steht die Ausbildung der kör- nalismus, der die Grenzen der Bundes- Dabei sind diese großdeutschen Phan- perlichen Kräfte. Die Burschenschaft republik oft nicht anerkennt, ein tasien sicher keine Seltenheit, sondern hält daher ihre Mitglieder zu allen ge- revanchistisches Geschichtsverständ- eher die Norm innerhalb der in der DB eigneten Leibesübungen an.“ viii (Artikel nis, sowie eine klar antifeministische organisierten Verbindungen. Denn auch 13, Satzung der Märker) Ausrichtung, die Frauen zu Anhängseln diese sieht das vermeintliche Vaterland degradiert und ihnen keine politische „unabhängig von staatlichen Grenzen in Die Berliner Burschenschaft Gothia ist Mitbestimmung zugesteht. Es verwun- einem freien und einigen Eur opa, wel- die einzige vor Ort, die auch Mitglied dert kaum, dass bei diesen ideologi- ches Osteuropa einschließt. Sie setzt der Burschenschaftlichen Gemeinschaft schen Grundlagen auch immer wieder sich für eine enge Verbundenheit aller ist, der offen rechten Gruppierung in- personelle Überschneidungen zwischen Teile des deutschen Volkes in Fr eiheit nerhalb der DB. Auch sie residiert nur Verbindungen und extrem rechten ein.“ vii unweit von der FU in Zehlendorf. Ihre Gruppierungen und P arteien wie der Mitglieder haben sich in der Vergangen- NPD vorkommen. Wichtig ist selbstverständlich auch hier, heit immer wieder an V eranstaltungen neben der intellektuellen Ausbildung, zum „Volkstrauertag“ beteiligt. So fin- Die meisten Studentenverbindungen die körperliche Ertüchtigung, denn det man sie schon fast traditionell zwi- haben eigene Häuser mit entsprechen- ohne wehrhafte Jungs lässt sich das Va- schen der Ordensgemeinschaft der den Zimmerangeboten, durch welche terland nur schwerlich verteidigen und Ritterkreuzträger, dem Stahlhelm und sie gerade zu Semesterbeginn immer so steht geschrieben: wieder versuchen Nachwuchs zu rekru- tieren. Also Augen auf, bei wem ihr da einzieht! Auch wenn korporierte Stu- denten im Unialltag zunächst kaum auftreten, so bleibt ihre Ideologie wei- terhin gefährlich und es lohnt sich diese im Auge zu behalten. i http://web.fu-berlin.de/chronik/chronik_1949-1960.html#1950 ii http://www.l-brandenburg.de/fechten/unsere-sicht/unsere-sich iii Ebenda. iv Burschenschaftliche Blätter v Antifaschistisches Infoblatt, Nr.65, 1/2005 vi http://www.maerker-berlin.de/ vii http://www.berliner-burschenschaft.de viii http://www.maerker-berlin.de ix Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 65, 1/2005 8
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT RECHTS UM! DIE DEUTSCHE BURSCHENSCHAFT – EIN ABRISS DER LETZTEN ZWEI JAHRE D er Verband „Deutsche Burschen- schaft (DB)“ sorgte in den letzten zwei Jahren immer wieder für Aufre- ohne Nachweis. Für die DB steht daher ein solcher nicht zur Debatte. Vielmehr geht es um das Prinzip der deutschen Volkstum“: Die Schrift „legt nahe, wir würden Ausländer aufnehmen“ . Da- rüber ist er anscheinend stark empört, gung. Zuerst war es der geforderte Abstammung. Kann die DB glaubwürdig denn Ausländer in einer Burschenschaft Ariernachweis und der Ausschluss von gegen Umvolkung und Überfr emdung wo kämen wir da hin. An anderen Stel- Kai Ming Au, dann Ermittlungen der auftreten, wenn sie allen Ausländern len wird immer wieder betont, dass er Staatsanwaltschaft gegen Norbert Weid- freien Eintritt einräumt?“ schreibt er stolz ist Deutscher zu sein, bei der Bun- ner wegen „Verunglimpfung des Anden- darin. deswehr Dienst geleistet hat und sich kens Verstorbener“ und in letzter Zeit zum Wahlspruch der Deutschen mit der Haft eines Burschenschafters Die Forderungen beruhen auf einem Burschenschaft „Ehre, Freiheit, V ater- wegen seiner Mitgliedschaft in einer alten Rechtsgutachten das besagt, dass land“ bekennt. Auf die Frage von Spie- kriminellen rechtsextremen V ereini- bei Zweifeln über die „Volkszugehörig- gel Online, ob er verletzt sei, dass seine gung. Im Folgenden soll etwas näher keit“ eines Burschen erforscht wird, ob Burschenschaft wegen seiner Mitglied- auf die einzelnen Vorfälle eingegangen beide Eltern Deutsch sind. Ist diese schaft ausgeschlossen werden sollte, werden, um einen Überblick über den deutsche Abstammung nicht der F all, antwortete er: „Der Antrag zum Aus- Rechtsruck innerhalb des Dachverban- darf der entsprechende Werber nicht in schluss der Hansea Mannheim war ja des zu geben. die Burschenschaft eintreten. nicht gegen meine P erson gerichtet, sondern gegen meinen Bund. Aber der Ariernachweis um Kai Ming Au Der Antrag führte zu einem großen Ausschluss wurde damit begründet, Zum ersten mal machte die DB vor Presseecho und Diskussionen innerhalb dass die Burschenschaft Hansea einen einem Jahr von sich Reden. Kurz vor des Dachverbandes. Daraufhin wurde er chinesisch-stämmigen Mann aufgenom- dem jährlichen Burschentag in Eisenach zurück gezogen und nicht darüber ab- men hat. Als ich das erfahren habe, war 2011 wurde ein Antrag der „Alten Bres- gestimmt. ich sauer, verärgert, fassungs- und lauer Burschenschaft der Raczeks zu sprachlos.“ iii Bonn“ der Öffentlichkeit bekannt. Diese Die Diskussion führte zu einem neuen forderten den Ausschluss der „Hansea Rechtsgutachten, nach dem jetzt alle Schon allein diese Diskussion innerhalb zu Mannheim“, weil sie einen Mann Männer in Burschenschaften eintreten des Verbandes zeigt nicht nur, wie zer- aufgenommen hatten, der ihnen zu un- dürfen, die deutscher Abstammung stritten die beiden Flügel sind, sondern deutsch war. Es handelt sich dabei um sind, oder die deutsche Staatsangehö- auch, dass selbst der sogenannte libe- Kai Ming Au, der chinesische Vorfahren rigkeit besitzen. Dieses Rechtsgutach- rale Flügel nicht vom Nationalen Gedan- hat. Die Begründung der Raczeks: „Be- ten bedeutet aber nicht, dass die kengut abkommt. Die Möglichkeit, dass sonders in Zeiten fortschreitender Über- Burschenschaften eingesehen haben, ein Mensch ohne jegliche Bindung zu fremdung ist es nicht hinnehmbar, dass dass ihr Deutschtum zu weit geht. Es Deutschland in eine Burschenschaft Menschen, welche nicht von deutschem ist lediglich eine Anpassung an das gel- eintreten könnte wird gar nicht erst be- Stamme sind, in die DB aufgenommen tende deutsche Recht zu der sie sich dacht. Denn das wäre ja lächerlich, werden. [...] Dies mag für die DB unbe- gezwungen sahen. dann könnte jeder mitmachen und die quem sein, ist jedoch notwendig um schöne neue Welt der Elite wäre plötz- dem Verband das identitätsstiftende Einige der liberaleren Burschenschaften lich nicht mehr so elitär . Kai Ming Au Merkmal der gemeinsamen deutschen verließen nach dem V orfall den V er- sieht über den of fensichtlich rassisti- Abstammung zu erhalten.“ i Unterstüt- band. Der Großteil von ihnen ging zum schen Angriff auf ihn hinweg und tut zung bekamen sie von einem Alten Her- Dachverband „Neue Deutsche Bur- ihn als Bruderzwist ab: „Wenn die nicht ren aus Bayern. Fred Duswald, der in schenschaft“. zu mir kommen, dann lasse ich sie anderen Artikeln KZ-Häftlinge als krimi- auch in Ruhe. In einem Verband mit nell bezeichnet, ist Autor der Hetz- Was sagt Kai Ming Au dazu? über 11.000 Akademikern gibt es unter- schrift „Paßtum contra V olkstum“ ii Besonders herausstechend ist seine Re- schiedliche Meinungen. Ich kann damit „Daß ein Asiat kein Arier ist, sieht jeder aktion auf die Schrift „P aßtum contra leben, dass mich einige Verbandsbrüder 9
RECHTS UM! DIE DEUTSCHE BURSCHENSCHAFT – EIN ABRISS DER LETZTEN ZWEI JAHRE dass die liberaleren unter den Bur- schenschaftern an die Macht kommen. Dabei wimmelt es nur so von Gerede über deutschen Stolz. V on der taz auf die E-Mails angesprochen, verleugnet der Autor deren Authentizität. Doch auch innerhalb der Burschen- schaften gibt es Widerstand. Zum einen gibt es die „Initiative Burschenschaftli- che Zukunft“, die ein Verband innerhalb des Dachverbandes ist und sich gegen Extremismus und Rassismus stellt: „Ziel dieser Initiative ist es, die Bur - schenschaft 1. aufbauend auf den Prinzipien der ge- (mitte): Norbert Weidner von der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn (Foto: indymedia) meinsam erarbeiteten Grundsatzer- klärung und orientiert am Wohl des nicht akzeptieren. Hintenrum bekomme deren Verbot war er weiterhin in der deutschen Volkes – auch im Hinblick ich natürlich diese Beleidigungen mit. Nazi-Szene tätig. 2001 trat er dann in auf Europa – auf die Zukunft auszu- Mein Gott, dann ist es eben so. Aber die FDP ein, die nach seinen Aussagen richten, Mitglieder mit dieser Haltung sind in über Bonhoeffer ein Parteiausschluss- 2. getreu unseren Idealen Ehre und Frei- der absoluten Minderheit.“ iii verfahren einleitete. heit von jeglichen extr emistischen oder rassistischen Positionen an den Norbert Weidner und 1999 fing Weidner sein Studium an der politischen oder ideologischen Rän- Raczeks Bonn Fachhochschule Köln an und trat in die- dern fern zu halten.“ vi Mit der Debatte um den Ariernachweis sem Zuge auch in die Alte Breslauer Zur Zeit gehören ihr 24 Bünde an. hörten die Absurditäten aus der Bur - Burschenschaft der Raczeks zu Bonn schenschaft der Raczeks Bonn nicht ein. Seit 2008 ist er Chefredakteur der Eine andere Initiative heißt „Burschen- auf. Einige Monate später machte Nor- Burschenschaftlichen Blätter und hat schafter gegen Neonazis“. Diese berich- bert Weidner von sich Reden. Er be- damit die Entscheidungsmacht über die tet auf ihrer Homepage über zeichnete in einem Rundbrief im Herbst Verbandszeitung. rassistische Übergriffe innerhalb und 2011 Dietrich Bonhoeffer als „Landes- zwischen den Burschenschaften des verräter“. „Rein juristisch halte ich die Doch Weidner ist kein Einzelfall, in der Dachverbandes. vii Dahinter steckt vor Verurteilung für Gerechtfertigt“ schreibt Burschenschaft der Raczeks sind noch allem Justus Liebig, der selbst Bur- er. iv viele andere die sich wünschen, dass schenschafter ist. Dabei betonen beide die Gesellschaft etwas deutscher wäre. Initiativen aber immer wieder die bur - Dietrich Bonhoeffer war ein christlicher Ein taz-Artikel vom 13. Juli 2011 titelte schenschaftlichen Grundsätze von Widerstandskämpfer zu NS-Zeiten und passend „Der Putschplan steht“. v Darin „Ehre-Freiheit-Vaterland“. wurde am 9.April 1945 im KZ Flossen- wird ein E-Mail Austausch zwischen der bürg erhängt. Die Staatsanwaltschaft Karlsruher Burschenschaft T uiskonia Die neusten Nachrichten um Norbert Bonn ermittelt jetzt wegen „V erun- und den Raczeks veröffentlicht. Dieser Weidner und die Raczeks Bonn sind je- glimpfung des Andenkens V erstorbe- begann schon einen Tag nach dem Bur- doch sehr bezeichnend. In einem ge- ner“ auf das eine Haftstrafe bis zu zwei schentag in Eisenach 2011, bei dem die richtlichen Streit zwischen Norbert Jahren stehen kann. Raczeks einen Rückschlag hinnehmen Weidner und Bundesbruder Christian J. mussten, als die Hansea zu Mannheim Becker, ebenfalls Mitglied bei „Bur - Doch Norbert Weidner wird nicht erst nicht aus dem Dachverband ausge- schenschafter gegen Neonazis“ war das jetzt als Alter Herr der Raczeks Bonn schlossen wurde. In einer E-Mail vom Ergebnis, dass W eidner durchaus als auffällig. Bereits in seiner Jugend war er 20. Juni 2011 steht „übernehmen wir „Kopf einer rechtsextremen Bewegung“ Mitglied der verbotenen Wiking-Jugend halt den Laden“. Der rechte Rand der bezeichnet werden darf. viii und später der Freiheitlichen Deutschen DB vermutete, dass Kai Ming Au für ein Arbeiterpartei. Dort führte er zuletzt das Verbandsamt kandidieren will und das Andere Neuigkeiten sind, dass ein Bruder Amt des Landesgeschäftsführers in galt es zu verhindern. So wurde ein der Raczeks Bonn wegen Mitgliedschaft Nordrhein-Westfalen aus. Auch nach Plan ausgearbeitet, der verhindern soll in einer kriminellen rechtsextremen Ver- 10
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT einigung in Haft sitzt, sieben weitere Weidner, was die akute Lage in den Bur- Zusammenfassung Burschenschafter werden dabei als dem schenschaften widerspiegelt. Nach der Die Ereignisse des letzten Jahres sind Rechtsextremismus nahe bezeichnet. ix Wahl legten fünf Vertreter des Vorsitzes die eindeutige Fortführung des Rechts- Cornelius D. war mindestens bis Ende ihre Ämter nieder, darunter auch der kurses des Dachverbandes DB. Obwohl 2011 Mitglied der Raczeks, allerdings Pressesprecher. Samstag wurde der es viel Kritik von außen und von innen als Conkneipant. Conkneipanten sind Burschentag vorzeitig beendet. Es soll gab, wurde immer wieder abgestritten, Personen, die keine Studenten oder im November in Stuttgart eine außer - dass die dem Rechtsextremismus zuge- Akademiker sind, aber trotzdem in die ordentliche Tagung geben, bei der über neigten Burschenschafter Einfluss auf Gemeinschaft aufgenommen werden. die Zukunft des Dachverbandes ent- den Verband haben. Spätestens seit Beigetreten ist er den Raczeks 2009 als schieden werden soll. Schon bei dem dem letzten Burschentag müsste allen Schülerfux. Wird die Burschenschaft Burschentag in Eisenach sind keine klar sein, dass dies nicht der F all ist. Raczeks darauf angesprochen, weist sie liberalen Vertreter mehr für den V or- Immer mehr liberale Burschenschaften nur darauf hin, dass Cornelius D. schon stand angetreten und eine Austritts- verlassen den Verband und der rechte zum Jahreswechsel aus der Verbindung welle der liberalen Bünde hat Rand hält mit seinen Meinungen nicht ausgeschlossen wurde und er bei Besu- begonnen. mehr zurück. Der Dachverband sollte chen „nicht auffällig“ war. Außerdem längst der V ergangenheit angehören, behauptet sie, dass sie „Extremismus Dieses Jahr wurde zum ersten Mal die aber immer noch gibt er Alten Herren, entschieden ablehnt und das Eintreten Rednerliste von der Stadt überprüft, um wie Weidner die Chance neuen Mitglie- gegen diktatorische und verbrecherische auszuschließen, dass rechtsextreme dern seine Meinung nahe zu bringen. politische Systeme ausdrücklich befür - Burschen ihr Gedankengut verbreiten Um so eine neue Rechte Elite heranzu- wortet“. x Warum Norbert Weidner und können. Die Initiative „Burschenschaf- ziehen. andere dann immer noch Mitglieder der ter gegen Neonazis“ hat darauf hin - Burschenschaft sind bleibt fraglich. gewiesen, dass das Gedankengut Die Linkspartei stellte wegen den be- trotzdem in Gesprächen verbreitet wer- drohlichen Entwicklungen eine kleine Burschentag 2012 und die den kann. Andere Burschenschafter Anfrage an die Bundesregierung, die die Entwicklung danach waren erzürnt über die „bewusste Lage der Burschenschaften einschätzen Der nächste Eklat folgte schon Anfang Schädigung des Ansehens“. sollte. In ihrer Antwort, schreibt die Re- Juni 2012 bei dem alljährlichen Bur - gierung, dass die Deutschen Burschen- schentag in Eisenach. Liberale Burschen Andere Anträge des Burschentages schaften ganz normale „demokratische versuchten die Wiederwahl Norbert waren die „Wiedereinführung der natio- Studentenorganisationen“ seien und Weidners als Chefredakteur der Bur - nalen Währung“ und die F orderung „keine hinreichenden Anhaltspunkte schenschaftlichen Blätter zu verhin- nach der Gründung einer eignen Partei dafür vor, dass der Dachverband der dern, während Rechte ihr Bestes gaben, „Ehre-Freiheit-Vaterland“. Deutschen Burschenschaft (DB) Bestre- den schon seit einem Jahr geplanten bungen verfolgt, die gegen die fr eiheit- Putschversuch durchzuführen. Wie schon 2011 gab es am Samstag liche demokratische Grundordnung eine Gegendemonstration durch die In- gerichtet sind" xi Es seien zwar einzelne Die Auftaktrede wurde von Dr . Sauer- nenstadt, um lautstark auf die Miss- Tendenzen von P ersonen oder P erso- zapf gehalten. Er ist V orsitzender des stände aufmerksam zu machen. nengruppen zu entdecken, die poten- „Preußen-Institut“ und Seelsorger beim tiell Verfassungsfeindlich sind, aber BGS und Militär. Er sprach 1999 schon diese entsprächen nicht der Gesamtheit vor einer Jenaer Burschenschaft über des Verbandes. „Auslandsdeutschtum“. Auch in dieser Rede konnte er seine deutlichen rechts- extremen Tendenzen nicht verheimli- i https://linksunten.indymedia.org/en/system/files/data/2011/06/1095072689.pdf chen. Er dif famierte Homosexuelle, ii https://linksunten.indymedia.org/de/node/45784 dämonisiert Abtreibungen und sagte, iii http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/burschenschafter-kai-ming-au-ich-war-fassungslos-a- dass Ostdeutschland doch in Wirklich- 769149.html iv http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/burschenschafter-hetzt-gegen-nazi-widerstandskaempfer- keit Mitteldeutschland sei. x Danach be- bonhoeffer-a-826757.html gaben sich rund 300 Burschis zum v http://taz.de/Erzkonservative-Burschenschaften/!74403/ vi http://burschenschaftliche-zukunft.de/?page_id=7 Burschenschaftsdenkmal in Eisenach vii http://quovadisbuxe.blogspot.de/ um, wie traditionell, alle drei Strophen viii http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/burschenschafter-prozess-gericht-erlaubt-rechtsextremis mus-aeusserungen-a-843864.html des „Deutschland-Liedes“ zu singen. ix http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/aerger-fuer-die-burschenschaft-der-raczeks-zu-bonn-wegen- Am nächsten Tag wurde dann Norbert nazi-problemen-a-844890.html x http://sabotnik.blogsport.de/2012/06/04/eisenach-unter-burschen/ Weidner in seinem Amt bestätigt. V on xi http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/bundesregierung-deutsche-burschenschaft-ist-nicht-rechts 150 Bünden stimmten nur 38 gegen extrem-a-845961.html 11
FEMINISTISCHE KRITIK AM VERBINDUNGSWESEN FEMINISTISCHE KRITIK AM VERBINDUNGSWESEN „Das LesBiSchwulen- und Transgender- 'ne Frau im Auto und...“ – den Rest kön- Referat behauptet, Ihr seid frauenfeind- Wenn Männlichkeit zur Identität wird- nen wir uns denken und wollen bei die- lich. Stimmt das? Verbindungsstudenten als Gewalt - sen niveaulosen Gesprächen ehrlich Nein, wir mögen Frauen. romantiker gesagt auch gar nicht dabei sein. Und warum nehmt ihr dann keine Frauen auf? „Heute drum, so lang ein froher Das Frauenbild der Studentenverbin- Weil dann alle möglichen Liebschaften Jugendmut uns führt zum Sieg, dungen v ist das einer emotionalen, und Eifersuchtsdramen Unruhe in unse- Heute drum heißt es entscheiden: passiven und schönen Frau*, deren Ziel ren Bund bringen würden und wir auch mit wem Frieden, mit wem Krieg! es ist, an des Mannes* Seite zu stehen mal gerne in gepflegter Runde den Freunde, Männer lasst uns werden, und ihn in seinen Tätigkeiten zu unter- einen oder anderen Herrenwitz erzäh- die da stolz im Kampfe stehn, stützen. Sie begleiten die Korporierten len. Außerdem ist das burschenschaft- Treu und furchtlos, festverschworen: als „Couleurdamen“ auf Bälle und of- liche Brauchtum seinem ganzen Wesen nie im Alltag aufzugehn!“ ii fizielle Veranstaltungen, sind aber nach ein männliches. Und letztlich sind selbst bei der Mehrheit der Studenten- wir ein pflichtschlagender Bund, damit Das Fechten als charakterformende verbindungen aufgrund ihres „ Ge- fällt die Aufnahme von Frauen sowieso Selbstdisziplinierung soll die Corps-Stu- schlechts“ von der T eilnahme flach.“ denten gegen „Verweichlichung“ iii und ausgeschlossen. Außerdem sind bei „Ganz schön altmodisch. Wollt ihr das „Verweiblichung“ iv zu starren Männk- den zahlreichen akademischen V orträ- nicht mal für die Zukunft ändern? lichkeitskonstrukten trainieren. Die gen, die während des Semesters in Bur- Nein. Narbe der Mensur wird den Studenten schenschaften stattfinden, relativ wenig Warum nicht? beim Fechten zugeführt und dabei sol- vortragende Frauen* zu finden. Das an- Darum.“ i (Alte Breslauer Burschen- len bestenfalls keine Anzeichen von zustrebende Beziehungskonzept ist das schaft der Raczeks zu Bonn) Schmerz erkennbar sein. Ziel dieses einer in einer christlichen Kirche ge- Ritual ist anscheinend die Ausbildung schlossenen, monogamen Ehe und die Ist euch was aufgefallen? Gefunden zu militärischem Gehorsam, Durchhal- damit einhergehende Rollenverteilung. haben wir dieses „schöne“ Zitat auf der tevermögen und Unterordnung. Außer- Homepage der Alten Breslauer Bur - dem werden Emotionen und In den „Grundsätzen in der Verfassung schenschaft der Raczeks zu Bonn unter Empfindungen unterdrückt und als der Deutschen Burschenschaft“ unter „Häufig gestellte Fragen“. Sehr originell, schwach gebrandmarkt. Die Mensur soll Artikel 7 ist dieser Satz zu lesen: „Die wie die Burschenschafter den V orwurf Ausdruck einer hervorgehobenen Posi- politische Freiheit erblickt die Burschen- der Frauenfeindlichkeit auf anschei- tion sein und durch ein körperliches schaft in der Gleichber echtigung aller nend so „ironische“ und „lustige“ Merkmal die Mitgliedschaft in elitären Bürger [...]“ vi und doch lehnt die Deut- Weise abwehren. Daran merkt man, Verbindungen deutlich machen. Diese sche Burschenschaft die Aufnahme von dass sie durchaus öfter mit ihrem frag- Verherrlichung von Gewalt schüchtert Frauen* seit ihrer Gründung ab. würdigen Frauenbild konfrontiert wer - ein und geht einher mit dem Zuspruch den. Zum Lachen ist es das Ganze für militärische Disziplin und „Krieger - Auch wenn einige Frauen* dem über- trotzdem nicht! Phantasien“. holten Frauenbild zustimmen und somit dem „klassischen“ Rollenver - „Liebschaften und Eifersuchtsdramen“. „Und letztlich sind wir ein pflichtschla- ständnis entsprechen, sich also freiwil- Als hieße Frauen* in den Bund aufzu- gender Bund, damit fällt die Aufnahme lig „selbst unterordnen“, ist ein solches nehmen automatisch, dass sich Lieb- von Frauen sowieso flach.“ Moment Frauenbild abzulehnen. Das Eine betrifft schaften und Eifersuchtsdramen mal: Wieso das denn? Soweit ich weiß, das individuelle Selbstbestimmungs- ergeben würden. Hallo? Schonmal was können auch Frauen* fechten und sich recht, das jede_r Person die Möglichkeit von Homosexualität gehört? Liebschaf- Wunden ins Gesicht schneiden. Und einräumt, ihr oder sein Leben so zu ge- ten können sich auch in einem reinen was sollen die sogenannten „Herren- stalten wie sie oder er das möchte. Das Männerbund ergeben. witze“ sein? So nach dem Motto: „Sitz andere jedoch betrif ft die rückwärts - 12
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT gewandten Traditionen aus und halten somit die Zweige- und die Deutungs schlechternorm aufrecht! Frauen* und Männern* werden allein aufgrund ihres hoheit der Stu- „biologischen Geschlechts“ grundle- dentenverbin- gend verschiedene Eigenschaften zuge- dungen. In schrieben und diese hierarchisiert. diesen Ver- Männern* werden Eigenschaften zuge- bänden ist traut, die in unserer Gesellschaft Aner- kein Platz für kennung genießen, z.B. Stärke, andere Le- Intelligenz, Wehrhaftigkeit und Rationa- benskonzepte lität. Frauen* dagegen entsprechen als das Hetero- dem konservativen Frauenbild einer normative und emotionalen, fürsorglichen, zurückhal- dadurch, dass tenden Frau*, die sich um den Haushalt Frauen* von und die Kinder kümmert. Nicht nur der der Mitglied- Ausschluss von Frauen* ist also schaft ausge- Frauen*feindlich, sondern auch die schlossen sind, wird patriarchale Struktur, die Sexismus, die Zweigeschlechter- Homophobie und Antifeminismus re- norm mit den jeweilig produziert. daran geknüpften Rollener- wartungen bekräftigt. Wir lehnen dieses Geschlechterbild ab Frauen*, die sich aus bur - und bemühen uns um eine Gesellschaft schenschaftlicher Perspek- ohne Männer*bünde, Sexismus und tive „unweiblich“ verhalten, männliches Hegemoniestreben! werden abgewertet. Für Feminismus! „Da wollen wir gar nicht rein“ Studentische Verbindungen sind Män- nerbünde. Sie schließen Frauen* per se i Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. „Häufig gestellte Fragen“, Zugriff am 25.07.2012 unter http://www.raczeks.de/h%C3%A4ufig-gestellte- fragen/. ii Deutsche Burschenschaft, „Nicht der Pflicht nur zu genügen“ (1894), in: „Kommers- und Studentenlieder“, Zugriff am 12.07.2012 unter http://www.burschen- schaft.de/die-burschenschaft/kommers-und-studentenlieder/kommers-und-studentenlieder-vom-chor-der-vab-stuttgart.html. iii Siehe: Kurth, Alexandra, „Männer-Bünde-Rituale“, S.114. iv Siehe: Kurth, Alexandra, „Männer-Bünde-Rituale“, S.114. v Zur Erläuterung muss hier gesagt werden, dass nicht zwangsweise jeder Verbindungsstudent eine solches Frauenbild vertritt. Da sich jedoch jeder Verbin- dungsstudent den Prinzipien seiner Verbindung oder einem Dachverband unterordnet, und diese frauenfeindlich und sexistisch sind, kann dieser Ausspruch verallgemeinert gesagt werden. vi Deutsche Burschenschaft. „Kurzportrait“. Zugriff am 12.07.2012 unter http://www.burschenschaft.de/die-burschenschaft.html 13
ZUR GESCHICHTE VON FRAUEN* AN DEN HOCHSCHULEN ZUR GESCHICHTE VON FRAUEN* AN DEN HOCHSCHULEN I n Deutschland wurden Frauen* erst Anfang des 20. Jahrhunderts, zwi- schen 1900 (Baden) und 1908 (Preu- Die elitären Männer*bünde sahen durch das Frauen*wahlrecht ihre Exklu- sivität in Gefahr und wehrten sich ßen) zum Studium zugelassen. Im gegen mögliche Konkur - internationalen Vergleich stand rentinnen im universitä- Deutschland damit hinter den USA und ren Umfeld. Nachdem das anderen europäischen Staaten. „Auch Frauen*wahlrecht also gegen große Teile der Studentenschaft, vor den Wille einiger V erbindungen allem Korporationsstudenten, welche durchgesetzt wurde, hatten Frauen* um die Jahrhundertwende immerhin immer noch mit dem Problem zu kämp- fast die Hälfte der Studentenschaft aus- fen, nicht in die Studentenverbindun- machten [...], lehnten die studierenden gen aufgenommen zu werden. Den Frauen mehrheitlich ab […].“ i Die Deut- Frauen*, die sich als V erbindung zu- sche Burschenschaft warnte vor „den sammenschließen wollten, blieb nur Die „verrückten“ Bestrebungen, die abso- noch die Selbstorganisation. So wur - verschiede- lute politische Gleichstellung, etwa den Anfang des 20. Jahrhunderts eigene nen Dachverbände un- Frauenstimmrecht und Fr auenreichs- Dachverbände gegründet, um der terschieden sich in ihrer politischen tagsmandate, zu fordern […].“ ii männlichen Hegemonie zu entgehen. Einstellung jedoch sehr und nicht alle 1906 wurde der Verband der Studentin- waren fortschrittlich. „Gedenke, dass Du nenvereine Deutschlands (VStD) gegrün- eine deutsche Frau bist“. So lautete der 5 gute Gründe gegen det, dem die „meisten Farben Wahlspruch des DVAF und steht somit Burschis tragenden und konfessionell ungebun- symptomatisch für die völkische Ideo- denen Studentinnenvereine angehör- logie und den Antisemitismus, die die- 2. Antirassismus ten.“ iii. Außerdem gab es den Verband ser Verband vertrat. iv Die Mitgliedschaft Noch nach 1945 haben Burschen- Katholischer Deutscher Studentinnen- blieb jüdischen und ausländischen Stu- schaften an „Arierparagraphen“ vereine (VKDSt), die Deutsche Christli- dentinnen verwehrt. festgehalten. Noch heute blasen che Vereinigung studierender Frauen sie zum „Volkstumskampf“, (DCVS) und den Deutsche V erband gegen „fremdvölkische Menschen“ Akademischer Frauenvereine (DVAF). Da Fazit (F. Stefan, B! Olympia, Unirat an zu dieser Zeit das Studium für Frauen* Der Ausschluss von Frauen* und ihre der Uni Wien) und zum Schutz der in Hessen und Preußen noch nicht be- Degradierung zu „schmückendem Bei- „biologische[n] und kulturelle[n] dingungslos durchgesetzt war , nahm werk“ und „treuen Ehefrauen“ steht Substanz des deutschen Volkes“; sich der VStD vor, dies zu ändern und somit ganz in der korporierten Tradition dieses sei „vor Unterwanderung gehörte somit der bürgerlichen Frauen- und hat sich seit knapp zweihundert seines Volkskörpers durch Auslän- bewegung an. Jahren, durch zwei Frauenbewegungen der wirksam zu schützen“ (B! Olympia). hindurch und trotz der ständigen F or- derung nach Veränderung, nicht geän- dert. Das ist zum einen dem immer wieder reproduzierten Sexismus der Korps-Studenten zuzurechnen, zum an- deren birgt es jedoch auch die fest ver- ankerte patriarchale Struktur der i Kurth, Alexandra. „Männer-Bünde-Rituale. Studentenverbindungen seit 1800“. Frankfurt/Main 2004, S. 132. Verbindungen. ii Siehe: Kurth, Alexandra, „Männer-Bünde-Rituale“, S. 132. iii Siehe: Kurth, Alexandra. „Männer-Bünde-Rituale“, S. 134. iv Siehe: Kurth, Alexandra. „Männer-Bünde-Rituale“, S. 134. 14
GUTE NACHT, BURSCHENPRACHT DAMENVERBINDUNGEN – EMANZIPATION GEHT ANDERS! D er Begriff „Dame“ kam im Deut- schen im 16. Jahrhundert auf und bezeichnete Frauen*, die dem Adel zu- Die Beschreibung von Damenverbin- dungen ist kurz, anderthalb Seiten zu „Frauenbild und Damenverbindung“ in runde, die mit Männern nichts zu tun haben will, noch ein ehrgeiziger Eman- zenclub oder einfach nur die weibliche gerechnet wurden. Genau wie „Herr“, einem 64-seitigen Buch zu Studenten- Kopie einer Männerverbindung.“ iii In ist der Begriff nicht nur Bezeichnung, verbindungen. Schon die ausschließlich diesem Zitat sind die klassischen V or- sondern drückt auch eine gesellschaft- männliche Form im Titel („Studenten- urteile gegen Feminisms und feministi- liche Stellung aus. Impliziert ist eine verbindungen in Deutschland“) lässt schen Frauen* vorhanden: klare Rollentrennung, und P ersonen, darauf schließen, dass die beiden Feminist_innen als Männer hassende die sich „Herr“ oder „Dame“ nennen, Autoren die Rolle der Frau* in Bur- „Emanzen“. Dieses Bild ist nur allzu oft tun dies aus einem bestimmten Ab- schenschaften und anderen Studenten- gezeichnet worden und entspricht so grenzungswille. verbindungen nicht als allzu groß gar nicht der Realität. Politische, soziale erachten. Und ja- es gibt nicht viele und ökonomische Gleichstellung von Gesellschaftliche Anerkennung Verbindungen, die Frauen* aufnehmen. Frauen* und Männern*. Diese (eindeu- „Die Rolle von Damenverbindungen und Und ja- Verbindungsstudentinnen ge- tig zu kurze und erweiterbare) Defini- von korporierten Frauen wird von der nießen nicht das gleiche Ansehen wie tion von Feminismus würden vielleicht Öffentlichkeit allgemein überschätzt. Sie ihre „Korporationsbrüder“. Doch ist das viele „Damen“ unterschreiben, doch wirken in der Männerwelt der Korpora- nicht ein klassisches Abbild der Ge- die von der Gesellschaft reproduzierten tionen als faszinier endes Kuriosum, samtgesellschaft? In fast allen Readern, Klischees haben sich in die Köpfe ein- sind allerdings fast bedeutungslos. […] Texten, Büchern zu studentischen V er- gebrannt. Viele Damenverbindungen Damenverbindungen werden […] auch bindungen stellt die feministische Kritik pflegen enge Kontakte zu Burschen- zukünftig keine Rolle spielen.“ i nur einen Bruchteil der angebotenen schaften und anderen Studentenver - Lektüre dar. Frauen* und ihre Tätigkei- bindungen iv, welche eine klare ten haben es im Allgemeinen schwerer Rollenaufteilung befürworten und beachtet zu werden. Deutschnationalis- Frauen* in die passive „Bedientesten mus, Antisemitismus, Elitenbildung- die und Anhang- Rolle“drängen. 5 gute Gründe gegen Themenfindung für Kritik bei Studen- Burschis tenverbindungen ist unermesslich. Und Unterschiede zu Studenten- doch! Die gemeinsame Schnittstelle, verbindungen 3. Antisexismus der Teil bei dem sich fast alle einig Die Liste der Damenverbindungen ist Den Burschenschaftlichen Blättern sind, ist der Ausschluss von Frauen*. lang. Über 150 Damenverbindungen gab zufolge ist die „menschliche Welt- es in Deutschland seit Gründung des ordnung [...] auf das männliche Selbstdarstellung und ersten „Vereins studentischer Frauen ausgerichtet“. Als Männerbünde Abgrenzung vom Feminismus Hilaritas“ im Jahre 1899 v. Der Großteil konservieren Burschenschaften ihr „Frauenpower statt Männerbünde“ ii, der Verbindungen ist jedoch inaktiv Idealbild einer Universität ohne lautet die Überschrift eines Artikels im oder hat sich in der Zwischenzeit auf- Frauen; ihr Frauenbild lässt noch Kölner Stadtanzeiger und demzufolge gelöst. Die Zahl der aktiven Damenver- jenes der vatikanischen Glaubens- haben Damenverbindung allein auf- bindungen beschränkt sich demzufolge kongregation als progressiv grund des biologischen Geschlechts auf ca. 50 vi. Die Unterschiede zwischen erscheinen. Prägend für ihr ihrer Mitglieder einen emanzipativen Damen- und Studentenverbindungen Männerbild sind die Ideale der Charakter. Dass dem absolut nicht so sind unter anderem, dass die selbster- Härte, des Ertragenkönnens und ist, wird klar bei der Hinterfragung des nannten „Damen“ das Fechten nicht zu soldatischer Untertänigkeit sowie Frauen*bildes der jeweiligen „Damen“. ihren Tätigkeiten zählen. Sie sind keine die Karikatur eines Pseudo- Es stellt sich heraus, dass viele mit schlagenden Verbindungen und fügen rebellentums. (Bekennende) dem „Feminismus“ nichts am Hut sich keine Mensuren zu. Stattdessen Homosexuelle werden in Bur- haben und auch nicht haben wollen. treffen sie sich anscheinend, um „jun- schenschaften nicht geduldet. „Wir sind weder eine Kaf feekränzchen- gen Frauen die Eingewöhnung ins Stu- 15
DAMENVERBINDUNGEN – EMANZIPATION GEHT ANDERS! dium sowie in das gesellschaftliche Hierarchisch, praktisch, gut? Leben […] zu erleichtern.“ vii, an Vorträ- Konvente, Sekt trinken und Freund- 5 gute Gründe gegen gen und Konventen teilzunehmen und schaften knüpfen- ist das wirklich alles Burschis um Partys zu veranstalten. Doch diese was Damenverbindungen ausmacht? Beschreibung verharmlost und vergisst 4. Anti-Elitismus Nein. Durchbricht man die Fassade, der das Seilschaftenprinzip, das Damenver- Die „Massenuniversität“, an der hellblau-rosa gehaltenen Homepages bindungen ebenso wie Studentenver- auch Arbeiter_innenkinder und der jeweiligen Damenverbindung mit bindungen männlicher Studierender zu Frauen studieren dürfen, ist den ihren freundschaftlichen und enthusi- ihren Charakteristika zählen und des- Burschis ein Greuel. Ihr Eigenbild astischen Formulierungen und begibt sen Grundlage der Elitegedanke ist.Das entspricht jenem einer „Wert- sich hinter die martialisch anmutenden Seilschaftenprinzip ist dazu da, den elite“, die gleichzeitig gesell- Wappen, so erkennt man die eigentli- Mitgliedern Vorteile zu verschaffen und schaftliche Funktionselite zu sein chen Eigenschaften und Ziele der stu- zum beruflichen Erfolg zu verhelfen. habe; als männlich-konservative dentischen Zusammenschlüsse. Elitenreproduktionsstätten zielen Elitenbildung, Konservatismus, Nationa- Bezogen auf die Fächerauswahl der Stu- sie auf die Abwehr eines gesell- lismus, Obrigkeitstreue und das gesell- dentinnen ist auf fällig, dass es nicht schaftlichen Aufstieges von schaftliche Idealbild einer hierarchisch wie bei den Männern auf Medizin, Jura, Frauen, „Fremdvölkischen“, An- organisierten Gesellschaft mit bürgerli- BWL und andere gesellschaftlich aner - dersdenkenden und Unterprivile- chen Werten. kannte Fächer mit guten Berufschancen gierten. In ihren Reden vom beschränkt ist, sondern dass auch ei- „Leistungsprinzip“ offenbaren sie Damenverbindungen bilden also keine nige dabei sein, die „typische Repro- einen Sozialdarwinismus, der im emanzipative Ausnahme im V erbin- duktions- und Erziehungsfächer“ wie Dienste der Absicherung rechter dungswesen, sondern vertreten selbst Pädagogik und Lehramt studieren. und männlicher Herrschaft und meist die gleichen W erte wie ihre Privilegien steht. männlichen Kollegen. i Krebs, Felix; Kronauer Jörg. „Studentenverbindungen in Deutschland. Ein kritischer Überblick aus antifaschistischer Sicht.“, Unrast, 2010, S. 17. ii Kölner Stadtanzeiger: „Frauenpower statt Männerbünde“, Zugriff am 25.07.2012 unter http://www.ksta.de/campus/frauenpower-statt- maennerbuende,15189650,13250726.html. iii Akademische Damen-Verbindung Laetitia zu Aachen. „Wir über uns“. adv-laetitia.de iv Siehe: „Frauenpower statt Männerbünde“. ksta.de v Damenverbindung Lysitrata. „Übersicht der Damenverbindungen“. Lysi.de vi Damenverbindung Lysitrata. „Übersicht der Damenverbindungen“. lysi.de vii ADV Selenia. „Wir über uns“. advselenia.de 16
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