HAMBURG 2040 ZUKUNFTSPLAN HAFEN - STANDPUNKTE
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Inhalt Zukunftsplan Hafen Inhaltsverzeichnis Executive Summary 3 Vorwort 6 I. Bedeutung des Hamburger Hafens 7 II. Externe Rahmenbedingungen 8 III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse 9 IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens 14 V. Anhang 20 Anhang 1: Flächenentwicklung 20 Anhang 2: Checkliste relevanter Verkehrsinfrastrukturprojekte in der Metropolregion Hamburg 40 Anhang 3: Übersicht der Wasserstoffprojekte in Norddeutschland 40 2
Zukunftsplan Hafen Executive Summary Executive Summary Der Hamburger Hafen ist Knotenpunkt eines weltweiten Auf der Habenseite steht, dass Hamburg mit der festen Transportnetzes, das interkontinentale Bewegungen von Fehmarnbeltquerung ab 2030 zur südlichsten Stadt Gütern und Zwischengütern und damit einen Teil der Skandinaviens wird. Ein weiterer Pluspunkt ist Ham- Globalisierung erst möglich macht. Dabei ist auch der burgs geografische Nähe zu den Windkraftanlagen in Hafen selbst ständig in Bewegung und muss sich konti- der Nordsee, die durch den Klimawandel und den Fokus nuierlich den sich ändernden Rahmenbedingungen an- auf erneuerbare Energien immer mehr an Bedeutung passen. Die fortschreitende weltweite Arbeitsteilung, der gewinnen. Wenn Hamburg schließlich die Chancen sich daraus ergebende Wandel der Wirtschaftsbeziehun- nutzt, innovative und nachhaltige Industrien im Hafen- gen, die Digitalisierung und die wachsenden Herausfor- gebiet anzusiedeln, und die Möglichkeiten der Digitali- derungen angesichts endlicher Ressourcen und des Kli- sierung, zum Beispiel im Bereich autonomer Systeme mawandels: Das sind die Transmissionsriemen dieser und Mobilität konsequent ausschöpft, dann wird der rasanten Entwicklung in den letzten beiden Dekaden. Die Hamburger Hafen auch in Zukunft seine Rolle als tra- lange Zeit enormen Steigerungsraten des Welthandels, gende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung Hamburgs insbesondere nach dem Fall des Eisernen Vorhangs so- behaupten können. Denn neben seiner Funktion als Wa- wie der Öffnung Chinas, haben für den Hamburger Ha- renumschlagplatz ist der Hafen vor allem der entschei- fen eine Komfortzone geschaffen. Dabei sind die not- dende Standortfaktor für einen großen Teil der Hambur- wendigen Weichenstellungen für die Zukunft zu sehr ger Wirtschaft. aus dem Fokus der Politik geraten. Das Ergebnis: Ham- burg hat bei der Umschlagentwicklung in den letzten Auf der Grundlage einer SWOT-Analyse soll dieses Papier zehn Jahren im Vergleich zu den großen Konkurrenten aufzeigen, wie der Hamburger Hafen zum Motor und In- Antwerpen und Rotterdam deutlich verloren. novationstreiber für die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs und für ganz Norddeutschland ausgebaut Das Netz der weltweiten Handelsströme wird aufgrund werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, werden vier aktueller Handelsvereinbarungen, zum Beispiel durch zentrale Handlungsfelder definiert, die jeweils mit kon- das neue Handelsabkommen im asiatisch-pazifischen kreten Forderungen unterlegt sind. Für eine erfolgreiche Raum RCEP, und aufgrund globaler Handelsstreitigkei- Zukunft des Hafens müssen diese Punkte in den neuen ten weiterhin einem permanenten Wandel unterworfen Hafenentwicklungsplan der Freien und Hansestadt sein. Für Hamburg und den Hafen gibt es eine zusätzli- Hamburg einfließen. Über die jüngst veröffentlichte che Herausforderung: Mit dem Bau neuer transalpiner Umschlagprognose der Hamburg Port Authority hinaus Bahnverbindungen wird seine traditionell starke Stel- sollte diesem Plan eine umfassende, von einem interna- lung als Bahnhafen für Südosteuropa künftig immer tional ansässigen Institut zeitnah erstellte Potenzialana- stärker herausgefordert. Zudem gerät der Hafen durch lyse zugrunde liegen, die auch ein Benchmarking der die Veränderung der Schiffsgrößen in der Container- Erfolgsfaktoren anderer Häfen enthält. schifffahrt und das infrastrukturelle Aufrüsten einiger Ostseehäfen als Transshipment-Hafen für die Ostsee zu- nehmend unter Druck. 3
Executive Summary Zukunftsplan Hafen Abbildung 1: Ziele für den Hafen Hamburg 2021–2040 © Handelskammer Hamburg 2020 1. Regulatorische und infrastrukturelle 2. Ladung binden und generieren Wachstumshemmnisse beseitigen Regulatorische und infrastrukturelle Standortfaktoren Die Lage des Hamburger Hafens im Herzen einer fünf sind die Kernfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit des Millionen Einwohner zählenden Metropolregion mit ei- Hamburger Hafens. Sie bestimmen maßgeblich seine ner starken industriellen Basis ist ein großer Standort- Stellung im internationalen Standortwettbewerb. Not- vorteil. Generieren und Sichern von Umschlag darf aber wendige Maßnahmen zur Stärkung sind: kein Selbstzweck sein, sondern muss der Steigerung von • Umfassenden Ausbau der Infrastruktur im und um den Wertschöpfung in Hamburg, der Metropolregion und Hafen vorantreiben ganz Norddeutschland dienen. Notwendige Maßnah- • Kerngeschäft der Hamburg Port Authority (HPA) be- men dafür sind: darfsgerecht finanzieren • Ansiedlungskampagne für hafenaffine Industrie- und • Wassertiefen im gesamten Hafengebiet und im Zulauf Logistikunternehmen in Hamburg sowie für die Unter- dauerhaft sicherstellen elberegion durchführen; Hafenkooperation entlang der • Hinterlandanbindungen konsequent ausbauen und Unterelbe intensivieren Trassenpreise wettbewerbsfähig halten • Industrielle Nutzung im Hafen durch entsprechende • Verwaltungsprozesse vereinfachen und digitalisieren; Flächenentwicklung und Projekte gezielt stärken Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Bau- • Weitere Terminalbeteiligungen („Dedicated Terminals“) phasen beschleunigen; Investitionsmittel verstetigen ermöglichen, wo dies unter Berücksichtigung knapper • EU-Vorgaben pragmatisch und wirtschaftsfreundlich Liegeplatzkapazitäten dem Ziel der Ladungsbindung umsetzen und -generierung dient • Verrechnungsmodell bei der Einfuhrumsatzsteuer zeit- • Norddeutsche Seehäfen gemeinsam vermarkten; Mar- nah einführen ketingbudgets im Vergleich zu den Westhäfen wettbe- werbsfähig gestalten • Preisliche Wettbewerbsfähigkeit verbessern; privaten Wettbewerb stärken 4
Zukunftsplan Hafen Executive Summary 3. Innovationen vorantreiben und neue 4. Stadt- und Hafenentwicklung synerge- Wertschöpfungsketten etablieren tisch betreiben Der Hamburger Hafen muss als Innovationstreiber für Die Lage des Hafens inmitten einer Metropole hat zahl- die Industrieentwicklung positioniert werden. Dabei reiche Vorteile, birgt allerdings auch Herausforderungen müssen die relevanten Trends des 21. Jahrhunderts und – insbesondere durch Nutzungskonflikte mit der unmit- die Herausforderungen des Klimawandels angemessen telbar angrenzenden Wohnbevölkerung. Eine Weiterent- berücksichtigt werden. Es muss Raum für entsprechende wicklung des Hafens muss jedoch nicht im Gegensatz zu unternehmerische Aktivitäten (z. B. 3-D-Druck, Biotech- einer erfolgreichen Stadtentwicklung stehen. Notwendi- nologie oder Wasserstoff) geschaffen werden. Notwen- ge Maßnahmen sind: dige Maßnahmen sind: • Den neuen, von der Stadt Hamburg geplanten Stadtteil • Projekte für Träger und Antriebe erneuerbarer Energien Grasbrook konsequent zum Innovationsquartier mit in norddeutscher Kooperation initiieren und vorantrei- internationaler Magnetwirkung für hochinnovative ben Unternehmen und qualifizierte Fachkräfte entwickeln • Digitalisierung von Hafenunternehmen insbesondere • Immissionsschutzrechtliche Einschränkungen angren- über den Breitband- und 5-G-Ausbau fördern und da- zender Hafenbetriebe verhindern bei Cybersicherheit gewährleisten • Hafenbetriebe, die trotz bestmöglicher Maßnahmen • Unternehmen und Start-ups aus neuen Branchen, bei- nicht geschützt werden können, müssen alternative spielsweise aus dem Bereich neue Materialien auf Basis Flächen ohne wirtschaftliche Nachteile bekommen nachwachsender Rohstoffe und Nanotechnologie, im • Neue Industriequartiere auch entlang der Unterelbe Hafen oder am Hafenrand ansiedeln entwickeln • Hamburger Netzwerk für autonome Systeme und au- • Hafenerweiterungsgebiet Moorburg zu einem Energie- tonome Mobilität aufbauen; Hamburg zur Modellstadt und Klimahafen entwickeln für autonome Systeme machen • Kreuzschifffahrtsstandort als Impulsgeber für alterna- tive Schiffsantriebe und Landstrom sowie als Wert- schöpfungsquelle in Hamburg erhalten und stärken • Erfolg des Hafens anhand eines Hafen-Wertschöp- fungsindexes messen 5
Vorwort Zukunftsplan Hafen Vorwort Häfen sind die Dreh- und Angelpunkte der Welthandels- nachhaltige Industrien im Hafengebiet anzusiedeln und ströme und damit der Globalisierung. Der Hamburger die Digitalisierung zum Beispiel im Bereich autonomer Hafen als großer Seehafen ist dabei tragender Teil dieses Systeme und Mobilität zu nutzen. Der Hafen könnte In- Transportnetzes, das globale Bewegungen von Gütern novationsmotor und Treiber der industriellen Entwick- und Vorprodukten ermöglicht. Gleichzeitig befindet sich lung Hamburgs werden. Mit dem vorliegenden Papier der Hamburger Hafen selbst ständig im Wandel. Die wollen wir aufzeigen, wie der Hamburger Hafen im Sin- fortschreitende weltweite Arbeitsteilung, die daraus re- ne der von der Handelskammer initiierten „Hamburg sultierenden Effekte auf Handels- und Wirtschaftsbezie- 2040“-Strategie in die Zukunft geführt und zum Impuls- hungen, technologische Entwicklungen und Innovatio- geber für die Entwicklung von Zukunftsindustrien in nen sowie wachsenden Herausforderungen angesichts Hamburg und ganz Norddeutschland werden kann. endlicher Ressourcen und des Klimawandels – das sind Hierfür sind herausragende Konzepte und gezielte In- zentrale Transmissionsriemen dieser Entwicklung. Die vestitionen in die Infrastruktur notwendig. Zugleich lange Zeit rasante Steigerung des Welthandels hat für müssen Räume und Impulse für Innovationen geschaf- den Hamburger Hafen allerdings eine Komfortzone ge- fen werden. Das unmittelbare Hafengebiet, aber auch schaffen. Dadurch sind die notwendigen Weichenstel- die umliegenden Quartiere bieten den geeigneten Nähr- lungen für die Zukunft zum Teil aus dem Blick der Politik boden dafür. Projekte der Stadtentwicklung und der geraten. Die Folge: Im Vergleich zu den großen Konkur- Ausbau des Hafens müssen dabei kein Gegensatz sein. renzhäfen Antwerpen und Rotterdam hat Hamburg seit Wichtig ist es, dass die Wachstumsbedingungen aller der Finanzkrise 2008/2009 spürbar Marktanteile verlo- Unternehmen deutlich verbessert werden und zahlrei- ren. che neue Arbeitsplätze für die wachsende Bevölkerung entstehen. Wenn die genannten Herausforderungen an- Die Weltwirtschaft unterliegt derzeit einem neuen, gra- genommen werden, sind wir überzeugt: Der Hafen bleibt vierenden Umwälzungsprozess: Der weiterhin schwe- ein Herzstück der Hamburger Wirtschaft. lende Handelsstreit zwischen China und den USA, der Austritt Großbritanniens aus der EU, das neue Handels- Um die Handlungsstrategie in diesem Standpunktepa- abkommen im asiatisch-pazifischen Raum RCEP, die Be- pier erfolgreich umzusetzen, bedarf es der engen Koope- mühungen Chinas um die Neue Seidenstraße – all dies ration mit dem Hamburger Senat. Dessen neuem Hafen- wird dazu führen, dass sich das Netz der weltweiten Han- entwicklungsplan 2040 sollte eine unabhängige delsströme weiter verändert. Durch das Wachstum der Potenzialanalyse vorangestellt werden, die auch als Ein- Schiffsgrößen in der Containerschifffahrt und das infra- stieg für eine Diskussion mit den Stakeholdern des Ha- strukturelle Aufrüsten einiger Ostseehäfen steht Hamburg fens dient. Die Handelskammer bietet sich hierbei gern als Transshipment-Hafen für die Ostsee zusätzlich unter als Impulsgeber und fachlicher Sparringspartner an. Druck. Schließlich wird mit den neuen transalpinen Bahn- verbindungen Hamburgs starke Stellung als Bahnhafen für Südosteuropa zukünftig nachhaltig herausgefordert. Was Handelskammer Hamburg Mut macht: Die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Au- ßenelbe ist auf der Zielgeraden. Die feste Fehmarnbeltque- rung kommt, ab 2030 wird Hamburg zur südlichsten Stadt Skandinaviens mit attraktiver Hinterlandanbindung bis nach Schweden. Mit der durch den Klimawandel getriebe- Prof. Norbert Aust Dr. Malte Heyne nen Fokussierung auf die erneuerbaren Energien kann Präses Hauptgeschäftsführer Hamburg seine geografische Nähe zu den Windkraftan- lagen der Nordsee als Trumpf ausspielen. Außerdem hat die Stadt die Möglichkeit, auch innovative und 6
Zukunftsplan Hafen I. Bedeutung des Hamburger Hafens I. Bedeutung des Hamburger Hafens Der Hafen war im 19. Jahrhundert eine entscheidende industrie, deren Rohstoffe, Vor- und Endprodukte per Ursache für den Aufstieg der Stadt und ist bis heute tra- Schiff transportiert werden. Auch die Chemie- und Ener- gende Säule für den gesamten Wirtschaftsstandort. Als giebranche ist im Hafengebiet ansässig, das in seiner Tor zur Welt prägt er Hamburg zudem seit Jahrhunder- Heterogenität und gegenseitigen Abhängigkeit einem ten als weltoffene und multikulturelle Hansestadt. Ne- Ökosystem gleicht (s. Abbildung 2). ben seiner Funktion als Warenumschlagplatz ist der Ha- fen vor allem der entscheidende Standortfaktor für Darüber hinaus kommt dem Hamburger Hafen auch für einen großen Teil der Hamburger Wirtschaft – von der die Exportnation Deutschland eine Schlüsselrolle zu: Industrie über die Logistikbranche bis hin zum Touris- Denn mehr als 90 Prozent der weltweit gehandelten Gü- mus. So finden sich im Hafengebiet und weit darüber ter werden über den Seeweg transportiert. Welche Leis- hinaus zahlreiche hafenaffine Industriebetriebe. Zu nen- tungen die deutschen Seehäfen hierbei für die gesamte nen sind hier zum Beispiel die Grundstoff- und Schwer- deutsche Volkswirtschaft erbringen, hat die IHK Nord in Abbildung 2: Impulsgeber für die Industrie in Hamburg © Handelskammer Hamburg 2020 In Anlehnung an P. Cordes/Dr. M. Kuckartz, „Hamburgs Industrie im Wandel“, Handelskammer Hamburg (Hrsg.), 2000, S. 42 7
II. Externe Rahmenbedingungen Zukunftsplan Hafen einer Sonderauswertung der Seeverkehrsprognose des Hafenwirtschaft Arbeitsplätze in der hafenabhängigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruk- Industrie auch weit über die Hafenstandorte hinaus si- tur (BMVI) im Oktober 2015 ermittelt. So werden rund chert. Zusammen mit den direkt umschlagabhängig Be- zwei Drittel des deutschen seewärtigen Außenhandels schäftigten und jenen der erweiterten Hafenwirtschaft über die deutschen Seehäfen abgewickelt. In der Studie sowie weiteren indirekten Beschäftigungseffekten wer- wurde dabei ein wertmäßiges Volumen von 359 Milliar- den insgesamt bis zu 5,6 Millionen Arbeitsplätze und ein den Euro ermittelt sowie eine deutliche Steigerung bis Wertschöpfungseffekt von bis zu 400 Milliarden Euro 2030 vorausgesagt. Wie stark die Abhängigkeit der au- ermittelt. Ein nicht unerheblicher Teil davon geht auf das ßenhandelsorientierten Industrie von den deutschen Hä- Konto von Deutschlands größtem Seehafen Hamburg. So fen ist, zeigt auch eine im Auftrag des BMVI federfüh- beläuft sich der Anteil Hamburgs am gesamten deut- rend durch das Institut für Seeverkehrswirtschaft und schen Seegüterumschlag auf rund 40 Prozent. Bezieht Logistik (ISL) erstellte Studie, deren Hauptergebnisse in man zusätzlich den Umschlag der deutschen Binnenhä- Abbildung 3 dargestellt sind (linke Box). Die ISL-Studie fen mit ein, beläuft sich der Anteil Hamburgs immer gibt einen Überblick über wirtschaftliche Effekte der noch auf rund 23 Prozent. deutschen Häfen und kommt zu dem Schluss, dass die Abbildung 3: Hafenabhängige Beschäftigung und Wertschöpfung / Umschlaganteil Hafen Hamburg Quellen: ISL-Studie „Untersuchung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der deutschen See- und Binnenhäfen auf Grundlage ihrer Beschäftigungswirkung“, Mai 2019; Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4 und Reihe 5, 2019; eigene Berechnungen © Handelskammer Hamburg 2020 II. Externe Rahmenbedingungen Der Transport von Gütern und Vorprodukten ist die unterliegen. Derzeit überlagern die Auswirkungen der Grundlage für die internationale Arbeitsteilung, von der Coronapandemie jedoch alle anderen globalen Entwick- Deutschland und ganz besonders Hamburg enorm profi- lungen. Die in Deutschland und bei den meisten Handel- tieren. Globale Handelskonflikte und protektionistische spartnern notwendig gewordenen Maßnahmen zur Pan- Tendenzen wirken sich daher sowohl auf die wirtschaft- demiebekämpfung – vor allem die Lockdowns in China liche Entwicklung als auch auf das Transportwachstum und Deutschland – ließen den Containerumschlag im negativ aus. Der Handelsstreit zwischen China und den Hamburger Hafen in den drei ersten Quartalen 2020 um USA, der Austritt Großbritanniens aus der EU, das neue minus 9,9 Prozent einbrechen, wobei besonders die ein- Handelsabkommen im asiatisch-pazifischen Raum geschränkte Industrieproduktion im Frühjahr tiefe Spu- (RCEP), die Bemühungen Chinas um die Neue Sei- ren hinterließ. Weniger hart wurden die Westhäfen ge- denstraße – all dies wird dazu führen, dass die weltweiten troffen (Rotterdam -4,7 %, Antwerpen -0,1 %), was zu Handelsströme weiterhin regelmäßigen Veränderungen einer weiteren Verschiebung der Marktanteile führt. 8
Zukunftsplan Hafen III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse Insgesamt haben sich die internationalen Logistikketten Industriebetrieben im Hafen. Im Jahr 2019 wurden mit aber trotz widrigster Bedingungen als relativ robust er- der Hafenbahn insgesamt rund 48 Millionen Tonnen Gü- wiesen. Dank einer vergleichsweise guten Entwicklung ter transportiert. Im abgestimmten Zusammenspiel mit zum Jahresende 2020 erweisen sich Hafen und Logistik den anderen Verkehrsträgern Straße und Binnenschiff mithin als Stütze der Hamburger Wirtschaft. wird eine flexible und effiziente Abwicklung der Hinter- landverkehre gewährleistet. Die Nähe zum Nord-Ost- Mit Blick auf die protektionistischen Tendenzen großer see-Kanal (NOK) ist im Vergleich zu den Westhäfen im Volkswirtschaften zeigt die Coronakrise sehr deutlich, Transshipment-Bereich ein strategischer Vorteil – der im wie wichtig ein reibungsloser Welthandel für die Versor- Zuge der erfolgten Elbvertiefung noch stärker genutzt gung mit Gütern des Alltagsbedarfs sowie aktuell vor werden kann. Digitale Lösungen wie das Hamburg Vessel allem mit lebenswichtigen Medikamenten und medizini- Coordination Center (HVCC) gewährleisten eine opti- scher Schutzausrüstung ist. Insbesondere bei Letzteren mierte Verkehrssteuerung der Schifffahrt im Zu- und gibt es Überlegungen, durch eine teilweise Rückverlage- Ablauf des Hafens. Darüber hinaus hat Hamburg relativ rung der Produktion ins Inland internationale Abhängig- wenige Streiktage und damit verbundene Einschränkun- keiten zu reduzieren. Die Diskussion um damit einherge- gen im Betrieb zu verzeichnen. hende Kostensteigerungen veranschaulicht jedoch sehr gut, warum sich eine internationale Arbeitsteilung – mit Die geografische Lage des Hamburger Hafens ermög- der Konzentration einzelner Länder auf ihre jeweiligen licht den Transport per Seeschiff ohne zusätzlichen Um- komparativen Vorteile – so sehr etabliert hat. Ein gene- schlag bis tief ins Binnenland. In der Kombination des relles Zurückschrauben der Globalisierung hätte erhebli- energieeffizientesten Verkehrsmittels Seeschiff (bezogen che negative Wohlfahrtseffekte. Dies gilt besonders für auf das Transportvolumen) mit dem hohen Anteil des Deutschland, dessen hoher Lebensstandard zu einem besonders umweltfreundlichen Verkehrsträgers Bahn im großen Teil auf seiner starken internationalen Verflech- Hinterlandverkehr ist der Hamburger Hafen schon heute tung („Exportweltmeister“) basiert. In einzelnen Berei- sehr klimaschonend aufgestellt. Zugleich treiben inno- chen könnte sich allerdings durch technologische Ent- vative mittelständische Unternehmen die Energiewende wicklungen wie den 3-D-Druck eine Regionalisierung durch konkrete Maßnahmen, wie den Einsatz von Bio- von Lieferketten ergeben. Eine politisch motivierte Deg- CNG oder Lkw-Umrüstungen auf Wasserstoffantrieb, lobalisierung – zum Beispiel durch die beschriebenen auch im Straßengütertransport voran. Handelskonflikte – muss allerdings in Hinblick auf die damit verbundenen Wohlfahrtseinbußen verhindert Die Lage des Hamburger Hafens im Zentrum einer pros- werden. perierenden, 1,9 Millionen Einwohner zählenden Groß- stadt sowie einer 5 Millionen Einwohner umfassenden Die digitale Disruption hat zusammen mit Industrie 4.0, Metropolregion führt zu einem relativ hohen Anteil lo- 3-D-Druck und Dekarbonisierung das Potenzial, die Lie- kaler Ladung (LoCo-Quote) von rund 30 Prozent. Dies ferketten der Zukunft nachhaltig zu verändern. Diese stellt einen stabilisierenden Faktor für den Gesamtum- Entwicklungen stellen für Hafen- und Industriestandor- schlag dar. te eine enorme Herausforderung dar, bieten zugleich aber auch große Chancen, um durch geeignete Wei- chenstellungen zukunftsfähige Wachstumspfade einzu- b) Schwächen schlagen. Trotz der großen Vorzüge krankt der Hamburger Hafen bereits seit einem Jahrzehnt an einer Wachstumsschwä- III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: che bei der Umschlagentwicklung. Gemäß einer aktuel- SWOT-Analyse len Prognose im Auftrag der Hamburg Port Authority wird der Containerumschlag bis Mitte der 2030er-Jahre a) Stärken maximal auf rund 14 Millionen TEU – und damit deutlich weniger als noch vor wenigen Jahren vorhergesagt – Der Hamburger Hafen punktet mit seinen gut ausgebau- steigen. Die Wettbewerbshäfen Antwerpen und Rotter- ten Hinterlandanbindungen und einem hohen Bahnan- dam, aber auch andere Konkurrenzhäfen etwa im Mittel- teil im Modal Split von rund 50 Prozent. Mit mehr als meerraum entwickeln sich deutlich dynamischer. 1 300 wöchentlichen Güterzug-Verbindungen ist Ham- Hervorzuheben ist der Hafen Piräus, dessen Container- burg der größte Bahnhafen Europas. Die Hamburger Ha- umschlag sich nach dem Einstieg der China Ocean Ship- fenbahn bietet mit ihrem rund 300 Kilometer umfassen- ping Company (Cosco) von 667 000 TEU im Jahr 2009 den Gleisnetz Zugang zu allen Terminals und auf 5,6 Millionen TEU in 2019 vervielfachte. Mit dem 9
III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse Zukunftsplan Hafen Ziel, Piräus als Brückenkopf im Asien-Europa-Verkehr zu Im Vergleich zu den konkurrierenden Häfen sind weitere etablieren, hat Cosco dort Hunderte Millionen Euro in Schwächen Hamburgs zu konstatieren: Dazu zählt eine Ausbau und Modernisierung des Hafens investiert und unübersichtliche und teils ungünstige Kostenstruktur für die Ladung im gleichen Zuge mitgebracht. Abbildung 4 Hafenanläufe. So fällt etwa gegenüber dem beim Cont- stellt die Entwicklung des Containerumschlags im Ham- ainerumschlag führenden europäischen Hafen Rotter- burger Hafen im Vergleich zu den restlichen Top-20-EU- dam auf, dass die lange Revierfahrt auf der Elbe mit hö- Häfen dar – darunter auch Mittelmeer- und Ostseehä- heren Lotskosten verbunden ist, auch wenn dies auf der fen. anderen Seite mit deutlich niedrigeren Kosten für den Landtransport einhergeht. Zum anderen macht sich eine Die wachsenden Schiffsgrößen in der Containerschiff- im Schnitt geringere Produktivität angesichts relativ ho- fahrt und das infrastrukturelle Aufrüsten einiger Ostsee- her Arbeitskosten bei den Umschlagkosten bemerkbar. Je häfen (Danzig, St. Petersburg) führen dazu, dass Hamburg Move fallen unabhängigen Erhebungen zufolge mehr als als Transshipment-Hafen für die Ostsee auf erstarkende 30 Prozent höhere Umschlagkosten als in Rotterdam Wettbewerber trifft. Heute fahren nicht mehr nur von oder Antwerpen an. Eine Hamburger Besonderheit stel- Hamburg und anderen Häfen der Nordrange beladene len zudem die sogenannten Tonnage Dues als Abgabe Feederschiffe in die Ostsee, sondern auch große Cont- für die Liegeplatznutzung am Terminal dar, welche direkt ainerschiffe direkt von den weltweiten Hauptrouten. We- an die Terminalbetreiber entrichtet werden müssen. In gen der langen Revierfahrt auf der tideabhängigen Elbe Antwerpen und Rotterdam wird diese Gebühr nicht ex- und dem für diese Schiffe zu kleinen Nord-Ostsee-Kanal plizit erhoben, sondern ist Teil des von den jeweiligen geht Hamburg beim weiteren Ausbau dieser Verbindun- Hafenverwaltungen für die Nutzung der Hafeninfra- gen teilweise leer aus. Auch bei der Wassertiefeninstand- struktur erhobenen Hafengelds. haltung spielt die Besonderheit des tideabhängigen Flus- ses eine große Rolle. Während die Fahrrinnenanpassung Hinzu kommen lediglich langsame Fortschritte bei der Op- der Unter- und Außenelbe planmäßig bis Ende 2021 abge- timierung von Verwaltungsprozessen im Hafen. Das be- schlossen sein wird, sind in den letzten Jahren die Klagen trifft unter anderem die Einrichtung eines One-Stop- über Mindertiefen in den Hafenbecken lauter geworden. Shops für Zoll, Veterinär- und Einfuhramt sowie Für die Schlickentsorgung gibt es mit der Ablagerungs- gegebenenfalls weitere Behörden, die nach aktuellen Aus- stelle vor Neßsand („Kreislaufbaggerei“) und der in ihrer sagen nicht vor 2025 umgesetzt sein wird. Bremsende Kapazität beschränkten Tonne E3 in der Nordsee aktuell Wirkung haben überdies unklare Behördenzuständigkei- nur wenig nachhaltige und sehr teure Lösungen. ten, lange Genehmigungsverfahren, ein hoher Investiti- Abbildung 4: Umschlagentwicklung Hamburgs im Vergleich zu den restlichen Top-20-EU-Häfen Quelle: Eurostat; eigene Darstellung © Handelskammer Hamburg 2020 10
Zukunftsplan Hafen III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse onsbedarf bei wichtigen Infrastrukturen sowie eine gerin- Jahre aufgelaufenen Investitionsstau – zu einer hohen ge Offenheit für Terminalbeteiligungen. In den Westhäfen Anfälligkeit für Störungen und Staus im bestehenden konnten sich nicht nur mehrere Linienreedereien, sondern Infrastrukturnetz. So ist das Schienennetz auf den Zu- auch große, weltweit agierende Terminalkonzerne beteili- laufstrecken von und nach Hamburg oft überlastet, es gen und aktiv werden. Dies trug dort zur Ladungsbindung fehlen weitere Elbquerungen für Schiene und Straße so- und -generierung bei und war damit ein nicht unerhebli- wie stadtnahe Autobahnbypässe. Hinzu kommt, dass die cher Faktor für die deutlich dynamischere Umschlagent- föderale Zusammenarbeit mit benachbarten Bundeslän- wicklung. Die Westhäfen hatten in den letzten Jahren dern bezüglich Infrastrukturplanungen und politischen auch deshalb eine günstigere Kosten- und Produktivitäts- Priorisierungen oft als Bremsklotz wirkt (Anhang 2 ent- entwicklung, weil sie eine wettbewerbsorientierte Struk- hält eine Checkliste über den Status quo relevanter Ver- tur mit einer Konzentration der öffentlichen Hand auf die kehrsinfrastrukturprojekte in der Metropolregion Ham- Hafenverwaltung sowie mit einer großen Offenheit für burg). private Investoren etabliert haben. Die nachfolgende SWOT-Analyse in Abbildung 5 fasst Schließlich führt die eigentlich positiv zu bewertende die oben ausgeführten Stärken und Schwächen – ebenso Lage des Hamburger Hafens inmitten eines Ballungszen- wie die im Weiteren erläuterten Chancen und Risiken – trums – insbesondere in Verbindung mit einem über die zusammen. Abbildung 5: SWOT-Analyse für den Universalhafen Hamburg © Handelskammer Hamburg 2020 11
III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse Zukunftsplan Hafen c) Chancen Die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens hängt zesse, Treibstoffe und alternative Antriebe (z. B. Brenn- von zahlreichen Faktoren und Rahmenbedingungen ab, stoffzellen). Denn dafür ist Hamburg als leistungsfähiger die auf unterschiedlichen regionalen Ebenen und mit Hafen- und Industriestandort in der Nähe zu Offsho- unterschiedlichem zeitlichen Vorlauf verändert werden re-Windparks prädestiniert. Die ehrgeizigen Ziele im können. Ein zentraler Faktor ist konkret die seeseitige Rahmen des „Green Deals“ der EU, der mit Investitions- Erreichbarkeit. Mit der baldigen Fertigstellung der Fahr- mitteln von insgesamt rund einer Billion Euro verbunden rinnenanpassung der Unter- und Außenelbe bietet sich ist, erfordern eine konsequente Dekarbonisierung der die Chance, Ladung und damit Marktanteile zurückzuge- Sektoren Chemie, Energie, Verkehr und Wärme. Die kon- winnen. Elementare Verkehrsprojekte wie die A26 Ost junkturellen Effekte durch diese umfassenden Program- (Hafenpassage) sowie eine neue Köhlbrandquerung me müssen dafür genutzt werden. Auf dem Weg zur Kli- werden die Hinterlandanbindungen optimieren und maneutralität dieser Sektoren wird grüner Wasserstoff Hamburgs Standortvorteile stärken. Mit der festen Feh- eine Schlüsselrolle spielen. Er macht aus erneuerbaren marnbeltquerung ab 2030 wird Hamburg zur südlichs- Quellen erzeugte Energie speicherbar und für die Produk- ten Stadt Skandinaviens (s. Abbildung 6). Der Hamburger tionsprozesse in der Grundstoff- und Chemieindustrie Hafen kann hierdurch seine Stellung als größter Bahn- nutzbar. Im Verkehrsbereich sind potenzielle Einsatzgebie- hafen Europas bis nach Schweden weiter stärken. Es er- te vor allem im Schwerlast-, Schiffs- und Luftverkehr ge- gibt sich damit die Chance, verloren gegangene Transs- geben – ob als Bestandteil synthetischer Treibstoffe oder hipment-Ladung zu kompensieren und seine Bedeutung als Hauptenergiequelle. Die Entwicklung und Herstellung als Seehafen für Skandinavien zu stärken. Im Verbund von alternativen Antrieben, insbesondere für Lkw, Züge, mit den norddeutschen Seehäfen kann auch durch das Schiffe und Flugzeuge, bietet zusätzliche Chancen, die in- gemeinsame Hafenmarketing die internationale Wahr- dustrielle Wertschöpfung am Standort zu stärken. nehmung der Vorteile der deutschen Seehäfen in den ausländischen Zielmärkten deutlich geschärft werden. Weitere Potenziale bietet die Entwicklung neuer Materi- alien aus nachwachsenden Rohstoffen. Zusammen mit Eine große Chance bietet zudem die Fokussierung auf dem am Standort bereits vorhandenen 3-D-Druck-Netz- erneuerbare Energien und CO2-neutrale Produktionspro- werk und dem Know-how im Bereich Nanotechnologie Achse Hamburg–Kopenhagen Abbildung 6: Fehmarnbelt-Region © Femern A/S Quelle: Femern A/S 12
Zukunftsplan Hafen III. Der Hamburger Hafen im Wettbewerb: SWOT-Analyse d) Risiken (u. a. Fraunhofer-Zentrum für Angewandte Nanotech- Ein großes Risiko bilden Effekte der aktuellen Corona- nologie CAN) können hierdurch in verschiedensten pandemie. Sie könnte bleibende Auswirkungen auf Welt- Anwendungsfeldern leichte und nachhaltige Rohstoffe handel, Lieferketten und Handelsströme haben, wie etwa genutzt und somit zum Beispiel die Klimabilanz im Bau- durch eine mögliche Regionalisierung der Lieferketten. sektor deutlich verbessert werden. Auch im Fahrzeugbau Technologisch könnte dies beispielsweise dazu führen, und sonstigen industriellen Bereichen bieten sich viel- dass die 3-D-Druck-Technik in der Produktion noch brei- fältige Einsatzmöglichkeiten. Schon heute sind die im ter angewandt wird. All dies würde den Bedarf an Güter- Hafen ansässigen Grundstoffindustrien bei effizienten transporten – zumindest auf der Langstrecke – reduzie- und klimaschonenden Produktionsprozessen internatio- ren. Im Zuge der coronabedingt stark steigenden nal führend. Mit der Ansiedlung der Produktion neuer Verschuldung könnten die Finanzmittel für Investitionen Materialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe kann in die Infrastruktur künftig reduziert werden. Auch der der Hamburger Hafen seine Rolle als Zentrum nachhal- Bedarf an Instandhaltung und Modernisierung könnte tiger Industrien weiter ausbauen. Durch die Anbindung durch die knapper werdenden Mittel nicht schnell genug dieser neuen Produktionsstätten an seeschifftiefes Was- behoben werden. Als Konsequenz würde es möglicher- ser können Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte di- weise zu Sperrungen einzelner Brücken, Schienen- oder rekt importiert und exportiert werden. Straßenabschnitte mit schwerwiegenden Folgen für den Hamburger Hafen kommen. Diese Gefahr besteht insbe- Ein weiteres Feld, das künftig enorme Chancen bietet, sondere dann, wenn die bisherigen Maßnahmen zur Be- sind autonome Systeme und autonome Mobilität. Der schleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfah- Hamburger Hafen war in diesem Bereich mit dem ren nicht durch zusätzliche Maßnahmen wie die Container-Terminal Altenwerder (CTA) Vorreiter und lan- Wiedereinführung einer europarechtskonformen mate- ge Zeit führend und ist bis heute beispielgebend. Auch riellen Präklusion flankiert werden. angeschoben durch den ITS-Weltkongress für Intelligen- te Transportsysteme 2021 bietet sich Hamburg die Ein weiteres Risiko ist, dass die notwendigen Weichen- Chance, Wirtschaft und Wissenschaft am Standort, bei- stellungen, um den Hafen für die globalen Megatrends spielsweise das Fraunhofer CML, noch stärker zu ver- aufzustellen, zu zaghaft erfolgen. So gibt es beispiels- knüpfen. Gerade für den Hafen sind damit große Poten- weise in Rotterdam schon weit fortgeschrittene Planun- ziale zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gen, um die Dekarbonisierung zum eigenen Vorteil zu verbunden. So könnte die Produktivität an den Terminals nutzen. Wenn Hamburg hier nicht zeitnah ambitionierte gesteigert und die Infrastruktur durch intelligente Ver- Projekte initiiert, wird der Hafen in aussichtsreichen Zu- kehrssteuerung sowie perspektivisch völlig autonome kunftsfeldern den Anschluss verlieren. Diese und weitere Personen- und Gütertransporte wesentlich effizienter Herausforderungen kann Hamburg jedoch zunehmend genutzt werden. nicht mehr im Alleingang stemmen, sondern sie erfor- dern ein Ende der bestehenden politischen Fragmentie- rung durch eine verstärkte Kooperation in Norddeutsch- land. Sollten die notwendigen Weichenstellungen nicht erfolgen, könnte dies auch dazu führen, dass der Hafen mit seinen Emissionen die Akzeptanz der breiten Bevöl- kerung verliert. 13
IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens Zukunftsplan Hafen IV. Forderungen zur Sicherung der Zu- kunftsfähigkeit des Hamburger Hafens a) Ziele für den Hafen Hamburg (Wieder-)Einführung einer europarechtskonformen ma- 2021-2040 teriellen Präklusion beziehungsweise einer Stichtagsre- gelung für Einwendungen weiterhin aus. Bei der Einfuh- Grundlegendes Ziel der Hamburger Wirtschaft für den rumsatzsteuer wurde mit dem zweiten Hafen Hamburg 2040 ist es, den Hafen zu einem Motor Corona-Steuerhilfegesetz die Fälligkeit der Einfuhrum- und Innovationstreiber der Hamburger Wirtschaft zu satzsteuer (sog. Fristenlösung) verschoben. Dies ist eine machen. Um dieses Hauptziel herum wurden über eine begrüßenswerte Zwischenlösung, deren Vorteile beim breite Diskussion in den Gremien der Handelskammer Import von Waren über deutsche Häfen nun auf breiter vier Unterziele identifiziert, die zugleich die Handlungs- Front vermarktet werden müssen. Parallel sollten jedoch felder für die konkret notwendigen Maßnahmen benen- möglichst schnell weitere Schritte hin zur Einführung nen (Abbildung 7). eines Verrechnungsmodells unternommen werden, um weiterhin bestehende Nachteile wie die unnötige Bin- dung von Liquidität importierender Unternehmen auf- b) Handlungsfelder zulösen sowie einen erhöhten Bürokratieaufwand zu minimieren. 1. R egulatorische und infrastrukturelle Wachs- tumshemmnisse beseitigen Um die seewärtigen Zufahrten und Hafenbecken ver- Die Beseitigung regulatorischer und infrastruktureller lässlich vom Schlick zu befreien, sollte die Schlickablage- Wachstumshemmnisse sind für den Hafen Hamburg wie rung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) er- für alle deutschen Seehäfen von besonderer Relevanz. möglicht werden. Davon würden die deutschen Neben langwierigen Planungs- und Genehmigungsver- Hafenstandorte an Nord- und Ostsee gleichermaßen fahren für wichtige Infrastrukturprojekte ist auch die profitieren. Auch bei alternativen Ablagerungsflächen deutsche Regelung zur Erhebung der Einfuhrumsatz- entlang der Unterelbe muss der Kooperationsgedanke steuer ein echter Wettbewerbsnachteil. Obwohl erste der beteiligten Bundesländer im Sinne der Stärkung des gesetzgeberische Maßnahmen, vor allem auf Druck der gemeinsamen norddeutschen Wirtschaftsraums im IHK-Organisation, umgesetzt wurden, stehen wichtige Vordergrund stehen. Um die Wachstumspotenziale des Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung wie die Hamburger Hafens bestmöglich auszuschöpfen, sollte Abbildung 7: Ziele für den Hafen Hamburg 2021–2040 © Handelskammer Hamburg 2020 14
Zukunftsplan Hafen IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens die see- und landseitige Erreichbarkeit weiter konse- diert mit einem relativ hohen Anteil lokaler Ladung („Lo- quent optimiert werden. Folgende Maßnahmen gilt es Co-Quote“) von rund 30 Prozent. Diese wirkt wiederum umzusetzen und über den neuen „Hafenentwicklungs- als stabilisierender Faktor für den Hafenumschlag und plan 2040“ langfristig abzusichern (s. auch Anhang 2): sollte daher durch geeignete Maßnahmen weiter geför- • Infrastruktur im Hafen auf Basis eines systematischen dert werden. Schärfer ist der Wettbewerb der Hafen- Instandhaltungsmanagements umfassend erneuern standorte vor allem im Segment der Hinterland- und und als permanente Aufgabe absichern (insb. Verkehrs- Transshipment-Verkehre geworden. Durch seine ausge- wege und Brückenbauwerke, Kaikanten sowie digitale zeichneten Schienenverbindungen und die Nähe zum Infrastruktur und flächendeckende Verkehrssteuerung) Nord-Ostsee-Kanal (NOK) sind die Ausgangsvorausset- • Bedarfsgerechte Finanzierung der Hamburg Port Autho- zungen des Hamburger Hafens dabei sehr gut. Dazu hat rity (HPA) sicherstellen; Fokus auf das Kerngeschäft Aus- auch beigetragen, dass der Investitionsstau auf dem bau und Unterhaltung der Hafeninfrastruktur legen NOK sukzessive aufgelöst wird. Allerdings wird die Grö- • Schlickproblematik im norddeutschen Verbund lösen ßenbeschränkung des NOK zu einem gewissen Grad wei- und vertraglich zugesicherte Wassertiefen im gesam- ter zu einer Bevorteilung der Westhäfen führen. Über die ten Hafengebiet sicherstellen niederländischen und belgischen Häfen werden die • Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe im Dienste von Großschiffen über den Seeweg um Skagen Zeitplan abschließen direkt in die Ostsee geroutet. Dem könnte man vor allem • Ausbau der Hinterlandanbindungen und weiterer ha- mit einer Stärkung der Hafenumfuhr und mit Effizienz- fenrelevanter Verkehrsprojekte konsequent vorantrei- steigerungen des Umschlags entgegenwirken. ben; A26 Ost und eine neue Köhlbrandquerung bis 2030 fertigstellen Die auf der Zielgeraden befindliche Fahrrinnenanpas- • Vorteil der guten Schienenanbindung des Hamburger sung der Unter- und Außenelbe sowie die Neuregelung Hafens und in Richtung der osteuropäischen und des Verfahrens zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer skandinavischen Märkte weiter ausbauen; zur Förde- zum 1. Dezember 2020 bauen weitere zentrale Wettbe- rung des klimafreundlichen Transports die Finanzier- werbsnachteile im Vergleich zu den Westhäfen ab. Sie barkeit einer spürbaren und dauerhaften Trassenpreis- sind aber nur ein erster Zwischenschritt hin zu einem senkung prüfen Verrechnungsmodell. Folgende Maßnahmen sind umzu- • Verknüpfung der Schienennetze von Hafenbahn und setzen und über den neuen „Hafenentwicklungsplan Deutscher Bahn verbessern, um Flaschenhälse aufzu- 2040“ langfristig abzusichern: lösen; insbesondere Gleisanbindung von Altenwerder • Ansiedlungskampagne für hafenaffine Industrie- und Ost in Richtung Kattwykbrücke bis 2025 realisieren Logistikunternehmen in und um Hamburg sowie im • Anliegen der norddeutschen Häfen auf Bundes- und Unterelberaum aufsetzen, um die lokale Ladung weiter EU-Ebene im norddeutschen Schulterschluss (u. a. zu erhöhen und zusätzliche Ladung für den Hamburger Schlickverbringung in die AWZ) deutlich intensiver ver- Hafen zu generieren mitteln • Vorhandene Wertschöpfungsketten vertiefen; industri- • Verwaltungsprozesse vereinfachen und weiter digitali- elle Nutzung im Hafen über entsprechende Fläche- sieren sowie Behördenzuständigkeiten für hafenrele- nentwicklung und Projekte gezielt stärken vante Themen bündeln (z. B. Genehmigungen für • Weitere Terminalbeteiligungen („Dedicated Terminals“) LNG-Versorgung); Entscheidungsprozesse spürbar ermöglichen, wo dies unter Berücksichtigung knapper straffen und beschleunigen Liegeplatzkapazitäten dem Ziel der Ladungsbindung • Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Bau- und -generierung nachhaltig dient phasen für bedeutende Infrastrukturprojekte dringend • Norddeutsche Kooperation der Seehafenstandorte weiter beschleunigen; Investitionsmittel auf hohem über ein gemeinsames Vermarktungsprogramm weiter Niveau verstetigen und Personalkapazitäten bei Vorha- intensivieren, um im Wettbewerb mit anderen europä- benträgern und Genehmigungsbehörden ausbauen ischen Hafenstandorten mehr Ladung nach Deutsch- • EU-Vorgaben pragmatisch und wirtschaftsfreundlich land und damit auch nach Hamburg zu lenken umsetzen und auf „Goldplating“ verzichten • Marketingbudgets im Vergleich zu den Westhäfen • Verrechnungsmodell bei der Einfuhrumsatzsteuer zeit- wettbewerbsfähig gestalten und an aktuellen Themen nah einführen orientieren · • Preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Hafens durch ge- 2. Ladung binden und generieren zielte Bemühungen aller privaten und institutionellen Die Lage des Hamburger Hafens im Herzen einer fünf Hafenakteure sowie seitens der Politik verbessern; In- Millionen Einwohner großen Metropolregion und einer teressenkonflikte der öffentlichen Hand auflösen und starken industriellen Basis im Hafengebiet korrespon- privaten Wettbewerb stärken 15
IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens Zukunftsplan Hafen 3. Innovationen vorantreiben und neue Wert- Logistik über den Personennahverkehr bis hin zu Kurier-, schöpfungsketten etablieren Express- und Postdiensten oder im Gesundheitssektor Innovationen bilden die Triebfeder der wirtschaftlichen zur Unterstützung in der Pflege, bietet Hamburg vielfäl- Entwicklung, die der Hafen stets ausgelöst und voran- tige Anwendungsmöglichkeiten. In allen diesen Berei- getrieben hat. Angesichts der Bemühungen um eine chen könnten so erhebliche Produktivitätsfortschritte Dekarbonisierung muss er stärker als bisher als Stand- erzielt werden. Der Hafen kann für dieses Thema gleich- ort für Forschung und Entwicklung sowie den Um- sam Innovationstreiber als auch Testfeld sein und so die schlag und die Nutzung von Wasserstoff ausgestattet Nutzung seiner Infrastruktur effizienter gestalten. Ham- werden. Aufgrund seiner Rolle als Logistikzentrum und burg muss in der Anwendung von autonomen Systemen Seehafenstandort ist Hamburg prädestiniert für Anla- mit einer starken Vernetzung und hoher wissenschaftli- gen zur Wasserstoffelektrolyse, zur Ansiedlung von Im- cher Kompetenz punkten. Auf diese Weise erhöht die portterminals und von Unternehmen, die in ihren in- Stadt auch ihre Standortattraktivität für Ansiedlungen dustriellen Prozessen grünen Wasserstoff einsetzen. von Entwicklern, Start-ups, Anbietern und Herstellern Durch die Ansiedlung von Importterminals kann die von autonomen Systemen (s. Abbildung 8). Hansestadt in einer zukünftigen grünen Wasserstoff- wirtschaft eine tragende Rolle spielen, zum Beispiel Ein weiteres Zukunftsfeld, das in einem engen Schulter- beim Import und der Verteilung von Wasserstoff aus schluss zwischen dem Umschlag von Rohstoffen und dem Bereich der Sahara, wo die Bundesregierung So- Vorprodukten sowie entsprechenden Innovationsbemü- lar- und Elektrolyseanlagen für die Energiegewinnung hungen zu bespielen wäre, ist die industrielle Entwick- und den Transport nach Europa massiv fördern will (s. lung von Materialien und Produkten auf Basis nach- „Nationale Wasserstoffstrategie“ der Bundesregierung, wachsender Rohstoffe. Dafür kann das am Standort 2020). Gleiches gilt für die Nutzung sowie den Export vorhandene Know-how im Bereich der Nanotechnologie von Wasserstofftechnologien und -komponenten. Dar- erfolgreich genutzt werden. Der Hafen würde zum Kris- über hinaus sollte der Ausbau von Infrastruktur für tallisationspunkt für neue Ideen, Anwendungen und Ge- weitere alternative Energieträger unterstützt werden. schäftsmodelle und würde gleichzeitig neue Ladung Hamburg kann hier nur im Verbund mit seinen nord- generieren. Dafür sind folgende Maßnahmen erforder- deutschen Nachbarn zu einem international führenden lich, die Teil des neuen „Hafenentwicklungsplans 2040“ Standort werden. Über die IHK Nord hat die Kammeror- werden sollten: ganisation bereits das grüne Wasserstoffprojekt HY-5 • Hamburg als Vorreiter für alternative Antriebe und initiiert. Es belegt eindrucksvoll, wie dieses Thema im Treibstoffe über entsprechende Projekte positionieren norddeutschen Verbund vorangetrieben werden kann und den Zukunftsmarkt alternative Energien durch (s. Abbildung 11, Anhang 3). norddeutsche Kooperation erschließen • Strom aus erneuerbaren Energien, der für die Wasser- Bei der Nutzung von alternativen Schiffsantrieben und stoffelektrolyse und Erzeugung wasserstoffbasierter Landstrom kann die Kreuzschifffahrt wichtige Impulse synthetischer Treibstoffe verwendet wird, vollständig geben. An der Schnittstelle zwischen Hafen und Touris- von EEG-Umlagen befreien; weitere Abgaben wie Net- mus hat sich in diesem Bereich in den letzten Jahren zentgelte möglichst absenken eine für Hamburg wichtige Wertschöpfungskette etab- • Digitalisierung der Hafenunternehmen durch flächen- liert, die es angesichts des coronabedingt schwierigen deckende Versorgung mit Breitband und schnellem Marktumfelds zu sichern gilt. Mobilfunk zügig ermöglichen; dabei die Cybersicher- Durch die Schaffung eines Hamburger Netzwerks für heit gewährleisten autonome Systeme und autonome Mobilität kann • Innovative Unternehmen und Start-ups aus neuen Hamburg diese Technologien in vielfältigen Anwen- Branchen im Hafen und am Rand ansiedeln, um beste- dungsfeldern etablieren und zur Modellstadt für auto- hende Branchen zu befruchten und den Hafen weiter nome Systeme werden. Angefangen von Hafen und zu diversifizieren 16
Zukunftsplan Hafen IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens • nternehmen im Bereich Entwicklung und Produktion U jüngst angekündigte Magnetschwebebahn im Hafen neuer Materialien auch auf Basis von nachwachsenden zum schnellen, autonomen Transport von Containern) Rohstoffen und Nanotechnologie in Hafennähe ansie- • Kreuzschifffahrtstandort als Impulsgeber für alternati- deln, um weitere Ladung an den Hafen zu binden und ve Schiffsantriebe und Landstrom sowie als bedeuten- ihn als Zentrum nachhaltiger Industrien zu stärken de Wertschöpfungsquelle an der Schnittstelle von Ha- • Ein Hamburger Netzwerk für autonome Systeme und fen und Tourismus erhalten und stärken autonome Mobilität mit dem Hamburger Hafen als • Erfolg der Hafenentwicklung künftig stärker anhand Nukleus aufbauen und Hamburg zur Modellstadt für eines wertschöpfungsbasierten Ansatzes messen und autonome Systeme entwickeln (z. B. den „Smart City Einführung eines Hafen-Wertschöpfungsindexes prüfen Loop“ als intelligente Transportalternative und die Abbildung 8: Vorschlag für ein Hamburger Netzwerk für autonome Systeme und autonome Mobilität © Handelskammer Hamburg 2020 17
IV. Forderungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens Zukunftsplan Hafen 4. S tadt- und Hafenentwicklung synergetisch rücksichtigung der Bedürfnisse der Hafenwirtschaft er- betreiben folgen, die unter anderem auf seeschifftiefes Wasser Aus der Lage des Hamburger Hafens in unmittelbarer sowie angeschlossene Umschlags-, Lager- und Logistik- Nähe zur Wohnbevölkerung und Büroarbeitsplätzen in flächen angewiesen ist. Für die Ansiedlung neuer Indus- einer wachsenden Metropole ergeben sich potenzielle trien und Wertschöpfungsketten müssen außerdem Nutzungskonflikte. Die Diskussion um eine zukunftsge- passende Flächenentwicklungskonzepte erstellt werden. richtete Stadtentwicklung führt zumindest an den Ha- Die Überlegungen zum Bau einer Wasserstoffelektroly- fenrändern zu unterschiedlichen Begehrlichkeiten und seanlage in Moorburg sowie die aktuellen Entwicklun- Nutzungsideen. Dass sich der Zuschnitt des Hafens im gen rund um das dortige Kohlekraftwerk könnten dabei Lauf der Jahrzehnte ändert, zeigt die von der Stadt Ham- als Ausgangspunkt dienen. Ziel muss es sein, auch die burg beschlossene Umwidmung der Hafenfläche Über- bestehenden Hafenerweiterungsflächen zu einem Ener- seezentrum auf dem östlichen Kleinen Grasbrooks und gie- und Klimahafen mit vor- und nachgelagerten Wert- von Teilflächen des südlich davon gelegenen mittleren schöpfungsstufen zu entwickeln. Folgende Maßnahmen Kleinen Grasbrook zum neuen Stadtteil Grasbrook. Die sind dafür notwendig und sollten in den neuen Hafen- insgesamt immer näher an den Hafen heranrückende entwicklungsplan 2040 langfristig einfließen: Wohnbebauung kann jedoch aufgrund von immissions- • Den neuen, von der Stadt Hamburg geplanten Stadtteil schutzrechtlichen Vorgaben zu Einschränkungen bei an- Grasbrook konsequent zum Innovationsquartier ent- grenzenden Hafenbetrieben führen, die durch geeignete wickeln und zum Magneten für hochinnovative Unter- Maßnahmen zu vermeiden sind. Wo Hafenbetriebe zum nehmen und qualifizierte Fachkräfte aus den Bereichen Beispiel im Umschlag von Gefahrgütern trotz bestmög- erneuerbare Energien, neue Materialien und autonome licher Maßnahmen vor Einschränkungen nicht geschützt Systeme und Mobilität machen werden können, müssen alternative Flächen in mindes- • Immissionsschutzrechtliche Einschränkungen angren- tens gleichwertiger Qualität an anderer Stelle zur Verfü- zender Hafenbetriebe durch heranrückende Wohnbe- gung gestellt werden. Den betroffenen Unternehmen bauung unbedingt vermeiden dürfen durch einen eventuell notwendigen Umzug keine • Den betroffenen Unternehmen, die durch heranrü- wirtschaftlichen Nachteile entstehen – weder durch den ckende Wohnbebauung vor immissionsschutzrechtli- Umzug selbst noch durch die Weiterführung des Be- chen Einschränkungen nicht ausreichend geschützt triebs an neuer Stelle. Im Gegenteil: Eine gegebenenfalls. werden können, alternative Flächen in mindestens notwendige Verlagerung muss immer dazu genutzt wer- gleichwertiger Qualität an anderer Stelle im Hafen an- den, dass das jeweilige Unternehmen an seinem neuen bieten; wirtschaftliche Nachteile für Hafenbetriebe, die Standort gestärkt dasteht. umziehen müssen, unbedingt vermeiden • Neue Industriequartiere auf hafennahen Flächen sowie Die zunehmende Flächenkonkurrenz wirft zudem immer entlang der Unterelbe entwickeln und damit sowohl wieder die Frage auf, wie eine möglichst hohe Flächen- hafenaffine Industrieansiedlung und industrielle Wert- effizienz im Hafen erreicht werden kann. Grundlage schöpfung als auch lokale Ladung für den Hamburger hierfür ist eine möglichst hohe Wertschöpfung bezogen Hafen stärken auf die zur Verfügung stehende Fläche. Dies macht in • Hafenerweiterungsgebiet Moorburg für die Entwick- der Regel jedoch umfangreiche Investitionen notwen- lung eines Energie- und Klimahafens vorsehen, der dig, für welche die Unternehmen Planungssicherheit Möglichkeiten zur Erzeugung von umweltfreundlicher benötigen. Eine hohe Flächeneffizienz im Hafen ist Energie und Energieträgern einschließlich vor- und grundsätzlich erstrebenswert. Sie sollte aber unter Be- nachgelagerter Wertschöpfungsstufen bietet 18
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