HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS

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HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Ausgabe 62, März 2021

Healthcare
News
            Nachrichten aus dem
            Gesundheitswesen
HEALTHCARE NEWS NACHRICHTEN AUS DEM GESUNDHEITSWESEN - PWCPLUS
Auf ein Wort

                                Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                                die Covid-19-Infektionszahlen steigen wieder stark an und die Politik agiert zunehmend
                                nervös. Bund und Länder haben die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona­
                                pandemie bis zum 18. April verlängert. Es ist äußerst umstritten, ob uns diese Maßnahmen
                                dem Licht am Ende des Tunnels näher bringen. Vor einem Jahr erwarteten viele, dass wir
                                drei Wochen aushalten müssten. Wo stehen wir heute?

                                Vor Kurzem durfte ich eine Diskussion zwischen Kassenvertretern einerseits und Klinik­
                                verantwortlichen andererseits begleiten. Letztendlich konnten sich beide Seiten nicht
                                verständigen, ob die Ausgleichszahlungen eine Bereicherung oder aber das Ende der
                                Kliniken darstellen werden.

                                Auch wenn es um Unternehmen geht, die entweder an der Produktion von Schnell­tests
                                oder an der Impfstoffherstellung beteiligt sind, sehen wir, dass hier keine einheitliche
                                Ein­schätzung vorliegt – übrigens gilt das nicht nur für zentrale Akteure des Gesundheits­
                                wesens, sondern auch für die deutsche Bevölkerung. Unser aktuelles Healthcare-Baro­
                                meter, für das wir jährlich 1.000 Bundesbürger repräsentativ befragen, zeigt zum Bei­spiel,
                                dass die Zahl derer, die Pharmakonzerne als Innovatoren wahrnehmen, sich gegen­über dem
                                Vorjahr nahezu verdoppelt hat und von 19 auf 35 Prozent gestiegen ist. Dies spricht zwar für
                                einen Imagegewinn, jedoch zeigt es gleichzeitig, dass nach wie vor eine Mehrheit, nämlich
                                52 Prozent, Pharmaunternehmen als rein auf Gewinn ausgerichtete Untern­ehmen bewertet.
                                Mehr zu den Ergebnissen des Healthcare-Barometers 2021 lesen Sie auf Seite 7.

                                Was zeigt uns dies letztendlich? Die Pandemie mag uns vieles verdeutlicht haben. Sie hat
                                aber nicht dazu beigetragen, dass die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens
                                Hand in Hand miteinander arbeiten. Sektorengrenzen und unterschiedlich gelagerte Über­
                                zeugungen sind resistenter als jedes Virus der letzten Jahrzehnte. Hier gibt es nach wie vor
                                viel zu tun.

                                Aus diesem Grund freue ich mich, dass wir uns bei PwC Gedanken über eine neue Form
                                des Gesundheitswesens machen und uns sektorübergreifend aufstellen. In der Rubrik
                                „Wege aus der Pandemie“ beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe damit, wie die Impf­
                                bereitschaft erhöht werden kann und wie die Einführung eines digitalen Covid-19-Impf­
                                nachweises in Deutschland gelingen könnte (Seite 22).

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                            Auf ein Wort 2
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Abschließend noch zwei Nachrichten in eigener Sache: Mit Prof. Dr. Nils Breuer haben wir
                                 seit Beginn des Jahres einen ausgewiesenen Experten sowohl für die Krankenhaus- als
                                 auch die Kassenwelt in unseren Reihen. Mit der Organisation von Impfzentren in einigen
                                 Bundesländern tragen wir auch aktiv dazu bei, dass sich etwas bewegt und das Tunnel­
                                 ende wirklich ein solches ist.

                                 An dieser Stelle auch ein Dank an Armin Albat, der nach Jahrzehnten intensiver Beratung
                                 von Krankenhäusern den Staffelstab an Fabian Schülke übergeben hat.

                                 Ich danke Armin Albat herzlich und wünsche ihm etwas ruhigere Zeiten in der Zukunft.
                                 Nils Breuer und Fabian Schülke wünsche ich viel Erfolg und zukunftsgerichtete sowie
                                 sektorübergreifende Projekte.
Michael Burkhart
Tel.: +49 69 9585-1268           Liebe Leserinnen und Leser, bleiben Sie uns positiv gewogen und negativ getestet.
michael.burkhart@
pwc.com                          Ihr
                                 Michael Burkhart

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                          Auf ein Wort 3
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Inhalt

                                          Aktuelles              6
                                          Neu gewonnenes Vertrauen: Zufriedenheit mit dem deutschen
                                          Gesundheitssystem deutlich gestiegen.................................................................. 7
                                          Vermehrte Schäden durch Ab­rechnungs­betrug im Gesundheitswesen................. 10
                                          Einsatz künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen: Überwindung
                                          von Widerständen.................................................................................................. 12
                                          SAP-S/4HANA-Umstellung im Krankenhaus......................................................... 16

                                          Wege aus der Pandemie                                21
                                          Helfer für den Weg zurück in die Normalität: der digitale
                                          Covid-19-Impfnachweis......................................................................................... 22
                                          Impfen in Deutschland: ein Maßnahmenkatalog für mehr Akzeptanz
                                          und Vertrauen......................................................................................................... 26

                                          Recht           29
                                          Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Ausgestaltung von
                                          Besuchskonzepten in Krankenhäusern während der SARS-CoV-2-Pandemie .... 30
                                          Rufdienste als Arbeitszeit: mögliche Auswirkungen für Krankenhäuser.............. 34

                                          Steuern             38
                                          Zytostatikaverfahren: Klarstellung zur Darlegungs- und Beweislast
                                          hinsichtlich der Vorsteuerbelastung...................................................................... 39

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021	                                                                                                                          4
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Non-Profit-Themen                           42
                                          Gemeinnützigkeitsrechtliche Ein­ordnung von Personal- und Sach­mittel­
                                          gestellung sowie Mitarbeiter­verpflegung eines Krankenhauses........................... 43
                                          Keine Rückforderung von Umsatz­steuer auf Fertigarzneimittel
                                          durch Krankenkassen............................................................................................ 47

                                          women&healthcare-Netzwerktreffen..................................................................... 48
                                          Weitere Veranstaltungen........................................................................................ 50
                                          Über uns................................................................................................................. 52
                                          Unser Service......................................................................................................... 53

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Aktuelles
                             Neu gewonnenes Vertrauen: Zufriedenheit mit dem deutschen
                             Gesundheitssystem deutlich gestiegen                                        7
                             Vermehrte Schäden durch Ab­rechnungs­betrug im Gesundheitswesen           10
                             Einsatz künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen: Überwindung
                             von Widerständen                                                          12
                             SAP-S/4HANA-Umstellung im Krankenhaus                                     16

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                           Aktuelles 6
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Neu gewonnenes Vertrauen:
Zufriedenheit mit dem deutschen
Gesundheitssystem deutlich gestiegen
                                              Die jüngste und siebte Ausgabe des Healthcare-Barometers
                                              von PwC zeigt: Die Zufriedenheit mit dem deutschen
                                              Gesundheits­system ist während der Covid-19-Pandemie
                                              sprung­haft gestiegen. 72 % zählen es zu den drei besten der
                                              Welt, im Vorjahr waren es noch 52 %.

                                              Dass das deutsche Gesundheitssystem Vertrauen zurückgewinnen konnte,
                                              spiegelt sich auch im Imagegewinn der Krankenhäuser und der Pharma­unter­
                                              nehmen wider.

Deutsches Gesundheitssystem unter den Top 3?

Während Deutsche ab 35 Jahren das Gesundheitssystem in den Vorjahren kritischer gesehen haben als Jüngere,
sind nun mindestens sieben von zehn Bundesbürgern in allen Altersgruppen davon überzeugt, dass das deutsche
Gesundheitssystem den Top 3 der Welt zuzurechnen ist.

Basis: alle Befragten; N = 1.000                              73 %                                               74 %
                                                                                                                    72 %
            18–34 Jahre                                                   65 %                      64 %
                                                  64 %
                                                              62 %                      62 %                      70 %
            55+ Jahre
                                                                          59 %
            35–54 Jahre                                       60 %                      53 %
                                                  58 %                                               49 %
                                                                          54 %
Basis: alle Befragten; n = 1.000 (2016                                                  52 %
bis 2020), n = 1.035 (2015), davon 2020:                                                            48 %
18–34 Jahre: n = 242; 35–54 Jahre: n = 320;
55+ Jahre: n = 438); Einfachnennung.              2015         2016        2017         2018        2019         2020

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                            Aktuelles 7
• Die Versorgung im Krankenhaus schätzen fast drei Viertel der Patienten als
                                          gut oder sehr gut ein. Zum Vergleich: In der Vorjahresbefragung stimmte nur
                                          die Hälfte der Deutschen dieser Aussage zu.
                                        • Auch bei den Pharmaunternehmen gab es eine positive Entwicklung: Die Zahl
                                          derer, die Pharmakonzerne als Innovatoren wahrnehmen, hat sich gegenüber
                                          der Vorjahresstudie nahezu verdoppelt und ist von 19 % auf 35 % gestiegen.
                                          Damit erkennen die Versicherten an, dass die Branche einen wesentlichen
                                          Bei­trag zur Krankheitsbekämpfung leistet.
                                        • Mit ihrer Krankenversicherung – den gesetzlichen Krankenkassen (GKV)
                                          und der privaten Krankenversicherung (PKV) – sind die Bürger ebenso wie
                                          im Vor­jahr ausgesprochen zufrieden, wie 88 % bestätigen. Ebenso hoch ist
                                          die Zu­stimmung zu der Aussage, dass die Krankenkassen alle wichtigen
                                          medizinischen Leistungen übernehmen.

                                        Bürger wünschen sich mehr Investitionen
                                        in Gesundheitsvorsorge
                                        Auch wenn die Bundesbürger mit dem deutschen Gesundheitswesen
                                        zufriedener als in der Vergangenheit sind, wünscht sich eine Mehrheit, dass
                                        in Zukunft der Fokus verstärkt auf die Prävention gelegt wird. Die Befragten
                                        waren insgesamt dafür, dass 55 % eines gedachten zusätzlichen Budgets von
                                        100 Millionen Euro in Prävention investiert werden. 45 % sollen in die Heilung
                                        investiert werden. Das steht in Widerspruch zum derzeitigen Gesundheits­
                                        system, das einen sehr kurativen Charakter hat.

Wie wichtig sind Heilung
und Prävention?
                                        Prävention
                                        Maßnahmen, die einen                                                     Heilung
                                        gesunden Lebensstil                                              Maßnahmen zur
Wie viel Prozent eines zusätzlichen
                                        der Menschen fördern,                                           Verbesserung der
Budgets sollte der Staat in                                                                                medizinischen
                                        um das Risiko von
Maßnahmen zur Prävention                                                                                 Versorgung und
                                        lebensstilbedingten
bzw. Heilung investieren?               Erkrankungen zu verringern                                       der Behandlung
                                                                                                        von Erkrankungen
                                        45 %
Basis: alle Befragten; n = 1.000                                                                                55 %

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                          Aktuelles 8
Gesundheit geht vor Wirtschaft
Weitere Informationen erfragen Sie
bitte bei
                                        Eine gute Gesundheitsversorgung ist für die Bürgerinnen und Bürger ein hoher
Michael Burkhart                        Wert. Im Kampf gegen das Coronavirus finden daher zwei Drittel, dass der
Tel.: +49 69 9585-1268                  Gesundheits­schutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben sollte. Dieser
michael.burkhart@pwc.com                Wert steigt mit dem Alter: Während der Aussage 70 % der über 55-Jährigen zu­
                                        stimmen, sind es unter den 18- bis 34-Jährigen nur 59 %.
Sevilay Huesman-Koecke
Tel.: +49 69 9585-3675
sevilay.huesman-koecke@pwc.com
                                        „Unsere Studie zeigt eindeutig, dass Gesundheit für die
                                        meisten Deutschen oberste Priorität hat, auch wenn die
                                        Angst vor einem wirtschaftlichen Abschwung natürlich
                                        da und berechtigt ist“,
                                        so Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei
                                        PwC Deutschland.

                                        Aus Sicht der Bürger: Die Krise wird Deutschland noch
                                        lange im Griff haben

                                        Auf dem Thema Impfen ruhen große Hoffnungen – nur 15 % lehnen die Impfung
                                        für sich selbst strikt ab, da sie Angst vor Nebenwirkungen haben. Rund 60 %
                                        der Versicherten sprechen sich für die aktuelle Impfstrategie der Regierung
                                        aus, nach der Arbeitnehmer aus systemrelevanten Berufen wie Ärzte und
                                        Pfleger sowie ältere Menschen vorrangig geimpft werden sollen. Trotz der Impf­
                                        möglichkeiten rechnet die Mehrheit der Deutschen aber nicht damit, dass sich
                                        das Leben bald wieder normalisiert: 62 % gehen davon aus, dass die deutsche
                                        Bevölkerung noch lange mit Einschränkungen leben muss. Aber wie lange wird
                                        es aus Sicht der Studienteilnehmer dauern, bis das Leben in Deutschland zum
                                        Normal­zustand zurückkehrt? Lediglich 4 % glauben, dass das schon Mitte 2021
                                        der Fall sein wird. 26 % rechnen mit einer Rückkehr zum Jahresende 2021 und
                                        17 % meinen, dass die Pandemie das Land noch bis Ende 2022 im Griff hat.

                                        Weitere Ergebnisse finden Sie unter www.pwc.de/hcbarometer2021

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                          Aktuelles 9
Vermehrte Schäden durch Ab­rechnungs­
betrug im Gesundheitswesen
                                        Die Neuauflage der PwC-Studie Abrechnungsbetrug im
                                        Gesundheitswesen zeigt: Die Branche kämpft immer stärker
                                        mit Wirtschaftskriminalität in Form von Abrechnungsbetrug.
                                        Manipulierte Abrechnungen, gefälschte Rezepte oder
                                        Behandlungen führen zu hohen finanziellen Verlusten.

                                        Die Mehrheit der befragten Krankenversicherungen meldet Schäden von
Download                                mindestens 500.000 Euro jährlich. Nach Einschätzung der Studie verschärft
Weitere Ergebnisse finden Sie unter     die Covid-19-Pandemie den Versicherungsbetrug zusätzlich.
www.pwc.de/abrechnungsbetrugim­
gesundheitswesen
                                        Die Dunkelziffer beim Abrechnungsbetrug ist hoch

                                        Im Vergleich zu 2012 sind die Zahl der aufgedeckten Betrugsfälle und die
                                        daraus resultierenden Schadenssummen stark angestiegen. 53 % der
                                        gesetzlichen Krankenkassen berichten von mindestens 100 Betrugsfällen aus
                                        dem vergangenen Jahr mit einem Gesamtschaden von überwiegend mehr als
                                        500.000 Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 meldete die Mehrheit (64 %) lediglich
                                        bis zu zehn Betrugs­delikte, wobei hiervon 54 % von Schäden von maximal
                                        50.000 Euro berichteten. Einen noch größeren Verlust registrierten die privaten
                                        Kranken­versicherungen: Bei 76 % von ihnen sind Gesamtschäden von mehr als
                                        500.000 Euro (2012: 50 %) entstanden. Die Zahl der aufgedeckten Betrugsfälle
                                        ist im Vergleich zu 2012 unter anderem angestiegen, weil die Krankenkassen
                                        heute Betrügereien intensiver aufklären. Die aktuelle Covid-19-Pandemie könnte
                                        das Problem des Ab­rechnungs­betrugs verschärfen. Die Pandemie setzt den
                                        normalen Geschäfts­betrieb in vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens
                                        außer Kraft. Zugleich wächst der finanzielle Druck sowohl aufseiten der
                                        Versicherten als auch auf­seiten der Leistungserbringer deutlich.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                        Aktuelles 10
Zwei Haupttätergruppen lassen sich identifizieren
Weitere Informationen erfragen Sie
bitte bei                               Bei den gesetzlichen Krankenkassen stammen die Täter, wie bereits 2012, vor
Michael Burkhart                        allem aus dem Feld der Pflege (Pflegedienst 95 %, häusliche Krankenpflege 68 %).
Tel.: +49 69 9585-1268                  Bei den privaten Krankenversicherungen sind es hingegen die Versicherten,
michael.burkhart@pwc.com                die selbst in die Abrechnungsdelikte involviert sind (100 %), da Privat­patienten
                                        die meisten Leistungen direkt mit ihrer Krankenversicherung ab­rechnen. Über­
Gunter Lescher                          raschend ist, dass aus Sicht der Krankenversicherungen Kliniken nur eine unter­
Tel.: +49 211 981-2968                  geordnete Rolle beim Thema Betrug spielen, obwohl stationäre Leistungen mit
gunter.lescher@pwc.com                  rund 30 % einen der größten Kostenblöcke darstellen.

Linda Heintz                            Bei der Aufdeckung spielen Hinweise von außen eine
Tel.: +49 069 9585-5758                 große Rolle
linda.heintz@pwc.com
                                        Gesetzliche und private Krankenversicherungen verlassen sich zu sehr auf Hin­
                                        weise von außen und vernachlässigen dabei zu oft eigene Kontroll­systeme. Bei
                                        den gesetzlichen Krankenversicherungen sind oftmals andere Kassen, Verbände
                                        oder die Polizei Hinweisgeber. Bei den privaten Kranken­versicherungen gelten
                                        Staatsanwaltschaft und Polizei als Haupt­informations­quellen.

                           Der Zufallsfaktor bei Aufdeckungen spielt somit eine zu große Rolle.
                           Ein Ausbau der Kontrollsysteme ist demnach notwendig.

                                        Trotz weiterbestehender Mängel haben die Krankenversicherungen ihre
                                        Anstrengungen seit 2012 intensiviert und Personal aufgestockt.

                                        Gesetzliche Krankenkassen bei digitalen
                                        Datenanalysen abgehängt
                                        Trotz dieser verbesserten personellen Ausstattung gehen die Kranken­versicherungen
                                        Hinweisen auf Straftaten nicht immer konsequent nach: Ins­besondere bei den
                                        gesetzlichen Krankenkassen hat die Bereitschaft, alle Hin­weise zu verfolgen,
                                        spür­bar nachgelassen und ist auf 53 % gesunken (2012: 73 %), während bei den
                                        privaten Krankenversicherungen nahezu unverändert drei Viertel der Kranken­
                                        kassen allen Hinweisen nachgehen. Die privaten Kranken­versicherungen
                                        bekämpfen Abrechnungsbetrug entschiedener und sind beim Ein­satz digitaler
                                        Technologie zur Aufklärung den gesetzlichen Kranken­kassen überlegen.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                          Aktuelles 11
Einsatz künstlicher Intelligenz im
Gesundheitswesen: Überwindung
von Widerständen
                                        Seit nunmehr einem Jahr lenkt die Coronakrise den Fokus
                                        verstärkt auf das Thema „Digitalisierung und künstliche
                                        Intelligenz“. Zuletzt wurde der Gesetzgeber aktiv und
                                        schuf unter anderem mit dem Krankenhauszukunftsgesetz
                                        (KHZG) neue Fördermöglichkeiten und regulatorische
                                        Frei­heiten, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen
                                        entscheidend beschleunigen sollen. Gleichwohl verläuft die
                                        Adaption in der Branche eher schleppend. In diesem Bei­
                                        trag skizzieren wir, wo die entscheidenden Widerstände
                                        liegen und wie sie überwunden werden können.

                                        Der Verlauf der Covid-19-Pandemie hat unmittelbar dazu geführt, dass beispiels­
                                        weise das Angebot und die Nutzung von Onlineterminvereinbarungen, Video­
                                        sprech­stunden oder Gesundheits-Apps deutlich zugenommen haben. Doch
                                        Digitalisierung kann noch viel mehr. Eine Schlüsselkomponente dabei ist die
                                        künstliche Intelligenz (KI).

                                        Mithilfe von KI lassen sich schließlich große und komplexe Datenmengen
                                        verarbeiten und nutzen. KI kann aus vorliegenden Daten Verknüpfungen und
                                        Zusammen­hänge identifizieren und so neue Erkenntnisse unter anderem
                                        in Bezug auf Prozessabläufe, Erkrankungen und Therapien gewinnen.
                                        Insbesondere die Datensituation im Gesundheitswesen mit einer Vielzahl von
                                        standardisierten Datentypen und Datenaustauschformaten bildet eine sehr
                                        gute Grundl­age für den Einsatz von KI. Durch KI lassen sich diese Daten für die
                                        Effizienz­gewinnung in den Arbeits­abläufen in Krankenhäusern, Arztpraxen, aber
                                        auch bei Krankenkassen nutzen:
                                        • Ärzte werden durch Empfehlungen und Erkenntnisse der KI bei ihren
                                           medizinischen Entscheidungen unterstützt.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                         Aktuelles 12
• Im Krankenhausumfeld sind bereits erste Anwendungsfälle zur Verbesserung
                                          der Genauigkeit von Befunden vor allem in der Radiologie und der Patho­
                                          logie für die medizinische Auswertung von Bildaufnahmen deutschlandweit
                                          im Einsatz.
                                        • Krankenversicherungen schwimmen förmlich in Abrechnungs- und
                                          Behandlungs­daten und unternehmen erste Versuche in der datengetriebenen
                                          Versorgung von Versicherten durch die KI-basierte Analyse dieser Daten.

                                        Durch eine solche Nutzung von Daten für KI-Anwendungen können chronische
                                        Krankheiten frühzeitig erkannt und gezielte Vorsorgeleistungen angeboten
                                        werden.

                                 Die Potenziale sind eindeutig, aber erfordern die zielgerichtete
                                 Lösung neuer Herausforderungen.

                                        Trotz vielversprechender Anwendungsmöglichkeiten und messbarer Mehrwerte
                                        zur Kostensenkung oder zur Steigerung der Versorgungsqualität verläuft die
                                        Adaption im Gesundheitswesen eher schleppend. Bei näherer Betrachtung
                                        lassen sich verschiedene Ursachen dafür erkennen:

                                        1. Identifikation und Priorisierung von erfolgversprechenden
                                           Anwendungsfällen
                                        Die richtige Auswahl von Anwendungsfällen ist elementar für den Erfolg der
                                        Implementierung einer KI-Lösung und legt den Grundstein für eine nachhaltige
                                        KI-Reise. Eine strategische und strukturierte Herangehensweise erfolgt in der
                                        Praxis jedoch in vielen Fällen nicht, was zu negativen Erlebnissen in der Reali­
                                        sierung führt und die gesamte Transformation bremsen kann. Dabei ist gerade
                                        die Umsetzung der ersten Anwendungsfälle so wichtig, um den Pfad für die
                                        weitere Digitalisierung zu ebnen. Krankenhäuser müssen sich daher in der
                                        Diskussion möglicher Anwendungsfälle frühzeitig intensiv mit den Themen Um­
                                        setz­barkeit, Integrationsfähigkeit und Auswirkung auf die Prozesse beschäftigen.

                                        2. Mangel an Fachexpertise und Erfahrung für die praktische Umsetzung
                                           von KI
                                        Aufgrund der noch nicht fortgeschrittenen Digitalisierung und der Größe
                                        einzelner Krankenhäuser besitzt ein Großteil noch keine eigenen Abteilungen

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                          Aktuelles 13
und Experten, die sich um das Thema „Digitalisierung und KI“ kümmern. Fach­
                                        experten mit Kenntnissen über die wissenschaftlichen Potenziale der Techno­
                                        logie in der Forschung leisten oft einen wichtigen Beitrag, mindestens genauso
                                        wichtig ist jedoch tiefer gehendes technisches Wissen über die Realisierung in
                                        der Praxis. Dafür gibt es zahlreiche externe Anbieter und Berater, die kurzfristig
                                        sinnvoll unterstützen können, allerdings muss auch die langfristige Skalierung
                                        der Technologie durch zielgerichteten Kompetenzaufbau sichergestellt werden.

                                        3. Integration in Systeme und Prozesse oftmals sehr komplex
                                        Häufig findet man eine überkommene IT-Landschaft und die dazugehörigen
                                        Prozesse vor. Die Frage nach dem Nutzen und der Integration eines KI-Modells
                                        in bestehende Systeme und Prozesse muss bereits im Rahmen der Aus­
                                        einander­setzung mit dem möglichen Anwendungsfall beantwortet werden, um
                                        den häufig agileren Life Cycle von KI-Lösungen im Vergleich zu traditionellen IT-
                                        Systemen zu berücksichtigen. Immerhin müssen sich KI-Anwendungen rascher
                                        an Veränderungen von Prozessen und Daten anpassen. Die frühzeitige bereichs­
                                        übergreifende Einbindung von Mitarbeitern aus dem Fachbereich und der IT ist
                                        dabei essenziell, um die erwarteten Mehrwerte vollständig realisieren zu können.

                                        4. Regulatorischer Rahmen verändert sich dynamisch
                                        Sodann sind die umfassenden und zunehmenden Anforderungen aus dem
                                        regulatorischen Umfeld zu betrachten. Gesetzliche Vorgaben zur Datennutzung
                                        und -verarbeitung sowie die europäische Verordnung zum Datenschutz erfordern
                                        eine detaillierte Betrachtung des Handlungsspielraums auf Einzelfallebene. Hin­zu
                                        kommen ethische Fragestellungen rund um die Erklärbarkeit von Entscheidungen
                                        unter Berücksichtigung unbewusster Vorurteile in den Daten einer KI. Nicht nur
                                        wegen hoher Compliance-Risiken gilt es, diese Aspekte voll­ständig im Blick zu
                                        haben und richtig auszulegen. Diese Aufgabe bindet oftmals viele Ressourcen.

                                        5. Datenqualität und -verfügbarkeit erschweren Umsetzung
                                        Um verlässliche Aussagen einer KI zu erhalten, müssen die zugrunde
                                        gelegten Daten zum einen qualitativ angemessen und zum anderen in der
                                        Viel­zahl verfügbar sein. Ein Teil des Datenaustauschs im Gesundheitswesen
                                        erfolgt bereits über standardisierte Datentabellen und -austauschsysteme
                                        zwischen allen Beteiligten. Allerdings führen in der Infrastruktur der einzelnen
                                        Organisationen oft veraltete IT- und Datenablagesysteme sowie unsauber
                                        gepflegte, über­kommene Datenfelder zu Schwierigkeiten bei der Nutzung. Da­

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                            Aktuelles 14
durch ergeben sich Mehraufwände in der Aufbereitung der vorliegenden Daten
Weitere Informationen erfragen Sie      und Schwierigkeiten bei der Skalierung von Anwendungsfällen.
bitte bei
Hendrik Reese                           6. Vertrauen in die Technologie und deren Sicherheit muss
Tel.: +49 89 5790-6093                     aufgebaut werden
hendrik.reese@pwc.com                   Nur wenn alle Beteiligten und insbesondere Patienten Vertrauen in neue, KI-
                                        gestützte Prozesse haben, kann die Transformation gelingen. Denn Veränderung
                                        muss nicht nur technisch, sondern vor allem in den Köpfen der Personen,
                                        insbesondere Patienten und Ärzte, stattfinden. Gerade im Gesundheitswesen
                                        sind die im Rahmen der Digitalisierung von Prozessen genutzten Daten
                                        besonders sensibel und schützenswert. Für eine erfolgreiche Transformation
                                        muss daher sehr viel Wert auf Vertrauen und den verantwortungsvollen Umgang
                                        mit Daten gelegt werden.

                                        Wie kann sich das Gesundheitswesen diesen
                                        Herausforderungen stellen?
                                        Als Grundregel für die KI-Transformation muss gelten, dass der Mensch und
                                        seine Gesundheit weiterhin im Mittelpunkt stehen. Insbesondere bei der Auswahl
                                        der Einsatzgebiete und der Implementierung von neuen Prozessen sind die
                                        verschiedenen Blickwinkel aller Beteiligten zu beachten. Den zentralen Aspekt
                                        stellt in diesem Zusammenhang Vertrauen dar: Vertrauen in die Technologie und
                                        Vertrauen in den Schutz der persönlichen Gesundheitsdaten.

                                        Die KI-Transformation kann folglich nur gelingen, wenn die dargestellten Heraus­
                                        forderungen strukturiert in einem Transformationspfad adressiert werden. Den
                                        Start­punkt stellt dabei in der Regel eine klare KI-Strategie dar, die im Einklang
                                        mit der Unternehmensstrategie und der IT-Strategie steht, gefolgt von einer KI-
                                        Road­map. In dieser sollten insbesondere die folgenden Fragen adressiert und
                                        gesteuert werden:
                                        (1) Welche Kompetenzen sowie organisatorischen und technischen Fähigkeiten
                                            bauen wir wann auf?
                                        (2) Welche Use Cases bieten sich für KI an?
                                        (3) Was ist rechtlich möglich und ethisch vertretbar?
                                        (4) Wie bereiten wir unsere Datenlandschaft auf KI vor?
                                        (5) Wie können wir KI auf eine Art und Weise nutzen, dass der Mensch dem
                                            System vertraut?

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                           Aktuelles 15
SAP-S/4HANA-Umstellung
im Krankenhaus
                                        SAP wird voraussichtlich Ende des Jahres 2027 den
                                        Standard­support der SAP Business Suite einstellen. Gegen
                                        einen Aufpreis bietet SAP eine erweiterte Wartung bis Ende
                                        des Jahres 2030 an. Daher ist für Krankenhäuser, die aktuell
                                        die SAP Business Suite einsetzen, ein Wechsel zu anderen
                                        ERP-Systemen oder eine Migration auf SAP S/4HANA in
                                        ab­seh­barer Zukunft unausweichlich. Unabhängig davon, ob
                                        eine On-Premise-Lösung oder eine Cloud-Lösung bevor­
                                        zugt wird, kann das volle Potenzial von SAP S/4HANA nur
                                        aus­geschöpft werden, wenn bei der Umstellung nicht allein
                                        technische Aspekte berücksichtigt werden.

                                        SAP S/4HANA ist mehr als eine neue Produktgeneration. Vielmehr legt SAP mit
                                        der Lösung das Fundament für die digitale Transformation, die eine integrierte,
                                        transparente und effiziente Lösung für alle Geschäftsbereiche ermöglicht.
                                        Die digitale Transformation ist ein wichtiger Bestandteil, um als Krankenhaus
                                        wett­bewerbs­fähig zu bleiben. Mit dem im September 2020 in Kraft getretenen
                                        Kranken­haus­zukunfts­gesetz (KHZG) werden deutschen Kranken­häusern
                                        die erforderlichen Mittel für diese Transformation in Form von Investitions­
                                        programmen bereitgestellt. Damit eröffnen sich Möglichkeiten, bestehende
                                        Prozesse digitalisiert weiterzuentwickeln, Datenanalysen in Echtzeit vorzu­
                                        nehmen, neue Geschäftsmodelle zu realisieren und das Krankenhaus auf die
                                        neuen Anforderungen des Marktes auszurichten. Die Umstellung des ERP-
                                        Systems wird auch Auswirkungen auf krankenhausspezifische Informations­
                                        systeme und deren Schnittstellen haben. Mit der Near-Zero-Downtime-Techno­
                                        logie, die im Rahmen der Umstellung auf S/4HANA von SAP bereitgestellt wird,
                                        können vorüber­gehende Systemausfälle auf ein Minimum reduziert werden.
                                        Diese Techno­logie ist besonders für Krankenhäuser von hoher Bedeutung, da
                                        ein unter­brechungs­freier Daten- und Informationsfluss sowohl ausschlaggebend
                                        für die Versorgung der Patienten als auch für die kontinuierliche Gewährleistung
                                        der Qualitäts­standards ist.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                         Aktuelles 16
Die jüngst von PwC veröffentlichte Studie zu Vorgehensweisen, Risiken und
Download                                Chancen auf dem Weg zu SAP S/4HANA bestätigt, dass rund 50 % der Unter­
PwC-Studie „SAP S/4HANA –               nehmen für die Umstellung mit einer Projektdauer von mindestens drei bis
Erfahrungen von Unternehmen             fünf Jahren rechnen. Ebenfalls rund 50 % der befragten Unternehmen haben
in der DACH-Region“                     das Um­stellungs­projekt bereits gestartet oder umgesetzt. Die Frage, wie die
                                        Prozesse künftig ausgestaltet sein sollen, wird von den Unternehmen, die sich
www.pwc.de/de/digitale-                 bereits im Projekt befinden, eindeutig beantwortet: 75 % von ihnen wollen ihre
transformation/sap-s-4-hana-            Prozesse standardisieren. Klar ist, dass die Umstellung auf SAP S/4HANA mit
erfahrungen-von-unternehmen-            massiven Investitionen seitens der Unternehmen verbunden ist. Immerhin 65 %
in-der-dach-region.html                 der Befragten rechnen aber nach der Umstellung mit jährlich wiederkehrenden
                                        Einsparungen.

                                        Zur Sicherstellung der Ressourcen greifen die Unternehmen, die mit der Um­
                                        stellung bereits begonnen haben, zu 70 % auf SAP-Implementierungspartner
                                        zurück, 30 % holen sich Unterstützung für die fachliche Konzeption.

                                        Ein häufig nicht erwarteter Vorteil, der sich durch die Einführung von
                                        SAP S/4HANA für Unternehmen ergibt, ist ein besserer Überblick über die
                                        abteilungs­über­greifenden Prozesse.

                  Unternehmen, die die Einführung erfolgreich gemeistert haben, gaben an,
                  dass sie bereits den Rollout in weiteren (Tochter-)Gesellschaften planen.

                                        Unser Prüfungs- und Beratungsansatz im Bereich SAP S/4HANA umfasst
                                        insbesondere Beratungsprojekte, projektbegleitende Prüfungen sowie nach­
                                        gelagerte Prüfungen.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                        Aktuelles 17
Beratungsprojekte

                                        Gemäß unserem Ansatz „Von der Strategie bis zur Implementierung“ bieten wir
                                        unseren Mandanten im Rahmen unserer Beratungsleistungen in jeder Phase des
                                        Implementierungsprojekts die passende Lösung für einen erfolgreichen Umstieg
                                        auf SAP S/4HANA an. Bei der Unterstützung der Implementierung orientieren wir
                                        uns an der von SAP vorgeschlagenen Methodik „SAP Activate“.

                                        In der ersten Phase („Prepare“) liegt der Fokus darauf, das Projekt des
                                        Mandanten aufzusetzen und richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Hier­
                                        für erstellen wir Vorstudien und unterstützen bei der Erarbeitung von Roadmap
                                        und Business Case. Auch ein erster Blick in die SAP-Best-Practice-Prozesse
                                        kann Bestandteil dieser Phase sein.

                                        Die zweite Phase („Explore“) besteht in der Regel aus einer Fit-Gap-Analyse
                                        und der Konzeption der Ziellösung. In Workshops analysieren wir hierzu die
                                        individuelle Situation und die Bedürfnisse unserer Mandanten.

                                        Phase drei („Realise“) beinhaltet die fachliche und technische Umsetzung der
                                        Ziel­lösung in einem agilen Ansatz mit Sprints und Walk-throughs. Abschluss
                                        der Phase ist der End-to-End-Test. In der letzten Phase der Implementierung
                                        („Deploy and run“) realisieren wir für unsere Mandanten den Go-Live des Systems.

                                        Neben der konkreten Partizipation am Projekt nutzen wir unsere Erfahrung
                                        mit SAP-S/4HANA-Implementierungen auch, um das Projektmanagement des
                                        Mandanten mit den verschiedenen Stakeholdern maßgeblich zu unterstützen.

                                        Projektbegleitende Prüfung

                                        Die projektbegleitende Prüfung von ERP-Transformationsprojekten bietet seit
                                        Jahren und auch in der Zukunft mit SAP S/4HANA ein großes Unterstützungs­
                                        potenzial für unsere Kunden. Wir begleiten Ihr Projekt als unabhängiger
                                        Qualitäts­sicherer oder „kritischer Freund“ und leisten so einen entscheidenden
                                        Bei­trag zum Projekterfolg. Die Durchführung der Prüfung begleitend zur Um­
                                        setzung der Projektaktivitäten ermöglicht uns eine schnelle Kommunikation
                                        unserer Feststellungen. Diese können unmittelbar aufgegriffen und im laufenden
                                        Projekt mitigiert werden.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                        Aktuelles 18
Nach Abschluss des Projekts können wir dessen Qualität auf Basis des inter­
                                        nationalen Standards ISAE 3000 (Revised) attestieren. Hierfür wird das Projekt
                                        auf die Einhaltung von Ordnungsmäßigkeitskriterien, wie zum Beispiel GoBD,
                                        IDW RS FAIT 1 und IDW PS 850, geprüft.

                                        Prüfprogramm und Fokusthemen
                                        Im Rahmen der Prüfung des Projektmanagements betrachten wir insbesondere
                                        die Aspekte Projektauftrag und Projektorganisation. Die ordnungsmäßige Um­
                                        setzung dieser Handlungsfelder ist Voraussetzung für den weiteren Projekterfolg
                                        bei der Migration auf das SAP-S/4HANA-System. Ziel der Prüfung in dieser
                                        frühen Phase ist es, Abweichungen und Verbesserungspotenziale frühzeitig zu
                                        identifizieren.

                                        Im Rahmen des Reviews der Konzeption prüfen wir, ob die fachlichen Vor­
                                        gaben geeignet sind, die im Projektauftrag formulierten Ziele umzusetzen. Wir
                                        betrachten dabei die Ebene der fachlichen und technischen Konzeption und
                                        stellen so die Durchgängigkeit der Vorgaben vom Projektauftrag bis zur Um­
                                        setzung sicher.

                                        Im Rahmen der Prüfung der Testverfahren beurteilen wir, ob die Tests nachvoll­
                                        ziehbar ausgeführt und dokumentiert wurden. Darüber hinaus wird das Testen
                                        der voll­ständigen und richtigen Übernahme der notwendigen Bewegungs-
                                        und Stamm­daten geprüft. Bei den funktionalen Tests stehen die Finanz- und
                                        Geschäfts­prozesse einschließlich der Kontenfindungen im Fokus.

                                        Im Rahmen des Go-Live beurteilen wir, ob die Voraussetzungen für eine
                                        Produktiv­setzung vorliegen und die notwendigen Maßnahmen für die Umsetzung
                                        der Hypercare-Aktivitäten, also der Vor-Ort-Betreuung durch das Projektteam
                                        in den ersten Wochen nach dem Go-Live zur schnellen Behebung von Fehlern,
                                        getroffen wurden.

                                        Digitalisierung der Prüfung
                                        Für die Prüfung der Einführung von SAP S/4HANA können wir auf ein dediziertes
                                        Set von Tools zurückgreifen. Mit Alteryx können wir die Datenmigration auf Voll­
                                        ständigkeit und Richtigkeit analysieren. ACE und Halo for SAP sind PwC-eigene
                                        Tools, welche Berechtigungen, automatische Kontrollen und Prozessflüsse
                                        analysieren. Diese Tools kommen situativ zum Einsatz.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                         Aktuelles 19
Nachgelagerte Prüfung

                                        Bei der nachgelagerten Prüfung einer SAP-S/4HANA-Einführung können wir im
                                        positiven Fall unseren Mandanten die Ordnungsmäßigkeit der Systemeinführung
                                        bestätigen und unterstützen damit auch die Jahresabschlussprüfung. Dies er­
                                        folgt in der Regel erst nachgelagert zum Go-Live des Systems beim Mandanten.
                                        Dadurch beschränken sich unsere Tätigkeiten im Wesentlichen auf die Prüfung
                                        der Datenmigration und Inbetriebsetzung.

                                        Ausgehend von den Abnahme- und Freigabeprotokollen der Fachbereiche
                                        beurteilen wir die Vollständigkeit von funktionalen Tests, die Richtigkeit der
                                        Migration von Stamm- und Bewegungsdaten sowie die Umsetzung des Cut Over
                                        mit der entsprechenden Fehlerbehandlung im Rahmen der Hypercare-Phase.

                                        Zusätzlich können wir bei den nachgelagerten Prüfungen verifizieren, ob die
                                        Aus­wirkungen der Implementierung auf das interne Kontrollsystem sowie das
                                        Berechtigungskonzept des Mandanten berücksichtigt wurden und entstandene
                                        Risiken adressiert sind.

Weitere Informationen erfragen Sie      Ziel ist es auch hier, einen Prüfungsbericht zu erstellen, welcher in der Jahres­
bitte bei                               abschlussprüfung als Nachweis der Ordnungsmäßigkeit der Migration verwendet
Torsten Lechelt                         werden kann.
Tel.: +49 30 2636-1700
torsten.lechelt@pwc.com                 Weiterführende Informationen zu den Dienstleistungen von PwC im Bereich SAP
                                        S/4HANA finden Sie auf der Website von PwC Deutschland und PwC Schweiz.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                         Aktuelles 20
Wege aus der Pandemie
                             Helfer für den Weg zurück in die Normalität: der digitale
                             Covid-19-Impfnachweis                                                           22
                             Impfen in Deutschland: ein Maßnahmenkatalog für mehr
                             Akzeptanz und Vertrauen                                                         26

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                    Wege aus der Pandemie 21
Helfer für den Weg zurück in die
Normalität: der digitale Covid-19-
Impfnachweis
                                        Impfen, impfen, impfen – so lautet das Gebot der Stunde,
                                        um die Coronapandemie langfristig in den Griff zu
                                        bekommen und wirtschaftliches sowie gesellschaftliches
                                        Leben wieder zuzulassen. Impfnachweise können auf dem
                                        Weg dorthin einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie
                                        Lockerungen für Personen, die das schützende Vakzin
                                        erhalten haben, kontrolliert ermöglichen und so den Weg
                                        aus der Pandemie schrittweise ebnen.

                                        Die Herausforderung bei der Konzeption eines solchen Nachweises liegt
                                        vor allem in der Entwicklung einer schnellen, fälschungssicheren und un­
                                        komplizierten Lösung. Um hier einen Beitrag zu leisten, haben sich die
                                        Expertinnen und Experten von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, im
                                        Diskussions­papier „Der digitale Covid-19 Impfnachweis“ mit den Modalitäten
                                        eines solchen Nachweises auseinandergesetzt. Die Autoren konnten hier auf
                                        breites Wissen zum Thema zurückgreifen, da PwC bereits andere Länder wie die
                                        Schweiz, Griechenland und Luxemburg sowie die EU und die Weltgesundheits­
                                        organisation (WHO) dabei unterstützt hat, Konzepte für Impfnach­weise zu
                                        erstellen. In der Schweiz geschah dies zum Beispiel in Kooperation mit der
                                        Stiftung meineimpfungen. Mit myCOVIDvac, einem Modul des schweizerischen
                                        elektro­nischen Impfausweises, können ohne vorherige Registrierung (die Ein­
                                        willigung reicht aus) Covid-19-Impfungen elektronisch dokumentiert werden.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                          Wege aus der Pandemie 22
Im Fokus des Diskussionspapiers steht ein digitaler Impfnachweis, der allen
                                          relevanten Akteuren schnell und einfach Zugang zu den Daten ermöglicht
                                          und Transparenz schafft.

                                        Beim Ziel haben sich die Verfasser des Diskussionspapiers am Ziel der
                                        deutschen Bundesregierung orientiert: Lockerungen der Covid-19-Maßnahmen
                                        bei gleichzeitiger Kontrolle des Infektionsgeschehens zu erwirken.

                                        Drei Teilambitionen haben die Verfasser des Papiers daraus abgeleitet:
                                        • Ausstellung digitaler Zertifikate als Teilnahmeberechtigung für eine Rückkehr
                                          zum Normalzustand
                                        • Steigerung der Effizienz des Impf- und Nachsorgeprozesses (Einhaltung
                                          Pharmakovigilanz)
                                        • Nachweis und digitale Erfüllung der Dokumentationspflichten

                                        Zentral bei der Entwicklung einer entsprechenden Lösung ist es, das Augenmerk
                                        auf den „Nachweis der Unbedenklichkeit“ zu legen. Nachweise zur Immunität
                                        sind an dieser Stelle beispielsweise nicht geeignet, da diese medizinische
                                        Information nur unter Einbezug datenschutzrechtlich sensibler Informationen
                                        möglich wäre. Neben der Berücksichtigung mehrerer Anwendungen wie
                                        der Impf­erfassung, der Erfassung von Nebenwirkungen und der Nachweis­
                                        verifikation, die zur Feststellung der Unbedenklichkeit notwendig sind, kommt
                                        es darüber hinaus darauf an, verschiedene Effektivitätsszenarien der Covid-19-
                                        Impf­stoffe zu kalkulieren, damit Lockerungen gewährt werden können.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                             Wege aus der Pandemie 23
In diesem Zusammenhang kommt es bei der Entwicklung einer entsprechenden
Lösung laut den Expertinnen und Experten von Strategy& zudem darauf an, die
folgenden sechs zentralen Designprinzipien zu berücksichtigen:

Designprinzipien

politisch-            Datenschutz                        Diskriminierungs-                 Rechts-
rechtliche            und digitale                       freiheit                          staatlichkeit
Prinzipien            Souveränität

                      Sicherstellung von individueller   Gewährung von Diskriminierungs-   Anwendung rechtsstaatlicher
                      Souveränität und Kontrolle von     freiheit in Anwendung und         Regelwerke für den Abruf und die
                      Nutzern über Daten; Vermeidung     Nutzung der Lösung für alle       Nutzung von Daten (z. B. zu Umfang
                      von Zweckentfremdung               Bevölkerungsschichten             und Dauer der Datenverwendung)

nutzenbasierte        Effektivität und                   Umsetzungs-                       Interoperabilität
Prinzipien            Nutzbarkeit                        geschwindigkeit

                                                                                           Möglichst Orientierung an noch
                                                                                           zu veröffentlichenden Standards
                      Entwicklung geeigneter             Möglichst schnelle Entwicklung    der WHO/EU zur Ermöglichung
                      Funktionalitäten zur               einer Lösung zur kurzfristigen    grenzüberschreitender Nutzung
                      Steuerung des Infektions-          Nutzung und Kontrolle des         (bei gleichzeitiger Abwägung der
                      und Impfgeschehens                 Pandemiegeschehens                schnellen Umsetzbarkeit)

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                 Wege aus der Pandemie 24
Vor diesem Hintergrund eignet sich insbesondere eine hybride Lösung,
Weitere Informationen erfragen Sie      bestehend aus App und Hardware, zur Umsetzung eines digitalen Impfnach­
bitte bei                               weises. Die initialen Empfehlungen der Autoren des Diskussionspapiers fallen
Marcus Bauer                            daher auf eine verifizierte Smartcard mit Companion App auf Basis der Block­
Tel.: +49 30 88705-834                  chain-Techno­logie, die Flexibilität, Sicherheitsansprüche und technische Mach­
marcus.bauer                            barkeit zusammenbringt. Darüber hinaus berücksichtigt dieser Ansatz auch
@strategyand.de.pwc.com                 weitere Bewertungs­kriterien wie politische und gesellschaftliche Durchsetz­
                                        barkeit, Skalierbarkeit sowie eine hohe Sicherheit vor Fälschungen. Langfristig
Holger Schmidt                          plädieren die Expertinnen und Experten von Strategy& aber auch für eine Ab­
Tel.: +49 30 88705-861                  bildung des Covid-19-Impfstatus in der elektronischen Patientenakte.
holger.schmidt
@strategyand.de.pwc.com

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                             Wege aus der Pandemie 25
Impfen in Deutschland: ein
Maßnahmenkatalog für mehr
Akzeptanz und Vertrauen
                                        Um die Covid-19-Pandemie zu überwinden, müssen
                                        politische Akteure energisch und entschlossen handeln.
                                        Die durch die Pandemie ausgelösten Einschränkungen im
                                        sozialen und wirtschaftlichen Leben lassen sich nur über­
                                        winden, wenn neben der Bereitstellung von Impfstoffen
                                        und einer umfassenden Impfstrategie sich natürlich ein
                                        Groß­teil der deutschen Bevölkerung impfen lässt. Die
                                        Impf­bereit­schaft zu steigern, ist demzufolge mittel- und
                                        lang­fristig einer der wesentlichen Schlüssel zur Pandemie­
                                        bekämpfung. Im Rahmen der aktuellen Studie Auf dem Weg
                                        zum Re­start Deutschland hat Strategy& zwölf Maßnahmen
                                        identifiziert, um eine erhöhte Impfbereitschaft unter den
                                        Bundes­bürgern zu erreichen. Kernelemente sind dabei
                                        ziel­gruppen­gerecht aufbereitete Informationen, ein
                                        erleichterter Zu­gang zu Impfungen sowie transparente Ziele
                                        und daraus ableitbare Konsequenzen.

                                        Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssten sich etwa 80 % der
Download                                Bevölkerung impfen lassen, eine Befragung des PwC Healthcare-Barometers
Die vollständige Strategy&-             2021 zeigte allerdings, dass noch im Dezember 2020 sich knapp die Hälfte der
Studie Auf dem Weg zum Restart          deutschen Bevölkerung abwartend verhielt und 15 % einer Impfung sogar ab­
Deutschland finden Sie unter            lehnend gegenüberstanden.
www.strategyand.pwc.com/de/de/
studie/2021/impfstrategie.html          Um diesen wesentlichen Faktor der Impfbereitschaft positiv zu beeinflussen,
                                        muss dringend seitens der Politik gehandelt werden, hierfür haben die Autoren
                                        der Studie zwölf Maßnahmen in drei Bereichen identifiziert, die einen Einfluss
                                        ermöglichen.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                             Wege aus der Pandemie 26
Der erste Maßnahmenbereich bezieht sich hierbei auf
                                        zielgruppengerechte Information
                                        Informationen zu Impfreihenfolgen und den Vakzinen selbst müssen breit
                                        gestreut und barrierefrei in unterschiedlichsten Kanälen verfügbar sein, um alle
                                        Gesell­schafts­gruppen frühzeitig zu erreichen und eine Klarheit der nächsten
                                        Schritte zu ermöglichen. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen müssen
                                        trans­parent und nachvollziehbar dargelegt werden. Die Impfstrategie muss hier­
                                        bei über alle zielgruppenrelevanten Kanäle verbreitet und die Kommunikation je
                                        nach Adressaten­kreis individualisiert werden.

                                        Ein einfacher Zugang zu Impfungen ist ausschlaggebend
                                        auf dem Weg zu einer höheren Impfbereitschaft
                                        Der zeitliche, organisatorische und finanzielle Aufwand der Bevölkerung, eine
                                        Impfung zu erhalten, muss minimal sein. Hierfür ist eine Impfplattform, die
                                        über­sichtlich alle relevanten Informationen zur Verfügung stellt und darüber
                                        auf­klärt, wer wann impfberechtigt ist und wo eine Impfung durchzuführen ist
                                        (Impfzentrum, Arztpraxis etc.), zwingend erforderlich.

                                        Transparenz der Ziele der Impfkampagne
                                        Die individuellen und kollektiven Vorteile der Impfung müssen für die Bürger
                                        transparent und greifbar werden. Im öffentlichen Diskurs fehlen für Deutschland
                                        aktuell sowohl ein Zielwert für die Impfquote als auch konkrete Angaben über
                                        die zeitliche Planung. Die Definition und Veröffentlichung von Etappenzielen,
                                        etwa von zu erreichenden Inzidenzwerten, müssen in einer Roadmap integriert
                                        werden. So können auch kleinere Erfolge sichtbar gemacht werden und die
                                        Motivation, weiter durchzuhalten, erhöht werden, vor allem wenn die Erreichung
                                        bestimmter Inzidenzwerte direkt an Konsequenzen für den eigenen Alltag
                                        gekoppelt wird.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                             Wege aus der Pandemie 27
„Strategisches und gleichzeitig rasches Handeln ist
Weitere Informationen erfragen Sie
bitte bei                               auf allen Ebenen der Pandemiebekämpfung zentral.
Marcus Bauer                            Auf medizinischer Seite ist dafür ein professioneller
Tel.: +49 30 88705-834
marcus.bauer@strategyand.de.pwc.com
                                        Gesamt­prozess entscheidend, um die nötigen Infra­
                                        strukturen zum Impfen so schnell wie möglich zu
Prof. Dr. Nils Breuer                   optimieren. Zudem müssen alle Bürger, ob sie
Tel.: +49 40 6378-2720
nils.breuer@strategyand.de.pwc.com      bereits zu den Impfwilligen gehören oder nicht,
                                        mit funktionierenden und digitalen Anwendungen
                                        informiert und eng begleitet werden. Dafür sind auch
                                        Koordinations­probleme zwischen den verschiedenen
                                        Stake­holdern, Bundesländern, Kommunen und Land­
                                        kreisen abzubauen“,
                                        resümiert Prof. Dr. Nils Breuer, Director bei Strategy& Deutschland und
                                        Co-Autor der Studie.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                             Wege aus der Pandemie 28
Recht

                             Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Ausgestaltung
                             von Besuchskonzepten in Krankenhäusern während der SARS-
                             CoV-2-Pandemie                                                            30
                             Rufdienste als Arbeitszeit: mögliche Auswirkungen für Krankenhäuser       34

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Mitbestimmungsrechte des
Betriebsrats bei der Ausgestaltung von
Besuchskonzepten in Krankenhäusern
während der SARS-CoV-2-Pandemie

                                        Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschied am
                                        22. Januar 2021 (Az. 9 TaBV 58/20) unter Verweis auf § 87
                                        Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO
                                        NRW, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung von
                                        Besuchs­konzepten in Krankenhäusern mitbestimmen darf,
                                        weil es sich um betriebliche Regelungen des Gesundheits­
                                        schutzes handle.

                                        Hierbei spielte insbesondere die Frage nach der Verbindlichkeit der Regelungen
                                        der Coronaschutzverordnung eine Rolle, die für den klinischen Betrieb (Stand
                                        8. Dezember 2020) folgende Besucherregelung empfiehlt:
                                        • Soziale Kontakte sollten möglichst über Telekommunikation anstatt über
                                           persönliche Besuche erfolgen.
                                        • Besuche sind auf ein Minimum zu beschränken und zeitlich zu begrenzen.

                                        Besucher sind zu den erforderlichen Schutzmaßnahmen (Abstand von
                                        mindestens 1,5 m zum Patienten, Tragen eines Schutzkittels und eines dicht
                                        an­liegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes, Händedesinfektion beim
                                        Verlassen des Patientenzimmers) zu unterweisen.

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Sachverhalt

                                        Der Arbeitgeber betreibt ein Krankenhaus mit circa 850 Arbeitnehmern. Im
                                        Zuge der Coronapandemie führte er ohne Beteiligung des bei ihm vorhandenen
                                        Betriebsrats ein Besuchskonzept ein, mit welchem Zutritte und Aufenthalt von
                                        betriebsfremden Personen dokumentiert wurden.

                                        Hierbei sei auch die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen
                                        zu beachten, wonach Besuche in Krankenhäusern nur auf der Basis eines
                                        einrichtungsbezogenen Besuchskonzepts zulässig seien.

                                        Entscheidungsgründe

                                        Das LAG Köln hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg im Beschluss
                                        vom 6. November 2020 (Az. 3 BV 31/20) gestützt.

                                        Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers handle es sich bei den Arbeits­
                                        schutz­standards des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gerade nicht
                                        um un­verbindliche Empfehlungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Nach
                                        dieser Vor­schrift hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den
                                        Gesundheits­schutz mitzubestimmen, wobei sich das Mitbestimmungsrecht auf
                                        Maß­nahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden bezieht,
                                        die Rahmen­vorschriften konkretisieren.

                  Die coronabedingten Beschränkungen wurden zwar für Besucher erlassen,
                  betreffen aber auch Mitarbeiter. Deshalb sind sie mitbestimmungspflichtig.

                                        Das Mitbestimmungsrecht setzt dann ein, wenn eine gesetzliche Handlungs­
                                        pflicht objektiv besteht und mangels einer zwingenden gesetzlichen Vorgabe
                                        betriebliche Regelungen erforderlich werden, um das Ziel zu erreichen. Hierbei
                                        ist irrelevant, ob die Rahmenvorschriften unmittelbar oder nur mittelbar dem
                                        Gesundheits­schutz der Mitarbeiter dienen (vgl. auch Beschluss des Bundes­
                                        arbeits­gerichts vom 8. März 2017, Az. 1 ABR 25/15). Eine solche Handlungs­
                                        pflicht zumindest auch zugunsten der Arbeitnehmer ergibt sich laut LAG aus § 5
                                        Abs. 1 der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen.

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§ 5 (1) 1Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen,
                                          voll­stationäre Einrichtungen der Pflege, ambulante Pflegedienste und
                                          besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe, Einrichtungen und
                                          Dienste der Wohnungslosenhilfe sowie ähnliche Einrichtungen haben die
                                          erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona­
                                          viren zu erschweren und Patienten, Bewohner und Personal zu schützen.
                                          2
                                            Hier­bei sind insbesondere die Richtlinien und Empfehlungen des Robert
                                          Koch-Instituts zu beachten. 3Besuche sind auf der Basis eines ein­
                                          richtungs­bezogenen Besuchskonzepts zulässig, das die Empfehlungen und
                                          Richt­linien des Robert Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz
                                          um­setzt. 4Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass die jeweiligen
                                          Regelungen nicht zu einer vollständigen Isolation der Betroffenen führen
                                          dürfen. 5Insbesondere müssen die Begleitung des Geburtsprozesses und
                                          der Geburt und Besuche, die aus Rechtsgründen (insbesondere zwingende
                                          An­gelegenheiten im Zusammenhang mit einer rechtlichen Betreuung) oder
                                          zur seel­sorgerischen Betreuung erforderlich sind, infektionsschutzgerecht
                                          ermöglicht werden. 6Dies gilt auch für die Begleitung Sterbender. 7Zu
                                          weiter­gehenden Einzelheiten kann das Ministerium für Arbeit, Gesundheit
                                          und Soziales gesonderte Regelungen erlassen.

                                        Die Ausgestaltung eines Besuchskonzepts ist in der Coronaschutzverordnung
                                        nicht abschließend geregelt. Vielmehr wird auf die betrieblichen und ein­
                                        richtungs­bezogenen Gegebenheiten bei der betrieblichen Ausgestaltung
                                        verwiesen. Ebenso sind für den Fall der Zulassung von Besuchern durch den
                                        Verweis auf die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts dessen Vorgaben als
                                        Mindest­standards verpflichtend, jedoch nicht abschließend. Dies unterscheidet
                                        sie von den konkreten ordnungsbehördlichen Anordnungen oder Regelungen.

                                        Dementsprechend enthalten die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts die
                                        ausdrückliche Vorgabe, dass die konkrete Umsetzung unter Berücksichtigung
                                        der lokalen Gegebenheiten erfolgen soll.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                           Recht 32
Praxishinweis
Weitere Informationen erfragen Sie
bitte bei                               Die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sind zwar unmittelbar verpflichtend.
Hansjörg Eger                           Es bestehen jedoch weitere Gestaltungsmöglichkeiten für Besuchskonzepte.
Tel.: +49 711 25034-5212                Dabei ist immer auch zumindest an den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter zu
hansjoerg.eger@pwc.com                  denken, sodass Regelungen bei der Ausgestaltung das Mitbestimmungsrecht
                                        des Betriebsrats auslösen. Soweit die Empfehlungen lediglich einen Mindest­
                                        standard darstellen und somit die betrieblichen Besonderheiten zu beachten
                                        sind, ist die jeweils aktuelle Coronaschutzverordnung neben sonstigen konkreten
                                        ordnungsbehördlichen Verfügungen zum Betrieb und zur Öffnung zu prüfen.
                                        Soweit konkrete Vorgaben ohne Umsetzungsspielraum für den Arbeit­geber
                                        durch behördliche Anordnung oder eine entsprechend konkrete Verordnung
                                        (z. B. Coronaschutzverordnung) vorgegeben werden, ist die Mit­bestimmung
                                        nicht ausgelöst. Müssen jedoch über ein Mindestmaß hinaus individuelle, für den
                                        konkreten Betrieb und die Einrichtung gewünschte oder notwendige Regelungen
                                        getroffen werden, die zwar nicht auf die Mitarbeiter gerichtet sind, diese aber
                                        zumindest mitbetreffen, sind deren Interessen im Besuchs­konzept ebenfalls zu
                                        bedenken und die Mitbestimmung ist zu beachten.

                                        Aufgrund der sich stetig verändernden Situation, sowohl bei den aktuellen Ver­
                                        ordnungen als auch bei den Anforderungen an den Betrieb und die politischen
                                        Vorgaben, empfiehlt es sich, mit dem Betriebsrat laufend zu kommunizieren.

Healthcare News Ausgabe 62, März 2021                                                                           Recht 33
Rufdienste als Arbeitszeit: mögliche
Auswirkungen für Krankenhäuser
                                        Es besteht Fachkräftemangel – bei Pflegekräften, aber
                                        auch bei Ärztinnen und Ärzten. Die Steigerung der Arbeits­
                                        attraktivität ist in den Kliniken ein großes Thema, um dem
                                        Fach­kräftemangel erfolgreich zu begegnen. Dies gilt vor dem
                                        Hinter­grund der Belastungen durch die Coronapandemie
                                        für das klinische Personal umso mehr. Eine wichtige Rolle
                                        bei der Arbeits­platzattraktivität spielen die Arbeitszeit- und
                                        Dienst­plan­modelle. Auf diese haben zwei aktuelle EuGH-
                                        Entscheidungen möglicherweise erheblichen Einfluss.

                                        Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in zwei Vorabentscheidungsverfahren
                                        das Thema der sogenannten Rufbereitschaft neuerlich in den Fokus gerückt.
                                        Medizinische Rufbereitschaften und die notwendige Gewährung von Ruhezeiten
                                        gemäß § 5 ArbZG für medizinisches Personal in Rufbereitschaft sowie unter Um­
                                        ständen die Vergütung können durch diese Entscheidungen beeinflusst werden.
                                        Sie stellen zwar keine Änderung der Rechtsprechung dar, präzisieren aber
                                        die Aus­legung der Arbeitszeitrichtlinie im Rahmen nationaler Arbeitszeit- und
                                        Vergütungs­regelungen und können sich in Einzelfällen auswirken.

                                        Dem EuGH-Urteil vom 9. März 2021, Rs. C-580/19, liegt eine Vorlage des
                                        Verwaltungs­gerichts (VG) Darmstadt zugrunde, das mit der Klage eines Feuer­
                                        wehr­manns gegen seinen Arbeitgeber befasst war und zu entscheiden hatte,
                                        inwiefern Bereitschaftszeiten in Form von Rufbereitschaft als „Arbeitszeit“ oder
                                        als „Ruhezeit“ im Sinne der EU-Richtlinie 2003/88 einzustufen sind.

                                        Der Kläger, ein beamteter Feuerwehrmann, darf seine Bereitschaft außerhalb der
                                        Dienststelle verbringen, hat aber von seinem Arbeitgeber die Vorgabe, binnen
                                        20 Minuten mithilfe des ihm überlassenen Einsatzfahrzeugs unter Inanspruch­
                                        nahme von Sonderrechten im Verkehr einsatzbereit vor Ort zu sein. Der Kläger
                                        ist der Ansicht, dass diese Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit anzuerkennen und
                                        entsprechend zu vergüten sind, unabhängig davon, ob er während dieser Zeit
                                        tatsächlich tätig ist.

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