Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand

Die Seite wird erstellt Lisa Simon
 
WEITER LESEN
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand
Mit dem Anspringen der internationalen Wirtschaft nach dem Corona-Schock zog die Nachfrage nach Baustoffen
in diesem Jahr weltweit deutlich an. Dies betrifft auch Europa, insbesondere aber die USA. Gleichzeitig zeigt
sich die deutsche Bauwirtschaft trotz Korrekturen bei Auftragseingang und Umsatz weiter robust, die
Wohnungsbaugenehmigungen lagen im ersten Halbjahr um 7,7 % über dem Vorjahreszeitraum.

Produktions- und Exportrekorde auf der einen Seite, Versorgungsengpässe auf der anderen

Welche Auswirkungen die Nachfrageentwicklung auf den gesamten Holzsektor hat, zeigt erst der Blick über alle
Facetten der Wertschöpfungskette im Inland – Forstwirtschaft, Sägeindustrie, Holzhandel. Holzverarbeitung –
sowie die Bewegungen auf den internationalen Märkten. Die Sägeindustrie ist in einer zentralen Position und
Spiegelbild der kumulierten Bewegungen auf Rohstoff- sowie auf nationaler und internationaler Abnehmerebene.
Die Nadelschnittholzproduktion mit rund 95 % des verarbeiteten Holzes in Deutschland wurde im ersten Halbjahr
2021 um 15 % gegenüber Januar bis Juni 2020 ausgeweitet; das entspricht 1,8 Mio. m³.

 Entwicklung Nadelschnittholz – Produktion/Export/Import             Ebenfalls erhöht haben sich die
                                                                     Ausfuhren., wobei gerade das Geschäft
                                                                     mit den USA deutlich ausgeweitet wurde.
                                                                     Ursächlich für die Attraktivität des Exports
                                                                     in die USA waren die historisch starken
                                                                     Preissteigerungen für Schnittholz von
                                                                     umgerechnet rund 250 €/m³ (SPF 2-by-4)
                                                                     auf bis zu 870 € im Mai 2021. Die Effekte
                                                                     auf die Preise im Inland blieben nicht aus
                                                                     und führten in Kombination mit dem
                                                                     Absatzplus zu Umsätzen der deutschen
                                                                     Sägeindustrie im ersten Halbjahr 2021 i.
                                                                     H. v. 3,6 Mrd. € (+48,4 % ggü. Vj.).
 Quelle: Statistisches Bundesamt, DeSH

Bei ebenfalls ausgeweiteten Schnittholzimporten stieg die Inlandsmarktversorgung in den ersten sechs Monaten
des Jahres um annährend 17 %. Probleme in der Marktversorgung gab es bei einzelnen Produktgruppen
trotzdem aufgrund der hohen Nachfrage bei gleichzeitig reduzierten Lagerbeständen aus dem letzten Jahr. Die
Preise für Nadelschnittholz haben sich seit Jahresbeginn bis zum Juni 2021 verdoppelt, die Preise für
konstruktive Holzwerkstoffe sind mit +130 % für Brettschichtholz(BSH)-Lamellen und +125 % bei
Konstruktionsvollholz (KVH) noch stärker gestiegen. Im Gegenzug zeigt das Preisbild bei Rundholz mit einem
Plus von ca. 60 % einen deutlich mäßigeren Anstieg – und dies von einem Preis ausgehend, der zum
Jahresbeginn 2021 weit unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag. Der Markt ist ohne Frage aus der
Balance geraten und es bedarf einer zeitnahen Korrektur, damit sich temporäre Verwerfungen in der
Wertschöpfungskette nicht als strukturellen Probleme verfestigen. Seit Mai 2021 sind die Holzpreise in den USA
wieder auf den langjährigen Durchschnitt gesunken; die Preise im Inland, beispielsweise für BSH-Lamellen und
KVH, sinken seit Juli ebenfalls. Im weiteren Jahresverlauf erwartet die IKB weitere Korrekturen nach unten und
damit eine Entspannung für die Abnehmerseite. Rundholz dürfte zeitversetzt tendenziell nachziehen.

                                                                                                               1
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand / Johannes Sausen / 07.09.2021
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand
Strukturelle Trends sprechen für weiteres Wachstum, aber die Preisentwicklung sorgt für Unsicherheit

Die globale Nachfrage nach Holz- und Holzwerkstoffen bleibt unseres Erachtens mittelfristig hoch, wird sich aber
nach der Aufholphase wieder normalisieren. Die Entwicklung der Warenströme bleibt stark von exogenen
Faktoren abhängig. Dazu zählen die Dürre im Westen der USA, Käferbefall in British Columbia/Kanada,
Exportbeschränkungen in Russland und Importregulierungen wie die US-Zölle für Holz aus Kanada. Auf
nationaler Ebene ist die deutsche Einschlagbeschränkung bei Fichte auf 85 % des mehrjährigen Mittels im
Waldwirtschaftsjahr 2020/2021 zu nennen. Stärkere Preisvolatilitäten können daher perspektivisch nicht
ausgeschlossen werden. Das Jahr 2021 ist unter diesem Aspekt mit Sicherheit ein Ausnahmejahr, da sich
verschiedene internationale Effekte gegenseitig verstärkt und einen immensen Hebel auf nationale
Marktstrukturen übertragen haben. Deutlich sinkende Inlandspreise am aktuellen Rand – beispielsweise bei KVH
– resultieren nach unter anderem aus einem verstärkten Lageraufbau auf der Abnehmerebene als Ergebnis von
Versorgungsunsicherheit und nicht mehr kalkulierbaren Preiserhöhungen. Vorübergehend ist daher sogar mit
Absatzrückgängen zu rechnen, wenngleich die Rahmendaten weiterhin für Wachstum sprechen.

 Fertigbauanteil an Baugenehmigungen (1-/2-Familienhäuser)            Der Bausektor ist der wichtigste
                                                                      Absatzmarkt für Holz im Inland und
                                                                      bestimmt maßgeblich die Nachfrage nach
                                                                      Schnittholz und veredelten Produkten.
                                                                      Der Einsatz von Holzelementen hilft in
                                                                      besonderem Maße bei der Realisierung
                                                                      von energetischen Einsparpotenzialen,
                                                                      weshalb Holzwerkstoffe bei Renovierung,
                                                                      Ausbau und Gebäudesanierung eine
                                                                      tragende Rolle spielen. Zudem entwickelt
                                                                      sich die Holztechnologie kontinuierlich
                                                                      weiter und bietet ausgereifte
                                                                      standardisierte Produkte und
  Quelle: Statistisches Bundesamt, BDF
                                                                      Halbfertigteile. Dies führt dazu, dass
                                                                      Holzwerkstoffe und -systeme nicht nur
beim Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz kommen, sondern zunehmend auch im
Mehrgeschoss- und Wirtschaftsbau. Der steigende Anteil von Fertigteilbauten bei Ein- und Zweifamilienhäusern
ist ein guter Indikator für die zunehmende Bedeutung von Holz als ökologischer Baustoff in Kombination mit den
ökonomischen Vorteilen der Vorfertigung von Bauelementen bis zu gesamten Gebäudeteilen.

Die IKB erwartet bis 2025 jährliche Fertigstellungen von Ein- und Zweifamilienhäusern in einer Größenordnung
von rund 94 – 102 Tsd. Einheiten pro Jahr, allerdings mit erhöhten Unsicherheiten bei der Entwicklung der
Baugenehmigungen im Verlauf des kommenden Jahres und für das Jahr 2023 aufgrund des erreichten
Preisniveaus bei Grundstücken sowie der massiv gestiegenen Kosten für Baustoffe und -leistungen. Parallel
prognostizieren wir einen weiteren Anstieg des Fertigbauanteils auf bis zu 25 %. Da dieser Anstieg im
Wesentlichen von Neubauten in Holzrahmenbauweise getragen wird, steigt die Nachfrage nach konstruktiven
Holzwerkstoffen. Hinzu kommt der erwartete zusätzliche Bedarf aus Renovierung, Ausbau, Wirtschafts- und
Mehrgeschosswohnungsbau. In Summe wird das Preisniveau bei Rund-, Schnittholz und Holzwerkstoffen
mittelfristig über dem Niveau vor Beginn der Preisrallye im Herbst 2020 liegen.

                                                                                                               2
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand / Johannes Sausen / 07.09.2021
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand
Wird der Klimawandel zum Risiko für die Schnittholzversorgung?

Trockenheit und Schädlingsbefall setzen dem heimischen Wald zu, die Auswirkungen sind unverkennbar.

        Entwicklung des Holzeinschlags in Deutschland                 Der Anteil der Nadel- und Laubbäume
                                                                      mit deutlichen Kronenverlichtungen als
                                                                      klarem Zeichen der Schädigung lag
                                                                      2020 laut Waldzustandserhebung des
                                                                      BMEL bei 37 %, bei Fichten sogar bei
                                                                      44 %. Seit 2017 ist der Holzeinschlag
                                                                      zwar auf einen Rekordwert von rund 80
                                                                      Mio. m³ gestiegen (davon 77 %
                                                                      Nadelholz), der Schadholzanteil lag
                                                                      2020 allerdings bei 75 %. Die
                                                                      Schadholzmenge hat sich damit in drei
                                                                      Jahren verfünffacht! Entsprechend
                                                                      eingeschränkt sind die
 Quelle: Statistisches Bundesamt
                                                                      Vermarktungsmöglichkeiten.

Die Perspektive: Innovation trifft Nachhaltigkeit

Die internationale Nachfrage nach Holz als Roh- und Werkstoff wird hoch bleiben. Die Herausforderungen des
Klimawandels sprechen für den Einsatz von Holz als Baustoff und technologische Innovationen führen zu einer
Erweiterung des Anwendungsspektrum. Durch die internationalen Warenströme steigt jedoch die Anfälligkeit für
temporäre Verwerfungen und die Entwicklung 2022 wird stark von der Entwicklung bei Export-, Import- und
Zollregelungen in den USA, Kanada und Russland abhängen, ebenso von der Nachfrage aus China.
Basis für die Ausschöpfung der Absatzpotenziale ist eine verlässliche Rohstoffversorgung. Auch, wenn nach
jetzigem Stand das Schadholzaufkommen 2021 unter dem Vorjahresniveau liegen wird, ist der Zustand des
heimischen Waldes alarmierend. Das Risiko für den Ausfall nennenswerter Rohstoffressourcen und die
Versorgungssicherheit steigt. Eine Lösung des Problems zeichnet sich bislang nicht ab. Eine Lehre des Jahres
2021 ist, dass die Holwirtschaft über die Wertschöpfungskette in der Balance bleiben muss.
Die in der Projektierung und der Umsetzung befindlichen Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen – von
Einschnittkapazitäten, Verarbeitungslinien bis zum Fertigteilbau – sind Ausdruck des Optimismus der Branche.

(Düsseldorf, 07.09.2021)

Johannes Sausen
Head of Consumer & Retail

Telefon: +49 211 8221-4807
Mobil: +49 175 7253167
E-Mail: Johannes.Sausen@ikb.de
Internet: http://www.ikb.de

                                                                                                           3
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand / Johannes Sausen / 07.09.2021
Disclaimer:

Diese Unterlage und die darin enthaltenen Informationen begründen weder einen Vertrag noch irgendeine Verpflichtung und sind von
der IKB Deutsche Industriebank AG ausschließlich für (potenzielle) Kunden mit Sitz und Aufenthaltsort in Deutschland bestimmt, die
auf Grund ihres Berufes/Aufgabenstellung mit Finanzinstrumenten vertraut sind und über gewisse Erfahrungen, Kenntnisse und
Sachverstand verfügen, um unter Berücksichtigung der Informationen der IKB Deutsche Industriebank AG Entscheidungen über ihre
Geldanlage und die Inanspruchnahme von Wertpapier(neben)dienstleistungen zu treffen und die damit verbundenen Risiken unter
Berücksichtigung der Hinweise der IKB Deutsche Industriebank AG angemessen beurteilen zu können. Außerhalb Deutschlands ist
eine Verbreitung untersagt und kann gesetzlich eingeschränkt oder verboten sein.

Die Inhalte dieser Unterlage stellen weder eine (i) Anlageberatung (ii) noch eine individuelle Anlageempfehlung oder (iii) eine
Einladung zur Zeichnung oder (iv) ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar.
Die Unterlage wurde nicht mit der Absicht erarbeitet, einen rechtlichen, steuerlichen oder bilanziellen Rat zu geben. Es wird darauf
hingewiesen, dass die steuerliche Behandlung einer Transaktion von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden abhängt
und künftigen Änderungen unterworfen sein kann. Stellungnahmen und Prognosen stellen unverbindliche Werturteile zum Zeitpunkt
der Erstellung der Unterlage dar. Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erstellung der Unterlage. Eine
Änderung der Meinung des Verfassers ist daher jederzeit möglich, ohne dass dies notwendigerweise publiziert wird. Die in der
Unterlage zum Ausdruck gebrachten Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der IKB wider. Prognosen zur zukünftigen
Entwicklung geben Annahmen wieder, die sich in Zukunft als nicht richtig erweisen können; für Schäden, die durch die Verwendung
der Unterlage oder von Teilen davon entstehen, wird nicht gehaftet.

Frühere Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.

Bei der Unterlage handelt es sich nicht um eine Finanzanalyse i.S.d. Art. 36 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 oder
Empfehlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 Verordnung (EU) 596/2014.

Die vorliegende Unterlage ist urheberrechtlich geschützt. Das Bearbeiten oder Umarbeiten der Werbemitteilung ist untersagt. Die
Verwendung oder Weitergabe der Unterlage in jeglicher Art und Weise an Dritte (z.B. Geschäftspartner oder Kunden) für gewerbliche
Zwecke, auch auszugsweise, ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der IKB Deutsche Industriebank AG zulässig.

Ansprechpartner in der IKB Deutsche Industriebank AG

40474 Düsseldorf
Wilhelm-Bötzkes-Straße 1
Telefon +49 211 8221-0

Johannes Sausen
Industriegruppe Consumer & Retail
Telefon +49 211 8221-4807

7. September 2021
Herausgeber: IKB Deutsche Industriebank AG, Wilhelm-Bötzkes-Straße 1, 40474 Düsseldorf
Vorsitzender des Aufsichtsrats: Dr. Karl-Gerhard Eick
Vorsitzender des Vorstands: Dr. Michael H. Wiedmann
Vorstand: Claus Momburg, Dr. Ralph Müller, Dr. Patrick Trutwein
Aufsichtsbehörde: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn und Marie-Curie-
Straße 24-28, 60439 Frankfurt am Main, www.bafin.de
Sitz der Gesellschaft: Düsseldorf
Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf B Nr. 1130
Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 121298843

                                                                                                                                  4
Holzwirtschaft im Jahr 2021: permanenter Ausnahmezustand / Johannes Sausen / 07.09.2021
Sie können auch lesen