HYPE ODER ZUKUNFT? BLOCKCHAIN, AI, IOT - WAS KOMMT, WAS GEHT, WAS BLEIBT? - DEZEMBER 2019 - UZH
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Magazin der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät UZH und ihrer Alumni Dezember 2019 Hype oder Zukunft? Blockchain, AI, IoT – Was kommt, was geht, was bleibt?
European and Chinese Business Management Advanced Study Programs (MAS/CAS) r I n f o - E v e n t Join ou 12 Feb 2020 15 Apr 2020 www.ecbm.uzh.ch
INHALT FOKUS Hype oder Zukunft? 3 Wo stehen wir in Sachen Blockchain, AI und IoT? Das Oec. Magazin sucht nach konkreten Antworten in Wissenschaft und Wirtschaft. 6 INTERVIEW Prof. Michael Böhlen und Dr. Ivo Furrer über die Rolle von Forschung und Wirtschaft 10 REPORTAGE Ein Blick hinter die digitale Transformationsstrategie von AXA 4 14 NACHGEFRAGT Prof. Claudio J. Tessone über das neue UZH Blockchain Center 16 PEOPLE Neue Technologien im Berufs- alltag: Erfahrungen unserer Alumni 18 ALUMNI-PORTRÄT Wie Barbara Heller mit 6 14 Machergeist, Resilienz und Neugier zum Erfolg kam 20 LOKALTERMIN Mit Jochen Menges im Wolfbach 22 UPDATE Events und Aktuelles 18 20 Oec. Dezember 2019
FOKUS 4 Hype oder Zukunft? Blockchain, AI, IoT – Was kommt, was geht, was bleibt? B uzzwörter wie Internet of Things (IoT), Artificial Intelligence (AI), Blockchain oder Machine Learning sind in aller Munde. Viele dieser Begriffe sind omnipräsent, für die meisten aber (noch) nicht greifbar. Was steckt wirklich dahinter? Das Oec. Magazin sucht nach konkreten Antworten und Beispielen in Wissenschaft und Wirtschaft. Was ist nur Hype – und was schon Standard? Wie reagieren die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät und ihre Institute auf die neuen Technologien? Wo stehen Unternehmen aus Wirtschaft und Industrie zurzeit? Und welche Rolle spielen die neuen Technologien im Berufsalltag unserer Alumni? Oec. Dezember 2019
FOKUS INTERVIEW 6 Dr. Ivo Furrer Akademie und Wirtschaft müssen zusammenspannen Prof. Dr. Michael Böhlen vom Institut für Informatik der UZH und Dr. Ivo Furrer, Präsident von Digital Switzerland, diskutieren die Chancen neuer Technologien und welche Rolle Forschung und Wirtschaft dabei spielen. Text _ Elisabeth Tester Fotos _ Nathan Beck Oec. Dezember 2019
schen und komplexen Fragestellungen? BÖHLEN: Nein. Begriffe wie AI, Data Science und Blockchain beschäftigen die Bevölkerung sehr. Doch was bedeuten sie genau, was steht dahinter? Das sind wichtige und richtige Fragen. Man muss verstehen, was sich hinter den Buzzwords versteckt und was sie für jeden Einzelnen bedeuten. Das ist nicht abgehoben. 7 Herr Dr. Furrer, wenn die Universitäten Grundlagenforschung betreiben, wo liegt das Betätigungsfeld von Digital Switzerland? IVO FURRER: Digital Switzerland will den Schulterschluss zwischen den Kreatoren der neuen Technologien und der digitalen Entwick lung einerseits und den Betroffenen andererseits Prof. Dr. Michael Böhlen so gestalten, dass es der Schweiz optimal nutzt. Dazu gehören die verständliche Kommunikation an die Bevölkerung sowie das Zusammengehen von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Wo steht denn die Schweiz technologiemässig im internationalen Vergleich? FURRER: Die Schweiz nimmt einen Spitzen platz ein, gerade im Bereich von AI. China investiert zwar Milliarden und will bis 2030 weltweit führend sein. Aber unsere Universitäten liegen bezüglich relevanter Publikationen und Innovationen vor China. Die Schweiz ist eines der innovativsten Länder der Welt – und Innovationen und Digitalisie rung sind eng korreliert. Unsere Universitäten sind führend, und die sehr gut qualifizierten Hochschulabgänger kann sich die Wirtschaft zunutze machen. Wer entscheidet, welches die relevanten Themen Herr Professor Böhlen, Blockchain, Internet sind und wohin die Forschungsgelder fliessen? of Things, Machine Learning und Artificial BÖHLEN: Das hängt einerseits vom Fach- Intelligence (AI) sind zurzeit in aller Munde. wissen und den Ressourcen ab, welche die Was ist die Rolle der Akademie im Zusammen- Forschenden mitbringen. Andererseits setzen hang mit diesen neuen Technologien? der Schweizerische Nationalfonds und PROF. DR. MICHAEL BÖHLEN: Die Hauptaufgabe Forschungsorganisationen der Industrie der Universitäten ist, über diese Technologien Anreize, dass wir uns mit bestimmten Themen und ihre Verwendung zu reflektieren, sie zu auseinandersetzen. Es gibt zum Beispiel das verstehen und ihnen auf den Grund zu gehen. nationale Forschungsprogramm NRP 75 zu Wir müssen mit Grundlagenforschung Ver Big Data, in dem unsere Fakultät mit mehreren ständnis und Präzision in die Thematik bringen. Projekten vertreten ist. Ebenso sind wir immer daran interessiert, mit der Industrie zusammen Sind Universitäten dafür nicht zu abgehoben? zuarbeiten und uns in Richtung von Themen Beschäftigen sie sich nicht mit allzu theoreti- zu bewegen, die für die Wirtschaft wichtig sind. Oec. Dezember 2019
Wie stellen Sie sicher, dass Sie nicht an der Realität und an der Wirtschaft vorbeiforschen? BÖHLEN: Beim nationalen Schwerpunkt programm zu Big Data zum Beispiel folgte auf die Ausschreibung ein Prozess, bei dem alle Stakeholder an der Ausarbeitung des Forschungsprogramms beteiligt waren. Akademie, Politik und Industrie erarbeiteten, 8 was für sie wichtig ist – was also forschungs relevant, politisch relevant und für Industrie und Wirtschaft relevant ist. Das garantiert, dass die jeweiligen Interessen adäquat vertreten sind. Es gibt im Forschungsprogramm auch Interaktionspunkte, und die Forschungsresul tate müssen kommuniziert werden. Welche Branchen nutzen die neuen Technologien bereits? FURRER: Jedes Unternehmen ist heute ein Technologieunternehmen, das gilt auch für KMU. Sämtliche Branchen und Unternehmen sind in irgendeiner Form von der Digitalisie rung betroffen, wobei es Branchen gibt, die sich schon früher damit auseinandersetzen mussten als andere. Zum Beispiel? FURRER: Medien, Retail und Mobilität waren von der Digitalisierung sehr schnell und intensiv Unternehmen, die BÖHLEN: Auch KMU sind dem betroffen. Einem Medienunternehmen, das den Daten nicht nutzen, Wandel ausgesetzt, sie müssen sich digitalen Zug verpasst hatte, entstanden gewal haben schlechte erneuern. Das ist für einzelne Unter tige Opportunitätskosten. Grosse Unternehmen Zukunftschancen. nehmen schwierig und herausfor verfügen über die finanziellen Mittel, um in neue Prof. Dr. Michael Böhlen dernd, aber jedes Unternehmen ist Technologien zu investieren. KMU, das Rückgrat selbst angehalten, sich zu entwickeln. der Schweizer Wirtschaft, sind hingegen oft Strukturerhaltungsprogramme, die nicht in der Lage, die notwendigen Mittel und KMU ohne Innovation von einem Zeitalter die Aufmerksamkeit dafür aufzuwenden. ins andere retten, sind nicht sinnvoll. Was ist die Folge davon? Sie forschen unter anderem auch zu Big Data. FURRER: Es gibt Hunderte von Start-ups, die Welche Bedeutung haben Daten heutzutage? äusserst erfolgreich eine Nische in der Wert BÖHLEN: Immer mehr Entscheidungen, schöpfungskette besetzen, kurz darauf in zum Beispiel in der Medizin, sind heute direkter Konkurrenz zu etablierten KMU stehen datengetrieben. Unternehmen, die Daten nicht und diese vom Markt verdrängen. Bei vielen nutzen, haben schlechte Zukunftschancen. KMU besteht Handlungsbedarf. Es herrscht aber gleichzeitig eine grosse Ohnmacht, wie verantwortungsvoll mit den Gibt es auf politischer Ebene Initiativen, Daten umgegangen werden soll. die KMU finanziell in ihrer Transformation FURRER: Datenethik ist ein riesiges Thema. unterstützen wollen? Die Schweiz könnte als neutrales Land eine FURRER: Nein, das Thema KMU wird noch wichtige Rolle im Zusammenhang mit Stan zu wenig adressiert. dards und Erklärungen spielen, zu denen sich Oec. Dezember 2019
die Möglichkeiten der Blockchain unterschätzt. Die Peer-to-Peer-Datenübermittlung via Block AKTUELLE chain, die den Intermediär überflüssig macht, FORSCHUNGSPROJEKTE ist revolutionär. Das ist eine grosse Herausforde IM ÜBERBLICK* rung für Banken, Makler und Broker. BÖHLEN: Ein bisschen heisse Luft und Hype gehören dazu. Die Blockchain hat das Potenzial, die Bankenbranche im elektronischen Handel umzuwälzen. Dass dieser Wandel eins zu eins 9 Prof. Claudio Tessone mit Blockchain-Technologie umgesetzt wird, untersucht Anreiz glaube ich eher nicht. Aber systeme in Blockchain- darüber nachzudenken, wie basierten Systemen Die Block und wie dadurch neue der Handel sicher gemacht chain ist werden kann, ist zentral, und wirtschaftliche Muster kein Hype, bestehende Mechanismen zu entstehen. sie ist hinterfragen, ist Innovation – schon da. auch wenn die Blockchain Dr. Ivo Furrer keine pfannenfertigen Lösungen liefert. Es gibt noch ungelöste Probleme wie Nachhaltigkeit Prof. Davide Scara beim Energieverbrauch und die fehlende muzza entwickelt mithilfe von Robo Skalierbarkeit. tics und AI autonome Drohnen für Rettungs Und wo führt die technologische Reise hin? aktionen. FURRER: In Richtung AI-Technologien. Sie erlauben es, Millionen von Daten zu vernetzen und daraus Empfehlungen abzugeben. AI wird ein wichtiger Teil der Zukunft sein. Die neuen Technologien bedingen auch, agil grosse Datenfirmen verpflichten. Wir fördern zu sein, neue Fähigkeiten aufzubauen und Prof. Sven Seuken forscht an der opti mit der Swiss Digital Initiative (SDI) einen die Mitarbeitenden entsprechend zu unter- mierten Platzierung entsprechenden Prozess, denn der Dialog stützen. Dabei ist die hiesige Unternehmens von Flüchtlingen zum Umgang mit Daten ist zentral. kultur ein Problem – Schweizer Unternehmen mittels Machine tun sich vielfach schwer mit Veränderung, Learning. Wäre dieser Dialog nicht auch Aufgabe der Geschwindigkeit und Flexibilität, und Fehler Universitäten? machen ist verpönt. Der Umgang mit neuen BÖHLEN: Wir sind an diesem Dialog ganz Technologien bedingt jedoch, Fehler zuzulassen konkret beteiligt. Das «Studium Digitale» ist und daraus zu lernen. beispielsweise ein übergreifendes Lehrangebot BÖHLEN: Für mich ist zentral, die vorhandenen Prof. David Hémous der Universität Zürich, dank dem alle Studie Daten effizient zu nutzen und entsprechende untersucht, wie eine renden eine digitale Grundausbildung erhalten Entscheide zu fällen. Diese datengetriebenen Besteuerung von werden. Innerhalb der Universität wurden Entscheide müssen jedoch nachvollziehbar sein. Innovationen zur Automatisierung sämtliche Fakultäten an den Tisch geholt – Algorithmen liefern bislang noch keine Erklä von Arbeitsabläufen Juristen, Mediziner, Naturwissenschaftler rungen; die Antwort auf das «Warum» fehlt. die Einkommens- und die Philosophische Fakultät –, aber auch Wichtig ist auch, wie mit Veränderung um ungleichheit langfristig Politik und Industrie waren involviert. gegangen wird. In Daten ist sehr viel Wissen reduziert. vorhanden, aber aufgrund von Entwicklungen * Eine Auswahl aktueller Ihr Fazit zum Schluss: Ist die Blockchain- ist dieses Wissen für Entscheidungen, die heute Forschungsprojekte der Wirtschaftswissenschaft- Technologie heisse Luft oder die Zukunft? getroffen werden müssen, unter Umständen lichen Fakultät. Infos FURRER: Die Blockchain ist kein Hype, sie ist nicht mehr relevant und kann zu falschen finden sich auf den Web- sites der Institute. schon da. So wie die Macht des Internets in den Entscheiden führen. Diese Themen werden 90er-Jahren unterschätzt wurde, werden heute uns in Zukunft beschäftigen. Oec. Dezember 2019
FOKUS REPORTAGE 10 In der Zukunft angekommen Blockchain, Hackathons, Machine Learning und Agiles Projektmanagement – Schlagwörter, die man sonst mit Techriesen oder jungen Start-ups assoziiert, sind Kern der Innovationsstrategie des Versicherungskonzerns AXA. Text _ Maura Wyler Fotos _ Nathan Beck D ie digitale Transformation verändert unsere Arbeitswelt auf allen Ebenen und macht auch vor traditionellen und technologiefernen Branchen keinen Halt. Der Innovationsdruck ist hoch und der Markt hart umkämpft – wer sich neuen Technologien verschliesst, bleibt aussen vor. Das gilt auch für die Versicherungsbranche, wo InsurTechs – eine Wort-Neubildung analog zum Begriff FinTech – auf den Markt drängen und ihre neu entwickelten Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im Versicherungsbereich anbieten. Gleichzeitig drängen international aufgestellte Techfirmen in den Versicherungsmarkt und gehen mit innovativen Versicherungslösungen auf Kundenfang. Diesen Herausforderungen stellt sich der Versicherungskonzern AXA mit einer breit abge- stützten digitalen Transformationsstrategie. Die Resultate können sich sehen lassen: Der Aufbau einer eigenen Innovationsabteilung sowie die Zusammenarbeit mit Schweizer Hochschulen und vielversprechenden Start-ups haben gleich mehrere techbasierte Innovationen hervorgebracht. Oec. Dezember 2019
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Wie Blockchain den Occasionsmarkt transparenter macht Eine solche Neuerung ist zum Beispiel die von AXA und Partnern entwickelte digitale Plattform «Car Dossier», die auf Blockchain-Technologie basiert. Darauf werden alle relevanten Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines 12 Autos gesammelt. Vereinfacht gesagt, funktioniert die Blockchain wie ein digitaler Kontoauszug, auf dem sämtliche Lorenz Hänggi Daten und Transaktionen rund um ein ist Innovation Auto aufgeführt sind, also zum Beispiel Engineer für Immatrikulationen, Reparaturen oder Digital Products bei AXA Schweiz. Unfalldaten. «Der Besitzer verfügt dadurch über ein digitales Serviceheft, das absolut transparent, fälschungs sicher und nachvollziehbar ist», sagt Innovation Engineer Lorenz Hänggi, der seitens AXA Schweiz das «Car Dossier» mitentwickelt. Die beteiligten Firmen profitieren von einer Prozess optimierung und vom Zugang zu den Daten auf der Plattform. An «Car Dossier» arbeitet seit Projekt- beginn auch ein Team des Instituts Konkurrenten auf die Plattform zu die Mitarbeitenden im Kundendienst für Informatik der Universität Zürich lassen, wie aktuell die Mobiliar. Zurzeit entlasten. Verschiedene Bots sind mit. Das vom Bund mitfinanzierte befindet sich «Car Dossier» in der bei AXA bereits als neue Form der Projekt wurde von AXA gemeinsam abschliessenden Testphase. Das Go-live Kundeninteraktion in Betrieb, weitere mit AdNovum, der UZH, der AMAG, ist für 2020 geplant. befinden sich derzeit in der Pilotphase. Mobility, der Hochschule Luzern und In vielen anderen Fällen setzt AXA dem Strassenverkehrsamt Aargau Innovation von innen und aussen auf die Innovationskraft von Start- entwickelt. Ziel des Projekts getrieben ups, wie auch im Fall des AI-Start-ups ist es, durch den Einsatz von Block- Neben «Car Dossier» verfügt AXA Veezoo, mit dem AXA diesen Sommer chain-Technologie das Vertrauen, die Schweiz über diverse weitere tech einen intelligenten dialogbasierten Transparenz und die basierte Projekte wie zum Assistenten für die Beratung im Aussen- Effizienz der Transaktio- Beispiel «UPTO». Das im dienst lancierte. Veezoo hat eine Soft- nen auf dem Occasions- AXA hat 2015 Start-up-Modus entwickelte ware entwickelt, die auf Artificial markt zu erhöhen. die agile Auto-Abo von AXA bietet Intelligence basiert und dank moderns- Ganz ohne Nachteile Transformation eine einfache, flexible und ter Technologie grosse Datenmengen kommt jedoch auch «Car ins Leben transparente Alternative innert Sekunden analysieren und Dossier» nicht aus, denn gerufen, um zum Autokauf oder Auto- visualisieren kann. das offene Ökosystem Innovationen leasing mit Sharing-Mög- Währenddessen werden in den rund der Blockchain bringt lichkeit. Zudem versucht 50 agilen Produktteams laufend auch zu fördern. eine Demokratisierung AXA, interne Prozesse neue Ideen entwickelt, eine Innovations- der Daten mit sich. «Eine mit Machine Learning und kraft, die nicht von ungefähr kommt. Voraussetzung für das Funktionieren Artificial Intelligence zu optimieren. «Es braucht eine innovationsfördernde der Plattform besteht in der Fähigkeit So etwa im Bereich Kundenanfragen, Unternehmenskultur, um dies zu und der Bereitschaft aller Beteiligten, in die vermehrt über unzählige Kanäle ermöglichen», erklärt Francesco De einem Ökosystem zu denken», erklärt eingehen. Hier sollen textbasierte Collibus, Enterprise Architect Digital Hänggi. Das kann auch bedeuten, Dialogsysteme, sogenannte Chatbots, Experience bei AXA Schweiz. Oec. Dezember 2019
De Collibus promoviert am Institut für Betriebswirtschaftslehre der UZH und forscht zu den Themen Blockchain, soziale Netzwerke und komplexe Systeme. Er zeigt sich begeistert von der ideen- und austauschfördernden Arbeitskultur bei AXA. Innovation ist Teil der Unternehmens- 13 strategie AXA hat 2015 die agile Transformation ins Leben gerufen und in den letzten Francesco De Jahren ambitioniert und konsequent Collibus ist Enterprise agile Teamarbeit skaliert – nicht nur Architect für Digital in der IT, sondern im gesamten Unter- Experience bei AXA Schweiz und Dokto- nehmen. Ein immer grösserer Teil rand am Institut für der Belegschaft arbeitet mit diesen Betriebswirtschafts- Arbeitsmethoden heute in selbstorga- lehre der UZH. nisierten Teams, um bestehende Tech- nologien und Methoden weiterzuent- wickeln und neue Ideen auszuarbeiten, zu testen und zu implementieren. Im Vordergrund stehen dabei Kreativität, Geschwindigkeit und Skalierbarkeit. Als Teil der Innovationsstrategie nennen Hänggi und De Collibus die sogenannte Hack Culture, wobei der An der Schnittstelle zwischen Forschung und Business Begriff Hack in seiner erweiterten Kooperationen zwischen Hochschulen Teil der Blockchain-Gilde, wo er Bedeutung gemeint ist, also eine Art und Unternehmen sind wichtig für diverse Projekte und Initiativen als einfallsreiches Experimentieren mit den Wissenstransfer und stärken digitaler Architekt unterstützt. Dabei Sinn für Kreativität und Originalität. den Forschungs- und Wirtschafts- konzentriert er sich auf den Bereich standort Schweiz. Das zeigt sich auch Digital Experience, der sich mit allen Wie dies funktioniert, zeigt sich am Beispiel von AXA, wo mit «Car digitalen Berührungspunkten mit am deutlichsten am jährlichen AXA Dossier» ein Innovationsprojekt Kundinnen und Kunden befasst. Hackathon, der für alle Mitarbeitenden realisiert wird, das vom Institut für Zu De Collibus’ Aufgaben gehört es, zugänglich ist und dieses Jahr zum Informatik mitentwickelt wurde und bestimmte Grundlagen und Prinzipien wo mit Francesco De Collibus ein in diesen Portalen und Bereichen siebten Mal stattfand. Unter dem Motto Forscher der UZH an vorderster Front nachhaltig zu etablieren. «Hacken, Tüfteln, Denken, Vernetzen mitarbeitet. In seiner Doppelfunktion sieht und Spass haben» tauchten über Francesco De Collibus promoviert De Collibus zahlreiche Vorteile für hundert Personen für zwei Tage in am Institut für Betriebswirtschafts- beide Welten: Forschung und Arbeits- lehre und forscht im Team von Claudio welt profitieren vom Wissenstransfer. die Welt des Hackens ein. Die so ent- J. Tessone, Assistenzprofessor für Allerdings räumt De Collibus ein, dass standenen Projektideen werden nun Network Science, mehrheitlich mit Forschungsergebnisse nicht «ungefil- von definierten Business Challenge einem Fokus auf Blockchain- und tert und roh» verwendet werden Owners evaluiert und falls interessant Kryptowährungsanalysen. De Collibus können – nicht zuletzt, weil die Ziel- hat bereits vor seinem Doktorat in setzungen anders sind. «Dennoch birgt weiterentwickelt – denn so kann das verschiedenen Unternehmen Erfah- die Wissenschaft eine grosse Quelle Unternehmen von der Innovationskraft rungen im Bereich Blockchain an Inspiration und Impulsen, die für aller Mitarbeitenden profitieren. gesammelt und in Italien mehrere innovative Unternehmen sehr wertvoll Hänggi erklärt: «Technologische Bücher veröffentlicht. Bei AXA ist er sind», so De Collibus. Innovationen sind nur so gut wie ihre Realisierbarkeit. Darüber zu reden, reicht nicht aus, man muss ausprobie- ren, aus Fehlern lernen und die Imple- mentierung als Ziel vor Augen haben.» Oec. Dezember 2019
FOKUS NACHGEFRAGT «Blockchains are not sophisticated scams» The University of Zurich recently founded the Competence Center on Blockchain which includes 20 professors from two faculties and seven 14 departments. Prof. Claudio J. Tessone, assistant professor at the Department of Business Administration, is a member of the steering committee. What is the main goal of the UZH Blockchain Which key Center and who is involved? questions around The Blockchain Competence Center has three main goals. First, to coordinate all Blockchain research activities at the University related to blockchain. Since it is such a broad field, an interdisciplinary approach is absolutely essential. Second, to coordinate and develop accompany you our teaching offerings. We want to give students – from undergraduates to industry day by day? leaders – the opportunity to find out about the multiple pillars underlying the idea of blockchains. Last, to be the contact point between the University and other stakeholders For me, there are two in this field. More than 20 professors of UZH, numerous PhD students as well as external questions that go hand in persons are active members. hand these days. One of them is to gain a deeper understanding of how blockchain-based systems work. Blockchains are pervaded by economic What are the main incentives. In many applica- challenges you are tions, their misplacement has triggered working conditions currently facing? that differ significantly from the objectives that the Perhaps the biggest challenge is designers intended when to change the perception that these conceptualizing them. technologies are just sophisticated Furthermore, I am interested scams or Ponzi schemes of some in the data contained in nature. People have this kind of blockchains in order to perception because they do not understand them better. understand the technology. While specific implementations of blockchain technology have led to enormous concentration of power among a few actors, this is by no means inherent to the technology, You are currently working on but can be traced back to some design decisions of its incarnations. an International Summer School on Blockchain. What can participants expect from it? How do you involve the industry? The program will be truly interdisciplinary because we plan to introduce the three pillars that are fundamental to Part of the uniqueness in the approach of UZH is to ensure that the blockchain: Technology, Regulation and Law, and Business/ research we are pursuing has practical applications in most areas of block- Economics. Technology is important in blockchain applicati- chain. We are not only interested in research that has academic relevance, ons, but that is only one aspect. We want to attract students but we want it to have a direct impact soon. We have various examples who are not necessarily computer scientists, but from such as the e-voting prototype or the CarDossier project as well as several all fields, and make them realize that only transdisciplinary collaborations with companies that carry out data analytics. In addition approaches can lead to a healthy development of block- to cooperations, our CAS in Blockchain offers a further opportunity to deal chain-based platforms. In addition, it will be a mixture with practitioners. The program is as interdisciplinary as the Blockchain between learning and practice. Center and highly topical, as the first fully booked issue in autumn shows. blockchain.uzh.ch Oec. Dezember 2019
2020 Weiterbildung Big Data and Machine Learning Certificate of Advanced Studies CAS Institut für Informatik Institut für Computerlinguistik Wollen Sie Ihre Kenntnisse in Big-Data-Methoden vertiefen? Möchten Sie Ihr Wissen über Künstliche Intelligenz erweitern? Anmeldeschluss: 20.12.2019 Information und Anmeldung: weiterbildung@ifi.uzh.ch www.ifi.uzh.ch/cas Bereit für den nächsten Karriereschritt? Nur für Alumni: Massgeschneiderte Beratungsangebote bei professionellen Coaches • CV-Check – Was macht einen guten CV aus? • Interviewtraining –Tricks und Fallen • Standortfindung – Den nächsten Karrieresprung planen oecalumni.ch > Coaching Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
FOKUS PEOPLE Welchen Einfluss Manuela Nicoletti Director of Marketing Ticino Turismo auf Ihren Berufs- Lic. oec. publ. 2003 (Betriebswirtschaftslehre) D ie Freizeit- und Tourismusbranche ist relativ gut aufgestellt in Sachen alltag haben neue Digitalisierung, denn sie ist schon früh von 16 neuen Technologien erfasst worden Technologien – angefangen beim Wechsel von der telefonischen Reservation hin zur Online Reservation. wie Blockchain, Augmented und Virtual Reality sind längst Teil des Promotionsmixes, und AI oder IoT? personalisiertes Marketing ist heute eine Notwendig- keit. Darüber hinaus zeigen Events wie Moon & Stars oder das Locarno Filmfestival, bei denen nur noch bargeldlose Zahlungen akzeptiert werden, was künftig flächen Bernd Steiner deckend möglich ist. Franchisegeber La Maison du Pain Die Digitalisierung im Tourismus bietet Executive MBA 2008 im Wettbewerb um den Gast Chancen, den immer sachkundigeren, vernetzten und D as französische Bakery-Konzept «La Maison du Pain» klingt nach Gastronomie mit Erlebnischarakter: ein echtes People Business. Die Interaktion zwischen Gast und Mitarbeitenden anspruchsvolleren Touristen von heute personalisiert anzusprechen und ein auf ihn abgestimmtes Angebot zu unterbreiten. steht im Mittelpunkt. Dennoch spielen intelligente Systeme im Wir arbeiten zurzeit am Projekt «DESy» Hintergrund eine immer wichtigere Rolle. Sie ermöglichen nicht (Digital Destination Evolution System), nur reibungslose Abläufe, sondern erleichtern die Arbeit der das die Erstellung einer TCRM-Plattform Mitarbeitenden. Mehr noch: Intelligente Systeme sparen Kosten (Tourism Customer Relationship Manage- und Zeit. Unsere Systeme steuern nicht nur den Lagerbestand, ment) der neuesten Generation beinhaltet. sondern erkennen, wann, wie, wo und was bestellt werden muss. Damit lässt sich der Gast auf seiner Dies erledigen sie dank der Kopplung mit dem Kassensystem gesamten Customer Journey künftig nach einer Lernphase von drei bis vier Monaten nahezu selbst personalisiert ansprechen. ständig. Zudem lässt sich Food Waste durch Apps wie «To Good To Go» verringern, indem Ware am Abend vergünstigt abgegeben wird. Obwohl Datenschützer den Kopf schütteln werden, sieht meine Vision verlockend aus: Wie schön wäre es, wenn beim Betreten meines Lieblingslokals meine Wünsche statt von den Lippen von einem kleinen Monitor abgelesen würden? Zudem würde ich mit Namen begrüsst, und das Personal wüsste, dass ich meinen Kaffee mit laktosefreier Milch trinke. Ein echtes Erlebnis... Schön wärs! Bon appétit! Oec. Dezember 2019
Franziska Föllmi-Heusi Direktorin Spital Schwyz 17 Lizenziat Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre 2007 D ie digitale Disruption im Gesundheits- bereich steht vor der Tür. Von der Diagnoseunterstützung durch Algorithmen Marcel Fäh über die optimierte Ressourcenplanung bis CFO Helbling Unternehmensgruppe zum unkomplizierten und sicheren elektro- lic. oec. publ. 1998 (Betriebswirtschaftslehre) nischen Austausch von Berichten und B ei der Helbling Gruppe als einem Befunden – Digitalisierung ist längst führenden Unternehmen in technolo Realität in der Spitalwelt. Die Schweiz gischer Innovation und Business Consulting schwimmt international solide und etwas müssen wir mit Erfahrung und Know-how träge im Mittelfeld mit. Die grossartige zu den Megatrends gerüstet sein, damit Chance eines elektronischen Patientendos- wir uns im internationalen Wettbewerb siers wird im ersten Versuch kläglich behaupten können. Cloud-Technologien, an System- und Denkfehlern intelligente Systeme und Komponenten, scheitern. Nichtsdestotrotz die Vernetzung von Produkten und wird es in naher Zukunft Applikationen sowie der Einsatz von selbstverständlich sein, die Hilfsmitteln wie Augmented Reality, Bots persönlichen Daten jeder- oder Machine Learning und Big Data zeit überall verfügbar zu Analytics – das sind unter anderen aktuelle haben und auch den Themen in unserer Kunden- und Projekt- digitalen und den analogen welt. Interdisziplinäre Teams sind unsere Gesundheitsanbietern zur Antwort auf die steigende Komplexität Verfügung zu stellen. Die dabei und die hohen Erwartungen an die techno- verwendete Technologie wird aber logische Kompetenz, die unsere Kunden kaum im Schweizer Gesundheitssystem fordern. Dabei stehen interne Herausforde- entstehen. Ein System ähnlich Airbnb rungen wie Datensicherheit und die und Uber wird sich dank bestechender Rückverfolgbarkeit den Ansprüchen der Einfachheit und Beliebtheit bei den modernen Formen einer effizienten, Patientinnen und Patienten durchsetzen, unternehmens- und grenzüberschreitenden und wir Schweizer Anbieter werden uns Zusammenarbeit gegenüber. Daten- und warm anziehen müssen – der Markt wird Internetsicherheit sind zentrale Anliegen, internationaler werden. und externe Prüfungen zu unseren Standards sowie Prozesszertifizierungen nehmen an Bedeutung zu. Hier sind qualifizierte Mitarbeitende elementar. Technisch ist vieles möglich, vernünftiger- weise braucht es aber den Abgleich mit den Möglichkeiten und Fähigkeiten in der eigenen Organisation. Oec. Dezember 2019
PORTRÄT 18 Barbara Heller erlangte 1991 an der Universität Zürich den MBA in Volkswirtschaft mit den Schwerpunkten Finanzmarktökonomie, Empirische Wirtschaftsforschung und Banking. Nach diversen Engagements in der Banken- und Wirtschaftsbranche ist sie seit 2012 Geschäftsführerin und Mitinhaberin der Swipra Services AG. Oec. Dezember 2019
Mit Machergeist, Resilienz und Neugier zum Erfolg 19 Die studierte Volkswirtschafterin Barbara Heller hatte schon verschiedenste Positionen inne – unter anderem in der Finanz- und der Pharmabranche. Auch heute noch ist sie vielseitig interessiert und engagiert, in erster Linie als Geschäftsführerin von Swipra Services. Text _ Jennifer Zimmermann Foto _ Nathan Beck D ie berufliche Karriere der 52-jährigen Barbara Heller Heller gehört als Frau der Minderheit an. Damit hat sie könnte Bücher füllen. «Als ich die Studienrichtung aber kein Problem. «Wenn Frau will, kann sie auch», lautet Volkswirtschaft wählte, wusste ich nicht, was auf ihre Devise. Das Geheimrezept, das sie so weit gebracht mich zukommt. Ich interessierte mich schon immer für hat, sind ein Mix aus Neugier, Machergeist und Resilienz Politik und Mathematik und wollte etwas studieren, was (O-Ton: «Einfach machen und nicht aufgeben») sowie ihr man damals nicht on the Job lernen konnte.» Mit einem Perfektionismus. «Ich bin ein ‹Tüpflischiisser› mit all seinen MBA in Volkswirtschaft mit Schwerpunkten in Finance und Vor- und Nachteilen», fügt sie lachend an. In gewissen empirischer Wirtschaftsforschung in der Tasche startete Branchen möge es noch immer schwierig sein, als Frau Fuss sie bei der Zürcher Bank Leu zuerst im Bereich der interna- zu fassen, wendet sie ein. «Ich hatte aber immer auch das tionalen Unternehmensfinanzierung und wechselte dann in Glück, dass mich meine Vorgesetzten unterstützt haben.» das Geschäftsfeld Kapitalmarkt und Financial Engineering. Das Thema Gender Equality sei deshalb für sie insofern Später arbeitete sie als Direktionsmitglied bei der Bank etwas überholt, da den Frauen grundsätzlich alle Möglich- Vontobel, als CFO und Verwaltungsrätin von Santhera keiten offenstehen, wenn sie es möchten. «Ich bin nicht Pharmaceuticals und als Verwaltungsratsmitglied der für eine Quotenregelung», bilanziert Heller. Viel wichtiger Visana-Gruppe. sei das Thema Diversity an sich, und zwar in Bezug auf das unterschiedliche Know-how, die verschiedenen Erfahrungen Den Dialog zwischen Unternehmen und Investoren fördern und Persönlichkeitsmerkmale, die Menschen mitbringen. Heute ist Barbara Heller hauptsächlich als Geschäftsführerin Und sie betont: «Netzwerken ist sehr wichtig.» Viele Frauen des Unternehmens Swipra Services tätig, das sie 2012 mit würden dies nicht gerne tun, aber es gehöre dazu. Denn: ihrem Geschäftspartner und Investoren gegründet hat. «Selbst die Digitalisierung kann das Netzwerken nicht Die kleine Firma ist schweizweit einzigartig, da sie sich auf ersetzen.» den Bereich der Corporate Governance für börsenkotierte Unternehmen und deren Verwaltungsräte sowie für Die Kunst, alles unter einen Hut zu bringen institutionelle Investoren spezialisiert hat. Swipra berät Wer nun denkt, dass Barbara Heller ihre ganze Energie auf Unternehmen und Investoren bei ihren Stewardship- ihren Beruf konzentriert, täuscht sich aber. Tatsächlich tanzt Aktivitäten und fördert den konstruktiven Dialog zwischen sie auch privat auf so manchen Hochzeiten: «Ich lebe in der beiden Seiten. Als wäre ihr Alltag damit nicht schon Tat für meinen Beruf – aber nicht nur. Es ist mir wichtig, genügend ausgefüllt, ist Barbara Heller zusätzlich bei verschiedene Aktivitäten und ein Privatleben zu haben, das der Bank Cler Mitglied des Verwaltungsrats und Leiterin wenig mit meinen unterschiedlichen Jobs zu tun hat.» Auf des Prüfungsausschusses. Reisen mit ihrem Partner, beim Kochen, mit ihren Rennpferden oder beim Yoga schaltet auch sie einmal von der Arbeit ab. «Wenn Frau will, kann sie auch» Vier der sieben Verwaltungsratsmitglieder bei der Bank Cler sind Frauen, und der CEO ist zum zweiten Mal in Folge eine Frau. Das ist nicht die Regel in der Finanzbranche: Barbara Oec. Dezember 2019
LOKALTERMIN Warum gewinnen Emotionen im Berufsalltag an Bedeutung? Da Maschinen zunehmend die Arbeit von Menschen Mit übernehmen, können wir uns über Emotionen differenzieren. Ich würde sogar sagen, dass wir uns von einer «Knowledge Economy» hin zu einer «Emotion Economy» bewegen. Jochen Menges Emotionale Intelligenz wird damit eine Kernkompetenz 20 des 21. Jahrhunderts. Wer empathisch ist und gut mit Veränderungen und den damit verbundenen Emotionen im Wolfbach umgehen kann, hat künftig einen Wettbewerbsvorteil. An welchen emotionalen Moment in Ihrer Karriere denken Sie gerne zurück? Ein sehr prägender Moment war eine Rede von Barack Text _ Fabienne Schumacher Foto _ Nathan Beck Obama in Berlin 2008. Ich hatte mich bereits mit Leadership beschäftigt und wusste, dass charismatische Führungskräfte Weshalb haben Sie Psychologie studiert und sich für einen der effektivsten Führungsstile haben. Es ist aber eine eine akademische Laufbahn entschieden? Hätte Sie auch Sache, sich wissenschaftlich damit auseinanderzusetzen, ein anderer Beruf gereizt? und eine andere, live dabei zu sein. Bei Obamas Rede erlebte Das Studium hat mir geholfen, das Verhalten von ich, wie sich Menschen begeistern lassen und emotional Menschen systematisch zu verstehen und dieses Wissen so stark involviert sind, dass der Inhalt gar nicht hängen auf den Berufsalltag anzuwenden. Bis heute treibt mich bleibt. Dieser Moment führte mich in meiner Forschung die Frage an, was für das Berufsleben von Menschen zum «Awestruck Effect», der erklärt, weshalb wir absurden wirklich relevant ist. Als Wissenschaftler kann ich in viele Ideen von Führungskräften folgen. Unternehmen blicken und dabei Muster erkennen, wie sich Mitarbeitende und Führungskräfte verhalten und ob Ihr Weg hat Sie schliesslich in die Schweiz gebracht. sie gemeinsam erfolgreich sind. Diese Erkenntnis ist Warum haben Sie sich für die Universität Zürich als wichtig für die Wissenschaft, die Wirtschaft und die Forschungsstätte entschieden? Gesellschaft. Journalist wäre eine Alternative gewesen – Mit meiner Promotion in St. Gallen habe ich meine allerdings hätte ich mich dort nicht so vertieft mit Themen akademische Ausbildung in der Schweiz begonnen und beschäftigen können. bin seither von der Wissenschaftslandschaft der Schweiz begeistert. Ich glaube, es gibt wenige andere Länder, die Heute gehört Leadership zu Ihrem Forschungsschwerpunkt. Wissenschaft ähnlich fördern und wertschätzen. Deshalb Was ist das Geheimnis guter Führung? zog es mich nach Jahren in Grossbritannien und Deutschland Mein Lehrstuhlteam und ich arbeiten täglich daran, zurück, um mich hier einzubringen. Daneben reizte mich dieses Geheimnis zu entschlüsseln. Vereinfacht gesagt, geht das enorme Potenzial der Uni Zürich, sie gehört zu den es um zwei Aspekte: wie Führungskräfte mit Menschen internationalen Top-Universitäten. Zudem habe ich meine umgehen, mit denen sie Ziele erreichen wollen, und ob sie Frau in St. Gallen kennengelernt. diese Ziele auch erreichen. Gute Führung schafft es, beides zu vereinen: Menschen für ein Ziel zu begeistern und Was machen Sie, um nach einem hektischen Tag an der Uni gemeinsam mit ihnen erfolgreich zu sein. abzuschalten? Als Professor erlebe ich den Mix aus Lehre und Forschung Was ist der grösste Fehler, den eine Führungskraft als gute Balance. Im Hörsaal teile ich die Begeisterung für machen kann? unser Forschungsfeld mit den Studierenden. Die Forschung Führung ist immer ein Wagnis. Es gehört dazu, dass hingegen erfordert es, konzentriert zu arbeiten und Artikel Fehler gemacht werden. Der grösste Fehler ist, daraus nicht zu verfassen. Dieser Mix erlaubt mir ein ausgeglichenes zu lernen. Zu Führung gehört Reflektion: Dass ich mich Leben: Wenn ich zu viel geschrieben habe, freue ich mich also regelmässig frage, was gut läuft – und wie ich das auf die Lehre und umgekehrt. Aber natürlich geniesse ich weiter stärken kann – und was schlecht läuft – und wie privat die Zeit mit meiner Familie und mache gerne Sport ich das ändern kann. oder bin in der Natur. Oec. Dezember 2019
21 Professor Jochen Menges hat im August 2018 am Institut für Betriebswirt- schaftslehre den Lehrstuhl für Human Resource Ma- nagement and Leadership übernommen. Mit seinem Team untersucht er das Verhalten von Menschen in Organisationen und forscht zurzeit an Organisations- strukturen, die emotionale Intelligenz fördern. Oec. Dezember 2019
UPDATE Erfolgreicher «Homecoming 2019» 22 Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät und deren Alumni-Vereine feierten mit rund 280 Alumni den «Homecoming 2019». Der Anlass bot Gelegenheit, mehr über das Zusammenspiel von Ökonomie, Informatik und Nachhaltigkeit sowie über aktuelle Forschungsprojekte zu erfahren. Nach einer Keynote von Musiker und Unternehmer Dieter Meier und einem hochkarätig besetzten Podiumsgespräch rundeten ein Flying Dinner sowie vier Science Slams den Abend ab. www.oec.uzh.ch/homecoming Fotos: Petra Wolfensberger Oec. Dezember 2019
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UPDATE Neue Berufungen und Ernennungen – Auszeichnungen willkommen an der Fakultät Das Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität David Hémous wurde per 1. Oktober Zürich wurde im diesjährigen VWL-Ranking des 2019 zum ausserordentlichen Professor «Handelsblatts» erneut als forschungsstärkste Institution für Ökonomik der Innovation und im Bereich Ökonomie im deutschen Sprachraum gekürt. des Unternehmertums am Institut für Zum Spitzenplatz im Ranking beigetragen haben unter Volkswirtschaftslehre ernannt. Der anderem Prof. Ernst Fehr sowie Prof. Florian Scheuer, der 24 Lehrstuhl ist gestiftet vom UBS Interna- die Rangliste der Forschenden unter 40 anführt. tional Center of Economics in Society. Prof. Dina Pomeranz und Prof. Ernst Fehr wurden Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Wirtschafts- ausserdem auf Spitzenplätze des jährlichen Ökonomen- wachstum, Innovation, internationaler Handel und Einfluss-Rankings der «NZZ», der deutschen «FAZ» Umweltökonomie. und der österreichischen «Presse» gewählt. Andrea Giuffredi-Kähr wurde per 1. No- vember 2019 als Assistenzprofessorin für Marketing in the Digital Economy am Institut für Betriebswirtschaftslehre ernannt. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Markenmanage- ments und der Konsumenten-Marken- beziehungen und wie die Digitalisierung diese Bereiche verändert. Abraham Bernstein, Professor für Informatik und Direktor Per 1. Januar 2020 wurde Aniko Hannak der Digital Society Initiative der UZH, wurde von «Bilanz», als Assistenzprofessorin mit «tenure «Handelszeitung», «Le Temps» und Digital Switzerland track» für Social Computing am Institut zu einem der 100 Digital Shapers 2019 gekürt. Mit seinem für Informatik ernannt. Ihr Hauptinteresse Engagement gilt er als Vordenker der Digitalisierung gilt den computergestützten Sozialwissen- in der Schweiz. Auch Alumna Maria Olivares, Head of schaften, insbesondere der Koevolution Innovation der Universität Zürich, wurde in der Kategorie von Online-Systemen und deren Nutzern. «Thinkers» als einer der prägendsten Köpfe im Bereich Digitalisierung ausgezeichnet. ERC Grant über 1,5 Mio. Euro Lorenzo Casaburi, Assistenzprofessor am Institut für Volkswirtschaftslehre, hat als einer von zwei UZH-Forschenden einen ERC Grant in der Höhe von 1,5 Mio. Euro erhalten, um in einer Studie den Marktzugang von Bauern in Ostafrika zu verbessern. Das ERC-Stipendium «Zurich meets Soul»: Blockchain im Fokus ermöglicht es Casaburi, ein Forschungsprogramm zu starten, das den Zugang der Landwirte zu Produktions-, Am Wissenschafts- und Kulturfestival «Zurich meets Versicherungs- und Grundstücksmärkten untersucht. Seoul», das vom Kanton Zürich, der Stadt Zürich und Zürich Tourismus gemeinsam mit Zürcher Hochschulen organisiert wurde, trafen sich im Oktober 2019 Forschende Jahresprogramme 2020 von UZH Alumni aus beiden Städten, um aktuelle Themen aus wissenschaft- Informatik und OEC Alumni UZH licher Sicht zu beleuchten und mögliche Forschungskoope- rationen zu diskutieren. Eine hochkarätige Delegation Auch im nächsten Jahr warten wieder der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät legte den spannende Events auf Alumni-Mitglieder. Fokus unter anderem auf Blockchain, da beide Städte in Eine Übersicht findet sich unter: www.alumni.ch diesem Bereich zu den internationalen Hubs gehören. und www.oecalumni.ch www.zurichmeetsseoul.org Oec. Dezember 2019
Erneut mehr Studierende Im September hat für rund 27'000 Studentinnen und Studenten an der Universität Zürich das Herbstsemester 2019 begonnen. Die Wirt- schaftswissenschaftliche Fakultät hat erneut zugelegt: Mit rund 3800 Studierenden ist sie die drittgrösste Fakultät der UZH. Vor allem 25 die Informatik erfreut sich wachsender Beliebt- heit: In diesem Semester gab es 25 % mehr Neueintritte, wobei die Zahl mit 34 % im Masterstudium sogar noch höher liegt. www.news.uzh.ch Skulptur an der Plattenstrasse installiert Das Künstlerduo Michael Meier & Christoph Franz haben für das neue Gebäude an der Platten- strasse eine Skulptur entwickelt. Dafür haben sie 8400 Euro eingeschmolzen. Für die Installa- tion «Deceitful Habits in a Human's Soul» gingen die beiden Künstler der Frage nach, ob man Glück kaufen kann und wie Menschen auf Geld reagieren. Entstanden ist ein Kunstwerk aus Tausenden Cents aus dem Trevi-Brunnen in Rom. Njegos Stankovic, Monika Egli, Beat Meier, Werner Broennimann, Stefan von Grünigen, Vanessa Heini, Paul Mohacsi und Yvonne Isaac-Kesseli (v.l.n.r.) Neue Vorstandsmitglieder bei OEC ALUMNI UZH An der diesjährigen Mitgliederversammlung wurden mit Monika Egli (Vertretung Fakultät), Yvonne Isaac-Kesseli (Events), Paul Mohacsi (Events) und Njegos Stankovic (Treasury) gleich vier neue Vorstandsmitglieder gewählt. Verabschiedet wurden die drei langjährigen Mitglieder Franziska Föllmi (Treasury), Marc Wydler (Events) und Katharina Korsunsky (Vertretung Fakultät). www.oecalumni.ch/network/ueber-uns Oec. Dezember 2019
UPDATE gen gilt. Zudem möchte ich mehrere neue Impressum Forschungsgruppen aufbauen, um unser 12. Ausgabe Institut weiter voranzubringen. Dafür müssen Herausgeber wir unsere Finanzen möglichst effektiv und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich flexibel managen.» www.oec.uzh.ch Am Puls der Zeit OEC ALUMNI UZH Auf die Frage, wie die Zukunftspläne der www.oecalumni.ch Institute aussehen, finden beide klare Worte. UZH Alumni Informatik Ralph Ossa erwähnt den neuen Slogan www.alumni.ch 26 «Pioneering Economics» und erklärt: «Unser Projektverantwortung Slogan bringt es auf den Punkt: Wir wollen Dekanat der Wirtschafts- Pioniere sein – in der Wissenschaft, in der wissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich Lehre und in der Art und Weise, wie wir uns Franziska Haller, Jasmin Rippstein, organisieren.» Er ist überzeugt, dass sie Fabienne Schumacher auf dem richtigen Weg sind, «damit ein Gestaltung Departement von Weltrang entstehen kann». artdepartment.ch Zudem möchte er mehr Menschen nahebringen, Adrian Hablützel Renato Pajarola, seit 2005 Professor am was die moderne Volkswirtschaft wirklich ist Druck Institut für Informatik, übernahm die – «fern von aller Verstaubtheit und Ideologie». Stämpfli AG Institutsleitung im August 2018 von seinem Am Institut für Informatik ist die Stossrichtung Inserate Vorgänger Prof. Abraham Bernstein. ebenfalls klar: «Wir müssen versuchen, die magazin@oec.uzh.ch kontinuierlichen Neuerungen in der Digitalisie- Auflage Text _ Fabienne Schumacher rung und der Informationstechnologie voran 6'000, erscheint zweimal jährlich zutreiben und unsere Lehre dementsprechend Mit Tatendrang in anzupassen», so Renato Pajarola. Das Institut versucht, fortlaufend auf die Schnelllebigkeit Kontakt Universität Zürich, Dekanat Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Richtung Zukunft der Branche zu reagieren, und hat diesen Sommer eine Summer School zu Data Science Rämistrasse 71, 8006 Zürich magazin@oec.uzh.ch Abonnieren Nach etwas mehr als einem Jahr im durchgeführt. Prof. Pajarola ergänzt, dass er Das Oec. Magazin kann gratis die Stärken bei Künstlicher Intelligenz weiter Amt ziehen Prof. Ralph Ossa und abonniert werden: ausbauen sowie Cyber Security als Wachstums- magazin@oec.uzh.ch Prof. Renato Pajarola, Direktoren des gebiet stärken möchte. ISSN Instituts für Volkswirtschaftslehre und ISSN 2571-5143 des Instituts für Informatik, ein erstes Sprachregelung Fazit und verraten ihre Zukunftspläne. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text teilweise die männliche Form gewählt, Ralph Ossa, seit «Unser Departement hat sich in den letzten dennoch beziehen sich die 2017 Professor am Angaben auf Angehörige beider Jahren rasant entwickelt, und man kann spüren, Institut für Volks- Geschlechter. dass etwas Besonderes entsteht. Hier wird wirtschaftslehre, Forschung nicht als Selbstzweck betrieben, übernahm die wwww.oec.uzh.ch/oec Institutsleitung im sondern um drängende Fragen unserer Zeit Februar 2019 von anzugehen. Diese Entwicklung möchte ich mit seinem Vorgänger viel Herzblut unterstützen», bilanziert Ralph Prof. Rainer Ossa seine Motivation für das Amt des Direk- Winkelmann. tors am Institut für Volkswirtschaftslehre. Eine seiner grössten Prioritäten ist es, die Anzahl Frauen in der Professorenschaft zu erhöhen. Auch Renato Pajarola möchte die Zukunft des Instituts für Informatik aktiv gestalten und sieht mehrere Herausforderun- gen: «Wir sehen uns mit einem aussergewöhnli- PERFORMANCE neutral chen Wachstum konfrontiert, das es zu bewälti- Drucksache No. 01-19-243338 – www.myclimate.org © myclimate – The Climate Protection Partnership Oec. Dezember 2019
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