I Z A COMPACT - IZA Institute of Labor Economics

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I Z A COMPACT                                  Die Zukunft der Arbeit denken

www.iza.org                                                                                                                          Juli 2008

                                                                                                      >> In dieser Ausgabe

Ethnische Identität und Arbeitsmarkterfolg                                                            MIGRATIONSFORSCHUNG UND
                                                                                                      ZUWANDERUNGSPOLITIK
IZA-Studien zur ökonomischen und sozialen                                                             Eine interdisziplinäre Fachkonferenz in

Integrationswahrscheinlichkeit
                                                                                                      Bonn ging der Frage nach, wie die Trans-
                                                                                                      formation gesicherter Erkenntnisse
                                                                                                      der Migrationsforschung in praktische
Das Institut zur Zukunft der Arbeit ist an            beitskräften kann zusehends weniger erfolg-     Zuwanderungs- und Integrationspolitik
einem großen interdisziplinären Forschungs-           reich gedeckt werden, während Immigranten       vorangetrieben werden kann. Seite 4
verbund beteiligt, der im Auftrag der Volks-          zugleich weiterhin nur allzu oft – und ebenso
wagenStiftung seit dem Jahr 2005 aktuelle             häufig ungeachtet einer eigentlich höheren      INTEGRATION ETHNISCHER
Fragen von Migration und Integration analy-           Qualifikation – im Niedriglohnbereich ar-       MINDERHEITEN IN DER EU
siert. Dem IZA kommt dabei die Aufgabe zu,            beiten oder arbeitslos gemeldet sind und auf
die Bedeutung ethnischer Identität für die            diese Weise die schon durch einheimische        Das IZA hat im Auftrag einer von der
soziale und Arbeitsmarktintegration von Zu-           Geringqualifzierte in diesem Segment gege-      EU-Kommission eingesetzten Experten-
wanderern zu untersuchen und zu messen.               benen Probleme verschärfen. In den meisten      gruppe eine länderübergreifende Analyse
Der Fokus der Forschungsarbeiten ist auf die          EU-Staaten zeigen die zentralen Indikatoren     der Barrieren für die Arbeitsmarkt- und
Themen Staatsangehörigkeit und Einbürge-              der Arbeitsmarktperformance für Immigran-       soziale Integration ethnischer Minder-
rung, interethnische Eheschließungen, ethni-          ten eine anhaltende Benachteiligung an.         heiten in den EU-Staaten vorgelegt. Der
sches Unternehmertum und die Einflussfak-                                                             Untersuchung zufolge sind viele Minder-
toren ethnischer Identität gerichtet. Dieser          Die mangelnde Übereinstimmung des Hu-           heitengruppen sozial und ökonomisch
Beitrag fasst einige zentrale Erkenntnisse des        mankapitalangebotes von Immigranten mit          stark benachteiligt.           Seite 9
von IZA -Direktor Klaus F. Zimmermann, und            der Nachfrage der Arbeitgeber ist zweifel-
Amelie Constant (Georgetown University, DIW           los ein Grund für diese unvorteilhafte Aus-
                                                                                                      GEOGRAPHISCHE MOBILITÄT IN DER EU
DC, IZA) in Kooperation mit Barry R. Chiswick         gangslage. Während die Ausbildung der
(University of Illinois at Chicago, IZA) gelei-       Immigranten aus Drittstaaten oft nicht den      Eine neue IZA-Studie untersucht die
teten Forschungsprojekts zusammen.                    Anforderungen der inländischen Arbeitgeber      Ursachen der räumlichen Immobilität
                                                      entspricht oder es an der entsprechenden        in den EU-Staaten und liefert Empfeh-
Integrationspolitisch                                 Zertifizierung nach wie vor mangelt, fehlt      lungen für eine Politik zur Förderung
bedeutsame Forschungsfragen                           auch gut Ausgebildeten nicht selten das         der Mobilität von Arbeitskräften.
                                                      notwendige länderspezifische Human- und                                        Seite 13
Die meisten europäischen Volkswirtschaften            Sozialkapital einschließlich guter Sprach-
stehen einem Ungleichgewicht auf lokalen              kenntnisse, das für den Arbeitsmarkterfolg
Arbeitsmärkten gegenüber. Geringqualifi-              entscheidend sein kann. Gleichzeitig vermit-    KINDERARBEIT
ziertes Arbeitsangebot ist im Überfluss vor-          teln die zuwandererspezifischen Marktseg-       Das IZA hat ein Netzwerk zur Inten-
handen, gleichzeitig herrscht ein Mangel an           mente, in denen Immigranten aufgrund ihrer      sivierung der Forschungsarbeiten zu
qualifizierter Arbeit. Hinzu kommt ein be-            kulturellen und Sprachkompetenzen bessere       Formen und Folgen von Kinderarbeit
schleunigtes Schrumpfen der Bevölkerung               Beschäftigungschancen antreffen, durch-         gegründet.                 Seite 14
im arbeitsfähigen Alter. Einige Staaten West-         weg ein deutlich niedrigeres Einkommen und
europas haben hierauf schrittweise mit einer          wenig Aufstiegschancen. Dass viele Migran-
Reform ihrer Zuwanderungsgesetzgebung                 ten über ein ausgeprägtes kulturspezifisches    MEINUNG
reagiert, um den Rückgang der Erwerbsbe-              Humankapital verfügen, welches in einer zu-     IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann
völkerung zu kompensieren und der Nach-               nehmend global vernetzten, arbeitsteiligen      plädiert für die Stärkung der unabhän-
frage nach gut ausgebildeten Spezialisten             Gesellschaft von hohem Wert sein kann,          gigen wissenschaftlichen Politikbera-
nachzukommen. Doch obwohl inzwischen                  wird von den aufnehmenden Gesellschaften        tung.                          Seite 18
sukzessive mehr ökonomische Kriterien Ein-            bislang weitgehend ignoriert. Ebenso wird
zug in die nationalen Zuwanderungspolitiken           die Rolle der ethnischen Identität in Bezug
halten und auch auf EU -Ebene Initiativen zu          auf die Integrationswahrscheinlichkeit von
einer stärker arbeitsmarktorientierten Mig-           Immigranten bislang eher unterschätzt.
rationspolitik unternommen werden, bleibt             Wiederholt haben Studien gezeigt, dass die
vieles noch in Ansätzen stecken. Die wach-            durchschnittliche Arbeitsmarktperformance
sende Nachfrage nach hochqualifizierten Ar-           von Erwerbspersonen mit Migrationshinter-

Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008
IZA STUDIEN

                     Schematische Darstellung zur
                    Messbarkeit ethnischer Identität                                   diese Identität sind sehr   variieren und sich unabhängig von dem
                                  (0,1)                                                wahrscheinlich, und eine    sozialen und kulturellen Prozess im Auf-

                                                                                                      © IZA - 2008
                                                                                       exakte     Trennungslinie   nahmeland bereits vor der Migration her-

                                                 Identifizierung mit Aufnahmeland
                                                                                       zwischen den verschiede-    ausgebildet haben (IZA Discussion Papers
                                                    A                  I               nen Elementen der eth-      Nos. 2040, 2300, 2535, 3056).
                                                                                       nischen Identität kann
                                                                                       kaum gefunden werden.       Ethnische Identität wird im Rahmen der
                                                                                       Es wird ein Analyserah-     IZA -Analysen als der Grad an Bindung oder
                                                    M                 S                men   benötigt,   der die   Identifikation mit dem Aufnahme- und
                                                                                       Fortdauer oder das Ver-     dem Herkunftsland verstanden. Vom Au-
                                                                                       schwinden von Ethnizität    genblick des Eintreffens im Aufnahmeland
        (-1,0) Ablehnung ursprünglicher        (0,0) Beibehalt ursprünglicher (1,0)
                                                                                       bezogen auf den Erfolg      an kann die ethnische Identifikation eines
                                 Ethnisch geprägte Voreingenommen-

                  ethnischer Identität                 ethnischer Identität
                                    heit gegenüber Aufnahmeland

                                                                                       oder Misserfolg der Immi-   Immigranten als eine Bewegung auf einer
                                                                                       granten in der Wirtschaft   Ebene zwischen zwei Achsen charakteri-
                                                                                       und Gesellschaft zu er-     siert werden, die das Ausmaß der Bindung
                                                                                       klären vermag. Hier hat     an Aufnahme- und Heimatland anzeigen
                                                                                       das IZA -Forschungsteam     (Abbildung ◄). Im Extremfall wird dabei
                                                                                       wissenschaftliches Neu-     die ursprüngliche Identität ganz aufgege-
                                                                                       land betreten und psy-      ben oder aber die Identifikation mit der
                                        (0,-1)                                         chologische wie auch        neuen Heimat bleibt ganz aus. Dazwischen
        Quelle: IZA Discussion Paper No. 3063
                                                                                       soziologische    Erkennt-   sind verschiedene „Aggregatzustände“ der
                                                                                       nisse zur Evaluation von    Identitätsfindung denkbar, je nachdem
                                                                                       ethnischer Identität und    wie stark die jeweilige Zugehörigkeit zu
    grund hinter derjenigen von Einheimischen                        deren Akkulturation in sein ökonomisches      beiden Kulturen vom jeweiligen Immig-
    zurückbleibt. Hierfür kann zum einen ihre                        Analysemodell einbezogen.                     ranten empfunden wird. Vier Identitäts-
    im Durchschnitt geringere Ausbildung                                                                           zustände lassen sich dem Konzept zufolge
    ursächlich sein, doch auch gut ausgebil-                         In einem vom IZA entwickelten multidimen-     unterscheiden: Assimilation – starke Iden-
    dete Arbeitskräfte finden häufig keine                           sionalen Konzept von ethnischer Identität,    tifikation mit Kultur und Gesellschaft des
    adäquate Beschäftigung, da es ihnen an                           für das der Begriff „Ethnosizer“ geprägt      Aufnahmelandes bei nur noch schwacher
    dem notwendigen kulturspezifischem Hu-                           wurde, kann der Wert des kulturspezifi-       Identifikation mit dem Herkunftsland;
    man- und Sozialkapital mangelt. Welche                           schen Humankapitals eines Zuwanderers         Integration – starke Verbundenheit mit
    Rolle spielt die ethnische Identität bei der                     gemessen werden. Der Ethnosizer ist ein       dem Herkunftsland, gleichzeitig aber auch
    ökonomischen Integration? Diesen Fragen                          Instrument zur Messung der Intensität         starke Bindung an das Aufnahmeland; Se-
    geht das Forschungsprojekt des IZA im                            der ethnischen Identität einer Person und     paration – Identifikation ausschließlich
    Auftrag der VolkswagenStiftung nach.                             vereint die folgenden Elemente: Sprache,      mit der Ursprungskultur auch nach Jahren
                                                                     Kultur, soziale Interaktion und ethnisches    der Emigration; Marginalisierung – kein
    Zweifelsohne besitzen Immigranten spe-                           Netzwerk, Migrationsgeschichte und eth-       Zugehörigkeitsgefühl, weder zur Kultur
    zielle Fähigkeiten, abhängig von ihrem                           nische Selbstidentifizierung des Individu-    des Aufnahmelandes noch zu derjenigen
    Ursprungsland, über welche Einheimische                          ums. Die Forschungsergebnisse anhand          des Herkunftslandes (IZA Discussion Pa-
    nicht verfügen. Wenn beide Gruppen kom-                          dieses Messinstruments sind zuverlässi-       per No. 3063). In ähnlicher Weise können
    plementär zueinander sind, ergibt sich auf                       ger als bisherige Analysen aufgrund von       auch Einheimische einen Prozess der Neu-
    diese Weise eine Situation, von der Wirt-                        Umfragen; sie decken auf, dass ethnische      findung der eigenen ethnischen Identität
    schaft und Gesellschaft im Sinne von mehr                        Identitäten primär exogener Natur sind,       durchlaufen.
    Wohlstand insgesamt profitieren. Dabei                           stark nach Herkunftsland und Geschlecht
    ist der Prozess der Anpassung und Inte-
    gration, den die Immigranten durchlaufen,                                           Simulierte Veränderung des wirtschaftlichen Erfolges
    von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich                                                  je nach Ausprägung der ethnischen Identität
    erscheint Diversität weit eher geeignet,
                                                                                                                                                                                                                © IZA - 2008

    das Wachstum einer Wirtschaft zu erhö-                                                       Beschäftigungs­                            Immobilien­
                                                                                                wahrscheinlichkeit       Einkommen             besitz
    hen, als dass dadurch nachteilige Folgen
    für diese entstehen dürften. In ethnisch                                                                             Männer          Frauen         Männer          Frauen
    spezialisierten Marktbereichen werden
    Immigranten als Träger des entsprechend                                                 Integration                   0.079           0.199          1.573           3.651              0.261
    „passgenauen“ Humankapitals ohnehin                                                     Assimilation                   0.122         -0.011           1.194         -0.024              0.348
    einen potenziellen Vorteil gegenüber Ein-
    heimischen aufweisen.                                                                   Separation                    -0.064         -0.081          -1.410         -1.043             -0.171
                                                                                            Marginalisierung              -0.204         -0.078          -2.556         -3.438             -0.082
    Analyserahmen der ethnischen Identität
                                                                                          Der Ethnosizer misst anhand von Daten aus der SOEP-Befragung, wie stark bei einzelnen Immigranten Integrati-
    Die analytische Bewertung von ethnischer                                              on, Assimilation, Separation oder Marginalisierung ausgeprägt sind. Jede dieser 4 Ausprägungen wird anhand von
                                                                                          Fragen zu Sprache, Kultur, gesellschaftlicher Interaktion, Migrationshintergrund und ethnischem Selbstverständnis
    Identität und kulturspezifischem Hu-
                                                                                          gemessen (Werte von 0 bis 5). Jede Zelle der Tabelle (bei Beschäftigungswahrscheinlichkeit und Hausbesitzern)
    mankapital sowie ihres Einflusses auf den                                             zeigt, wie stark sich hypothethische Extreme (Wert 5 für die in der Zeile stehende Ausprägung und 0 in den übrigen)
    Integrations- und wirtschaftlichen Erfolg                                             von Migranten unterscheiden, die Standard-Ethnosizer-Werte aufweisen. Für die Einkommensspalte werden die log-
    eines Zuwanderers im Aufnahmeland                                                     arithmierten Unterschiede im Einkommen zwischen dem hypothetischen Extremfall und dem tatsächlich beobachte-
                                                                                          teten Durchschnittsverdiener aus dem Datensatz verglichen.
    begegnet besonderen Schwierigkeiten:                                                  Quelle: IZA Discussion Paper No. 3063
    Unterschiedliche kulturelle Einflüsse auf

2                                                                                                                                         Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008
ETHNISCHE IDENTITÄT

Der Status der ethnischen Eigenidentität             lation Vorausbedingung für dauerhaften         sche Freunde haben, die Staatsbürgerschaft
eines Immigranten zu einem bestimmten                Arbeitsmarkterfolg und ökonomisches            eher an (IZA Discussion Paper No. 3260).
Zeitpunkt enthält mithin die Informa-                Wohlergehen. Mit dem gemessenen Grad
tion, ob er oder sie mit einer oder mehr             der Integration oder Assimilation stei-        Das Thema der kulturellen Assimilation
Gesellschaften, deren Kultur und deren               gen sowohl die Arbeitswahrscheinlichkeit       innerhalb ethnischer Gruppen und des
Traditionen vertraut ist, also das jeweilige         und die monatlichen Löhne als auch die         Verschwindens der ethnischen Identität
kulturspezifische Humankapital besitzt.              Eigenheimbesitzerrate, während starke          etwa durch interkulturelle Ehen war eben-
Assimilation beinhaltet, dass die Sprache            Separation oder Assimilierung einen gegen-     falls Gegenstand von IZA -Untersuchungen.
des Aufnahmelandes gesprochen wird,                  teiligen Effekt hervorrufen (IZA Discussion    Die hierzu vorliegenden Ergebnisse zeigen,
ausreichender Kontakt zu Einheimischen               Papers Nos. 2420, 3050, 3056). Auch das        dass ein Festhalten an ethnischer Identität
besteht und die entsprechenden Gebräu-               Geschlecht des Immigranten hat hier einen      die Eingliederung von Individuen in eine
che und Kommunikationsweisen vertraut                Einfluss. So profitieren männliche Immi-       größere Gesellschaft keineswegs verhindert
sind. Gleichzeitig wäre anzunehmen, dass             granten sowohl von Assimilation als auch       (IZA Discussion Paper No. 2212).
die Betreffenden kaum noch kulturspe-                von Integration, während Frauen nur dann
zifisches Humankapital des Herkunfts-                anhaltend erfolgreich auf dem Arbeits-         Bemerkenswerterweise        beeinflusst    die
landes aufweisen, während im Falle von               markt sind, wenn sie gut integriert sind.      ethnische Identität auch die Risikobereit-
Separation das Gegenteil der Fall sein wird.         Weibliche Immigranten scheinen stärker         schaft. So zeigen IZA-Studien, dass die in
Integration bedeutet den Besitz beiderlei            vom Festhalten an ihrer Ursprungskultur        dieser Hinsicht zwischen Einwanderern und
kulturspezifischen Humankapitals, Margi-             in Verbindung mit dem Erwerb des kultur-       Einheimischen feststellbaren Unterschiede
nalisierung geht einher mit dessen weitge-           spezifischen Humankapitals des Aufnahme-       bei solchen Immigranten größer sind, die
hendem Verlust (IZA Discussion Paper No.             landes zu profitieren. Weitere ökonometri-     enge Verbindungen zu ihrer Heimat aufrecht-
2040).                                               sche Analysen zur Korrelation von ethnischer   erhalten, während assimilierte Zuwanderer
                                                     Identität und wirtschaftlichem Erfolg von      ein ähnliches Risikoverhalten an den Tag le-
Ethnische Identität                                  Immigranten auf dem deutschen Arbeits-         gen wie Einheimische. Die erste Zuwanderer-
beeinflusst Arbeitsmarkterfolg                       markt konnten einen kausalen Zusammen-         generation in Deutschland ist beispielsweise
                                                     hang herstellen (IZA Discussion Papers Nos.    weit risikoscheuer als Einheimische, während
Das Ausmaß des Arbeitsmarkterfolgs                   3056, 3063): Die jeweilige Ausprägung der      sich die zweite Generation in der Risikobe-
steht in dieser Perspektive in starker               ethnischen Identität bestimmt den Grad         reitschaft nicht mehr von den Einheimischen
Abhängigkeit vom Umfang des kulturspe-               des Arbeitsmarkterfolges, und nicht umge-      unterscheidet. Je höher der Grad der Assi-
zifischen Humankapitals und der ethni-               kehrt. Ökonomisch erfolgreiche Immigran-       milation ist, desto höher ist auch die Risiko-
schen Identität eines Zuwanderers. Assimi-           ten verändern ihre ethnische Identität nicht   bereitschaft, bei Männern wie bei Frauen
lierte Immigranten haben besonders gute              aufgrund dieses Erfolges; ebensowenig          (IZA Discussion Papers Nos. 1999, 2537).
Chancen auf dem Arbeitsmarkt, aber sie               veranlasst ausbleibender wirtschaftlicher
konkurrieren auch direkt mit den Einhei-             Erfolg zu einer Modifizierung ethnischer       Fazit: Stärkere politische Berücksichtigung
mischen und verfügen nicht mehr über ein             Identität.                                     der Integrationswahrscheinlichkeit nötig
kulturspezifisches Humankapital, das als
Zusatzqualifikation eingebracht werden               Auswirkungen von Ethnizität auf                Die Forschungsergebnisse zeigen, dass eine
könnte. Integrierte Zuwanderer können auf            Einbürgerung und Risikoeinstellungen           vorausschauende Zuwanderungs- und Inte-
den „einheimischen“ Arbeitsmarkt treten                                                             grationspolitik gut daran tut, die Wirkungs-
und als unvollkommene Substitute oder                Über diese Analysen zum Einfluss der eth-      faktoren von ethnischer Identität ins Kalkül
als Komplemente zu den einheimischen                 nischen Identität auf den Arbeitsmark-         zu ziehen. Den IZA-Analysen zufolge ist die
Arbeitskräften agieren. Zur gleichen Zeit            terfolg von Migranten hinaus hat das IZA       vollständige Assimilation von Immigranten
haben sie Zugang zu „ethnischen“ Märkten             weitere Aspekte der Ethnizität untersucht.     auf dem Arbeitsmarkt nicht unbedingt ein
und somit bessere Chancen, als wenn sie              Anhand des Ethnosizer-Konzepts und aktu-       Vorteil, während es zugleich Separation und
assimiliert wären. Separierte Immigranten            eller SOEP-Daten aus dem Jahr 2005 lassen      Marginalisierung zu verhindern gilt. Wün-
sind begrenzt auf ethnische Enklaven mit             sich Determinanten der Einbürgerungs-          schenswert sind Strategien, die gleichberech-
einer geringen Chance, in das Aufnahme-              wahrscheinlichkeit identifizieren, die über    tigte Integration und ethnische Vielfalt in der
land integriert zu werden und dort zu Erfolg         die herkömmlichen demographischen und          Gesellschaft begrüßen und dadurch Kreativi-
zu gelangen. Sie tragen in manchen Fällen            sozio-ökonomischen Charakteristika – wie       tät und Dynamik fördern, ohne Separation
auch dazu bei, dass die negativen Vorur-             Bildungsniveau, Geschlecht oder Familien-      zu begünstigen.
teile gegenüber ethnischen Enklaven er-              stand – hinausgehen und explizit den Erfolg
halten bleiben. Deswegen hängt der Erfolg            des bisherigen Integrationsprozesses sowie     Dem gilt es proaktiv schon vor der Einrei-
eines Immigranten stark vom Status seiner            die Ethnizität der Immigranten berücksich-     se von Zuwanderern Rechnung zu tragen.
individuellen ethnischen Identität ab.               tigen. Den Analysen zufolge erscheint die      Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ei-
                                                     deutsche Staatsangehörigkeit weiblichen        genschaften, die für die ethnische Identität
Dies verdeutlichen auch Simulationsrech-             und besser ausgebildeten Einwanderern als      bestimmend sind, im Wesentlichen schon
nungen auf Grundlage der empirischen                 besonders attraktiv, während Immigranten,      vor der Migration bestehen. So dürfte es
Daten des Sozio-oekonomischen Panels                 die in Deutschland ausgebildet wurden, ge-     unter den hier diskutierten Gesichtspunkten
(SOEP, Welle 2001). Sie zeigen klare Va-             ringeren Wert auf Einbürgerung legen. Der      beispielsweise sinnvoller sein, junge Men-
riationen der Beschäftigungswahrschein-              Grad der Integration in die deutsche Ge-       schen anzuwerben, die in Deutschland ihre
lichkeit, des Verdienstniveaus sowie der             sellschaft hat einen unmittelbaren Einfluss    (akademische) Ausbildung absolvieren, als
Wahrscheinlichkeit von Immobilienbesitz              auf die Annahme der Staatsangehörigkeit:       auf das schon im Herkunftsland erworbene
je nach ethnischer Identität (Tabelle ◄).            Während ein längerer Aufenthalt die Ein-       Ausbildungsniveau zu achten, das eben per
                                                     bürgerungsbereitschaft tendenziell negativ     se noch keine „Garantie“ für eine erfolgreiche
Den Daten und Berechnungen zufolge sind              beeinflusst, nehmen Immigranten, die in        Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft
in Deutschland Integration oder Assimi-              jungen Jahren einwandern und enge deut-        bietet.

Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008                                                                                           3
VW/IZA KONFERENZ

    Bei der überfälligen Erarbeitung entspre-       die Wahrscheinlichkeit von Integration            schaftlichen Wohlfahrt beizutragen. Eine
    chender Zuwanderungskriterien im Rahmen         oder Assimilation, umso größer ist auch           künftig stärker ökonomisch auszurich-
    eines Auswahl- und Quotensystems sollte         die Wahrscheinlichkeit, einen adäquaten           tende Zuwanderungspolitik darf diesen
    mithin die Integrationsprognose von vorn-       Arbeitsplatz zu finden, ein höheres Ein-          Zusammenhang nicht
    herein mit einbezogen werden. Je größer         kommen zu erzielen und zur gesamtgesell-          außer Acht lassen.

                                                                                                                                                                         SERIES
                                                                                                                                                                                      IZA DP No. 2215

                                                                                                                                                            SERIES

                                                                                                                                                                         PAPER
                                                                                                                                                                         IZA DP No. 2215
                                                                                                                                                                                      The German Labor Market:
                                                                                                                                                                                      Still Adjusting Badly?

                                                                                                                                               SERIES

                                                                                                                                                            PAPER

                                                                                                                                                                         DISCUSSION
                                                                                                                                                            IZA DP No. 2215
                                                                                                                                                                                      Werner Eichhorst
                                                                                                                                                                         The German
                                                                                                                                                                                  Lutz C.Labor
                                                                                                                                                                                          Kaiser Market:
                                                                                                                                                                         Still Adjusting Badly?

                                                                                                                                  SERIES
                                            Ausgewählte IZA Discussion Papers zum Thema

                                                                                                                                               PAPER

                                                                                                                                                            DISCUSSION
                                                                                                                                               IZA DP No. 3063
                                                                                                                                                                         Werner Eichhorst
                                                                                                                                                            The German
                                                                                                                                                                     Lutz C.Labor   Market:
                                                                                                                                                                              July 2006
                                                                                                                                                                             Kaiser
                                                                                                                                                            Still Adjusting Badly?

                                                                                                                                  PAPER

                                                                                                                                               DISCUSSION
                                                                                                                                                            Werner Eichhorst
                                                                                                                                               Measuring
                                                                                                                                                      LutzEthnic
                                                                                                                                                               JulyIdentity
                                                                                                                                                           C. Kaiser 2006   and Its Impact on
                                                                                                                                               Economic Behavior

                                                                                                                                  DISCUSSION
                                                                                                                                               Amelie Constant
                                                                                                                                                         July 2006
                                                                                                                                               Klaus F. Zimmermann

                                                                                                                                               September 2007

       IZA DP No. 3260:                             IZA DP No. 2537:                                  IZA DP No. 2300:                                                                                                                            Forschungsinstitut

       A. Constant, L. Gataullina,                  H. Bonin, A. Constant,                            L. Zimmermann,
                                                                                                                                                                                                                                                  zur Zukunft der Arbeit
                                                                                                                                                                                                                                                  Institute for the Study
                                                                                                                                                                                                                                                 of Labor
                                                                                                                                                                                                                                       Forschungsinstitut
                                                                                                                                                                                                                                       zur Zukunft der Arbeit
                                                                                                                                                                                                                                       Institute for the Study

       K. F. Zimmermann                             K. Tatsiramos, K. F. Zimmermann                   L. Gataullina,
                                                                                                                                                                                                                                      of Labor
                                                                                                                                                                                                                            Forschungsinstitut
                                                                                                                                                                                                                            zur Zukunft der Arbeit
                                                                                                                                                                                                                            Institute for the Study
                                                                                                                                                                                                                           of Labor
                                                                                                                                                                                                                 Forschungsinstitut

       Naturalization Proclivities,                 Ethnic Persistence, Assimilation                  A.Constant,
                                                                                                                                                                                                                 zur Zukunft der Arbeit
                                                                                                                                                                                                                 Institute for the Study
                                                                                                                                                                                                                 of Labor

       Ethnicity and Integration                    and Risk Proclivity                               K. F. Zimmermann
                                                                                                      Human Capital and Ethnic
       IZA DP No. 3063:                             IZA DP No. 2535:
                                                                                                      Self-Identification of Migrants
       A. Constant, K. F. Zimmermann                L. Zimmermann, K. F. Zimmermann
                                                                                                      published in: Economics Letters,
       Measuring Ethnic Identity and                A. F. Constant
                                                                                                      2008, 98 (3), 235–239
       Its Impact on Economic Behavior              Ethnic Self-Identification of
       published in: Journal of the                 First-Generation Immigrants                       IZA DP No. 2212:
       European Economic Associati-                 published in: International Migration             C. U. Chiswick
       on, 2008, 6 (2–3), 424–433                   Review, 2007, 41 (3), 769–781                     The Economic Determinants of Ethnic
                                                                                                      Assimilation
       IZA DP No. 3056:                             IZA DP No. 2420:
                                                                                                      forthcoming in: Journal of
       K. F. Zimmermann                             A. Constant,L. Gataullina,
                                                                                                      Population Economics, 2009
       Migrant Ethnic Identity:                     K. F. Zimmermann
       Concept and Policy Implications              Gender, Ethnic Identity and Work                  IZA DP No. 2040:
       forthcoming in: Ekonomia, 2008                                                                 A. Constant, L. Gataullina,
                                                                                                      K. F. Zimmermann
       IZA DP No. 3050:                                                                               Ethnosizing Immigrants
       A. Constant, R. Roberts,                                                                       forthcoming in: Journal of Economic
       K. F. Zimmermann                                                                               Behavior and Organization, 2008
       Ethnic Identity and Immigrant                 ► http://www.iza.org/publications/dps
       Homeownership

    An der Schnittstelle zwischen
    Migrationsforschung und Zuwanderungspolitik
    VolkswagenStiftung und IZA richten interdisziplinäre Fachtagung in Bonn aus
    Im Rahmen des von der VolkswagenStiftung        ters Armin Laschet referierte Dimitria Clayton    lebende US -Amerikanerin Clayton deutlich,
    geförderten interdisziplinären Forschungs-      (Ministerium für Generationen, Familie,           welchen Stellenwert eine wissenschaftliche
    projekts zu „Migration und Integration“         Frauen und Integration, NRW) über mögli-          Begleitung der Migrations- und Integra-
    fand am 23. und 24. November 2007 in            che Gründe für das „Kommunikationspro-            tionspolitik haben könne. So fördere das
    Bonn die dritte gemeinsame Fachkonfe-           blem“ zwischen Forschung, Politik und Öf-         Ministerium zurzeit annähernd 40 For-
    renz aller am Projekt mitwirkenden Studi-       fentlichkeit, führte aber auch „ermutigende       schungsprojekte zu ausgewählten Themen
    engruppen statt. Neben ökonomischen             Beispiele“ für einen erfolgreichen Dialog         der Zuwandererintegration. Auch wenn die
    Fragestellungen und Analyseresultaten wur-      an. Der sprichwörtliche „Tunnelblick“ man-        hier erzielten Forschungsergebnisse nicht
    den auch die Forschungsergebnisse aus So-       cher Politiker lasse sich ebenso überwinden       immer auf direktem Weg in politische Pro-
    ziologie, Politikwissenschaft, Anthropologie,   wie die Scheu vieler Wissenschaftler, ihre        gramme umgesetzt würden, seien sie den-
    Sozialpsychologie und Linguistik präsentiert.   Forschungsergebnisse „einfach“ zu formu-          noch unverzichtbar für die Politik, da im-
    Die von IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann,       lieren.                                           mer wieder neue Denkansätze und Anstöße
    Amelie Constant (IZA, Georgetown Universi-                                                        aus der Interaktion mit der Wissenschaft
    ty und DIW DC) und Konstantinos Tatsiramos      Gerade bei einem so sensiblen Themenge-           hervorgingen.
    (IZA) organisierte Veranstaltung stand unter    biet wie Zuwanderung und Integration sei
    dem Leitthema „The Interface between Mi-        eine angemessene Information der Öffent-          Viel Zustimmung erhielt Dimitria Clayton
    gration Research and Policy Making“ und         lichkeit durch Politik und Wissenschaft von       auch für ihren Hinweis auf die zentrale
    war in ihrem ersten Teil der Frage gewidmet,    zentraler Bedeutung. Den Medien komme             Bedeutung einer verlässlichen Datengrund-
    wie die Transformation gesicherter Erkennt-     hier ein hohes Maß an Verantwortung zu,           lage sowohl als Ausgangsbasis für die
    nisse der Migrationsforschung in praktische     es müssten aber gezielt auch die gesell-          Forschung wie auch als Legitimationsbasis
    Politik besser gelingen könne.                  schaftlichen Gruppen in den „Aufklärungs-         für die Politik. Sie begrüßte die inzwischen
                                                    prozess“ eingebunden werden. Am Beispiel          endlich geschaffenen Möglichkeiten, auch
    In Vertretung des kurzfristig verhinderten      des Landesministeriums für Integration            den Migrationshintergrund eingebürgerter
    nordrhein-westfälischen Integrationsminis-      machte die seit 20 Jahren in Deutschland          deutscher Staatsbürger erfassen zu kön-

4                                                                                           Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008
MIGRATION UND INTEGRATION

                 Barbara John                                       Dimitria Clayton                                 Timothy J. Hatton

nen, da nur auf diesem Wege Datensätze               bringe, werde die Öffentlichkeit mit Skepsis      Migration, die einer verantwortungsvollen
erhoben werden könnten, mit denen sich               auf eine liberale Migrationspolitik reagieren,    „Aufklärung“ der Öffentlichkeit häufig im
eine angemessene Evaluation der Integrati-           was wiederum die dies antizipierende Politik      Wege stehen. Komplexe Analysen der Wis-
onspolitik durchführen lasse.                        zögern lasse. Nur durch diese Konstellation       senschaft seien mit den Vereinfachungs-
                                                     sei zu erklären, warum es in Deutschland          bedürfnissen von Medien und Politik nicht
Mit Barbara John referierte im Anschluss             nach wie vor das Paradoxon restriktiver           leicht in Einklang zu bringen.
eine der bundesweit profiliertesten Inte-            Arbeitserlaubnisvorschriften bei gleichzei-
grationspolitikerinnen. Nach ihrer 22 Jah-           tig eher großzügiger Gewährung von Sozial-        Als Folge eines medial oft verzeichneten Bil-
re währenden Tätigkeit als Ausländer- und            leistungen gebe, obwohl das genaue Gegen-         des stoße das Anliegen einer sachlichen In-
Integrationsbeauftragte des Berliner Se-             teil (integrations-)politisch sinnvoll sei. Und   formation der Öffentlichkeit oft auf Proble-
nats ist sie zurzeit als Koordinatorin für           nur so sei auch zu verstehen, warum die           me und werde die Glaubwürdigkeit der von
Sprachförderung bei der Senatsverwaltung             Bundesrepublik bislang nahezu vollständig         der Wissenschaft vermittelten Erkenntnisse
für Bildung, Jugend und Sport in Berlin tä-          auf eine Steuerung der Zuwanderung unter          angezweifelt. Gleichzeitig spiele die Poli-
tig. Sehr anschaulich erläuterte sie, warum          ökonomischen Gesichtspunkten verzichte            tik „nach eigenen Regeln“ (Barbara John)
das, was die deutsche Öffentlichkeit über            und die mit dem neuen Zuwanderungsge-             und nehme von den Forschungsresultaten
Immigration zu wissen meine, oft nicht der           setz prinzipiell geschaffenen Möglichkeiten       gern nur das zur Kenntnis, was zur Legiti-
Realität entspreche, und dass viele Integra-         nur unzulänglich ausschöpfe.                      mation der eigenen politischen Konzeption
tionsaufgaben in der Vergangenheit falsch                                                              nutzbar gemacht werden könne. Dimitria
angegangen worden seien. Angefangen von              Expertendiskussion: Wie können                    Clayton entwarf freilich ein optimistische-
der „Lebenslüge“ des Gastarbeiterstatus              Resultate der Migrationsforschung                 res Bild der Zugänglichkeit von Migrations-
der ins Nachkriegsdeutschland einwandern-            besser in Politik und Öffentlichkeit              politik(ern) für eine fachkundige wissen-
den Migranten zögen sich Ungereimtheiten             transportiert werden?                             schaftliche Beratung, indem sie darauf ver-
und Unaufrichtigkeiten wie ein roter Faden                                                             wies, dass letztere in der jüngeren Vergan-
durch mehrere Jahrzehnte deutscher Zu-               Im Anschluss an die beiden Impulsreferate         genheit verstärkt nachgefragt worden sei
wanderungs- und Integrationspolitik, so              fand eine Diskussion zur Frage „How to Talk       und politisch durchaus „Spuren“ hinterlas-
dass verbreitete Unkenntnis und Vorbehalte           to the General Public About Migration?“           sen habe, auch wenn die Umsetzung stets
in der Öffentlichkeit nicht überraschen dürf-        statt, an der neben Dimitria Clayton und          nur in kleinen Schritten erfolgen könne, um
ten – ein Problem sowohl für die Vermittlung         Barbara John auch Klaus F. Zimmermann             die Bevölkerung „mitzunehmen“.
von Forschungsergebnissen wie auch für die           sowie Jeroen M.J. Doomernik (University of
erforderliche, nachhaltige politische Kurs-          Amsterdam, IMES) und Timothy J. Hatton            „Was die Öffentlichkeit über Migration
korrektur.                                           (University of Essex, Australian National         wissen will, ist nicht immer das, was
                                                     University, IZA) teilnahmen. Die Modera-          wir wissen“ (Klaus F. Zimmermann)
Solange sich noch nicht die in der Wissen-           tion übernahm Amelie Constant. Deutlich
schaft weitgehend unumstrittene Erkennt-             wurden im Verlauf der Diskussion die un-          Zimmermann kritisierte dennoch den man-
nis durchgesetzt habe, dass Zuwanderung              terschiedlichen Erwartungshaltungen und           gelnden „langen Atem“ der deutschen Mi-
– sofern sie zielorientiert gesteuert wird           Herangehensweisen von Politik, Wissen-            grations- und Integrationspolitik, die zwar
– langfristig der Gesamtgesellschaft Vorteile        schaft und Medien in Bezug auf das Thema          in Form sowohl der Reform des Staatsan-

       Alfred Schmidt, Amelie Constant                                        Jeroen M.J. Doomernik, Klaus F. Zimmermann

Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008                                                                                            5
VW/IZA KONFERENZ

    ­
         3rd Integrated Conference of the Volkswagen Study Group on Migration and
          Integration: The Interface Between Migration Research and Policy Making
        Friday, November 23                              (Institute for Employment Research, IAB)          Michael Bommes
                                                         “Migration and Labour Market Integration          (University of Osnabrück)
        Welcome Address                                  from a Regional Perspective – Does Cultural       Christoph Schroeder
        Klaus F. Zimmermann                              Diversity matter?”                                (Bilgi University Istanbul and University of
        (IZA, University of Bonn, DIW Berlin)            Francesco D’Amuri                                 Potsdam)
        Alfred Schmidt                                   (Fondazione Eni Enrico Mattei and ISER,           Ulrich Mehlem
        (Volkswagen Foundation)                          University of Essex)                              (IMIS, University of Osnabrück)
                                                         Gianmarco I.P. Ottaviano                          Inken Sürig
        Keynote Address 1                                (Fondazione Eni Enrico Mattei,                    (IMIS, University of Osnabrück)
        Chair: Klaus F. Zimmermann                       Univerista’ di Bologna and CEPR)                  “Literacy Acquisition in Schools in the
        (IZA, University of Bonn, DIW Berlin)            Giovanni Peri                                     Context of Migration and Multilingualism: A
        “Migration Policy, Migration Research –          (University of California, Davis and NBER)        Comparative Study Turkey/ Germany. Project
        Challenges and Prospects”                        “The Labor Market Impact of Immigrants in         Outline & State of the Art.”
        Dimitria Clayton                                 West Germany”                                     Ludger Pries
        (Ministry for Intergenerational Affairs, Family, Maurice Crul                                      (University of Bochum)
        Women and Integration, North Rhine-              (University of Amsterdam)                         “Transnational Migrant Organisations in
        Westphalia) representing Armin Laschet (Minister “The Integration of the European Second           Europe – Integrating Whom and Where”
        of Intergenerational Affairs, Family, Women      Generation”
        and Integration, North Rhine-Westphalia)
                                                         Session 2: Cultural Capital, Ethnic Capital and
        Keynote Address 2                                Labor Market Policies                             Saturday, November 24
        Chair: Klaus F. Zimmermann                       Chair: Karin Schittenhelm
        (IZA, University of Bonn, DIW Berlin)            (University of Siegen)                            Session 3: Integration Policies
        “Is Everything Wrong Germans                     Anja Weiß                                         Chair: Amelie Constant
        Know About Immigration?”                         (University of Duisburg)                          (Georgetown Public Policy Institute,
        Barbara John                                     “The Experience of Legal Exclusion. What Does     Georgetown University, DIW DC, IZA)
        (Berlin Senate Commissioner for Migration        It Teach Us About Migration Legislation and       Christiane Falge
        and Integration 1981-2003, Berlin Senate         Administration? What Is the Position of Social    (University of Bremen),
        Coordinator of Language Training for Migrants) Science in this Highly Politicized Field?”,         Giulia Bigot
                                                         Eleni Hatzidimitriadou                            (University of Trento),
        Plenary Session                                  (University of Kent)                              Saime Ozcurumez
        “How to Talk to the General Public About         “Migration and Education as an Issue for          (McGill University),
        Migration”                                       Policy Recommendation: Second Generation          Maria Laura Russo
        Chair: Amelie Constant                           Perspectives in a German-British Comparison”      (University of Trento),
        (Georgetown Public Policy Institute,             Martin Kahanec (IZA)                              Ulla Wittig
        Georgetown University, DIW DC, IZA)              Mehmet Tosun                                      (University Hospital Leipzig),
        Dimitria Clayton                                 (University of Nevada-Reno)                       Lloy Wylie
        (Ministry for Intergenerational Affairs, Family, “Political Economy of Immigration in Germany:     (University of British Columbia)
        Women and Integration, North Rhine-              Attitudes and Citizenship Aspirations”            “Political Advocacy and Civic Engagement: The
        Westphalia)                                      Anzelika Zaiceva (IZA)                            Case of Immigrants Participation in the Health
        Jeroen M.J. Doomernik                            Klaus F. Zimmermann                               Systems of Canada, Italy and Germany”
        (University of Amsterdam, IMES)                  (IZA, University of Bonn, DIW Berlin)
        Timothy J. Hatton                                “Children, Kitchen, Church: Does Ethnicity        Session 4: Migration and Public Life
        (University of Essex, UK,                        Matter?”                                          Chair: Amelie Constant
        Australian National University, IZA)                                                               (Georgetown Public Policy Institute,
        Barbara John                                     Presentations by Newly Funded Volkswagen          Georgetown University, DIW DC, IZA)
        (Berlin Senate Commissioner for Migration        Study Groups                                      Rüdiger Lautmann
        and Integration 1981-2003, Berlin Senate         Chair: Jens Schneider                             (Institute for Research on Security and
        Coordinator of Language Training for Migrants) (University of Amsterdam)                           Prevention, ISIP)
        Klaus F. Zimmermann                              Matilde Grünhage Monetti                          “Organizational and Societal Interests in
        (IZA, University of Bonn, DIW Berlin)            (German Institute for Adult Education, DIE)       Conflict: About the Difficulties of Scientific
                                                         Martin Hartung                                    Research to Intervene in Organizational
        Parallel Sessions                                (German Institute for Adult Education, DIE)       Practices”
        Session 1:                                       “Researching Workplace Communication
        Education, Integration and Policy Making         towards Developing L2 Provision at/for the        Final Discussion, Assessment
        Chair: Uta Quasthoff                             Workplace”                                        and Further Planning
        (University of Dortmund)                         Uta Quasthoff                                     Chair: Alfred Schmidt
        Anette Haas                                      (University of Dortmund)                          (Volkswagen Foundation)
        (Institute for Employment Research, IAB)         “Literacy between Languages and Cultures:
        Andreas Damelang                                 Resource and Obstacle to Integration”             ► www.iza.org/link/3rdVW

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MIGRATION UND INTEGRATION

gehörigkeitsrechts als auch des seit 2005            ders erfolgversprechender Versuch der           dabei vor allem zur Diskussion: Wie setzt
geltenden neuen Zuwanderungsgesetzes                 Beeinflussung politischer Entscheidungen.       sich kulturelles Kapital zusammen, und
bemerkenswerte Fortschritte erzielt habe,            Dabei dürfe jedoch die wissenschaftliche        welche Rolle spielt es beim Zugang zum
es inzwischen aber wieder am „Willen zur             Redlichkeit keinen Schaden nehmen. Die          Arbeitsmarkt? Hat kulturelle Vielfalt ei-
konstruktiven Weiterentwicklung“ fehlen              Diskussionsteilnehmer waren sich einig in       nen Einfluss auf den Arbeitsmarkterfolg
lasse. So drängten sich zwar angesichts              der abschließenden Diagnose, dass gera-         von Immigranten und Einheimischen?
des wachsenden Fachkräftemangels in                  de die Migrations- und Integrationspoli-        Welche Rolle spielt in dieser Hinsicht eth-
Deutschland Korrekturen des Zuwande-                 tik letztlich nur in wohldosierten Einzel-      nische Vielfalt auf institutioneller Ebene?
rungsgesetzes auf, die aber de facto weit            schritten erfolgreich agieren könne. Im         Welchen Integrationserfolg vermittelt ein
davon entfernt seien, auf der politischen            Rahmen von Initiativen wie derjenigen der       ausländischer Hochschulabschluss im
Agenda nach vorne zu rücken. Insofern sei            VolkswagenStiftung sei es Aufgabe der           Vergleich zu einem im Inland erworbenen
es auch Aufgabe der Wissenschaft, über die           Wissenschaft, hierfür durch praxisnahe          Abschluss? Wie wichtig ist eine gezielte
Medien Themen und Lösungen voranzutrei-              Forschungsarbeiten den Boden zu berei-          Integration bereits im Kindergarten? Ein
ben. Damit sei aber zugleich auch eine nicht         ten.                                            besonderes genmerk des Forschungsver-
zu unterschätzende Gefahr verbunden, me-                                                             bunds liegt auf Analysen zum Einfluss des
dial nicht zutreffend oder stark vereinfacht         Studiengruppen präsentieren                     Spracherwerbs auf den Integrationserfolg.
zitiert zu werden und somit womöglich gar            interdisziplinäre Forschungsresultate           Über alle Studiengruppen hinweg bestand
das Gegenteil des Beabsichtigten zu errei-                                                           Einigkeit, dass von politischer Seite Initia-
chen.                                                Im weiteren Verlauf der Konferenz prä-          tiven zur Bereitstellung einer ergiebigeren
                                                     sentierten alle am Forschungsprojekt der        Datengrundlage ergriffen werden sollten,
Eine entsprechende Vorsicht und Offen-               VolkswagenStiftung beteiligten Studi-           um weitere politikorientierte Forschungs-
heit des Umgangs vorausgesetzt, sei den-             engruppen ihre aktuellen Forschungser-          arbeiten zu diesem wichtigen Themenge-
noch der Weg über die Medien ein beson-              gebnisse. Die folgenden Themen standen          biet zu ermöglichen.

Führungsrolle des IZA in der ökonomischen Migrationsforschung:
Breiter Veranstaltungskanon, wertvolle Forschungsimpulse
Expertisen zur Ethnizität: Migrant Ethnicity Meeting (MEM)
Das dritte „IZA Migrant Ethnicity Meeting“           Konstantinos Tatsiramos (IZA) referierte
wurde in Kooperation mit DIW DC bereits              über die Dynamik des ethnischen Unter-
im März 2007 in Washington DC ausge-                 nehmertums unter Immigranten in den
richtet und lieferte wichtige Erkenntnisse           USA . Einflussfaktoren der Zuwandererin-
zu allen vom IZA im Auftrag der Volkswa-             tegration waren Gegenstand der Unter-
genStiftung erforschten Fragestellungen:             suchungen von Martin Kahanec (IZA) zum
(1) Messung von Ethnizität, (2) Bedeutung            Einfluss von Ethnizität und Spracherwerb
von Staatsangehörigkeit, (3) Selbständi-             auf „The Russian-Ukrainian Earnings Di-
ges Unternehmertum von Migranten so-                 vide“, während James Hollifield (Southern
wie (4) Interethnische Eheschließungen.              Methodist University at Dallas und IZA)
Die Thematik der ethnischen Identität                Immigration und Integration am Beispiel
und ihrer Messung war Gegenstand der                 neuer Daten aus dem texanischen Dallas
Präsentationen von Roland J. M. Benabou              studierte. Interkulturelle Ehen zwischen        fession und Religiosität. Solomon Polachek
(Princeton University und IZA) über „Iden-           Immigranten in den USA analysierte Christi-     (Binghamton University und IZA) erwei-
tity, Dignity and Taboos“ und Amelie Con-            na Houseworth (University of Illinois, Chica-   terte den Betrachtungshorizont mit einer
stant (IZA , DIW DC und Georgetown Uni-              go). IZA -Programmdirektor Barry Chiswick       aufschlussreichen Studie zum Einfluss von
versity) zur Frage „Does Ethnosizing Pay?            (University of Illinois, Chicago) referierte    Naturkatastrophen auf (ethnische) Ar-
Gender and Native- Migrant Differences“.             zum Themengebiet Humankapital, Kon-             beitsmärkte.

Wissenschaft und Praxis im Dialog: IZA Interethnic Practitioners’ Meetings
Interethnischen Eheschließungen widmete              Diskussionsthemen der von Barry Chiswick
sich im Mai 2007 auch das dritte „IZA In-            und Amelie Constant organisierten Veranstal-
terethnic Practitioners’ Meeting“ im Rah-            tung waren unter anderem Probleme bei
men des Forschungsprojekts der Volks-                der Erlangung von Visa und Aufenthalts-
wagenStiftung. Ähnlich wie die vorherigen            genehmigungen, Erscheinungsformen von
Expertentreffen zu Fragen von Einbürge-              Diskriminierung ausländischer Ehepart-
rung und ethnischem Unternehmertum                   ner, Sprachbarrieren, aber auch besondere
bot dieses spezielle Format IZA-Forschern,           Integrationserfolge. Diese bewährte Form
binational verheirateten Migranten sowie             des Austausches zwischen Wissenschaft
Vertretern von Interessenverbänden Ge-               und Praxis ist fester Bestandteil der IZA-
legenheit zum Abgleich von Forschungs-               Forschungsarbeiten im Auftrag der Volks-
thesen und gesellschaftlicher Wirklichkeit.          wagenStiftung.

Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008                                                                                          7
MIGRATION UND INTEGRATION

    IZA-Buchpräsentation: Zuwanderungspolitik und Arbeitsmarkt
                                                     der Koautoren der IZA-Studie, diskutierten    zu verbessern. Europa müsse im eigenen In-
                                                     mit MPI -Präsident Demetrios Papademetriou    teresse attraktive Zuwanderungsoptionen
                                                     und dem Publikum sowohl die neue Zu-          für qualifizierte Migranten schaffen und
                                                     wanderungsgesetzgebung Deutschlands           aktiv um die „besten Köpfe“ werben.
                                                     und die Perspektiven einer Europäisierung
                                                     der Migrationspolitik als auch die Heraus-
                                                     forderungen, die eine mögliche Stärkung
                                                     des     Zuwanderungs-
                                                     standortes Europa für       Klaus F. Zimmermann/Holger
                                                     die US-amerikanische        Bonin/René Fahr/Holger Hinte
    D. Papademetriou, H. Bonin, K. F. Zimmermann
                                                     Einwanderungspolitik
                                                     mit sich brächte. Zim-      Immigration Policy and the
    Auf Einladung des Migration Policy Ins-          mermann verwies auf         Labor Market: The German Ex-
    titute (MPI) und in Kooperation mit DIW          verschiedene Initiativen    perience and Lessons for Europe
    DC präsentierte das IZA im März 2007 in          der EU -Kommission,
                                                                                 Springer: Berlin/Heidelberg,
    Washington den Band „Immigration Policy          die bislang sehr schwa-
                                                                                 2007;
    and the Labor Market: The German Experi-         che Position Europas
                                                                                 ISBN 978-3-540-68381-0
    ence and Lessons for Europe“. IZA-Direktor       im weltweiten Wettbe-
                                                                                 209 Seiten
    Klaus F. Zimmermann und Holger Bonin, einer      werb um Humankapital

    Marktplatz der Migrationsforschung: IZA Annual Migration Meeting (AM2)
    Ein ebenso attraktives Format bieten die         Bevelander (Malmö University und IZA) re-         und Guillermina Jasso (New Yo rk University
    hochrangig besetzten Jahreskonferenzen           ferierte über die Einstellungen von Jugend-       und IZA) den Einfluss von Immigration auf
    des IZA-Forschungsschwerpunkts Migrati-          lichen gegenüber Muslimen in Schweden,            die soziale Schichtung untersuchte. Die Wir-
    on. Das vierte IZA Annual Migratio n Mee-        Dan-Olof Rooth (Kalmar University und IZA)        kungsmechanismen von Migrationsnetzwer-
    ting (AM2) fand unter der Regie von Barry        stellte ebenfalls am Beispiel Schwedens For-      ken studierten David McKenzie (World Bank
    R. Chiswick und Amelie Constant im Mai 2007      schungsergebnisse zur – deutlichen – „impli-      und IZA) und Alfonso Miranda (Keele Univer-
    in Bonn statt. Dem wichtigen Themenkom-          ziten Diskriminierung“ von Zuwanderern mit        sity und IZA) am Beispiel der Zuwanderung
    plex von Gesundheit und Sicherheit am Ar-        arabisch anmutenden Familiennamen bei             von Mexiko in die USA. Die traditionelle Ju-
    beitsplatz waren Beiträge von Steven Stillman    Einstellungen neuer Mitarbeiter vor. Amelie       lian Simon Lecture zu Ehren des einflussrei-
    (Motu Economic and Policy Research Trust         Constant präsentierte aktuelle IZA-Resul-         chen Pioniers der Migrationsforschung gab
    und IZA) und Arturo Gonzalez (Public Policy      tate zum Einfluss des „Ethnosizers” auf die       Barry R. Chiswick zur Ökonomie des Spra-
    Institute of California und IZA) gewidmet.       Einkommensentwicklung von Zuwanderern             cherwerbs von Migranten.
    Stillman beschrieb die ambivalenten Auswir-      und Einheimischen.                                ► www.iza.org/files/js2007.pdf
    kungen von Immigration auf die Gesundheit
    von Kindern, während Gonzalez Analysen           Eine Fülle von Anregungen für die weitere
    zur Situation nichtregistrierter Immigranten     Forschung vermittelten auch die unter dem
    als Tagelöh nern in der amerikanischen Land-     Leitthema „Qualifikation, Produktivität und
    wirtschaft („day labor“) vorlegte, denen zu-     soziale Schichtung“ zusammen gefassten
    folge für diese Gruppe in der Praxis geringere   Studien, in denen Massimiliano Tani (Macqua-
    Standards hinsichtlich des Arbeitsschutzes       rie University, Sydney und IZA) die Verteilung
    gelten. Eine teils kontroverse Diskussion        qualifizierter Immigranten in der EU analy-
    entzündete sich an den Präsentationen zum        sierte, Daniele Paserman (Boston University
    Zusammenhang von Religionszugehörig-             und IZA) Produktivitätsvorteile durch hoch-
                                                                                                                      Barry R. Chiswick
    keit, Diskriminierung und Ethnizität. Pieter     qualifizierte Zuwanderer in Israel aufzeigte

                                               Bundeswirtschaftsministerium präsentiert IZA-Studie

    IZA-Gutachten belegt Realisierbarkeit von Workfare
    Im Auftrag des Bundesministeriums für            in Form von Bürgerarbeit zu verlangen. Da-        tuellen IZA-Untersuchungen zufolge kann
    Wirtschaft hat das IZA eine Studie zur           durch soll der Anreiz gestärkt werden, die        das BMWi-Modell ohne größeren organi-
    „Umsetzung des Workfare-Ansatzes im              eigene Existenz durch eine Vollzeittätigkeit      satorischen Aufwand umgesetzt werden.
    BMW i-Modell für eine existenzsichernde          selbst zu sichern. Das IZA hatte im letzten       Inzwischen hat sich auch der Wissenschaft-
    Beschäftigung” erarbeitet. Diese Studie          Jahr errechnet, dass durch die Umsetzung          liche Beirat des Bundesfinanzministeriums
    wurde am 13. Mai von IZA-Direktor Klaus F.       dieses Modells ein Beschäftigungseffekt           im Grundsatz dieser Position des IZA ange-
    Zimmermann und BMW i-Staatssekretär Wal-         von bis zu 1,4 Millionen Arbeitsplätzen aus-      schlossen und spricht sich in einem aktuel-
    ter Otremba in Berlin vorgestellt. Das BMWi-     gelöst werden kann. Hierdurch könnten die         len Gutachten ebenfalls für die Einführung
    Modell sieht vor, von Empfängern staatli-        öffentlichen Haushalte jährlich um rund 25        von Workfare-Elementen aus.
    cher Lohnersatzleistung eine Gegenleistung       Milliarden Euro entlastet werden. Den ak-         ► www.iza.org/files/IZA18.pdf

8                                                                                            Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008
IZA RESEARCH REPORT NO. 16

IZA-Studie: Defizite der sozialen und ökonomischen Integration
ethnischer Minderheiten in den EU-Staaten
Unter Leitung von IZA-Direktor Klaus F. Zim-         turelle und gesellschaftliche Sphäre führen.                  de länderübergreifende Analyse der Situa-
mermann, Amelie Constant (IZA, DIW DC und            Die Länderstudien für Dänemark, Frank-                        tion ethnischer Minderheiten ermöglicht,
Georgetown University), Don DeVoretz (IZA            reich, Deutschland, Ungarn, Lettland, Nie-                    ist und bleibt eine große Herausforderung
and Simon Fraser University) und Martin Ka-          derlande, Rumänien, Slowakei, Spanien und                     für die politische Arbeit der Europäischen
hanec (IZA) hat das IZA eine umfassende län-         Großbritannien ermöglichen eine genauere                      Union. Dessen ungeachtet zeigt der IZA-
derübergreifende Analyse zur Arbeitsmark-            Analyse der Integrationsproblematik. Diese                    Report eine besorgniserregende Lage eth-
tintegration ethnischer Minderheiten in den          Länder wurden aufgrund der Größe ihrer                        nischer Minderheiten in der Europäischen
EU -Staaten erarbeitet. Finanziert wurde die         jeweiligen ethnischen Bevölkerungsgrup-                       Union auf. Sie weisen durchweg höhere Ar-
Studie von der Generaldirektion Beschäfti-           pen, aber auch im Hinblick auf das jeweils                    beitslosenquoten, geringeren beruflichen
gung, Soziales und Chancengleichheit der             zu vermutende Risiko der Ausgrenzung aus                      Erfolg und niedrigere Löhne auf und sind
Europäischen Kommission, Auftraggeber                dem Arbeitsmarkt ausgewählt und können                        – gemessen an den Erwerbsquoten – häufig
war die von ihr eingesetzte „High Level Ad-          im Hinblick auf Beitrittsdatum, Bevölkerung                   in weit geringerem Maße in das wirtschaft-
visory Group of Experts on the Social Inte-          und Wirtschaftswachstum als repräsenta-                       liche Leben eingebunden. Nur wenige Min-
gration of Ethnic Minorities and their Full          tiv für die EU insgesamt angesehen werden.                    derheitengruppen haben, möglicherweise
Participation in the Labour Market“ unter            Aus den Länderstudien geht hervor, dass in                    aufgrund von Selbstselektionseffekten,
Leitung von Rita Süssmuth (Präsidentin des           jedem der zehn untersuchten Arbeitsmärkte                     eine höhere Beteiligungsquote. Einen Son-
Deutschen Bundestages a.D.). Das Wis-                erhebliche externe Integrationshürden exis-                   derfall stellen die Roma dar, die – obwohl
senschaftlerteam umfasste insgesamt 20               tieren: diese manifestieren sich insbesonde-                  sie seit mehreren Jahrhunderten in Europa
Experten aus verschiedenen Forschungsin-             re in einem niedrigen Humankapitalniveau                      leben – ein besonders hohes Ausschlussrisi-
stitutionen und dem IZA – unter ihnen auch           sowie geringer generationenübergreifender                     ko tragen. Gerade in Mittel- und Osteuropa
IZA-Programmdirektor Barry Chiswick (IZA             (Einkommens-)Mobilität bei Angehörigen                        werden sie mit erheblichen Schwierigkeiten
und University of Illinois at Chicago), An-          der verschiedenen Minderheitengruppen.                        auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert, wäh-
zelika Zaiceva (Universität Bologna und IZA)         Als Indikatoren zur Messung der Integrati-                    rend ihre Perspektiven in Spanien etwas
und Liliya Gataullina (IZA und DIW Berlin).          on wurden dabei Erwerbs- und Arbeitslo-                       günstiger einzuschätzen sind. Auffällig ist,
Für die im Rahmen des Projekts eigens er-            senquoten sowie Arbeitseinkommen heran-                       dass der ökonomische Status der jeweiligen
stellten Länderexpertisen konnten elf weite-         gezogen. Zur besseren Einschätzung wurde                      Minderheit nicht unbedingt für alle Gene-
re namhafte Fachleute gewonnen werden.               über die europäischen Länderstudien hin-                      rationen gleichermaßen Geltung hat.
                                                     aus zusätzlich auch die – überwiegend weit
Die IZA-Studie liegt als IZA Research Re-            vorteilhaftere – Situation ethnischer Min-                    Das IZA-Gutachten identifiziert und be-
port No.16 vor und bietet eine umfassende            derheiten in Kanada als Vergleichsmaßstab                     wertet die bestehenden Herausforderun-
Analyse der Barrieren für die Arbeitsmarkt-          in den Blick genommen.                                        gen und gesicherten Fakten zum Status eth-
integration ethnischer Minderheiten in den                                                                         nischer Minderheiten in der Europäischen
EU-Staaten. Auf Basis der zur Verfügung              Defizitäre Integration                                        Union und analysiert unter Verwendung
stehenden empirischen Daten sowie eigener            – defizitäre Datenlage                                        moderner ökonometrischer Methoden die
Befragungen liefert die Untersuchung erst-                                                                         Nachteile, die Minderheiten durch eine
mals einen Gesamtüberblick zur sozialen              Die Unzulänglichkeit und Inkonsistenz der                     negative Einstellung der einheimischen Be-
und ökonomischen Situation verschiede-               verfügbaren Daten auf europäischer Ebene                      völkerung ihnen gegenüber entstehen. Ne-
ner Minderheitengruppen in der Europäi-              bilden bei der Untersuchung der Integrati-                    gative Haltungen der ethnischen Mehrheits-
schen Union, bewertet sowohl ausgewählte             on ethnischer Minderheiten ein erhebliches                    gesellschaft eines Landes werden allgemein
Good-Practice-Beispiele von Integrationsin-          Problem. Die Erarbeitung einer verlässli-                     als Hauptquelle für die Nachteile ethnischer
itiativen auf privatwirtschaftlicher Ebene als       chen Mikrodatenbank, die eine umfassen-                       Minderheiten angesehen. Die Studie wertet
auch bisherige Politikmaßnahmen und leitet
daraus politische Handlungsempfehlungen                                  Anteil diskriminierter Gruppen in % der Gesamtbevölkerung
ab. Die Studie enthält eine Fülle von Vor-                                                  (Selbstwahrnehmung)
schlägen für eine nachhaltige Integrationspo-
                                                                                                                                                                      © IZA - 2008

                                                          7
litik der EU unter ökonomischem Vorzeichen.
                                                          6
Weitere Beiträge ermöglichen eine genauere
Analyse der Situation der Roma und unter-                 5
nehmen den Versuch, kulturelle Aspekte
                                                          4
sowie die Rolle des Selbstbildes der Minder-
heiten zu berücksichtigen. Angesichts der in              3

vielerlei Hinsicht unzureichenden Arbeitsm-               2
arktintegration appelliert die Studie an die
Politik, die hier seit langem ungenutzten Po-             1

tenziale gezielt zu erschließen, Zugangsbarri-            0
eren zu beseitigen und auf diese Weise auch                   PL    FI    IE   DK   PT   CZ   SE    DE   HU   BE    FR   SK    AT   LU   NL    ES   EL    UK   EE
die soziale Integration voranzutreiben.
                                                        Anmerkungen: Daten stammen aus dem ESS-Datensatz, 2004. Die vertikale Achse zeigt den Prozentsatz der Be-
                                                        fragten in der Gesamtbevölkerung, die auf die Frage “Würden Sie sich selbst als Mitglied einer Gruppe bezeichnen,
Zweifellos kann die erfolgreiche ökonomi-               die in diesem Land diskriminiert wird?” positiv antworteten. Nur Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe, Natio-
sche Integration von Minderheitsgruppen                 nalität, Religion, Sprache oder ethnischer Zugehörigkeit wurde berücksichtigt.
                                                        Quelle: IZA Research Report No. 16
zu positiven Spillover-Effekten für die kul-

Institut zur Zukunft der Arbeit | I Z A COMPACT | Juli 2008                                                                                                                          9
ETHNISCHE MINDERHEITEN

                          Minderheiten mit dem größten Diskriminierungsrisiko
                                                                                                                                      Maß für Erfolg oder Misserfolg von Inte-
     45
                                                                                                                                      grationsmaßnahmen ist. Während hierbei
     40

                                                                                                                       © IZA - 2008
                                                                                                                                      Kriterien von Effizienz und Effektivität ei-
     35                                                                                                                               nen hohen Stellenwert einnehmen, werden
     30                                                                                                                               zugleich eine wirkungsvolle Kommunikation
     25                                                                                                                               mit den am Integrationsprozess Beteiligten,
     20                                                                                                                               Fairness und Akzeptanz der Integrations-
     15                                                                                                                               maßnahmen als Faktoren erachtet, die für
     10
                                                                                                                                      den Erfolg einer Initiative maßgeblich sind.
      5
      0                                                                                                                               Nachhaltigkeit von
          Bangladescher    Afrikaner       Türken      Muslime,     Ehem. Jugosl.   Osteuropa   Roma oder Sinti   Andere              Integrationsinitiativen oberstes Gebot
                                                    Mittlerer Osten oder Balkan
     Quelle: IZA Research Report No. 16
                                                                                                                                      Politische wie private Initiativen müssen von
                                                                                                                                      der gegebenen Situation und den Aussich-
                                                                                                                                      ten der jeweiligen Gruppen im betreffenden
 Daten der European Social Surveys (ESS)                         Die IZA-Expertenbefragung wurde mit dem                              Land abhängig gemacht werden. Die in der
 aus, um das Ausmaß der von den betrof-                          Ziel durchgeführt, von wichtigen Interes-                            Studie entwickelte Politik-Matrix (Abbil-
                                                                                                                                            ▲
 fenen Personen selbst angegebenen Diskri-                       senvertretern ethnischer Minderheiten ihre                           dung      ) liefert eine Orientierungshilfe für
 minierung zu ermitteln. Dieses empfundene                       jeweilige Wahrnehmung zu erfragen und                                die Priorisierung und Kalibrierung der Inte-
 Maß an Benachteiligung ist am höchsten in                       auswerten zu können. Die Arbeitsmarktsi-                             grationsbemühungen. Der Grundtenor der
 Estland, Großbritannien und Griechenland,                       tuation ethnischer Minderheiten in Europa                            für diesen Bericht angestellten Länder- und
 am niedrigsten hingegen in Polen, Finnland                      wird von den Befragten als problematisch                             Fallstudien ist, dass das Risikoniveau und
                                       ►
 und Irland (Abbildung S. 9 ).                                   und sich zunehmend verschlechternd be-                               die Entwicklungstrends innerhalb einer
                                                                 schrieben – ein alarmierender Befund. Roma                           ethnischen Gruppe je nach Land und auch
 Verbesserung der Arbeitsmarktintegration                        und Afrikaner werden besonders häufig als                            innerhalb eines Landes über die ethnischen
 ist die zentrale Stellschraube                                  diejenigen genannt, die vom größten öko-                             Gruppen hinweg stark variieren. Deshalb
                                                                 nomischen Ausschlussrisiko betroffen sind                            sind vereinfachende Schlussfolgerungen irre-
 Weitere Informationen liefern die Daten der                     (Abbildung ▲). Der Einstellung der breiten                           führend. Über quantitative Einblicke in Initi-
 IZA-Expertenbefragung, die in allen 27 EU -                     Öffentlichkeit wird eine starke, negative                            ativen der Staaten, der Nicht-Regierungsor-
 Staaten durchgeführt worden ist und für                         Auswirkung auf die Arbeitsmarktintegrati-                            ganisationen und der Unternehmen hinaus
 diese Studie erstmals ausgewertet werden                        on zugeschrieben. Diskriminierung wird als                           liefert die Untersuchung auch qualitative
 konnte. Europaweit wurden darüber hinaus                        das zentrale Integrations-                                   Politikmatrix
 22 ausgewählte Integrationsinitiativen einer                    hemmnis wahrgenommen.

                                                                                                                                                                                 © IZA - 2008
 kritischen Bewertung unterzogen. Auf die-                       Als weitere signifikante In-
 ser Grundlage entwickelt der Bericht im An-                     tegrationsbarrieren werden
 schluss eine Politik-Matrix zur Beurteilung                     Sprach- und Bildungsdefi-
 gesellschaftlicher Entwicklungen und poli-                      zite, interne und instituti-
 tischer Handlungsoptionen. Die Schlussfol-                      onelle Faktoren angeführt.
 gerungen für die Politik behandeln mögliche                     Veränderungen zum Positi-
 Strategien für die Überwindung der Barrie-                      ven versprechen sich die be-
 ren, mit welchen ethnische Minderheiten auf                     fragten Experten von ent-
 dem europäischen Arbeitsmarkt auch noch                         sprechenden Maßnahmen
 im Jahr 2007 konfrontiert sind und richten                      auf Ebene der nationalen
 sich an Privatunternehmen, Nichtregie-                          Regierungen und Kommu-
 rungsorganisationen und die Regierungen                         nalverwaltungen, sofern sie
 der EU-Staaten. Mit Hilfe der Regressions-                      dabei dem Grundsatz der             Quelle: IZA Research Report No. 16
 analyse wurden die kausalen Auswirkungen                        Gleichbehandlung anstelle
 demographischer, sozialer, politischer und                      einer Sonderbehandlung
 wirtschaftlicher Faktoren für die jeweilige                     folgen würden.                                       Erkenntnisse und hebt innovative Ansätze
 Einstellung der ethnischen Mehrheit ermit-                                                                           einer „good practice“ in Form von Inter-
 telt. Zieht man die wirtschaftlichen und                        Gleichwohl weisen die Ergebnisse der IZA-            views mit Verantwortlichen und Partneror-
 demographischen Einflussfaktoren heran,                         Expertenbefragung darauf hin, dass die               ganisationen dieser Initiativen hervor. Eine
 so findet sich der größte Anteil derjenigen                     Integrationsarbeit überwiegend von Nicht-            ganze Reihe allgemein gültiger Grundsätze
 Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft mit                       regierungsorganisationen und öffentlichen            wird dabei deutlich: Fairness und Respekt
 eher ablehnenden Einstellungen gegenüber                        Einrichtungen geleistet wird. Als besonders          gegenüber allen Beteiligten und transparen-
 ethnischen Minderheiten unter Arbeits-                          nachteilig erweist sich in diesem Zusammen-          te Regelungen ermöglichen den Aufbau von
 losen und „entmutigten“ Arbeitnehmern,                          hang das defizitäre Angebot von Integrati-           Vertrauen, fördern soziale Beziehungen und
 aber auch unter Rentnern, chronisch Kran-                       onsinitiativen auf der Unternehmensebene,            die Verbreitung einer positiven Wahrneh-
 ken und Behinderten. Gleichzeitig bringen                       denn naturgemäß muss den Arbeitgebern                mung, die wiederum erst Integration und
 Jüngere und besser Ausgebildete eine posi-                      ein hoher Einfluss auf die ökonomischen In-          ökonomische Eingliederung von ethnischen
 tivere Einstellung gegenüber den ethnischen                     tegrationschancen ethnischer Minderheiten            Minderheiten erfolgreich gelingen lässt. Frei-
 Minderheiten auf. Im Allgemeinen sind                           zugeschrieben werden. Die Experten geben             willige Beteiligung bei zugleich strengen und
 Vertreter ethnischer Minderheitsgruppen                         außerdem an, dass eine Verbesserung der              transparenten Auswahlkriterien ist wichtig,
 gegenüber Individuen anderer ethnischer                         Arbeitsmarktintegration ethnischer Min-              um die Motivation der Zielgruppe der jewei-
 Gruppen aufgeschlossener eingestellt.                           derheiten aus ihrer Sicht das wichtigste             ligen Maßnahme zu sichern und ein positives

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