Kirchen info - Zusammenstehen Für gute Arbeit und gute Versorgung - ver.di - Gesundheit & Soziales

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Kirchen info - Zusammenstehen Für gute Arbeit und gute Versorgung - ver.di - Gesundheit & Soziales
Nr. 34 · November 2019

                         Kirchen info

                   Zusammenstehen
                   Für gute Arbeit und
                   gute Versorgung
Kirchen info - Zusammenstehen Für gute Arbeit und gute Versorgung - ver.di - Gesundheit & Soziales
Inhalt
                    Vom Wandel der Arbeit und ihrer kollektiven Gestaltbarkeit                  3
                    Diakonie Niedersachsen: »Ganz normale Tarifverhandlungen auf Augenhöhe« 4
                    Caritas-Stiftung Liebenau in Baden-Württemberg:
                    Beschäftigte organisieren sich für Tarifvertrag                             5
                    Diakonie Württemberg:
                    »Unerhört« – gelungene Aktion der Tarifkommission Diakonie                  6
                    Diakonie Bayern: Und weiter geht’s auf dem Weg zum Tarifvertrag             7
                    Diakonie Hessen:
                    Aktionen wegen abgesagter Verhandlungen für die Altenpflege                 8
                    Kirchlicher Sonderweg: Erfolgreich – für Arbeitgeber                       10
                       Diakonie Deutschland:
                       Lohnspaltung für Beschäftigte und mehr Flexibilität für Arbeitgeber     10
                       Diakoniewerk Kropp in Schleswig-Holstein:
                       »Allein mit guten Argumenten kommen wir nicht weiter«                   14
                       Diakonie Mitteldeutschland: Keine Entlastung, etwas Lohnerhöhung        15
                       Diakonie Mitteldeutschland: Das Pippi-Langstrumpf-Syndrom               16
                    ver.di-Streitschriften:
                    Zu Mitbestimmung und Tarifverträgen in kirchlichen Betrieben               18
                    Diakonie Hessen: Lohnunterschiede im Hinterzimmer weiter zementiert        20
                    JAV-Wahlen unterstützen: Mitbestimmung in der Ausbildung stärken           21
                    Konzern-MAV bei Agaplesion gegründet: »Wir wollen mitgestalten«            24
                    Leitfaden für Mitarbeitervertretungen – mit aktuellem MVG.EKD              26
Fotos: ver.di

                    Verbindliche Einigungsstelle nach MVG.EKD: Ab 2020 am Start                27
                    Seminarangebote für Mitarbeitervertretungen                                28
                    Neues Vernetzungsforum: »MAV-aktiv«                                        28
                    Ihr fragt – ver.di antwortet                                               29
                    Unsere Ansprechpartner/innen in den Bundesländern                          29
                    Quo vadis Altenpflege?                                                     30
                    Pflegekammer Rheinland-Pfalz beschließt Berufsordnung:
                    »Arbeitgeber mit in die Pflicht nehmen«                                    31
                    Fachtagung Behindertenhilfe: Große Resonanz und viele Fragen               32
                    Reform des Kinder- u. Jugendhilferechts:
                    Gesetzentwurf des SGB VIII soll kommen                                     34
                    ver.di auf dem 37. Evangelischen Kirchentag                                35

                    Impressum:

                    ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
                    Bundesverwaltung
                    Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin

                    Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen

                    Verantwortlich: Sylvia Bühler

                    Briefe an die Redaktion:
                    ver.di Bundesverwaltung, Ressort 9, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
                    Email: mario.gembus@verdi.de

                    Redaktionsteam: Uta von Schrenk, Herbert Deppisch, Daniel Behruzi, Mario
                    Gembus, Berno Schuckart-Witsch, Daniel Wenk

                    Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 3. April 2020

                    Layout: fgl-werketage, Andreas Hesse · Druck: Druckservice Vera Boepple

                2   W-3521-06-1019
Vom Wandel der Arbeit
und ihrer kollektiven Gestaltbarkeit
Liebe Leserin, lieber Leser,
Ende Oktober lud die Diakonie zur »Innovationskonfe-               Beteiligung und Engagement von Beschäftigten ste-
renz« nach Kassel. Vertreter*innen aus Wissenschaft,           hen auch im Fokus zweier Streitschriften, die ver.di ver-
Politik und Einrichtungen diskutierten über innovative         öffentlicht hat. Mitbestimmung und Tarifverträge sind
Lösungen und zukunftsfähige Ideen. Nicht mit dabei:            seit 100 Jahren etablierte Rechte von
die Beschäftigten der Diakonie, niemand der immerhin           Arbeitnehmer*innen in Deutschland, auch in kirch-
fast 600.000. Gleiches gilt für die Ankündigung der            lichen Betrieben. Die beiden Schriften werfen einen kri-
Diakonie, die bisherige Loyalitätsrichtlinie zu einer          tischen Blick auf deren Ausgestaltung durch die Kirchen
Profilrichtlinie weiterzuentwickeln. Theolog*innen,            und laden zur Diskussion ein, inwieweit die kirchlichen
Jurist*innen, Diakonie, Fach- und Landesverbände               Regeln für über 1,2 Millionen Beschäftigte in einer sich
sowie Unternehmen bilden dafür eine Kommission.                wandelnden Arbeitswelt noch zeitgemäß sind.
Vertreter*innen der Beschäftigten sind bislang nicht               Unsere Kolleg*innen im Gesundheits- und Sozialwe-
vorgesehen. In beiden Fällen geben sich der Arbeitge-          sen werden durch einen hohen Arbeitsethos angetrie-
ber Kirche und ihre Diakonie progressiv, gehen mit den         ben – und das ist toll. Denn natürlich wollen wir alle,
eigenen Beschäftigten jedoch gewohnt paternalistisch           dass engagierte Menschen zum Beispiel unsere Kinder,
um. Gespräche über die künftige Gestaltung der Arbeit          unsere Eltern im Alter oder uns selbst gut versorgen
und deren Rahmenbedingungen finden ohne die maß-               oder beraten. Doch oft behindert dieses Ethos die eige-
geblich Betroffenen statt.                                     ne Interessenvertretung: »Ich kann doch nicht meine
     Auch bei den 2019 auf kirchlichem Weg getrof-             Klienten oder Patienten im Stich lassen.« Umso wich-
fenen Regelungen über Löhne und Arbeitsbedingungen             tiger ist der Perspektivwechsel: Nur mit guten Arbeits-
stehen die Bedürfnisse der Beschäftigten nicht an erster       bedingungen können Beschäftigte des Gesundheits-
Stelle. Statt bessere Bedingungen zu schaffen, werden          und Sozialwesens andere Menschen gut versorgen und
Arbeitszeiten flexibilisiert und verlängert. Eine irrwitzige   dabei selbst gesund bleiben. Das zu erreichen, geht
Entwicklung in einer Zeit, in der Fachkräfte händerin-         nicht allein, sondern nur gemeinsam. Mit ver.di.
gend gesucht werden und die Belastung der Beschäf-                                     Eure Kirchen.info-Redaktion
tigten dringend reduziert werden muss.
     Anders laufen die Dinge mit Tarifvertrag. Solche
Angriffe auf die Arbeitszeit konnten zum Beispiel die
Beschäftigten der Diakonie Niedersachsen in ihrer Tarif-
runde verhindern. Ermöglicht haben dies das Engage-
ment und die Aktionen vieler ver.di-Kolleg*innen. Da-
durch haben sie auch eine zusätzliche Pflegezulage
erreicht, ähnlich wie im öffentlichen Dienst. Und zwar
auch für die Altenpflege.
     Wo Arbeitsrechtliche Kommissionen die Löhne und
Arbeitsbedingungen in der Diakonie festlegen, geschah
hingegen auch in diesem Jahr, was im Sinne der Arbeit-
geber ist: Die Löhne wurden zwar erhöht, doch die
Schere zwischen unteren und oberen Lohngruppen
erheblich vergrößert. Zum Teil wurden Beschäftigten-
gruppen ungleich behandelt. Die Arbeitszeit wurde mit
neuen Bereitschaftszeiten flexibilisiert und Forderungen
nach Entlastung wurden schlicht ignoriert, zum Beispiel
in Mitteldeutschland. Im Norden und anderswo gibt
es etliche diakonische Arbeitgeber, die sich überhaupt
nicht an kirchliche Spielregeln halten und Arbeitsbedin-
gungen per Arbeitsvertrag festlegen, wie es ihnen ge-
fällt. Es ist nicht neu: Setzen sich Beschäftigte kollektiv
für ihre Interessen ein, setzen sie der Willkür ihrer Ar-
beitgeber Grenzen.

Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                                   3
Diakonie Niedersachsen:

»Ganz normale Tarifverhandlungen
auf Augenhöhe«
                                Tobias Warjes ist           Mit dem Tarifabschluss wird eine neue Pflegezulage
                                Heilerziehungspfle-         zwischen 85 und 120 Euro im Monat eingeführt. Ist
                                ger und Vorsitzender        auch das ein Mittel gegen den Mangel an Arbeits-
                                der Arbeitsgemein-          kräften?
                                schaft der Mitarbei-            Ja, natürlich. Mit dem Pflegepersonalstärkungsge-
                                tervertretungen in          setz hat die Regierung dafür gesorgt, dass Tariferhö-
                                den Diakonischen            hungen in der Krankenhauspflege vollständig refinan-
                                Werken Niedersach-          ziert werden. Hier Verbesserungen zu erreichen, ist
                                sens (ag mav).              daher nicht so schwer. Wir haben aber darauf bestan-
                                Er ist seit deren           den, dass die Zulage auch in der Altenhilfe gezahlt
                                Gründung 2010               wird. Das haben wir erreicht. Hinzu kommt, dass wir
                                Mitglied der ver.di-        die Altenpflegetabelle, die gegenüber der allgemeinen
                                Tarifkommission für         Entgelttabelle um etwa drei Prozent abgesenkt war,
                                die niedersächsische        schrittweise auf dieses Niveau anheben. Das ist ein
                                Diakonie.                   echter Erfolg.

ver.di hat für die Diakonie Niedersachsen einen neuen       Wie habt Ihr die Arbeitgeber dazu bewegt, das zu ak-
Tarifvertrag durchgesetzt, der den rund 37.000 Be-          zeptieren?
schäftigten bis Juni 2021 Lohnerhöhungen von insge-             Das hat auch mit der generalistischen Ausbildung
samt 7,2 Prozent beschert. Wie bewertest Du die Ver-        im neuen Pflegeberufegesetz zu tun. Es ist zu befürch-
einbarung?                                                  ten, dass die Leute von der Alten- in die Krankenpflege
    Ich kann diesen Abschluss gut vor meinen Kolle-         abwandern oder sich gleich gegen die Altenpflege ent-
ginnen und Kollegen vertreten. Für 2019 steht eine Drei     scheiden, wenn die Bedingungen dort schlechter sind.
vor dem Komma, das wollten die Arbeitgeber eigent-          Darauf haben wir bei den Verhandlungen hingewiesen
lich verhindern. Noch wichtiger finde ich, dass wir zum     und zugleich deutlich gemacht, dass es nicht gerecht-
ersten Mal eine soziale Komponente durchgesetzt             fertigt ist, Beschäftigten in der Altenpflege bei gleicher
haben: In den ersten beiden Erhöhungsrunden steigen         Qualifikation weniger zu zahlen als ihren Kolleginnen
die Entgelte um jeweils mindestens 70 Euro. Das führt       und Kollegen in den Krankenhäusern.
dazu, dass die Schere zwischen unteren und oberen
Entgeltgruppen nicht noch stärker auseinandergeht.          Und dieses Argument hat gezogen?
                                                                 Na ja, die Arbeitgeber haben die deutliche Erhö-
Warum ist Dir das so wichtig?                               hung in der Altenhilfe eher zähneknirschend akzeptiert.
    Schon eine Fachkraft mit einer vollen Stelle hat        Dazu haben auch die vielen Aktionen beigetragen, die
nicht allzu viel Rente zu erwarten. Den Kolleginnen und     die Kolleginnen in den Einrichtungen auf die Beine ge-
Kollegen in den unteren Entgeltgruppen – die dazu oft-      stellt haben. Das waren zwar oft eher kleine Proteste,
mals Teilzeit arbeiten – droht massenhaft Altersarmut.      aber es haben sich sehr viele Belegschaften gerade in
Das ist nicht sozial. Klar: Die Arbeitgeber hätten lieber   den Pflegeheimen daran beteiligt. Das hat die Diakonie-
die Fachkräfte bevorteilt, weil sie auf dem Arbeitsmarkt    Spitze durchaus wahrgenommen.
schwer zu bekommen sind. Nur für sie etwas zu tun, ist
aber sehr kurzsichtig. Denn wenn es so weitergeht, be-      Warum war die Aktionsbereitschaft in dieser Tarifrunde
kommen die Einrichtungen auch bei Nicht-Fachkräften         so groß?
ein Problem. Vor dem Tarifabschluss lagen die Stunden-          Die Arbeitgeber selbst haben dazu beigetragen. In
löhne in diesem Bereich bei 12,41 Euro. In vielen ande-     der ersten Verhandlungsrunde legten sie kein Angebot
ren Branchen verdient man mehr – und hat keine              vor. Und in der zweiten Runde verlangten sie plötzlich
Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Es besteht die Ge-     eine massive Flexibilisierung und Verlängerung der Ar-
fahr, dass die Leute abwandern und ihrem Beruf den          beitszeiten. Das hat dazu geführt, dass sich die Kolle-
Rücken kehren.                                              ginnen mehr als sonst für diese Tarifauseinanderset-
                                                            zung interessiert haben und auch bereit waren, sich zu
                                                            engagieren. Daraufhin haben die Verhandlungsführer

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der Diakonie ihre Forderungen schnell wieder vom             cheninterner Lohnfindung durch die Teilnahme an Ar-
Tisch genommen. Zu dem schließlich gefundenen Kom-           beitsrechtlichen Kommissionen am Leben zu halten.
promiss gehört übrigens auch die Tarifierung der Aus-
zubildenden in der Heilerziehungspflege, die für mich        Dies war bereits die dritte Entgeltverhandlung seit Be-
persönlich besonders wichtig ist. Schon in den letzten       stehen des Diakonie-Tarifvertrags in Niedersachsen.
beiden Tarifrunden haben wir gefordert, dass ange-           Sind Tarifverhandlungen inzwischen zur Normalität ge-
hende Heilerziehungspfleger einen Anspruch auf tarif-        worden?
liche Vergütung haben – so, wie es in der Pflege und             Es sind auf jeden Fall ernsthafte Verhandlungen, die
anderswo selbstverständlich ist. Das haben wir jetzt         ganz anders laufen als auf dem »Dritten Weg«. Auf Ar-
durchgesetzt. Die Diakonie Niedersachsen hat damit           beitgeberseite sitzen allerdings noch ein paar Leute, die
einen der wenigen Tarifverträge überhaupt, der auch          aus der Tradition des »Dritten Wegs« kommen, was
für Auszubildende in der Heilerziehungspflege gilt.          man manchmal merkt. Was ich überhaupt nicht für
                                                             zeitgemäß halte, ist, dass der Kirchenaustritt ein Kündi-
Gab es bei den Verhandlungen sonst noch Besonder-            gungsgrund sein kann. Das ist schon deshalb absurd,
heiten?                                                      weil die Konfessionszugehörigkeit bei Einstellungen
    Ja, ver.di hat erstmals offiziell gemeinsam mit der      kein entscheidendes Kriterium mehr ist. Wir werden
Ärzteorganisation Marburger Bund verhandelt. Das war         weiter darauf drängen, dass diese Regelung beseitigt
sehr hilfreich und hat uns alle stärker gemacht. Ich         wird. Ansonsten aber sind wir in der Tat auf dem Weg,
finde, das sollte im Marburger Bund Schule machen.           ganz normale Tarifverhandlungen auf Augenhöhe zu
Gemeinsam auf Augenhöhe über Tarifverträge zu ver-           führen. Wie man sieht: Das geht auch in Kirche und Di-
handeln ist viel sinnvoller, als den »Dritten Weg« kir-      akonie.

Caritas-Stiftung Liebenau in Baden-Württemberg:

Beschäftigte organisieren sich für Tarifvertrag
In der Liebenau Leben im Alter gGmbH tut sich was.           haben wir gezeigt, wie groß der Abstand zum Tarifver-
Seit Jahren werden die rund 750 Beschäftigten des            trag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bzw. zu den
Tochterunternehmens der Stiftung Liebenau, die dem           Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas inzwischen
Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart ange-        ist – das hat gewirkt.« So liegt beispielsweise das Tabel-
hört, schlechter bezahlt als ihre Kolleginnen und Kolle-     lenentgelt einer Pflegekraft im Dauernachtdienst mit
gen in anderen Bereichen der Caritas und im öffent-          einer halben Stelle und 16 Beschäftigungsjahren um
lichen Dienst. Grund ist ein sogenannter bischöflicher       236 Euro unter dem TVöD. Eine Wohnbereichsleitung
Dispens, der es den 18 Pflegeeinrichtungen lange Zeit        in Vollzeit verdient im siebten Beschäftigungsjahr mo-
erlaubte, von den Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas     natlich fast 1.000 Euro weniger. Auch bei der Jahres-
abzuweichen. Diese Ausnahmeregelung ist ausgelau-            sonderzahlung und beim Freizeitausgleich für Arbeit zu
fen, weshalb das Unternehmen auf ver.di zugegangen           ungünstigen Zeiten sind die Beschäftigten der Liebenau
ist, um Verhandlungen über einen Tarifvertrag aufzu-         Leben im Alter gGmbH benachteiligt. Hinzu kommt,
nehmen. »Natürlich stehen wir für Tarifverhand-              dass das Unternehmen statt der Beiträge von acht Pro-
lungen«, stellte die ver.di-Landesfachbereichsleiterin       zent, die es laut AVR in die Zusatzversorgungskasse
Irene Gölz seinerzeit im Interview mit dem Kirchen.info      einzahlen müsste, seinen Angestellten lediglich drei
klar. »Aber diese können nur auf Augenhöhe stattfin-         Prozent für eine private Altersvorsorge auszahlt. »Wenn
den, wenn die Beschäftigten bereit sind, sich dafür ein-     man alle Bestandteile der Entlohnung hochrechnet,
zusetzen und sich zu organisieren.« Dieser Appell            kommt man auf schätzungsweise eine Million Euro pro
zeigte Wirkung: Noch Anfang 2019 waren lediglich vier        Jahr, die den Beschäftigten der Liebenau Leben im Alter
Betriebsratsmitglieder – in Bezug auf die betriebliche       gGmbH vorenthalten wird«, rechnete Baumann vor.
Mitbestimmung sind die Einrichtungen bereits weltlich             Für ver.di ist klar: Ziel der anstehenden Tarifver-
organisiert – Mitglied bei ver.di. Jetzt sind mehr als 200   handlungen muss die Angleichung an den TVöD sein,
Beschäftigte gewerkschaftlich organisiert.                   dem auch die AVR der Caritas entspricht. Doch es gibt
     »Wir haben sehr viele Gespräche geführt und deut-       bereits Komplikationen: Die Dienstgeberseite in der Ar-
lich gemacht, dass sich an der ungleichen Bezahlung          beitsrechtlichen Kommission (ARK) der Caritas hat dem
nur etwas ändern wird, wenn sich die Leute engagie-          Unternehmen Gespräche über eine stufenweise Über-
ren«, berichtete Yvonne Baumann vom ver.di-Landes-           führung in die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien an-
bezirk Baden-Württemberg. »Mit konkreten Zahlen              geboten. Der Liebenau-Vorstand hat den für Dezember

Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                                  5
geplanten Verhandlungsbeginn daraufhin auf das näch-         ßerhalb des kirchlichen Arbeitsrechts gestellt«. Darauf-
                       ste Jahr verschoben.                                         hin hätten sich die Beschäftigten dafür entschieden, mit
                            Einer Überführung in die Arbeitsvertragsrichtlinien     ver.di selbstbestimmt einen Tarifvertrag zu erreichen.
                       müsste auch die Dienstnehmerseite in der ARK zustim-         Von der Arbeitsrechtlichen Kommission wünsche man
                       men. »Wir fordern die Kolleginnen und Kollegen in der        sich dabei weiterhin Unterstützung.
                       ARK auf, das abzulehnen und den Weg zu einem Tarif-               Nur bei Tarifverhandlungen könnten die organisier-
                       vertrag bei der Liebenau nicht zu torpedieren«, appel-       ten Beschäftigten selbst festlegen, welche Forderungen
                       lierte Baumann. »Vor einem Jahr hat die Stiftung Liebe-      sie aufstellen, wer sie vertritt und welches Ergebnis sie
                       nau die Angleichung an die AVR noch vehement                 akzeptieren, erläuterte Baumann. »Der Weg zum Tarif-
                       abgelehnt. Jetzt will sie das doch wieder, allerdings stu-   vertrag wird von den ver.di-Mitgliedern bestimmt«,
                       fenweise gestreckt über fünf Jahre. Wer garantiert           stellte die Gewerkschafterin klar. Voraussichtlich An-
                       denn, dass es sich der Vorstand in dieser Zeit nicht         fang November wählen die ver.di-Mitglieder die Tarif-
                       noch einmal anders überlegt?«                                kommission. In etwa der Hälfte der Einrichtungen
                            Die Delegierten der ver.di-Mitglieder aus den 18        haben die Teams bereits Delegierte bestimmt, die wäh-
                       Einrichtungen unterstützten diese Haltung bei einem          rend der Verhandlungen die Rückkopplung in die Be-
                       Treffen am 22. Oktober einmütig. In einer einstimmig         triebe sicherstellen und die Meinung der Basis einbrin-
                       beschlossenen Resolution erklärten sie selbstbewusst:        gen sollen. »Solche demokratischen Mechanismen und
                       »Gemeinsam werden wir uns auf den Weg machen,                Verhandlungen auf Augenhöhe gibt es nur mit Tarifver-
                       um durch einen Tarifvertrag unsere Arbeitsbedin-             trag«, betonte Baumann. »Dafür machen wir uns ge-
                       gungen und vor allem Lohngestaltung mitzubestim-             meinsam mit den aktiven Kolleginnen und Kollegen
                       men.« Das Unternehmen habe durch eine Änderung               weiter stark.«
                       seiner Satzung »Fakten geschaffen und uns damit au-                                                  Daniel Behruzi

                       Diakonie Württemberg:

                       »Unerhört« – gelungene Aktion
                       der Tarifkommission Diakonie
Foto: Rüdiger Bäumel

                       Besser zuhören: Diakonie-Beschäftigte fordern mehr Rechte ein

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Unter dem Stichwort »UNERHÖRT« führt die Diakonie           die diakonischen Arbeitgeber Deiner Meinung nach zu-
Deutschland eine Kampagne durch, mit der sie für eine       hören und entsprechend handeln – in Deiner Einrich-
offene Gesellschaft wirbt: »Viele Menschen haben            tung und überhaupt?« Die Karten wurden von Mitglie-
heute das Gefühl, nicht gehört zu werden. Sie fühlen        dern der Mitarbeitervertretung (MAV) oder der ver.di-
sich an den Rand gedrängt in einer immer unübersicht-       Betriebsgruppe in den Diakonieeinrichtungen verteilt,
licheren Welt, in der das Tempo steigt und Gerechtig-       die Rückmeldungen wurden für die Aktion zur Eröff-
keit auf der Strecke zu bleiben droht. ...«                 nung der Woche der Diakonie ausgewertet. ver.di-
    Anknüpfend an diese begrüßenswerte Kampagne             Kolleg*innen haben dem Vorstandsvorsitzenden des
hat die Tarifkommission der Diakonie Württemberg            Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrat Die-
eine kleine aber feine Aktion zur Eröffnung der Woche       ter Kaufmann, eine Riesen-Unerhört-Postkarte mit For-
der Diakonie organisiert. Der Gedanke dabei: »Auch          derungen der Beschäftigten übergeben.
viele Diakonie-Mitarbeitende haben zuweilen das Ge-             Insbesondere die Dringlichkeit der Abschaffung der
fühl, von ihrem Arbeitgeber nicht oder nicht angemes-       ACK-Klausel vor den nächsten MAV-Wahlen konnte so
sen gehört zu werden. Daher unsere ver.di-Aktion »Un-       deutlich gemacht werden. Fazit: eine gelungene Akti-
erhört! Diese Mitarbeitenden.« Beschäftigte konnten         on. Danke an alle, die sich an der Aktion beteiligt
auf Karten schreiben, was ihrer Meinung nach geän-          haben und weiter beteiligen werden. Lasst uns die An-
dert oder verbessert gehört. Auf der Rückseite der          liegen unserer Kolleginnen und Kollegen aufnehmen
Karte steht: »Mit ihrer Kampagne »unerhört« will die        und die Arbeitsbedingungen gemeinsam zum Besseren
Diakonie zuhören. Wir nehmen sie beim Wort und do-          wenden.
kumentieren die Stimmen der Beschäftigten: Wo sollten                                                   Uli Maier

Diakonie Bayern:

Und weiter geht’s auf dem Weg
zum Tarifvertrag
Das Kirchen.info hat in seiner Maiausgabe über die          fe und Bedürfnisse ihrer Klient*innen oder
wichtigsten Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung in        Bewohner*innen zu konzentrieren. Wie gelingt aber
der Diakonie Würzburg berichtet. Die Betriebsgruppe         der Perspektivwechsel, dem Anspruch an die Qualität
hatte die Umfrage gestartet, um konkrete Ansatz-            der eigenen Arbeit gute Bedingungen für sich selbst
punkte für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen          voranzustellen? Nach dem Motto: »Wenn ich gute Ar-
herauszufinden.                                             beitsbedingungen habe, kann ich auch dauerhaft gute
    Ende September fand nun ein Vernetzungstreffen          Arbeit leisten.« Ärger und Unmut über die Arbeitsbe-
der bayerischen Tarifprojekte in der ver.di-Bildungsstät-   dingungen sollten nicht in Frust und Resignation mün-
te in Saalfeld statt. Es ging darum, über die bisherigen    den, sondern die Grundlage für gemeinsame Aktivi-
Aktivitäten in Würzburg und Landshut zu berichten,          täten und Aktionen werden, die die konkrete
den aktuellen Stand der Projekte zu bewerten und Ver-       Verbesserung der Arbeitsbedingungen zum Ziel haben
abredungen für die nächsten Monate zu treffen.              – weg von dem individuellen Problembewusstsein hin
    Zu den Themen, die in den Tarifprojekten immer          zu einem kollektiven Problemlösungsbewusstsein.
wieder vorkommen, gehört auch die Frage: Was ist                Für die Diakonie in Würzburg und Landshut gilt,
Aufgabe und Rolle von Mitgliedern der Mitarbeiterver-       dass die Gewerkschaft ver.di längst ein Bestandteil des
tretung (MAV) und um was kümmern sich die ver.di-           betrieblichen Alltags ist. Schwarze Bretter der Gewerk-
Mitglieder? Ergebnis: Das Mitarbeitervertretungsgesetz      schaft und Aktionen der Betriebsgruppe gehören eben-
sieht für beide Rollen und Funktionen eine formale          so dazu wie Begehungen durch hauptamtliche
Trennung vor. Doch ist es erlaubt und sogar von Vorteil,    Gewerkschafter*innen oder ihre Teilnahme an Mitar-
als MAV-Mitglied auch Mitglied in der Gewerkschaft zu       beiterversammlungen. Das wird weitergehen. Zu den
sein. Zu klären ist jedoch, wie betriebliche Problemla-     nächsten Schritten gehören: Teilnahme am Aktionstag
gen der Kolleg*innen nicht ausschließlich im »Stellver-     Altenpflege (Buß- und Bettag 20. November), Teambe-
treterprinzip« durch die MAV angegangen und gelöst          suche der ver.di-Betriebsgruppe in der Jugendhilfe,
werden. Sondern wie gelingt es, die Kolleg*innen im         Konzentration auf die individuelle Ansprache der
Betrieb anzusprechen und gemeinsam mit ihnen Ansät-         Kolleg*innen. Ein weiteres Vernetzungstreffen ist be-
ze für Veränderungen zu finden. Alle Kolleg*innen           reits für 2020 verabredet.
üben ihren Beruf mit einem hohen Arbeitsethos aus,                                             Herbert Deppisch
und sind es dabei zumeist gewöhnt, sich auf die Bedar-

Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                              7
Wenn Arbeitgeber sich sträuben: Diakonie-Beschäftigte aus Hessen bestehen auf Verhandlungen                         Foto: ver.di

Diakonie Hessen:

Aktionen wegen abgesagter Verhandlungen
für die Altenpflege
Die Altenhilfe muss aufgewertet werden, dafür müssen         vereinbart wurden. Es kam bei den Beschäftigten gar
die Löhne angehoben und die Arbeitsbedingungen drin-         nicht gut an, dass die Verhandlungen dann kurzerhand
gend verbessert werden. Darüber bestand auch in              von den Arbeitgebern abgesagt worden sind. Zwar gibt
Hessen zwischen ver.di und einigen diakonischen Ar-          es für den Herbst noch Verhandlungstermine, doch wer
beitgebern Einigkeit. Sogar soweit, dass im August Tarif-    als Arbeitgeber auch in Zukunft noch engagierte Be-
verhandlungen beginnen sollten, um das zu erreichen.         schäftigte im Betrieb halten und finden will, sollte auch
Ein Meilenstein, sowohl für die Altenhilfe, als auch unter   heute schon verlässlich handeln.
dem Dach der Diakonie in Hessen. Umso enttäu-
schender war die kurzfristige Absage der Arbeitgeber         Beschäftigte setzen Zeichen
für die Beschäftigten in der diakonischen Altenhilfe.        Aufgrund der Verhandlungsabsage sind in mehreren
                                                             Einrichtungen Kolleginnen und Kollegen aktiv gewor-
Was lange währt                                              den und haben ihren Arbeitgebern signalisiert, dass
Mehr als zwei Jahre liegen hinter den ver.di-Kolle-          sie sich nicht länger hinhalten lassen wollen. Auch die
ginnen und Kollegen in Hessen, in denen viele Ge-            ver.di-Tarifkommission hat in den sozialen Medien sicht-
spräche mit einzelnen Arbeitgebern in der diakonischen       bar gemacht, dass die Arbeitgeber ihre Beschäftigten
Altenhilfe geführt wurden. Mit Erfolg: Im Juni 2019 hat      am Verhandlungstag haben hängen lassen. Über die
sich offiziell der Dienstgeberverband Diakonische Alten-     Unruhe durch die Aktionen war die Arbeitgeberseite
hilfe Hessen gegründet, in dem sich eine Reihe von Ar-       nicht erfreut. Doch so ist Gewerkschaft: Das Ziel sind
beitgebern zusammengeschlossen haben und dem sich            Verhandlungen über bessere Löhne und Arbeitsbedin-
weitere anschließen können. Damit wurde endlich der          gungen. Wenn die Arbeitgeber sich sträuben, werden
Weg zur Aufnahme von Tarifverhandlungen mit ver.di           die organisierten Beschäftigten aktiv – für ihre eigenen
frei. Die Bereitschaft zu Verhandlungen war lange zuvor      Interessen. Das ist sicherlich für den einen oder ande-
bei den Akteuren bereits vorhanden, weshalb im Früh-         ren Arbeitgeber neu, der vom so genannten »Dritten
jahr 2019 bereits Termine für August und den Herbst          Weg« kommt.

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Foto: ver.di

                                                                                         Foto: ver.di
                   Aktiv: Beschäftigte des Stiftsheim Kassel                                            Engagiert: Beschäftigte der Inneren Mission Hessen

                       Klare Ziele                                                 jeweiligen Arbeitsvertrag in Bezug genommen werden.
                       Die ver.di-Tarifkommission ist gut vorbereitet und hält     Weichen die Arbeitgeber also im Arbeitsvertrag von
                       an ihren Forderungen fest. Dazu gehören die Beendi-         den AVR zu Ungunsten der Beschäftigten ab, so ist das
                       gung einseitiger Notlagenregelungen, die Abkehr von         trotz des Nachteils zulässig. Gilt ein Tarifvertrag, ist ein
                       der 40-Stunden-Woche und Tariflöhne auf dem Niveau          Abweichen nicht zulässig und Ansprüche sind einklag-
                       des öffentlichen Dienstes. Hinzu kommt, dass nur ein        bar.
                       Tarifvertrag eine verbindliche Wirkung entfaltet und auf        Hinweis der Redaktion: Am 22. Oktober sind die
                       diese Weise für Sicherheit sorgt. Ansprüche aus den         Tarifverhandlungen gestartet, weitere Termine sind
                       bisher gültigen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) sind für   geplant.
                       Beschäftigte nämlich nur vorhanden, soweit sie auch im
Foto: Anderas Traupe

                       Solidarisch: »Die Tarifkommission Diakonie Württemberg grüßt Euch. Euer Kampf ist unser Kampf!«

                   Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                                          9
Kirchlicher Sonderweg:

Erfolgreich – für Arbeitgeber
Die Kirchen feiern in diesem Jahr 100 Jahre kirch-          Arbeitszeit in Kauf. Hinzu kommt, dass eine
lichen Sonderstatus in der Weimarer Reichsverfas-           Zwangsschlichtung – die verbindlich und abschlie-
sung und 70 Jahre kirchliche Nebenrechtsordnung             ßend über Arbeitsbedingungen zu entscheiden
im Arbeitsrecht. Anhand von Entwicklungen in-               hat – sich schlicht mit Forderungen der Beschäf-
nerhalb des zurückliegenden Jahres wirft das                tigten erst gar nicht auseinandersetzt. Als würde
Kirchen.info einen Blick darauf, wie wirksam der            das nicht reichen, zeigt eine Gliedkirche gegenü-
kirchenrechtliche Weg für Lohn- und Arbeitsbe-              ber widerspenstigen Arbeitnehmervertreter*in-
dingungen in vier ausgewählten Bereichen war.               nen, wer am längeren Hebel sitzt, wenn es um die
Von diesen Regelungen sind mehr als 220.000 von             Art und Weise der Mitarbeit in der Arbeitsrecht-
insgesamt rund 500.000 diakonischen Beschäf-                lichen Kommission geht.
tigten betroffen, auf die Arbeitsvertragsrichtlinien
Anwendung finden sollen. Eines ist festzustellen:           Die Beiträge auf den folgenden Seiten zeichnen
Arbeitgeber weichen von ihren eigenen kirch-                ein nicht neues, sondern eher vertrautes Bild eines
lichen Regeln ab, zahlen Löhne und regeln einzel-           für Beschäftigte schadhaften kirchlichen Sonder-
vertraglich Arbeitsbedingungen, wie es ihnen ge-            wegs, Lohn- und Arbeitsbedingungen zu regeln.
fällt. Dort, wo in Arbeitsrechtlichen Kommissionen          Es sind Belege dafür, wie die strukturelle Verhand-
darüber verhandelt wird, nehmen Arbeitnehmer-               lungsschwäche der Arbeitnehmerseite in den
vertreter*innen die Spaltung von unteren und                Kommissionen durch die Arbeitgeber ausgenutzt
oberen Lohngruppen oder zwischen Beschäf-                   wird oder kirchliche Arbeitgeber teilweise prak-
tigtengruppen sowie die Flexibilisierung der                tisch tun können, was sie wollen.

Diakonie Deutschland:

Lohnspaltung für Beschäftigte und
mehr Flexibilität für Arbeitgeber
Im Juli 2019 hat die Arbeitsrechtliche Kommission der       getragen, indem die unteren gegenüber den oberen
Diakonie Deutschland (ARK.DD) die Lohn- und Arbeits-        Entgeltgruppen schlechter gestellt werden. Im Einzel-
bedingungen in einigen Bereichen neu geregelt. Die          nen sollen die Löhne wie folgt erhöht werden:
neuen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR.DD) beinhalten
Lohnsteigerungen, die Einführung einer dritten Erfah-                                    Zum 1.7.2019       Zum 1.7.2020
rungsstufe in der Entgelttabelle, differenzierte Anpas-      Entgeltgruppen 1 bis 6      plus 2,5 Prozent   plus 2,2 Prozent
sungen der Schichtzulagen, die Erhöhung des An-              Entgeltgruppen 7 bis 13     plus 3,5 Prozent   plus 3,2 Prozent
spruchs auf Erholungsurlaub und Änderungen beim Zu-                                                         zzgl. 2,5 Prozent für
satzurlaub sowie zur Arbeitszeit. Wie sind die Entgelt-                                                     langjährig Beschäftigte
steigerungen und die neuen Vertretungszuschläge zu                                                          durch die Einführung
bewerten?                                                                                                   einer dritten
                                                                                                            Erfahrungsstufe
Bemerkenswert unsolidarische Lohngestaltung
Die ARK.DD bleibt mit der Lohngestaltung ihrer Linie        Damit benachteiligt die ARK.DD ausgerechnet diejeni-
treu, einzelne Beschäftigtengruppen zu benachteiligen       gen, die ohnehin wenig verdienen. Das ist bemerkens-
und die Beschäftigten gegeneinander auszuspielen. Be-       wert unsolidarisch und steht in deutlichem Widerspruch
reits in den Jahren 2012 und 2017 sind Lohnerhö-            zu den öffentlichen Verlautbarungen von Kirche und
hungen in einigen Hilfefeldern jeweils erst Monate          Diakonie gegen (Alters-)Armut. Was eine solche Un-
nach den Erhöhungen in anderen Bereichen in Kraft           gleichbehandlung für das Betriebsklima bedeutet, kann
getreten – zum Beispiel in der Altenhilfe. 2019 wird        man sich vorstellen. Hinzu kommt, dass diese Erhö-
diese Spaltungspolitik in die Einrichtungen selbst hinein   hungen (wie auch andere Anpassungen) nicht überall

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sofort wirksam werden. Für Brandenburg, Bremen, Me-        für Fachkräfte. So wird die Lohnspreizung zwischen
cklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Nieder-          Hilfs- sowie Assistenzkräften und Fachkräften enorm
sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gelten sie erst      verschärft.
jeweils ab Oktober 2019 bzw. 2020.                             Hat das womöglich etwas damit zu tun, dass Hilfs-
                                                           kräfte an den Entscheidungen in der ARK nicht beteiligt
Auswirkungen – Beispiel Altenpflegehilfe                   sind? Es ist schon bemerkenswert, dass der Tarifab-
Durch die monatliche Lohnsteigerung von 2,5 Prozent        schluss für die Ärztinnen und Ärzte zwischen Marbur-
2019 bekommt zum Beispiel eine Altenpflegehelferin         ger Bund und kommunalen Arbeitgebern zeit- und wir-
752,16 Euro mehr im Jahr. Bekäme sie wie die oberen        kungsgleich scheinbar ohne Weiteres übernommen
Entgeltgruppen ebenfalls 3,5 Prozent mehr Geld, wären      werden soll. Klientelpolitik statt Solidarität und Wert-
es 1.053,04 Euro im Jahr – eine Differenz von 300,88       schätzung für alle Beschäftigten.
Euro.* Und diese Summe bezieht sich lediglich auf das
Tabellenentgelt. Hinzu kommen Zuschläge für Schicht-        *Grundlage der Berechnung: Altenpflegehelferin,
und Feiertagsarbeit, deren Höhe sich prozentual am          EG 4, Basisstufe, Anlage 1, AVR.DD,
Stundenentgelt bemisst. Die Folge: Die vorenthaltene        Stand 01.07.2019 im Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2020
Lohnerhöhung wirkt sich auf das tatsächliche Einkom-
men der Altenpflegehelferin noch spürbarer aus.            Beschäftigte müssen Personalnot ausgleichen
     Dass ausgerechnet ab der Entgeltgruppe 7 eine hö-     Täglich springen Beschäftigte ein, obwohl sie frei hät-
here lineare Steigerung beschlossen wurde, ist kein Zu-    ten. Die Dienstpläne scheinen oft eher Orientierung zu
fall, sondern durchschaubares Kalkül der Arbeitgeber in    sein als eine verlässliche Planung – der Personalmangel
der ARK. Ab dieser Entgeltgruppe werden regelmäßig         ist allgegenwärtig. Die ARK.DD hat dies zum Anlass ge-
Fachkräfte eingruppiert, zum Beispiel examinierte          nommen, eine neue Regelung zu schaffen, die ab April
Altenpfleger*innen oder Gesundheits- und                   2020 wirksam wird: den so genannten Vertretungszu-
Krankenpfleger*innen – Fachkräfte, die unabhängig          schlag. Dahinter verbergen sich Zuschlagsregelungen,
von der Trägerart derzeit händeringend gesucht wer-        die drei Fälle vergüten, in denen Arbeitgeber den Be-
den. Hier versucht die ARK, den Anschluss an die Lohn-     schäftigten gegen ein geringes Bruttoentgelt Gesund-
entwicklung in den einschlägigen, von ver.di verhandel-    heit und Freizeit »abkaufen« können. In einem Fall (for-
ten Tarifverträgen zu erhalten, wie dem Tarifvertrag für   mal) freiwillig, in zwei Fällen verpflichtend.
den öffentlichen Dienst (TVöD), dem Länder-Tarifver-
trag (TV-L) oder dem Tarifvertrag für die Diakonie Nie-                  Zuschlag 1             Zuschlag 2          Zuschlag 3
dersachsen (TV DN).                                         Regelung     Beschäftigte halten sich bis zu zwei       freiwillige und
     ver.di meint es mit der Aufwertung der Gesund-                      Stunden bereit, um am selben Tag           kurzfristige Übernahme
heits- und Sozialberufe ernst und hat in vielen Fällen                   gegebenenfalls den Dienst eines anderen    von Diensten an Tagen,
zusätzlich zu linearen Entgeltsteigerungen Mindestbe-                    zu übernehmen (Vertretungsbereitschaft);   die im Dienstplan
träge oder Pflegezulagen vereinbart. Die ARK.DD hin-                     der Arbeitgeber kann bis zu drei Dienste   mit Frei geplant
gegen spaltet mit ihrer ungerechten Lohnpolitik die Be-                  pro Monat anordnen; Ausweitung im          sind; auf Anfrage
schäftigten, die Seite an Seite mit Patienten*innen,                     Einvernehmen mit Beschäftigtem oder per    des Arbeitgebers;
Bewohner*innen oder Klient*innen arbeiten. Und die                       Dienstvereinbarung möglich                 »kurzfristig« =
Arbeitnehmerseite der ARK lässt es geschehen – das ist                                                              wenn Anfrage des
unsolidarisch. Auch die Beschäftigten in den Entgelt-                    Voraussetzungen: Anordnung vom             Arbeitgebers bis zu
gruppen 1 bis 6 leisten wichtige und harte Arbeit. Sie                   Arbeitgeber liegt vor und der Ort ist      48 Stunden vor dem
haben ebenso Wertschätzung verdient wie ihre Kolle-                      genannt, wo sich der/die Beschäftigte      zu übernehmendem
ginnen und Kollegen in den Gruppen 7 bis 13. Hier                        bereitzuhalten hat                         Dienst stattfindet
eine Differenzierung bei den Lohnsteigerungen vorzu-
                                                            Vergütung    30 Euro für die Zeit   45 Euro bei Abruf   60 Euro
nehmen, ist zutiefst ungerecht und vertieft die soziale
                                                            (brutto)     der Bereitschaft
Spaltung.
     Noch drastischer werden die Auswirkungen durch         Ab-          Per Dienstvereinbarung kann die Art der Durchführung näher
die Einführung einer neuen dritten Erfahrungsstufe ab       weichungen   geregelt werden; Abweichungen von Zuschlägen nur zugunsten der
Juli 2020. Es ist nachvollziehbar, dass die ARK eine                     Beschäftigten
strukturelle Schwäche der AVR damit ausmerzen will,
um die Lohnbedingungen attraktiv für Fachkräfte mit        Die Arbeitgeberseite der ARK.DD behauptet, die Rege-
längerer Beschäftigungszeit zu halten. Es ist auch be-     lung führe zu mehr Dienstplansicherheit. Das ist fast
grüßenswert, Kolleg*innen mit viel Erfahrung und           schon zynisch, ist die Grundlage doch eine Dienstver-
Treue zum Betrieb im Entgeltsystem strukturell ein hö-     pflichtung zu einer Rufbereitschaft, die dem Arbeitge-
heres Einkommen zu ermöglichen. Das wäre jedoch für        ber ein neues Maß an Flexibilität ermöglicht. Im Rund-
alle Entgeltgruppen angemessen, nicht ausschließlich       schreiben der ARK.DD heißt es, dass die Zuschlagsrege-

Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                                 11
lung dazu dient, »durchschnittliche Kranken- und Ur-       tischer Sicht ist eine Verkürzung der Arbeitszeiten nötig
laubsquoten und andere Abwesenheiten operativ dis-         – nicht deren Verlängerung. Entsprechend wird in ver.di
ponieren zu können«. Die Formulierung zeigt, wie           derzeit darüber diskutiert, in welcher Form Arbeitszeit-
selbstverständlich die unzureichende Personalbesetzung     verkürzung in der nächsten Tarifrunde bei Bund und
für die Mitglieder der ARK geworden zu sein scheint.       Kommunen zum Thema gemacht werden kann. Die
Dass Beschäftigte auch einmal erkranken, dürfte jedem      ARK der Diakonie Deutschland läuft in die völlig falsche
Arbeitgeber bekannt sein. Auch dass sie im Urlaub ab-      Richtung.
wesend sind, ist nicht neu. Weder das eine noch das
andere ist überraschend, sondern vielmehr eine Frage       Zweifelhafte Wirksamkeit
der (langfristigen!) Stellenplanung und Personalpolitik    Die Diakonie sowie die Arbeitgeber unter ihrem Dach –
durch den Arbeitgeber. Es ist dreist, die Verantwortung    allen voran der Verband diakonischer Dienstgeber
dafür zwangsweise auf die Beschäftigten zu verlagern.      Deutschlands (VdDD) – behaupten, dass die AVR.DD
Die diakonischen Arbeitgeber schaffen sich mit der         für rund 150.000 Beschäftigte gelten würden. Es muss
neuen Vertretungsregelung ein flexibles Standardpla-       leider offenbleiben, inwieweit die beschlossenen Rege-
nungsinstrument zur Abdeckung aller Dienste. Das           lungen in Gänze für diese Anzahl Beschäftigter tatsäch-
kann für sie in der Summe finanziell günstiger sein, als   lich wirken. Denn eine solche behauptete Flächenwir-
neue Kolleginnen und Kollegen einzustellen. So verrin-     kung ist nicht belegbar. Denn Arbeitsvertragsrichtlinien
gert sich der Druck zu Neueinstellungen, der Mangel        – alle AVR, nicht ausschließlich die AVR.DD – gelten für
wird zementiert.                                           Beschäftigte lediglich dann, wenn ihre Anwendung im
    Die ARK.DD – so scheinbar auch die Arbeitnehmer-       einzelnen Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Anders als
seite darin – nimmt die personelle Mangelverwaltung in     Tarifverträge gelten AVR nicht unmittelbar und zwin-
diakonischen Einrichtungen hin und findet als einzige      gend. Es fehlt demnach eine echte kollektive Wirkung.
Antwort darauf die Flexibilisierung der Arbeitszeit von    Daher ist leider offen, ob wirklich alle rund 150.000 Be-
tausenden Beschäftigten. Statt planbare Erholung und       schäftigten zum Beispiel von den Entgeltsteigerungen
Freizeit, Zeit für die Familie und die Gesunderhaltung     in gleicher Höhe – oder überhaupt – profitieren, ob sie
erhalten die Betroffenen Bruttobeträge, die weder          etwa künftig 30 Tage Erholungsurlaub beanspruchen
ihrem Einsatz gerecht werden noch für die Arbeitgeber      oder erhöhte Schichtzuschläge geltend machen kön-
teuer genug sind, um darauf verzichten zu müssen.          nen. Um das festzustellen, müsste jeder einzelne Ar-
Diese sogenannte Vertretungsregelung dient einzig          beitsvertrag geprüft werden. Die Diakonie hört es nicht
dem Arbeitgeber.                                           gern, doch es gibt sie: die Arbeitgeber, die auf Kosten
                                                           der Beschäftigten von den AVR abweichen, wie es
Individuelle Arbeitszeitverlängerung                       ihnen gefällt. Die aktuelle Rechtsprechung belegt dies.
Der Beschluss der ARK.DD vom Juli 2019 sieht noch
weitere Änderungen vor, zum Beispiel für die Zu-
schlagsregelungen und die Regelungen über Zusatzur-
laub für Nachtarbeit. Auf eine detaillierte Betrachtung
wird an dieser Stelle verzichtet. Hervorzuheben ist je-
doch die Entwicklung zur Anpassung der Arbeitszeit
von Ost an West. In zwei Schritten wird die wöchent-
liche Arbeitszeit im Osten von 40 Stunden auf 39,5
Stunden 2020 und 39 Stunden 2021 reduziert. Ein
scheinbar gutes Signal, doch handelt es sich um ein
Placebo, denn im Osten werden nicht die AVR.DD, son-
dern gliedkirchliche AVR angewendet. Wie in den ein-
schlägigen Tarifverträgen wurde nun auch der An-
spruch auf Erholungsurlaub ab 2020 einheitlich für alle
Beschäftigten 30 Tage nachvollzogen. Demgegenüber
steht die Einführung einer sogenannten Wahlarbeits-
zeit, bei der Beschäftigte ab 2020 per Ergänzung zum
Arbeitsvertrag ihre Arbeitszeit auf bis zu 42 Wochen-
stunden erhöhen können. Das Entgelt wird dement-
sprechend angepasst und zusätzlich wird ein pau-
schaler Zuschlag von 5,70 Euro je geleisteter Stunde ge-
zahlt. Das ist das Gegenteil dessen, was wir brauchen.
Angesichts der zunehmenden Arbeitsbelastung und
hoher Krankenstände, aber auch aus gesellschaftspoli-

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Bundeskonferenz
 Buko                                                                            der Arbeitsgemeinschaften
                                                                                und Gesamtausschüsse der
 agmav + ga                                                                          Mitarbeitervertretungen
                                                                                    im diakonischen Bereich

Buko – Heinrich-Wimmer-Straße 4, 34131 Kassel
                                       Geschäftsstelle:
Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie
                                       Heinrich-Wimmer-Straße 4
                                       34131 Kassel
Deutschland (ARK.DD) spaltet die Belegschaft    und
                                       Tel.: 0561  9307-1993
                                       Fax: 0561 9307-1994
beschließt hanebüchene Arbeitszeitregelung
                                       email: kontakt@buko-diakonie.de
Die ARK.DD hat beschlossen, dass die Entgelte der Be-       mehr zur Verfügung. Der finanzielle Ausgleich für den
schäftigten steigen sollen. Allerdings nicht für alle       verlorenen Tag beträgt 30 Euro. Hier haben die Arbeit-
gleich: Während in anderen Bereichen für die unteren                                  Kassel
                                                            geber ihr Ziel der weiteren           im Oktober
                                                                                         Flexibilisierung         2019
                                                                                                          der Arbeits-
Lohngruppen mehr gefordert und zum Teil vereinbart          zeit voll erreicht.
                                                                                                                                          Bu
wird – wie es zum Beispiel dem TVöD und dem TV DN
mit Mindestbeträgen gelungen ist –, erhalten Beschäf-
tigte unterhalb der EG 7 in der AVR.DD eine um min-
                                                             Buko
                                                            Dieser Beschluss ist dazu geeignet, die Gesundheit der
                                                            Kolleginnen und Kollegen weiter zu beeinträchtigen,
                                                                                                                                            d
                                                                                                                                            u
destens zwei Prozent geringere Lohnerhöhung. Kolle-         weil sie verpflichtet werden, dem Arbeitgeber noch
Arbeitsrechtliche
ginnen und Kollegen imKommission
                         Osten, in Niedersachsen,
                                                            agmav
                                           der Diakonie Deutschland
                                                                           + ga (ARK.DD)
                                                            mehr und unberechenbar           spaltet die
                                                                                        zur Verfügung    zu stehen. Die
Belegschaft      und beschließt
Bremen und Schleswig-Holstein          hanebüchene
                                  erhalten die Lohnstei- Arbeitszeitregelung
                                                            für die Regeneration erforderliche Disposition über die
gerung drei Monate später.                                  Freizeit wird unerträglich eingeschränkt.
Die ARK.DD hat beschlossen, dass die Entgelte der Beschäftigten steigen sollen. Allerdings
nicht   für alledass
 Das bedeutet,     gleich:  Während
                      die Schere         inden
                                  zwischen   anderen
                                                unteren Bereichen
                                                              Dieser  für  die unteren
                                                                         Beschluss,
                                                                Die Bundeskonferenz    ist Lohngruppen
                                                                                       befürchtet,   dass diese mehr
                                                                                            dazu geeignet,         die Gesundheit der Kollegin
                                                                                                                 Regelung
gefordert     und   zum    Teil  vereinbart
 Lohngruppen und den Lohngruppen EG 7 bis EG 13wird   –  wie es  z.  B.  dem
                                                              beeinträchtigen, TVöD
                                                                dazu führen wird, dass und
                                                                                      weil    dem    TV   DN mitwerden,
                                                                                             sie verpflichtet
                                                                                         betroffene   Beschäftigte   Min-
                                                                                                                    diako-    dem Arbeitgeber n
destbeträgen
 überproportional gelungen       ist wird.
                    weiter geöffnet  –, erhalten     Beschäftigte
                                           Damit wollen       bar    unterhalb
                                                                    zur
                                                                nische    Verfügungderverlassen
                                                                        Einrichtungen   EG
                                                                                         zu 7stehen.
                                                                                                inwerden
                                                                                                    der Die
                                                                                                          AVR.DD
                                                                                                           und für    eine
                                                                                                                     die
                                                                                                                fordert  Regeneration erforder
                                                                                                                        alle
um    mindestens
 die diakonischen      zwei Prozent
                    Arbeitgeber         geringere um
                                sich im Wettbewerb    Lohnerhöhung.
                                                              Freizeit      Kolleginnen
                                                                          wird   unerträglich
                                                                Mitarbeitervertretungen      und
                                                                                          auf,      Kollegen
                                                                                                   eingeschränkt.
                                                                                               solchen           im Osten,
                                                                                                         Vertretungsbereit-
in  Niedersachsen,
 Fachkräfte               Bremenauf
             Vorteile verschaffen,   und
                                       demSchleswig-Holstein
                                             Rücken derer,          erhalten
                                                                schaften         die Lohnsteigerung drei Monate
                                                                          nicht zuzustimmen!
später.
 die bisher schon wenig verdienen. Das war ein immer-         Die Bundeskonferenz befürchtet, dass diese Regelung dazu füh
 währendes Anliegen der Arbeitgeber. Richtig wäre             Beschäftigte       diakonische
                                                                Es zeigt sich einmal mehr, dass dasEinrichtungen        verlassen werden und fo
                                                                                                       Modell des »Dritten
Das   bedeutet,      dass  die  Schere     zwischen
 stattdessen, gemeinsam mit den anderen Verbänden      den   unteren
                                                              tungen     Lohngruppen
                                                                Weges« auf,     solchen
                                                                          nur den          und    den    Lohngruppen
                                                                                           Vertretungsbereitschaften
                                                                                   Arbeitgebern   dient. In Tarifvertragver-   nicht zuzustimm
EG   7 bis
 an der      EG 13
         dringend     überproportional
                   notwendigen    Aufwertungweiter    geöffnethandlungen
                                               der Sozial-        wird. Damit      wollen
                                                                              bestimmen   diedie  diakonischen über
                                                                                              Arbeitnehmer*innen       Ar-
beitgeber      sichmitzuarbeiten.
 und Pflegearbeit    im Wettbewerb Dieser um   Fachkräfte
                                           unsoziale Be-     Vorteile
                                                              Esdiezeigt verschaffen,
                                                                           sich einmal
                                                                    Tarifforderungen  mit,auf
                                                                                           mehr,dem
                                                                                           werden      Rücken
                                                                                                     dass
                                                                                                     über    das
                                                                                                           den     derer, des Dritten Weges n
                                                                                                                   Modell
                                                                                                                jeweiligen
die  bisher    schon    wenig    verdienen.     Das   war
 schluss wird jetzt auch noch von der „Arbeitnehmersei-    ein immerwährendes
                                                              InStand                   Anliegen
                                                                  Tarifvertragsverhandlungen          der
                                                                        der Verhandlungen informiert und    Arbeitgeber.
                                                                                                           bestimmen
                                                                                                             entscheiden die Arbeitnehmer*inn
Richtig    wäre
 te“ als Erfolg   stattdessen, gemeinsam mit den anderen
                verkauft.                                     gen
                                                                übermit,   Verbänden
                                                                            werdendes
                                                                      die Annahme     überandender jeweiligen
                                                                                                     dringend notwen-
                                                                                         Verhandlungsergebnisses    Stand
                                                                                                                      mit. der Verhandlungen i
digen Aufwertung der Sozial- und Pflegearbeit über             mitzuarbeiten.
                                                                      die Annahme   Dieser
                                                                                         desunsoziale        Beschluss
                                                                                               Verhandlungsergebnisses            mit.
wird   jetzt auch noch von der „Arbeitnehmerseite“
 Die Vollversammlung der Bundeskonferenz verur-
                                                                    als Erfolg verkauft.
                                                                In der ARK.DD hat die „Basis“, die Mitarbeiter und Mit-
 teilt diesen Skandal auf das Schärfste! Inarbeiterinnen,
                                             der ARK.DD       hatzudie
                                                          nichts       „Basis“,
                                                                    melden,      die Mitarbeiter
                                                                            Informationen können und Mitarbeiterinn
Die Vollversammlung der Bundeskonferenz formationen
                                          verurteilt    diesen
                                                           können Skandal
                                                                     sie sich auf das
                                                                                nach  den   Verhandlungen auf der In
                                           sie sich nach den Verhandlungen auf der Internetseite
Schärfste!
                                                             holen. Die Bundeskonferenz fordert die Arbeitnehmer-
Einschränkung der Freizeitplanung                           Die  Bundeskonferenz
                                                             vertreter in der ARK.DD auf:fordert die Arbeitnehmervertreter in der A
Einschränkung der Freizeitplanung
 Ab April 2020 soll es eine so genannte Vertretungspau-  Macht    denWeg
                                                          Macht den     Wegfrei
                                                                              frei
                                                                                fürfür
                                                                                    fairefaire  Tarifvertragsverhandlungen!
                                                                                          Tarifvertrags-
Ab April 2020 soll es eine so genannte Vertretungspauschale geben. Das bedeutet:
 schale geben. Das bedeutet: Die Beschäftigten müssen     verhandlungen!
Die Beschäftigten müssen sich bis zu zwei Stunden bereithalten, um ggf. die Arbeit aufzu-
 sich bis zu zwei Stunden bereithalten, um ggf. die Ar-
nehmen. Die Dauer der Arbeit liegt aber nicht Für        innerhalb    dieser zwei Stunden, sondern kann
 beit aufzunehmen. Die Dauer der Arbeit liegt aber        Für die  Sprechergruppe
                                                              die Sprechergruppe
irgendwann an diesem Tag beginnen. Diese Maßnahme darf dreimal pro Monat angeordnet
 nicht innerhalb dieser zwei Stunden, sondern kann ir-
werden.     Diese Tage stehen für eine verlässliche Freizeitplanung nicht mehr zur Verfügung.
 gendwann an diesem Tag beginnen. Diese Maßnahme
Der   finanzielle Ausgleich für den verlorenen Tag beträgt 30 EUR. Hier haben die Arbeitge-
 darf dreimal pro Monat angeordnet werden. Diese
ber   ihr Ziel der weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeit voll erreicht.
 Tage stehen für eine verlässliche Freizeitplanung nicht  Siegfried Löhlau
                                                         Siegfried   Löhlau

                                                                                                                      1
 SprecherInnen
Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                                  13
 Siegfried Löhlau       Lothar Germer           Manfred Quentel        Sonja Brösamle             Hans-W Appel
 07271 947-112          05382 9552921           0172 3795283           01511 5182094              06251 107274
 s.loehlau@             l.germer@               m.quentel@             s.broesamle@               h.appel@
 buko-diakonie.de       buko-diakonie.de        buko-diakonie.de       buko-diakonie.de           buko-diakonie.de
Diakoniewerk Kropp in Schleswig-Holstein:

»Allein mit guten Argumenten
kommen wir nicht weiter«
                                                          Wie rechtfertigt der Kropp-Vorstand diese Benachteili-
                                                          gung?
                                                              Es wird gesagt, man könne sich eine bessere Bezah-
                           Annette Horns ist              lung nicht leisten. Denn dann würden die Eigenanteile
                           Vorsitzende der                der Bewohnerinnen und Bewohner steigen. Da die
                           Mitarbeitervertretung          kommerziellen Anbieter in der Region noch schlechter
                           und Sprecherin der             entlohnen, könne Kropp im Wettbewerb nicht mehr
                           ver.di-Betriebsgruppe          mithalten.
                           in der St. Georg
                           Diakonische Altenhilfe         Sind diese Argumente stichhaltig?
                           Dithmarschen gGmbH                  Ich meine, umgekehrt wird ein Schuh daraus: Schon
                           an der Westküste               jetzt können wir manchmal keine weiteren Bewohner
                           Schleswig-Holsteins.           aufnehmen, weil Pflegekräfte fehlen. Die niedrigen
                                                          Löhne sind ein entscheidender Wettbewerbsnachteil. In
Die ver.di-Aktiven im Unternehmensverbund Diakonie-       Zukunft wird es immer mehr darauf ankommen, genü-
werk Kropp im Norden Schleswig-Holsteins haben eine       gend qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen. Allein auf
Postkarten-Aktion gestartet, um den Vorstand zu Tarif-    kurzfristige Einsparungen zu setzen, ist keine gute Stra-
verhandlungen mit der Gewerkschaft zu bewegen. Was        tegie und gefährdet langfristig die Einrichtungen. Zumal
sind die Hintergründe?                                    es schon traurig ist, wenn sich diakonische Einrich-
    Wir wehren uns dagegen, dass die Löhne und Ar-        tungen an der privaten Billigkonkurrenz orientieren
beitsbedingungen seit vielen Jahren einseitig vom Ar-     statt sich für gute Standards einzusetzen. Das passt
beitgeber festgelegt werden. Seit 2016 orientiert sich    nicht mit dem zusammen, was die Kirche sonst so ver-
die Bezahlung zwar an den Entgelttabellen der Arbeits-    tritt.
vertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD),
aber das Grundgehalt wurde um 15 Prozent abgesenkt.       Aber ist es nicht ein Problem, wenn die Eigenanteile
Auch andere Regelungen gelten zum Teil nicht, zum         durch Lohnerhöhungen steigen?
Beispiel der Zusatzurlaub bei Nachtarbeit, Erholungsur-       Doch, sicher. Und dieses muss politisch gelöst wer-
laub oder Krankengeldzuschuss. Mit dieser Rosinenpi-      den – kurzfristig durch eine Deckelung der Eigenanteile,
ckerei muss Schluss sein. Die Kolleginnen und Kollegen    so dass nicht allein die pflegebedürftigen Menschen
sehen nicht ein, warum sie für dieselbe Arbeit schlech-   und ihre Angehörigen für die notwendigen Kostenstei-
ter bezahlt werden als andere.                            gerungen aufkommen müssen. Es ist aber auch in
                                                          ihrem Interesse, dass die Beschäftigten angemessen be-
                                                          zahlt werden. Denn gute Pflege ist nur mit anständigen
                                                          Löhnen und guten Arbeitsbedingungen möglich. Übri-
                                                          gens haben wir mit der Auslastung im Moment über-
                                                          haupt kein Problem. Es gibt eher zu wenige Plätze in
                                                          den Pflegeeinrichtungen, daher würden auch steigende
                                                          Eigenbeiträge nicht sofort dazu führen, dass keiner
                                                          mehr zu uns kommt.

                                                          Wie kommt es, dass Ihr die Forderung nach einem
                                                          Tarifvertrag gerade jetzt angeht?
                                                              Ein Anlass war die Entscheidung des Kirchenge-
                                                          richtshofs vom September vergangenen Jahres. Dieses
                                                          erklärte in Bezug auf das Altenhilfe-Zentrum Sankt
                                                          Martin in Eckernförde, das ebenfalls zum Unterneh-
                                                          mensverbund gehört, der »Erste Weg« einseitiger
                                                          Lohnfestsetzung sei mit dem kirchlichen Arbeitsrecht
                                                          nicht vereinbar. Wir haben in der Gesamt-Mitarbeiter-

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vertretung des Diakoniewerks Kropp daraufhin gemein-             Ganz genau. Wir wollen mit den Kolleginnen und
sam mit unserem Rechtsanwalt Bernhard Baumann-Czi-           Kollegen ins Gespräch kommen und aufzeigen, dass es
chon und ver.di überlegt, was wir tun können. Die            auf sie selbst ankommt. Und wir wollen dem Vorstand
Gründung eines Betriebsrats würde an den Gehältern           mit möglichst vielen Postkarten klar machen, dass es so
nichts ändern. Deshalb haben wir gesagt: Wir brauchen        nicht weitergeht. Ganz bewusst haben wir uns an die
Tarifverträge.                                               Diakonie-Kampagne »UNERHÖRT!« angelehnt. Diese
                                                             Kampagne soll »wachrütteln und zugleich aufzeigen,
Wie wollt Ihr das erreichen?                                 dass die Diakonie zuhört«. Wir wollen, dass die Diako-
    Klar ist: Das schaffen wir nur, wenn sich die Kolle-     nie auch ihren eigenen Beschäftigten zuhört.
ginnen und Kollegen bewegen. Sie zu motivieren, ist
aber sehr schwer. Viele meinen, wir als Mitarbeiterver-      Ist das Ziel eines Tarifvertrags realistisch?
tretung sollten die Probleme lösen. Das können wir                Warum nicht? Selbst im Unternehmensverbund gibt
aber nicht. Wir brauchen die Gewerkschaft, und die           es mit der Hesterberg & Stadtfeld gGmbH eine Einrich-
Leute sollten sich in ver.di organisieren. Denn allein mit   tung, in der der Kirchliche Tarifvertrag Diakonie (KTD)
guten Argumenten kommen wir beim Vorstand nicht              gilt. Dort sind rund 70 Prozent der Kolleginnen und
weiter.                                                      Kollegen in ver.di organisiert. Nach der Übernahme hat
                                                             sich das Diakoniewerk Kropp nicht getraut, aus dem
Und die Postkarten-Aktion dient dazu, die Beschäf-           Tarifvertrag auszusteigen. Das zeigt: Es geht – wenn
tigten darauf anzusprechen?                                  sich die Beschäftigten zusammentun und Druck ma-
                                                             chen.

   Was beim Unternehmensverbund Diakoniewerk Kropp                   allen Einrichtungen, die diese noch anwenden«, sein.
   passiert, ist kein Einzelfall. Laut einem Bericht des Lan-        Der Vorstand der Diakonie Schleswig-Holstein, Heiko
   desbischofs wenden 20 Prozent der diakonischen Ein-               Naß, begegnete diesem Ansinnen sogleich mit unver-
   richtungen im Norden weder kirchliche Arbeitsvertrags-            hohlener Ignoranz: »Einrichtungen entscheiden sich nur
   richtlinien noch Tarifverträge an. Die Arbeitsbedin-              dann für den Ersten Weg, wenn sie sich auf Grund wirt-
   gungen und die Bezahlung werden hier einseitig durch              schaftlicher Rahmenbedingungen dazu gezwungen
   die Arbeitgeber bestimmt. Eine Konferenz von rund 150             sehen«, ließ der Diakonie-Funktionär wissen. Ach so, die
   Mitarbeitervertreter*innen aus der Nordkirche und                 Einrichtungen kürzen die Gehälter »nur« wegen der
   ihren Diakonischen Werken (Hamburg, Schleswig-Hol-                Konkurrenzsituation – und setzen ihre Wettbewerber
   stein und Mecklenburg-Vorpommern) kritisierte diese               und deren Belegschaften damit wiederum selbst unter
   Praxis am 8. Oktober 2019 in Rostock scharf. Man erwar-           Druck. Deutlicher kann man die »Wünsch-dir-was-Men-
   te von den Verantwortlichen in Kirche und Diakonie                talität« mancher Diakonie-Manager wohl nicht auf den
   »einen konstruktiven Dialog«. Dessen erstes Ziel müsse            Punkt bringen. Entziehen können sich die Beschäftigten
   »die Abschaffung der rechtswidrigen einseitigen Ar-               dieser Willkür nur, indem sie sich gewerkschaftlich orga-
   beitsrechtsetzung durch den Arbeitgeber (`1. Weg´) in             nisieren und reguläre Tarifverhandlungen durchsetzen.

Diakonie Mitteldeutschland:

Keine Entlastung, etwas Lohnerhöhung
Nachdem sich die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK)          Mitteldeutschland bleibt abgehängt
der Diakonie in Mitteldeutschland nach mehr als einem        Für 2019 werden die Löhne und Gehälter erhöht. Klingt
Jahr nicht einigen konnte, hat im April die Zwangs-          gut. Doch der Haken daran: Das galt erst ab dem 1.
schlichtung entschieden. Das Ergebnis bedeutet für die       Juli, für die ersten sechs Monate dieses Jahres gab es
knapp 30.000 Beschäftigten etwas mehr Geld. Doch             überhaupt nichts. So bleibt in 2019 real nur die Hälfte
von der bundesweiten Entgeltentwicklung bleiben sie          des Erhöhungsbetrages. Die Angleichung der Wochen-
abgekoppelt. Und: Entlastung gibt es nicht. Die Anträge      arbeitszeit auf 39 Stunden wurde ebenso abgelehnt
der Arbeitnehmerseite zur Verbesserung der Arbeitsbe-        wie die Einführung einer zweiten Erfahrungsstufe.
dingungen wurden in der Schlichtung einfach ignoriert.       Damit bleibt die Benachteiligung der Beschäftigten in
Das belegt: Eine effektive Interessenvertretung der          Mitteldeutschland gegenüber ihren Kolleginnen und
Beschäftigten auf dem kircheninternen so genannten           Kollegen in der Diakonie Deutschland auf Jahre hinaus
»Dritten Weg« ist nicht möglich.                             bestehen.

Kirchen.info Nr. 34 · November 2019                                                                              15
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