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In die Zukunft stromern Elektromobilität im Schweizer Verkehrssystem der kommenden Jahrzehnte Kurzfassung der TA-SWISS-Studie «Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz» www.ta-swiss.ch
2 IN DIE ZUKUNFT STROMERN Die Studie «Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz» wurde unterstützt vom Peter de Haan und Rainer Zah Bundesamt für Energie BFE, vom Bundesamt für Strassen ASTRA sowie vom Bundesamt für Umwelt BAFU. mit Beiträgen von Hans-Jörg Althaus, Katrin Bernath, Frank Bruns, Denise Fussen, Marcel Gauch, Patrick Wäger, Rolf Widmer Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz TA-SWISS, Zentrum für Technologiefolgen-Abschät- zung (Hrsg.). vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, 2013. ISBN 978-3-7281-3487-5 Die Studie ist als eBook zum freien Download erhält- lich: www.vdf.ethz.ch Auch die vorliegende Kurzfassung ist online verfügbar: www.ta-swiss.ch
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 3 Inhalt Elektromobilität in aller Kürze ........................................................................................................................................ 4 1 Verkehr in den möglichen Welten der Energiepolitik ........................................................................................... 5 Interdisziplinäres Projektteam – facettenreiche Analyse .............................................................................................. 6 2 Vom Einzelfahrzeug zum Gesamtverkehr ............................................................................................................. 7 Verschiedene Stufen der Elektrifizierung ...................................................................................................................... 8 3 Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Mobilität? ................................................................................................. 9 4 Effizienz lenkt den Verkehr in die richtige Bahn ................................................................................................. 12 Impressum .................................................................................................................................................................. 14
4 IN DIE ZUKUNFT STROMERN Elektromobilität in aller Kürze Elektroautos gelten als Hoffnungsträger für eine we- angetrieben wird. Wenn sich – unabhängig von der ...und die wichtigsten Empfehlungen niger umweltbelastende Mobilität. Die neuen Strom- Antriebsform – die jeweils effizientesten Fahrzeuge fahrzeuge treten auf dem Markt bereits erfolgreich in durchsetzen, wird der gesamte motorisierte Verkehr Die Studie von TA-SWISS empfiehlt, Modelle des Mobi- Erscheinung: So gehört der Nissan Leaf heute zu den bis zum Jahr 2050 weniger als die Hälfte der heutigen lity Pricing einzuführen, um die allmählich versiegenden 25 weltweit am meisten verkauften Automodellen. Die CO2-Menge ausstossen. Einnahmen aus den Treibstoffzöllen zu kompensieren. begrenzte Reichweite der Batterien behindert derzeit noch eine rasche Verbreitung von Stromfahrzeugen; ...ihre Risiken... Die fahrleistungsabhängige Abgabe ist dabei so zu das wird sich aber angesichts der absehbaren techni- gestalten, dass sie effiziente Fahrzeuge und die schen Fortschritte ändern. In der Euphorie über die schadstoffarm fahrenden Elek- kombinierte Verwendung öffentlicher und individueller trofahrzeuge vergisst man gerne, dass ihre Produktion Verkehrsmittel fördert. Ihre Chancen... die Umwelt sehr wohl belastet: Sowohl der Abbau der Rohstoffe als auch die Herstellung von Batterie und Auch bei der Zulassung neuer Personenwagen sind ef- Ein grosser Nutzen der Elektromobilität liegt darin, Elektronik schlagen in der Umweltbilanz negativ zu fiziente Fahrzeuge bevorzugt zu behandeln. Dabei soll dass sie die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern Buche. Die Elektromobilität trägt so dazu bei, die nega- nicht nur der Energieverbrauch in der Betriebsphase verringert und den Schadstoffausstoss des Verkehrs tiven Effekte des Schweizer Verkehrs in jene Länder zu beachtet werden, sondern es muss die Umweltbelas- senkt – sofern die Batterien mit Strom aus erneuer- verlagern, wo die Fahrzeuge hergestellt werden oder tung während des ganzen Lebenszyklus der Fahrzeuge baren bzw. CO2-armen Quellen geladen werden. Der der Abbau der benötigten Rohstoffe stattfindet. im Blick bleiben. Schweizer Energiemix mit seinem hohen Anteil an Wasserkraft bietet mithin günstige Voraussetzungen für Werden Fahrzeuge mit Strom statt mit Benzin oder Um negativen Rückkopplungseffekten vorzubeugen, einen nachhaltigen Betrieb von Stromautos. Werden Diesel angetrieben, sinken zwangsläufig die staatlichen ist die Mobilität gesamthaft zu verteuern, damit die Elektrofahrzeuge als lokale Energiespeicher verwendet, Einnahmen über die Treibstoffzölle. Dadurch stehen umweltfreundlicheren und günstigeren Fahrzeuge können sie gar den geplanten massiven Ausbau der weniger Mittel für den Unterhalt des Strassennetzes nicht dazu führen, dass der Verkehr gesamthaft weiter erneuerbaren Energien unterstützen. zur Verfügung. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als zunimmt. auch die herkömmlichen Verbrennungsmotoren immer Insbesondere für kleine und leichte Elektrofahrzeu- sparsamer werden. Mittelfristig dürften damit die Gelder Schliesslich sind Vorschriften für Design und Entsor- ge wird die Informationstechnik eine entscheidende für die Verkehrsinfrastruktur knapp werden. gung zu erlassen, damit die verbauten Materialien Rolle bei der Sicherheit spielen. Die offensive Nutzung rezykliert werden können und die Abhängigkeit von neuer Informationstechnologien könnte zudem genutzt Wenn Autos zur Verfügung stehen, die kostengünstig Primärrohstoffen sinkt. werden, um den Individualverkehr mit öffentlichen zirkulieren und die Umwelt wenig belasten, sinkt die Transportmitteln zu verknüpfen. Damit könnte die Motivation, auf überflüssige Fahrten zu verzichten Elektromobilität als Treiber für innovative Modelle des oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Denn was kombinierten Verkehrs dienen. billig ist und kein schlechtes Gewissen hervorruft, wird erfahrungsgemäss mehr konsumiert – mit den sattsam Die Vorteile der Elektromobilität fallen indes vor allem bekannten Folgen verstopfter Strassen und zunehmen- längerfristig ins Gewicht; denn im Jahr 2025 dürfte der Zersiedlung. durchschnittlich nur jeder zehnte Neuwagen in der Schweiz ein Elektroauto sein, und erst 2035 ist damit zu rechnen, dass jedes zweite neue Vehikel mit Strom
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 5 1 Verkehr in den möglichen Welten der Energiepolitik Der Blick in die Zukunft ist mit Unsicherheiten be- Gegenteil rascher vorankommt, als abzusehen war Schweiz räumt wie die anderen Industriestaaten dem haftet. Die Studie über die Chancen und Risiken der («Sensitivitätsanalyse»). Klimaschutz allerdings nur untergeordnete Bedeutung Elektromobilität für die Schweiz trägt diesem Umstand ein und nimmt in Kauf, dass das Ziel einer maximalen Rechnung: Sie untersucht das Verkehrssystem unseres Szenario 1: Weiter wie bisher Erderwärmung von zwei Grad verfehlt wird. Landes bis zum Jahr 2050 in drei verschiedenen Sze- narien. Das Szenario «Normalbetrieb» führt Entwicklungs- Die technische Infrastruktur für Elektrofahrzeuge – d.h. tendenzen aus der Vergangenheit weiter und geht Stromtankstellen und Schnellladestationen – entsteht Seit Menschen und Waren in grösseren Mengen beför- davon aus, dass die automobile Zukunft der Schweiz in hierzulande ohne staatlichen Einfluss. Eine auf Nach- dert werden, ist die künftige Entwicklung des Transport- erster Linie von der technischen Entwicklung und den haltigkeit abzielende Energiepolitik wird zaghaft umge- systems Gegenstand von Mutmassungen. Gern zitiert Kräften des Marktes gestaltet wird. Der Staat schreibt setzt – entsprechend dem Weiter-wie-bisher-Szenario wird eine Schätzung der London Times aus dem Jahr für Neuwagen Effizienzsteigerungen vor, die dem des Bundesamts für Energie. 1894, die angesichts der rasanten Vermehrung von technischen Fortschritt entsprechen – der Konsument Pferdekutschen voraussah, innert fünfzig Jahren werde braucht sich nicht an kleinere Autos zu gewöhnen. Die Szenario 2: Die Effizienz im Blickpunkt die Stadt unter einer gut zweieinhalb Meter dicken Optimierungen der Technik werden freilich gerade bei Schicht aus Dung begraben sein. Diese Prognose den herkömmlichen Verbrennungsmotoren bereits zu Das Szenario «Effizienz» setzt, wie der Name ankün- wurde bekanntlich von den technischen Innovationen beträchtlichen Fortschritten führen. Weil die Benziner digt, auf möglichst effiziente Autos – egal, ob sie kon- schon bald widerlegt. Kaum besser erging es der stark an Effizienz zulegen, werden sie insgesamt ventionell mit Benzin oder mit Elektrizität angetrieben Vorhersage von Gottlieb Daimler, als er um die Wende günstiger fahren, obschon sie nicht kleiner werden. werden. Denn es steht das Ziel im Vordergrund, dass ins 20. Jahrhundert meinte, es würden höchstens 5000 Oder anders ausgedrückt: Selbst wenn der Ölpreis von der Verkehr mehr als bisher zum Energiesparen beitra- Autos gebaut werden – denn es gebe gar nicht mehr heute rund 120 US-Dollar pro Barrel auf maximal 200 gen soll. Die Vehikel werden im Durchschnitt kleiner als Chauffeure, um sie zu steuern. US-Dollar steigen sollte, sinkt der Preis pro gefahrenen heute, und Hybridautos sind weit verbreitet; der Fahr- Autokilometer. Die technische Optimierung der Ver- zeugpark differenziert sich allmählich in Limousinen, Allen Unsicherheiten zum Trotz, die den Blick in die brennungsmotoren, die im Szenario «Normalbetrieb» die über längere Distanzen eingesetzt werden, und in Zukunft vernebeln, trifft auch die im Auftrag von TA- vorausgesetzt wird, gilt auch für die beiden anderen kleinere, mitunter sogar dreirädrige, E-Fahrzeuge für SWISS durchgeführte Studie zur Elektromobilität in untersuchten Zukunftsbilder. die kurzen Wege. der Schweiz Annahmen über das Verkehrssystem der kommenden 40 Jahre. Die Analyse begnügt sich aller- Unter den Bedingungen des «Normalbetriebs» sind auf Das staatliche Effizienzdiktat erhält Rückenstärkung dings nicht damit, einzig den bisherigen Trend fortzu- der Strasse grosse Limousinen und Geländewagen mit durch eine gesellschaftlich breit akzeptierte Klimapo- schreiben; vielmehr stellt die Übertragung des bisheri- konventionellen Verbrennungsmotoren gut vertreten. litik. Die Schweiz versucht – in Übereinstimmung mit gen Entwicklungsverlaufs in die Zukunft nur eines von Elektrofahrzeuge setzen sich in Nischen durch, etwa dem bundesrätlichen Massnahmenpaket zur Energie- drei untersuchten Szenarien dar. Diese Zukunftsbilder im Stadtverkehr oder bei den Mietwagen. Mit Strom strategie 2050 – durch den haushälterischen Umgang liegen alle im Bereich des Möglichen und hängen von angetriebene neuartige Kleinfahrzeuge trifft man kaum mit Treibstoff und Strom ihre Abhängigkeit von Importen den Rahmenbedingungen ab, die die politischen Ent- an; hingegen sind viele Velos elektrifiziert. aus dem Ausland zu begrenzen. Im Hinblick auf die scheidungstragenden setzen werden. Darüber hinaus Vorschriften für energieeffiziente Gebäude, Geräte und prüft die Untersuchung, wie stabil ihre Ergebnisse sind, Der global steigende Wohlstand führt dazu, dass Prozesse gilt sie international als Vorreiterin, und sie wenn sich wichtige Einflussgrössen anders als vorge- weltweit immer mehr Menschen unterwegs sind und treibt den Ausbau erneuerbarer Energieträger im Inland sehen entwickeln – also beispielsweise der technische die Nachfrage nach Strom und Benzin zunimmt – voran. Fortschritt der Fahrzeuge ins Stocken gerät oder im mit den entsprechenden Folgen für die Umwelt. Die
6 IN DIE ZUKUNFT STROMERN Der Fiskus gewährt effizienten Fahrzeugen bei der erhalten. Die Informationstechnik wird auch genutzt, Zulassung vorteilhafte Bedingungen, und die höheren um an der Stromtankstelle flexible, auf Angebot und Interdisziplinäres Projektteam – facettenreiche Energiepreise tragen das Ihre dazu bei, dass sparsa- Nachfrage abgestimmte Elektrizitätstarife zu ermitteln; Analyse me Autos gekauft werden, obschon ihre Anschaffung die gleiche Technik gestattet es zu Hause, die Batterien mehr kostet. Die Ladeinfrastruktur für Stromfahrzeuge der Fahrzeuge dann aufzuladen, wenn der Strom am Die Studie von TA-SWISS zu «Chancen und Risiken entsteht weitgehend ohne staatliche Beeinflussung, günstigsten ist. der Elektromobilität in der Schweiz» bündelt die und in der Forschung an verschiedenen Antriebsformen Kompetenzen des Ingenieur- und Beratungsbüros sieht die öffentliche Hand ebenfalls von Förderungspro- Die grosse Zahl von Elektroautos führt dazu, dass die Ernst Basler und Partner (EBP) und der Eidgenös- grammen ab. öffentliche Hand die Gelder, die sie für die Infrastruktur sischen Materialforschungs- und -prüfanstalt EMPA. benötigt, nicht mehr über Mineralölsteuern, sondern Unter der Leitung von Peter de Haan (EBP) und Szenario 3: Vernetzt und flexibel mobil über ein sogenanntes dynamisches Road Pricing ein- Rainer Zah (EMPA) modellierte das Projektteam ver- treibt: Wer zu Stosszeiten eine intensiv genutzte Stra- schiedene Varianten des künftigen Verkehrssystems Die Welt um uns wird klüger, und auch das Verkehrs- sse befährt, muss mehr bezahlen. Ineffiziente Autos und ermittelte die damit verbundenen Umweltbelas- system gewinnt fortlaufend an Intelligenz: Längst haben werden dabei tariflich stärker belastet als effiziente. tungen. Neben eigenen Berechnungen hat die Pro- in der Schweiz die Smartphones, die sich ins Internet jektgruppe auch Statistiken und Prognosen aus der einwählen können, den einfachen Handys den Rang In diesem Szenario engagiert sich der Staat beim Bundesverwaltung hinzugezogen. Massgeblich sind abgelaufen, so dass beispielsweise die Passagiere Ausbau der erforderlichen Infrastruktur: Er bestimmt insbesondere die aktuellsten Energieperspektiven in Zug und Bus den Fahrplan jederzeit mobil abrufen den Standard für Schnellladestecker und plant Schnell- aus dem Bundesamt für Energie, die somit durch die können. Mietautos lassen sich schon heute bequem ladestationen entlang der Autobahnen. Der Klimapolitik vorliegenden Berechnungen konkretisiert werden. von zuhause aus oder unterwegs online buchen, und in räumt er grosses Gewicht ein und fördert mithin den den Autos selbst sorgt die Informatik für mehr Sicher- Ausbau erneuerbarer Energieträger. heit und zusätzlichen Bedienungskomfort. Das Entwick- lungsszenario «Vernetzte Mobilität» knüpft an diese Ansätze der Verkehrstelematik an und malt aus, wie das Transportsystem einer informationstechnisch hoch- gerüsteten Gesellschaft aussehen könnte: So werden die verschiedenen Verkehrsmittel vermehrt miteinander kombiniert, indem man längere Strecken mit dem Zug oder Bus zurücklegt, wogegen leichte, teilweise sogar nur dreirädrige, Elektrofahrzeuge für kurze Wege zum Einsatz kommen; dass ihre Batterien die Reichweite begrenzen, stellt somit in diesem Szenario kein Prob- lem dar. Ausgeklügelte Informationssysteme sorgen überdies dafür, dass alle, die unterwegs sind, laufend in Echtzeit die aktuellsten Angaben über verfügbare Parkplätze, erreichbare Elektrotankstellen und gültige Fahrpläne
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 7 2 Vom Einzelfahrzeug zum Gesamtverkehr Die Folgen der Elektromobilität auf Umwelt und Gesell- bis zum Jahr 2035 die Batteriekapazität von derzeit 2050 wird er somit 26 Prozent im Stadtverkehr respekti- schaft sind vielschichtig. Entsprechend facettenreich ist 100 auf 300 Wh/kg erhöhen wird, wohingegen die ve 33 Prozent ausserorts erreichen. die Untersuchung angelegt: Sie analysiert beispielswei- Kosten von 900 auf 250 US-Dollar pro Kilowattstunde se die technischen Daten verschiedener Fahrzeugmo- Speicherkapazität fallen werden. Für einen Akkumula- Die Effizienz nimmt laufend zu delle und Antriebsformen, berücksichtigt die absehba- tor von 300 Kilogramm Gewicht heisst das, dass sich ren Entwicklungen in der Autoproduktion und schliesst seine Reichweite von heute rund 150 auf 600 Kilometer Neben den Motoren bieten auch die Karosserie sowie auch die Stromerzeugung in die Betrachtung ein. ausdehnen wird – eine wesentliche Steigerung. die Systeme für Sicherheit und Komfort – etwa Schein- werfer und Scheibenwischer bzw. Klimaanlage und Un- Verschiedene Modelle elektrischer Autos sind bereits Werden Elektrofahrzeuge mit Strom betrieben, der terhaltung – Spielraum für Verbesserungen. Nachdem im Handel erhältlich. Die begrenzte Reichweite ihrer aus erneuerbaren bzw. CO2-armen Quellen stammt, die Wagen der verschiedenen Klassen über Jahrzehnte Batterien und die vergleichsweise teure Anschaffung verursachen sie wenig Schadstoffe. Die Produktion der immer mehr an Gewicht zugelegt haben, zeichnet behindern derzeit aber ihre Verbreitung. Das wird Batterien hingegen belastet die Umwelt sehr wohl – sie sich in den letzten Jahren eine Trendwende ab. Die sich ändern – denn die technischen Fortschritte sind kann bis zu einem Fünftel der gesamten CO2-Emissi- Studie rechnet damit, dass verbesserte Konstruktionen, absehbar. onen ausmachen. Dies unterstreicht, dass es wichtig Werkstoffe und Verfahren weiter zu einer leichten Ge- ist, bei der Ökobilanzierung der Elektromobilität den wichtsabnahme führen werden. Der Energiebedarf für Batterien mit mehr Leistung ganzen Lebenszyklus der Fahrzeuge von der Herstel- Sicherheit und Komfort wird ebenfalls zurückgehen. lung bis zur Entsorgung im Blick zu behalten. Für Elektroautos werden am häufigsten Lithium-Io- Durch eine plausible Kombination der verschiedenen nen-Akkumulatoren verwendet, aber auch die Na- Unterschiedliches Optimierungspotenzial Verbesserungen modelliert die Analyse den Effizi- trium-Nickelchlorid-Zelle kommt in verschiedenen enzgewinn der künftigen Fahrzeuge: Ein kompaktes Modellen zum Einsatz. Die Batterien sind die kostspie- Anders als die Batterien, sind die Motoren und Motor- Elektroauto, das heute 24 Kilowattstunden für 100 ligste Komponente eines Stromfahrzeugs. Wie sich steuerungen von Stromfahrzeugen weit ausgereift. Die Kilometer benötigt, kommt demnach im Jahr 2035 auf ihre Reichweite und die Kosten entwickeln, beeinflusst Berechnungen der Studie beruhen auf der Annahme, 16 Kilowattstunden und erzielt damit eine Einsparung daher stark die Verbreitung der neuartigen Vehikel. dass ein heutiger Elektroantrieb ausserorts mit einem von 30 Prozent. Das Benzinfahrzeug der gleichen Klas- Wirkungsgrad von 89 Prozent fährt; bis zum Jahr 2050 se verzeichnet gar noch deutlichere Fortschritte: Ein Lithium-Ionen-Batterien wurden erst im Jahr 2011 im wird er schrittweise noch um drei Prozentpunkte zule- Kompaktwagen, der heute im Alltag 7,5 Liter Benzin auf Elektromobilmarkt eingeführt; ihre Lebensdauer wird gen (auf einen 92-prozentigen Wirkungsgrad ausser- 100 Kilometer verbraucht, kommt den Berechnungen auf zehn bis zwölf Jahre geschätzt. Opel etwa gibt für orts und 87 Prozent im Stadtverkehr). zufolge im Jahr 2035 noch auf einen Konsum von 4,8 die Batterie der Hybrid-Limousine Ampera eine Ga- Litern, was einer Reduktion von 36 Prozent entspricht. rantie von 8 Jahren oder 160 000 Kilometern, während Im Unterschied zu den Elektroantrieben haben die Das grössere Optimierungspotenzial von Verbren- Nissan und Mitsubishi für die Kleinwagen Leaf und herkömmlichen Verbrennungsmotoren noch ein be- nungsmotoren schlägt sich also in einem höheren iMiev eine Gewährleistung auf fünf Jahre oder 100 000 trächtliches Verbesserungspotenzial. Im Durchschnitt Effizienzgewinn nieder. Kilometer bieten. fahren heutige Benzinfahrzeuge im Stadtverkehr mit einem Wirkungsgrad von 17 Prozent und ausserorts mit Angebot und Nachfrage – Herstellung und Kauf Die Entwicklung und Produktion der nächsten Akku-Ge- 27 Prozent. Gestützt auf die massgebliche Fachlitera- neration wird vier bis fünf Jahre dauern, und sie zielt tur geht die Modellierung in der vorliegenden Analyse Um die Umweltbelastung des gesamten Verkehrs zu auf eine höhere Energiedichte und günstigere Herstel- davon aus, dass sich der Wirkungsgrad alle fünfzehn ermitteln, muss sich die Betrachtung vom einzelnen lungskosten ab. Fachleute rechnen damit, dass sich Jahre um 3 resp. 2 Prozentpunkte steigert; im Jahr Auto auf die ganze Fahrzeugflotte ausweiten. Die
8 IN DIE ZUKUNFT STROMERN Studie modelliert dazu die Verbreitung der unterschied- Verkehrsentwicklung und Energieproduktion lichen Fahrzeugtypen vom Kleinwagen über die kom- Verschiedene Stufen der Elektrifizierung pakte Limousine bis zum grossen und schwereren Stra- Wie stark der Verkehr in Zukunft die Umwelt belasten ssenkreuzer. Im Segment der Elektrofahrzeuge werden wird, hängt zum einen davon ab, wie viel gefahren Als Elektromobile gelten in der Studie von TA- ausserdem noch leichte Vehikel wie der Renault Twizy wird, und zum anderen, welche Energieform die Autos SWISS Fahrzeuge, die hauptsächlich von einem berücksichtigt. antreibt. Elektromotor angetrieben werden und den Strom überwiegend aus einer stationären Quelle bezie- Für die Modellierung wird einerseits die Entwicklung Die Studie greift daher auf Statistiken und Prognosen hen. In die Betrachtung einbezogen werden auch der Nachfrage nach neuen Autos veranschlagt, ande- der Bundesverwaltung zurück. Insbesondere Berech- Kleinstfahrzeuge, die zulassungsrechtlich als rerseits wird die schleppende Erhöhung der Produk- nungen zur absehbaren Bevölkerungsentwicklung Motorrad oder Leichtmotorwagen gelten. Neben tionskapazität von Elektroautos berücksichtigt. So ist sowie Verkehrsprognosen und die Perspektiven und Autos, die ausschliesslich elektrisch angetrieben sichergestellt, dass die Schätzwerte der künftigen Fahr- Strategien der Bundesämter für Statistik, Raumentwick- werden, gibt es sogenannte Hybridfahrzeuge, die zeugflotte in der Schweiz auf realistischen Annahmen lung und Energie bilden eine unabdingbare Grundlage sowohl über einen Elektro- als auch über einen beruhen. Indem die Studie von TA-SWISS die jährliche für die Modellierung des künftigen Individualverkehrs Verbrennungsmotor verfügen. Die Studie berück- technische Entwicklung abschätzt, hypothetisch neu und seines Energiebedarfs. sichtigt nur solche Modelle, die sich direkt ab dem auf den Markt kommende Fahrzeuge konstruiert und Stromnetz aufladen lassen und die im reinen Bat- einer virtuellen Käuferschaft anbietet, unterscheidet sie teriebetrieb mindestens 20 Kilometer weit kom- sich von anderen Analysen, die den Marktanteil von men; Erfahrungen zeigen, dass diese Reichweite Elektrofahrzeugen spekulativ definieren, ohne den Prä- im Alltag der Agglomerationsbewohner bereits ferenzen der Kundschaft und den stetigen technischen genügt, um mehr als die Hälfte der Fahrleistung Fortschritten der Benzinfahrzeuge Rechnung zu tragen. mit Elektrizität aus dem Netz zurückzulegen. Studie Elektromobilität: Ein vielschichtiger Aufbau in mehreren Schritten Szenario «Normalbetrieb» Szenario «Effizienz» Szenario «Vernetzte Mobilität» Entwicklung Autokompo- Entwicklung Strommix Auswirkungen auf die ökologische Folgen Simulation Flotte Umweltbelastung nenten Umwelt Einzelfahrzeuge (Produktionskapazität x Gesamtverkehr kaufbereite Kunden)
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 9 3 Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Mobilität? Die Verbrennungsmotoren werden laufend sparsamer, Verkaufsanteile ICE und Elektrofahrzeuge den mit Strom laufenden Triebwerken auf. Bis 2050 und die Elektrofahrzeuge fahren bereits heute schad- halbiert sich daher der Unterschied im Ressourcen- stoffarm. Zwingende Voraussetzung dafür ist allerdings, 100% verbrauch des elektrischen und des herkömmlichen Etwa 2035 werden gleich viele dass sie mit Strom betrieben werden, der nicht aus Elektrofahrzeuge wie Autos mit Kompaktwagenmodells. 90% fossilen Quellen stammt. Verbrennungsmotor verkauft. 80% Während Wagen mit herkömmlichem Antrieb während Selbst wenn das einzelne Auto in Zukunft sparsamer 70% der Betriebsphase, d.h. beim Fahren, am meisten CO2 70% fährt, ist damit noch nicht gesagt, dass die Mobilität ausstossen, fällt bei elektrischen Vehikeln die CO2-Be- insgesamt die Umwelt weniger belasten wird. Da- 60% lastung schon vorher an – nämlich dann, wenn der her werden für die einzelnen Fahrzeuge und für den 50% Strom bereit gestellt wird, der sie antreibt. Ins Gewicht Gesamtverkehr je separate Lebenszyklusanalysen fällt auch der Produktionsaufwand für die Batterien. vorgenommen. Die umfassende Analyse der Mobilität 40% So gesehen, entstehen bei rein batteriebetriebenen 2025 wird etwa jedes zehnte verkaufte Auto 30% wiederum richtet sich nach den eingangs geschilderten 30% Fahrzeugen heute 90 Prozent der Treibhausgasemissi- ein Batterie- oder Plug-In- drei Szenarien. Hybridfahrzeug sein onen bei der Herstellung der Fahrzeuge, welche somit 20% die Umwelt etwa ein Viertel mehr belasten als der Bau Die Lebenszyklusanalyse beschreibt den Werdegang 10% konventioneller Benziner. Auch hier kommt es aber eines Produktes von seiner Herstellung bis zu seiner allmählich zu Verschiebungen: Während derzeit bei 0% Entsorgung. Sie unterscheidet dabei verschiedene konventionellen Verbrennungsmotoren 25 Prozent des 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 «Lebensabschnitte» und ermittelt insbesondere, welche Schadstoffausstosses auf die Produktionsphase entfal- Materialien und wie viel Energie bei der Produktion, im Mit den Jahren fahren immer mehr Elektrofahrzeuge auf den len, werden es längerfristig 40 Prozent sein – denn die Betrieb und zur Beseitigung eines Gutes erforderlich Schweizer Strassen, während der Anteil an herkömmlichen Belastungen nehmen dank der effizienteren Motoren sind. Die vorliegende Studie leuchtet die im Lauf der Autos mit Verbrennungsmotor allmählich abnimmt. in der Betriebsphase ab, wodurch sie in den anderen Zeit anfallenden Veränderungen aus, indem sie jeweils Lebensphasen verhältnismässig stärker ins Gewicht für vier Zeitpunkte – 2012, 2020, 2035 und 2050 – den fallen. Lebenszyklus der verschiedenen Fahrzeugtypen und gie erzeugt wird und nur in einem geringen Mass aus der Gesamtmobilität im Rahmen der drei Szenarien Materialverbrauch und Folgen für Gesundheit und fossilen Quellen stammt. Wenn Elektroautos hingegen analysiert. Umwelt den durchschnittlichen EU-Strommix tanken, der zu 52 Prozent auf fossilen Energieträgern beruht, schrumpft Je nach Motor fallen andere Lebensabschnitte ins Nimmt die Elektromobilität zu, erhöht sich die Nach- die CO2-Reduktion gegenüber einem konventionellen Gewicht frage nach Lithium, das ein wichtiger Bestandteil der Personenwagen auf nur 20 Prozent. Mit derartigem gängigen Batterien ist. Auch Seltene Erden sind für den Strom betrieben, sind Elektrofahrzeuge kaum umwelt- Über den ganzen Lebenszyklus betrachtet, liegt heute Bau elektrischer Fahrzeuge unabdingbar, etwa Neodym und klimafreundlicher unterwegs als Autos mit optimier- die Treibhausgasbilanz konventioneller Verbrennungs- und Disprosium für die Permanentmagnete in den Elek- tem Verbrennungsmotor. motoren um rund 70 Prozent über jener von Elektro- tromotoren oder Lanthan für gewisse Akku-Typen. fahrzeugen, die mit Strom aus dem Inland angetrieben werden. Die Stromer schneiden allerdings nicht zuletzt Weil die herkömmlichen Verbrennungsmotoren noch Problematisch ist dabei weniger die geologische Ver- deshalb so gut ab, weil der Schweizer Elektrizitätsmix ein beträchtliches Verbesserungspotenzial aufweisen, fügbarkeit dieser Materialien, als vielmehr ihre Kon- zu einem grossen Teil mit Wasserkraft und Kernener- holen sie im Lauf der Zeit ihren Rückstand gegenüber zentration auf wenige Standorte. Faktisch herrschen
10 IN DIE ZUKUNFT STROMERN dadurch monopolartige Zustände, indem einzelne Die Umwelt schliesslich wird durch unsere Mobilität Die Lebenszyklusanalyse des Gesamtverkehrs Länder und wenige Firmen das Angebot bestimmen. in verschiedener Hinsicht in Mitleidenschaft gezogen. Umso heikler sind die geringen Rezyklierungsraten und Was die Eingriffe ins Landschafts- und Siedlungsbild Nebst eigenen Berechnungen zieht die Studie für die die fehlenden Ersatzmöglichkeiten dieser Werkstoffe. betrifft, unterscheiden sich mit Benzin oder Diesel fah- Lebenszyklusanalyse der gesamten Mobilität verschie- Einer Zunahme der Nachfrage kann durch verschiede- rende Fahrzeuge in ihren Ansprüchen an die Strassen- dene Verkehrs- und Energieprognosen aus der Bun- ne Strategien begegnet werden. Aus Sicht der Auto- infrastruktur nicht von elektrisch angetriebenen. Die desverwaltung hinzu. Massgebend ist insbesondere die produzenten ist sicher ein besonderes Augenmerk auf Herstellung der unterschiedlichen Treibstoffe wiederum Energiestrategie 2050 des Bundes (Stand Ende 2012) verbesserte Möglichkeiten des Recyclings, auf einen lässt sich nur schwer gegeneinander abwägen: Wäh- mit Analysen zum künftigen Strommix in der Schweiz. effizienteren Einsatz der Rohstoffe oder auf ihre Substi- rend bei fossilen Energieträgern vor allem die Rohölför- tution zu richten. derung gravierende Wunden ins Terrain schlägt, beein- Die Fahrzeugflotte übt bedeutenden Einfluss darauf trächtigen bei der Stromproduktion grosse dezentrale aus, wie die einzelnen Szenarien abschneiden. Im Wenn auf den Strassen mehr Elektroautos zirkulie- oder zahlreiche kleinere lokale Anlagen die Landschaft. Zukunftsbild «Normalbetrieb» halten die untersuchten ren, dürfte die Verkehrssicherheit zunehmen. Elektri- Fahrzeugklassen von Kleinwagen, Kompaktlimousinen sche Fahrzeuge sind tendenziell kleiner und leichter. Ein erheblicher ökologischer Vorteil der Elektromobi- Um allfällige Mankos in der Stärke und Stabilität der lität liegt darin, dass der Wirkungsgrad der mit Strom Karosserie auszugleichen, könnten vermehrt akti- angetriebenen Motoren deutlich höher ist als jener von ve Sicherheitssysteme zum Einsatz kommen, etwa Verbrennungsmotoren. Daher haben Elektromotoren CO2-Emissionen (Flotte), Vergleich mit 2012 Programme, die Fussgänger frühzeitig erkennen oder das Potenzial, den Treibhausgasausstoss zu senken. andere elektronische Assistenzsysteme. Im Vergleich Die Lebenszyklusanalyse der Einzelfahrzeuge bestätigt 100% zu herkömmlichen sind elektrische Motoren zudem klei- jedenfalls, dass elektrische Vehikel 40 bis 50 Prozent 90% ner; dies gestattet andere Frontgestaltungen, so dass weniger Umweltauswirkungen haben als mit fossilem 80% Passanten weniger Gefahr laufen, bei Zusammenstös- Treibstoff angetriebene. Diese Differenz wird in Zukunft 70% sen schwere Kopfverletzungen davon zu tragen. Auch allerdings kleiner. Auch der Ressourcenverbrauch 60% geht ein wachsender Elektrifizierungsgrad mit tieferen ist bei Stromautos nur etwa halb so hoch wie bei 50% Höchstgeschwindigkeiten einher; Raserunfälle dürften Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Das vorteilhafte daher in der elektromobilen Zukunft seltener werden. Gesamturteil für Elektromobile hängt mit dem günstigen 40% Dass Stromautos geräuscharm fahren, zieht hingegen Strommix der Schweiz zusammen. 30% zweischneidige Folgen nach sich. Mögen die Anwohner 20% an stark befahrenen Strassen auch froh sein, wenn der Zu bedenken gilt allerdings, dass bei elektrisch ange- 10% Verkehrslärm abnimmt, so steigt die Gefahr für Sehbe- triebenen Fahrzeugen die grösste Umweltbelastung 0% hinderte, die sich in erster Linie über das Gehör orien- nicht im Betrieb, sondern in der Herstellungsphase an- 2012 2020 2035 2050 tieren. Auch in ruhigen Quartieren mit wenig Verkehr fallen. In einem Land wie der Schweiz, das selber keine Benzinauto Szenario «Normalbetrieb» spielt die akustische Orientierung eine wichtige Rolle. Autos herstellt, trägt die Elektromobilität also dazu bei, Szenario «Effizienz» Szenario «Vernetzte Mobilität» In den Vereinigten Staaten wird deshalb derzeit darüber die negativen Auswirkungen des Verkehrs ins Ausland diskutiert, akustische Warngeräte an Hybridfahrzeugen zu exportieren. Bereits der normale technische Fortschritt führt zu einem anzubringen, und in Japan wurde auf den 1. Januar Rückgang der CO2-Emissionen. Ein hoher Anteil an Elektro- 2010 eine Richtlinie über Massnahmen zur besseren fahrzeugen führt zu deutlicheren Reduktionen am Ausstoss Hörbarkeit von Hybridfahrzeugen in Kraft gesetzt. von Treibhausgas.
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 11 und grossen, schweren Vehikeln ihren Anteil konstant. Elektromobilität am Markt durchgesetzt hat und mehr Schliesslich wurde auch der Einfluss der verwendeten Im Szenario «Effizienz» findet dagegen eine Verschie- als zwei Drittel der Neuwagen über einen elektrischen Antriebsenergie ausgewertet. Die Ergebnisse bestä- bung hin zu kleineren Fahrzeugen statt, die unter den Antrieb verfügen werden. Dannzumal wird das Szena- tigen, dass die Umweltfreundlichkeit der Elektroautos Bedingungen der «Vernetzten Mobilität» noch stärker rio «Effizienz» eine um 25 Prozent grössere Treibhaus- unmittelbar vom verwendeten Strom abhängt. Während ausfällt. Aus der Zusammensetzung der Fahrzeugflotte gasreduktion verzeichnen als das Zukunftsbild «Nor- ein mit dem Schweizer Strommix betriebenes E-Auto ergeben sich auch die Flottenkilometer: Im Rahmen malbetrieb». Hingegen wird der Unterschied zwischen der Kompaktklasse heute 70 Prozent weniger CO2 des «Normalbetriebs» werden im Jahr 2050 immerhin den Bedingungen der «Effizienz» und der «Vernetzten ausstösst als ein vergleichbarer Benziner, reduziert sich noch 59 Prozent der Fahrten mit Verbrennungsmotoren Mobilität» gerade mal 13 Prozent betragen. der Vorsprung auf 20 Prozent, wenn der europäische zurückgelegt. Im Szenario «Effizienz» sind es noch Strommix mit einem höheren fossilen Anteil getankt 46 Prozent, während dieser Anteil in der «Vernetzten Wie verlässlich sind die Ergebnisse? wird. In Zukunft fallen die negativen Auswirkungen Mobilität» auf 39 Prozent zurückfällt. des europäischen Strommixes sogar noch markanter Die Studie stellt die Ergebnisse aus ihren Berechnun- aus: Ein mit derartiger Elektrizität betriebenes Auto Indes zeigen alle drei Szenarien bis zum Jahr 2050 ei- gen zum einen Werten aus der Literatur gegenüber, würde im Jahr 2050 gegenüber einem konventionellen nen massiven Rückgang – von 40 bis 60 Prozent – der zum anderen variiert sie in einer Sensitivitätsanalyse Vehikel bloss eine 10-prozentige CO2-Einsparung mehr gesamten Treibhausgasemissionen, und dies, obschon gewisse Annahmen, die der Modellierung als Basis erzielen. im gleichen Zeitraum die Mobilität um 24 Prozent dienen. zunimmt. Die Reduktion des Schadstoffausstosses ist zum einen auf die massiven technischen Fortschritte Im Vergleich mit anderen Fachpublikationen schätzt die der Verbrennungsmotoren und zum anderen auf den vorliegende Analyse die durch die Elektromobilität er- Treibhausgase pro Kilometer zunehmenden Anteil an Elektrofahrzeugen zurückzu- möglichte Reduktion des Treibhausgasausstosses eher führen. tiefer ein. Dies rührt daher, dass die meisten Untersu- chungen sich darauf beschränken, die Betriebsphase Kombikraftwerk EU Strommix EU Strommix CH Kohlekraftwerk EU Zertifizierter Strom CH Wenn auch die Unterschiede im Lauf der Zeit markant der Fahrzeuge zu betrachten. Eine Analyse, die auch ausfallen, so weichen die drei Zukunftsbilder bis zum die Belastungen berücksichtigt, die bei der Herstellung Jahr 2020 relativ wenig von einander ab. Bis 2035 der Autos anfallen, kommt zwangsläufig zu einer etwas beträgt die Differenz der CO2-Reduktion zwischen pessimistischeren – oder vielmehr: realistischeren dem konservativen Zukunftsbild «Normalbetrieb» und Einschätzung. dem optimistischen Szenario «Vernetzte Mobilität» 17 Prozent; zu diesem Zeitpunkt wird jeder zweite Neuwa- Die Verlässlichkeit der Simulation wurde ausserdem gen ein Elektroauto sein. Weil die älteren Vehikel nur hinterfragt, indem bestimmte ihrer Grundannahmen Betrieb der allmählich aus der Flotte ausscheiden, widerspiegelt sie variiert wurden. Im einen Fall wurde unterstellt, dass Fahrzeuge die technologischen Trendbrüche erst mit fünf Jahren die für Elektrofahrzeuge erwarteten technologischen Verzögerung; bis der gesamte Fuhrpark erneuert ist, Durchbrüche ausbleiben würden. Doch sogar wenn die Herstellung Auto dauert es über zehn Jahre. technischen Fortschritte der Stromfahrzeuge ausblei- ben, schneiden sie in der Treibhausgasbilanz immer Strasseninfrastruktur Daher beginnen die Kontraste zwischen den Szenarien noch deutlich besser ab als Autos mit Verbrennungs- Wenn Elektroautos mit Strom aus fossilen Quellen angetrie- erst in der Mitte des 21. Jahrhunderts deutlicher zutage motoren. ben werden, schneiden sie nicht besser ab als Fahrzeuge mit zu treten – zu einem Zeitpunkt also, wenn sich die Verbrennungsmotor.
12 IN DIE ZUKUNFT STROMERN 4 Effizienz lenkt den Verkehr in die richtige Bahn Für die Schweiz mit ihrem spezifischen Strommix über- verliert. Wenn sich die Elektromobilität rasch verbreitet, stärkte Förderung der Elektromobilität abzielt, verzeich- wiegen die Vorteile der Elektromobilität. Ihre Risiken ist dies mithin nicht nur vom ökologischen, sondern net gegenüber dem Szenario «Effizienz» bloss einen lassen sich mit den richtigen Massnahmen begrenzen. auch vom ökonomischen Standpunkt aus zu begrüs- vergleichsweise geringen Vorsprung – ein deutlicher sen. Fingerzeig darauf, dass auf technologiespezifische Der Treibhausgasausstoss des Verkehrs wird in den Förderungsmassnahmen verzichtet werden sollte, weil nächsten Jahrzehnten zurückgehen – und die Elek- Alternative Finanzierungsmodelle für die ihr Grenznutzen gering ist. tromobilität könnte in der Schweiz dazu beitragen, Infrastruktur diese Reduktion signifikant zu verstärken. Dies, weil Sinnvoll sind dagegen technologieneutrale Massnah- der Schweizer Strommix zu einem namhaften Teil auf Nebst den Chancen, die die Elektromobilität eröff- men wie Mindestvorschriften, Maximalwerte sowie Wasserkraft und Kernenergie beruht. Zwar sehen die net, verschärft sie die sich ohnehin abzeichnenden absatzgewichtete Mittelwerte zur Gesamtenergieeffizi- offiziellen Energieperspektiven für die Jahre bis 2035 Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Strassen- enz von Personenwagen. Solche Vorkehrungen tragen einen steigenden Import von Strom aus Gaskraftwer- infrastruktur. Bis jetzt flossen mit den Treibstoffzöllen indirekt zu einer Förderung der Elektromobilität bei. ken voraus, um die Verluste der stillgelegten Atom- die für den Unterhalt der Strassen benötigten Mittel in Ausserdem ist mit dieser Strategie nicht zu befürchten, kraftwerke auszugleichen. Doch selbst in dieser Phase den Staatssäckel. Dieses Finanzierungsmodell steht dass sie im Zusammenspiel mit nicht genau planbaren schneiden die Elektrofahrzeuge gut ab, und nach 2035 nun auf wackligen Beinen. So gesehen, beanspruchen technologischen Innovationen zu unerwünschten oder wird der Anteil an Strom aus Gaskraftwerken zu Guns- Elektrofahrzeuge eine Infrastruktur, an die sie nichts gar kontraproduktiven Auswirkungen führt. ten von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen wieder beisteuern. Und weil die konventionellen Fahrzeuge im- zurückgehen. mer weniger Benzin oder Diesel benötigen, droht diese Den ganzen Lebenskreislauf im Blick behalten Geldquelle vollends zu versiegen. Auch wenn künftig mehr Elektrofahrzeuge auf den Die Begeisterung angesichts des schadstoffarmen Strassen zirkulieren, reicht die gemäss den Energie- Technisch ist es kaum möglich, analog zum Tanken Elektroantriebs lässt die Umweltbelastungen in Verges- perspektiven zur Verfügung stehende Elektrizität bei von fossilem Treibstoff den von Elektrofahrzeugen senheit geraten, die bei der Herstellung der Stromfahr- weitem aus, um die dadurch verursachte Steigerung geladenen Strom separat zu erfassen und zu besteu- zeuge anfallen. Energieetiketten für die Beurteilung der der Nachfrage zu decken. Denn dank ihrer hohen ern. Somit drängt sich der Wechsel zu einer kilome- Fahrzeugeffizienz sollten daher den ganzen Lebenslauf Effizienz brauchen Stromfahrzeuge relativ wenig Strom. terabhängigen Besteuerung auf. Idealerweise würde der Fahrzeuge berücksichtigen. So liessen sich beispielsweise im Jahr 2050 mit neun die fahrleistungsabhängige Abgabe nach Effizienz des Prozent der Schweizer Stromerzeugung 65 Prozent der Fahrzeugs abgestuft, um besonders sparsame Autos Um die Abhängigkeit von Rohstoffen zu verhindern, motorisierten Individualmobilität betreiben. zu fördern. Ein solcher Ansatz hätte auch für Autos mit sollte bereits bei der Konzeption der Fahrzeuge an die Verbrennungsmotoren den erwünschten Effekt, dass spätere Rezyklierung der verbauten Wertstoffe gedacht Für die Wirtschaft stellt die Elektromobilität ebenfalls effiziente Modelle bevorzugt behandelt und somit für werden. Durch die Vermietung oder Weiterverwendung grosse Vorteile in Aussicht. Bereits heute produzieren die Käufer attraktiv würden. von Batterien könnten neue Geschäftsfelder entstehen, Schweizer Firmen spezifische Komponenten für Strom- deren – zumindest anfängliche – Förderung zu prüfen fahrzeuge. Es handelt sich dabei um forschungsnahe Keine Förderung spezifischer Antriebsformen wäre. Branchen für qualifizierte Arbeitskräfte, die somit die Standortattraktivität der Schweiz stärken. Die Schwei- Der Vergleich zwischen den drei Szenarien zeigt deut- Damit Elektrofahrzeuge aber zu einem nachhaltigeren zer Wirtschaft muss allerdings darauf bedacht sein, lich, dass sich die grössten Gewinne für die Umwelt Verkehr beitragen, muss es letztlich gelingen, zu ver- einer schnellen Entwicklung zu folgen, damit sie den über die Steigerung der Effizienz erzielen lassen: Das hindern, dass der Verkehr stärker zunimmt als der öko- Anschluss an andere innovative Wirtschaftsräume nicht Zukunftsbild «Vernetzte Mobilität», das auf eine ver- logische Gewinn, der durch die effizienteren Fahrzeuge
IN DIE ZUKUNFT STROMERN 13 erzielt wird. Hier wird der Mut zu unpopulären Schritten wie etwa dem Verzicht der Subventionierung des Pend- lerverkehrs gefordert sein. Eine breite Debatte über die Zukunft des Verkehrssystems könnte die gesellschaftli- che Akzeptanz für solche Massnahmen erhöhen.
14 IN DIE ZUKUNFT STROMERN Studie «Chancen und Risiken der Elektromobilität – Martin Schiess, Bundesamt für Umwelt, BAFU, Bern in der Schweiz» – Fridolin Stähli, Fachhochschule Nordwestschweiz, Begleitgruppe Windisch Ruedi Jörg-Fromm, Zürich, TA-SWISS-Leitungs- – Daniel Wachter, Bundesamt für Raumentwicklung ausschuss (Vorsitzender der Begleitgruppe) ARE, Bern – Michael Weber, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern – Heidi Blattmann, Wissenschaftsjournalistin, Herrli- berg, TA-SWISS-Leitungsausschuss – Christian Bühlmann, Bundesamt für Energie BFE, Ittigen Projektleitung TA-SWISS – Volker Fröse, Bundesamt für Strassen ASTRA, Bern Lucienne Rey – Lino Guzzella, ETH Zürich, Zürich – Stefan Hirschberg, Paul Scherrer Institut PSI, Villi- gen – Kurt Hug, Berner Fachhochschule, Vaufflin – Christian Jahn, Bundesamt für Strassen ASTRA, Impressum Bern TA-SWISS (Hrsg.) In die Zukunft stromern. Elektromo- – Mario Keller, INFRAS, Bern bilität im Schweizer Verkehrssystem der kommenden Jahrzehnte. – Dieter Kraft, Bosch, Stuttgart Kurzfassung der Studie «Chancen und Risiken der – Cornelia Moser, Bundesamt für Strassen ASTRA, Elektromobilität in der Schweiz»,TA-SWISS, Bern 2013. Bern TA 59A/2013 – Tobias Ott, ETZ Zürich, Zürich Autorin: Lucienne Rey, Bern Redaktion: Christine D’Anna-Huber, TA-SWISS – Felix Reutimann, Bundesamt für Umwelt BAFU, Gestaltung: Hannes Saxer, Bern Bern Druck: Jordi AG – Das Medienhaus, Belp
TA-SWISS – Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung Neue Technologien bieten oftmals entscheidende Ver- besserungen für die Lebensqualität. Zugleich bergen sie mitunter aber auch neuartige Risiken, deren Folgen sich nicht immer von vornherein absehen lassen. Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS untersucht die Chancen und Risiken neuer technologi- scher Entwicklungen in den Bereichen «Biotechnologie und Medizin», «Informationsgesellschaft», «Nanotech- nologien» und «Mobilität/Energie/Klima». Seine Studien richten sich sowohl an die Entscheidungstragenden in Politik und Wirtschaft als auch an die breite Öffent- lichkeit. Ausserdem fördert TA-SWISS den Informa- tions- und Meinungsaustausch zwischen Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und der breiten Bevölkerung durch Mitwirkungsverfahren (zum Beispiel PubliForen und publifocus). Die Studien von TA-SWISS sollen möglichst sachliche, unabhängige und breit abgestützte Informationen zu den Chancen und Risiken neuer Technologien vermitteln. Deshalb werden sie in Absprache mit themenspezifisch zusammengesetzten Expertengruppen erarbeitet. Durch die Fachkompetenz ihrer Mitglieder decken diese so genannten Begleit- gruppen eine breite Palette von Aspekten der unter- suchten Thematik ab. TA-SWISS ist ein Kompetenzzentrum der Akademien der Wissenschaften Schweiz.
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