Inklusion und Tagesstätten: Anforderungen an Einrichtungen und professionelle Hilfen - Individuelle Lebens- und Entwicklungssituation

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Inklusion und Tagesstätten: Anforderungen an Einrichtungen und professionelle Hilfen - Individuelle Lebens- und Entwicklungssituation
Inklusion und Tagesstätten:
Anforderungen an Einrichtungen und professionelle Hilfen

      Individuelle Lebens- und Entwicklungssituation

                                                       04.03.2014   1
Inklusion und Tagesstätten: Anforderungen an Einrichtungen und professionelle Hilfen - Individuelle Lebens- und Entwicklungssituation
Anforderungen

Teilhabe und Inklusion werden immer wichtigere Forderungen in der Behindertenhilfe:

«… die Möglichkeiten zur selbstbestimmten Teilhabe am Arbeitsleben (sollen)
verbessert und somit ein Beitrag zur Umsetzung der in der UN-Konvention über die
Rechte behinderter Menschen verankerten Zielsetzungen beruflicher Inklusion
geleistet werden»
Bundesagentur für Arbeit

«In Tagesstätten finden erwachsene Menschen mit Behinderung eine auf ihre
Bedürfnisse abgestimmte Tagesstruktur und eine sinnvolle Tätigkeit. Hier können sie
Gemeinschaft pflegen, sich austauschen, sich zugehörig fühlen und an Freizeit- und
Beschäftigungsprogrammen teilnehmen»
INSOS

«Dies soll insbesondere durch eine stärkere Berücksichtigung von
Eingliederungsmöglichkeiten im allgemeinen Arbeitsmarkt, eine personenorientierte
Massnahmegestaltung sowie durch eine Massnahmekonzeption und –durchführung
auf der Grundlage von Kompetenzfeststellungen erreicht werden»
Bundesagentur für Arbeit

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… oder genauer und in Leichter Sprache

 Alle Menschen sollen gleich behandelt werden

 Das Leben von Menschen mit Behinderung soll nicht anders
 sein, als das Leben von Menschen ohne Behinderung

 Menschen mit Behinderungen sollen am Leben teilhaben

 Menschen mit Behinderung sollen dort arbeiten können, wo alle
 anderen Menschen auch arbeiten –
 Mitbestimmen wo und was man arbeitet

 Jeder Mensch mit Behinderung soll auch in seiner Freizeit überall dabei sein können

 Menschen mit Behinderung sollen anerkannt werden
 Menschen sollen besser über Menschen mit Behinderung denken

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Ziel und Wirkungsorientierung

                                Normative Setzung:

                                Jeder Mensch soll die
                                Möglichkeit haben,
                                möglichst kompetent und
                                gesund, an möglichst
                                normalisierten
                                Lebensbereichen
                                                      Normative Setzung:
                                teilzunehmen und
                                teilzuhaben.
                                                      Mitbestimmte und
                                                      gleichberechtigte
                                                      Teilhabe

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Stolpersteine, Hürden und Barrieren auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft

• Inklusion und Teilhabe in normalisierten Lebensbereichen sind nur möglich, wenn
auch entsprechende Möglichkeiten und Angebote zur Verfügung stehen

• Aktuelle Produktions- und Managementsysteme führen eher zum Ausschluss von
Menschen mit Beeinträchtigungen

• Alte Systemaufgaben – bspw. auch der Ausgrenzung bleiben in den Systemstrukturen
und den Köpfen der Beteiligten erhalten

• Die agogische Praxis ist eher förder- als teilhabeorientiert – Die meisten aktuellen
Prozessgestaltungssysteme unterstützen diesen Zugang

• Bildungs- und Hilfesysteme orientieren sich im Auftrag
und Selbstverständnis noch zu stark an der Normalisierung
der Menschen und nicht an der Normalisierung von
Teilhabesituationen

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Stolpersteine, Hürden und Barrieren auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft

• Gesellschaftliche und gemeinschaftliche Normvorstellungen, Politik,
Rechtsgrundlagen und Bildungs- und Teilhabekonzepte entwickeln sich nicht synchron
und laufen sich zuweilen zuwider

• Angebote ‘für Behinderte’ stehen schon von der Anlage her im Widerspruch zur
Inklusionsforderung

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Was kann der Beitrag der Tagesstätte sein?
Auf dem Weg zu einer echten Beteiligungsgesellschaft

 Die Teilhabe im Fokus – Vier Dimensionen der Beteiligung (nach Husi 2012)

 •Teilhabe

 •Teilsein

 •Teilnahme

 •Anteilnahme

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Teilhabe

Die Dimension der Teilhabe meint, dass „jeder seinen Teil an den gesellschaftlich
verfügbaren (materiellen, kulturellen, sozialen, personalen) Mitteln erhält (...) und für
seinen Teil von (sachlichen, sozialen, physischen, psychischen) Zwängen verschont zu
bleiben

Im Zentrum steht die Verteilungsgerechtigkeit und das Prinzip der Zugänglichkeit

Wichtig werden also Massnahmen zur Förderung des Zugangs zur physischen Umwelt,
zu Transportmitteln, zu Information und Kommunikation sowie anderen Einrichtungen
und Diensten in der Öffentlichkeit

Dazu wird auch die Entwicklung von neuen Hilfen, von alternativen Unterstützungs-
möglichkeiten, von neuen gemeindenahe Angeboten und Dienstleistungen notwendig

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Teilsein

Die Dimension des Teilseins meint, die Gerechtigkeit bezogen auf die bürgerlichen,
politischen und sozialen Rechte und um gerechte ausserpolitische
Mitbestimmungsmöglichkeiten.
„Alle Menschenrechte und Grundfreiheiten sind allgemein gültig und unteilbar (...) und
der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten muss ohne Diskriminierung Menschen
mit Behinderungen garantiert werden.“ (BRK)

Eingeschlossen werden somit auch diejenigen Menschen, die intensivere Unterstützung
benötigen. Alle Menschen sind TrägerInnen von subjektiven Rechten

Wichtig werden die Förderung des Bewusstseins, dass „jeder Einzelne gegenüber
seinen Mitmenschen und der Gemeinschaft, der er angehört, Pflichten hat und gehalten
ist, für die Förderung und Achtung der in der Internationalen Menschenrechtscharta
anerkannten Rechte einzutreten. (BRK)

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Teilnahme

Die Dimension der Teilnahme meint, die Möglichkeiten der alltäglichen politischen und
ausserpolitischen Mitbestimmungsmöglichkeiten. Es geht dabei um den Einbezug in
Aktivitäten, Handlungszusammenhänge und Kooperationen

Wichtig wird dabei ein Prozess des Umdenkens und der Bewusstseinsbildung. Dieser
ist grundlegend, um Teilnahme umsetzen zu können.
Dabei kommt der Schulung von Fachkräften eine wichtige Rolle zu

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Anteilnahme

Die Dimension der Anteilnahme meint, die Entwicklung eines Mit-Gefühls, welches auf
einem gegenseitigen Wahrnehmen und Anteilnehmen an der Lebenssituation des
Anderen aufbaut

Anteilnahme kann über das Gefühl der Zugehörigkeit erfahren werden

Anteilnahme zeigt sich vornehmlich in Respekt, Liebe und Vertrauen.

Es geht dabei auch darum, das Bewusstsein über die Fähigkeiten und den Beitrag von
Menschen mit Behinderungen zur Gesellschaft zu fördern und Klischees, Vorurteile und
schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen zu bekämpfen (BRK).

Um Anteilnehmen zu können, wird der Akzeptanz der Menschen mit Behinderungen als
Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit ein grosser Stellenwert
zugeschrieben. (BRK)

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Funktionale Gesundheit und UN-BRK – Grundlagen für ein Konzept gelingender Teilhabe
Personenbezogene Qualitäten                                              Qualitäten des Raumes
Stabilität und Sicherheit                                                Möglichst ‘normalisierte’
Wertschätzung und –schöpfung                                             Teilhabebedingungen, welche
Vielfalt                                                                 sich am Lebens- und am
gute Lebensenergie                                                       Entwicklungsalter der
                                                                         TeilnehmerInnen orientieren

Kompetente Teilhabe von der Person                    Kompetente Teilhabe vom Raum
aus gesehen                                           aus gesehen
Persönlichkeitsentwicklung als Kompetenzentwicklung   Regelbezogenes Leben
                                                      Was darf / soll gemacht werden und was nicht?
•Entwicklung einer stabilen und positiv besetzten     • Das Angebot von Aktivitäten und
Selbstkonzeption (Psychologisches Selbst /            Teilhabemöglichkeiten
Körperselbst)                                         • Das Angebot von Gestaltungsmöglichkeiten
•Personbezogene Kompetenzen
•Handlungskompetenzen
•Kognitive Kompetenzen u.a.

                                                      Kompetente Begleitung / Hilfe
                                                      Teilhabebezogene Begleitung und Unterstützung
                          Qualitäten der Hilfe        • Die Teilhabemöglichkeiten kennen
                          •‘Choreograph’              • Die Teilhabemöglichkeiten aufzeigen
                          •Begleitung (MIT)           • Selbstverantwortung (den Willen) stützen
                          •Beratung (TIP)             • Informationen geben, beim Lernen helfen
                          •Kulturvermittlung (VOR)    • Beim Üben helfen
                          •Mediation (VER-)           • Beim Können helfen
                          •Fürsorge (FÜR/GEGEN)       • Fürsorge

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Anforderungen an die Tagesstätten als Teilhabeorte und die professionellen
Hilfe

•   Eine Tagesstätte und ihre MitarbeiterInnen können von sich aus nicht die Welt und
    nicht die Gesellschaft verändern

•   Inklusion muss ein gemeinschaftliches und gesellschaftliches Ziel und Anliegen
    sein

•   Die Tatsache aber, dass es Tagesstätten gibt, muss nicht alte Formen der
    Ausgrenzung bedeuten

•   Die Tagestätte kann mit ihren Angeboten und Hilfen Lebens- und
    Entwicklungssituationen anbieten, in denen alle Menschen beteiligt sind, weil sie
    Teil haben, Teil sind, sowie Teilnehmen und Anteil nehmen

•   Bestehende Angebote und Zusammenarbeitsformen müssen mit Bezug auf die vier
    Dimensionen vertieft reflektiert werden und es müssen offenere Strukturen
    entwickelt werden, die Teilhabe ermöglichen und nachhaltig gewährleisten

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