Integration psychisch kranker und behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt - Werkstattbericht zur EQUAL Entwicklungspartnerschaft

 
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Integration psychisch kranker und
behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt

Werkstattbericht zur EQUAL Entwicklungspartnerschaft
apk – Arbeit für psychisch kranke
und behinderte Menschen
Integration psychisch kranker und
                                                                  behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt
               Werkstattbericht zur EQUAL Entwicklungspartnerschaft
               apk – Arbeit für psychisch kranke und behinderte Menschen

                       INHALT

                       1         Einleitung................................................................................................................ 1
                       2         Integration von psychisch kranken und behinderten Menschen in Arbeit
                                 – zum Stand der Diskussion ................................................................................. 2
                       3         Entstehungszusammenhang der EQUAL Entwicklungspartnerschaft apk ....... 7
                       4         Das Konzept der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft apk .................................. 9
                       4.1       Vernetzte Kompetenz............................................................................................... 9
                       4.2       Das Zielsystem der Entwicklungspartnerschaft .......................................................10
                                 Zielebene 1: Netzwerk der Hilfesysteme ................................................................11
                                 Zielebene 2: Ausbau von Methoden zur individualisierten Hilfeplanung .................13
                                 Zielebene 3: Verbesserung individueller Integrationsprozesse ...............................14
                                 Zielebene 4: Weiterentwicklung von arbeits- und beschäftigungsfördernden
                                              Maßnahmen ......................................................................................16
                                 Zielebene 5: Sensibilisierung von Arbeitgebern und Öffentlichkeit .........................17
                       5         Zum Stand der Umsetzung des Arbeitsprogramms ...........................................19
                       5.1       Bisherige Praxiserfahrungen der Teilprojekte..........................................................19
                       5.2       Perspektiven für den Mainstreamingprozess...........................................................23

                                                                    Bearbeitung Lawaetz-Stiftung:
                                                                            Peer Gillner
                                                                            Katrin Triebl

                                                         Fachliche Unterstützung und Autoren des Kapitels 2
                                                                       PD. Dr. Peter Brieger
                                                                        Dr. Andreas Weber

gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
und dem Europäischen Sozialfonds
Werkstattbericht apk / EQUAL

                                                                                                        1

1     Einleitung
Die aus dem Europäischen Sozialfonds kofi-            Die Entwicklungspartnerschaft „apk – Arbeit
nanzierte     Gemeinschaftsinitiative      EQUAL      für psychisch kranke und behinderte Men-
zielt auf die Erprobung neuer Wege zur Be-            schen“ findet ihren Entstehungszusammen-
kämpfung von Ungleichheiten zwischen Ar-              hang in einer Entwicklung, die bereits in den
beitsuchenden und Arbeitenden auf dem Ar-             1990er Jahren unter dem Stichwort der Teil-
beitsmarkt. Die Strategie der Gemeinschafts-          habe psychisch kranker Menschen an Arbeit
initiative zeichnet sich dadurch aus, dass in-        und Beschäftigung einsetzte. Unter Koordina-
novative Ansätze der Arbeitsmarktpolitik in           tion der AKTION PSYCHISCH KRANKE
unterschiedlichen thematischen Schwerpunk-            wurde ab 2004 vom damaligen Bundesminis-
ten gefördert werden, die nach einem Erpro-           terium für Gesundheit und Soziale Sicherung
bungsprozess durch das Mainstreamingver-              ein Modellprojekt mit diesem Schwerpunkt
fahren in regionale Systeme zu überführen             durchgeführt. Dieses Modellprojekt wird in
sind. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen von             seiner Bedeutung als Vorläufer zur EQUAL-
Projektverbünden        -      Entwicklungspartner-   Entwicklungspartnerschaft dargestellt.
schaften - unter der besonderen Berücksich-           Ein Kapitel über das integrierte Konzept und
tigung von Querschnittszielen.                        die Implementierung der Entwicklungspart-
Dieser Werkstattbericht ist im Rahmen der             nerschaft bildet den Schwerpunkt dieses
begleitenden Evaluation der bundesweiten              Werkstattberichtes. Hier werden die unter-
EQUAL-Entwicklungspartnerschaft            „apk   –   schiedlichen Zieldimensionen des Netzwer-
Arbeit für psychisch kranke und behinderte            kes genau beschrieben und im Hinblick auf
Menschen“ erstellt worden.                            deren Umsetzungen (durch operationalisierte

Vor dem Hintergrund der besonderen Aus-               Teilziele und entsprechende Maßnahmen)

richtung der Entwicklungspartnerschaft liefert        dargestellt. Schließlich gibt der Bericht einen

der Werkstattbericht in einem Beitrag der             kurzen Einblick in die bisherige Umsetzung

Kollegen Dr. Andreas Weber (MLU Halle Wit-            des Arbeitsprogramms seit Mitte 2005 und

tenberg) und PD. Dr. Peter Brieger (Ärztlicher        eröffnet in einem abschließenden Kapitel die

Direktor des Bezirkskrankenhauses Kemp-               Diskussion zu den Perspektiven eines nach-

ten) zunächst eine Beschreibung der Aus-              haltigen Ergebnistransfers im Rahmen des

gangslage für die Integration psychisch kran-         Mainstreamings.

ker und behinderter Menschen in den Ar-
beitsmarkt.
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2     Integration von psychisch kranken und behinderten Menschen in Arbeit
      – zum Stand der Diskussion
Psychische Erkrankungen sind häufig: Mehr           Erkrankungen zeigte sich, dass 72% der un-
als 27% der erwachsenen Europäer leiden             tersuchten Patienten mit Schizophrenie im
mindest einmal im Leben unter relevanten            Laufe der Erkrankung einen beruflichen Ab-
psychischen Störungen. Die EU geht davon            stieg im Vergleich zu ihrem prämorbiden
aus, dass zum Jahr 2020 Depressionen in             Leistungsniveau        erfahren      mussten
den Industriestaaten die zweithäufigste Ursa-       (Marneros, Deister & Rohde, 1991). Gerade
che     von     Erkrankungen      sein     werden   für Personen mit chronischen psychischen
(Europäische Gemeinschaften, 2005). Psy-            Erkrankungen scheint aber eine vorzeitige
chische Störungen bedingen Leid und Beein-          Berentung oft als einzige Lösung in Betracht
trächtigungen: Nach Zahlen von WHO und              zu kommen (Brieger, Bloink, Rottig, et al,
Weltbank machen psychisch behinderte ei-            2004; Clouth, 2004). Chronisch psychisch
nen Anteil von mehr als einem Fünftel der           kranke Menschen, die frühzeitig berentet
Zahl dauerhaft behinderter Menschen aus             werden, haben jedoch meist nur geringe
(Murray, Lopez & WHO, 1996).                        Rentenbeiträge geleistet und können folglich

Symptome psychischer Erkrankungen bedin-            nur geringe Zahlungen erwarten. Zwar stellt

gen regelhaft deutliche Erschwernisse für ei-       für manche Betroffene eine Berentung eine

ne erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsleben.           finanzielle Absicherung dar, die damit ein-

Psychiatrische Symptome (z.B. Antriebsstö-          hergehenden Leistungen sind aber oftmals

rungen, die die Betroffenen daran hindern,          niedrig. Auch geht zumeist der Zugang zur

aus dem Bett zu kommen, um zur Arbeit zu            Finanzierung weiterer rehabilitativer Maß-

gehen; Wahnvorstellungen, die Arbeitsbezie-         nahmen verloren.

hungen beeinträchtigen können; Konzentrati-         Diese Entwicklungen und Fakten müssen je-
onsstörungen, die Ausdauer und Durchhalte-          doch auch im Zusammenhang mit gesamt-
vermögen beeinträchtigen) schränken die             gesellschaftlichen   Entwicklungen   gesehen
Fähigkeit ein, einer Arbeitstätigkeit nachge-       werden:     So beschrieb der Soziologie Ri-
hen zu können. Die Betroffenen selbst neh-          chard Sennett schon in seinem Essay “Der
                                                                             1
men sich als stark beeinträchtigt wahr und          flexible Mensch” (1998) die Arbeitssituation
erkennen, dass die Erkrankung ihre Leistun-         und Lebensgestaltung verschiedener Men-
gen im Beruf mindert (Baron & Salzer, 2002).        schen aus der Lower East Side in Manhattan.
Arbeitsunfähigkeit und bei Chronifizierung          Seine Grundintention war es, anhand von
Erwerbsminderung sind Folgen. Die Deut-             Fallbeispielen aufzuzeigen, wie Menschen
sche Rentenversicherung weist in ihrer Sta-         sich angesichts der Herausforderungen des
tistik aus, dass im Jahr 2004 26,5% (Männer)        modernen Arbeitslebens gezwungen sehen,
bzw. 37,2% (Frauen) der neu bewilligten Er-         „flexibel” zu werden, d.h. sich den Erforder-
werbsminderungsrenten aufgrund von psy-             nissen einer diffusen und von Brüchen in Er-
chischen      Erkrankungen     bewilligt   wurden
(Deutsche Rentenversicherung, 2006). In ei-
ner Langzeituntersuchung zum beruflichen            1
                                                        Im englischen Original interessanterweise
und sozialen Outcome schwerer psychischer               “Corrosion of character”.
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                                                                                                     3

werbsverläufen gekennzeichneten Arbeits-           de. Vor allem der Wechsel und/ oder der
welt anzupassen. Die Geschwindigkeit von           Verzicht im Bereich der zum Teil dauerhaft
Veränderungen, die Anforderungen des le-           benötigten, gewohnten medizinischen und
benslangen        (Er-) Lernens auf dem sich       therapeutischen Einrichtungen müssen als
ständig wandelnden Arbeitsmarkt, haben Un-         weiteres Hemmnis für das flexible Anbieten
sicherheit und Instabilität bezüglich qualifika-   der eigenen Arbeitskraft gesehen werden.
torischer Anforderungen zur Norm werden            Nach einer Umfrage aus den 90er Jahren
lassen. Die kurzfristig angelegten Gewinn-         (Angermeyer & Matschinger, 1996) waren le-
maximierungsstrategien im Sinne der Ar-            diglich 5.6% der chronisch psychisch kranken
beitsplatzsicherung stehen nach Sennett im         Menschen vollbeschäftigt, 6.5% waren teil-
völligen Gegensatz zu den auf Langfristigkeit      zeitbeschäftigt, weitere ca. 20% verfügten
angelegten Prozessen der Sozialintegration,        über einen geschützten Arbeitsplatz. In beruf-
des Wurzelschlagens, der Charakterbildung.         licher Rehabilitation befanden sich ca. 5%.
Anhand mehrerer Beispiele aus der US-              Diese Daten korrespondieren mit internatio-
amerikanischen (Industrie-) Gesellschaft ver-      nalen Befunden, nach denen in Europa die
sucht Sennett nachzuzeichnen, dass wir uns         Beschäftigungsraten psychisch Kranker le-
in einer nie zuvor da gewesenen Phase des          diglich zwischen 10% und 20% liegen. Bei
Kapitalismus, nämlich eines neuen, flexiblen       ersterkrankten schizophrenen Patienten zeig-
Kapitalismus befinden, in dem allein die An-       ten sich zunächst zwar Beschäftigungsraten
forderungen des Arbeitsmarktes hinsichtlich        von 52% bis 65%, die bei Fortbestehen der
Flexibilisierung alle anderen Sozialprozesse       Erkrankung innerhalb kurzer Zeit aber auf
dominieren. Entscheidend ist seine Befürch-        25% bis 49% fielen (Marwaha & Johnson,
tung, das US-amerikanische Arbeitsmarktge-         2004).
schehen mit seinem Zwang zur Flexibilisie-
                                                   Keine Arbeit oder Beschäftigung zu haben
rung könnte auch den europäischen Raum
                                                   oder solche zu verlieren, verschlechtert das
erfassen, - mit allen Vor-, aber vor allem mit
                                                   psychische Befinden und bedingt wieder
allen Nachteilen. In einer von solchen Ele-
                                                   psychische Störungen bzw. eine Verschlech-
menten geprägten Arbeitswelt ist es einsich-
                                                   terung des psychischen Befindens (Kates,
tig, dass die Entwicklung von Werten, insbe-
                                                   Greiff & Hagen, 1990). Soziale Isolation ist
sondere des Selbstwertgefühls, stärker denn
                                                   eine offensichtliche Konsequenz (Boardman,
je von den qualifikatorischen Ressourcen des
                                                   Grove, Perkins, et al, 2003). Entsprechend
Individuums am Arbeitsmarkt abhängig wer-
                                                   hat die EU Kommission im Entwurf zum
den wird.
                                                   Grünbuch     zur   psychischen     Gesundheit
Überträgt man diese Gedanken nun explizit          (Europäische Gemeinschaften, 2005) Ar-
auf die Situation behinderter und psychisch        beitslosigkeit als Risikofaktor psychischer Er-
kranker Menschen auf dem Arbeitsmarkt der          krankungen benannt, während soziale Parti-
Zukunft, so ist klar erkennbar, dass gerade        zipation (die regelhaft Konsequenz von Er-
der Zwang zu Mobilität und Flexibilisierung,       werbstätigkeit ist) als Schutzfaktor aufgeführt
auch in räumlicher Hinsicht, einem stärkeren       wird. Richard Warners Metaanalyse (2004)
Bedürfnis von chronisch kranken Menschen           zum Langzeitverlauf der Schizophrenie zeig-
nach Sozialintegration entgegenstehen wür-         te eindrucksvoll, dass während des letzten
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                                                                                                         4

Jahrhunderts die allgemeine Arbeitsmarktsi-           •   die Möglichkeit, normale soziale Rollen

tuation ein wesentlicher prognostischer Fak-              zu erfüllen und einer chronischen Kran-
tor war: In Zeiten der Vollbeschäftigung war              kenrolle entgegenzuwirken
der soziale Ausgang der Schizophrenie deut-           •   ein Kriterium für Genesung
lich besser als in Zeiten hoher Arbeitslosig-         •   sozialen Status und Identität
keit.                                                 •   soziale Kontakte und Unterstützung
Eine kontrollierte Studie aus Deutschland hat         •   Tagesstrukturierung.
kürzlich gezeigt, dass berufliche Rehabilitati-
on und Integration belegbare positive Effekte         Berufliche Rehabilitation strebt dementspre-
auch 9 Monate nach der Maßnahme hat – für             chend neben einer Reduktion psychischer
verschiedene Erfolgsparameter wie Wieder-             Symptomatik im Wesentlichen die Förderung
eingliederung, Beschäftigung und Lebens-              und Entwicklung sozialer Fertigkeiten und die
qualität (Brieger, Watzke, Galvao, et al,             günstige Gestaltung der Umgebungsbedin-
2006). Trotz dieser Erkenntnisse werden psy-          gungen an. Das dabei vorrangige Ziel stellt
chisch Behinderte sozialrechtlich bis heute in        die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben
der beruflichen Rehabilitation und Integration        dar bzw. eine Wiedereingliederung ins Ar-
benachteiligt     (Aktion      Psychisch   Kranke,    beitsleben innerhalb einer befristeten Zeit.
2004; Lehmann, 1999). Zwar stellt die beruf-          Dieses Ziel ist nicht nur für die Erreichung ei-
liche Rehabilitation oder Arbeitsrehabilitation       nes Einkommens von zentraler Bedeutung,
insgesamt einen wichtigen Leistungsaspekt             sondern vor allem auch für die soziale Aner-
der Kostenträger in der Bundesrepublik dar,           kennung, das Selbstwertgefühl, die Identität
Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation          und die Teilhabe am gesellschaftlichen Le-
psychisch Kranker sind jedoch vergleichs-             ben. Dabei kann es jedoch in Zeiten, in de-
weise rar. Insgesamt wurden im Jahre 2001             nen nicht allen gesunden Mitgliedern der Ge-
7,3 Mrd. Euro für Leistungen zur Teilhabe am          sellschaft ein Arbeitsplatz angeboten werden
Arbeitsleben aufgewendet – jedoch erfolgten           kann, nicht das alleinige Ziel der Arbeitsre-
nur etwa ein Prozent aller beruflichen Reha-          habilitation sein, eine Beschäftigung auf dem
bilitationsmaßnahmen           bei   Menschen   mit   ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Bereits
schweren         psychischen          Erkrankungen    Morgan und Cheadle (1975) konnten zeigen,
(Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitati-          dass eine Wiedereingliederung psychisch
on, 2003).                                            Kranker auf dem ersten Arbeitsmarkt ab 2%
                                                      Grundarbeitslosigkeit problematisch, ab 6%
Die „Aktion Psychisch Kranke“ (2004) geht
                                                      nahezu unmöglich erscheint. Ausgehend von
davon aus, dass die Teilhabe am Arbeitsle-
                                                      dieser Ergebnislage wird deutlich, dass die
ben für Personen mit psychischen Beein-
                                                      Fokussierung auf die Wiedereingliederung
trächtigungen große Bedeutung hat. Arbeit
                                                      der Erkrankten in den allgemeinen Arbeits-
verschafft:
                                                      markt zu kurz greift. Rehabilitative Einrich-
•    die Möglichkeit persönlicher Erfolge und
                                                      tungen folgen zunehmend einem biologisch-
     Sicherheit durch Bewältigung äußerer
                                                      psychosozialen Krankheitsmodell und sehen
     Anforderungen
                                                      ihre Zielsetzung verstärkt auch in einer Stabi-
                                                      lisierung der Symptomatik, Vermittlung psy-
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choedukativer Inhalte sowie sozialer Kompe-          rationsfachdienste), Integrationsfirmen, Zu-
tenzen.                                              verdienstprojekte und auch Werkstätten für
Im Zuge einer fortschreitenden institutionel-        behinderte Menschen zu nennen. Berufsbil-

len Differenzierung hat sich in Deutschland          dungs- und Berufsförderungswerke standen

eine große konzeptionelle und inhaltliche            zunächst ausschließlich Menschen mit kör-
Vielfalt an Rehabilitationseinrichtungen ent-        perlichen bzw. Sinnesbehinderungen         zur

wickelt, so dass es immer schwieriger wird,          Verfügung, heute nehmen nahezu alle Be-

einen vollständigen Überblick zu erhalten            rufsförderungswerke (BFW) auch Menschen

(Aktion Psychisch Kranke, 2004; Albrecht &           mit psychischen Behinderungen auf. Berufs-

Bramesfeld, 2004). Mit den Rehabilitations-          bildungswerke (BBW) stehen bundesweit in

einrichtungen für psychisch Kranke (RPK)             nur zwei Fällen ausschließlich psychisch be-

wurde für die Zielgruppe der Personen mit            hinderten Personen zur Verfügung, fünf wei-

seelischen Beeinträchtigungen ein spezifi-           tere Einrichtungen dieses Typus nehmen

sches Angebot zur integrierten medizinisch-          psychisch Kranke in nennenswertem, neun

beruflichen Leistungserbringung unter Einbe-         weitere in geringerem Umfang auf, alle ande-

ziehung verschiedener Leistungsträger ent-           ren nur im Einzelfall (Bernhardt, 2002). Beruf-

wickelt (Weig & Schell, 2005). Das Hilfean-          liche Trainingszentren (BTZ) sind als Kon-

gebot umfasst in der Regel ärztliche Behand-         zepte der wohnortnahen Rehabilitation spe-

lungen sowie Psycho-, Beschäftigungs- und            ziell für psychisch behinderte Menschen ein-

Arbeitstherapie.         Belastungserprobungen,      gerichtet worden. Das hier angebotene Leis-
Bewegungstherapien,            soziotherapeutische   tungsspektrum    umfasst    im   Wesentlichen

Trainings und berufsvorbereitende Maßnah-            Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen,

men bilden weitere integrale Bestandteile, die       Arbeitserprobungen und Berufsfindung, in
von interdisziplinären Teams angeboten und           Einzelfällen auch die Ausbildung. Den BFW,

durchgeführt werden. Waren in den 80er Jah-          BBW und BTZ ist gemeinsam, dass sie von

ren zunächst zentrale, stationäre und relativ        den Rehabilitanden ein hohes Maß an Stabi-
große RPKs empfohlen worden, die ur-                 lität und Belastbarkeit fordern, so dass eine

sprüngliche Empfehlungsvereinbarung der              zunächst halbschichtige, später vollschichtige

BAR (Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilita-           Einsetzbarkeit gewährleistet ist. Werkstätten

tion) ging von mindestens 50 Plätzen aus, so         für behinderte Menschen (WfbM) weisen

hat sich in den 90er Jahren, auch im Zuge            demgegenüber die niedrigsten Anforderun-

des neuen Paradigmas der personenzentrier-           gen an die Belastbarkeit der Rehabilitanden
ten Hilfen, eine Abkehr von solchen stationä-        auf. Nach Art und Schwere der Behinderung

ren Großeinrichtungen durchgesetzt. Neben            werden    Beschäftigungsmöglichkeiten       für

den RPKs tragen andere Einrichtungstypen             grundsätzlich alle behinderten Menschen an-
wesentlich zur beruflichen Rehabilitation psy-       geboten. Diese Einrichtungen verfügen über

chisch Kranker und Behinderter bei. Hier sind        ein dichtes Netz wohnortnaher Angebote,

vor allem Berufsbildungswerke, Berufsförde-          stellen jedoch nur ein kleines Segment aus
rungswerke,       Berufliche     Trainingszentren,   dem Spektrum der beruflichen Rehabilitati-

Einrichtungen der ambulanten Arbeitsthera-           onsleistungen zur Verfügung, so z.B. eine

pie, begleitende Hilfen (einschließlich Integ-       angemessene berufliche Bildung und Be-
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                                                                                                        6

schäftigung     zu    einem    leistungsgemäßen      arbeitsrechtlichen    Bedingungen      Deutsch-
Entgelt sowie Förderangebote zur Erhaltung           lands erfolgreich ist, ist aber bislang offen.
der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit. Bezüg-          Dies zu erforschen und - im Sinne von “trial
lich gewerblicher und gemeinnütziger Bil-            and error“ - aktiv zu implementieren, ist für
dungsträger liegt bislang keine systematische        die Lebens- und Arbeitssituation psychisch
Übersicht vor. Die hier erbrachten Leistungen        kranker Menschen angesichts der sich immer
sind inhaltlich vielfältig und folgen unter-         weiter wandelnden Arbeitsmärkte und der
schiedlichen Zielstellungen. In vielen Fällen        damit verbundenen qualifikatorischen Anfor-
sind sie aus sozialrechtlicher Perspektive           derungen auch im Sinne der Identitätsbildung
nicht unter den Begriff „Rehabilitation“ zu          unerlässlich.
subsumieren, sondern stellen Maßnahmen
                                                     Erving Goffman hat den Begriff der Identität
der „beruflichen Integration“ dar.
                                                     in drei Kategorien einteilt:
Ein neues, in Deutschland jedoch bisher we-
                                                     •   Die Soziale Identität: Auf Grund eines
nig praktiziertes Prinzip der beruflichen Wie-
                                                         Merkmals wird das Individuum einer so-
dereingliederung stellt das Paradigma des
                                                         zialen Gruppe zugeordnet.
„Supported Employment“ bzw. dessen ma-
nualisierte Interventionsform „Individual Pla-       •   Die Persönliche Identität (Goffman 1967:
cement and Support“ (Becker & Drake, 1994)               72ff.), die auf der “Identifizierbarkeit ei-

dar. Dieser in den USA entwickelte Ansatz                nes bestimmten Individuums im sozialen

unterstützender Beschäftigung stellt die Plat-           Umfeld” (Cloerkes 1997:153) fußt und

zierung am alten oder neuen Arbeitsplatz in              die

den Mittelpunkt („first place, then train“). Ziel-   •   Ich-Identität, die aus dem subjektiven
gruppe sind Personen, die noch nicht ins Ar-             ”Selbst-Bewusstsein”, das ein Individuum
beitsleben integriert waren oder nicht mehr              auf Grund seiner sozialen Erfahrungen
an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren                 und    seiner    Selbstreflexion   ausbildet
können sowie Rehabilitanden, die Probleme                (Goffman 1967: 132f.), erwächst.
bei der Rückkehr an den alten Arbeitsplatz           Der Aufbau eines Identitätskonzepts aus den
haben. Das Vorgehen ist hier durch Vorberei-         genannten Elementen betrifft die Würde ei-
tungstrainings       und   Leistungserprobungen,     nes jeden Menschen.
das Platzieren am alten oder an einem neuen
                                                     Zum freien und individuellen Erwerb von per-
Arbeitsplatz, dortiges Training und Unterstüt-
                                                     sönlicher Identität beeinträchtigter und leis-
zung sowie Nachbetreuung mit kontinuierli-
                                                     tungsreduzierter Menschen mit psychischen
chem Abbau der Hilfen gekennzeichnet. Die-
                                                     Erkrankungen beizutragen, ist maßgeblich
ser Ansatz wurde in seiner Wirksamkeit in ei-
                                                     auch und gerade Verpflichtung des Sozial-
ner Vielzahl von anglo-amerikanischen Un-
                                                     staates. Arbeit ist hierbei ein wesentlicher
tersuchungen bezüglich der Wiedereingliede-
                                                     Faktor.
rungsquote belegt (Crowther, Marshall, Bond,
et al, 2003), ob er auch unter den sozial- und
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                                                                                                         7

3      Entstehungszusammenhang der EQUAL Entwicklungspartnerschaft apk
Die Erprobung und Implementierung solcher                  mensionalen Krankheitskonzept und mul-
neuer Ansätze ist eine Zielebene der Ent-                  tiprofessioneller Behandlung
wicklungspartnerschaft apk. Dabei kann die           für den stationären ebenso wie für den ambu-
EP auf eine breite Entstehungsgeschichte             lanten und komplementären Bereich der psy-
zurückgreifen. Wie bereits oben erwähnt,             chiatrischen Versorgung zunehmend konkre-
fand in den 90er Jahren ein Paradigmen-              tisiert.
Wechsel – von der Institutionenzentrierung
                                                     Gerade hinsichtlich der beruflichen Rehabili-
hin zu personenzentrierten Hilfen – statt.
                                                     tation von Menschen mit psychischen Er-
Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung
                                                     krankungen bestehen jedoch nach wie vor
war und ist die 1971 von Abgeordneten des
                                                     erhebliche Probleme. So konstatierte die
Bundestages sowie Fachleuten aus dem Be-
                                                     APK 2004 einen erheblichen Handlungsbe-
reich der Psychiatrie gegründete AKTION
                                                     darf: Die Arbeits- und Beschäftigungssituati-
PSYCHISCH KRANKE (APK). Die APK fun-
                                                     on von Menschen mit schweren psychischen
giert seitdem hinsichtlich der Erreichung ge-
                                                     Erkrankungen und seelischen Behinderun-
meindepsychiatrischer Reformziele als Naht-                                        3
                                                     gen ist besorgniserregend. Zum einen sind
stelle zwischen den im Bundestag vertrete-
                                                     diese Menschen fast völlig von der Teilhabe
nen Parteien und der psychiatrischen Fach-
                                                     an Arbeit und Beschäftigung ausgeschlos-
welt. In dieser Eigenschaft hat die APK zahl-
                                                     sen, zum anderen findet das Thema der Teil-
reiche Projekte und Untersuchungen initiiert
                                                     habe auch in den psychiatrischen Hilfesys-
und durchgeführt.
                                                     temen kaum Beachtung. Hier fehlt es sowohl
Allgemein formuliert wurde der Paradigmen-           an ausreichenden dauerhaften Fördermög-
Wechsel zunächst durch die von der APK ini-          lichkeiten für die Teilhabe dieser Personen-
tiierte Beraterkommission zur Begleitung des         gruppe als auch an barrierefreien Arbeits-
Modellprogramms          Psychiatrie   (1980    –    plätzen (deren Anforderungen jedoch auch
        2
1986) . Inzwischen wird diese Umorientie-            hier noch nicht analysiert oder ggf. standardi-
rung                                                 siert sind).
•     von der Institutionenzentrierung zur Per-      Zwar gibt es auf der Ebene einzelner Einrich-
      sonenzentrierung                               tungen und Träger zahlreiche positive Bei-
•     von der Angebots- zur Bedarfsorientie-         spiele und gelungene Ansätze für eine beruf-
      rung                                           liche Rehabilitation psychisch kranker Men-

•     von einer auf Berufsgruppeninteressen          schen, nach wie vor mangelt es aber vor al-

      bezogenen Sichtweise hin zum mehrdi-           lem an regionalen, am personenzentrierten
                                                     Ansatz orientierten Verbundsystemen der Hil-
                                                     fe zur Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung.

2
    Bericht „Empfehlungen der Expertenkommission
                                                     3
    der Bundesregierung zur Reform der Versor-           Projekt: „Bestandsaufnahme zur Rehabilitation
    gung im psychiatrischen und psychotherapeu-          psychisch Kranker“, gefördert durch das Bun-
    tisch/psychosomatischen Bereich“ 1988, Kapitel       desministerium für Gesundheit und Soziale Si-
    C.3 „Die Gemeindepsychiatrie in funktionaler         cherung (2000 – 2003); Bericht: „Individuelle
    Betrachtungsweise“                                   Wege ins Arbeitsleben“, 2004
Werkstattbericht apk / EQUAL

                                                                                                     8

An diesem Problem setzte das von der AK-          alrechtlicher Ansprüche erfolgen und die vor-
TION PSYCHISCH KRANKE in den Jahren               liegenden Konzeptionen („personenzentrier-
2004 bis 2005 durchgeführte Projekt „Teilha-      ten Hilfen“) und Handlungsleitlinien umge-
be an Arbeit und Beschäftigung für psychisch      setzt werden. Weiter sollten Qualitätsstan-
kranke Menschen – Entwicklung regionaler,         dards und Kooperationsstrukturen implemen-
integrierter und personenzentrierter Hilfesys-    tiert sowie letztlich verbindliche Vereinbarun-
teme“ (TAB) an. Ziel des Projektes waren          gen der Leistungserbringer untereinander
zum einen die gezielte Förderung der Ent-         und mit den Leistungsträgern abgeschlossen
wicklung und des Aufbaus regionaler Ver-          werden, um so eine optimale Planung,
bundsysteme       in   Referenzregionen   durch   Durchführung und Evaluation von Hilfen zur
wissenschaftliche Beratung sowie zum ande-        Teilhabe von psychisch kranken Menschen
ren die Aufarbeitung der Ergebnisse für eine      am Arbeitsleben zu erzielen.
Weiterentwicklung des Sozialrechts.               Die in den Referenzregionen entstandenen
Für das Projekt TAB wurden sieben Regio-          regionalen Verbünde sollten schließlich durch
nen ausgewählt, in denen die Systement-           einen gezielten Erfahrungs- und Wissens-
wicklung durch konkrete Aktionen gefördert        transfer auch anderen interessierten Verbün-
wurde. Dabei handelt es sich um folgende          den den Auf- und Umbau von Hilfesystemen
Projektregionen:                                  erleichtern, die zu einer langfristigen Teilhabe

1. Bremen                                         von Menschen mit psychischen Erkrankun-
                                                  gen am (geförderten sowie nicht geförderten)
2. Hamburg
                                                  Arbeitsmarkt beitragen.
3. LK Altenburg / Gera / LK Saalfeld-Rudol-
                                                  Die EQUAL-Entwicklungspartnerschaft „apk
     stadt (Thüringen)
                                                  – Arbeit für psychisch kranke und behinderte
4. Bielefeld (NRW)                                Menschen“ baut auf den Ergebnissen des
5. Ingolstadt/Neumarkt i.d. Oberpfalz (Bay-       Projektes „Teilhabe an Arbeit und Beschäfti-
     ern)                                         gung für psychisch Kranke“ auf. Die positiven

6. LK Ravensburg/Bodenseekreis (Baden-            Erfahrungen, die im Rahmen des TAB-

     Württemberg) sowie                           Projektes beim Aufbau von gemeindepsychi-
                                                  atrischen Verbünden in den Projektregionen
7. Rostock/LK Ostvorpommern (Mecklen-
                                                  gemacht wurden, sollen durch die Entwick-
     burg-Vorpommern)
                                                  lungspartnerschaft unterstützt, beschleunigt
Durch verbindliche Kooperationen und über-        und auf nationaler Ebene verbreitet werden,
einstimmende Ausrichtung an den Prinzipien        wobei die APK als strategischer Partner für
personenzentrierter Hilfeleistung sollten in      die Begleitung des Projektes gewonnen wer-
diesen Regionen die bestehenden Angebote          den konnte.
optimiert werden, eine wissenschaftliche Be-
ratung bei der Umsetzung bestehender sozi-
Werkstattbericht apk / EQUAL

                                                                                                     9

4     Das Konzept der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft apk

4.1     Vernetzte Kompetenz

Die Entwicklungspartnerschaft apk ist eine         großes Maß an Synergieeffekten erwarten. In
bundesweite sektorale Partnerschaft, beste-        einem Prozess der Neuausrichtung von Ver-
hend aus 11 Teilprojekten. Eine Vielzahl stra-     fahren und Instrumenten können die vielfälti-
tegischer Partner aus den Modellregionen           gen Kompetenzen zusammengeführt werden
des TAB-Projektes unterstützt die Entwick-         und intensive Austausch- und Kooperations-
lungspartnerschaft zudem durch eine enge           prozesse erreicht werden.
Kooperation in der regionalen Vernetzung           EQUAL ist ein transnational angelegtes Pro-
von Institutionen. Auch die Teilprojekte selbst    gramm, das für alle Entwicklungspartner-
waren fast alle bereits im TAB-Projekt aktiv       schaften Kooperationen mit Partnern aus an-
eingebunden.                                       deren EU-Ländern verbindlich vorsieht. Die
Darüber hinaus verfügt die EP über einen           Entwicklungspartnerschaft apk arbeitet im
Beirat, in dem relevante Organisationen der        Rahmen der transnationalen Kooperation der
Bundes- und Landesebene zusammenge-                TCA AQuA - Assessment, Qualification and
führt sind. Hierzu zählen Fachverbände, Kli-       Attitude Change - in einem Netzwerk von
niken, Sozialpartner und Kostenträger (Agen-       Partnern aus Krakau (Polen) und Riga (Lett-
tur für Arbeit, Renten- und Krankenversiche-       land) zusammen. Beide Partner verfügen ü-
rungsträger etc.). Der Beirat fällt in der Regel   ber langjährige Erfahrungen zur Integration
strategische Entscheidungen und tagt zwei-         psychisch kranker Menschen in Arbeit – z.B.
mal jährlich.                                      im Rahmen der Betreibung von Integrations-

Das Netzwerk der Entwicklungspartnerschaft         betrieben, aber auch im Kontext von Lobby-

vereint somit eine große Bandbreite an un-         und Öffentlichkeitsarbeit. In der intensiven

terschiedlichen Akteuren und Kompetenzen.          transnationalen Zusammenarbeit werden vor

Auf der Ebene der Teilprojekte finden sich         allem die Themenfelder Assessment, Integra-

einerseits Kliniken und Berufsförderungswer-       tionsbetriebe und Öffentlichkeitsarbeit (trans-

ke, aber auch kleine und regional bereits          nationale Anti-Stigma-Kampagne) fokussiert.

stark vernetzte Integrationsdienstleister und      In diesen Bereichen unterstützt das transna-

Beratungsstellen. Darüber hinaus sind auf          tionale Netzwerk die Entwicklungspartner-

der Ebene der strategischen Partner und des        schaft apk unmittelbar durch konstruktive Im-

Beirats u.a. Bundesländer, Landkreise und          pulse und Erfahrungsaustausch. Die operati-

Kommunen, Kostenträger, fachliche Exper-           ven Partner sind auch in die TCA-Treffen

ten/innen der beruflichen Rehabilitation, Be-      eingebunden.

troffenenverbände etc. eingebunden. Dieses
breite Spektrum lässt wiederum ein überaus
Werkstattbericht apk / EQUAL

                                                                                                                                                10

4.2     Das Zielsystem der Entwicklungspartnerschaft

Die EQUAL-Entwicklungspartnerschaft ‚apk -                                   Analyse von Projektkonzepten und ersten
Arbeit für psychisch kranke und behinderte                                   Experteninterviews eine Systematik entwi-
Menschen’ zielt auf die Verbesserung berufli-                                ckelt, die die jeweiligen Strategieziele der
cher    Integrationsprozesse               für       psychisch               Entwicklungspartnerschaft erläutert und ent-
kranke und behinderte Menschen sowie auf                                     sprechende Ansätze zur Zielverfolgung dar-
die Optimierung der Durchlässigkeit und An-                                  stellt. Da dieses Zielsystem die Grundlage
schlussfähigkeit der Hilfe-/ Unterstützungs-                                 zur wissenschaftlichen Begleitung der part-
systeme. Im Kontext dieser globalen Zielper-                                 nerschaftlichen Netzwerkarbeit über den ge-
spektive setzt sich die Entwicklungspartner-                                 samten EP-Umsetzungszeitraum bildet, ist
schaft differenzierte, aber aufeinander bezo-                                eine zwischen den EP-Partnern geführte Dis-
gene Strategieziele, die durch die eingebun-                                 kussion und Zustimmung von besonderer
denen     Teilprojekte          mit     unterschiedlicher                    Bedeutung. Nachfolgend werden die jeweili-
Schwerpunktsetzung verfolgt werden.                                          gen Strategieziele (siehe Graphik) kurz erläu-
Als eine wesentliche Aufgabe der begleiten-                                  tert.

den Evaluation wurde auf der Grundlage der

Abbildung 4-0: Zielsystem der Entwicklungspartnerschaft

                                                          Gesamtziel

                                            Verbesserung der Integration
                                psychisch kranker und behinderter Menschen in Arbeit

                   Optimierung der Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit der Hilfesysteme

          ZIELEBENE 1             ZIELEBENE 2              ZIELEBENE 3                  ZIELEBENE 4                ZIELEBENE 5

            Netzwerk der              Methoden zur          Verbesserung         Weiterentwicklung von          Sensibilisierung von
            Hilfesysteme          individualisierten         individueller                arbeits- und            Arbeitgebern und
                                     Hilfeplanung        Integrationsprozesse         beschäftigungsför-            Öffentlichkeit
                                                                                     dernden Maßnahmen

          Bildung regionaler         Recherche            Verbesserung von               Schaffung und             Einbeziehung der
          Akteursnetzwerke       personenbezogener          Analyse und               langristige Sicherung          Arbeitgeber in
                                    Hilfeangebote           Assessment               adäquater Arbeits- und       Integrationsplanung
               Regionale                                                                 Beschäftigungs-                                   Mainstreaming
          Koordinierung von       Entwicklung von         Weiterentwicklung                    plätze               Akquisition von
           Hilfemaßnahmen        Verfahren (Hilfeplan-     passgenauer                                             Arbeitsplätzen im
                                      konferenz,           Qualifizierung                    Ausbau                  allgemeinen
           Optimierung des       Case-Management)                                    arbeitsmarktorientierter        Arbeitsmarkt
              Zugangs zu                                     Entwicklung                 Förderangebote
          bedarfsgerechten      Weiterentwicklung von      generalisierbarer                                        Ergebnis- und
          Hilfen zur Teilhabe    Instrumenten (z.B.       personenzentrierter                                     Erfahrungstransfer
                                    IBRP, flexible          Förderverfahren                                      (Öffentlichkeitsarbeit)
                                Integrationsansätze)

               Organisation                      Methodenentwicklung                                     Integration
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                                                                                                  11

Das Gesamtzielsystem der Entwicklungs-          gen, sich aber im Sinne einer integrierten Hil-
partnerschaft richtet sich an die Verbesse-     feleistung prozessual aufeinander beziehen.
rung der Integration psychisch kranker und      Idealerweise bildet die Umsetzung der Stra-
behinderter Menschen in Arbeit sowie an die     tegieziele eine Prozesskette von der Organi-
Optimierung der Systeme, Methoden und In-       sation des Hilfeprozesses über die Entwick-
strumente im Hinblick auf deren Anschluss-      lung und den Einsatz von Methoden und In-
fähigkeit und Durchlässigkeit. Diese Global-    strumenten bis hin zur nachhaltigen Integra-
ziele werden konzeptionell durch fünf Strate-   tion psychisch kranker und behinderter Men-
gieziele verfolgt, die jeweils eigenständige    schen in Arbeit.
Maßnahmen und Aktivitäten zu Grunde le-

Zielebene 1:
Netzwerk der Hilfesysteme

Das strategische Ziel dieser ersten Zielebene   Akteure. Ein wichtiger Aspekt dabei ist daher
wird die Implementierung eines umfassenden      vor allem die Einbindung der Kosten- und
Netzwerkes der Hilfesysteme sein. Unter         Leistungsträger, aber auch von Betrieben,
Einbindung aller relevanten Akteure geht es     Behörden und Unternehmen. Eine besondere
hier um den Aufbau einer gemeinsame Bera-       Bedeutung dabei hat zurzeit die Sensibilisie-
tungs- und Interventionskompetenz im regio-     rung der Mitarbeiter/innen der ArGe´n, die als
nalen Kontext, aber auch in überregionalen      neue Akteure im Kontext des SGB II hinzu-
Zusammenhängen und über administrative          gekommen sind.
und regionale Grenzen hinaus. Zielgruppe        Die Übersicht stellt die drei operativen Ziel-
dieses strategischen Zieles sind also sämtli-   ebenen „Bildung regionaler Akteursnetzwer-
che Partner des Integrationsprozesses.          ke“, „regionale Koordinierung von Hilfemaß-
Zur Verbesserung und regionalen Abstim-         nahmen“ und „Optimierung des Zugangs zu
mung von Hilfesystemen und –angeboten           bedarfsgerechten Hilfen zur Teilhabe“ sowie
steht die Bildung regionaler Akteursnetzwer-    die jeweiligen in der Entwicklungspartner-
ke im Vordergrund, die der Vernetzung regi-     schaft geplanten Maßnahmen und Aktivitäten
onaler Angebote zu einer integrierten Hilfe-    dar.
struktur dienen. Erreicht werden soll dies
durch eine intensivere Zusammenarbeit der
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                                                                                                                  12

Abbildung 4-1: Zielebene „Netzwerk der Hilfesysteme“

         Strategische Ziele        Operative Ziele          Maßnahmen und Aktivitäten der Teilprojekte

                                                           Vernetzung regionaler Angebote zu einer integrierten
                                                           Hilfestruktur

                                                           Akquisition und Einbindung von regionalen Akteuren
                                Bildung regionaler
                                                           und Kostenträgern
                                Akteursnetzwerke

                                                           Zusammenarbeit mit Institutionen, Unternehmen,
                                                           Behörden und Personaldienstleistern

                                                           Aufbau regionaler Hilfeplankonferenzen

                                                           Überregionale Struktur- und Angebotsanalyse,
          Netzwerk                   Regionale             Transfer geeigneter Ansätze
              der               Koordinierung von
                                 Hilfemaßnahmen             Entwicklung gemeinsamer Daten- und
         Hilfesysteme                                       Beratungskompetenz im regionalen Kontext

                                                           Vernetzung und Koordinierung arbeitsrehabilitativer
                                                           Maßnahmen

                                                           Aufbau eines einzelfallbezogenen
                                 Optimierung des           Abstimmungsverfahrens über Art und Umfang von
                                                           Hilfeleistungen
                                     Zugangs zu
                                 bedarfsgerechten
                                 Hilfen zur Teilhabe       Abstimmung über eine integrierte Hilfeplanung
                                                           (Zuständigkeit und Art des Hilfeplanverfahrens)

Im Rahmen dieser Netzwerke sollen die per-             führt werden und ein Transfer geeigneter An-
sonenzentrierte Hilfemaßnahmen strukturiert            sätze erfolgen.
und koordiniert werden. Eine wesentliche               Letztendlich soll eine optimierte Zusammen-
Aufgabe geknüpfter Netzwerke wird der Auf-             arbeit durch Vernetzung dazu dienen, einen
bau bzw. die Durchführung regionaler Hilfe-            möglichst individuell passgenauen Zugang zu
plankonferenzen sein, um arbeitsrehabilitati-          bedarfsgerechten Hilfen zur Teilhabe am Ar-
ve Maßnahmen personenorientiert planen                 beitsleben zu ermöglichen.
und anwenden zu können. Auch überregional
sollen bestehende Angebote zusammenge-
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                                                                                                   13

Zielebene 2:
Ausbau von Methoden zur individualisierten Hilfeplanung

Im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft           In einem weiteren Schritt sollen im Rahmen
sollen integrierte und personenzentrierte Hil-    der Entwicklungspartnerschaft passende Ver-
fesysteme und Leistungen entwickelt werden,       fahren zur Umsetzung eines integrierten Hil-
die sich auf eine Integration von Personen in     feprozesses entwickelt und angewandt wer-
reguläre Arbeitsprozesse beziehen. Hierzu         den. Die Systematisierung von personenbe-
gehören arbeitsmarktorientierte Analyse-, Be-     zogener Analyse und Prozessdokumentation,
ratungs-, Assessment- und Qualifizierungs-        die Entwicklung eines Fallmanagements (et-
maßnahmen. Bei diesem Ziel geht es also           wa durch eine Hilfeleistungen koordinierende
um den Ausbau des Hilfeplanungsprozesses,         Bezugsperson) sowie die Durchführung von
erreicht werden sollen die Dienstleister, de-     Hilfeplankonferenzen sind hierbei tragende
ren Angebote für die Zielgruppe der psy-          Bausteine des Systems.
chisch erkrankten Menschen optimiert wer-         Die dritte operative Zielebene bilden schließ-
den sollen.                                       lich die Entwicklung bzw. spezifische Anpas-
Im Kontext dieses strategischen Zieles sollen     sung von Instrumenten und deren Einsatz.
zunächst personenbezogene Hilfeleistungen         Das zentrale Instrumente ist hierbei der IBRP
recherchiert werden, um ein breites Spekt-        (Integrierter Behandlungs- und Rehabilitati-
rum möglicher Instrumente und Verfahren           onsplan), der im Hinblick auf einen passge-
ermitteln, abbilden und schließlich in den Hil-   nauen Prozess der Hilfe zur Teilhabe am Ar-
feplanungsprozess einbringen zu können.           beitsleben hinsichtlich Form und Inhalt sowie
Hierzu gehören vor allem arbeitsmarktrele-        seiner Entstehung und Nutzung zu erproben
vante Analyseverfahren und Potenzialfest-         und ggf. zu verändern sein wird. Zudem sol-
stellungen, aber auch personenbezogene In-        len flexible und personenbezogene Integrati-
tegrationshilfen, die unter Beteiligung der       onsansätze als Bausteine eines Hilfeprozes-
Klienten/innen selbst geplant werden sollen.      ses – inklusive der Einrichtung individuell a-
Im Sinne eines integrierten und integrieren-      däquater Beschäftigungsverhältnisse – ent-
den Hilfeprozesses sollen im Rahmen der           wickelt, geplant und erprobt werden.
Planungen insbesondere personenbezogene           Die nachfolgende Übersicht stellt die drei o-
Förderketten implementiert werden, die je-        perativen   Ziele   anhand    entsprechender
weilige Schnittstellen und Maßnahmeüber-          Maßnahmen und Aktivitäten der Entwick-
gänge strukturieren.                              lungspartnerschaft dar.
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                                                                                                                14

Abbildung 4-2 Zielebene „Methoden zur individualisierten Hilfeplanung““

         Strategische Ziele       Operative Ziele         Maßnahmen und Aktivitäten der Teilprojekte

                                                         Arbeitsmarktorientierte Analyseverfahren und
                                                         Potenzialfeststellung

                                  Recherche von          Identifikation individueller Integrationsmaßnahmen
                                     personen-
                                   bezogenen
                                                         Personenzentrierte Hilfeplanung und Beteiligung der
                                  Hilfeangeboten
                                                         Nutzer/innen

                                                         Rechtzeitige Vorbereitung aufeinander aufbauender
                                                         Förderangebote (Förderketten)

                                                         Entwicklung von Case-Management-Systemen
         Ausbau von
        Methoden zur
                                 Entwicklung von
         individuali-                                    Einrichtung und Erprobung der Hilfeplankonferenz
                                    Verfahren
           sierten
        Hilfeplanung                                     Entwicklung von Assessments und
                                                         Erpobungsmodulen

                                                         Einsatz und Erprobung des IBRP

                                   Entwicklung/
                                    Einsatz von          Entwicklung flexibler Integrationsansätze
                                   Instrumenten
                                                         Planung individueller Beschäftigungsverhältnisse (in
                                                         Art und Bereich auch über bestehende Angebote
                                                         hinaus gehend)

Zielebene 3:
Verbesserung individueller Integrationsprozesse

In Unterscheidung zum vorherigen Strategie-          Eine wichtige Rolle spielt hierbei zunächst
ziel geht es hier primär nicht um die Entwick-       die Erarbeitung arbeitsweltbezogener Analy-
lung von Verfahren und Methoden, sondern             severfahren und individueller Anforderungs-/
um die Verbesserung der unmittelbaren indi-          Leistungsprofile. In der Rehabilitationspraxis
viduellen Integrationsprozesse für Personen          bestehen unterschiedlichste Analyseverfah-
mit Unterstützungsbedarf unter Einbeziehung          ren, die auch von einigen Teilprojekten der
der Betroffenen. Zielgruppe sind hier also die       Entwicklungspartnerschaft angewandt wer-
Teilnehmenden selbst, für die – unter Einsatz        den. Diese Verfahren werden im Rahmen
der in Zielebene 2 entwickelten Methoden             von individuellen Anamnesen im Hinblick auf
und Instrumente – ein optimaler und indivi-          ihre Aussagefähigkeit zum Themenbereich
dueller Weg in Arbeit geschaffen werden soll.        Arbeit und Arbeitsfähigkeit bewertet und ggf.
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                                                                                                                      15

durch spezifische Arbeits- und Belastungs-                  eine Orientierung an Arbeit im allgemeinen
testverfahren     erweitert.    Ein   wesentlicher          Arbeitsmarkt natürlich anzustrebendes Ziel,
Grundsatz bei der Anamnese und beim As-                     aber nicht der alleinige Maßstab für die Er-
sessment ist die kontinuierliche Einbeziehung               folgsbewertung. Wichtiger ist die Orientierung
der Betroffenen in die Entscheidungsfindung.                an den Potenzialen und Bedürfnissen der

Aufbauend auf einem optimierten Analyse-                    Klienten/innen selbst und die Sichtung eines

verfahren sollen passgenaue (Schlüssel-)                    Integrationsprozesses, der Brücken für die

Qualifizierungen, Coaching und Praktika um-                 wichtigsten Übergänge schafft.

gesetzt werden, um Übergänge in Arbeit so-
weit wie möglich zu unterstützen. Dabei ist

Abbildung 4-3: Zielebene „Verbesserung individueller Integrationsprozesse“

           Strategische Ziele            Operative Ziele         Maßnahmen und Aktivitäten der Teilprojekte

                                                                Erarbeitung detaillierter arbeitsweltbezogener
                                                                Anamnesen mit den TN

                                                                Erstellung Anforderungs- und Leistungsprofile sowie
                                      Verbesserung der
                                                                beruflicher Situationsanalysen
                                        Analyse- und
                                        Assessment-
                                                                Begleitung und Einbeziehung der Betroffenen
                                          prozesse
                                                                („gleiche Augenhöhe“)

                                                                Spezifische Arbeits- und Belastungstestverfahren

                                                                Individuelles Coaching und Training on the job
         Verbesserung
                                      Weiterentwicklung
          individueller
                                        passgenauer             Arbeitsplatzbezogene (Schlüssel-) Qualifizierung
          Integrations-                Qualifizierungen
            prozesse
                                                                Arbeitstherapie, Förderung im geschützten Raum,
                                                                externe Arbeitserprobung und Betriebspraktika

                                                                Abstimmung des Planungsprozesses mit
                                                                Kostenträgern und Leistungsanbietern
                                         Entwicklung
                                       generalisierbarer        Maßnahmeplanung und Ermittlung von
                                      personenzentrierter       Fördermöglichkeiten
                                       Förderverfahren
                                                                Mehrdimensionales Assessment

Im Sinne des Mainstreaming wird es darum                    hilfen zur Verfügung zu stellen; die Projekt-
gehen, den Teilnehmer/innen und Klienten/                   partner werden aber auch ihre eingesetzten
innen der Teilprojekte optimale Integrations-               Verfahren und Instrumente im Hinblick auf
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                                                                                                     16

deren Transfer in die Regelpraxis bewerten          personenzentriertes Förderverfahren entwi-
und somit Bausteine für ein generalisierbares       ckeln.

Zielebene 4:
Weiterentwicklung von arbeits- und beschäftigungsfördernden Maßnahmen

Unter der Zielebene der Weiterentwicklung           Wichtige Merkmale sind hier die Ermögli-
von arbeits- und beschäftigungsfördernden           chung von Teilzeitarbeit, flexibilisierte Ar-
Maßnahmen sind solche Anätze zusammen-              beitsgestaltung zur Überbrückung diskontinu-
gefasst, die eine nachhaltige Sicherung ar-         ierlicher Belastungen und die Akquisition von
beitsmarktnaher und zielgruppenadäquater            Arbeitsplätzen im ‚niedrigen Leistungsbe-
Angebote verfolgen. Mit diesem strategi-            reich’.
schen Ziel wird somit besonders die Schnitt-        Gleichermaßen werden neben den arbeits-
stelle zum allgemeinen Arbeitsmarkt hervor-         marktnahen Angeboten auch solche Ansätze
gehoben, insofern stellen insbesondere die          weiterentwickelt, die einen Arbeitszugang in-
Integrationsfirmen und –dienstleister, aber         nerhalb von Maßnahmen der Rehabilitation
auch Unternehmen des allgemeinen Ar-                vorsehen. Hierunter sind im Wesentlichen
beitsmarkt die Zielgruppe dar.                      niedrigschwellige Beschäftigung, Arbeitsge-
Die Teilprojekte der Entwicklungspartner-           legenheiten sowie angepasste Tätigkeiten in
schaft agieren im Rahmen dieser Zielebene           bestehenden Arbeits- und Fördermaßnah-
in zwei unterschiedlichen Kontexten: der            men zu sehen. Eine besondere Bedeutung
Entwicklung/ Akquisition von Arbeits- und           hat in diesem Kontext die Optimierung von
Beschäftigungsplätzen, die vorwiegend im            Tätigkeiten innerhalb der Maßnahmen, die
allgemeinen Arbeitsmarkt verankert sind und         gleichermaßen die Kriterien der personenbe-
dem Ausbau arbeitsmarktorientierter Förde-          zogenen Passgenauigkeit sowie der An-
rangebote.                                          schlussfähigkeit in Richtung Arbeitsmarkt er-

Die erstgenannten Maßnahmen, die auf den            füllen. Gerade im Hinblick auf die spezifische

allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert sind, be-       Situation psychisch kranker und behinderter

ziehen sich im Wesentlichen auf Personen,           Menschen ist die Erfüllung dieser Anforde-

die Arbeitsgelegenheiten nach §16 SGB II            rungen komplex.

einnehmen sollen. Hier geht es vor allem um         Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht die
die Akquisition passgenauer Plätze für die          zwei operativen Zielebenen und deren ent-
Teilnehmer/innen, aber auch um gemeinsam            sprechende    Maßnahmen/     Aktivitäten   der
mit Arbeitgebern zu entwickelnde Arbeits-           Entwicklungspartnerschaft.
plätze, die für die Zielgruppe barrierefrei sind.
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                                                                                                                   17

Abbildung 4-4: Zielebene
„Weiterentwicklung von arbeits- und beschäftigungsfördernden Maßnahmen“

         Strategische Ziele       Operative Ziele           Maßnahmen und Aktivitäten der Teilprojekte

                                                          Ermöglichung von Teilzeit, flexibler Arbeitsgestaltung
                                   Schaffung und
                                                          zur Überbrückung von Diskontinuitäten
                                     langfristige
                                      Sicherung
                                 adäquater Arbeits-       Entwicklung und Akquisition passgenauer
                                         und              Arbeitsplätze, v.a. im Dienstleistungsbereich
                                  Beschäftigungs-
                                        plätze
                                                          Akquisition von Arbeitsplätzen im niedrigen
           Weiter-                (arbeitsmarktnah)       Leistungsbereich
      entwicklung von
        arbeits- und
      beschäftigungs-                                     Suche nach und Vermittlung in niedrigschwellige
        fördernden                                        Beschäftigungsverhältnisse (Maßnahmen)

        Maßnahmen
                                                          Schaffung niedrigschwelliger Beschäftigung
                                      Ausbau
                                                          (Arbeitsgelegenheiten) durch vernetzte Angebote
                                    arbeitsmarkt-
                                     orientierter
                                                          Überprüfung und Veränderung konkreter Tätigkeiten
                                  Förderangebote
                                                          in den Beschäftigungs-/ Praktikums- und
                                  (in Maßnahmen)          Förderplätzen

                                                          Ermittlung geeigneter Tätigkeit in bestehenden
                                                          Arbeits- und Fördermaßnahmen

Zielebene 5:
Sensibilisierung von Arbeitgebern und Öffentlichkeit

Letztlich verfolgt die Entwicklungspartner-           zwischen Integrationsdienstleistern und Ar-
schaft das strategische Ziel der Sensibilisie-        beitgebern, aber auch die Entwicklung von
rung von Arbeitgebern und Öffentlichkeit.             Beratungsangeboten für Betriebe, die Prakti-
Diese fünfte Zielebene hat somit einen                kums- oder Arbeitsplätze zur Verfügung stel-
‚Querschnittscharakter’ und stellt thematisch         len, im Vordergrund.
den Übergang zum Mainstreaming dar. Die               Schließlich sollen im Rahmen einer gegen-
Maßnahmen und Aktivitäten richten sich hier           seitigen Öffnung zusätzliche Arbeitsplätze für
u.a. explizit an Akteure des ersten Arbeits-          psychisch kranke und behinderte Menschen
marktes, an Betriebe und Unternehmen.                 akquiriert werden. Hierzu wird es einzelfall-
Einige Teilprojekte planen eine aktive Einbe-         bezogene Kooperationen zwischen Betrieben
ziehung von Arbeitgebern im Rahmen der                und den Integrationsdienstleistern geben, um
regionalen Netzwerkbildung. Hierbei stehen            über Beratung und Begleitung neue Beschäf-
vor allem Kontakt- und Kooperationspools              tigungsverhältnisse zu akquirieren, aber auch
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                                                                                                                      18

bestehende abzusichern. Über die einzelfall-             samen Planung einer Anti-Stigma-Kampagne
bezogenen       Kooperationsprozesse   hinaus            manifestieren.
werden aus der EP heraus öffentlichkeits-                Der nachfolgenden Übersicht sind die drei
wirksame Maßnahmen initiiert, die sich ei-               operativen Zielebenen und deren entspre-
nerseits in regionalen Informationsveranstal-            chende Maßnahmen/ Aktivitäten der Entwick-
tungen, andererseits – u.a. im Kontext der               lungspartnerschaft zu entnehmen.
transnationalen Kooperation – in der gemein-

Abbildung 4-5: Zielebene „Sensibilisierung von Arbeitgebern und Öffentlichkeit“

           Strategische Ziele       Operative Ziele         Maßnahmen und Aktivitäten der Teilprojekte bzw. TCA

                                    Einbeziehung von           Bildung von Kontakt- und Kooperationspools
                                                               zwischen Integrationsdienstleistern und Arbeitgebern
                                     Arbeitgebern des
                                       allgemeinen
                                    Arbeitsmarktes in         Entwicklung von Beratungs- und Kooperations-
                                   Integrationsplanung        leistungen für Unternehmen

                                                               Firmenkontakte und Zusammenarbeit im Rahmen der
                                                               individuellen Integrationsprozesse

           Sensibilisierung                                    Einzelfallbezogene Zusammenarbeit mit Integrations-
                                     Akquisition von
                 von                Arbeitsplätzen im
                                                               firmen zur Absicherung und Verstetigung von
                                                               Beschäftigungsverhältnissen
            Arbeitgebern              allgemeinen
                und                   Arbeitsmarkt
                                                               Einzelfallbezogene Zusammenarbeit mit sonstigen
            Öffentlichkeit                                     Arbeitgebern zur Absicherung von Beschäftigungs-
                                                               verhältnissen

                                                               Informationsveranstaltungen zu gelungenen
                                                               Integrationsbeispielen
                                     Öffentlichkeits-
                                                               Informationen für Arbeitgeber über
                                    arbeit aus der EP
                                                               Fördermöglichkeiten
                                          heraus
                                                               Anti-Stigma-Kampagne als Produkt der
                                                               transnationalen Kooperation

Das hier dargestellte Zielsystem wurde mit               Umsetzungsprozess            durch         regelmäßige
allen operativen Akteuren der Entwicklungs-              Feedbackschleifen begleitet und bewertet.
partnerschaft (Teilprojekte, Koordination und            Ein Transfer von Erfahrungen und Ergebnis-
strategischer Steuerungskreis) diskutiert und            sen der EP-Praxis, z.B. über die Dokumenta-
als Grundlage des Arbeitsprogramms für die               tion von Good-Practice-Beispielen, ist fester
EQUAL-Förderperiode vereinbart. Im Rah-                  Bestandteil der Programmumsetzung der
men der EP-Evaluation werden die strategi-               Entwicklungspartnerschaft und wird durch die
schen und operativen Zieldimensionen im                  Koordination und die Evaluation zeitnah ein-
                                                         gespielt.
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                                                                                                    19

5      Zum Stand der Umsetzung des Arbeitsprogramms

5.1     Bisherige Praxiserfahrungen der Teilprojekte

Die Umsetzung des Arbeitsprogramms der            Rehabilitation, aber auch der Kostenträger
Entwicklungspartnerschaft hat im Juli 2005        von hoher Bedeutung. Die Arbeit der Teilpro-
begonnen, insofern sind die bislang gewon-        jekte entwickelt sich hierbei vor dem Hinter-
nen Praxiserfahrungen zum jetzigen Zeit-          grund unterschiedlicher regionaler Kontext-
punkt noch relativ jung. Obschon die Imple-       bedingungen. So gibt es in wenigen Standor-
mentation der Teilprojekte als durchaus           ten bereits etablierte Netzwerke, an denen
komplex bezeichnet werden kann, sind alle         Kliniken, städtische Stellen, Arbeitsagentur,
Projektstandorte bereits unmittelbar nach EP-     Arbeitsgemeinschaft SGB II und die Wohl-
Beginn in die inhaltliche Arbeit eingestiegen.    fahrtsverbände beteiligt sind. Die Regel ist
Hier kommt der gesamten Entwicklungspart-         aber, dass sich solche Netzwerke vor allem
nerschaft zugute, dass zum einen in den Re-       vor dem Hintergrund der neuen Zuständigkei-
gionen etablierte Projektträger mit langjähri-    ten der ArGe’n SGB II zunächst etablieren
gen Erfahrungen der beruflichen Rehabilitati-     müssen.
on psychisch kranker und behinderter Men-         Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass vor
schen agieren. Zum anderen konnte in den          allem die ArGe’n, aber auch die anderen
meisten Projektregionen auf die Struktur, die     Kostenträger für eine strukturelle Vernetzung
Inhalte und die Erfahrungen des TAB-              nur mit extrem hohem Akquisitionsaufwand
Projektes aufgebaut werden.                       und auch nur punktuell erreichbar sind. Das
Das oben dargestellte Zielsystem mit seinen       bedeutet, dass Kooperationen in konkreten
fünf strategischen Säulen hat für die Umset-      personenbezogenen Fallsituationen funktio-
zung der        Entwicklungspartnerschaft eine    nieren, eine strategische Netzwerkbildung mit
strukturgebende Funktion, insofern folgt die      den genannten Partnern aber noch recht ge-
Darstellung der bisherigen Praxiserfahrungen      ring ausgeprägt ist. Analog ist auch die Ein-
der Logik der Strategieziele. Es ist inhaltlich   beziehung von Unternehmen des ersten Ar-
nachvollziehbar, dass nicht alle Teilprojekte     beitsmarktes zu sehen, die sich auf die Be-
die Strategieziele der Entwicklungspartner-       reitstellung von Praktikumsplätzen einlassen,
schaft gleichermaßen intensiv verfolgen, hier     bezogen auf eine Öffnung der strategischen
haben sich regionale und bezogen auf die          Personalpolitik für die spezifische Zielgruppe
Handlungsfelder der operativen Partner un-        der EP jedoch eher verhalten reagieren. Hier
terscheidbare Themenschwerpunkte gebil-           ist die Sicherstellung einer effektiven profes-
det.                                              sionellen Begleitung und die passgenaue
                                                  Vermittlung von Praktikanten/innen seitens
                                                  der Träger die wichtigste Voraussetzung für
Netzwerke der Hilfesysteme
                                                  die Motivierung der Betriebe.
Als eine wichtige Grundlage integrierter Hil-
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