FSEND NG - KIRCHE IN SANKT MAURITZ VOR ORT. FÜR MICH? - Pfarrmagazin Sankt Mauritz

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      Pfarrmagazin Sankt Mauritz

                AUSGABE #5, FRÜHJAHR 2017
      KIRCHE IN SANKT MAURITZ
           VOR ORT. FÜR MICH?
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                      INHALT
                                                                        Familienkreis
    3      Einführung                                           19      – ein Teil von Kirche

    KIRCHE – GEHT DA NOCH WAS?                                          Das Blechbläser-Ensemble
                                                                20      – ein Kind der Fusion
           Thesen zur
    5      Situation von Kirche                                         Begegnung ist
                                                                21      zentrales Element
           Sankt Mauritz
    6      – ein Entwicklungsweg                                        Gemeinde ist Dienst
                                                                22      am Menschen
           Wachsen, wirken,
    8      wahrnehmen                                           GEMEINDE – DA GEHT WAS

    GEMEINDE IN SICHT?                                                  Wir geben unserer Kirche
                                                                25      ein Gesicht
           Was ist Gemeinde?
    10     Was ist Pfarrei?                                     26      Da geht was!

    12     Kirchort in Veränderung                                      Warum Pfarrei
                                                                28      als Kirche vor Ort?
    14     Mehr als ein Chor
                                                                        Was mit Kirche zufrieden
    15     (M)Ein Ort in Kirche                                 29      macht

           Das eigene Tun                                       30      Habt keine Angst
    16     mit der Pfarrei verknüpfen
                                                                BERICHTE & INFORMATIONEN
           Raum für Begegnung, der
    17     Gemeinde bildet                                      33      Seelsorgeteam
                                                                34      Aus dem Leben der Pfarrei
           Heimat ist da,                                       36      Gelbe Seiten
    18     wo Gemeinschaft ist

    IMPRESSUM
    Herausgeber Kath. Kirchengemeinde Sankt Mauritz, Sankt-Mauritz-Freiheit 25, 48145 Münster
    Redaktion   Heike Hänscheid, Verena Schlinkert, Mechthild Siekmann, Monika Wittmann,
                Jens Joest, Bernd Lenkeit, Jan-Christoph Horn
    Fotos       Adobe Stock (3,19,25,29,30,40), Colourbox (8), Pfarrbriefservide.de (28), Lukas John (26)
                Fotoserie „Lego-Kiche im Viertel“ von Heike Hänscheid mit Dank an Stefan Tewes
    Druck       Thiekötter, Münster
    Auflage     10.000, Verteilung an alle katholischen Haushalte in der Pfarrei
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                               Kirche vor Ort. Für mich?
                               Eine Einführung in dieses Heft.

W      ie kann heutzutage Gemeinde sein?
       Was soll Kirche sein? Diese Fragen
stellen sich in Gremien, Teams, Ordinaria-
                                                 Die Fachgruppe Öffentlichkeit als Re-
                                              daktionsteam des Pfarrmagazins legt nun
                                              ein Heft vor, das einen Beitrag dazu leisten
ten und Universitäten. Es gibt viele kompe-   möchte. Wir sind überzeugt: Gemeinde
tente Antworten, aber nur wenige Patente      findet statt. Kirche ist vor Ort. Jesus Chris-
auf die weitere Entwicklung.                  tus lebt in den Herzen und Gedanken vieler
                                              Menschen.
    Wir in der Pfarrei Sankt Mauritz sind
eine lokale Gestalt von Kirche. Dabei            Ob Sie in der Pfarrei engagiert sind, sich
brachten die letzten Jahre je nach Facon      Kirche zugehörig fühlen oder aus der Fer-
mit sich: Entwicklung, Übergänge, Sprün-      ne reinschauen: Wir blicken in diesem Heft
ge, Brüche. Aber für alle eines: Verände-     unvoreingenommen auf die bisherige Ent-
rung. Für eine Reihe von Menschen sind        wicklung der Pfarrei, schauen auch um uns
Abläufe, Strukturen und Personen fremd        herum. Wir haben Menschen gebeten, aus
geworden. Immer ein Zeichen dafür, dass       ihrer Gemeinde zu berichten – verstehen
die Veränderung an einem vorbeigegangen       dabei „Gemeinde“ mit dem Pastoralkon-
ist. Weil man nicht mitgenommen wurde,        zept als kleinräumige, beziehungsorientier-
nicht mitgehen konnte oder wollte.            te Gemeinschaftsform um Jesus Christus.

   Das Pastoralkonzept aus dem Jahr 2012         „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“
beschreibt das Leitbild für Sankt Mauritz.    war ein Schlager des Neuen Geistlichen
Es lässt sich aber nicht wie eine Bauanlei-   Liedes – vor 30 Jahren. Doch die Zeit des
tung umsetzen. Deswegen hat der Pfarrei-      Großmastseglers ist vorbei. Heute texten
rat Zeit für Wachstum gelassen und darum      wir: Viele kleine Boote sind unterwegs,
gebeten, Wirkungen wahrnehmen. Nun            organisiert in einem Flottenverband. Aber
wird sich der Pfarreirat dem Stand der        der Wind ist gleichgeblieben, Gottes Geist
Dinge zuwenden und in diesem Jahr den         umweht uns. Auch Auftrag und Ziel sind
sogenannten „Lokalen Pastoralplan“ ent-       klar: Kirche sein, miteinander und für an-
wickeln, wie es inzwischen im Sprachge-       dere. Kommen Sie mit auf die Fahrt. 
brauch des Bistums Münster heißt.
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III. Aus dem Glauben handeln

  KIRCHE –
GEHT DA
  NOCH WAS?
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   „Dass wir durch Kindergärten als
Lernorte des Glaubens oder kirchliche
Schulen noch spürbaren Einfluss neh-
men, daran habe ich den Glauben ver-         „Die Kirche muss sich dessen bewusst
loren.                                    sein, dass die meisten von ihnen bereits
                                          als kleine Kinder in diese ‚Servicekirche‘
   Wir haben den Satz ´Die Menschen       aufgenommen wurden, ohne – in den
da abzuholen wo sie stehen´ gelernt um-   meisten Fällen – zu einer eigenen Glau-
zusetzen. Jetzt müssten wir noch den      bensentscheidung geführt worden oder
Umstand akzeptieren, dass immer mehr      gelangt zu sein. Eine solche wurde fast
Menschen gar nicht dahin wollen, wo       nur Ordensleuten und Priestern ermög-
wir sie hinführen möchten.“               licht und zugetraut.

            THOMAS FRINGS,                   Der Glaube heute kann nicht mehr
        EHEMALIGER PFARRER DER            mit überlieferten Lehren begründet
     PFARREI HEILIG KREUZ, MÜNSTER
                                          werden, sondern muss auf persönlichen
                                          Erfahrungen beruhen.“

  „Es geht darum zu entdecken, wie                      PAUL WESS,
Gott heute Menschen bewegt, berührt.           DOZENT FÜR PASTORALTHEOLOGIE,
                                                        INNSBRUCK

   Diese Krise ist vor allem Krise der
Priester und Verantwortlichen, die sich
und ihren Dienst an eine untergegange-      „Man darf sich nicht nach etwas seh-
ne Form der Kirche binden.                nen, was es nie und nimmer (wieder)
                                          geben wird.
  Da es um Mentalitätsverwandlung,
um Umkehr und Paradigmenwechsel              Die eigenen Sehnsüchte als Zukunfts-
geht, braucht es dafür Zeit.“             modell von Kirche zu nehmen, das wird
                                          nicht funktionieren.
          CHRISTIAN HENNECKE,
  LEITER DER HAUPTABTEILUNG PASTORAL,       Man wird dann immer nur jene errei-
           BISTUM HILDESHEIM
                                          chen, die ungefähr so sind oder werden
                                          wollen, wie jene, die noch in kirchlichen
                                          Zusammenhängen anzutreffen sind.“
   „Es steht die Frage im Raum, ob die
Menschen heutzutage überhaupt noch                   RAINER BUCHER,
damit rechnen, dass Gottes Handeln           PROFESSOR FÜR PASTORALTHEOLOGIE,
                                                          GRAZ
erfahrbar ist in den sakramentalen Zei-
chenhandlungen.“

          HARTMUT NIEHUES,
     REGENS DES PRIESTERSEMINARS,
                                                zusammengestellt von Monika Wittmann
           BISTUM MÜNSTER
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    Sankt Mauritz –
    ein Entwicklungsweg
    Wie schauen die, die den Fusionsprozess
    mitgestaltet haben, heute auf die Pfarrei?

AUFBRUCH IN DIE
                                             Kirchenvorstand, Pfarrbüros, hauptamtli-
ZUKUNFT. ODER?                               che Verwaltung). Aber inhaltlich? Ich habe
Barbara Stinnesbeck-Schmidt                  den Eindruck, dass es an den einzelnen
                                             Kirchorten ähnlich zugeht wie vor der Fusi-

N     ach einigen Jahren ehrenamtlichen
      Engagements im Pfarrgemeinderat,
unzähligen Sitzungen auf verschiedensten
                                             on auch. Und Begegnungen untereinander
                                             sind eher punktuell geblieben, ein richtiges
                                             Zusammenwachsen ist es nicht geworden.
Ebenen im Kooperationsrat und später in      Dafür ergibt sich eher der Eindruck, dass
der Steuerungsgruppe, zahlreichen Briefen    die Kirchen leerer geworden sind, und dass
und Anhörungen bei Bischöfen und Ge-         die Menschen die Verlässlichkeit vor Ort
neralvikar war ich 2013 wirklich froh, mit   vermissen. Sowohl die erhebliche Fluktua-
dem Tag der Fusion diese Arbeit beenden      tion der hauptamtlichen Seelsorger als auch
zu können. Was hatten wir erreicht?          deren Rotation ohne vorherige Bekanntga-
                                             be durch die Gottesdienste sowie teilweise
   Bei kontinuierlichem Rückgang von         auch das geringe Interesse an persönlichen
Priester- und Gläubigenzahlen war es ge-     Kontakten führt zum Gefühl des zumin-
lungen, die von oben verordnete Fusion       dest teilweisen Verlustes von religiöser
– die aktuell als einzig mögliche Antwort    Heimat. Und das, wo wir rein zahlenmäßig
darauf gesehen wurde – in einem fairen       kaum weniger Seelsorger haben als zuvor.
Miteinander mit einem einigermaßen
vernünftig erscheinenden Konzept unter          Aber es gibt einige zukunftsweisende
Beachtung der bisherigen Stärken der Ge-     Veränderungen: das – auch vor der Fusion
meinden umzusetzen.                          schon vorhandene – Laienengagement in
                                             der Liturgie hat sich weiter verstärkt. Und
   Und heute? Eine eigentliche Fusion der    neben der Seelsorge im Trauerfall haben
einzelnen Gemeindeteile zu einer neuen       wir jetzt auch Leiterinnen für Wort-Got-
Gemeinde hat nicht stattgefunden. Auf der    tes-Feiern, die ab der Adventszeit regelmä-
Verwaltungsebene hat es sehr wohl eine       ßig Gottesdienste anbieten – ein ermuti-
Bündelung der Kräfte gegeben (z.B. Kitas,    gendes Zeichen.
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   Für mich selbst sind die liturgischen Fei-     defeste. Ich fühle mich überall als Kirche.
ern das Herz einer christlichen Gemeinde.         Es ist egal, in welchem Gebäude ich mich
Hier kann man – oder auch nicht – den             befinde oder welche Personen um mich he-
Geist einer Gemeinde spüren. Die Feiern           rum sind, wir alle sind Christen und feiern
können/sollen/wollen eine Gottesbegeg-            dasselbe. Wir haben zusammen viele gute
nung ermöglichen, ein heilsamer Ort in            Pläne angefangen und durchgeführt, so
Raum und Zeit sein. Nicht zuletzt sollen sie      dass ich glaube, dass wir auf einem guten
auch ein Forum für die nächste Generation         Weg sind.
und auch für Kirchenferne sein.
                                                     Was mich an der Entwicklung befrem-
   Das sehe ich insgesamt im Moment               det, ist die Struktur, die in unserer Pfarrei
nicht so optimal umgesetzt. Und so wün-           etabliert wurde. Es gibt den Kirchenvor-
sche ich mir mehr Verlässlichkeit im litur-       stand, den Pfarreirat, die Ortsgemeinde-
gischen Stil, in Kirchenmusik, in persönli-       räte. Es gibt Ausschüsse auf Pfarrei- und
chen Kontakten – und weniger Versorgung           Gemeindeebene und vieles mehr. Allein
in der Fläche.                                    durch Sitzungen, Formalien etc. werden
                                                  so viele Kräfte gebunden und Menschen
                                                  doppelt oder sogar dreifach belastet. Auch
SO UND SO                                         wenn unsere Pfarrei rein rechnerisch über
Martin Remke                                      20.000 Katholiken hat, sieht die Realität
                                                  anders aus. Müssen wir angesichts der tat-
                                                  sächlich Glaubenden unsere Kräfte so ein-

Z    unächst gab es eine spürbare perso-
     nelle Entwicklung. Dies zeigte sich
meiner Ansicht nach in einem Wechsel der
                                                  setzen und vielleicht sogar verschwenden?

                                                     Ich glaube auch, dass wir dadurch für
Hauptamtlichen und eines Teils der enga-          neue Christen abschreckend und un-
gierten Ehrenamtlichen. Und dies ist auch         durchsichtig erscheinen. Wie soll ich denn
eine gute Entwicklung, denn mit neuen             jemandem, der nicht in der Kirche oder
Menschen kommen auch neue Perspekti-              unserer Pfarrei zuhause ist, erklären, wer
ven und Ideen. Daneben haben sich aber            hier für was zuständig ist? Ich selbst bin
auch die Menschen selbst weiterentwickelt.        zum Glück in fast keinem dieser Gremien
Die Christen in unseren Gemeinden sind            mehr, aber selbst dort, wo ich engagiert bin,
sich ihrer selbst bewusster geworden und          entmutigt mich das viele Reden. Vielleicht
haben ihre eigene Position in der Kirche          sollten wir einfacher weniger diskutieren
bestimmt. Durch die äußeren Umstände              und mehr machen. 
gezwungen, wurden Menschen „aktiviert“
und haben sich eingebracht.

   Die Entwicklung merke ich auch an mir
selbst. Ich bin viel flexibler, was meine Teil-
nahme an Veranstaltungen angeht, seien es
Gottesdienste, Gebetszeiten oder Gemein-
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    Wachsen, Wirken,
    Wahrnehmen
    Die Dokumentation eines
    aufschlussreichen Feedback-Projekts.

E   in Jahr lang hat eine Projektgruppe
    des Pfarreirats 12 Frauen und Männer
aus der Pfarrei, die nicht in Gruppen oder
                                                  Menschen möchten sich einbringen in
                                               unsere Pfarrei – „Wir haben so viele Res-
                                               sourcen und nutzen diese nicht.“ Warum?
Gremien engagiert sind, wiederholt ins Ge-     Weil sie anders sind, weil sie Neues einbrin-
spräch miteinander gebracht und gebeten,       gen, weil sie einer bestimmten Glaubens-
über ihre Erfahrungen mit der und ihre         tradition nicht in den Kram passen, weil sie
Wahrnehmungen zur Pfarrei ins Gespräch         Projekte statt Mitgliedschaft vorziehen?
zu kommen. Aus den Gesprächsprotokol-
len wurden zentrale Rückmeldungen ge-
bündelt.                                       SANKT MAURITZ ALS
                                               FUSIONIERTE PFARREI
KIRCHE SEIN VOR ORT
                                                  Es ist noch nicht fertig, die Fusion als
   Menschen suchen Menschen in unserer         Verwaltungsfusion und die entstandene
Pfarrei – Angebote und Strukturen dürfen       neue Pfarrei als Identitäts- und Planungs-
dies nicht verhindern. Beheimatung ist         größe zu begreifen.
schwieriger geworden, ergibt sich nicht aus
Gewohnheit. Man muss selber aktiv wer-           Nicht übersehen: Soziale Gefüge kann
den dafür.                                     man nicht fusionieren.

   Menschen suchen Dienste in unserer              Die Grundstruktur von „Pfarrei >
Pfarrei – sie können sich gut orientieren,     Kirchort > Gemeinschaft“ ist plausibel.
die Angebote sind greifbar, nicht immer        Aber warum grenzen sich die Kirchorte
stimmt die Qualität.                           noch so sehr voneinander ab? Eigenes Pro-
                                               fil im Miteinander entdecken.
   Menschen suchen Glauben in unse-
rer Pfarrei – an vielen Orten, auf vielerlei      Zukünftige Leitworte vielleicht „Weni-
Weise, in vielerlei Stilen. Die zugelassene    ger – Einfach – Gut“.
Offenheit, Vielfalt und Buntheit ist eine
Chance.
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   Eine wertkonservative Klientel, die in
lokaler Kirche auch einen „Andersort“
zum alltäglichen Leben sucht, soll sich öff-
nen für Neues – das kann auch zu Enttäu-
schungen führen.

OFFENE
THEMENFELDER
   Seelsorger, insbesondere die Priester,
als persönlich bekannte Lebensbegleiter
zu erleben ist nicht mehr möglich. Das än-
dert etwas. Enttäusche Kirchenerwartung.
Bindung an Gemeinde über Hauptamtliche
gelingt nicht mehr.

   Willkommenskultur ausbauen. Es gibt
sehr eingefahrene Betriebsabläufe. Acht-
samkeit auch auf „Neue“ und bewusstes
Draufzugehen, zum Beispiel an der Kir-
chentür.

   Kirchenräume als Orte der Begegnung
mit Gott und unter Menschen. Potential
dafür scheint noch nicht ausgereizt.

   Wichtige Zielgruppen: Senioren, Al-
leinstehende, Eltern junger Kinder > Leis-
tungsdruck, Vereinsamung und Vereinze-
lung begegnen.

   Relevanzen schaffen. Menschen erhal-
ten Lebenshilfe und Sinnbestätigung auch
ohne uns, denn wir sind nicht die einzigen
„Anbieter“ auf dem „Areopag“.

Die Rückmeldungen fließen wertschätzend
in die Gestaltung des Lokalen Pastoralplans
ein. 
FSEND NG - KIRCHE IN SANKT MAURITZ VOR ORT. FÜR MICH? - Pfarrmagazin Sankt Mauritz
GEMEINDE?
  III. Aus dem Glauben handeln

IN SICHT!
11

                                 Was ist Gemeinde?
                                 Was ist Pfarrei?
                                 Pastoralreferent Jan-Christoph Horn macht
                                 sich dazu einige Gedanken.

D    as Verständnis von Gemeinde ist nicht
     nur in unserer Pfarrei virulent. Mir
begegnen verschiedene innere Bilder. In
                                                 Christliche Gemeinde ist soziale Bezie-
                                              hung mit und um Jesus Christus. Um ihn
                                              versammelt man sich („Der Herr sei mit
Folge dessen wird der Begriff sehr unter-     euch“), von ihm her wird Mitverantwor-
schiedlich eingesetzt. Und fehlende Ver-      tung für das soziale Umfeld übernommen
ständigung führt zu ... Sie wissen schon.     („Geht und bringt den Frieden“).

    „Wir gründen nicht eine oder vier, fünf       Die Kirchortstruktur macht Gemeinden
Gemeinden, sondern tausend“, steht im         sichtbar und unterstützt sie. Hier gibt es In-
Pastoralkonzept von 2012/13. Gemeinde         frastruktur und Anlaufstellen. Die Pfarrei
ist demnach nicht mehr das, was wir früher    dient einer lebendigen Pastoral. Hier wer-
als „Pfarrfamilie“ bezeichnet haben. Wir      den die Strukturen vereinbart, Absprachen
wissen aber auch: Gemeinde auf Ebene der      getroffen, Service angeboten. Die Pfarrei
Gesamtpfarrei Sankt Mauritz funktioniert      ist auch die Strukturebene, die der Bischof
nicht. Also, was ist Gemeinde dann?           benutzt, um seine Diözese zu ordnen und
                                              seine Ressourcen zu verteilen, v.a. Geld
   Gemeinde ist kein Strukturbegriff. Pfar-   und Seelsorgepersonal. Wo Gemeinde ist
rei und Kirchort sind Strukturbegriffe.       sagt der Bischof nicht. Gemeinden gilt es
Aber Gemeinde nicht. Gemeinde ist sozi-       von den Verantwortlichen in der Pfarrei zu
ales Geschehen, ist Beziehung. Beziehung      entdecken, zu begleiten, zu gründen.
von Mensch zu Mensch, von Christ zu
Christ, nicht über Funktionen bestimmt.          Vom Pastoraltheologen Ernst Troeltsch
                                              stammt die Aussage: „Kirche macht die
   Soziale Beziehung braucht Übersicht-       Gläubigen. Die Gläubigen machen die
lichkeit. Soziologen sagen: Zu mehr als 120   Gemeinde.“ Pfarrei, Kirchort, Gemeinde
Menschen kann ein Mensch nicht in Be-         – das ist ein Unterschied, aber kein Wie-
ziehung stehen. Die Zahl sei dahingestellt,   derspruch. Statt Abgrenzung macht „Zu-
aber Gemeinden können demnach nicht           grenzung“ Sinn. Es gilt, darüber ins Ge-
21.000 und selbst keine 4.000 Mitglieder      spräch zu kommen. 
haben.
12

     Kirchort in Veränderung
     Der Kirchort Konrad ist im Umbruch – im
     wahrsten Sinne, wie Susanne Tyczewski
     berichtet.

 I  m Jahr 2011 schloss das Pfarrbüro, 2013
    das Pfarrheim. Das alte Pfarrhaus ist seit
 längerer Zeit nicht nutzbar. Wie kann sich
                                                    Der wichtigste Raum für kirchliche
                                                 Identifitkation bleibt die Konradkirche.
                                                 Täglich geöffnet vom ehrenamtlichen
 kirchliches Leben in solchen Übergangs-         Schließdienst. Regelmäßig gepflegt von den
 zeiten noch gestalten und erhalten?             ehrenamtlichen Küstern. Zu Ostern gründ-
                                                 lich durchgeputzt vom Ortsgemeinderat.
    Für die meisten Aktivitäten gilt im Mo-
 ment der Satz von den drei Phasen des
 Umbruchs: „Gibt es noch – Gibt es nicht           Für die meisten Aktivitäten gilt
 mehr – Gibt es noch nicht wieder“. Kön-           im Moment: „Gibt es noch – Gibt
 nen Sie sich vorstellen, wie das ist, wenn
 es keine Versammlungsräume rund um                es nicht mehr – Gibt es noch
 die Kirche mehr gibt? Wenn jede Zusam-            nicht wieder.“
 menkunft nach außerhalb verlagert werden
 muss, wenn dem Leben vor Ort buchstäb-
 lich der Raum genommen worden ist? Die             Der Neuaufbruch wird kommen, da
 Bücherei: in der Sakristei der Kirche. Der      sind wir uns sicher. Ab Sommer haben wir
 Seniorentreffpunkt: in der Gaststätte des       wieder Versammlungs- und Begegnungs-
 Tennisvereins. Die Kurse der Frauenge-          räume im um- und ausgebauten Pfarrhaus
 meinschaft: zu Hause im Wohnzimmer.             und schon heute Ideen, wie die Räume zum
 Die Messdiener: haben kein Quartier. Der        Leben erweckt werden können. Die Flücht-
 Gemeindetreff: braucht gutes Wetter, um         lingsarbeit wird eine Rolle spielen, ebenso
 draußen stattzufinden.                          die Bildungsarbeit vor Ort und für die ge-
                                                 samte Pfarrei. Die Kita ist an den Kirch-
    Im letzten Jahr sind viele aktive Gemein-    platz gezogen, was neue Nähe schafft. Und
 demitglieder verstorben. Nicht alle waren       die Musikgruppen am Kirchort entwickeln
 hochbetagt. Das macht traurig, weil sie das     sich beständig weiter.
 Leben vor Ort mitgetragen und geprägt ha-
 ben, aber nur den Ab- und Umbruch und
 nicht mehr den Neuaufbruch erlebt haben.
13

    Die Vorfreude darauf muss sich erst aus-
breiten, denn die Zeit des Umbruchs war
lang und nicht ohne Folgen. Aber wir haben
Hoffnung. Und Kraft. Und draußen vor der
Kirche, direkt neben der Statue des heiligen
Konrad, brennt Tag und Nacht eine Kerze.
Wenn jemand aus dem Viertel gestorben
ist. Aber auch, wenn ein Fest bevorsteht.
Oder einfach so, um zu zeigen: Hier ist Le-
ben, auch wenn der Raum jetzt noch knapp
ist. Hier wird gebetet, gesungen und ge-
hofft. Hier hat sich die Kirche schon einmal
gegen den Zeitgeist behauptet, nämlich als
sie 1938 in dunkler Zeit gebaut wurde. Sie
wird es auch dieses Mal schaffen. Und viel-
leicht sind wir damit weiter als gedacht und
gefühlt. Denn „nicht mehr“ ist immer auch
die Vorstufe zum „schon wieder“ oder zum
„stattdessen“.

   Gottes Geist durchweht auch die Welt
hinter dem Kanal, gewaltig und unbändig.
So war es gestern, so ist es heute – und mor-
gen. In einem Lied von Peter Janssens heißt
es im Refrain: „Im Meer der Zeit nicht un-
tergehn, im Meer der Zeit den Tag bestehn,
den Tag bestehn und weiter, weiter, weiter-
gehn.“ Es ist Nr. 836 im Gotteslob, lesen Sie
es mal nach oder singen Sie es. Es ist unser
aller Lied. 
14

     Mehr als ein Chor
     „Wir teilen Freud und Leid miteinander“ sagt
     Eva-Maria Niehues vom Kirchenchor
     Herz Jesu und St. Elisabeth.

 D    er Kirchenchor Herz Jesu (gegrün-
      det 1898/99) und der Kirchenchor
 St. Elisabeth (gegründet 1929 ) sind seit
                                                den. Für viele junge Menschen ist es „un-
                                                cool“, in einem Kirchenchor mitzusingen.
                                                Angesichts dieser Tatsache wird unsere
 2001 zu einer Chorgemeinschaft zusam-          Chorgemeinschaft in Kürze bedauerlicher-
 mengewachsen.                                  weise nicht mehr in der Lage sein, mit den
                                                noch vorhandenen Sängern und Sängerin-
    Unser Kirchenchor ist eines von vielen      nen Gottesdienste musikalisch mitzuge-
 bunten Steinchen, das mit zur Bildung von      stalten.
 Gemeindeleben beiträgt. Der Chorgesang
 verleiht den Gottesdiensten einen besonde-        Ich habe manchmal den Eindruck, dass
 ren Rahmen. Wie sagte schon Luther: „Die       der Kirche – wir alle sind Kirche – das
 Musik ist eine Gabe und Geschenk Gottes,       ehrliche Interesse am Menschen fehlt. Das
 die den Teufel vertreibt und die Leute fröh-   Miteinander ist oft zu wenig und Worte als
 lich macht.“                                   Vermittlung reichen oft auch nicht. Ent-
                                                scheidend sind christliche Gemeinschaf-
     In unserem Chor sind Menschen jeder        ten, die voneinander wissen, einander hel-
 Altersgruppe und so verschieden; aber          fen, füreinander Sorge tragen und in denen
 dennoch sind sie im Laufe vieler Jahre         Anteilnahme, Solidarität und Zugegensein
 miteinander zu einer Gemeinschaft ver-         erfahren werden. Dazu braucht man Kraft
 wachsen. Natürlich gibt es Konflikte und       und Ausdauer von Gott.
 menschliche Schwächen, genauso wie sie
 sich täglich in der Gemeinschaft der Fami-        „Wo zwei oder drei in meinem Namen
 lie, in den Gemeinschaften von Sport und       versammelt sind, da bin ich mitten unter
 Kultur, aber auch in der Gemeinschaft der      ihnen.“
 Kirche als Gemeinde zutragen. Wir teilen
 Freud und Leid im Chor miteinander, und           Kirchorte sollten im Dialog bleiben, auf-
 das Gesellige kommt auch nicht zu kurz.        merksam sein für Bedürfnisse und Sorgen
 Typische Kirchenchöre, zu denen unser          anderer, um all denen, die durch Fusionen
 Chor auch zählt, haben es in der heutigen      „heimatlos“ geworden sind, eine neue Per-
 Zeit nicht leicht, Nachwuchssänger zu fin-     spektive zu geben. 
15

                               (M)Ein Ort in Kirche
                               Von der ganz persönlichen Seelsorge in einer
                               Kleinen Christlichen Gemeinschaft schreibt
                               Christiane Kempkes.

U    nsere KCG hat sich vor einigen Jahren
     gegründet. Nach ein paar Ein- und
Austritten in der Gründungsphase sind
                                             lich ist. Wir teilen das Wort Gottes, werden
                                             durch unterschiedliche Wahrnehmung der
                                             Bibelstellen immer wieder auf ganz neue
wir seit cirka fünf Jahren eine konstante    Aspekte eines Textes, des persönlichen
Gruppe, bestehend aus sieben Frauen. Mit     Glaubens gebracht. Bei uns darf jede so
der Zeit sind wir richtig gute Freundinnen   sein, wie sie ist und vollkommen ehrlich
und uns untereinander sehr wichtig gewor-    äußern, wenn sie mit Glaubensdingen ha-
den. Ein Gründungsmitglied ist so etwas      dert, anders fühlt oder wahrnimmt. Wir
wie unsere Leiterin. Sie bringt immer mal    teilen mit ganz viel Anteilnahme Freud und
wieder neue Impulse mit und bereitet die     Leid und betreiben ganz persönlich mitein-
Abende teilweise vor.                        ander Seelsorge.

   Wir treffen uns etwa alle vier Wochen         Inwiefern sind KCGs also ein Ort in der
im Pfarrer-Eltrop-Heim, zumeist zum Bi-      Kirche? Da wir unseren Glauben leben und
belteilen. Wir haben aber auch schon eini-   teilen, miteinander im Gespräch sind, mit-
ge Aktionen außerhalb gehabt, wie z.B. den   und füreinander beten, zuhören, sind wir
Besuch des ehemaligen KZ-Lagers und des      Kirche getreu dem Motto „Wo zwei oder
Klosters in Esterwegen, Adventssingen im     drei in meinem Namen versammelt sind,
Casa Mauritz, gemeinsame Filmabende,         da bin ich mitten unter ihnen.“
Besuch einer Krippenausstellung u.a. Wir
feiern auch mal unsere Geburtstage und          Und was brauchen wir von der Pfarrei?
genießen bei unseren Treffen ein gemein-     Das Angebot der KCG-Oasentage ist gut,
sames Glas Wein oder Wasser.                 die Möglichkeit der Raumnutzung und
                                             die Unterstützung der KCG-Gruppenspre-
   Wir wurden gefragt: „Was ist Gemeinde     cher mit neuen Anregungen. 
an dem, was Ihr tut? Was gibt Euch das?“
– Wir können gemeinsam unseren Glau-
ben leben, was bei der einen oder anderen
in der Familie/im Alltag nicht immer mög-
16

     Das eigene Tun mit der
     Pfarrei verknüpfen
     Katharina Vinnenberg berichtet
     von den Pfadfindern.

 W     ir DPSG-Pfadfinder aus Herz Jesu:
       Das sind ca. 50 Aktive zwischen sie-
 ben und 30 Jahren. Uns verbindet mehr
                                                Damit ist es für uns ein Ort in der Kirche
                                                und eine Möglichkeit, unseren Glauben an
                                                Gott aktiv zu leben. Pfadfinder werden im-
 als die Liebe zu Lagerfeuerrunden unter        mer wieder ein Ort der Kirche, wenn wir
 freiem Himmel und zur Natur – denn wir         beispielsweise das Friedenslicht aus Bethle-
 sind eine kleine Gemeinde, die gerne ge-       hem im Dom abholen und es in der Weih-
 meinsam Aktionen und Fahrten plant und         nachtsmesse in die Gottesdienstgemeinde
 durchführt.                                    tragen, oder wenn wir gemeinsam im Som-
                                                merlager Gottesdienst feiern.
    Die Kinder und Jugendlichen treffen
 sich wöchentlich in ihren Altersstufen            Auch wenn wir viel als Pfadfinderstamm
 und mehrmals jährlich mit allen Grup-          intern arbeiten, sind wir glücklich darüber,
 pen zusammen: Jahres-Höhepunkt ist das         Teil einer blühenden und vielfältigen Pfar-
 zweiwöchige gemeinsame Sommerlager.            rei zu sein. Von der Pfarrei brauchen wir
 Dadurch entwickelt sich ein enger Kontakt      für unsere Gemeinschaft Kontakte und An-
 untereinander, es entstehen Vertrauen und      knüpfungspunkte an die Vorhaben der Ge-
 Freundschaften über verschiedenste Al-         meinde. So ist beispielsweise ein hauptamt-
 tersstufen hinaus, genau wie in einer gut      licher Seelsorger der Pfarrei als Kurat in der
 funktionierenden Gemeinde. Das Hobby           Leiterrunde dabei und verknüpft so unser
 und die Lebenseinstellung „Pfadfinder“         Tun mit der Pfarrei. Auch besuchen wir
 führt uns immer wieder zu spannenden           verschiedenste Gremien wie die Fachgrup-
 Gesprächen und zu Kontakten zu anderen         pe Jugend, in welcher VertreterInnen aller
 Pfadfindern aus anderen Teilen Deutsch-        Leiterrunden zusammenkommen. Ge-
 lands und der Welt.                            meinsam mit und für die Pfarrei gestalten
                                                wir die verschiedenen Feste mit. Dies ist
   Außerdem gibt uns unser Hobby einen          immer eine schöne Gelegenheit, mit Mit-
 Anknüpfungspunkt mit unserem Glauben.          gliedern der Pfarrei in Kontakt zu treten. 
 „Als Pfadfinder und Pfadfinderin stehe ich
 zu meiner Herkunft und meinem Glau-
 ben“ lautet eines unserer Pfadfindergesetze.
17

                                  Raum für Begegnung,
                                  der Gemeinde bildet
                                  Von der „Kunstkirche“ Erpho berichtet
                                  Ortrud Harhues.

E    ine Gruppe Kunstfreunde aus KAB
     und Kirchort Edith Stein organisiert
seit 2002 im zweijährigen Rhythmus Aus-
                                                  Christen begegnen kunstinteressierten
                                               Besuchern. Ausstellungsbesucher begeg-
                                               nen einer Kirchengemeinde und sind ein-
stellungen zu einem bestimmten Thema           geladen, sich auf mehr einzulassen: auf sich
in der Erphokirche. In der Fastenzeit ist      selbst und andere Menschen, auf Gott und
dann jeweils das Ergebnis von Künstlern        den christlichen Glauben.
und Künstlerinnen, Gemeindemitgliedern
und Gästen aus Münster und darüber hin-          Auch weitere Kulturveranstaltungen wie
aus zu sehen. 2016 lautete das Thema „von      Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen
wegen paradies“. Die Planungen für 2018        haben Platz in der Kirche gefunden, ebenso
haben bereits begonnen. Die Ausstellungen      das „Kunstwerk des Monats“, und berei-
ermöglichen vielfältige Begegnungen und        chern Gemeinde, Gläubige und Besucher.
bilden damit Gemeinde.
                                                  Um Kunst und Kultur für die Pfarrei zu
   Die Künstler begegnen einem spiritu-        erhalten und auszubauen, braucht es auch
ellen Raum und einem Thema zu Grund-           in Zukunft den Raum der Erpho-Kirche,
fragen menschlicher Existenz. Gottes-          in der bewusst die Begegnung von Litur-
dienst- und Kirchenbesucher begegnen           gie und christlichem Glauben einerseits
zeitgenössischer Kunst in einem vertrauten     und von freier Kunst und Experiment auf
Raum, der sich auf Zeit verändert hat. Im      der anderen Seite gepflegt werden kann. Es
vergangenen Jahr wurde das deutlich durch      braucht dazu Menschen, die diese Begeg-
den Tausch der Bänke gegen Stühle. Got-        nungen gestalten und immer wieder initi-
tesdienste, die das Thema der Ausstellung      ieren, ein finanzielles Budget, Offenheit für
aufgreifen, oder Kurzandachten mit Be-         neue Erfahrungen, Mut zu unkonventionel-
trachtung einzelner Kunstwerke vertiefen       len und herausfordernden Ideen, Dialog-
diese Begegnungen. Manche begegnen in          bereitschaft und Sensibilität, die Kunst als
der Vorbereitungsphase ihrer eigenen Kre-      eine wichtige Stimme der Gegenwart ernst-
ativität, ihrer Lust, sich auszudrücken, und   nimmt und mit ihr in Kontakt kommen
tragen Exponate zur Ausstellung bei. Sie       will. 
begegnen sich selbst neu.
18

     Heimat ist da,
     wo Gemeinschaft ist
     Auch traditionelle Vereine wie die Schützen
     finden in der Großpfarrei ihren Ort.
     Peter Georg Gierse berichtet.

 D     er Leitspruch der Schützenbruder-
       schaft Lamberti-Hansa e.V. von 1863
 lautet heute wie zur Gründung „Glaube,
                                                     Das Heim dient also als Begegnungsstät-
                                                 te, wie es in seiner Bestimmung gedacht ist.
                                                 An sportlichen Wettkämpfen nehmen wir
 Sitte und Heimat“. Heimat ist da, wo die        mit vier Mannschaften teil. Da der Schieß-
 Gemeinschaft ist. Das ist natürlich vom Ort     sport erst ab 12 Jahren ausgeübt werden
 her gesehen eigentlich das Pfarrer-Eltrop-      darf, führen wir die Jüngeren durch eine
 Heim (PEH), das kann aber auch die              Laserbiathlon-Schießanlage an den Sport
 Schützenhalle des Sommerlagers sein. Sitte      heran. Der Fahnenschlag als Brauchtum
 bedeutet, dass wir nicht nur gesittet feiern,   wird von vielen Mitgliedern betrieben. Er
 sondern auch auf „gesittete“ Verhältnisse       symbolisiert die Fesselung und Entfesse-
 achten. Hierzu werden unsere Gruppen-           lung des Heiligen Sebastian.
 leiter durch Lehrgänge z.B. in Sachen der
 Kindswohlgefährdung ausgebildet. Glaube            Seit über 40 Jahren wird ein Pfingstzelt-
 soll nicht nur durch die Gottesdienste zu       lager durchgeführt. Weitere Lager, Fahr-
 unseren Festen dargestellt werden, sondern      radtouren und Ausflüge werden für die
 ist ein fester Bestandteil unserer Bruder-      Jugendlichen angeboten. Wie seit vielen
 schaft. Deshalb ist es für uns auch wichtig,    Jahren wird auch dieses Jahr wieder ein
 einen Präses wie Pastor Robert Mensinck         großes Sommerlager ausgerichtet, um das
 zu haben.                                       sich ein 20-köpfiges Team kümmert. In
                                                 den letzten beiden Jahren wurden wir als
    Neben dem Brauchtum engagieren wir           bester Verein in Bezug auf außersportliche
 uns am Kirchort Herz Jesu, leben eine           Jugendarbeit vom Stadtsportbund Jugend
 Partnerschaft mit der münsterischen Part-       ausgezeichnet. Gerade bei der Fortbildung
 nerstadt Mühlhausen, und viele Mitglieder       arbeiten wir intensiv mit dem Jugendbe-
 sind auf übergeordneten Ebenen im Schüt-        reich zusammen.
 zenwesen, insbesondere in der Jugendar-
 beit, tätig. Sieben Jugendschießleiter sorgen      Wir hoffen, unsere Arbeit noch lange
 für den Schießsport auf dem Schießstand         fortführen zu können. 
 im PEH.
19

                                Familienkreis –
                                ein Teil von Kirche
                                Franziska Lenkeit ist mit einem Familienkreis
                                groß geworden im Leben und im Glauben.

M     ein Familienkreis ist für mich zu ei-
      ner Gemeinde in der Gemeinde ge-
worden. Gegründet wurde er vor über elf
                                              Gemeinde treffen wir uns bei Gottesdiens-
                                              ten und Veranstaltungen.

Jahren, als wir Kinder alle noch klein wa-       Ich kann mich nicht mehr daran erin-
ren.                                          nern wie es ist, nicht im Familienkreis zu
                                              sein. Ich denke, ich spreche für alle, wenn
   Bei unseren gemeinsamen Treffen und        ich sage, dass wir in unserem Familienkreis
gemeinsamen Reisen erleben wir Gemein-        ein Stück Heimat gefunden haben. 
schaft, feiern und lachen zusammen und

  Mein Familienkreis ist für
  mich zu einer Gemeinde in der
  Gemeinde geworden.
                                               Familienkreise sind kein Verein oder
entdecken Neues. Gleichzeitig ist der Fami-    Verband, sondern bieten eine Möglichkeit,
                                               sich mit Gleichgesinnten zu treffen.
lienkreis ein Raum zum sprichwörtlichen
Diskutieren über Gott und die Welt, wobei      Die Treffen finden im privaten Rahmen statt.
unterschiedliche Meinungen anerkannt           Inhalte für die Treffen werden von außen
und akzeptiert werden. Ich fühle mich auf-     nicht vorgegeben, jeder Kreis beschäftigt
gehoben, und unsere gemeinsamen Aktivi-        sich mit den Themen, die ihn interessieren.
täten stärken das Zusammengehörigkeits-        Das reicht dann von Erziehungsfragen
gefühl.                                        und Alltagsbewältigung bis hin zu
                                               Partnerschaftsthemen, Wertvorstellungen
                                               oder Glaubensfragen.
   Schön ist, dass unsere Familien im glei-
chen Wohnviertel leben und wir uns auch        Gemeinsame Aktionen – ob Ausflug,
außerhalb unserer Treffen sehen. So haben      Kochen, Kultur … – führen die Familien
z.B. einige von uns zusammen die Schule        zusammen und bereichern jede einzelne
oder die Kita besucht, und in der „großen“     Familie.
20

     Das Blechbläser-
     Ensemble
     – ein Kind der Fusion
     Wolfgang Buskühl berichtet.

 M     it der Gründung der Gemeinde Sankt
       Mauritz entstand auch das „Blech-
 bläserensemble Sankt Mauritz“ unter der
                                                  Als Schüler habe ich angefangen, Trom-
                                               pete zu spielen. Während meines Studiums
                                               lag die Trompete meist im Keller, nur zu
 Leitung von Thomas Stählker. Von allen        seltenen Gelegenheiten – wie für eine Fron-
 Kirchorten und auch darüber hinaus kom-       leichnamsprozession, einen Martinsumzug
 men Menschen zusammen, die Freude da-
 ran haben, gemeinsam Musik zu machen.           Das Kennenlernen neuer
                                                 Menschen motiviert mich, hier
    In vielen evangelischen Kirchengemein-
 den ist es Tradition, dass Posaunenchöre        mitzumachen.
 zur musikalischen Bereicherung der Got-
 tesdienste und des Gemeindelebens beitra-     oder eine Weihnachtsfeier – wurde sie wie-
 gen. Sankt Mauritz hat nun einen eigenen      der hervorgeholt. Deshalb habe ich mich
 „katholischen Posaunenchor“. Auch unser       gefreut, dass es zur Gründung des Bläser-
 Blechbläserensemble will das Leben der        ensembles gekommen ist.
 jungen Pfarrei bereichern.
                                                  Man kann sagen, wir sind ein Produkt
    Startzeichen dafür war 2013 der Got-       der neuen Pfarrei Sankt Mauritz. Hier bie-
 tesdienst zur Fusion der vier Gemeinden       tet sich die Gelegenheit, auch mal über
 zu Sankt Mauritz, bei dem wir zum ersten      den eigenen Kirchturm hinüberzublicken
 Mal einen musikalischen Beitrag geleis-       zu den anderen Kirchorten. Denn unsere
 tet haben. Seitdem wurden viele feierliche    Gruppe kommt viel herum in der neuen
 Gottesdienste, aber auch Gemeinde- und        Gemeinde. Inzwischen haben wir schon an
 Kirchortfeste musikalisch mitgestaltet.       allen Kirchorten Musik gemacht und somit
 Dieser Dreiklang – Musik, Gemeinschaft        sicherlich auch einen Beitrag zum Zusam-
 und gemeindliches Engagement – sowie          menwachsen der fusionierten Gemeinde
 natürlich das Kennenlernen neuer Men-         geleistet. 
 schen ist es auch, der mich motiviert, hier
 mitzumachen.
21

                                Begegnung ist
                                zentrales Moment
                                Andrea Neusser und Hedwig Stork berichten
                                von der Gottesdienstgemeinde in St. Pius.

D    ie Piuskirche befindet sich an der
     Lahnstraße im so genannten Flüsse-
viertel, einem dicht bebauten Wohngebiet
                                             auch gelegentlich aufzeigen, wie es dem
                                             Einzelnen persönlich geht, wo eventuell
                                             auch Hilfe erforderlich ist.
zwischen Kanal, Warendorfer Straße und
Schifffahrter Damm. Die 1963 erbaute Kir-       Beim monatlichen Frühstück im An-
che ist ein sechseckiger Flachdachbau mit    schluss an den Gottesdienst ist Begegnung
Wänden aus rotem Ziegelstein und auffal-     wieder einer der zentralen Momente. An-
lend schmalen, hohen Fenstern. Diese las-    kündigungen, Erinnerung, Werbung für
sen einen lichtdurchfluteten Innenraum       Veranstaltungen am Kirchort, in der Pfar-
entstehen. Die Bänke sind darin so ange-     rei und darüber hinaus ermuntern zur Teil-
ordnet, dass der Blick des Gottesdienstbe-   nahme und tragen dazu bei, ein Miteinan-
suchers, wo immer er auch Platz nimmt,       der zu pflegen und zu leben. Schön ist es
auf den Altar in der Mitte der Kirche ge-    zu erleben, dass alle Gemeinschaften offen
richtet ist. Man hat auch die Möglichkeit    und Gäste immer willkommen sind.
des Blickkontaktes zu seinen Mitfeiernden.
So entsteht ein Gefühl der Gemeinschaft.        Mit der afrikanischen Gemeinde, die
Gerne werden auch immer wieder die-          schon seit Jahren ebenso in der Piuskirche
selben Plätze zur Feier des Gottesdienstes   beheimatet ist, sowie jüngst weiteren mut-
eingenommen. Vertraute Menschen in der       tersprachlichen Gemeinden gibt es guten
Nähe.                                        Kontakt. Ihre Gottesdienste am Sonntag-
                                             morgen sind ein Beitrag zur vielfältigen
   Es sind überwiegend Ältere, die der       Spiritualität in der Pfarrei und ein Beitrag,
gemeinsame Glaube zur Feier des Got-         der auch einstimmt in das Lob Gottes, das
tesdienstes zusammenführt. Nach dem          in der Piuskirche erklingt, wann immer
Gottesdienst wird die Möglichkeit der        Christinnen und Christen sich dort ver-
Begegnung vor der Kirche in kleinen Ge-      sammeln, um in gemeinsamem Beten und
sprächsgruppen gern wahrgenommen.            Singen ihren Glauben zu feiern. 
Man spricht über „Gott und die Welt“ –
nachbarschaftliche Gespräche, die aber
22

     Gemeinde ist
     Dienst am Menschen
     Father Cyprian Odongo ist Pfarrer von
     St. Mauritz – in Uganda. Einblicke in
     eine Ortskirche an anderem Ort.

 K    ardinal Peter Turkson aus Ghana sagt:
      „An African parish is everything to
 everyone in a Christian neighbourhood.“
                                                    In St. Mauritz gibt es vier Grundschu-
                                                 len mit mehr als 2.500 Schülerinnen und
                                                 Schülern. Auch die höheren Schulen und
 – „Eine afrikanische Gemeinde ist alles für
 jeden in einer christlichen Nachbarschaft.“         Das gemeinsame Tun macht
                                                     Gemeinde aus.
     Die Gemeinde ist der Ort, an dem Men-
 schen zum Gebet zusammenkommen; sie
 ist auch die Schule, in der Kinder und Ju-      Institute in der unmittelbaren Umgebung
 gendliche fürs Leben lernen; sie ist der Ort,   werden von uns religiös betreut. Die Me-
 an dem Alte und Kranke umsorgt werden;          dizinstation nimmt Notfälle auf und ge-
 sie ist Treffpunkt für junge Leute, und oft     währleistet Basisversorgung. Die Men-
 ist sie auch der Ort, an dem Konflikte fried-   schen kommen von weit her, und der jetzt
 lich gelöst werden. Und sie ist der Ort, an     angelaufene Neubau eines Krankenhauses
 dem die Not der Menschen wahrgenom-             wird die medizinische Versorgung weiter
 men und gelindert wird.                         verbessern. Die Brass Band bringt Freude
                                                 in unser Gemeindeleben; ca. 50 junge Leu-
    St. Mauritz Obiya Palaro – seit vie-         te machen mit und haben wirklich Musik
 len Jahren eng verbunden mit Ihnen in           im Blut.
 Deutschland – bedeutet also nicht nur
 Beten, sondern Dienst am Menschen:                 St. Mauritz is always on the move, mo-
 Schulen, Medizinstation, Sportplatz, Brass      ving ahead with fresh ideas and new initi-
 Band, Unterkünfte, Elektrizität und vor         atives – St. Mauritz ist jederzeit unterwegs,
 allem Zugang zu sauberem Wasser. Unse-          in Bewegung, entwickelt sich weiter mit fri-
 re Gemeinde ist Arbeitgeber für 72 Men-         schen Ideen und neuen Initiativen.
 schen; sie hat über 16.000 getaufte Mit-
 glieder. Ich kümmere mich zusammen mit
 14 Helfern um ca. 1800 Familien; jede von
 ihnen hat im Durchschnitt sieben Kinder.
23

   In Gulu und Umgebung gibt es zahlrei-
che Jugendliche, die aus ganz unterschied-
lichen Gründen entweder gar keine Schule
besuchen oder die Ausbildung abbrechen.
Wir wollen ihnen demnächst grundlegen-
de Kenntnisse (z.B. Nähen, Maurern, Me-
tallverarbeitung) vermitteln.

   Im Augenblick entstehen in St. Mauritz
Unterkünfte für Mädchen, um ihnen den
gefährlichen Schulweg zu ersparen. Mit

  St. Mauritz ist jederzeit
  unterwegs, in Bewegung,
  entwickelt sich weiter.

Spendengeldern wird ein Krankenhaus
gebaut, das nachhaltigere Hilfe garantiert.
Anfang des Jahres war eine Besuchsgruppe
aus Münster vor Ort und hat Musikinstru-
mente mitgebracht.

   No gain without pain – obwohl wir vor
vielen Herausforderungen stehen, empfin-
den wir unsere Arbeit nicht als Last, denn
das gemeinsame Tun macht doch Gemein-
de aus. 
GEMEINDE –
  III. Aus dem Glauben handeln

 DA GEHT WAS
25

                                   Wir geben unserer
                                   Kirche ein Gesicht
                                   Wie sieht die Kirche von heute aus? Dazu
                                   schreibt Pfarrer Hans-Rudolf Gehrmann.

V   iele Menschen erleben heute „die“
    Kirche als Institution, als schwerfällig,
engstirnig und bürokratisch, etwas welt-
                                                Bildung. Und an den Kirchorten sind viele
                                                Menschen in Gruppen und Gemeinschaf-
                                                ten, in Verbänden und Einrichtungen en-
fremd und veraltet. Ich erlebe die Kirche       gagiert, die viele Gesichter der einen Kirche
anders!                                         sind.

   Für mich gibt es nicht DIE Kirche, son-     Wir alle in unserer Pfarrei brauchen un-
dern alle Getauften sind die Kirche. Ich ser Gesicht nicht zu verstecken, sondern
erlebe eine Kirche, die ihr Gesicht konkret sollten Gesicht zeigen und Farbe bekennen
in der Gemeinde zeigt: WIR geben unserer dort, wo wir leben und arbeiten.
Kirche ein Gesicht!
                                               Der christliche Glaube hilft uns als
   Am 4. Oktober 2015 wurden vier neue Grundlage für ein sinnvolles Leben. Durch
Mitarbeiter(innen) im Seelsorgeteam von uns können auch andere davon erfahren.
Sankt Mauritz begrüßt und in ihren Dienst Jesus, in dem der unsichtbare Gott Gesicht,
eingeführt: Bernadette Alfert als Pastoral- Stimme, Hand und Fuß bekommen hat, ist
referentin, Dr. Benedict Okike und Arogya uns dabei Vorbild. 
Salibindla als Pastöre und ich, Hans-Rudolf
Gehrmann, als leitender Pfarrer. Nach an-
derthalb Jahren können wir vier Neuen sa-
gen: Sie in der Pfarrei hatten es leicht, nur
vier neue Gesichter kennen zu lernen! Für
uns waren es unzählig viele neue Gesichter.

   Aber das war und ist immer noch span-
nend. Wir erleben Sankt Mauritz als eine
vielseitige und bunte Kirche mit vielen
Gesichtern. Jeder der Kirchorte hat sein
eigenes Gesicht durch das jeweilige Profil
Caritas, Kunst, Familie, Evangelisierung,
26

     Da geht was!
     Sebastian Frye ist seit wenigen Monaten
     Priester und hat sich damit ganz an die
     Kirche gebunden. Wie blickt er in die
     Zukunft?

 Z    ehn Monate liegt meine Priesterwei-
      he zurück (15. Mai 2016). In die letzte
 Vorbereitungszeit auf meine Weihe fielen
                                                die Kirche zu den Menschen tragen soll,
                                                nach wie vor Antworten auf die großen
                                                Fragen bietet, die Menschen haben – be-
 einige Statements und Interviews, die mich     sonders zu den verschiedenen Wende- und
 recht nachdenklich gestimmt haben (Pfr.        Knotenpunkten in ihrem Leben.
 Thomas Frings, Dr. Christian Hennecke,
 Regens Hartmut Niehues). Manche An-               Natürlich ist das Antworten-Angebot
 sichten kann ich teilen, manche auch nicht.    in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft
 Sicher ist jedoch: Es ist schon eine unge-     größer geworden. Doch das Wort Gottes ist
 wisse Zeit, in die hinein ich zum Priester     ein Pfund, mit dem wir wuchern können:
 geweiht wurde.                                 Wir brauchen keine Furcht zu haben, un-
                                                seren Glauben anderen Menschen für ihr
    Als ich am vergangenen Pfingstfest ver-     Leben anzubieten. Ich habe selbst erfahren,
 sprochen habe, mein ganzes Leben in den
 Dienst der Kirche zu stellen, da konnte          Trotz der offenen Fragen glaube
 ich beim besten Willen nicht überblicken,        ich, dass die Botschaft Jesu nach
 was das eigentlich bedeutet. Auch habe ich
 noch niemanden getroffen, der mir sagen          wie vor Antworten auf die großen
 konnte, was es in den nächsten 10, 20, 50        Fragen bietet, die Menschen
 Jahren heißen wird, Priester zu sein. Vie-       haben.
 le offene Fragen, und doch eine innere
 Gewissheit: Gott möchte mich in diesen         wie das Wort Gottes in Momenten des Fra-
 Dienst nehmen und mich zu seinem Werk-         gens und Zweifelns zum Wegweiser wurde.
 zeug machen. Was das konkret heißt, das        Und ich glaube, dass genau die Christen,
 wird ER mir in den nächsten Jahren zeigen.     die selbst Feuer gefangen haben von die-
 Wenn ich auch viele Fragen habe – da bin       sem Gott, zu Fackeln werden können für
 ich mir sicher!                                andere, die suchen. Ja, in diesem Sinne bin
                                                ich überzeugt: In der Kirche und durch die
    Trotz der vielen offenen Fragen glaube      Kirche – da geht noch einiges!
 ich doch, dass die Botschaft Jesu, welche
27

    Und doch muss ich bei einem realis-        Zeit gegeben, und daher ist es eine Gnade,
tischen Blick sagen, solche Momente, in        dass sie ihren Platz in der Geschichte des
denen ich meinen Glauben mit jemandem          Gottesvolkes und der Gesellschaft hatten.
teile und er im Erleben meines und unse-       Und doch glaube ich, manche dieser For-
res Lebens Feuer fängt, das sind kostbare      men werden zu Ende gehen.
Sternstunden. Vielleicht ist es hilfreich,
wenn wir uns selbst eingestehen, dass da-         Zum Glück ist es aber auch so, dass wir
raus nicht gleich ein ganzer Sternenschau-     nicht ausschließlich den Niedergang kirch-
er wird. Manchmal gibt es, auch bei mir,       lichen Lebens beobachten können. Es gibt
immer noch die Hoffnung, wenn wir uns          Neuaufbrüche – zum Teil in den Pfarreien,
nur richtig ins Zeug legen, dann wird alles    zum Teil aber auch in Gruppen und Ge-
wieder so wie in der „guten alten Zeit“ der    meinschaften, die parallel zu den klassi-
Volkskirche, bei der sich das ganze Stadt-     schen Pfarrei-Strukturen entstehen. Meine
                                               Vision für die Zukunft der Kirche ist es,
  Ich bin überzeugt: Manches                   dass es bei all den sinkenden Zahlen den-
  geht nicht mehr. Und es gibt                 noch geistliche Zentren gibt. Orte, an de-
                                               nen Christen zusammenkommen, um sich
  Neuaufbrüche.                                gegenseitig im Glauben zu stärken, aber
                                               auch, um den Glauben in lebendiger Weise
viertel am Sonntag im Hochamt traf (sol-       zu feiern. Ich glaube, dass Christen, die mit
che Zeiten habe ich ja eigentlich nicht ein-   solchen Zentren geistlichen Lebens ver-
mal selbst erlebt). Wenn wir mit solch einer   bunden sind, auch eine Strahlkraft für ihre
versteckten Erwartung unseren missiona-        Umwelt haben. Von solchen geistlichen
rischen Eifer ausleben, dann, glaube ich,      Zentren aus würden die Christen und auch
können wir nur enttäuscht werden. So wie       die Priester losziehen, um das Wort Gottes
in den 50ern wird es nicht mehr werden!        und die Sakramente zu den Menschen zu
                                               bringen.
   Wir befinden uns derzeit noch in einer
Phase massiver Veränderungen. Manche              Kirche – da geht was! Vielleicht ist es
Formen sowohl der kirchlichen Infrastruk-      eher die Frage, ob wir uns auf das einlassen,
tur als auch des Pfarrei-Lebens stammen        was Gott schon aufbrechen lässt. Ob wir
noch aus dieser „guten alten Zeit“. Und        kreativ und mutig sind, diese neuen Wege
wenn ich auf manches in unserer Kirche         mitzugehen. „Seht her, nun mache ich
schaue, dann stelle ich immer wieder fest:     etwas Neues. Schon kommt es zum Vor-
Es passt doch schon länger nicht mehr mit      schein, merkt ihr es nicht?“ (Jes 43, 19) 
der sich verändernden Realität der Kirche
und auch mit den sich verändernden Fra-
gen der Menschen zusammen. Deshalb bin
ich davon überzeugt, manches in der Kir-
che geht auch nicht mehr! Manche Formen
kirchlichen Lebens haben wichtige und
notwendige Antworten auf die Fragen ihrer
28

     Warum Pfarrei als
     Kirche vor Ort?
     Aus einer Ansprache von Papst Franziskus
     für Vertreter von Pfarreien der Diözese Rom.

 D     ie Pfarrei ist nach wie vor wertvoll.
       Die Pfarrei muss bleiben. Sie ist eine
 Struktur, die wir nicht über Bord werfen
                                                       Die Pfarrei muss bestehen bleiben als
                                                    ein Ort der Kreativität, als Bezugspunkt, als
                                                    ein mütterlicher Hort.
 dürfen. Die Pfarrei ist ja gerade das Haus
 des Gottesvolkes, in dem es lebt. Die Frage           Und dabei einen Erfindungsgeist walten
 ist, wie ich die Pfarrei gestalte! Es gibt Pfar-   lassen! Wenn eine Pfarrei das macht, ver-
 reien mit geschlossenen Türen.                     wirklicht sich das, was ich – in Bezug auf
                                                    die missionarischen Jünger – »eine Pfarrei
    Aber es gibt auch Pfarreien mit offenen         im Aufbruch« nenne. Erfinden, suchen,
 Türen, Pfarreien, in denen, wenn jemand            hinausgehen, die Leute aufsuchen, sich in
 mit einer Frage kommt, gesagt wird: »Ja, ja        ihre Schwierigkeiten hineinversetzen.
 … bitte, nehmen Sie Platz! Was haben Sie
 auf dem Herzen?« Und man hört zu, mit                Die Pfarrei ist eine Gemeinschaft
 Geduld. Denn sich um das Volk Gottes                 der Gemeinschaften, ein
 kümmern ist anstrengend. In dieser heu-
 tigen Welt mit so vielen Problemen eine              Heiligtum, wo die Durstigen zum
 Pfarrei voranzubringen, ist mühsam. Und              Trinken kommen, um ihren Weg
 der Herr hat uns berufen, damit wir uns              fortzusetzen, und ein Zentrum
 ein wenig anstrengen; um zu arbeiten und
 nicht, um auszuruhen.                                ständiger missionarischer
                                                      Aussendung.
   Die Erneuerung der Pfarrei ist eines der
 Dinge, die wir immer vor Augen haben                  Wenn du nicht auf die Suche nach den
 müssen: Wie geht es der Pfarrei? Was tun           Menschen gehst, wenn du keine Annähe-
 wir? Wie läuft die Katechese? Ist sie offen?       rung herbeiführst, kommen sie nicht. Hi-
 Gehen wir hinaus? Besuchen wir die Kran-           nausgehen und suchen, wie Gott es getan
 ken, die alten Frauen? Und was unterneh-           hat, der seinen Sohn gesandt hat, um uns
 men wir mit den Kindern? So viele Dinge.           zu suchen. 
29

                                 Was mit Kirche
                                 zufrieden macht
                                 Wer für Kirche interessieren will,
                                 sollte wissen, was Menschen erwarten.

D    ie in den letzten Jahren gestiegenen
     Austrittszahlen aus der Kirche hat die
Bistumsleitung im Jahr 2015 zum Anlass
                                                 viele junge Menschen. Das sind er-
                                                 schreckende Ergebnisse, die in nor-
                                                 malen Unternehmenskontexten zur
genommen, einmal auf die Kirchenerwar-           Bewertung fehlender Marktreife füh-
tung schauen zu lassen. Sie beauftragte das      ren würde.
„Münster Research Institute“ (Prof. Eber-
hardt, Prof. Meffert, Prof. Kenning) damit,      Die Erwartungshaltung gegenüber ei-
Informationen zur Zufriedenheitserwar-           ner Pfarrei umfasst liturgische Dienst-
tung von Katholiken einzuholen. Diese            leistungen, gemeinschaftliche Ange-
sogenannte „Zufriedenheitsstudie“ liefert        bote und Glaubensverkündigung. Die
interessante Aussagen:                           erlebte Qualität wird dabei als durch-
                                                 schnittlich angegeben.
    Die Zufriedenheit von Katholiken mit
    ihrer Pfarrei ist höher als mit der Ge-     Wir müssen davon ausgehen, dass diese
    samtinstitution.                        Ergebnisse grundsätzlich auch auf die Pfar-
                                            rei Sankt Mauritz zutreffen. Zwar ist die
     Die Unzufriedenheit mit der Kirche Bedürfnisbefriedigung nicht absolut über
     ist tatsächlich geringer als Engagier- das Kirche-Sein der Kirche zu setzen, aber
     te und Mitarbeiter vermutet haben. an den Menschen vorbei werden wir dem
     Deren Angebote schneiden allerdings Auftrag Gottes an uns auch nicht gerecht.
     schlechter ab als von ihnen selbst ge- In diesem Sinne lassen die Ergebnisse auf-
     dacht.                                 horchen. 

    Die Zufriedenheit mit der Kirche hat
    sich in den letzten Jahren nicht ver-
    schlechert.

    Dass die Kirche dem Leben Halt gibt
    trifft für 17% der Befragten nicht und
    für 36% nur teilweise zu, darunter
30

     „Habt keine Angst.“
     Die verfasste Kirche in Westeuropa steht vor
     massiven Umbrüchen. Monika Wittmann
     stellt einige Aufbrüche vor, die sich daraus
     ergeben.

 M      an darf sich nicht nach etwas sehnen,
        was es nie und nimmer wieder ge-
 ben wird.“ Harte Worte von Rainer Bucher.
                                                sogenannten Personalgemeinden (zum
                                                Beispiel rund um eine Kita oder eine Schu-
                                                le) werden von freiwillig Engagierten gelei-
 Sicherlich macht es viele traurig, dass der    tet und miteinander vernetzt.
 Entwurf von Gemeinde, der einem selbst
 so viel gegeben hat, für andere offensicht-       Im französischen Bistum Poitiers gibt
 lich keinen oder wenig Zugang bietet.          es derartige Bewegungen schon seit län-
                                                gerer Zeit. Das Modell dort zielt nicht auf
    Alle deutschen Bistümer reagieren auf       die Pfarreien ab, sondern auf „örtliche
 diese Phänomene und Gegebenheiten, al-         Gemeinden“ oder „Gemeinden der Nähe“.
 len voran diejenigen, die als Erste merken,    Fünf Menschen an einem Ort tragen einige
 dass das „Volkskirchenmodell“ nicht mehr       Jahre lang (also eine begrenzte Zeit!) Sorge
 trägt (z. B. im Bistum Essen, im Bistum Hil-   für diese Gemeinde. Drei Personen werden
 desheim, im Erzbistum Hamburg). Überall        berufen, zwei von ihnen werden von der
 gibt es Zusammenschlüsse von Pfarreien,        Bevölkerung gewählt. Diese fünf Personen
 auch wenn man den Gebilden unterschied-        sind entweder zuständig für die Sorge um
 liche Namen gibt. Immer mehr etabliert         das geistliche Leben, das diakonische Han-
 sich die Beteiligung von freiwillig Enga-      deln, die Verkündigung des Glaubens, für
 gierten (Ehrenamtlichen) an Leitungsauf-       das Zusammenspiel verschiedener Grup-
 gaben, meist geschieht das in Teams.           pen innerhalb der Gemeinde oder für die
                                                materiellen Notwendigkeiten. Es ist vor
    So z. B. im Bistum Aachen, wo es schon      allem ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen,
 seit vielen Jahren in einigen Pfarreien Ge-    dass zwischen den Menschen vor Ort Nähe
 meindeteams gibt, die im Miteinander von       erfahren werden kann und Beziehungen
 Hauptamtlichen und freiwillig Engagierten      geknüpft werden. Doch in Poitiers geht
 die Leitungsverantwortung übernehmen.          es nicht einfach um eine neue Form der
                                                Pfarrei-Organisation. Örtliche Gemeinden
    Auch im Bistum Münster gibt es mit St.      dort sind daher auch nicht das Gleiche wie
 Antonius Rheine eine Projektpfarrei für        hier die Kirchorte. Unabhängig von Pfarr-
 solch ein Modell: Die Kirchorte und alle       strukturen bilden sich diese Gemeinden,
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wenn sich Menschen dazu bereit erklären,       tes und auf das Evangelium als Inspirati-
Verantwortung zu übernehmen – und mit          onsquelle und Richtschnur alle Stimmen
einem wachen Blick für die Menschen in         gehört werden; dass auch an jene gedacht
ihrer Umgebung diese Aufgabe ausfüllen         wird, die (noch) nicht da sind; dass nicht
und gestalten.                                 nur einzelne, sondern viele Bedürfnisse ab-
                                               gefragt und bedacht werden; Beziehungen
   Sankt Mauritz ist nicht Poitiers, und ne-   gestärkt und Auseinandersetzungen kon-
ben Poitiers gibt es mittlerweile viele neue   struktiv geführt werden. Das ist eine gro-
Ideen und Ansätze. Keines dieser Konzepte      ße Verantwortung, weil sie viel stärker als
wird uns eine Antwort geben, wie sich das      heute einfordert, das kirchliche Leben vor
Leben im näheren Umfeld der lokalen Kir-       Ort aus der Perspektive des/der Anderen
che entwickeln wird. Die entscheidenden        zu sehen und von ihm/ihr her zu denken.
Fragen müssen wir als mündige Christin-
nen und Christen selbst beantworten. Was           Man kann es bedauern, dass sich die
                                               Dinge ändern werden und die Verantwor-
  In Veränderungen muss man                    tung erst so spät auch freiwillig Engagier-
  nicht ertrinken – sie sind erst              ten aufgetragen wird. Aber es ist auch eine
                                               Chance.
  dann ein Problem, wenn man
  sich weigert, zu schwimmen.                     In Veränderungen muss man nicht er-
                                               trinken – sie sind erst dann ein Problem,
macht für mich das Leben am Kirchort/in        wenn man sich weigert zu schwimmen. 
der Pfarrei aus? Was brauche ich für ein
geistliches Leben? Was beheimatet mich in      Literatur:
einer Gemeinde in der Pfarrei? Wenn bis
                                               Bucher, Rainer: Nicht in Idyllen flüchten. Noch-
auf eine Sache alles in der Kirche zusam-        mals zur „Kurskorrektur“ von Pfarrer Frings,
menbräche, wer oder was müsste diese eine        auf: http://www.feinschwarz.net/nicht-in-idyl-
Sache, dieser eine Ort, diese eine Person        len-fluechten-nochmals-zur-kurskorrektur-
oder Gruppe sein? Und was bin ich selbst         von-pfarrer-frings/
bereit zu tun, damit es dieses Eine gibt und
                                               Müller, Hadwig: Gemeinden und Leitung im
geben kann?                                     Bistum Poitiers, in: Böhnke, Michael/Schüller,
                                                Thomas (Hg.): Gemeindeleitung durch Laien?
   In Zukunft werden die Christen und           Internationale Erfahrungen und Erkenntnisse,
Christinnen vor Ort eigenständiger sein         Regensburg 2011, 173-196.
dürfen und müssen, wenn es um gelebte
Spiritualität und Gemeinschaft geht. Damit
wird sich auch ihre Rolle verändern: Sie
besuchen nicht mehr einfach nur Gottes-
dienste oder unterstützen das hauptamtli-
che Seelsorgepersonal. Sie sind dann noch
viel stärker als heute schon verantwortlich
dafür, dass im Hören auf den Geist Got-
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