FSEND NG - KIRCHE IN SANKT MAURITZ VOR ORT. FÜR MICH? - Pfarrmagazin Sankt Mauritz
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SEND NG AUF Pfarrmagazin Sankt Mauritz AUSGABE #5, FRÜHJAHR 2017 KIRCHE IN SANKT MAURITZ VOR ORT. FÜR MICH?
2 INHALT Familienkreis 3 Einführung 19 – ein Teil von Kirche KIRCHE – GEHT DA NOCH WAS? Das Blechbläser-Ensemble 20 – ein Kind der Fusion Thesen zur 5 Situation von Kirche Begegnung ist 21 zentrales Element Sankt Mauritz 6 – ein Entwicklungsweg Gemeinde ist Dienst 22 am Menschen Wachsen, wirken, 8 wahrnehmen GEMEINDE – DA GEHT WAS GEMEINDE IN SICHT? Wir geben unserer Kirche 25 ein Gesicht Was ist Gemeinde? 10 Was ist Pfarrei? 26 Da geht was! 12 Kirchort in Veränderung Warum Pfarrei 28 als Kirche vor Ort? 14 Mehr als ein Chor Was mit Kirche zufrieden 15 (M)Ein Ort in Kirche 29 macht Das eigene Tun 30 Habt keine Angst 16 mit der Pfarrei verknüpfen BERICHTE & INFORMATIONEN Raum für Begegnung, der 17 Gemeinde bildet 33 Seelsorgeteam 34 Aus dem Leben der Pfarrei Heimat ist da, 36 Gelbe Seiten 18 wo Gemeinschaft ist IMPRESSUM Herausgeber Kath. Kirchengemeinde Sankt Mauritz, Sankt-Mauritz-Freiheit 25, 48145 Münster Redaktion Heike Hänscheid, Verena Schlinkert, Mechthild Siekmann, Monika Wittmann, Jens Joest, Bernd Lenkeit, Jan-Christoph Horn Fotos Adobe Stock (3,19,25,29,30,40), Colourbox (8), Pfarrbriefservide.de (28), Lukas John (26) Fotoserie „Lego-Kiche im Viertel“ von Heike Hänscheid mit Dank an Stefan Tewes Druck Thiekötter, Münster Auflage 10.000, Verteilung an alle katholischen Haushalte in der Pfarrei
3 Kirche vor Ort. Für mich? Eine Einführung in dieses Heft. W ie kann heutzutage Gemeinde sein? Was soll Kirche sein? Diese Fragen stellen sich in Gremien, Teams, Ordinaria- Die Fachgruppe Öffentlichkeit als Re- daktionsteam des Pfarrmagazins legt nun ein Heft vor, das einen Beitrag dazu leisten ten und Universitäten. Es gibt viele kompe- möchte. Wir sind überzeugt: Gemeinde tente Antworten, aber nur wenige Patente findet statt. Kirche ist vor Ort. Jesus Chris- auf die weitere Entwicklung. tus lebt in den Herzen und Gedanken vieler Menschen. Wir in der Pfarrei Sankt Mauritz sind eine lokale Gestalt von Kirche. Dabei Ob Sie in der Pfarrei engagiert sind, sich brachten die letzten Jahre je nach Facon Kirche zugehörig fühlen oder aus der Fer- mit sich: Entwicklung, Übergänge, Sprün- ne reinschauen: Wir blicken in diesem Heft ge, Brüche. Aber für alle eines: Verände- unvoreingenommen auf die bisherige Ent- rung. Für eine Reihe von Menschen sind wicklung der Pfarrei, schauen auch um uns Abläufe, Strukturen und Personen fremd herum. Wir haben Menschen gebeten, aus geworden. Immer ein Zeichen dafür, dass ihrer Gemeinde zu berichten – verstehen die Veränderung an einem vorbeigegangen dabei „Gemeinde“ mit dem Pastoralkon- ist. Weil man nicht mitgenommen wurde, zept als kleinräumige, beziehungsorientier- nicht mitgehen konnte oder wollte. te Gemeinschaftsform um Jesus Christus. Das Pastoralkonzept aus dem Jahr 2012 „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ beschreibt das Leitbild für Sankt Mauritz. war ein Schlager des Neuen Geistlichen Es lässt sich aber nicht wie eine Bauanlei- Liedes – vor 30 Jahren. Doch die Zeit des tung umsetzen. Deswegen hat der Pfarrei- Großmastseglers ist vorbei. Heute texten rat Zeit für Wachstum gelassen und darum wir: Viele kleine Boote sind unterwegs, gebeten, Wirkungen wahrnehmen. Nun organisiert in einem Flottenverband. Aber wird sich der Pfarreirat dem Stand der der Wind ist gleichgeblieben, Gottes Geist Dinge zuwenden und in diesem Jahr den umweht uns. Auch Auftrag und Ziel sind sogenannten „Lokalen Pastoralplan“ ent- klar: Kirche sein, miteinander und für an- wickeln, wie es inzwischen im Sprachge- dere. Kommen Sie mit auf die Fahrt. brauch des Bistums Münster heißt.
5 „Dass wir durch Kindergärten als Lernorte des Glaubens oder kirchliche Schulen noch spürbaren Einfluss neh- men, daran habe ich den Glauben ver- „Die Kirche muss sich dessen bewusst loren. sein, dass die meisten von ihnen bereits als kleine Kinder in diese ‚Servicekirche‘ Wir haben den Satz ´Die Menschen aufgenommen wurden, ohne – in den da abzuholen wo sie stehen´ gelernt um- meisten Fällen – zu einer eigenen Glau- zusetzen. Jetzt müssten wir noch den bensentscheidung geführt worden oder Umstand akzeptieren, dass immer mehr gelangt zu sein. Eine solche wurde fast Menschen gar nicht dahin wollen, wo nur Ordensleuten und Priestern ermög- wir sie hinführen möchten.“ licht und zugetraut. THOMAS FRINGS, Der Glaube heute kann nicht mehr EHEMALIGER PFARRER DER mit überlieferten Lehren begründet PFARREI HEILIG KREUZ, MÜNSTER werden, sondern muss auf persönlichen Erfahrungen beruhen.“ „Es geht darum zu entdecken, wie PAUL WESS, Gott heute Menschen bewegt, berührt. DOZENT FÜR PASTORALTHEOLOGIE, INNSBRUCK Diese Krise ist vor allem Krise der Priester und Verantwortlichen, die sich und ihren Dienst an eine untergegange- „Man darf sich nicht nach etwas seh- ne Form der Kirche binden. nen, was es nie und nimmer (wieder) geben wird. Da es um Mentalitätsverwandlung, um Umkehr und Paradigmenwechsel Die eigenen Sehnsüchte als Zukunfts- geht, braucht es dafür Zeit.“ modell von Kirche zu nehmen, das wird nicht funktionieren. CHRISTIAN HENNECKE, LEITER DER HAUPTABTEILUNG PASTORAL, Man wird dann immer nur jene errei- BISTUM HILDESHEIM chen, die ungefähr so sind oder werden wollen, wie jene, die noch in kirchlichen Zusammenhängen anzutreffen sind.“ „Es steht die Frage im Raum, ob die Menschen heutzutage überhaupt noch RAINER BUCHER, damit rechnen, dass Gottes Handeln PROFESSOR FÜR PASTORALTHEOLOGIE, GRAZ erfahrbar ist in den sakramentalen Zei- chenhandlungen.“ HARTMUT NIEHUES, REGENS DES PRIESTERSEMINARS, zusammengestellt von Monika Wittmann BISTUM MÜNSTER
6 Sankt Mauritz – ein Entwicklungsweg Wie schauen die, die den Fusionsprozess mitgestaltet haben, heute auf die Pfarrei? AUFBRUCH IN DIE Kirchenvorstand, Pfarrbüros, hauptamtli- ZUKUNFT. ODER? che Verwaltung). Aber inhaltlich? Ich habe Barbara Stinnesbeck-Schmidt den Eindruck, dass es an den einzelnen Kirchorten ähnlich zugeht wie vor der Fusi- N ach einigen Jahren ehrenamtlichen Engagements im Pfarrgemeinderat, unzähligen Sitzungen auf verschiedensten on auch. Und Begegnungen untereinander sind eher punktuell geblieben, ein richtiges Zusammenwachsen ist es nicht geworden. Ebenen im Kooperationsrat und später in Dafür ergibt sich eher der Eindruck, dass der Steuerungsgruppe, zahlreichen Briefen die Kirchen leerer geworden sind, und dass und Anhörungen bei Bischöfen und Ge- die Menschen die Verlässlichkeit vor Ort neralvikar war ich 2013 wirklich froh, mit vermissen. Sowohl die erhebliche Fluktua- dem Tag der Fusion diese Arbeit beenden tion der hauptamtlichen Seelsorger als auch zu können. Was hatten wir erreicht? deren Rotation ohne vorherige Bekanntga- be durch die Gottesdienste sowie teilweise Bei kontinuierlichem Rückgang von auch das geringe Interesse an persönlichen Priester- und Gläubigenzahlen war es ge- Kontakten führt zum Gefühl des zumin- lungen, die von oben verordnete Fusion dest teilweisen Verlustes von religiöser – die aktuell als einzig mögliche Antwort Heimat. Und das, wo wir rein zahlenmäßig darauf gesehen wurde – in einem fairen kaum weniger Seelsorger haben als zuvor. Miteinander mit einem einigermaßen vernünftig erscheinenden Konzept unter Aber es gibt einige zukunftsweisende Beachtung der bisherigen Stärken der Ge- Veränderungen: das – auch vor der Fusion meinden umzusetzen. schon vorhandene – Laienengagement in der Liturgie hat sich weiter verstärkt. Und Und heute? Eine eigentliche Fusion der neben der Seelsorge im Trauerfall haben einzelnen Gemeindeteile zu einer neuen wir jetzt auch Leiterinnen für Wort-Got- Gemeinde hat nicht stattgefunden. Auf der tes-Feiern, die ab der Adventszeit regelmä- Verwaltungsebene hat es sehr wohl eine ßig Gottesdienste anbieten – ein ermuti- Bündelung der Kräfte gegeben (z.B. Kitas, gendes Zeichen.
7 Für mich selbst sind die liturgischen Fei- defeste. Ich fühle mich überall als Kirche. ern das Herz einer christlichen Gemeinde. Es ist egal, in welchem Gebäude ich mich Hier kann man – oder auch nicht – den befinde oder welche Personen um mich he- Geist einer Gemeinde spüren. Die Feiern rum sind, wir alle sind Christen und feiern können/sollen/wollen eine Gottesbegeg- dasselbe. Wir haben zusammen viele gute nung ermöglichen, ein heilsamer Ort in Pläne angefangen und durchgeführt, so Raum und Zeit sein. Nicht zuletzt sollen sie dass ich glaube, dass wir auf einem guten auch ein Forum für die nächste Generation Weg sind. und auch für Kirchenferne sein. Was mich an der Entwicklung befrem- Das sehe ich insgesamt im Moment det, ist die Struktur, die in unserer Pfarrei nicht so optimal umgesetzt. Und so wün- etabliert wurde. Es gibt den Kirchenvor- sche ich mir mehr Verlässlichkeit im litur- stand, den Pfarreirat, die Ortsgemeinde- gischen Stil, in Kirchenmusik, in persönli- räte. Es gibt Ausschüsse auf Pfarrei- und chen Kontakten – und weniger Versorgung Gemeindeebene und vieles mehr. Allein in der Fläche. durch Sitzungen, Formalien etc. werden so viele Kräfte gebunden und Menschen doppelt oder sogar dreifach belastet. Auch SO UND SO wenn unsere Pfarrei rein rechnerisch über Martin Remke 20.000 Katholiken hat, sieht die Realität anders aus. Müssen wir angesichts der tat- sächlich Glaubenden unsere Kräfte so ein- Z unächst gab es eine spürbare perso- nelle Entwicklung. Dies zeigte sich meiner Ansicht nach in einem Wechsel der setzen und vielleicht sogar verschwenden? Ich glaube auch, dass wir dadurch für Hauptamtlichen und eines Teils der enga- neue Christen abschreckend und un- gierten Ehrenamtlichen. Und dies ist auch durchsichtig erscheinen. Wie soll ich denn eine gute Entwicklung, denn mit neuen jemandem, der nicht in der Kirche oder Menschen kommen auch neue Perspekti- unserer Pfarrei zuhause ist, erklären, wer ven und Ideen. Daneben haben sich aber hier für was zuständig ist? Ich selbst bin auch die Menschen selbst weiterentwickelt. zum Glück in fast keinem dieser Gremien Die Christen in unseren Gemeinden sind mehr, aber selbst dort, wo ich engagiert bin, sich ihrer selbst bewusster geworden und entmutigt mich das viele Reden. Vielleicht haben ihre eigene Position in der Kirche sollten wir einfacher weniger diskutieren bestimmt. Durch die äußeren Umstände und mehr machen. gezwungen, wurden Menschen „aktiviert“ und haben sich eingebracht. Die Entwicklung merke ich auch an mir selbst. Ich bin viel flexibler, was meine Teil- nahme an Veranstaltungen angeht, seien es Gottesdienste, Gebetszeiten oder Gemein-
8 Wachsen, Wirken, Wahrnehmen Die Dokumentation eines aufschlussreichen Feedback-Projekts. E in Jahr lang hat eine Projektgruppe des Pfarreirats 12 Frauen und Männer aus der Pfarrei, die nicht in Gruppen oder Menschen möchten sich einbringen in unsere Pfarrei – „Wir haben so viele Res- sourcen und nutzen diese nicht.“ Warum? Gremien engagiert sind, wiederholt ins Ge- Weil sie anders sind, weil sie Neues einbrin- spräch miteinander gebracht und gebeten, gen, weil sie einer bestimmten Glaubens- über ihre Erfahrungen mit der und ihre tradition nicht in den Kram passen, weil sie Wahrnehmungen zur Pfarrei ins Gespräch Projekte statt Mitgliedschaft vorziehen? zu kommen. Aus den Gesprächsprotokol- len wurden zentrale Rückmeldungen ge- bündelt. SANKT MAURITZ ALS FUSIONIERTE PFARREI KIRCHE SEIN VOR ORT Es ist noch nicht fertig, die Fusion als Menschen suchen Menschen in unserer Verwaltungsfusion und die entstandene Pfarrei – Angebote und Strukturen dürfen neue Pfarrei als Identitäts- und Planungs- dies nicht verhindern. Beheimatung ist größe zu begreifen. schwieriger geworden, ergibt sich nicht aus Gewohnheit. Man muss selber aktiv wer- Nicht übersehen: Soziale Gefüge kann den dafür. man nicht fusionieren. Menschen suchen Dienste in unserer Die Grundstruktur von „Pfarrei > Pfarrei – sie können sich gut orientieren, Kirchort > Gemeinschaft“ ist plausibel. die Angebote sind greifbar, nicht immer Aber warum grenzen sich die Kirchorte stimmt die Qualität. noch so sehr voneinander ab? Eigenes Pro- fil im Miteinander entdecken. Menschen suchen Glauben in unse- rer Pfarrei – an vielen Orten, auf vielerlei Zukünftige Leitworte vielleicht „Weni- Weise, in vielerlei Stilen. Die zugelassene ger – Einfach – Gut“. Offenheit, Vielfalt und Buntheit ist eine Chance.
9 Eine wertkonservative Klientel, die in lokaler Kirche auch einen „Andersort“ zum alltäglichen Leben sucht, soll sich öff- nen für Neues – das kann auch zu Enttäu- schungen führen. OFFENE THEMENFELDER Seelsorger, insbesondere die Priester, als persönlich bekannte Lebensbegleiter zu erleben ist nicht mehr möglich. Das än- dert etwas. Enttäusche Kirchenerwartung. Bindung an Gemeinde über Hauptamtliche gelingt nicht mehr. Willkommenskultur ausbauen. Es gibt sehr eingefahrene Betriebsabläufe. Acht- samkeit auch auf „Neue“ und bewusstes Draufzugehen, zum Beispiel an der Kir- chentür. Kirchenräume als Orte der Begegnung mit Gott und unter Menschen. Potential dafür scheint noch nicht ausgereizt. Wichtige Zielgruppen: Senioren, Al- leinstehende, Eltern junger Kinder > Leis- tungsdruck, Vereinsamung und Vereinze- lung begegnen. Relevanzen schaffen. Menschen erhal- ten Lebenshilfe und Sinnbestätigung auch ohne uns, denn wir sind nicht die einzigen „Anbieter“ auf dem „Areopag“. Die Rückmeldungen fließen wertschätzend in die Gestaltung des Lokalen Pastoralplans ein.
11 Was ist Gemeinde? Was ist Pfarrei? Pastoralreferent Jan-Christoph Horn macht sich dazu einige Gedanken. D as Verständnis von Gemeinde ist nicht nur in unserer Pfarrei virulent. Mir begegnen verschiedene innere Bilder. In Christliche Gemeinde ist soziale Bezie- hung mit und um Jesus Christus. Um ihn versammelt man sich („Der Herr sei mit Folge dessen wird der Begriff sehr unter- euch“), von ihm her wird Mitverantwor- schiedlich eingesetzt. Und fehlende Ver- tung für das soziale Umfeld übernommen ständigung führt zu ... Sie wissen schon. („Geht und bringt den Frieden“). „Wir gründen nicht eine oder vier, fünf Die Kirchortstruktur macht Gemeinden Gemeinden, sondern tausend“, steht im sichtbar und unterstützt sie. Hier gibt es In- Pastoralkonzept von 2012/13. Gemeinde frastruktur und Anlaufstellen. Die Pfarrei ist demnach nicht mehr das, was wir früher dient einer lebendigen Pastoral. Hier wer- als „Pfarrfamilie“ bezeichnet haben. Wir den die Strukturen vereinbart, Absprachen wissen aber auch: Gemeinde auf Ebene der getroffen, Service angeboten. Die Pfarrei Gesamtpfarrei Sankt Mauritz funktioniert ist auch die Strukturebene, die der Bischof nicht. Also, was ist Gemeinde dann? benutzt, um seine Diözese zu ordnen und seine Ressourcen zu verteilen, v.a. Geld Gemeinde ist kein Strukturbegriff. Pfar- und Seelsorgepersonal. Wo Gemeinde ist rei und Kirchort sind Strukturbegriffe. sagt der Bischof nicht. Gemeinden gilt es Aber Gemeinde nicht. Gemeinde ist sozi- von den Verantwortlichen in der Pfarrei zu ales Geschehen, ist Beziehung. Beziehung entdecken, zu begleiten, zu gründen. von Mensch zu Mensch, von Christ zu Christ, nicht über Funktionen bestimmt. Vom Pastoraltheologen Ernst Troeltsch stammt die Aussage: „Kirche macht die Soziale Beziehung braucht Übersicht- Gläubigen. Die Gläubigen machen die lichkeit. Soziologen sagen: Zu mehr als 120 Gemeinde.“ Pfarrei, Kirchort, Gemeinde Menschen kann ein Mensch nicht in Be- – das ist ein Unterschied, aber kein Wie- ziehung stehen. Die Zahl sei dahingestellt, derspruch. Statt Abgrenzung macht „Zu- aber Gemeinden können demnach nicht grenzung“ Sinn. Es gilt, darüber ins Ge- 21.000 und selbst keine 4.000 Mitglieder spräch zu kommen. haben.
12 Kirchort in Veränderung Der Kirchort Konrad ist im Umbruch – im wahrsten Sinne, wie Susanne Tyczewski berichtet. I m Jahr 2011 schloss das Pfarrbüro, 2013 das Pfarrheim. Das alte Pfarrhaus ist seit längerer Zeit nicht nutzbar. Wie kann sich Der wichtigste Raum für kirchliche Identifitkation bleibt die Konradkirche. Täglich geöffnet vom ehrenamtlichen kirchliches Leben in solchen Übergangs- Schließdienst. Regelmäßig gepflegt von den zeiten noch gestalten und erhalten? ehrenamtlichen Küstern. Zu Ostern gründ- lich durchgeputzt vom Ortsgemeinderat. Für die meisten Aktivitäten gilt im Mo- ment der Satz von den drei Phasen des Umbruchs: „Gibt es noch – Gibt es nicht Für die meisten Aktivitäten gilt mehr – Gibt es noch nicht wieder“. Kön- im Moment: „Gibt es noch – Gibt nen Sie sich vorstellen, wie das ist, wenn es keine Versammlungsräume rund um es nicht mehr – Gibt es noch die Kirche mehr gibt? Wenn jede Zusam- nicht wieder.“ menkunft nach außerhalb verlagert werden muss, wenn dem Leben vor Ort buchstäb- lich der Raum genommen worden ist? Die Der Neuaufbruch wird kommen, da Bücherei: in der Sakristei der Kirche. Der sind wir uns sicher. Ab Sommer haben wir Seniorentreffpunkt: in der Gaststätte des wieder Versammlungs- und Begegnungs- Tennisvereins. Die Kurse der Frauenge- räume im um- und ausgebauten Pfarrhaus meinschaft: zu Hause im Wohnzimmer. und schon heute Ideen, wie die Räume zum Die Messdiener: haben kein Quartier. Der Leben erweckt werden können. Die Flücht- Gemeindetreff: braucht gutes Wetter, um lingsarbeit wird eine Rolle spielen, ebenso draußen stattzufinden. die Bildungsarbeit vor Ort und für die ge- samte Pfarrei. Die Kita ist an den Kirch- Im letzten Jahr sind viele aktive Gemein- platz gezogen, was neue Nähe schafft. Und demitglieder verstorben. Nicht alle waren die Musikgruppen am Kirchort entwickeln hochbetagt. Das macht traurig, weil sie das sich beständig weiter. Leben vor Ort mitgetragen und geprägt ha- ben, aber nur den Ab- und Umbruch und nicht mehr den Neuaufbruch erlebt haben.
13 Die Vorfreude darauf muss sich erst aus- breiten, denn die Zeit des Umbruchs war lang und nicht ohne Folgen. Aber wir haben Hoffnung. Und Kraft. Und draußen vor der Kirche, direkt neben der Statue des heiligen Konrad, brennt Tag und Nacht eine Kerze. Wenn jemand aus dem Viertel gestorben ist. Aber auch, wenn ein Fest bevorsteht. Oder einfach so, um zu zeigen: Hier ist Le- ben, auch wenn der Raum jetzt noch knapp ist. Hier wird gebetet, gesungen und ge- hofft. Hier hat sich die Kirche schon einmal gegen den Zeitgeist behauptet, nämlich als sie 1938 in dunkler Zeit gebaut wurde. Sie wird es auch dieses Mal schaffen. Und viel- leicht sind wir damit weiter als gedacht und gefühlt. Denn „nicht mehr“ ist immer auch die Vorstufe zum „schon wieder“ oder zum „stattdessen“. Gottes Geist durchweht auch die Welt hinter dem Kanal, gewaltig und unbändig. So war es gestern, so ist es heute – und mor- gen. In einem Lied von Peter Janssens heißt es im Refrain: „Im Meer der Zeit nicht un- tergehn, im Meer der Zeit den Tag bestehn, den Tag bestehn und weiter, weiter, weiter- gehn.“ Es ist Nr. 836 im Gotteslob, lesen Sie es mal nach oder singen Sie es. Es ist unser aller Lied.
14 Mehr als ein Chor „Wir teilen Freud und Leid miteinander“ sagt Eva-Maria Niehues vom Kirchenchor Herz Jesu und St. Elisabeth. D er Kirchenchor Herz Jesu (gegrün- det 1898/99) und der Kirchenchor St. Elisabeth (gegründet 1929 ) sind seit den. Für viele junge Menschen ist es „un- cool“, in einem Kirchenchor mitzusingen. Angesichts dieser Tatsache wird unsere 2001 zu einer Chorgemeinschaft zusam- Chorgemeinschaft in Kürze bedauerlicher- mengewachsen. weise nicht mehr in der Lage sein, mit den noch vorhandenen Sängern und Sängerin- Unser Kirchenchor ist eines von vielen nen Gottesdienste musikalisch mitzuge- bunten Steinchen, das mit zur Bildung von stalten. Gemeindeleben beiträgt. Der Chorgesang verleiht den Gottesdiensten einen besonde- Ich habe manchmal den Eindruck, dass ren Rahmen. Wie sagte schon Luther: „Die der Kirche – wir alle sind Kirche – das Musik ist eine Gabe und Geschenk Gottes, ehrliche Interesse am Menschen fehlt. Das die den Teufel vertreibt und die Leute fröh- Miteinander ist oft zu wenig und Worte als lich macht.“ Vermittlung reichen oft auch nicht. Ent- scheidend sind christliche Gemeinschaf- In unserem Chor sind Menschen jeder ten, die voneinander wissen, einander hel- Altersgruppe und so verschieden; aber fen, füreinander Sorge tragen und in denen dennoch sind sie im Laufe vieler Jahre Anteilnahme, Solidarität und Zugegensein miteinander zu einer Gemeinschaft ver- erfahren werden. Dazu braucht man Kraft wachsen. Natürlich gibt es Konflikte und und Ausdauer von Gott. menschliche Schwächen, genauso wie sie sich täglich in der Gemeinschaft der Fami- „Wo zwei oder drei in meinem Namen lie, in den Gemeinschaften von Sport und versammelt sind, da bin ich mitten unter Kultur, aber auch in der Gemeinschaft der ihnen.“ Kirche als Gemeinde zutragen. Wir teilen Freud und Leid im Chor miteinander, und Kirchorte sollten im Dialog bleiben, auf- das Gesellige kommt auch nicht zu kurz. merksam sein für Bedürfnisse und Sorgen Typische Kirchenchöre, zu denen unser anderer, um all denen, die durch Fusionen Chor auch zählt, haben es in der heutigen „heimatlos“ geworden sind, eine neue Per- Zeit nicht leicht, Nachwuchssänger zu fin- spektive zu geben.
15 (M)Ein Ort in Kirche Von der ganz persönlichen Seelsorge in einer Kleinen Christlichen Gemeinschaft schreibt Christiane Kempkes. U nsere KCG hat sich vor einigen Jahren gegründet. Nach ein paar Ein- und Austritten in der Gründungsphase sind lich ist. Wir teilen das Wort Gottes, werden durch unterschiedliche Wahrnehmung der Bibelstellen immer wieder auf ganz neue wir seit cirka fünf Jahren eine konstante Aspekte eines Textes, des persönlichen Gruppe, bestehend aus sieben Frauen. Mit Glaubens gebracht. Bei uns darf jede so der Zeit sind wir richtig gute Freundinnen sein, wie sie ist und vollkommen ehrlich und uns untereinander sehr wichtig gewor- äußern, wenn sie mit Glaubensdingen ha- den. Ein Gründungsmitglied ist so etwas dert, anders fühlt oder wahrnimmt. Wir wie unsere Leiterin. Sie bringt immer mal teilen mit ganz viel Anteilnahme Freud und wieder neue Impulse mit und bereitet die Leid und betreiben ganz persönlich mitein- Abende teilweise vor. ander Seelsorge. Wir treffen uns etwa alle vier Wochen Inwiefern sind KCGs also ein Ort in der im Pfarrer-Eltrop-Heim, zumeist zum Bi- Kirche? Da wir unseren Glauben leben und belteilen. Wir haben aber auch schon eini- teilen, miteinander im Gespräch sind, mit- ge Aktionen außerhalb gehabt, wie z.B. den und füreinander beten, zuhören, sind wir Besuch des ehemaligen KZ-Lagers und des Kirche getreu dem Motto „Wo zwei oder Klosters in Esterwegen, Adventssingen im drei in meinem Namen versammelt sind, Casa Mauritz, gemeinsame Filmabende, da bin ich mitten unter ihnen.“ Besuch einer Krippenausstellung u.a. Wir feiern auch mal unsere Geburtstage und Und was brauchen wir von der Pfarrei? genießen bei unseren Treffen ein gemein- Das Angebot der KCG-Oasentage ist gut, sames Glas Wein oder Wasser. die Möglichkeit der Raumnutzung und die Unterstützung der KCG-Gruppenspre- Wir wurden gefragt: „Was ist Gemeinde cher mit neuen Anregungen. an dem, was Ihr tut? Was gibt Euch das?“ – Wir können gemeinsam unseren Glau- ben leben, was bei der einen oder anderen in der Familie/im Alltag nicht immer mög-
16 Das eigene Tun mit der Pfarrei verknüpfen Katharina Vinnenberg berichtet von den Pfadfindern. W ir DPSG-Pfadfinder aus Herz Jesu: Das sind ca. 50 Aktive zwischen sie- ben und 30 Jahren. Uns verbindet mehr Damit ist es für uns ein Ort in der Kirche und eine Möglichkeit, unseren Glauben an Gott aktiv zu leben. Pfadfinder werden im- als die Liebe zu Lagerfeuerrunden unter mer wieder ein Ort der Kirche, wenn wir freiem Himmel und zur Natur – denn wir beispielsweise das Friedenslicht aus Bethle- sind eine kleine Gemeinde, die gerne ge- hem im Dom abholen und es in der Weih- meinsam Aktionen und Fahrten plant und nachtsmesse in die Gottesdienstgemeinde durchführt. tragen, oder wenn wir gemeinsam im Som- merlager Gottesdienst feiern. Die Kinder und Jugendlichen treffen sich wöchentlich in ihren Altersstufen Auch wenn wir viel als Pfadfinderstamm und mehrmals jährlich mit allen Grup- intern arbeiten, sind wir glücklich darüber, pen zusammen: Jahres-Höhepunkt ist das Teil einer blühenden und vielfältigen Pfar- zweiwöchige gemeinsame Sommerlager. rei zu sein. Von der Pfarrei brauchen wir Dadurch entwickelt sich ein enger Kontakt für unsere Gemeinschaft Kontakte und An- untereinander, es entstehen Vertrauen und knüpfungspunkte an die Vorhaben der Ge- Freundschaften über verschiedenste Al- meinde. So ist beispielsweise ein hauptamt- tersstufen hinaus, genau wie in einer gut licher Seelsorger der Pfarrei als Kurat in der funktionierenden Gemeinde. Das Hobby Leiterrunde dabei und verknüpft so unser und die Lebenseinstellung „Pfadfinder“ Tun mit der Pfarrei. Auch besuchen wir führt uns immer wieder zu spannenden verschiedenste Gremien wie die Fachgrup- Gesprächen und zu Kontakten zu anderen pe Jugend, in welcher VertreterInnen aller Pfadfindern aus anderen Teilen Deutsch- Leiterrunden zusammenkommen. Ge- lands und der Welt. meinsam mit und für die Pfarrei gestalten wir die verschiedenen Feste mit. Dies ist Außerdem gibt uns unser Hobby einen immer eine schöne Gelegenheit, mit Mit- Anknüpfungspunkt mit unserem Glauben. gliedern der Pfarrei in Kontakt zu treten. „Als Pfadfinder und Pfadfinderin stehe ich zu meiner Herkunft und meinem Glau- ben“ lautet eines unserer Pfadfindergesetze.
17 Raum für Begegnung, der Gemeinde bildet Von der „Kunstkirche“ Erpho berichtet Ortrud Harhues. E ine Gruppe Kunstfreunde aus KAB und Kirchort Edith Stein organisiert seit 2002 im zweijährigen Rhythmus Aus- Christen begegnen kunstinteressierten Besuchern. Ausstellungsbesucher begeg- nen einer Kirchengemeinde und sind ein- stellungen zu einem bestimmten Thema geladen, sich auf mehr einzulassen: auf sich in der Erphokirche. In der Fastenzeit ist selbst und andere Menschen, auf Gott und dann jeweils das Ergebnis von Künstlern den christlichen Glauben. und Künstlerinnen, Gemeindemitgliedern und Gästen aus Münster und darüber hin- Auch weitere Kulturveranstaltungen wie aus zu sehen. 2016 lautete das Thema „von Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen wegen paradies“. Die Planungen für 2018 haben Platz in der Kirche gefunden, ebenso haben bereits begonnen. Die Ausstellungen das „Kunstwerk des Monats“, und berei- ermöglichen vielfältige Begegnungen und chern Gemeinde, Gläubige und Besucher. bilden damit Gemeinde. Um Kunst und Kultur für die Pfarrei zu Die Künstler begegnen einem spiritu- erhalten und auszubauen, braucht es auch ellen Raum und einem Thema zu Grund- in Zukunft den Raum der Erpho-Kirche, fragen menschlicher Existenz. Gottes- in der bewusst die Begegnung von Litur- dienst- und Kirchenbesucher begegnen gie und christlichem Glauben einerseits zeitgenössischer Kunst in einem vertrauten und von freier Kunst und Experiment auf Raum, der sich auf Zeit verändert hat. Im der anderen Seite gepflegt werden kann. Es vergangenen Jahr wurde das deutlich durch braucht dazu Menschen, die diese Begeg- den Tausch der Bänke gegen Stühle. Got- nungen gestalten und immer wieder initi- tesdienste, die das Thema der Ausstellung ieren, ein finanzielles Budget, Offenheit für aufgreifen, oder Kurzandachten mit Be- neue Erfahrungen, Mut zu unkonventionel- trachtung einzelner Kunstwerke vertiefen len und herausfordernden Ideen, Dialog- diese Begegnungen. Manche begegnen in bereitschaft und Sensibilität, die Kunst als der Vorbereitungsphase ihrer eigenen Kre- eine wichtige Stimme der Gegenwart ernst- ativität, ihrer Lust, sich auszudrücken, und nimmt und mit ihr in Kontakt kommen tragen Exponate zur Ausstellung bei. Sie will. begegnen sich selbst neu.
18 Heimat ist da, wo Gemeinschaft ist Auch traditionelle Vereine wie die Schützen finden in der Großpfarrei ihren Ort. Peter Georg Gierse berichtet. D er Leitspruch der Schützenbruder- schaft Lamberti-Hansa e.V. von 1863 lautet heute wie zur Gründung „Glaube, Das Heim dient also als Begegnungsstät- te, wie es in seiner Bestimmung gedacht ist. An sportlichen Wettkämpfen nehmen wir Sitte und Heimat“. Heimat ist da, wo die mit vier Mannschaften teil. Da der Schieß- Gemeinschaft ist. Das ist natürlich vom Ort sport erst ab 12 Jahren ausgeübt werden her gesehen eigentlich das Pfarrer-Eltrop- darf, führen wir die Jüngeren durch eine Heim (PEH), das kann aber auch die Laserbiathlon-Schießanlage an den Sport Schützenhalle des Sommerlagers sein. Sitte heran. Der Fahnenschlag als Brauchtum bedeutet, dass wir nicht nur gesittet feiern, wird von vielen Mitgliedern betrieben. Er sondern auch auf „gesittete“ Verhältnisse symbolisiert die Fesselung und Entfesse- achten. Hierzu werden unsere Gruppen- lung des Heiligen Sebastian. leiter durch Lehrgänge z.B. in Sachen der Kindswohlgefährdung ausgebildet. Glaube Seit über 40 Jahren wird ein Pfingstzelt- soll nicht nur durch die Gottesdienste zu lager durchgeführt. Weitere Lager, Fahr- unseren Festen dargestellt werden, sondern radtouren und Ausflüge werden für die ist ein fester Bestandteil unserer Bruder- Jugendlichen angeboten. Wie seit vielen schaft. Deshalb ist es für uns auch wichtig, Jahren wird auch dieses Jahr wieder ein einen Präses wie Pastor Robert Mensinck großes Sommerlager ausgerichtet, um das zu haben. sich ein 20-köpfiges Team kümmert. In den letzten beiden Jahren wurden wir als Neben dem Brauchtum engagieren wir bester Verein in Bezug auf außersportliche uns am Kirchort Herz Jesu, leben eine Jugendarbeit vom Stadtsportbund Jugend Partnerschaft mit der münsterischen Part- ausgezeichnet. Gerade bei der Fortbildung nerstadt Mühlhausen, und viele Mitglieder arbeiten wir intensiv mit dem Jugendbe- sind auf übergeordneten Ebenen im Schüt- reich zusammen. zenwesen, insbesondere in der Jugendar- beit, tätig. Sieben Jugendschießleiter sorgen Wir hoffen, unsere Arbeit noch lange für den Schießsport auf dem Schießstand fortführen zu können. im PEH.
19 Familienkreis – ein Teil von Kirche Franziska Lenkeit ist mit einem Familienkreis groß geworden im Leben und im Glauben. M ein Familienkreis ist für mich zu ei- ner Gemeinde in der Gemeinde ge- worden. Gegründet wurde er vor über elf Gemeinde treffen wir uns bei Gottesdiens- ten und Veranstaltungen. Jahren, als wir Kinder alle noch klein wa- Ich kann mich nicht mehr daran erin- ren. nern wie es ist, nicht im Familienkreis zu sein. Ich denke, ich spreche für alle, wenn Bei unseren gemeinsamen Treffen und ich sage, dass wir in unserem Familienkreis gemeinsamen Reisen erleben wir Gemein- ein Stück Heimat gefunden haben. schaft, feiern und lachen zusammen und Mein Familienkreis ist für mich zu einer Gemeinde in der Gemeinde geworden. Familienkreise sind kein Verein oder entdecken Neues. Gleichzeitig ist der Fami- Verband, sondern bieten eine Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten zu treffen. lienkreis ein Raum zum sprichwörtlichen Diskutieren über Gott und die Welt, wobei Die Treffen finden im privaten Rahmen statt. unterschiedliche Meinungen anerkannt Inhalte für die Treffen werden von außen und akzeptiert werden. Ich fühle mich auf- nicht vorgegeben, jeder Kreis beschäftigt gehoben, und unsere gemeinsamen Aktivi- sich mit den Themen, die ihn interessieren. täten stärken das Zusammengehörigkeits- Das reicht dann von Erziehungsfragen gefühl. und Alltagsbewältigung bis hin zu Partnerschaftsthemen, Wertvorstellungen oder Glaubensfragen. Schön ist, dass unsere Familien im glei- chen Wohnviertel leben und wir uns auch Gemeinsame Aktionen – ob Ausflug, außerhalb unserer Treffen sehen. So haben Kochen, Kultur … – führen die Familien z.B. einige von uns zusammen die Schule zusammen und bereichern jede einzelne oder die Kita besucht, und in der „großen“ Familie.
20 Das Blechbläser- Ensemble – ein Kind der Fusion Wolfgang Buskühl berichtet. M it der Gründung der Gemeinde Sankt Mauritz entstand auch das „Blech- bläserensemble Sankt Mauritz“ unter der Als Schüler habe ich angefangen, Trom- pete zu spielen. Während meines Studiums lag die Trompete meist im Keller, nur zu Leitung von Thomas Stählker. Von allen seltenen Gelegenheiten – wie für eine Fron- Kirchorten und auch darüber hinaus kom- leichnamsprozession, einen Martinsumzug men Menschen zusammen, die Freude da- ran haben, gemeinsam Musik zu machen. Das Kennenlernen neuer Menschen motiviert mich, hier In vielen evangelischen Kirchengemein- den ist es Tradition, dass Posaunenchöre mitzumachen. zur musikalischen Bereicherung der Got- tesdienste und des Gemeindelebens beitra- oder eine Weihnachtsfeier – wurde sie wie- gen. Sankt Mauritz hat nun einen eigenen der hervorgeholt. Deshalb habe ich mich „katholischen Posaunenchor“. Auch unser gefreut, dass es zur Gründung des Bläser- Blechbläserensemble will das Leben der ensembles gekommen ist. jungen Pfarrei bereichern. Man kann sagen, wir sind ein Produkt Startzeichen dafür war 2013 der Got- der neuen Pfarrei Sankt Mauritz. Hier bie- tesdienst zur Fusion der vier Gemeinden tet sich die Gelegenheit, auch mal über zu Sankt Mauritz, bei dem wir zum ersten den eigenen Kirchturm hinüberzublicken Mal einen musikalischen Beitrag geleis- zu den anderen Kirchorten. Denn unsere tet haben. Seitdem wurden viele feierliche Gruppe kommt viel herum in der neuen Gottesdienste, aber auch Gemeinde- und Gemeinde. Inzwischen haben wir schon an Kirchortfeste musikalisch mitgestaltet. allen Kirchorten Musik gemacht und somit Dieser Dreiklang – Musik, Gemeinschaft sicherlich auch einen Beitrag zum Zusam- und gemeindliches Engagement – sowie menwachsen der fusionierten Gemeinde natürlich das Kennenlernen neuer Men- geleistet. schen ist es auch, der mich motiviert, hier mitzumachen.
21 Begegnung ist zentrales Moment Andrea Neusser und Hedwig Stork berichten von der Gottesdienstgemeinde in St. Pius. D ie Piuskirche befindet sich an der Lahnstraße im so genannten Flüsse- viertel, einem dicht bebauten Wohngebiet auch gelegentlich aufzeigen, wie es dem Einzelnen persönlich geht, wo eventuell auch Hilfe erforderlich ist. zwischen Kanal, Warendorfer Straße und Schifffahrter Damm. Die 1963 erbaute Kir- Beim monatlichen Frühstück im An- che ist ein sechseckiger Flachdachbau mit schluss an den Gottesdienst ist Begegnung Wänden aus rotem Ziegelstein und auffal- wieder einer der zentralen Momente. An- lend schmalen, hohen Fenstern. Diese las- kündigungen, Erinnerung, Werbung für sen einen lichtdurchfluteten Innenraum Veranstaltungen am Kirchort, in der Pfar- entstehen. Die Bänke sind darin so ange- rei und darüber hinaus ermuntern zur Teil- ordnet, dass der Blick des Gottesdienstbe- nahme und tragen dazu bei, ein Miteinan- suchers, wo immer er auch Platz nimmt, der zu pflegen und zu leben. Schön ist es auf den Altar in der Mitte der Kirche ge- zu erleben, dass alle Gemeinschaften offen richtet ist. Man hat auch die Möglichkeit und Gäste immer willkommen sind. des Blickkontaktes zu seinen Mitfeiernden. So entsteht ein Gefühl der Gemeinschaft. Mit der afrikanischen Gemeinde, die Gerne werden auch immer wieder die- schon seit Jahren ebenso in der Piuskirche selben Plätze zur Feier des Gottesdienstes beheimatet ist, sowie jüngst weiteren mut- eingenommen. Vertraute Menschen in der tersprachlichen Gemeinden gibt es guten Nähe. Kontakt. Ihre Gottesdienste am Sonntag- morgen sind ein Beitrag zur vielfältigen Es sind überwiegend Ältere, die der Spiritualität in der Pfarrei und ein Beitrag, gemeinsame Glaube zur Feier des Got- der auch einstimmt in das Lob Gottes, das tesdienstes zusammenführt. Nach dem in der Piuskirche erklingt, wann immer Gottesdienst wird die Möglichkeit der Christinnen und Christen sich dort ver- Begegnung vor der Kirche in kleinen Ge- sammeln, um in gemeinsamem Beten und sprächsgruppen gern wahrgenommen. Singen ihren Glauben zu feiern. Man spricht über „Gott und die Welt“ – nachbarschaftliche Gespräche, die aber
22 Gemeinde ist Dienst am Menschen Father Cyprian Odongo ist Pfarrer von St. Mauritz – in Uganda. Einblicke in eine Ortskirche an anderem Ort. K ardinal Peter Turkson aus Ghana sagt: „An African parish is everything to everyone in a Christian neighbourhood.“ In St. Mauritz gibt es vier Grundschu- len mit mehr als 2.500 Schülerinnen und Schülern. Auch die höheren Schulen und – „Eine afrikanische Gemeinde ist alles für jeden in einer christlichen Nachbarschaft.“ Das gemeinsame Tun macht Gemeinde aus. Die Gemeinde ist der Ort, an dem Men- schen zum Gebet zusammenkommen; sie ist auch die Schule, in der Kinder und Ju- Institute in der unmittelbaren Umgebung gendliche fürs Leben lernen; sie ist der Ort, werden von uns religiös betreut. Die Me- an dem Alte und Kranke umsorgt werden; dizinstation nimmt Notfälle auf und ge- sie ist Treffpunkt für junge Leute, und oft währleistet Basisversorgung. Die Men- ist sie auch der Ort, an dem Konflikte fried- schen kommen von weit her, und der jetzt lich gelöst werden. Und sie ist der Ort, an angelaufene Neubau eines Krankenhauses dem die Not der Menschen wahrgenom- wird die medizinische Versorgung weiter men und gelindert wird. verbessern. Die Brass Band bringt Freude in unser Gemeindeleben; ca. 50 junge Leu- St. Mauritz Obiya Palaro – seit vie- te machen mit und haben wirklich Musik len Jahren eng verbunden mit Ihnen in im Blut. Deutschland – bedeutet also nicht nur Beten, sondern Dienst am Menschen: St. Mauritz is always on the move, mo- Schulen, Medizinstation, Sportplatz, Brass ving ahead with fresh ideas and new initi- Band, Unterkünfte, Elektrizität und vor atives – St. Mauritz ist jederzeit unterwegs, allem Zugang zu sauberem Wasser. Unse- in Bewegung, entwickelt sich weiter mit fri- re Gemeinde ist Arbeitgeber für 72 Men- schen Ideen und neuen Initiativen. schen; sie hat über 16.000 getaufte Mit- glieder. Ich kümmere mich zusammen mit 14 Helfern um ca. 1800 Familien; jede von ihnen hat im Durchschnitt sieben Kinder.
23 In Gulu und Umgebung gibt es zahlrei- che Jugendliche, die aus ganz unterschied- lichen Gründen entweder gar keine Schule besuchen oder die Ausbildung abbrechen. Wir wollen ihnen demnächst grundlegen- de Kenntnisse (z.B. Nähen, Maurern, Me- tallverarbeitung) vermitteln. Im Augenblick entstehen in St. Mauritz Unterkünfte für Mädchen, um ihnen den gefährlichen Schulweg zu ersparen. Mit St. Mauritz ist jederzeit unterwegs, in Bewegung, entwickelt sich weiter. Spendengeldern wird ein Krankenhaus gebaut, das nachhaltigere Hilfe garantiert. Anfang des Jahres war eine Besuchsgruppe aus Münster vor Ort und hat Musikinstru- mente mitgebracht. No gain without pain – obwohl wir vor vielen Herausforderungen stehen, empfin- den wir unsere Arbeit nicht als Last, denn das gemeinsame Tun macht doch Gemein- de aus.
GEMEINDE – III. Aus dem Glauben handeln DA GEHT WAS
25 Wir geben unserer Kirche ein Gesicht Wie sieht die Kirche von heute aus? Dazu schreibt Pfarrer Hans-Rudolf Gehrmann. V iele Menschen erleben heute „die“ Kirche als Institution, als schwerfällig, engstirnig und bürokratisch, etwas welt- Bildung. Und an den Kirchorten sind viele Menschen in Gruppen und Gemeinschaf- ten, in Verbänden und Einrichtungen en- fremd und veraltet. Ich erlebe die Kirche gagiert, die viele Gesichter der einen Kirche anders! sind. Für mich gibt es nicht DIE Kirche, son- Wir alle in unserer Pfarrei brauchen un- dern alle Getauften sind die Kirche. Ich ser Gesicht nicht zu verstecken, sondern erlebe eine Kirche, die ihr Gesicht konkret sollten Gesicht zeigen und Farbe bekennen in der Gemeinde zeigt: WIR geben unserer dort, wo wir leben und arbeiten. Kirche ein Gesicht! Der christliche Glaube hilft uns als Am 4. Oktober 2015 wurden vier neue Grundlage für ein sinnvolles Leben. Durch Mitarbeiter(innen) im Seelsorgeteam von uns können auch andere davon erfahren. Sankt Mauritz begrüßt und in ihren Dienst Jesus, in dem der unsichtbare Gott Gesicht, eingeführt: Bernadette Alfert als Pastoral- Stimme, Hand und Fuß bekommen hat, ist referentin, Dr. Benedict Okike und Arogya uns dabei Vorbild. Salibindla als Pastöre und ich, Hans-Rudolf Gehrmann, als leitender Pfarrer. Nach an- derthalb Jahren können wir vier Neuen sa- gen: Sie in der Pfarrei hatten es leicht, nur vier neue Gesichter kennen zu lernen! Für uns waren es unzählig viele neue Gesichter. Aber das war und ist immer noch span- nend. Wir erleben Sankt Mauritz als eine vielseitige und bunte Kirche mit vielen Gesichtern. Jeder der Kirchorte hat sein eigenes Gesicht durch das jeweilige Profil Caritas, Kunst, Familie, Evangelisierung,
26 Da geht was! Sebastian Frye ist seit wenigen Monaten Priester und hat sich damit ganz an die Kirche gebunden. Wie blickt er in die Zukunft? Z ehn Monate liegt meine Priesterwei- he zurück (15. Mai 2016). In die letzte Vorbereitungszeit auf meine Weihe fielen die Kirche zu den Menschen tragen soll, nach wie vor Antworten auf die großen Fragen bietet, die Menschen haben – be- einige Statements und Interviews, die mich sonders zu den verschiedenen Wende- und recht nachdenklich gestimmt haben (Pfr. Knotenpunkten in ihrem Leben. Thomas Frings, Dr. Christian Hennecke, Regens Hartmut Niehues). Manche An- Natürlich ist das Antworten-Angebot sichten kann ich teilen, manche auch nicht. in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft Sicher ist jedoch: Es ist schon eine unge- größer geworden. Doch das Wort Gottes ist wisse Zeit, in die hinein ich zum Priester ein Pfund, mit dem wir wuchern können: geweiht wurde. Wir brauchen keine Furcht zu haben, un- seren Glauben anderen Menschen für ihr Als ich am vergangenen Pfingstfest ver- Leben anzubieten. Ich habe selbst erfahren, sprochen habe, mein ganzes Leben in den Dienst der Kirche zu stellen, da konnte Trotz der offenen Fragen glaube ich beim besten Willen nicht überblicken, ich, dass die Botschaft Jesu nach was das eigentlich bedeutet. Auch habe ich noch niemanden getroffen, der mir sagen wie vor Antworten auf die großen konnte, was es in den nächsten 10, 20, 50 Fragen bietet, die Menschen Jahren heißen wird, Priester zu sein. Vie- haben. le offene Fragen, und doch eine innere Gewissheit: Gott möchte mich in diesen wie das Wort Gottes in Momenten des Fra- Dienst nehmen und mich zu seinem Werk- gens und Zweifelns zum Wegweiser wurde. zeug machen. Was das konkret heißt, das Und ich glaube, dass genau die Christen, wird ER mir in den nächsten Jahren zeigen. die selbst Feuer gefangen haben von die- Wenn ich auch viele Fragen habe – da bin sem Gott, zu Fackeln werden können für ich mir sicher! andere, die suchen. Ja, in diesem Sinne bin ich überzeugt: In der Kirche und durch die Trotz der vielen offenen Fragen glaube Kirche – da geht noch einiges! ich doch, dass die Botschaft Jesu, welche
27 Und doch muss ich bei einem realis- Zeit gegeben, und daher ist es eine Gnade, tischen Blick sagen, solche Momente, in dass sie ihren Platz in der Geschichte des denen ich meinen Glauben mit jemandem Gottesvolkes und der Gesellschaft hatten. teile und er im Erleben meines und unse- Und doch glaube ich, manche dieser For- res Lebens Feuer fängt, das sind kostbare men werden zu Ende gehen. Sternstunden. Vielleicht ist es hilfreich, wenn wir uns selbst eingestehen, dass da- Zum Glück ist es aber auch so, dass wir raus nicht gleich ein ganzer Sternenschau- nicht ausschließlich den Niedergang kirch- er wird. Manchmal gibt es, auch bei mir, lichen Lebens beobachten können. Es gibt immer noch die Hoffnung, wenn wir uns Neuaufbrüche – zum Teil in den Pfarreien, nur richtig ins Zeug legen, dann wird alles zum Teil aber auch in Gruppen und Ge- wieder so wie in der „guten alten Zeit“ der meinschaften, die parallel zu den klassi- Volkskirche, bei der sich das ganze Stadt- schen Pfarrei-Strukturen entstehen. Meine Vision für die Zukunft der Kirche ist es, Ich bin überzeugt: Manches dass es bei all den sinkenden Zahlen den- geht nicht mehr. Und es gibt noch geistliche Zentren gibt. Orte, an de- nen Christen zusammenkommen, um sich Neuaufbrüche. gegenseitig im Glauben zu stärken, aber auch, um den Glauben in lebendiger Weise viertel am Sonntag im Hochamt traf (sol- zu feiern. Ich glaube, dass Christen, die mit che Zeiten habe ich ja eigentlich nicht ein- solchen Zentren geistlichen Lebens ver- mal selbst erlebt). Wenn wir mit solch einer bunden sind, auch eine Strahlkraft für ihre versteckten Erwartung unseren missiona- Umwelt haben. Von solchen geistlichen rischen Eifer ausleben, dann, glaube ich, Zentren aus würden die Christen und auch können wir nur enttäuscht werden. So wie die Priester losziehen, um das Wort Gottes in den 50ern wird es nicht mehr werden! und die Sakramente zu den Menschen zu bringen. Wir befinden uns derzeit noch in einer Phase massiver Veränderungen. Manche Kirche – da geht was! Vielleicht ist es Formen sowohl der kirchlichen Infrastruk- eher die Frage, ob wir uns auf das einlassen, tur als auch des Pfarrei-Lebens stammen was Gott schon aufbrechen lässt. Ob wir noch aus dieser „guten alten Zeit“. Und kreativ und mutig sind, diese neuen Wege wenn ich auf manches in unserer Kirche mitzugehen. „Seht her, nun mache ich schaue, dann stelle ich immer wieder fest: etwas Neues. Schon kommt es zum Vor- Es passt doch schon länger nicht mehr mit schein, merkt ihr es nicht?“ (Jes 43, 19) der sich verändernden Realität der Kirche und auch mit den sich verändernden Fra- gen der Menschen zusammen. Deshalb bin ich davon überzeugt, manches in der Kir- che geht auch nicht mehr! Manche Formen kirchlichen Lebens haben wichtige und notwendige Antworten auf die Fragen ihrer
28 Warum Pfarrei als Kirche vor Ort? Aus einer Ansprache von Papst Franziskus für Vertreter von Pfarreien der Diözese Rom. D ie Pfarrei ist nach wie vor wertvoll. Die Pfarrei muss bleiben. Sie ist eine Struktur, die wir nicht über Bord werfen Die Pfarrei muss bestehen bleiben als ein Ort der Kreativität, als Bezugspunkt, als ein mütterlicher Hort. dürfen. Die Pfarrei ist ja gerade das Haus des Gottesvolkes, in dem es lebt. Die Frage Und dabei einen Erfindungsgeist walten ist, wie ich die Pfarrei gestalte! Es gibt Pfar- lassen! Wenn eine Pfarrei das macht, ver- reien mit geschlossenen Türen. wirklicht sich das, was ich – in Bezug auf die missionarischen Jünger – »eine Pfarrei Aber es gibt auch Pfarreien mit offenen im Aufbruch« nenne. Erfinden, suchen, Türen, Pfarreien, in denen, wenn jemand hinausgehen, die Leute aufsuchen, sich in mit einer Frage kommt, gesagt wird: »Ja, ja ihre Schwierigkeiten hineinversetzen. … bitte, nehmen Sie Platz! Was haben Sie auf dem Herzen?« Und man hört zu, mit Die Pfarrei ist eine Gemeinschaft Geduld. Denn sich um das Volk Gottes der Gemeinschaften, ein kümmern ist anstrengend. In dieser heu- tigen Welt mit so vielen Problemen eine Heiligtum, wo die Durstigen zum Pfarrei voranzubringen, ist mühsam. Und Trinken kommen, um ihren Weg der Herr hat uns berufen, damit wir uns fortzusetzen, und ein Zentrum ein wenig anstrengen; um zu arbeiten und nicht, um auszuruhen. ständiger missionarischer Aussendung. Die Erneuerung der Pfarrei ist eines der Dinge, die wir immer vor Augen haben Wenn du nicht auf die Suche nach den müssen: Wie geht es der Pfarrei? Was tun Menschen gehst, wenn du keine Annähe- wir? Wie läuft die Katechese? Ist sie offen? rung herbeiführst, kommen sie nicht. Hi- Gehen wir hinaus? Besuchen wir die Kran- nausgehen und suchen, wie Gott es getan ken, die alten Frauen? Und was unterneh- hat, der seinen Sohn gesandt hat, um uns men wir mit den Kindern? So viele Dinge. zu suchen.
29 Was mit Kirche zufrieden macht Wer für Kirche interessieren will, sollte wissen, was Menschen erwarten. D ie in den letzten Jahren gestiegenen Austrittszahlen aus der Kirche hat die Bistumsleitung im Jahr 2015 zum Anlass viele junge Menschen. Das sind er- schreckende Ergebnisse, die in nor- malen Unternehmenskontexten zur genommen, einmal auf die Kirchenerwar- Bewertung fehlender Marktreife füh- tung schauen zu lassen. Sie beauftragte das ren würde. „Münster Research Institute“ (Prof. Eber- hardt, Prof. Meffert, Prof. Kenning) damit, Die Erwartungshaltung gegenüber ei- Informationen zur Zufriedenheitserwar- ner Pfarrei umfasst liturgische Dienst- tung von Katholiken einzuholen. Diese leistungen, gemeinschaftliche Ange- sogenannte „Zufriedenheitsstudie“ liefert bote und Glaubensverkündigung. Die interessante Aussagen: erlebte Qualität wird dabei als durch- schnittlich angegeben. Die Zufriedenheit von Katholiken mit ihrer Pfarrei ist höher als mit der Ge- Wir müssen davon ausgehen, dass diese samtinstitution. Ergebnisse grundsätzlich auch auf die Pfar- rei Sankt Mauritz zutreffen. Zwar ist die Die Unzufriedenheit mit der Kirche Bedürfnisbefriedigung nicht absolut über ist tatsächlich geringer als Engagier- das Kirche-Sein der Kirche zu setzen, aber te und Mitarbeiter vermutet haben. an den Menschen vorbei werden wir dem Deren Angebote schneiden allerdings Auftrag Gottes an uns auch nicht gerecht. schlechter ab als von ihnen selbst ge- In diesem Sinne lassen die Ergebnisse auf- dacht. horchen. Die Zufriedenheit mit der Kirche hat sich in den letzten Jahren nicht ver- schlechert. Dass die Kirche dem Leben Halt gibt trifft für 17% der Befragten nicht und für 36% nur teilweise zu, darunter
30 „Habt keine Angst.“ Die verfasste Kirche in Westeuropa steht vor massiven Umbrüchen. Monika Wittmann stellt einige Aufbrüche vor, die sich daraus ergeben. M an darf sich nicht nach etwas sehnen, was es nie und nimmer wieder ge- ben wird.“ Harte Worte von Rainer Bucher. sogenannten Personalgemeinden (zum Beispiel rund um eine Kita oder eine Schu- le) werden von freiwillig Engagierten gelei- Sicherlich macht es viele traurig, dass der tet und miteinander vernetzt. Entwurf von Gemeinde, der einem selbst so viel gegeben hat, für andere offensicht- Im französischen Bistum Poitiers gibt lich keinen oder wenig Zugang bietet. es derartige Bewegungen schon seit län- gerer Zeit. Das Modell dort zielt nicht auf Alle deutschen Bistümer reagieren auf die Pfarreien ab, sondern auf „örtliche diese Phänomene und Gegebenheiten, al- Gemeinden“ oder „Gemeinden der Nähe“. len voran diejenigen, die als Erste merken, Fünf Menschen an einem Ort tragen einige dass das „Volkskirchenmodell“ nicht mehr Jahre lang (also eine begrenzte Zeit!) Sorge trägt (z. B. im Bistum Essen, im Bistum Hil- für diese Gemeinde. Drei Personen werden desheim, im Erzbistum Hamburg). Überall berufen, zwei von ihnen werden von der gibt es Zusammenschlüsse von Pfarreien, Bevölkerung gewählt. Diese fünf Personen auch wenn man den Gebilden unterschied- sind entweder zuständig für die Sorge um liche Namen gibt. Immer mehr etabliert das geistliche Leben, das diakonische Han- sich die Beteiligung von freiwillig Enga- deln, die Verkündigung des Glaubens, für gierten (Ehrenamtlichen) an Leitungsauf- das Zusammenspiel verschiedener Grup- gaben, meist geschieht das in Teams. pen innerhalb der Gemeinde oder für die materiellen Notwendigkeiten. Es ist vor So z. B. im Bistum Aachen, wo es schon allem ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, seit vielen Jahren in einigen Pfarreien Ge- dass zwischen den Menschen vor Ort Nähe meindeteams gibt, die im Miteinander von erfahren werden kann und Beziehungen Hauptamtlichen und freiwillig Engagierten geknüpft werden. Doch in Poitiers geht die Leitungsverantwortung übernehmen. es nicht einfach um eine neue Form der Pfarrei-Organisation. Örtliche Gemeinden Auch im Bistum Münster gibt es mit St. dort sind daher auch nicht das Gleiche wie Antonius Rheine eine Projektpfarrei für hier die Kirchorte. Unabhängig von Pfarr- solch ein Modell: Die Kirchorte und alle strukturen bilden sich diese Gemeinden,
31 wenn sich Menschen dazu bereit erklären, tes und auf das Evangelium als Inspirati- Verantwortung zu übernehmen – und mit onsquelle und Richtschnur alle Stimmen einem wachen Blick für die Menschen in gehört werden; dass auch an jene gedacht ihrer Umgebung diese Aufgabe ausfüllen wird, die (noch) nicht da sind; dass nicht und gestalten. nur einzelne, sondern viele Bedürfnisse ab- gefragt und bedacht werden; Beziehungen Sankt Mauritz ist nicht Poitiers, und ne- gestärkt und Auseinandersetzungen kon- ben Poitiers gibt es mittlerweile viele neue struktiv geführt werden. Das ist eine gro- Ideen und Ansätze. Keines dieser Konzepte ße Verantwortung, weil sie viel stärker als wird uns eine Antwort geben, wie sich das heute einfordert, das kirchliche Leben vor Leben im näheren Umfeld der lokalen Kir- Ort aus der Perspektive des/der Anderen che entwickeln wird. Die entscheidenden zu sehen und von ihm/ihr her zu denken. Fragen müssen wir als mündige Christin- nen und Christen selbst beantworten. Was Man kann es bedauern, dass sich die Dinge ändern werden und die Verantwor- In Veränderungen muss man tung erst so spät auch freiwillig Engagier- nicht ertrinken – sie sind erst ten aufgetragen wird. Aber es ist auch eine Chance. dann ein Problem, wenn man sich weigert, zu schwimmen. In Veränderungen muss man nicht er- trinken – sie sind erst dann ein Problem, macht für mich das Leben am Kirchort/in wenn man sich weigert zu schwimmen. der Pfarrei aus? Was brauche ich für ein geistliches Leben? Was beheimatet mich in Literatur: einer Gemeinde in der Pfarrei? Wenn bis Bucher, Rainer: Nicht in Idyllen flüchten. Noch- auf eine Sache alles in der Kirche zusam- mals zur „Kurskorrektur“ von Pfarrer Frings, menbräche, wer oder was müsste diese eine auf: http://www.feinschwarz.net/nicht-in-idyl- Sache, dieser eine Ort, diese eine Person len-fluechten-nochmals-zur-kurskorrektur- oder Gruppe sein? Und was bin ich selbst von-pfarrer-frings/ bereit zu tun, damit es dieses Eine gibt und Müller, Hadwig: Gemeinden und Leitung im geben kann? Bistum Poitiers, in: Böhnke, Michael/Schüller, Thomas (Hg.): Gemeindeleitung durch Laien? In Zukunft werden die Christen und Internationale Erfahrungen und Erkenntnisse, Christinnen vor Ort eigenständiger sein Regensburg 2011, 173-196. dürfen und müssen, wenn es um gelebte Spiritualität und Gemeinschaft geht. Damit wird sich auch ihre Rolle verändern: Sie besuchen nicht mehr einfach nur Gottes- dienste oder unterstützen das hauptamtli- che Seelsorgepersonal. Sie sind dann noch viel stärker als heute schon verantwortlich dafür, dass im Hören auf den Geist Got-
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