Integriertes Wasserressourcen-Management: Von der Forschung zur Umsetzung - ZEF
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Impressum Herausgeber: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Permoserstr. 15, 04318 Leipzig Redaktion: Dr. Ralf Ibisch, Sabrina Kirschke, Christian Stärz, Prof. Dr. Dietrich Borchardt Titelbild: Fotomontage, Reis- und Kaffeeanbau in Vietnam Foto: H. Stolpe Layout und Satz: FOCON GmbH Theaterstraße 106, 52062 Aachen Lektorat: Lektorat Seltmann Am Harlasgraben 1, 90559 Burgthann-Grub Druckerei: SET POINT Medien Schiff & Kamp GmbH, Kamp-Lintfort Papier: ClaroSilk Bezug über: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Department Aquatische Ökosystemanalyse und Management Brückstraße 3a, 39114 Magdeburg Download: www.bmbf.wasserressourcen-management.de Beiträge: Leiter der IWRM-Projekte, Arbeitsgruppen zu IWRM- Querschnittsthemen: Capacity Development, Entscheidungs- unterstützung, Governance und Partizipation sowie M. Harbach, Dr. B. Klauer und Prof. Dr. Dr. K.-U. Rudolph Leipzig, Magdeburg, Mai 2011 3. überarbeitete Auflage
VORWORT Angesichts globaler Herausforderungen wie Klima- rerseits auf andere Regionen übertragbar sein sollen. wandel und demographischen Veränderungen hat Um die erreichten Fortschritte dauerhaft zu veran- der nachhaltige Umgang mit Ressourcen allerhöchste kern, nimmt neben den technologischen Innovatio- Priorität für die Menschheit. Von größter Bedeutung nen insbesondere die Aus- und Weiterbildung von sind dabei der Schutz und die nachhaltige Bewirt- Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern in den schaftung der Wasserressourcen: Fast eine Milliarde Partnerländern einen hohen Stellenwert ein. Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Trink- wasser, etwa 2,5 Milliarden Menschen keine Ab- Die vorliegende Broschüre stellt die Vielfalt und die wasserentsorgung. Etwa fünf Millionen Menschen herausragenden Ergebnisse der BMBF-Förderinitia- sterben jährlich an den Folgen dieser mangelhaften tive „Integriertes Wasserressourcenmanagement – hygienischen Bedingungen – die meisten von ihnen Von der Forschung zur Umsetzung“ vor. Den Projekt- sind Kinder. Das Bundesministerium für Bildung und beteiligten und den Menschen in den betroffenen Forschung (BMBF) hat deshalb im Rahmenprogramm Regionen wünsche ich weiterhin viel Erfolg bei ihrer „Forschung für Nachhaltige Entwicklungen – FONA“ wichtigen Arbeit. Schon jetzt haben die gemeinsa- mit dem neuen Förderschwerpunkt „Nachhaltiges men Forschungsarbeiten zu konkreten Umsetzungen Wassermanagement – NaWaM“ die Voraussetzungen geführt und für viele Menschen den Zugang zu sau- geschaffen, das innovative Potential der deutschen berem Trinkwasser erleichtert Forschung zur Lösung der globalen Herausforderun- gen zum Thema „Wasser“ noch besser zu nutzen. . In Zusammenarbeit mit Schwellen- und Entwicklungs- ländern fördert das BMBF Projekte zum Integrierten Wasserressourcen-Management (IWRM). In ausge- Prof. Dr. Annette Schavan, MdB wählten Modellregionen werden IWRM-Konzepte Bundesministerin für Bildung und Forschung entwickelt, die einerseits vor Ort durch nachhaltige Bewirtschaftung die langfristige Wasserverfügbarkeit in ausreichender Menge und Güte sichern und ande-
INHALTSVERZEICHNIS 7 EINLEITUNG 7 HINTERGRUND 8 LÖSUNGSANSATZ 9 BMBF-FÖRDERSCHWERPUNKT ZUM IWRM 9 PROJEKTE DES FÖRDERSCHWERPUNKTES IWRM 10 IWRM-QUERSCHNITTSTHEMEN 11 IWRM-QUERSCHNITTSTHEMEN 11 CAPACITY DEVELOPMENT 13 ENTSCHEIDUNGSUNTERSTÜTZUNG 13 GOVERNANCE 15 ÖKONOMIE 15 PARTIZIPATION 16 FORSCHUNGSVORHABEN ZUM IWRM ASIEN 16 GUANTING – NACHHALTIGE WASSER- UND LANDNUTZUNG IM GUANTING- EINZUGSGEBIET UNTER BEGRENZTEN WASSERRESSOURCEN 18 ENTWICKLUNG UND IMPLEMENTIERUNG EINES WISSENSCHAFTLICH FUNDIERTEN MANAGEMENTSYSTEMS ZUR REDUKTION DIFFUSER STOFFEINTRÄGE IN DAS MIYUN- TRINKWASSERRESERVOIR BEI PEKING/CHINA 20 IWRM-VERBUND CHINA „NACHHALTIGES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT IN DER KÜSTENREGION DER PROVINZ SHANDONG, V.R. CHINA“ 22 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT (IWRM) IN GUNUNG KIDUL, JAVA, INDONESIEN 24 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT IN ZENTRALASIEN: MODELLREGION MONGOLEI 26 ÖKONOMISCHE UND ÖKOLOGISCHE UMSTRUKTURIERUNG DER LAND- UND WASSERNUTZUNG IN DER REGION KHOREZM (USBEKISTAN) – EIN PILOTPROJEKT IN DER ENTWICKLUNGSFORSCHUNG 28 VERBUNDVORHABEN AKIZ – INTEGRIERTES ABWASSERKONZEPT FÜR INDUSTRIEZONEN AM BEISPIEL DER INDUSTRIEZONE TRA NOC, VIETNAM
30 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT VIETNAM (IWRM VIETNAM) 32 VERBUNDPROJEKT WISDOM – ENTWICKLUNG EINES WASSER-INFORMATIONS- SYSTEMS FÜR DIE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG DES MEKONG-DELTAS IN VIETNAM NAHER OSTEN 34 HELMHOLTZ DEAD SEA SUMAR: NACHHALTIGES MANAGEMENT VON WASSER- RESSOURCEN (QUANTITÄT UND QUALITÄT) IN DER REGION DES TOTEN MEERES 36 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT IM UNTEREN JORDANTAL: SMART – NACHHALTIGE BEWIRTSCHAFTUNG DER VERFÜGBAREN WASSERRESSOURCEN MIT INNOVATIVEN TECHNOLOGIEN 38 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT IN ISFAHAN (IRAN) AFRIKA 40 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT (IWRM) IM NÖRDLICHEN NAMIBIA – CUVELAI-DELTA (CUVEWATERS) 42 IWRM-PILOTPROJEKT „MITTLERER OLIFANTS“ SÜDAFRIKA MIT TECHNOLOGIETRANSFER DURCH EIN FRANCHISE-KONZEPT EUROPA 44 INTEGRIERTES WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENT IN DEN EINZUGSGEBIETEN DER FLÜSSE WOLGA UND RHEIN AM BEISPIEL VON PROBLEMREGIONEN REGIONENÜBERGREIFENDE FORSCHUNG ZUM IWRM 46 INTERNATIONALE WASSERFORSCHUNGS-ALLIANZ SACHSEN – IWAS 48 BEGLEITVORHABEN 48 UNTERSTÜTZUNG DER BMBF-FÖRDERSCHWERPUNKTE „IWRM“ UND „CLIENT“ DURCH DAS INTERNATIONALE BÜRO DES BMBF: ASSISTANCE FOR IMPLEMENTATION (AIM) 49 VERNETZUNG IM RAHMEN DES BMBF-FÖRDERSCHWERPUNKTES INTEGRIERTES WASSER- RESSOURCEN-MANAGEMENT DURCH DAS HELMHOLTZ-ZENTRUM FÜR UMWELTFORSCHUNG 50 IWRM SELLS 50 WIRTSCHAFT TRIFFT FORSCHUNG. WIN-WIN-SITUATIONEN IM BEREICH DES INTEGRIERTEN WASSERRESSOURCEN-MANAGEMENTS 52 FAZIT 54 LITERATUR
EINLEITUNG Abbildung 1: Junge am Wasserkiosk in Darkhan, Mongolei (Foto: L. Horlemann). Hintergrund Wasser ist Leben. Gesellschaften benötigen eine aus- reichende Menge davon, um sich ökonomisch und sozial entwickeln zu können. Menschen brauchen Wasser zum Trinken, für die Landwirtschaft und für die Industrie. Gesellschaften brauchen auch eine ad- äquate Abwasserentsorgung, um Schäden an Mensch und Umwelt zu vermeiden. Diesen Bedürfnissen stehen enorme Defizite sowohl in der Wasserver- und Abwasserentsorgung als auch in dem ökologischen Zustand der Gewässer gegen- über. Weltweit leiden derzeit etwa 900 Mio. Menschen unter Trinkwasserknappheit und ca. 2,6 Mrd. Men- schen leben ohne sichere Abwasserentsorgung. Jähr- lich sterben etwa 1,5 Mio. Kinder an wasserbürtigen Krankheiten (United Nations 2010). Dabei sind beson- ders Schwellen- und Entwicklungsländer von dieser Situation betroffen. In den Industrieländern und den expandierenden Industrieregionen der Schwellenlän- der ist die mangelhafte Gewässergüte vieler Wasser- körper das Hauptproblem, das den gesellschaftlichen Wohlstand und die ökologische Situation beein- trächtigt. Der absehbare Klima- und Landnutzungs- wandel sowie ein steigender Bevölkerungsdruck in vielen Teilen der Welt werden diese Probleme weiter verschärfen. Vor diesem Hintergrund ist es das erklärte Ziel der Staa- tengemeinschaft, ein nachhaltiges Wasserressourcen- Management zu fördern. So betonten die Staatenver- treter etwa im Jahr 2000 die enorme Relevanz dieses Themas und schrieben für den Zugang zu Wasser und sicherer Abwasserentsorgung die anspruchsvollen Millenniumsziele fest: Der Anteil der Menschen, der ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und ohne sa- nitäre Grundversorgung lebt, soll bis zum Jahr 2015 halbiert werden (United Nations 2000). Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, sind enor- örtlichen Verhältnisse. Das Ziel ist dabei, eine optima- me Investitionen in Wasserinfrastrukturen notwendig. le Verteilung und Nutzung der Wasserressourcen zu Eine Studie der Deutschen Bank Research schätzt den erreichen, ohne eine Übernutzung quantitativer oder jährlichen Investitionsbedarf in der globalen Wasser- qualitativer Art zu verursachen. Europa und gerade wirtschaft auf etwa 400 bis 500 Mrd. Euro (Heymann et auch Deutschland besitzen hohe wissenschaftliche al. 2010). Die vordringliche Aufgabe besteht dabei in und technologische Kompetenzen, die genannten der Entwicklung von integrierten Strategien und Kon- Wasserprobleme mit einem Systemansatz zu lösen. zepten sowie der Anpassung von Technologien an die Einleitung 7
EINLEITUNG Definition of IWRM IWRM is a process which promotes Lösungsansatz the coordinated development and eine Maßnahmenplanung, Große Erwartungen werden da- management of water, land and related die räumliche, zeitliche und bei in das Konzept des Integrier- resources, in order to maximize the thematische Prioritäten ten Wasserressourcen-Manage- resultant economic and social welfare in an setzt. Der Zustand der Was- ments (IWRM) gesetzt, das bereits equitable manner without compromising serressourcen, Gewässer und 1992 mit den Dublin-Prinzipien the sustainability of vital ecosystems Wasserinfrastrukturen wird und der Agenda 21 internatio- (Global Water Partnership 2000). kontinuierlich überwacht, nal als Leitbild verankert wurde: um den Erfolg von Maß- Die miteinander in Wechselwir- nahmen zu bewerten und um kung stehenden oberirdischen neue Herausforderungen zu Gewässer, Grundwasserleiter und ggf. Küstengewäs- erkennen, die wiederum in der Zielsetzung berück- ser sollen nach Menge und Güte nachhaltig bewirt- sichtigt werden müssen. schaftet werden, um dadurch sowohl die soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu fördern als auch die • Die relevanten Planungs- und Bewirtschaftungs- Funktionsfähigkeit von Ökosystemen zu sichern. In einheiten sind die Wassereinzugsgebiete, das diesem Kontext sind ökologische, ökonomische und heißt Einzugsgebiete von Flüssen, Seen, Grund- soziale Ziele miteinander zu verknüpfen. Dabei ist es wässern und Küstenzonen. Dieser Ansatz setzt für einen guten Umgang mit der Ressource Wasser eine institutionelle Integration beziehungsweise notwendig, dass die verschiedenen gesellschaftlichen Koordination voraus, da die Wassereinzugsgebiete und privaten Akteure an den Planungs- und Entschei- in der Regel über Verwaltungs- und Ländergren- dungsprozessen aktiv teilnehmen und miteinander zen hinwegreichen. Ein Einzugsgebiet ist jedoch kooperieren. keine in sich geschlossene Einheit, sondern Teil eines verschachtelten Systems mit Schnittstellen Das Integrierte Wasserressourcen-Management ist zu benachbarten Einzugsgebieten. Es kann als Teil mittlerweile zu einer Handlungsmaxime im Wasser- eines größeren und letztendlich internationalen sektor geworden, die zahlreiche technische und kon- Wassereinzugsgebiets aufgefasst werden, was bei zeptionelle Innovationen gefördert hat. Mit dem Kon- der Zielsetzung und Planung zu berücksichtigen zept vollzog sich eine programmatische Abkehr von ist. sektoralen Ansätzen hin zu integrativen und transdis- ziplinären Handlungsweisen. Die Schlüsselelemente • Zwischen den oberirdischen und unterirdischen lassen sich in wenigen Punkten zusammenfassen: Kompartimenten eines Gewässers bestehen kom- plexe Wechselbeziehungen, ebenso wie zwischen • Die Bewirtschaftung der Wasserressourcen ist als den Wasser- und Landressourcen. Alle Komparti- ein fortlaufender zyklischer Prozess zu verstehen. mente sollen integrativ betrachtet und durch ei- Zu einem Bewirtschaftungszyklus gehören die De- nen ökosystemischen Managementansatz bewirt- finition von langfristigen Entwicklungszielen und schaftet werden. • Ein Integriertes Wasserressourcen-Management bezieht generell die Perspektiven von Ober- und Unteranliegern eines Wassereinzugsgebietes ein, wobei besonders die Vulnerabilität der Unteran- lieger bei Aktivitäten im Oberlauf, zum Beispiel bei der Einleitung von Abwässern, zu beachten ist. 8 Einleitung Abbildung 2: Sedimentablagerungen durch Stormfloods im Wadi Wala, Jordanien (Foto: S. Geyer).
EINLEITUNG Abbildung 3: IWRM und die Bezüge zu verschiedenen Sektoren (Global Water Partnership 2000). • Das IWRM-Konzept verfolgt eine sektorenübergrei- fende Rahmenplanung, die qualitative und quan- titative Aspekte gleichermaßen berücksichtigt und letztendlich auf den Schutz und die nachhal- tige Nutzung der Wasserressourcen ausgerichtet ist. Dabei sind die Erkenntnisse der unterschied- lichsten Disziplinen (Ökonomie, Ökologie, Polito- logie, Hydrologie, Ingenieurwissenschaften usw.) in zu erarbeitende Bewirtschaftungsalternativen einzubeziehen. • Ein wichtiges Element des IWRM ist außerdem die Partizipation von Stakeholdern an Entschei- dungsprozessen. Dazu zählen zum Beispiel Trink- geschaffen werden. Ein Schwerpunkt der Förder- und Brauchwasserversorger, Abwasserentsorger, initiative ist es zudem, die bi- und multilaterale Zu- Energieproduzenten, Abfallwirtschaft, Schifffahrt, sammenarbeit im Wasserfach zu unterstützen und Land- und Forstwirtschaft, Fischerei oder Touris- die transdisziplinäre und internationale Kooperation mus, die alle potenziell zu Konkurrenten um die zwischen Wissenschaft, Industrie, Verwaltung und knappe Ressource Wasser werden können. Dazu Ver- und Entsorgungspraxis zu fördern. Dies kommt sind entsprechende Strukturen zu entwickeln, die letztendlich dem Bildungs- und Forschungsstandort im Rahmen einer ganzheitlichen Bewirtschaftung Deutschland zugute. der Wasserressourcen die unterschiedlichen An- sprüche integrieren und einen Ausgleich fördern. Projekte des Förderschwerpunktes IWRM Für einen integrierten Umgang mit Wasser sind Das Bundesministerium für Bildung und Forschung daher vielerorts politische, institutionelle und öko- fördert derzeit gut ein Dutzend Forschungsvorhaben nomische Reformen entscheidend, um Wasserres- zum Integrierten Wasserressourcen-Management sourcenpolitik mit Wirtschaftspolitik und anderen und Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit politischen Sektoren zu koordinieren. vergleichbarer Zielsetzung. Die Schwerpunktregio- nen der Forschungsförderung sind in Abbildung 4 BMBF Förderschwerpunkt zum IWRM dargestellt. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium Die zwischen 2006 und 2010 begonnenen For- für Bildung und Forschung (BMBF) einen Förder- schungsprojekte sind Verbundprojekte mit Partnern schwerpunkt zum Integrierten Wasserressourcen- aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Management aufgelegt. In geeigneten, größenmäßig Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Die Aus- überschaubaren Modellregionen außerhalb der Euro- wahl der geförderten Vorhaben erfolgte auf der Basis päischen Union sollen dabei Konzepte und Herange- eines Ideenwettbewerbs und eines transdisziplinä- hensweisen eines Integrierten Wasserressourcen-Ma- ren Gutachterverfahrens. Als Grundvoraussetzung nagements entwickelt werden. Das Ziel ist es dabei, für die Erstellung angepasster Managementkonzep- vor Ort einen Beitrag zur Verbesserung des Zugangs te und die Umsetzung von Maßnahmenplänen ar- der Menschen zu sauberem Trinkwasser und bei der beiten die Verbundvorhaben eng mit den Partnern sanitären Entsorgung zu leisten. Bei der Umsetzung in den Zielregionen zusammen. Grundlage aller Pro- von technischen Lösungen soll durch die frühzeitige jekte ist der integrierte Ansatz, der alle relevanten Einbeziehung von Wirtschafts- und Industriepartnern Akteure und Interessen berücksichtigt. Die Konzepte eine Perspektive für die Erschließung neuer Märkte und Methoden müssen jedoch immer vor dem Hin- für Unternehmen der deutschen Exportwirtschaft tergrund der naturräumlichen, ökologischen und Einleitung 9
EINLEITUNG Abbildung 4: Regionen der Erde, in denen vom Bundes- ministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekte mit Bezug zum Integrierten Wasserressourcen-Management durchgeführt werden. Förderschwerpunktes durch das Internationale Büro). Der Projektträger Karlsruhe, Be- reich Wassertechnologie und Ent- sorgung, und der Projektträger Jülich, Geschäftsbereich Umwelt, betreuen die einzelnen Vorhaben. IWRM-Querschnittsthemen Die Entwicklung von integrier- ten Managementansätzen sowie konzeptionellen und technischen Lösungen im Rahmen des IWRM- Förderschwerpunktes umfasst eine Vielzahl an Themen. Es ist je- doch ein erklärtes Ziel des BMBF, den Austausch zwischen den Pro- jektbeteiligten sowie anderen Akteuren aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft im Hinblick auf bestimmte Querschnittsthemen zu fördern und die Ergebnisse der einzelnen Projekte zu bündeln. Synergiepotenziale sollen so aktiv sozioökonomischen Rahmenbedingungen erarbeitet genutzt werden, um daraus Handlungsempfehlun- werden. Je nach Modellregion werden somit unter- gen für weitere Forschungsprojekte, die Projektträger schiedliche Probleme angegangen und angepasste und das BMBF abzuleiten. Lösungen erarbeitet. Folgende Querschnittsthemen sind von besonderer Die FuE-Projekte des IWRM-Förderschwerpunktes Bedeutung: Capacity Development, Instrumente der werden von zwei Begleitvorhaben flankiert. Im Rah- Entscheidungsunterstützung, Governance, Partizipa- men eines Vernetzungsprojektes, das am Helmholtz- tion und Ökonomie. Die einzelnen Querschnittsthe- Zentrum für Umweltforschung – UFZ angesiedelt men wurden im Rahmen der IWRM-Vernetzungsakti- ist, werden Synergieeffekte über Länder- und Staats- vitäten auf Themenworkshops, internationalen Kon- grenzen hinweg zu nationalen und europäischen For- ferenzen und Messen sowie in themenspezifischen schungsaktivitäten erzeugt und der Förderschwer- Arbeitsgruppen diskutiert. Im Folgenden werden eini- punkt sowie seine Ergebnisse in der Fachwelt und im ge Ergebnisse dieser Diskussionen vorgestellt. politischen Raum präsentiert (siehe Seite 49, Unter- stützung des Förderschwerpunktes durch das Helm- holtz-Zentrum für Umweltforschung). In einem wei- teren Begleitvorhaben, das durch das Internationale Büro (IB) des BMBF betreut wird, werden die Projekte dabei unterstützt, die erarbeiteten Lösungen umzu- setzen und es werden Finanzierungsmöglichkeiten durch internationale Finanzierungs- und Förderorga- nisationen geprüft (siehe Seite 48, Unterstützung des Abbildung 5: Partizipations-Workshop mit lokalen Nutzern im nördlichen Namibia (Foto: CuveWaters Projekt). 10 Einleitung
IWRM-QUERSCHNITTSTHEMEN Capacity Development Integriertes Wasserressourcen-Management ist viel- Je besser ein IWRM-Prozess mit einem entsprechen- fach noch immer nicht befriedigend umgesetzt, ob- den CD-Prozess kombiniert und darauf abgestimmt wohl es weithin als Grundlage für den erforderlichen ist, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Hier- Wandel vom sektoralen zum nachhaltigen Wasserma- bei ist darauf zu achten, erfolgreiche Konzepte und nagement anerkannt ist. Neben der institutionellen Maßnahmen an spezifische Gegebenheiten, beste- Basis für Governance und Partizipation fehlen hierfür hende Wissenslücken und anvisierte Ziele in der oftmals besonders die notwendigen Kompetenzen. jeweiligen Untersuchungsregion möglichst genau Um dieser Problematik zu begegnen, ist ein profun- anzupassen und bereits vorhandene Kompetenzen des Capacity Development in effizient zu nutzen. den Zielregionen notwendig. Nachhaltiges CD setzt Capacity Development (CD) Capacity = Kompetenz, Fähigkeit, Befähigung somit eine genaue wird dabei, angelehnt an Kenntnis der spezifi- die Definitionen von UNDP schen Strukturen in der (2008) und ALAERTS (2009), Zielregion voraus. verstanden als der Prozess, der bestehende Kompe- Sehr bedeutend und zunehmend in den IWRM- tenzen erweitert bzw. die Fähigkeiten stärkt, identifi- Prozessen beachtet, sind im Bereich des Capacity zierte Probleme zielgerichtet zu lösen, aus Erfahrung Developments die Momente der Inter- und Transdis- zu lernen und Wissen zu generieren. ziplinarität. Gerade dort, wo Menschen mit teilweise Entscheidend für ein operatives IWRM sind die Kom- sehr unterschiedlichen Erfahrungen zusammentref- petenzen von Individuen, Institutionen und der Ge- fen, bedarf es ausreichender zeitlicher und finanziel- sellschaft, die jeweils möglichen Handlungsoptionen ler Ressourcen, um das erforderliche Vertrauen und kritisch zu reflektieren und umzusetzen. Auf allen hierauf aufbauende Maßnahmen für eine nachhaltige drei Stufen adressiert dieser „Mehrebenen-Ansatz“ Kompetenzerweiterung über partizipative Prozesse verschiedenste Zielgruppen: die Wissenschaft, die zu ermöglichen. Für eine Dauerwirkung ist es schließ- Verwaltung, die Wirtschaft, die Öffentlichkeit (Wasser- lich auch wichtig, die Eigenverantwortung der Akteu- nutzer) oder auch die Schulen. Maßnahmen auf der re zu stärken. individuellen Ebene beinhalten meist Aus- und Wei- terbildungen (für Studierende an Universitäten, für Ingenieure und weiteres technisches Personal etc.). Neben der Personalentwicklung umfasst ein CD-Kon- zept auch Organisationsentwicklung, Reformprozesse und die Unterstützung zukunftsfähiger Entwicklungs- strategien. Wissenstransfer, Bewusstseinsbildung und Erfahrungsaustausch bilden somit, nicht zuletzt auch über den Aufbau funktionierender Netzwerke, die Grundlage eines auf Nachhaltigkeit und Langfristig- keit ausgerichteten Integrierten Wasserressourcen- Managements. Capacity Development ist folglich zentral für die Akti- vitäten des BMBF-Förderschwerpunktes, um die Maß- nahmen über die Projektlaufzeit hinaus zu verstetigen. Grundsätzlich bleibt CD jedoch nicht per se auf die je- weiligen Projektregionen beschränkt – zugleich wird sich auch die Kompetenz der Forschenden erhöhen. Abbildung 6: Capacity Development in der Mongolei (Foto: D. Krätz). Querschnittsthemen 11
IWRM-QUERSCHNITTSTHEMEN Entscheidungsunterstützung In der Regel müssen öffentliche Entscheidungen zu- Im Kontext von IWRM kann Entscheidungsunterstüt- gunsten einer nachhaltigen Entwicklung nicht spon- zung verschieden konzipiert werden. Möglich sind tan getroffen werden, sondern sind das Ergebnis eines (1) mechanistische Verfahren, die auf der Grundlage langen, sorgfältigen Planungs- und Entscheidungspro- der eingegebenen Daten vollautomatisch mehre- zesses. Das heißt, es ist ausreichend Zeit vorhanden, re Lösungsvorschläge oder nur das beste Ergebnis entscheidungsrelevante Informationen zu sammeln generieren, oder (2) interaktives Vorgehen, das das und zu ordnen, Handlungsalternativen zu entwickeln Expertenwissen der Entscheidungsträger einfließen und zu durchdenken, andere Meinungen einzuholen lässt und Raum für deren Urteilsvermögen gibt, sowie und gegebenenfalls Betroffene mit einzubeziehen so- (3) konzeptionelle Systeme, die lediglich eine Struktur wie sorgfältig Positionen, Fakten und Einschätzungen für Entscheidungsprozesse entwerfen, etwa in Form abzuwägen, um ein ausgewogenes Gesamturteil und eines Ablaufdiagramms. schließlich einen guten Entschluss zu fällen. Um kom- Für die Entscheidungsunterstützung im IWRM-Förder- plexe Planungen und Entscheidungen zu fundieren, schwerpunkt lassen sich drei Methoden und Systeme werden nicht selten Wissenschaftler und professio- unterscheiden: nelle Politikberater herangezogen, deren Ratschläge • Systeme, die Wissen aufarbeiten und bereit- auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. stellen. Hierzu gehören Informationssysteme zur Datenhaltung, zum Datenmanagement und IWRM ist ein Feld, auf dem komplexe Entscheidungen zur Datenstrukturierung. Konkrete Handlungs- getroffen werden müssen. Hier kann Unterstützung empfehlungen werden nicht gegeben. oft hilfreich sein. Die Entscheidungsträger sehen sich • Systeme, die Entscheidungen vorschlagen. Da- einer Vielzahl unterschiedlicher, oft sogar einander runter fallen technische Entscheidungsunter- entgegengerichteter Nutzungsansprüche und -inter- stützungssysteme. Aus einer Menge von Entschei- essen gegenüber – von der Trinkwasserbereitstellung, dungsalternativen wird mit Präferenz- und Bewer- Abwasserbehandlung und Bewässerung über den tungsfunktionen die beste Alternative ermittelt. Hochwasserschutz und die Nutzung der Gewässer für Eventuell werden auch verschiedene Szenarien Tourismus und Schifffahrt bis hin zur Gewährleistung untersucht und Unsicherheiten berücksichtigt. eines guten chemischen und ökologischen Gewässer- Das kann dazu führen, dass es keine eindeutige zustandes. Zusätzlich sollen ökonomische Prinzipien Handlungsempfehlung mehr gibt. wie die Kosteneffizienz und die verursachergerechte • Methoden, die Entscheidungsprozesse strukturie- Kostenanlastung und Kostendeckung berücksichtigt ren. Es gibt sowohl technische als auch rein kon- werden. zeptionelle Systeme, die Entscheidungsprozesse strukturieren. Den Entscheidungsträgern bleibt ein mehr oder weniger großer Spielraum, um Handlungsalternativen abzuwägen. Statt konkre- ter Handlungsempfehlungen werden dem Ent- scheidungsträger hier eher Leitlinien für sein Han- deln, etwa in Form von Heuristiken, zur Verfügung gestellt. In der Praxis lassen sich Methoden und Systeme der Entscheidungsunterstützung nicht immer eindeutig einem dieser Typen zuordnen, sondern es treten auch Mischformen auf. Abbildung 7: Ein typisches Reisfeld im Mekong-Delta (Foto: Wisdom Projekt). 12 Querschnittsthemen
Abbildung 8: Marode Infrastruktursysteme können oftmals nicht nur auf ökonomische und technische Defizite, sondern auch auf fehlende Governance-Voraussetzungen zurückgeführt werden. (Foto: L. Horlemann). Governance Der Begriff Governance wird je nach Fachrichtung und Anwendungsgebiet sehr unterschiedlich definiert. Letztendlich geht es dabei jedoch um die Frage, wer entscheidet was, wie und nach welchen Regeln. Dabei ist allen Wasser-Governance-Definitionen gemeinsam, dass sie das Hauptaugenmerk auf gesetzliche und or- ganisatorische Aspekte richten. Ein Governance-System besteht dabei aus bestimm- ten Akteuren, Institutionen, Interaktionsformen und Governance-Strukturen, welche die Rahmenbedin- gungen für die Entwicklung und das Management von Wasserressourcen bilden. Zu den zentralen Ak- teuren gehören neben staatlichen auch private und zivilgesellschaftliche Akteure. Diese bewegen sich innerhalb eines bestimmten institutionellen Rahmens aus formellen und informellen Regeln und interagie- IWRM. Sie reicht von simplen Bestandsanalysen bis hin ren etwa verhandelnd oder hierarchisch. Bestimmte zu vertieften sozialwissenschaftlichen Studien verschie- Governance-Strukturen wie Märkte, Hierarchien und dener Disziplinen wie etwa der Politikwissenschaft, Netzwerke determinieren ein Governance-System der Ökonomik und der Rechtswissenschaften. Bei der ebenfalls. Dies berücksichtigend, kann ein Gover- reinen Bestandsanalyse werden die zentralen Akteure nance-System sehr unterschiedlich gestaltet sein. (Stakeholder) und das institutionelle Gefüge (Organi- Die Governance-Dimension ist stark mit dem IWRM- sationen, Regeln, Prozesse) identifiziert und beschrie- Konzept verknüpft. So ist anzunehmen, dass die ben, die bestimmte Rollen und Funktionen wahrneh- konkrete, jeweils spezifische Ausgestaltung eines men bzw. relevant sind, um bestimmte Leistungen im Governance-Systems zen- Rahmen des IWRM bereit- tral darauf einwirkt, wie zustellen. Mithilfe vertiefter IWRM-bezogene Entschei- Water Governance refers to the range of politi- sozialwissenschaftlicherAna- dungen getroffen und um- cal, social, economic and administrative systems lysen soll herausgearbei- gesetzt werden können. that are in place to regulate development and tet werden, inwiefern die Aufgrund dessen ist in den management of water resources and provision existierenden Governance- letzten Jahren die globale of water services at different levels of society (Ro- Strukturen die Implemen- Wasserkrise weniger als ein gers and Hall 2003). tierung eines IWRM fördern physisches Problem, son- oder behindern bzw. in dern zunehmend als ein welchen Bereichen bei- Governance-Problem dar- spielsweise institutionelle gestellt worden: Ein nachhaltiges Management schei- Veränderungen notwendig sind. Fragestellungen be- tert häufig weniger an dem Wissen über bestimmte treffen dabei unter anderem die Rolle von bestimm- Managementmaßnahmen als an den unzureichenden ten Governance-Strukturen für eine effektive und effi- politischen, sozialen, ökonomischen und administrati- ziente Problemlösung hinsichtlich eines nachhaltigen ven Rahmenbedingungen. Wasserressourcen-Managements sowie die Funktion So vielfältig der Governance-Begriff ist, so umfassend bestimmter Politikinstrumente wie Steuern und Preise, ist auch die Forschung zur Governance-Dimension im um konkrete Wasserprobleme zu lösen. Querschnittsthemen 13
IWRM-QUERSCHNITTSTHEMEN Ökonomie „The world is not short of water, the world is short of wa- fließen mittelbar auch soziale und ökologische As- ter management.“ Diese These soll darauf hinweisen, pekte ein (bei den Tarifen über die Zahlungsfähigkeit dass in den meisten Regionen der Welt natürliche und Akzeptanzgrenzen der Wasserverbraucher, bei Wasserressourcen vorhanden sind, die nach Menge den Steuern und Transferleistungen bzw. Zuschüssen und Qualität mehr als genügen würden, den örtlichen über die entwicklungspolitischen und ökologischen Wasserbedarf zu decken – wenn es nur das gäbe, Präferenzen). Eine zentrale Funktion kommt der Ge- was man unter gutem Wassermanagement versteht. staltung von Wasserpreisen zu, weil diese lenkende Die Realität, vor allem in Entwicklungs- und Schwel- Funktionen übernehmen. Im Rahmen von IWRM muss lenländern, ist zumeist anders. Neben dem Mangel eine Abwägung zwischen politisch-sozialen Aspekten an Fachwissen und der Wasserverschwendung infol- (Entlastung der Armutsbevölkerung) und wirtschaft- ge subventionierter Preise führt auch der Mangel an lich-ökologischen Aspekten durchgeführt werden Finanzmitteln für den laufenden Betrieb sowie für (niedrige Wasserpreise fördern die Wasserverschwen- Wartung und Re-Investitionen bei vielen Wasserbe- dung und machen Wasserkreisläufe unrentabel). trieben dazu, dass vorhandene Netze und Anlagen Auch für das Konzept des Integrierten Wasserres- nicht nachhaltig funktionieren. Deshalb achten die sourcen-Managements gilt das ursprüngliche öko- Investoren (auch die internationalen Geberbanken) nomische Verständnis: Auf der Mikroebene sind zunehmend darauf, dass in der Planungsphase nicht Projekte und Investitionen so zu gestalten, dass sie nur technische, sondern auch ökonomische Planungs- langfristig funktionieren. Hohe Verluste im Trinkwas- aspekte berücksichtigt werden – bis hin zu Manage- sernetz führen zu einer erhöhten Grund- und Ober- mentaufgaben wie Personalentwicklung, Monitoring flächenwassernutzung, zu Umweltbelastungen und und Qualitätssicherung. zur Verschmutzung der natürlichen Wasserressourcen. Ökonomie ist dabei mehr als nur die technische Zu- Auf der Makroebene ist für eine sinnvolle Allokation sammenstellung der erwarteten Baukosten, sondern der Wasserressourcen zu sorgen, d. h., die Wasserver- „der kluge Einsatz der vorhandenen Ressourcen, die teilung erfolgt derart, dass der hieraus resultierende weitsichtige Planung, der umsichtige Erhalt des Ver- wirtschaftliche Nutzen maximiert wird, ohne die ein- mögens“. Was Aristoteles in diesem Sinne umschrieb, zelnen Ressourcen übermäßig auszubeuten und da- fällt unter den heutigen Begriff „Nachhaltigkeit“. mit Zukunftsschäden zu bewirken. Dass der Begriff Im IWRM-Kontext müssen für favorisierte Projekte „wirtschaftlich, optimal“ mehr als nur in Geld fassbare konkret neben den technisch ermittelten Investitions- Werte abdecken muss und abdecken kann, versteht kosten auch die Betriebskosten und Refinanzierungs- sich im IWRM-Kontext und der Nachhaltigkeitsfor- perspektiven dargestellt werden, und zwar grund- schung von selbst. sätzlich auf Basis der Vollkosten. Durch Einbeziehung der drei Ertragsarten „TTT – Tariffs, Taxes, Transfers“ Abbildung 9: In Wasserinfrastrukturen besteht weltweit hoher Investitionsbedarf: Zuleitung zum Wasserkraftwerk Lam Dong, Vietnam (Foto: IWRM Vietnam Projekt). 14 Querschnittsthemen
Abbildung 10: Deutsch-ukrainischer Stakeholder- Workshop in Ternopil, Ukraine (Foto: V. Kuzma). Partizipation Was heißt Partizipation im Kontext von IWRM? Die Frage ist berechtigt – ist doch der Unterschied zwi- schen Partizipation und Beteiligung oft unklar. Wäh- rend der Begriff des IWRM gemeinhin einheitlich definiert wird, bestehen für den Begriff der Partizi- pation viele Auslegungen. Gemeinsam ist ihnen das Verständnis von Partizipation als der Beteiligung von Betroffenen, welche nicht regulär in den politischen Entscheidungsprozess involviert sind. Dabei kann bei einem breiten Verständnis mit Betroffenen ein weites Spektrum von Interessenvertretern bis hin zum ein- zelnen Wassernutzer gemeint sein. Darunter fallen im Zusammenhang mit IWRM neben zivilgesellschaft– lichen Akteuren auch Unternehmen sowie politische und administrative Akteure verschiedener Ebenen. Welche Rolle spielt Partizipation für ein IWRM? Nach zahlreichen Diskussionen in themenbezogenen Work- shops und Arbeitsgruppen wird davon ausgegangen, • Partizipation ist eine Bedingung für Ownership: dass ihr ein zentraler Stellenwert zukommt, um ein Oftmals werden erst dadurch Entscheidungen ver- IWRM zu verwirklichen. Partizipation wird hierbei vor ständlich und akzeptabel und können somit auch allem, aber nicht ausschließlich, als Mittel zum Zweck umgesetzt werden. gesehen. Begründet wird die Relevanz der Partizipa- tion für ein IWRM vor allem mit drei zentralen Funk- Zusammen fördern die genannten drei Funktionen tionen, welche die Effektivität von Entscheidungen eine nachhaltige, umfassende und sektorenübergrei- erhöhen: fende Lösung der Wasserproblematik. • Partizipation erhöht den Wissensstand der Akteu- re im Hinblick auf den nachhaltigen Umgang mit Partizipation ja, aber wie? Wenngleich heute ihr Wasserressourcen. Dies gilt zum einen für die brei- großes Potenzial bekannt ist, um ein IWRM zu errei- te Bevölkerung, etwa für die Handhabung wasser- chen, wird deutlich: Wie die Partizipationsprozesse spezifischer Technologien. Zum anderen betrifft konkret gestaltet sind, entscheidet über deren mög- dies einzelne Interessengruppen, welche durch lichen Mehrwert. Die betreffenden zentralen Erkennt- einen intensiven Austausch andere Ideen kennen- nisse aus dem IWRM-Förderschwerpunkt umfassen lernen und somit die komplexe Realität differen- unter anderem die zu beteiligenden Akteure, den zierter wahrnehmen. Zeitrahmen und die Art, wie die Partizipationsprozes- • Partizipation fördert die Integration von Interes- se durchzuführen sind. Doch obwohl hierzu einige sen: So setzt ein intensiver Informationsaustausch Erfahrungen vorliegen, bleiben viele Fragen offen. die Beteiligung der betroffenen Akteure voraus Hierzu gehören neben der Rolle der kulturellen Di- und legt damit den Grundstein für die nötige mension auch Spezifikationen zur Gestaltung der ein- Kooperation. zelnen Partizipationsprozesse. Querschnittsthemen 15
FORSCHUNGSVORHABEN ZUM IWRM Guanting – Nachhaltige Wasser- und Landnutzung im Guanting-Einzugsgebiet unter begrenzten Wasserressourcen Laufzeit: 06/2009–05/2012 Geografische Lage: Einzugsgebiet des Guanting-Stausees, Provinzen Beijing, Hebei und Shanxi, V.R. China Abbildung 11: Guanting-Einzugsgebiet Kurzbeschreibung des Verbundprojektes (Quelle: T. Conradt, PIK). Rahmenbedingungen und Zielsetzung Die Region um Peking zeichnet sich durch hohes ökonomisches Wachstum, eine aus- geprägte Urbanisierung und Bevölkerungs- zunahme aus. Länger anhaltende Dürre- perioden, stark verschmutzte Gewässer, Wassernutzungskonflikte und sinkende Grundwasserstände stellen die Provinzen Shanxi, Hebei und Peking vor ernsthafte Probleme. Diese könnten sich durch den Klimawandel drastisch verschärfen, falls sich das Wasserangebot insgesamt verringert, die Vegetationsperiode ausdehnt und die Niederschläge ungleichmäßiger verteilen. Leitgedanke des Guanting-Projektes ist die Sicherung einer nachhaltigen Nut- zung der Wasser- und Landressourcen im Einzugsgebiet des Guanting Reser- voirs unter Berücksichtigung der klimati- schen, ökologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, einen langfristigen Wasserbewirtschaf- tungsplan zur Unterstützung einer nachhaltigen Nut- Untersuchungsgebiet zung der Oberflächenwasserressourcen zu erstellen. Größe des Einzugsgebietes: 43.605 km2 Dieser „Masterplan“ besteht aus vier Komponenten und beschreibt: Durchschnittstemperatur (Jahr): 10–13° C 1. wichtige globale Veränderungen einschließlich Niederschläge: jährlich ca. 400 mm Klimawandel, ihre regionale Ausprägung und Einwohner: ca. 8,5 Mio. Menschen deren Folgen für das Wasserangebot, die Wasser- nachfrage und die Wasserverschmutzung Landwirtschaftlich genutzte Fläche: 10.900 km2, 2. Angebot und Nachfrage in der Wasser- davon ca. 4.000 km2 bewässert mengenbewirtschaftung 3. Ansprüche und Güteziele zur Nährstoff- einleitung 4. übergreifende Empfehlungen für ein nachhaltiges Wassermanagement im Einzugsgebiet Abbildung 12: Guanting-Reservoir (Foto: Guanting Projekt). 16 Forschungsvorhaben zum IWRM
ASIEN www.guanting.de Abbildung 13: Typischer Kanal im Guanting- Einzugsgebiet (Foto: Guanting Projekt). Lösungsansatz Für die Entwicklung eines regional angepassten und gleichzeitig übertragbaren Wasser- und Landma- nagements wird das in „GLOWA-Elbe“ entwickelte Konzept auf die Untersuchungsregion übertragen. Es unterscheidet vier szenarienbezogene Zielbereiche: 1. Regionalisierung des globalen Wandels: Einschät- zung der vom Gebiet selbst nicht beeinflussbaren Wirkkräfte, und zwar speziell der zu erwartenden Änderung des zukünftigen Klimas sowie der so- zioökonomischen Entwicklungen 2. Bilanzierung und Bewertung der Wassermenge: Längerfristige Bilanzierung von Angebot und Nachfrage von Oberflächenwasser und Bewer- tung von Handlungsalternativen, um die Bilanz- ziele zu erreichen 3. Bilanzierung und Bewertung der Gewässergüte: Längerfristige Bilanzierung des Nährstoffeintra- ges mit Gewässergütezielen und Bewertung von Handlungsalternativen, um einen guten ökologi- Ergebnisse schen Zustand herbeizuführen Der Masterplan bietet gute Ansätze für deutsche An- 4. integrative Maßnahmenplanung: Empfehlungen lagenbauer und Projektentwickler, die versuchen, die für eine alternative Wasserbewirtschaftung und Wassernutzungseffizienz und die Gewässergüte zu Landnutzung, die die Wasserverfügbarkeit und optimieren sowie Wasserkonflikte zu mindern. Die Gewässergüte verbessern Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der eingesetz- ten Modelle STAR, CLM, SWIM, WBalMo und MONERIS werden optimiert, sodass sie sich für Folgenutzungen Projektpartner in Deutschland sowohl in dem Gebiet und dessen Umfeld als auch in Deutschland und Europa empfehlen. Eine Anschluss- • Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V., nutzung durch Dritte ist bei STAR, CLM, SWIM und Potsdam (PIK) MONERIS generell gestattet. • DHI-WASY GmbH, Berlin • Leibniz-Institut für Gewässerökologie und ANSPRECHPARTNER Binnenfischerei (IGB), Berlin • Institut für angewandte Gewässerökologie Dr. Frank Wechsung, Peggy Gräfe GmbH (IaG), Seddiner See Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Telegrafenberg A 31, 14473 Potsdam Projektpartner in China Postfach 601203, 14412 Potsdam Tel.-Nr.: +49 331 288-2665 • Hebei Provincial Academy of Water Resources, E-Mail: graefe@pik-potsdam.de Shijiazhuang, Hebei Province • Shanxi Water Research Institute • Haihe River Water Conservancy Commission, Tianjin • Beijing Hydraulic Research Institute Forschungsvorhaben zum IWRM 17 • National Climate Centre (NCC)
FORSCHUNGSVORHABEN ZUM IWRM Entwicklung und Implementierung eines wissenschaftlich fundierten Management- systems zur Reduktion diffuser Stoffeinträge in das Miyun-Trinkwasserreservoir bei Peking/China Laufzeit: 10/2009–09/2012 Geografische Lage: Beijing, Provinz Hebei, V.R. China Kurzbeschreibung des Verbundprojektes Abbildung 14: Landnutzung im Einzugsgebiet des Miyun-Reservoirs; Datengrundlage Landsat TM Rahmenbedingungen und (2009/2010; tasseled cap-procedure). Zielsetzung Strukturelle Veränderungen steigerten in den letzten Jahren die landwirtschaft- liche Produktion in China erheblich. Un- angepasste agrarische Praktiken sowie hoher Mineraldüngereinsatz, verbun- den mit der traditionellen Verwendung von Wirtschaftsdüngern, führten zu ei- ner unausgewogenen Nährstoffbilanz, sodass gegenwärtig der Nährstoffein- trag aus landwirtschaftlichen Einzugs- gebieten in Oberflächengewässer als die wichtigste diffuse Stoffquelle an- gesehen werden kann. Darüber hinaus wirkt die nicht ressourcenschonende Mengenbewirtschaftung der Wasser- körper als weiterer Stressor. Das Miyun- Reservoir spielt eine zentrale Rolle für die Pekinger Wasserversorgung. Es be- findet sich bezüglich Menge, Güte und Bewirtschaftung in kritischem Zustand. Untersuchungsgebiet Lösungsansatz Größe: ~ 16.000 km2 Bilanzierung: Datensammlung für die Wasser- Höhenunterschied: 330 bis ca. 2.000 m üNN und Nährstoffbilanzierung auf der Meso- skala und Aufbau einer Datengrund- Jahresdurchschnittstemperatur: 11,8° C lage für die folgenden Arbeitspakete Jahresniederschlagssumme: 619 mm sowie Stoffstromanalyse und An- wendung einer angepassten Landnutzung: Ackerland im Tiefland und in den Auen, Bilanzierungsmethode. Forst/Obstplantagen in den Bergen Monitoring und Modellierung: Erweiterung des bestehen- den Einzugsgebietsmoni- Anwendung und Wissenstransfer: Bestandsaufnahme torings, um die diffusen und Bewertung der Abwasserreinigung im ländli- Stoffeintragspfade und chen Raum in ausgewählten Zielgebieten des Miyun- Herkunftsflächen zu iden- Reservoirs, Konzeption und beispielhafte Durchfüh- tifizieren, sowie Modifi- rung von Maßnahmen und technischen Lösungen, kation und Anwendung um die Nährstoffeinträge sowohl aus landwirtschaft- eines Modellsystems zu lichen Nutzflächen als auch aus Siedlungen im Prognosezwecken. ländlichen Raum zu reduzieren. Abbildung 15: Naturnahe Bergwaldvegetation im Westen des Einzugsgebiets des Miyun-Reservoirs (Foto: G. Ollesch). 18 Forschungsvorhaben zum IWRM
ASIEN www.ufz.de Abbildung 16: Einbau eines modernen Gravitationslysimeters (UGT Müncheberg) auf dem Gelände der Shixia-Forschungsstation (Foto: G. Ollesch). Ergebnisse Das skalenübergreifende Monitoring ermöglicht erstmals die Quantifizierung wichtiger Elemente des Gebietswasserhaushaltes. Aus den bereits vorlie- genden Ergebnissen wird deutlich, dass sowohl die Projektpartner in Deutschland: Auswaschung (Leaching) als auch die Bodenerosion • Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – maßgeblich an der stofflichen Belastung des Miyun- UFZ, Department Bodenphysik Reservoirs beteiligt sind. Deshalb wurden diese bei- den bisher identifizierten Prozesse im dynamischen • Universität Rostock, Institut für Computermodell (IWAN) überprüft und angepasst. Umweltingenieurwesen Es ist vorgesehen, diese Erkenntnisse auch in den me- • Gesellschaft für angewandte soskaligen Ansatz des Modells STOFFBILANZ zu inte- Landschaftsforschung (GALF) grieren. Die hierzu gehörende Web-GIS-basierte Mo- delloberfläche wurde bereits erarbeitet und mit den Projektpartner in China: Nutzern als Basis für die Weiterentwicklung erstmalig diskutiert. Des Weiteren wurde ein Abwasserkonzept • Beijing Water Authority für den ländlichen Raum erarbeitet. Dabei zeigte sich, dass eine nachhaltige Verbesserung der Belastungssi- • Beijing Soil and Water Conservation Center tuation nur durch den Einsatz von dezentralen, kleinen und flexiblen Abwasserbehandlungsanlagen möglich • Beijing Normal University ist. Diese Aspekte werden bei der Planung und dem Bau von Pilotanlagen im Untersuchungsgebiet be- rücksichtigt. Es ist vorgesehen, die Einzelergebnisse ANSPRECHPARTNER zu integrieren, um daraus ein fundiertes Manage- mentkonzept für das Miyun-Reservoir zu erarbeiten Prof. Dr. Ralph Meißner, PD Dr. G. Ollesch und praxisnah umzusetzen. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Department Bodenphysik, Lysimeterstation Falkenberg Dorfstr. 55, 39615 Falkenberg Tel.-Nr.: +49 391 810-9771 E-Mail: ralph.meissner@ufz.de, gregor.ollesch@ufz.de Forschungsvorhaben zum IWRM 19
FORSCHUNGSVORHABEN ZUM IWRM IWRM-Verbund China „Nachhaltiges Wasserressourcen-Management in der Küstenregion der Provinz Shandong, V.R. China“ Laufzeit: 06/2008–05/2011 Geografische Lage: Provinz Shandong, V.R. China Abbildung 17: Projektregion im Huangshui-Einzugsgebiet, Kurzbeschreibung des Verbundprojektes Provinz Shandong (Quelle: DHI-WASY). Rahmenbedingungen und Zielsetzung Das Flussgebiet des Huangshuihe bietet ein heraus- ragendes Beispiel für Wasserkonflikte, die sich infolge schnell wachsender Bevölkerung, Industrie und Land- wirtschaft und unkoordinierter wasserwirtschaftlicher Maßnahmen ergeben und nur durch ein Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM) gelöst wer- den können. Die Übernutzung der Wasserressourcen wirft eminente Probleme aufgrund der Salzwasserin- trusion in das Grundwasser auf: Die Entwicklung von der Industrie und Landwirtschaft als den Hauptein- kommensquellen der Bevölkerung wird durch Wasser- knappheit extrem behindert und die Verschmutzung hat Konsequenzen für die natürliche Umwelt und die Lebensqualität der Bevölkerung. In dem deutsch- chinesischen Verbundprojekt werden traditionelles deutsches Fachwissen der Wasserwirtschaft und neu- ere Entwicklungen besonders im Zusammenhang mit Untersuchungsgebiet der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit den Forschungs- anstrengungen in der Küstenregion der Provinz Shan- Region: ca. 1.560 km2 im nördlichen Teil der Halbinsel dong zusammengebracht, um die wasserwirtschaft- Shandong liche Situation grundsätzlich zu verbessern. Soweit Küstenlinie: etwa 64 km möglich, wird das Projekt später auf Ebene der Provinz Shandong (156.700 km2) regionalisiert. Länge des Huangshuihe: 55,43 km Klima: warm-gemäßigtes und semifeuchtes Monsun- Lösungsansatz klima mit vier ausgeprägten Jahreszeiten, Regenzeit Ein integrierter Wasserressourcen-Management- von Juli bis September Ansatz soll entsprechend den regionalen sozialen, wirtschaftlichen und natürlichen Gegebenheiten ent- Fließrichtung: von den Hügelregionen im Süden und wickelt und umgesetzt werden. Das Projekt gliedert Osten zur Küstenregion im Nordwesten sich in folgende vier Teilprojekte: 1. Sozioökonomische Entscheidungskriterien für ein Decision-Support-System 2. Entwicklung einer Methode, um nachhaltige Maß- nahmen im Rahmen eines IWRM zu planen 3. Integriertes Konzept für Wassersparen, Wasser- wieder- und -weiterverwendung in Haushalten, Industrie und Landwirtschaft 4. Entwicklung eines Wassermonitoring-Konzepts für das Huangshuihe-River-Einzugsgebiet Abbildung 18: Austausch mit ortsansässiger Landwirtin (Foto: K. Bossel, DHI-WASY). 20 Forschungsvorhaben zum IWRM
ASIEN http://dhi-wasy.eu/hauptseite.html Abbildung 19: Markantes Tor am Standort eines Monitoring- Projektpartner in Deutschland: Brunnens (Foto: K. Bossel, DHI-WASY). • Institut für ökologische Wirtschafts- forschung gGmbH (IÖW), Berlin • DHI-WASY GmbH, Berlin • Ruhr-Universität Bochum (RUB), Lehrstuhl für Hydrologie, Wasserwirtschaft und Umwelttechnik • Regierungsbaumeister Schlegel GmbH & Co. KG, München • Prof. Dr. W. F. Geiger, UNESCO Chair in Sustainable Water Management, Peking/ München • Umwelt-Geräte-Technik GmbH (UGT), Müncheberg Projektpartner in China: Ergebnisse • Shandong University (SDU), Institute for In der Planungsphase wurden zunächst eine Methodik Hydrology and Water Resources, Jinan und ein Entscheidungshilfesystem (DSS) erstellt, um ein nachhaltiges IWRM zu konzeptionieren. Mithilfe • Shandong Agricultural University (SDAU), des DSS sollen kosteneffektive Maßnahmen zur scho- School of Water and Civil Engineering, nenderen und effizienteren Nutzung und Verteilung Taian des verfügbaren Wassers ausgewählt werden. Für • Shandong Water Conservancy Research dieses Planungsinstrument wurde ein mathema- Institute (WCRI), Section of Water tischer Algorithmus entwickelt. Als Grundlage für Resources Research, Jinan das DSS dient ein Katalog aller existierenden und potenziellen Maßnahmen für nachhaltiges Wasser- • Longkou Water Affairs Authority (LKWAA), management. Nach einer Bestandsaufnahme der Longkou Wassernutzungssituation wurden sozioökonomische • Shandong Construction University (SDJU), Entscheidungskriterien in das DSS einbezogen und Jinan Konzepte und Pilotanlagen zum Wassersparen und zur Wasserwiederverwendung in Haushalten, Indus- • Shandong Normal University (SDNU), trie und Landwirtschaft sowie zur Beherrschung der Department of Population, Resources and Salzwasserintrusion entworfen. Die geltenden chine- Environment, Jinan sischen Standards sowie das existierende Monitoring- system wurden analysiert und Vorschläge zu dessen Verbesserung erarbeitet. In der Umsetzungsphase ANSPRECHPARTNER werden die Konzepte und Anlagen realisiert. Exem- plarisch wird ein Monitoringsystem eingerichtet, um Prof. Dr. Stefan Kaden Grundwasserstände, -qualität und Abflusssituation DHI-WASY GmbH, Berlin Waltersdorfer Straße 105, 12526 Berlin zu beobachten. Alle Teilprojekte wurden zusammen Tel.-Nr.: +49 30 679998-0 mit den jeweiligen chinesischen Partnerinstitutionen E-Mail: mail@dhi-wasy.de erarbeitet. Forschungsvorhaben zum IWRM 21
FORSCHUNGSVORHABEN ZUM IWRM Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM) in Gunung Kidul, Java, Indonesien Laufzeit: 06/2008–05/2013 Geografische Lage: Distrikt Gunung Kidul, Yogyakarta Spezial Provinz, Indonesien Abbildung 20: Lage des Karstgebietes Gunung Sewu auf der Insel Java, Indonesien (Quelle: IWRM Kurzbeschreibung des Verbundprojektes Indonesien Projekt). Rahmenbedingungen und Zielsetzung Der Distrikt Gunung Kidul an der Südküste der Insel Java liegt nahe der Großstadt Yo- gyakarta und ist geprägt vom tropischen Klima. In der halbjährigen Trockenzeit herrscht dort akuter Wassermangel. Da- durch wird die auf Landwirtschaft ange- wiesene Region so stark geschwächt, dass sie auch als „Armenhaus Javas“ bezeichnet wird. Eine Ursache liegt im zerklüfteten Karstuntergrund, in dem das Oberflächen- wasser sofort versickert. Hinzu kommen ein desolates Versorgungssystem und eine völlig unzu- reichende Abwasserentsorgung. Hier setzt das BMBF- Untersuchungsgebiet Projekt „Integriertes Wasserressourcen-Management Untersuchungsgebiet: Karstgebiet ‘Gunung Sewu’ (IWRM) in Gunung Kidul, Java, Indonesien“ an. Es soll („1.000 Hügel“, 1.400 km2) die Trinkwasserversorgung der Region sichern. Dazu müssen die unterirdischen Wasserressourcen in den Keine natürliche Speicherung des Niederschlags auf- Höhlensystemen der Gunung Sewu („1.000 Hügel“) grund der starken Verkarstung des Untergrundes und das Karstgrundwasser des Wonosari-Plateaus, Hunderte untereinander vernetzte, unterirdische beides Teilgebiete der Region Gunung Kidul, erschlos- Flusssysteme und Höhlen sen und die bestehenden Wasserverteilungssysteme Akuter Wassermangel bei der Bevölkerung während saniert werden. Den Problemen angepasste Techno- der Trockenzeit logien zur Trinkwassergewinnung, -verteilung und Abwasserbehandlung sollen die Bevölkerung ganz- Bisher erfolglose Versuche, die unterirdischen Wasser- jährig mit ausreichend sauberem Wasser versorgen, ressourcen nachhaltig zu erschließen ohne künftige Generationen oder angrenzende Re- gionen zusätzlich zu belasten. Lösungsansatz In dem Projekt sollen Wasservorräte erschlossen und ein Konzept zum Integrierten Wasserressourcen-Ma- nagement entwickelt werden. Darin werden sowohl alle Bereiche des Wasserressourcen-Managements (von der Trinkwassergewinnung und -aufbereitung über die bauliche Infrastruktur und Wasserverteilung bis hin zur Abwasserentsorgung) als auch die sozio- ökonomischen Randbedingungen berücksichtigt. Abbildung 21: Die Karstregion Gunung Sewu während der Trockenzeit (Foto: IWRM Indonesien Projekt). 22 Forschungsvorhaben zum IWRM
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