DER FELDHASE - eine gefährdeteArt 04 JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur - ein Lebensnetz 04 - Neue Quartiere dank Flederfreunden 16 - Birdlife ...

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DER FELDHASE - eine gefährdeteArt 04 JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur - ein Lebensnetz 04 - Neue Quartiere dank Flederfreunden 16 - Birdlife ...
DER FELDHASE – eine
                                 gefährdete Art  04

JAHRESTHEMA Ökologische
Infrastruktur – ein Lebensnetz
für die Schweiz 		         04

        Neue Quartiere dank
        Flederfreunden 16

                                 Seltene Libelle im
                                 Freiamt entdeckt     28

                        milan                         4 | 2020
DER FELDHASE - eine gefährdeteArt 04 JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur - ein Lebensnetz 04 - Neue Quartiere dank Flederfreunden 16 - Birdlife ...
02     INHALT                                                                                                                   milan 4 | 2020

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INHALT

                                                               FOTO Kai Huovinen
                                                                                          23–25 Baum des Jahres 2020
                                                                                          Baum des Jahres ist die umstrittene Robinie
                                                                                          – höchste Zeit, diese Baumart etwas genauer
                                                                                          kennenzulernen.

                                                                                                                                     FOTO Beni Herzog
11–12 Neues Reservat für BirdLife Aargau
In Hellikon befindet sich das neuste Reservat von BirdLife
Aargau. Lesen Sie hier, welche Naturschätze es birgt und wie
es aufgewertet werden soll.

04–08
ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR –
EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ
Die Gilde der Ackerarten.
                                                                                   26–27 Überwintern in der Schweiz
09–15                                                                              30’000 Kolbenenten verbringen den Winter
                                                                                   auf Schweizer Seen. Woher kommen sie und wo
BIRDLIFE                                                                           lässt sich der Wintergast am besten beobachten?

16–25
AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN

26–27                                                                              35–36
HERAUSGEPICKT                                                                      KUNTERBUNT

28–34                                                                              38–39
PARTNER                                                                            VERANSTALTUNGEN

                                                                                   40
TITELFOTO FELDHASE Alex Labhardt                                                   JAHRESPROGRAMM
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milan 4 | 2020                                                                                                                           PERSÖNLICH     03

«Ich gebe unserer Natur eine Stimme»

                                                                                                                                                              FOTO GLP
Matthias Betsche ist seit Oktober 2020 neuer Geschäftsführer
von Pro Natura Aargau. Der promovierte Rechtsanwalt und ehe-
malige Präsident des Aargauer Kantonalverbands von Pro Natura
ist ein engagierter Naturschützer. Eine weitere Leidenschaft von
Betsche ist die Politik: Als Grünliberaler setzt er sich auf politi-
scher Ebene für den Schutz von Natur und Umwelt ein.
Interview: Chiara Baschung, Stv. Geschäftsführerin BirdLife Aargau

                                                                                                                     Matthias Betsche.

Welches ist Ihr einheimisches                                              Warum ist Ihre Wohngemeinde einen         ist im Schweizer Mittelland auf einem
Lieblingstier?                                                             Ausflug wert?                             bedenklich tiefen Niveau angelangt.
Der Biber! Er schafft mit seinen Stau-                                     Natur macht eine Gemeinde attraktiv!      Der Kanton Aargau hat errechnet, dass
und Grabarbeiten besonders vielfältige                                     Da freut es mich natürlich besonders,     er zusätzliche 3 % der Kantonsfläche
Lebensräume. Nicht nur für sich, son-                                      dass Möriken-Wildegg einiges an           für ökologische Kerngebiete und zu-
dern auch für Eisvögel und Libellen,                                       Naturschönheiten zu bieten hat. Die       sätzliche 3 % für ökologische Vernet-
Sanddorn oder Weidenröschen. Wo                                            Gemeinde beherbergt eine wunder-          zungsgebiete sicherstellen muss, damit
der Biber lebt, da lebt der Fluss. Zum                                     schöne Auen-Landschaft, die Bünzaue,      die Biodiversität im Kanton Aargau
Biber gesellen sich die Wasseramsel,                                       und liegt an der Aare mit dem weitläu-    langfristig erhalten werden könnte.
die Quelljungfer, der Aal und der Laub-                                    figen Auenpark Rupperswil-Wildegg.        Das ökologische Gleichgewicht stimmt
frosch. Sie sind Botschafter für die                                       Ganz oben auf dem Chestenberg befin-      nicht mehr. Das müssen wir dringend
ganze Vielfalt der Gewässerlebens-                                         det sich im Naturwaldreservat ein         ändern.
räume.                                                                     kleines Plateau – ein ungewöhnlicher
                                                                           Ort, der während der Bronze- und          Wie wünschen Sie sich bzw. Ihren
                                               FOTO Carl Antonio Balzari

                                                                           Eisenzeit bewohnt wurde. Zudem ist        Kindern und Enkelkindern die
                                                                           das Schloss Wildegg immer einen           Aargauer Landschaft in 50 Jahren?
                                                                           Ausflug wert.                             Ich wünsche mir Tümpel, Flüsse,
                                                                                                                     Wälder, Wiesen und Felder anstelle
                                                                           Wo sehen Sie am meisten Handlungs-        ungebremster Zersiedelung und ge-
                                                                           bedarf für die Naturschutzarbeit und      sichtsloser Überbauungen in unseren
                                                                           warum?                                    wunderschönen Landschaften! Als Ge-
                                                                           Viele Tier- und Pflanzenarten sind im     schäftsführer von Pro Natura Aargau
                                                                           Kanton Aargau gefährdet. Seit Jahr-       setze ich mich für den Schutz unserer
                                                                           zehnten beobachten wir einen immer        natürlichen Lebensgrundlagen im
                                                                           schneller werdenden Rückgang der          Kanton Aargau ein. Ich engagiere
                                                                           Biodiversität. Über 90 % unserer          mich für unsere Pflanzen und Tiere
                                                                           Feuchtgebiete und 95 % der Trocken-       und gebe unserer Natur eine Stimme,
                                                                           wiesen und -weiden wurden zerstört.       wo dies notwendig ist.
                                                                           Der Anteil intakter, naturnaher Flächen
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04      ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ                                                   milan 4 | 2020

Kommen Feldhase und Feldlerche
je zurück?

                                                                                                                                      FOTO K. Bouda
                                                  In unserer Serie über die Ökologische Infrastruktur legen
                                                  wir diesmal einen Fokus auf die Ackerarten. Dramatisch
                                                  zeigt sich deren Rückgang zum Beispiel im Seetal, wo
                                                  Feldhase und Feldlerche innerhalb des letzten Jahrzehnts
                                                  ausgestorben sind. Verschiedene Projekte geben nun Hoff-
                                                  nung auf eine Rückkehr, zeigen aber auch, wie schwierig
                                                  es sein kann, eine Art wieder einzuführen, wenn sie einmal
                                                  aus einem Gebiet verschwunden ist. pv

Feldhasenförderung im Seetal
Im Bezirk Lenzburg war die Landwirtschaft schon immer           Der Feldhase ist also innert 15 Jahren aus einem früher flächen-
Ackerbau-dominiert. Davon haben die Feldhasen wohl seit         deckend ziemlich gut besetzten Verbreitungsareal praktisch
Jahrhunderten profitiert und gute Bestände aufgebaut, die       verschwunden, der Verlust beträgt rund 97 % (siehe Karte S. 6).
auch eine regelmässige jagdliche Nutzung erlaubten.             Im gleichen Zeitraum war die Feldhasendichte im Mittel der
Doch von Hasenjagd kann längst keine Rede mehr sein. Im         ackerbaudominierten Untersuchungsflächen des Feldhasen-
Zeitraum 2001 bis 2014 ist der Feldhasenbestand des Be-         monitorings Schweiz mit rund 4 gezählten Hasen pro 100 ha
zirks von 264 auf 8 gezählte Hasen zusammengebrochen.           annähernd stabil.
Dies entspricht einer Abnahme der Feldhasendichte von
6.3 auf 0.2 Feldhasen pro 100 ha zählbare Feldfläche.           Förderprojekt lanciert
Text: Darius Weber, Biologe und Wildtierexperte                 Der Gemeindeverband Lebensraum Lenzburg Seetal (vormals
                                                                Regionalplanungsverband Lenzburg-Seetal) erkannte das
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milan 4 | 2020                               ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ                                 05

Feldhasenproblem und ermunterte die Stiftung Wildtiere              die teilnehmenden Betriebe mit nur wenigen Einschränkungen
Aargau, die Stiftung der Aargauer Jägerinnen und Jäger,             und Umstellungen verbunden: Die normale, langfristig ge-
Massnahmen gegen das vollständige Verschwinden des Feld-            plante Fruchtfolge kann eingehalten werden, es gibt ausser
hasen zu ergreifen. Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, in       beim Einstellen der Sämaschine keine besonderen Arbeiten
der die Stiftung Wildtiere Aargau, der Lebensraum Lenzburg          und eine bestimmte Fläche wird jeweils nur weniger als ein
Seetal, die kantonalen Fachstellen für Landwirtschaft und für       Jahr lang beansprucht. Gesamthaft konnten den Hasen von
Jagd und Wildtierschutz sowie die lokalen Landwirte vertreten       2017 bis 2020 in den beiden Fördergebieten jedes Jahr jeweils
sind. Diese startete im Jahr 2015 in den jeweils rund 2 km2         rund 30 ha «Getreide mit weiter Saat», angeboten werden.
grossen Ackerbaugebieten «Seon-Schlatt» und «Schafisheim-           Eigenartig gestreifte Felder gehören seither ins Landschafts-
Staufen» ein Feldhasen-Förderprojekt mit dem Ziel, den Feld-        bild der beiden Projektgebiete.
hasenbestand innerhalb von 8 Jahren nachweisbar anzuheben.          Der Flächenanteil an «Getreide mit weiter Saat» war also
                                                                    während 4 Jahren mehr als doppelt so gross wie jene rund
Sichere Plätze durch weite Saat                                     3%, die sich im Projekt HOPP HASE als wirksam erwiesen hat-
                                                                    ten. Dennoch ist bisher keine Feldhasen-Bestandeszunahme
In Anlehnung an das in Baselland und bei Solothurn erfolg-          auszumachen. Seit Beginn des Projektes werden überhaupt
reiche Projekt «HOPP HASE» wurde in Zusammenarbeit mit              nur in einem der beiden Projektgebiete noch ganz selten
den lokalen Landwirten als Feldhasen-Fördermassnahme                Feldhasen nachgewiesen. In einigen Kilometern Entfernung
grossflächig «Getreide mit weiter Saat» angeboten. Diese            zu den Projektgebieten werden aber nach wie vor vereinzelte
Massnahme sollte bewirken, dass Junghasen eine verbesserte          Feldhasen festgestellt.
Überlebenschance haben und damit der Bestand anwächst.

                                                                                                                                              FOTO Kai Rösler
Das Innere von Getreidefeldern ist der sicherste Ort für Jung-
hasen während der ersten drei Lebenswochen und wahr-
scheinlich auch noch darüber hinaus. Dies in erster Linie, weil
sich Füchse, Katzen, Krähen, Reiher, Greifvögel und andere
Fressfeinde der Junghasen kaum für Getreidefelder interes-
sieren. Sie können darin nur schlecht jagen und es gibt kaum
Mäuse in modernen Getreidefeldern. Normale Getreidefelder
sind aber heute so dicht, dass sie ab Mai von Hasen kaum noch
betreten werden können, aus ganz einfachen mechanischen
Gründen. Somit fällt der möglicherweise sicherste Ort als
Setzplatz für Junghasen während zwei bis drei Monaten aus.
Dies sind ausgerechnet jene Monate, in denen die Gefahr des
Erfrierens für vom Regen durchnässte Junghasen nicht mehr
sehr gross ist. In weitem Abstand gesäte Getreidefelder bie-        Adulter Feldhase während der Paarungszeit auf einem Acker.
ten hingegen von Ende April bis zur Ernte sichere Plätze für                                                                                  FOTO Darius Weber

Junghasen.
  Bei «Getreide mit weiter Saat» bleiben je 2 Saatreihen ungesät,
gefolgt von drei normal gesäten Reihen. Da die Landwirte einen
Ertragsausfall und Unkrautprobleme riskieren, wurde ihnen für
die Teilnahme am Projekt eine finanzielle Abgeltung angeboten.
In den ersten Jahren wurde diese von der kantonalen Sektion
Jagd und Fischerei bezahlt. Seit 2019 ist «Getreide mit weiter
Saat» eine Biodiversitäts-Förderfläche, die mit Landwirtschafts-
Fördergeldern des Bundes abgegolten wird.

Trotz Engagement kaum Erfolg
Das Projekt stiess rasch auf Interesse und Wohlwollen bei vie-
len Landwirten. Mitentscheidend dafür war sicher, dass die in
der Projektgruppe mitwirkenden Landwirte das Projekt ihren          Bei «Getreide mit weiter Saat» bleibt genügend Platz für die Feldhasen,
Kollegen schmackhaft machten. Zudem ist die Massnahme für           um ihre Jungen an einem sicheren Ort aufzuziehen.
DER FELDHASE - eine gefährdeteArt 04 JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur - ein Lebensnetz 04 - Neue Quartiere dank Flederfreunden 16 - Birdlife ...
06      ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ                                                                                                         milan 4 | 2020

                           Quellen Swisstopo, Aargauisches Geoinformationssytem AGIS,                         Quellen Swisstopo, Aargauisches Geoinformationssytem AGIS,
                           Aargauisches Vermessungsamt                                                        Aargauisches Vermessungsamt

Bei den Scheinwerferzählungen im Frühling kartierte Feldhasen im südlichen Aargau 2003 (gelbe Kreise, links) und 2019 (grüne Kreise, rechts). Die Kartierung
umfasste das gesamte Offenland ausserhalb von Wald und Siedlungen. Roter Kreis: Projektgebiet «Schlatt», blaue Linien: Jagdreviere.

Schwierige Suche nach den Ursachen                                                      nahmen in der interessierten Öffentlichkeit teilweise kontrovers
Weshalb hat die Feldhasenförderung im Seetal bislang nicht                              diskutiert würden.
funktioniert? Die Projektleitung hat dazu drei verschiedene
Hypothesen:                                                                             Gibt es noch Hoffnung?
  1. Die Fördermassnahme «weit gesätes Getreide» funktioniert                           Sollte die dritte Hypothese zutreffen, kann der Feldhasen-
in den Projektgebieten nicht, weil die Junghasensterblichkeit                           bestand in den Projektgebieten nur angehoben werden,
gar nicht der limitierende Faktor ist. Beispielsweise könnte die                        wenn aus der Umgebung Feldhasen einwandern. In den ver-
intensive Nutzung des Projektgebietes zur Naherholung dazu                              gangenen Jahren gab es aber keine Hinweise auf eine Ein-
führen, dass erwachsene Feldhasen sich darin gar nicht dauernd                          wanderung. Bei den Winterzählungen im Gebiet «Schlatt»
aufhalten möchten.                                                                      wurden in der Regel gar keine Hasen gesehen. Wo es im Winter
  2. Negative Faktoren für das Überleben der Junghasen wir-                             keine adulten Hasen gibt, wird es im Frühjahr auch keine
ken im Projektgebiet so stark, dass sie auch mit der Mass-                              Junghasen geben, deren Überleben gefördert werden kann.
nahme «weit gesätes Getreide» nicht ausgeglichen werden                                 Die nächstgelegenen bekannten Feldhasenvorkommen sind
können. Denkbar wären zu grosse Verluste durch Raubtiere                                seit Jahren klein und teilweise weiter abnehmend und daher
wie Füchse, Hauskatzen, freilaufende Hunde, Krähen, Greif-                              besteht kaum ein Auswanderungsdruck für diese Hasen.
vögel etc.                                                                               Dennoch hat die Projektgruppe die Hoffnung noch nicht
  3. Die Massnahme «Getreide mit weiter Saat» kann deshalb                              aufgegeben und will das Projekt in seiner bestehenden
nicht positiv auf den Feldhasenbestand wirken, weil es mangels                          Form wie geplant bis 2023 weiterlaufen lassen. Dannzumal
erwachsener Hasen kaum Junghasen gibt, deren Überleben                                  wird man Bilanz ziehen und darüber entscheiden, ob das
gefördert werden könnte.                                                                Projekt weitergeführt werden kann, ob es mit zusätzlichen
Falls eine der beiden ersten Hypothesen zutrifft, wird das                              Massnahmen ergänzt werden muss, oder ob es abgebro-
Projekt in seiner bestehenden Form auch längerfristig ohne                              chen werden soll, weil das Ziel mit vertretbarem Aufwand
Erfolg bleiben. Wenn das Ziel nicht aufgegeben werden soll,                             nicht zu erreichen ist.
müssten weitere Massnahmen etwa gegen Hauskatzen und
freilaufende Hunde oder gegen Krähen und Füchse ins Auge
gefasst werden. Vielleicht müsste auch der Erholungsbetrieb
räumlich gezielt gelenkt werden. So oder so würde aus einem
Projekt mit einfachen landwirtschaftlichen Massnahmen ein                               DATEN Abteilung Wald des Departements Bau, Verkehr und Umwelt
komplexes und deutlich aufwändigeres Projekt, dessen Mass-                              Kanton Aargau
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milan 4 | 2020                                       ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ                              07

Wie lange trillern die Lerchen noch?

Im Sommer machen Lerchen vor allem Jagd auf Insekten und andere Wirbellose, um ihre Brut aufzuziehen. Das Nest legen sie versteckt am Boden an.

Die Bestände der Feldlerche haben in                 Als Bodenbrüterin und ursprüngliche           sind deshalb rar. Gleichzeitig nimmt
der Schweiz vielerorts drastisch abge-               Steppenbewohnerin bevorzugt die               auch die intensive Freizeitnutzung der
nommen oder sind gar gänzlich erlo-                  Feldlerche offene Landschaftsräume            Grünräume vielerorts zu.
schen (Schweizer Brutvogelatlas                      und niedrige, lückige Vegetation. Am          Biodiversitätsförderflächen (BFF) eignen
2013–16). Auch im Kanton Aargau hat                  Boden ist sie schlechter Witterung und        sich erwiesenermassen zur Förderung
die Feldlerche viel Terrain verloren.                hoher Prädation ausgesetzt. Deshalb           von Feldlerchen und vielen weiteren
Text: Judith Zellweger-Fischer, Vogelwarte Sempach   benötigt sie 2–3 Jahresbruten, um             Kulturlandarten. Ein Mosaik aus Bunt-
                                                     genügend Jungvögel aufzubringen.              und Rotationsbrachen, Säumen, Blüh-
Die kantonsweite Bestandserhebung                                                                  und Ackerrandstreifen bietet Platz zum
von 2011 ergab noch eine durch-                                                                    Brüten sowie genügend Insekten als
schnittliche Dichte von knapp 1 Revier
                                                     Sichere Brutorte                              Futter zur Jungenaufzucht. Jedoch
pro km2. Etwas grössere Bestände (5–                 sind rar                                      wurden diese BFF, trotz Direktzahlun-
14 Sänger pro km2) wurden im Meler-                                                                gen, in den offenen Ackerbaugebieten
feld, um Schupfart, im Ruckfeld, im                  Dies gelingt ihr in intensiv genutztem        lange Zeit kaum angelegt. Zu gross
Birrfeld und in der Region Wohlen fest-              Grünland heute nicht mehr und auch            schien die direkte Konkurrenz mit der
gestellt (Claudia Müller und Matthias                in Ackerkulturen immer weniger: Die           intensiven Nahrungsmittelproduktion.
Ernst, Milan 01/2012). Ehemals ermit-                Bewirtschaftungseinheiten werden              In den letzten Jahren hat der Wind im
telte Dichten von 20 bis 40 Sängern                  grösser, die Pflanzenbestände schnell
pro km2 werden heute nirgends mehr                   dicht und hoch. Sichere Brutorte sowie        FOTO FELDLERCHE Kathy Büscher
erreicht.                                            gut zugängliche Nahrungssuchorte              FOTO FELDLERCHENEST Weddi
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08    ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ                                                             milan 4 | 2020

intensiven Ackerbau erfreulicherweise        Getreide oder Weitsaat im Winterwei-          auch in den Feldlerchen-Kerngebieten
etwas gedreht. Gesunde Böden, Res-           zen. Für Fördergebiete innerhalb der          unseres Kantons, können wir uns hof-
sourcenschonung und die Reduktion            Vernetzungsperimeter gibt es Finan-           fentlich auch zukünftig an blühenden
von Pflanzenschutzmitteln werden in          zierungsmöglichkeiten, gerade auch            Kulturlandschaften und trillernden Feld-
Landwirtschaft, Politik und Gesell-          für die Weitsaat. Ein sehr gutes Beispiel     lerchen erfreuen. Fürs Gelingen braucht
schaft rege diskutiert und zunehmend         dafür ist das Projekt „BiM – Biodiversität    es das gemeinsame Handeln aller –
eingefordert. Mit diesem Trend öffnen        im Melerfeld“ (Milan 04/2019).                Landwirtschaft, Naturschutz, Politik
sich sprichwörtlich „neue Felder“ für        Befinden sich die Feldlerchenförder-          und Gesellschaft.
die Förderung verschiedenster Kultur-        gebiete jedoch ausserhalb von Ver-
landarten.                                   netzungsperimetern, müssen andere
Wie sieht eine erfolgsversprechende          Finanzierungsmöglichkeiten gefunden
Feldlerchenförderung aus? Im Acker-          werden. Dafür wurde dieses Jahr ein

Gemeinsames handeln von Landwirtschaft,
Naturschutz, Politik und Gesellschaft nötig
bau sollte ein Grundgerüst an ökolo-         Feldlerchenförderprojekt von kantonaler
gisch wertvollen, ackertypischen BFF         Seite (Sektion Natur und Landschaft)
vorhanden sein und mit verschiedenen         gestartet. Nach Anmeldung erhalten
Massnahmen auf den Produktionsflä-           LandwirtInnen Prämien für diejenigen
chen kombiniert werden. Dabei gilt es,       Felder, welche die Feldlerchen während
Kulturen so anzubauen, dass sie Erträge      der Brutsaison für ihre Reviere nutzen.
liefern, gleichzeitig aber auch bessere      Die LandwirtInnen werden zudem da-
Bedingungen für Bodenbrüter bieten.          bei beraten, welche Fördermassnah-
Fördermöglichkeiten sind beispiels-          men sich auf ihren Flächen für die
weise der Anbau von Sommergetreide,          Feldlerche am besten eignen.
Mais mit Untersaaten, herbizidfreies         Mit solchen Projekten, insbesondere           FOTO C. Robin

  Beobachtungen in Egliswil und Seon

  Während 24 Jahren haben wir die Feld-       2004 stabilisierte. Von 2005 bis 2010       keine einzige Brut mehr verzeichnet
  lerchen-Population in der Ebene zwi-        pendelte sie sich bei +/- 15 Paaren ein.    werden. Auch die regelmässigen Beob-
  schen Egliswil und Seon im Rahmen           Wir nahmen damals an, dass die Zu-          achtungen von Durchzüglern wie
  des kantonalen Kontrollprogramms            nahme der Greifvögel dazu geführt           Braunkehlchen, Steinschmätzer und
  kartiert, uns in den „goldenen Jahren“      hatte und die Entwicklung somit als         Schafstelzen nahmen ähnlich wie die
  über die grossen Zuwachse gefreut,          eine Folge grösserer Biodiversität be-      Feldlerchen-Bestände ab.
  aber leider auch den Niedergang erlebt.     trachtet werden konnte.                     Über die Gründe für den Rückgang
    Beim Start 1994 waren 11 Brutpaare          Ab 2011 jedoch wurde der Niedergang       lässt sich nur spekulieren: Vermutet
  zu verzeichnen (Egliswil 7/Seon 4). Ab      eingeleitet, in Seon war er gar schon       wird eine Summe verschiedenster
  1998 wurden dank der Zusammenar-            Tatsache. Obwohl 2013 noch Lerchen-         Faktoren wie die intensive Freizeit-
  beit des Natur- und Vogelschutzver-         fenster angelegt worden waren, konn-        nutzung des Gebiets, beispielsweise
  eins Egliswil (NVE) mit Egliswiler Land-    ten in Egliswil bis 2014 nur noch zwi-      mit Helikopter-Landeübungen, eine
  wirten Rotations-, Buntbrache- und          schen 4 und 8 Paare notiert werden.         hohe Dichte an natürlichen Fressfein-
  Ackerrandstreifen angesät, worauf im        Was zu befürchten war, traf leider sehr     den sowie populationsdynamische
  Jahr 2000 ein markanter Anstieg auf         schnell ein: Die Population erlosch be-     Mechanismen.
  23 Brutpaare (Egliswil 18/Seon 5) ver-      reits 2015, während der letzten 3 Be-       Text: Rosmarie Wehrli, Natur- und Vogel-
  zeichnet wurde, eine Zahl, die sich bis     obachtungsjahre (2015-2017) konnte          schutzverein Egliswil
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milan 4 | 2020                                                                                               BIRDLIFE AARGAU       09

Tätigkeiten und Projekte aus dem Vorstand

   Verbandstätigkeit                                               Aktuelle Rechtsfälle
   Auf der Geschäftsstelle von BirdLife Aargau gibt es perso-      BirdLife Aargau verlangte mittels Einwendung gegen die BNO-
   nelle Veränderungen: Die Geschäftsführerin Kathrin Hochuli      Revision in Biberstein, dass eine ökologisch wertvolle Mager-
   fällt aus gesundheitlichen Gründen für einige Monate aus        wiese, die vom Bund als Trockenwiese von nationaler Bedeutung
   und wird in dieser Zeit durch Chiara Baschung vertreten.        ausgeschieden wurde (TWW Objekt 4661 Buhalde), ausgezont
                                                                   wird und nicht überbaut werden darf. Der Gemeinderat hat un-
   16. August Klausur und Vorstandssitzung: Das Thema              sere Einwendung abgewiesen. Falls die Gemeinde Biberstein
   der Vorstandsklausur war die Reorganisation der Ausbil-         der BNO-Revision zustimmt, werden wir eine Beschwerde
   dung. Der Vorstand beschloss, das Fledermausprojekt             beim Regierungsrat machen. Nationale Schutzgebiete müssen
   Wegenstettertal zu unterstützen. Einwendungen: für ei-          von den Gemeinden umgesetzt werden.
   nen besseren ökologischen Ausgleich beim Regenbecken             BirdLife Aargau machte Einwendung gegen die Aussiedlung
   Altenburg Brugg, gegen die Fällung einer geschützten            eines Landwirtschaftsbetriebes in Boniswil. Dieser wäre an einer
   Blutbuche in Seengen und für den Erhalt von Parkbäumen          exponierten und gut einsehbaren Lage in der Schutzzone des
   beim Regionalen Pflegezentrum Baden.                            Hallwilerseeschutzdekretes und in einer Landschaft von kanto-
                                                                   naler Bedeutung gebaut worden mit massiver Beeinträchtigung
   21. August Mitarbeitertreffen: BirdLife Aargau hat all          der Landschaft und der Naturwerte. Zum Glück hat der Kanton
   seine Mitarbeitenden, ehrenamtliche und angestellte, zu         mit fast gleichlautenden Argumenten das Baugesuch abgelehnt
   einer Exkursion nach Hellikon eingeladen. Unser neustes         und auch keine Bewilligung bei einem geänderten Projekt an
   Reservat wurde vorgestellt und zum Abschluss gabs ein           diesem Standort in Aussicht gestellt.  kh
   feines Biobüffet auf der Stone Ranch in Wegenstetten.

                                                                                                                                        FOTO BirdLife Schweiz
   29. August Präsidierendenkonferenz BirdLife Schweiz:
   Gertrud Hartmeier und Kathrin Hochuli nahmen teil. Be-
   sprochen wurden die Statutenrevision von BirdLife
   Schweiz, der Stand der Organisationsentwicklung und die
   Verwendung von Name und Logo BirdLife durch die Mit-
   gliederorganisationen.

   1. September Podium zum Jagdgesetz: Gertrud Hartmeier
   setzte sich zusammen mit Matthias Jauslin, Nationalrat
   FDP, gegen die Jagdgesetzrevision ein.
                                                                   Vor dem Bundeshaus: Erfolgreiche Einreichung der Initiativen.
   3. September Gönneranlass: Unseren Gönnerinnen und
   Unterstützern zeigten wir unsere Reservate Bruggletz und
   Ferret in Densbüren, wo wir die renovierten Trockenstein-       Umzug der Geschäftsstelle: Ab
   mauern besichtigten. Anschliessend gab es einen reich-          1. Dezember an der Bachstrasse 43
   haltigen Apéro Riche auf dem Aemethof von Biobauer
   Roland Nussbaum.                                                Die Geschäftsstelle BirdLife Aargau ist auf den 1. Dezember 2020
                                                                   zusammen mit dem WWF Aargau und dem VCS Aargau an die
   8. September Einreichung Doppelinitiative: Mit zusammen         Bachstrasse 43 in Aarau umgezogen. Endlich haben wir mehr
   mehr als 213’000 beglaubigten Unterschriften haben Natur-       Platz für die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle. Im Haus gibt es
   und Umweltschutzverbände die zwei nationalen Volksini-          genügend grosse Sitzungszimmer für die Sitzungen von Vor-
   tiativen in Bern eingereicht – darunter auch BirdLife Aargau.   stand und Kommissionen. Die Geschäftsstelle ist vom Bahnhof
                                                                   Aarau in nur 5 Minuten zu Fuss erreichbar.       kh
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10     BIRDLIFE AARGAU                                                                                         milan 4 | 2020

Neuer Wettbewerb «Ökologische Infrastruktur»

BirdLife Aargau möchte das Engagement für den Aufbau
der Ökologischen Infrastruktur im Aargau nochmals                  Initialanlass Wettbewerb
verstärken. In einem Wettbewerb werden deshalb aufge-              «Ökologische Infrastruktur»
wertete oder neue Kernflächen sowie neue Vernetzungs-
flächen prämiert. Zu gewinnen gibt es einen schönen                20. Januar 2021, 19:30 bis 21:30 im Naturama
Geldbetrag!                                                        Einführung ins Thema «Ökologische Infrastruktur»
                                                                   und Realisierung von Projekten:
Die Delegiertenversammlung hat im März 2020 BirdLife Aargau
beauftragt, einen Wettbewerb «Ökologische Infrastruktur»
                                                                   • Vorstellung Wettbewerb
durchzuführen. Mit dem Wettbewerb soll die aktuelle BirdLife-
                                                                     Kommission Projekte
Kampagne «Ökologische Infrastruktur 2020 bis 2024» verstärkt
und unsere Sektionen motiviert werden, wertvolle Flächen für       • Ökologische Infrastruktur im Aargau
die Biodiversität zu schaffen.                                       Alex Stirnemann, Kanton Aargau
Die Kommission Projekte lanciert nun diesen Wettbewerb. Ziel ist
                                                                   • Beispiele von Projekten
es, die Aargauer Sektionen zu motivieren, sich in ihrer Umgebung
                                                                     noch offen
bewusst umzuschauen und Flächen zu finden, die Potential
haben als neue Vernetzungsgebiete. Auch Schutzgebiete, die          • Planung von Projekten
aufgewertet werden können, sind gesucht. Für eine funktionie-          Hans-Ruedi Kunz, BirdLife Aargau
rende Ökologische Infrastruktur müssen zusätzliche hochwer-
tige Kerngebiete auf 7 Prozent der Kantonsfläche geschaffen        Bitte anmelden bis 15. Januar 2021
werden, neue Vernetzungsgebiete auf 5 Prozent der Fläche           an info@birdlife-ag.ch, 062 844 06 03
(siehe auch Milan 2/2020). Es braucht überall mehr: mehr feuchte
Lebensräume, ein strukturreicheres Kulturland, mehr Naturflä-

                                                                                                                                FOTO Ann Walter
chen im Siedlungsraum und mehr Naturschutzflächen im Wald.
  Wie könnten Sie nun aber ein konkretes Projekt angehen und
wo lassen sich überhaupt geeignete Objekte finden? Zur Klä-
rung dieser und anderer Fragen organisiert die Kommission
Projekte im Naturama in Aarau einen Informationsanlass (siehe
Kasten). Als weiterer Ideenpool können die Broschüren zum
Schwerpunktthema oder die Website von BirdLife Schweiz ge-
nutzt werden. Sind Objekte gefunden und Projektideen geboren,
können diese mittels Anmeldeformular (www.birdlife-ag.ch/
Projekte/Lebensraume/Ökologische-Infrastruktur) an BirdLife
Aargau eingereicht werden. Konkrete Tipps zum Ausfüllen des
Anmeldeformulars werden am Informationsanlass und auf
dem Begleitblatt zum Anmeldeformular gegeben.
Der Wettbewerb läuft ab 2021 über drei Jahre. Die Projekte
können jeweils bis im Dezember (2021/2022/2023) eingereicht
werden und werden an der darauffolgenden Delegiertenver-
sammlung im März (2022/2023/2024) prämiert. Das Preisgeld
pro Jahr beträgt CHF 4’000 und kann auf mehrere prämierte
Projekte aufgeteilt werden.     Text: Kommission Projekte

MEHR INFORMATIONEN www.birdlife-ag.ch
milan 4 | 2020                                                                                    BIRDLIFE AARGAU        11

Vielfältige Natur für alle erhalten –
helfen Sie mit Ihrer Spende
Jedes Jahr ruft BirdLife Aargau zwei Mal zum Spenden auf. Die
grosse Unterstützung der letzten Jahre ist zu einer verlässlichen
Stütze in der Naturschutzarbeit unseres Verbands geworden.

In diesem Jahr hat die Pandemie die Aufmerksamkeit der           finanzielle Unterstützung an-             gewiesen.
Menschen beherrscht. Das ist verständlich. Es hat sich aber      Im aktuellen Spendenversand             spielen die Ufer-
    für unsere Anliegen als schwierig erwiesen. Der Spen-        schwalbe und der Seidenreiher die Hauptrolle. Es sind zwei
      deneinbruch von rund einem Drittel ist schmerzlich.        sehr unterschiedliche Vogelarten mit ihren spezifischen
       Die Spenden werden für die Arbeit in der Geschäfts-       Ansprüchen an ihren Lebensraum. Sie zeigen exemplarisch,
       stelle dringend benötigt. Hier erfolgt die wichtige Ko-   wie wichtig die vielfältigen Naturräume vor unseren Haus-
        ordination vieler Naturschutzaufgaben. Unter ande-       türen sind. Ein Umstand, den gerade in der Pandemie auch
        rem planen hier Fachleute die Reservatspflege und        sehr viele Menschen selber erfahren haben, als sie draussen
       sorgen für die Abstimmung mit den Sektionen. Sie          Erholung suchten oder Sport trieben. aw
       setzen Naturschutzprojekte um oder stehen bei den
     Behörden für die Einhaltung der Gesetze zu Gunsten
   der Natur ein. Für diese Arbeit ist BirdLife Aargau auf die
                                                                                                de
                                                                 Helfen Sie also mit! Ihre Spen
                                                                                                .
                                                                 schützt die Vielfalt im Aargau

                                                                                                                               FOTO Sandra Schweizer
                                                Spendenkonto: 50-99-3
                                                                            99 3
                                                IBAN CH49 0900 0000 5000 00
12    BIRDLIFE AARGAU                                                                        milan 4 | 2020

Neues Reservat in Hellikon

                        Dank der Vermittlung des Naturschutzvereins Hellikon konnte
                        BirdLife Aargau letzten März ein Reservat in der Fricktaler
                        Gemeinde erwerben. Im Naturschutzgebiet von kantonaler
                        Bedeutung sind für nächsten Winter bereits erste Aufwer-
                        tungen geplant. Text: Kai Huovinen

  1                                     2

                                                      Bild 1: Blick vom Waldrand über die Magerwiese
                                                      im Reservat Stockenrain, Hellikon.

                                                      Bild 2: Zweischnitt-Magerwiese auf der Parzelle
                                                      466 in Hellikon.

                                                      Bild 3: Der grosse Teil der Mauern ist gut erhalten,
                                                      im Bild rechts ist sie jedoch sanierungsbedürftig.

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FOTOS Kai Huovinen
milan 4 | 2020                                                                                              BIRDLIFE AARGAU    13

Das neue Reservat liegt an der abwechslungsreich geglieder-         dass die Bergastern nicht zu früh gemäht werden. Ein Landwirt
ten, südwestexponierten Hügelflanke oberhalb von Hellikon           aus dem Dorf bewirtschaftet den anderen Teil des Reservats.
im Gebiet des Stockenrains und umfasst eine Fläche von knapp        Mit beiden Parteien hat BirdLife Aargau aufgrund eines neu
einer Hektare. Rund zwei Drittel dieser Fläche sind Bestandteil     erstellten Pflegeplans eine Vereinbarung über die Pflege ab-
des Naturschutzgebiets von kantonaler Bedeutung «Zelg»,             geschlossen. Der Aufwand der Bewirtschafter wird über einen
das insgesamt knapp vier Hektaren gross ist.                        kantonalen Bewirtschaftungsvertrag abgegolten.
  Seit 1988 bewirtschaftet der Naturschutzverein Hellikon
(NSVH) den östlichen Teil der Parzelle. Da die darin liegenden      Waldrand stufen und Trockenmauern erhalten
Trockenmauern teils sanierungsbedürftig sind, nahm der              Bereits sind im neuen Reservat erste Aufwertungsmassnah-
NSVH Kontakt mit dem Besitzer auf. Er selbst wollte nichts          men geplant. Eine davon betrifft den Wald: An einer Begehung
investieren, zeigte sich aber bereit, die gesamte Parzelle zu       im Juni mit der kantonalen Abteilung Wald und dem lokalen
verkaufen. Da der NSVH die Parzelle nicht erwerben wollte,          Förster wurde ein grösserer Eingriff für den nächsten Winter
entschied der Vorstand von BirdLife Aargau auf Anfrage des          beschlossen. Damit soll einerseits der kleine Föhrenwald ver-
NSVH, sie zu einem Preis von rund CHF 25’000 zu kaufen. Bei         grössert, andererseits der Waldrand buchtig gestuft werden.
der Finanzierung durfte BirdLife Aargau auf die Unterstützung       Dabei werden auch die Steinhaufen freigestellt, die in lockeren
des NSVH und des salzgut Naturfonds der Schweizer Salinen           Abständen über den Waldboden verteilt sind. Eichen, Föhren,
zählen, wofür der Verband sehr dankbar ist.                         Feldahorne und einzelne grössere Buchen bleiben stehen.
                                                                    Die ornithologische Zielart der Waldpflege ist der Grauspecht.
Bewährte Bewirtschaftung wird weitergeführt                         Dieser braucht sowohl lichten Wald wie auch dicke, ältere
Seit März ist das Reservat nun im Besitz von BirdLife Aargau.       Buchen. Finanziert wird der Eingriff über das kantonale Natur-
Es besteht zu rund einer Hälfte aus einer zweischürigen, mit        schutzprogramm Wald.
Trockenmauern und Hecken gut strukturierten Magerwiese.               Ein weiteres Projekt betrifft die Trockenmauern, die auf ins-
Die andere Hälfte umfasst einen Lungenkraut-Buchenwald              gesamt rund vierzig Laufmetern das Reservat durchziehen.
und, darin eingeschlossen, einen kleinen lichten Föhrenwald.        Der grössere Teil ist in gutem Zustand und bietet Flechten,
Von den vielen geschützten Pflanzenarten, die laut kantona-         Moosen und anderen spezialisierten Pflanzen einen idealen
lem Pflegekonzept aus dem Jahr 2000 im Naturschutzgebiet            Lebensraum. Auch die im Gebiet vorkommende Zauneidechse
Zelg vorkommen, sei speziell die Bergaster erwähnt, die am          profitiert von diesem alten Kulturgut. Um diesen Lebensraum
Waldrand des Reservats gedeiht. Ihre bis weit in den Herbst rei-    langfristig zu erhalten, sind jedoch einige Reparaturarbeiten
chende Blüte ist besonders für Schmetterlinge wichtig, die sich     an den Mauern nötig. Es soll dazu baldmöglichst ein Sanie-
auf das Überwintern vorbereiten. Wie bis anhin wird der NSVH        rungsprojekt gestartet werden.
den östlichen Teil der Parzelle pflegen und dabei sicherstellen,

In den alten Trockensteinmauern fühlt sich die Zauneidechse wohl.   Seltene Bergastern bereichern das Reservat.

FOTO Albert Krebs                                                   FOTO Huhulenik, Wikimedia Commons
14     BIRDLIFE AARGAU                                                                                                    milan 4 | 2020

Plattform für Multiplikatoren

                                             Das Naturzentrum ist nicht nur für Besucherinnen und Gruppen
                                             offen, sondern bietet auch Netzwerken im Bereich der Umwelt-
                                             bildung eine Plattform für Weiterbildung und Austausch.
                                             Text: Petra Zajec, Leiterin Naturzentrum Klingnauer Stausee

Gleich mehrere nationale Netzwerktreffen waren diesen                 Anlässe sollen nächstes Jahr im Naturzentrum Klingnauer
Herbst am Klingnauer Stausee geplant. Den Anfang machte               Stausee nachgeholt werden.
am 12. September 2020 der Jugendplauschtag von BirdLife               Ob Jugendgruppe oder Naturzentrum – alle verfolgen das
Schweiz. Rund 50 Kinder und Jugendliche von 6 Jugendgrup-             gleiche Ziel: Menschen für die Natur zu begeistern und sie für
pen samt Leiterinnen und Leitern verbrachten einen ganzen Tag         deren Schutz zu sensibilisieren. Der Austausch unter den Ak-
im Naturzentrum und am Klingnauer Stausee. In Form eines              teuren ist dabei ein wichtiges Instrument, um die eigene Arbeit
Postenlaufes erkundeten sie die reiche Vogelwelt, lernten den         zu reflektieren, neue Ideen zu sammeln und die Angebote
Eisvogel und die Enten näher kennen, begegneten dem Biber             weiterzuentwickeln. Das Team des Naturzentrums freut sich,
und entdeckten die Lebewesen unter Wasser. Zudem blieb ge-            dass es als Gastgeber seinen Teil dazu beitragen kann.
nügend Zeit, um den Erlebnispfad zu erkunden, Frösche und

                                                                                                                                           FOTO Michael Gerber
Libellen zu beobachten oder sich bei einer Stafette zu messen.

Netzwerk Schweizer Naturzentren
Im November sollte die Delegiertenversammlung des Netzwerks
Schweizer Naturzentren folgen. Dieses Netzwerk wurde 2012
gegründet und umfasst heute 38 grosse und kleine Naturzent-
ren aus der ganzen Schweiz. Es dient dem Austausch unter den
Naturzentren, vertritt diese aber auch gegenüber Dritten und un-
terstützt sie bei der Angebotsentwicklung und Kommunikation.
Dazu werden praktische Arbeitshilfen erarbeitet wie eine Vorlage
für Bildungskonzepte oder ein Werbeflyer. BirdLife Schweiz war
eines der Gründungsmitglieder des Netzwerks und ist aktuell
durch Werner Müller und Petra Zajec gleich doppelt im Vorstand
vertreten. Neben dem üblichen formellen Versammlungsteil              Eindrücke vom Jugendplauschtag.
bieten die jährlichen Treffen auch Gelegenheit, die Arbeit der
anderen Institutionen kennenzulernen, sich auszutauschen und
gemeinsam Herausforderungen anzupacken.                                  Veranstaltungen im Winter
                                                                         Auch für individuelle BesucherInnen sind Ausstellung,
Nationaler Erfahrungsaustausch                                           Erlebnispfad und Café im Winter jedes Wochenende
Der dritte nationale Anlass war ein Erfahrungsaustausch für              geöffnet. Zudem findet eine Reihe von öffentlichen
Jugendgruppen-Leitende, organisiert durch BirdLife Schweiz               Exkursionen für Familien und Erwachsene statt.
und BirdLife Aargau. Neben dem Kennenlernen der Bildungs-                Ob „Frieren mit Tieren“, ein fotografischer Streifzug
angebote des Naturzentrums sollte hier ein fachlicher und                mit Beni Herzog oder eine Spurensuche im Biber-
didaktischer Input durch Meinrad Bärtschi zum Biber im Vor-              revier: Das aktuelle Winterprogramm finden Sie auf
dergrund stehen. Wegen der erneuten Ausbreitung des Co-                  www.naturzentrum-klingnauerstausee.ch. Alle Ver-
rona-Virus musste der Erfahrungsaustausch leider abgesagt                anstaltungen werden mit Schutzkonzept und den
werden und die Delegiertenversammlung konnte nur virtuell                aktuellen Bedingungen entsprechend durchgeführt.
stattfinden. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben: Beide
milan 4 | 2020                                                                                      BIRDLIFE SCHWEIZ            15

Weg ist frei für besseres Jagdgesetz
Die Naturschutzorganisationen konn-        wandten für den gemeinsamen Erfolg          Schutz der bedrohen Arten. Beim Wolf,
ten die Stimmbevölkerung Ende Sep-         engagiert haben.                            der den Abstimmungskampf dominiert
tember davon überzeugen, dass das            Bereits in der Woche nach der denk-       hat, nehmen die Naturschutzorganisa-
revidierte Jagdgesetz nicht das richtige   würdigen Abstimmung haben BirdLife          tionen jene Anliegen der Bevölkerung
ist für die Schweiz. Damit ist der Weg     Schweiz, Pro Natura, WWF Schweiz            auf, die berechtigt sind. Eine moderate
frei für ein besseres Jagd- und Schutz-    und die Gruppe Wolf Schweiz einen           Bestandsregulierung soll möglich sein,
gesetz. BirdLife Schweiz dankt allen       konkreten Vorschlag für eine bessere        aber nur nach dem Ergreifen von
ganz herzlich, die sich in den letzten     Revision des Jagd- und Schutzgeset-         Schutzmassnahmen. BirdLife Schweiz
Monaten zuerst mit dem Sammeln von         zes lanciert: Ohne Abschaffung der          hofft, dass nach der missratenen Revi-
Unterschriften für das Referendum und      Bundeskompetenz bei der Regulierung         sion nun alle an der Natur interessier-
dann im Abstimmungskampf mit dem           geschützter Arten, ohne Regulierungs-       ten Kräfte zusammenspannen und
Verteilen von Flyern, mit dem Schrei-      liste des Bundesrates und ohne Ab-          rasch eine gute Lösung finden.
ben von Leserbriefen und mit dem           schüsse auf Vorrat bei geschützten Ar-
Überzeugen von Nachbarn und Ver-           ten. Und natürlich mit dem überfälligen

Rekord im BirdLife-Wachtelkönig-Schutzprogramm

                                                                                                                                     FOTO BirdLife Schweiz
2020 war das beste Jahr für den Wach-      stellen für Naturschutz und den Jagd-
telkönig in der Schweiz, seit BirdLife     verwaltungen konnten mit Landwirten
Schweiz vor rund einem Vierteljahrhun-     für 47 Wachtelkönig-Brutplätze Verträge
dert das Schutzprogramm für den            abgeschlossen werden. Die Bauern
höchst bedrohten Wiesenbrüter gestar-      schneiden dann ihre Wiese deutlich spä-
tet und damit den Wachtelkönig vor         ter als üblich, um dem Wiesenbrüter
dem Aussterben in der Schweiz bewahrt      eine Brut zu ermöglichen, die sonst aus-
hat. Nicht weniger als 88 rufende Männ-    gemäht würde. Nun wird es interessant
chen wurden diesen Frühling erfasst. Im    sein zu sehen, wie viele der 2020 erfolg-
Durchschnitt der letzten zehn Jahre wa-    reich brütenden Wachtelkönige und de-
ren es 34. BirdLife Schweiz rechnet mit    ren flüggen Jungen nächstes Jahr in die
50 Bruten, einem neuen Rekordwert.         Schweiz zurückkehren.                       Das Wachtelkönig-Programm von BirdLife
Zusammen mit den kantonalen Fach-                                                      Schweiz ist erfolgreich.

Mit der Biodiversitäts-Initiative zur Ökologischen Infrastruktur
Am 8. September war es so weit: Die        ten dank der Unterstützung durch viele      nisationen ganz herzlich für ihren gro-
Biodiversitätsinitiative konnte zusam-     Freiwillige und trotz der Schwierigkei-     ssen Einsatz. Die BirdLife-Familie hat
men mit der Landschaftsinitiative ein-     ten durch die Coronakrise über              am zweitmeisten Unterschriften zum
gereicht werden. BirdLife Schweiz, Pro     210‘000 Unterschriften gesammelt.           Zustandekommen der Volksinitiativen
Natura, die Stiftung Landschaftsschutz     BirdLife Schweiz dankt allen Sektionen,     beigetragen.
und der Schweizer Heimatschutz hat-        Kantonalverbänden und Landesorga-

MEHR INFORMATIONEN www.birdlife.ch                                                     Texte: Werner Müller, BirdLife Schweiz
16    AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN                                                                                        milan 4 | 2020

Flederfreunde im Wegenstettertal
                                           Von der vielfältigen Kulturlandschaft des Wegenstettertals mit
                                           Hochstammbäumen, Dauerwiesen und -weiden profitieren
                                           drei seltene Fledermausarten, die hier genügend Insekten als
                                           Nahrung finden. Im Rahmen des Projekts «Fledermaustal»
                                           unterstützt der Jurapark Aargau die Aktion «Flederfreund» der
                                           Naturschutzvereine Hellikon und Zeiningen zur Verbesserung
                                           des Angebots von Fledermausquartieren.
                                           Text: Andrea Wunderlin-Böni, Co-Präsidentin Natur- und Vogelschutzverein Zeiningen

Im Wegenstettertal leben verschiedene
Fledermäuse, darunter auch drei stark
gefährdete Arten: Die Grosse Hufei-
sennase, das Graue Langohr und das
Grosse Mausohr. Für den langfristigen
Erhalt der Fledermäuse und ihrer Jagd-
und Lebensräume braucht es Engage-
ments auf verschiedenen Ebenen.
Natürliche «Fledermauswohnungen»
wie hohle Baumstämme, alte Specht-
höhlen, Aushöhlungen bei Astabbrü-
chen oder aufgesprungene Borken to-
ter Bäume sind auch im Fledermaustal
Mangelware. Baumhöhlen bewoh-
nende Fledermausarten, wie z.B. das
Braune Langohr, wechseln ihr Versteck
immer wieder, je nach Temperatur oder
bei auftretenden Störungen. Durch das
Aufhängen mehrerer Fledermausstu-
ben in kleinem Radius werden wichtige
Ersatzquartiere bereitgestellt.          Eine der Fledermauswohnungen aus Holzbeton im Wegenstettertal.

Aktion Flederfreund                      soring von einer oder mehrerer Fleder-           Fledermaustal
Zur Verbesserung des Angebots von        mausstuben wurde man «Fleder-                    Im Frühling/Sommer 2020 hängten Frei-
Fledermausquartieren haben die Natur-    freund». Alle diese Freunde kamen in             willige der beiden Naturschutzvereine im
schutzvereine von Hellikon und Zeinin-   den Genuss einer Einladung zu einem              ganzen «Fledermaustal» hochwertige
gen, mit Unterstützung des Juraparks     der beiden Fledermaus-Abendspa-                  Fledermauskästen aus Holzbeton auf.
Aargau, die Aktion «Flederfreund» ins    ziergänge des Juraparks Aargau in                Geeignete Standorte wurden mit dem
Leben gerufen. Für die Finanzierung      Hellikon, welche am 27. Juni und 8.              kantonalen Fledermausschutzbeauftrag-
dieses Projekts wurde im Frühjahr 2020   August stattfanden. Die Naturschutz-             ten Andres Beck evaluiert. Verschiedene
in Wegenstetten, Hellikon, Zuzgen und    vereine waren gespannt, wie viele                Eigentümer, beziehungsweise Bewirt-
Zeiningen in alle Haushalte ein Infor-   «Flederfreunde» sich auf den Aufruf              schafter, liessen sich begeistern, ihren
mationsflyer geschickt. Mit dem Spon-    melden würden.                                   Hochstammgarten oder ihr Waldstück
milan 4 | 2020                                                                     AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN            17

                                                                                       Erfolgreiche «grenzüberschreitende»
                                                                                       Zusammenarbeit
                                                                                       Naturschutz hört an der Gemeinde-
                                                                                       grenze nicht auf. In diesem Projekt
                                                                                       konnten im ganzen Wegenstettertal
                                                                                       gemeindeübergreifend neue Fleder-
                                                                                       mauswohnungen bereitgestellt werden.
                                                                                       Obwohl es noch nicht abgeschlossen
                                                                                       ist, kann die Zusammenarbeit zwischen
                                                                                       den beiden Sektionen Hellikon und
                                                                                       Zeiningen und die Unterstützung durch
                                                                                       den Jurapark Aargau als sehr gut be-
                                                                                       zeichnet werden. Lobenswert ist auch
                                                                                       das wohlwollende Entgegenkommen
                                                                                       der Landbesitzer, bzw. Bewirtschafter.
                                                                                       Ein grosses Dankeschön gilt den Pri-
                                                                                       vatpersonen, Behörden, Natur- und
                                                                                       Umweltschutzverbänden, welche mit
                                                                                       kleinen und grösseren Beträgen diese
                                                                                       Aktion erst ermöglichten.

                                                                                       Zweiter Teil des Projekts: Spaltenbe-
                                                                                       wohner fördern
                                                                                       Mit der geplanten Fortsetzung des
                                                                                       Projekts im Jahr 2021 sollen spalten-
                                                                                       bewohnende Fledermäuse gefördert
                                                                                       werden. Ziel ist es, pro Gemeinde 50
                                                                                       Stuben anzufertigen und diese vor al-
                                                                                       lem im Siedlungsgebiet aufzuhängen.
                                                                                       Die 200 Holzkästen werden von der
                                                                                       MBF (Werkstatt für Menschen mit Be-
                                                                                       hinderung) in Stein angefertigt. Ein Teil
                                                                                       der Fledermausunterkünfte wird als
                                                                                       Bausatz vorbereitet und soll an Anläs-
                                                                                       sen in allen vier Talgemeinden mit Kin-
                                                                                       dern und Jugendlichen fertiggestellt
                                                                                       werden, begleitet von Informationen
Hoch oben in den Bäumen wurden Fledermauswohnungen installiert.                        über das Leben und Verhalten der
                                                                                       nächtlichen Jäger.
mit Fledermauskästen aufwerten zu las-         finanziert. Damit konnten in den vier
sen. Die Standorte der nummerierten            Talgemeinden 12 neue Fledermausquar-
Wohnungen wurden mittels GPS-Daten             tiere geschaffen werden. Die höhlen-
genau festgehalten und in einer Über-          bewohnenden Fledermausarten danken
sichtkarte eingetragen. Dies wird später       herzlich.
die Betreuung und Belegungskontrolle
erleichtern.                                     Weitere Infos zum Projekt und
Bis im August 2020 wurden mit den                Liste der Spenderinnen und
Spenden sowie der finanziellen Beteili-          Spender: www.nsv-hellikon.ch >
gung von Jurapark Aargau und Bund                Flederfreunde.
mehr als 150 Fledermauswohnungen                                                       FOTOS 16, 17 Anja Trachsel
18     AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN                                                                                            milan 4 | 2020

Vogel des Jahres 2020 zurück in Lengnau
                                          Nach zehnjähriger Abwesenheit und schweizweit starkem
                                          Rückgang der Brutpaare gab es in Lengnau dieses Jahr eine
                                          erfreuliche Entdeckung: Der Neuntöter ist zurück! Am Südhang
                                          unterhalb des Weilers Himmelrich brütete der Vogel, der auch
                                          Rotrückenwürger genannt wird, in einer Hecke. Direkt neben
                                          einem 20 Aaren grossen Trockenwiesenbord, wo der auffällige
                                          Insektenjäger erfolgreich Nahrung fand.
                                          Text: Willi Müller, Natur- und Vogelschutzverein Lengnau

Der Neuntöter ist ein Wartenjäger und     Standortes überfordert gewesen. Wir
auf Grossinsekten angewiesen. Durch       suchten eine Lösung und fanden in Pro
Strukturveränderungen und die Inten-      Natura Aargau einen kompetenten, zu-
sivierung der Landwirtschaft sind die     verlässigen Partner. So konnte im Früh-
vielfältigen Landschaftselemente und      ling der Kaufvertrag mit Pro Natura un-
Lebensräume mit dem richtigen Nah-        terzeichnet werden. Der Verein hat den
rungsangebot heute aber grösstenteils     Kaufpreis bezahlt. Für uns als örtlicher
verschwunden.                             Verein eine Win-Win-Situation, denn so
  Der Natur- und Vogelschutzverein        konnte das Gebiet für die Zukunft ge-
Lengnau (NVV Lengnau) hat nach dem        sichert werden.
Ausbleiben des Zugvogels, der in Afrika
überwintert und erst im Mai an den
                                          Trockenbord wurde
Brutplatz zurückkehrt, in den letzten
Jahren Strukturverbesserungen in di-      später gemäht
rekter Umgebung vorgenommen. Es
wurden im Gebiet Choleriet West und       Damit das Futterangebot für den                   Vielfältige Landschaften und viele Insekten:
                                                                                            Das lockt den Neuntöter an.
Ost Biotope geschaffen, die spät ge-      Neuntöter sicher ausreichte, wurde das
mäht werden. Der Verein erstellte         Trockenbord erst nach der Brutzeit ge-
mehrere Tümpel für Frösche und            mäht. Apropos, daher hat der Neuntö-
Grossinsekten. Daneben wurden Wei-        ter seinen Namen: Bei übermässigem
den gepflanzt als Sitz- und Spähwarten    Futterangebot legt er Reserven an und
für den Neuntöter. Ausserdem nahm         spiesst die Nahrung auf Dornen auf,
der Verein Verhandlungen zum Kauf         um bei Schlechtwetter nicht hungern
des oben genannten, 20 Aaren grossen      zu müssen und die 4 bis 5 Jungvögel
Wiesenbords auf, nachdem der Land-        genügend versorgen zu können. Die
wirt den Betrieb eingestellt hatte. An-   Hoffnung ist gross, dass auch nächstes
ton Müller, der im nahen Himmelrich       Jahr der Neuntöter wieder im Gebiet
einen grossen Obstgarten und Tümpel       brütet. Uns würd's freuen.
liebevoll pflegt und unterhält, zeigte
sich gerne bereit, die trockene, unge-
düngte Wiese zu verkaufen.
  Der NVV Lengnau betreut und be-
wirtschaftet aber schon über 20 grö-
                                                                                            Die Aufwertungsmassnahmen des NVV
ssere und kleinere Biotope und wäre       FOTO NEUNTÖTER Beni Herzog                        Lengnau haben sich gelohnt: Der Neuntöter
deshalb mit der Pflege des zusätzlichen   FOTO LENGNAU NVV Lengnau                          fühlt sich in dieser Landschaft wieder wohl.
milan 4 | 2020                                                                        AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN                  19

Alpensegler im Mittelland heimisch
geworden     Der Natur- und Vogelschutzverein Menziken-Burg hatte grossen
                                             Erfolg mit ihrer Nisthilfe-Aktion für Alpen- und Mauersegler.
                                             Anlässlich des Menziker Dorfjubiläums konnten sie ihre Nist-
                                             kasten-Arbeit einer breiten Bevölkerung präsentieren.
                                             Text: Pia Jaggi und Ruth Merz

Der Natur- und Vogelschutzverein Men-        Burg. Und zwar nicht nur im Wald, son-
ziken-Burg (NVMB) hat in den letzten         dern seit jüngster Zeit auch innerhalb
fünf Jahren ein Mauer- und Alpensegler-      des Siedlungsgebietes, so in der Park-
Inventar erstellt. Da diese Vogelarten       anlage des Regionalspitals Menziken
geschützt sind, soll ihnen vermehrt          und auf dem Areal des Alters- und Pfle-
Sorge getragen werden. Gezielt suchte        geheims Falkenstein sowie in weiteren
der Verein das Gespräch mit verschiede-      öffentlichen Anlagen.
nen Hausbesitzern, deren Gebäude sa-
niert werden mussten. Dabei ging es          Ausstellung zum Gemeindejubiläum
darum, vorhandene Nistmöglichkeiten          2020 feiert Menziken sein 975-jähriges
zu bewahren und neue zu schaffen,            Bestehen. Aus diesem Anlass zeigt der
denn durch Renovationen können Un-           NVMB in der alten Sagi im Zentrum eine
terschlüpfe an alten Gebäuden zerstört       öffentlich zugängliche Ausstellung mit
werden. Den Besitzern ist häufig gar         diversen hübsch bebilderten Nistkästen
nicht bewusst, dass Segler an ihren Ge-      und ihren Bewohnern, dazu eine Reihe
bäuden brüten, weil keine verräterischen     von Wildbienenhotels. Sowohl die Nist-
Kotspuren ihre Anwesenheit verraten.         hilfen wie auch die Bienenhotels werden
Segler zeigen aber eine extreme Brut-        in Handarbeit von Vereinsmitgliedern         Andres Beck und Hans Ulrich Christen
platztreue, deshalb ist es wichtig, beste-   angefertigt. «Die Bevölkerung war sehr       montieren Nistkästen für die Segler.
hende Brutplätze zu erhalten oder in         interessiert», berichtet Pia Jaggi, «viele
engster Nähe zu ersetzen.                    Leute wunderten sich, dass die Vögel
                                             ganz verschiedene Lochgrössen für ihren
Ehemalige Felsenbrüter nutzen schüt-         Nestbau benötigen.»
zendes Gemäuer                                 Der NVMB hat rund hundert Mitglie-
«Früher waren die Mauer- und Alpen-          der und setzt sich ein für mehr Natur im
segler Felsenbrüter», sagt Pia Jaggi,        gesamten Gemeindegebiet. Deshalb
Vorstandsmitglied des NVMB, «heute           fördern die Mitglieder unter anderem
suchen sie zunehmend die Nisthilfen in       auch Wildbienen. «Damit die Wildbienen
älteren Liegenschaften auf.» Zunächst        sich niederlassen und vermehren, braucht
habe man abgewartet, ob die angebo-          es einheimische Pflanzen, beispielsweise
tenen Nisthilfen von den Vögeln ange-        Blumenwiesen, Obstbäume und blü-
nommen würden. Und siehe da: «Alle           hende Sträucher», so Jaggi. Diese würden
Nistkästen sind bewohnt», freut sich         generell zu einer grossen Insektenvielfalt
Jaggi über den Erfolg der zahlreichen        beitragen. Und das wiederum nütze der
Einzelgespräche und -aktionen.               Vogelwelt. Die Biodiversität im Sied-        Bei der Ausstellung zum Menziger Dorfjubiläum
  Aber damit nicht genug. Rund 300           lungsgebiet solle gefördert werden,          zeigt der NVMB Nistkästen und Wildbienenhotels.

Nistkästen für verschiedenste heimische      denn wie Jaggi betont: «Eine Stein-
Vogelarten betreuen die Vereinsmitglieder    wüste rund ums Haus nützt der Natur          MEHR INFORMATIONEN www.nvmb.ch
im Gebiet der Gemeinden Menziken und         herzlich wenig.»                             FOTOS Pia Jaggi
AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN                                                                                      milan 4 | 2020

                                            Rauchschwalben auf einem Gemüsebaubetrieb? Naturnester
                                            an frischen Betonwänden? Schleiereule und Turmfalke unter
                                            einem Dach? Auf dem Hofgrundgang «Vögel und Fleder-
                                            mäuse» in Stetten verblüffte Biobauer und Vogelkenner Erich
                                            Traub die Teilnehmenden mit einfallsreichen Tricks zum
                                            Wohlergehen seiner gefiederten Schützlinge.
                                             Text: Niklaus Trottmann, Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg

                                                                                                                   FOTO Familie Traub

Vogelvielfalt beim Gemüsebauern
Mit Witz und Charme begrüsst Erich        Aus der Beobachtung lernen                        Der Trick: Statt der Kühe sorgt die Ab-
Traub die Gruppe aus naturbegeisterten    Die Aufmerksamkeit richtet sich zu-               wärme der Gemüsekühler für ein ange-
Landfrauen, Bauern und Vogelfreunden      nächst auf den Dachgiebel mit dem ver-            nehmes Raumklima im ehemaligen Stall.
auf dem Eichhof. Die Blicke sind nach     waisten Storchenrad. «Es gab schon An-
oben gerichtet, wo Mehl- und Rauch-
schwalben in der Abenddämmerung
                                          sätze eines Nestes», schmunzelt Traub,
                                          «aber die eingesessenen Reusstaler
                                                                                            Raumklima ist ent-
ihre Luftakrobatik vorführen. Familie     Störche haben den Neuling nach kurzer             scheidend
Traub baut in dritter Generation Bioge-   Zeit vertrieben». An der Hauswand steht
müse an. Was sofort auffällt: Die Gemü-   schon eine aus Zweigen geflochtene                «Entscheidend sind die Raumtempera-
seäcker sind von Bäumen, Hecken und       Nisthilfe bereit. Traub gibt nicht so             tur und die durchgehend offenen Fens-
Altgrasstreifen gesäumt, an den Gebäu-    schnell auf, wenn es darum geht, gefie-           ter» erklärt Traub, der das Verhalten der
dewänden rankt sich der Efeu, in Grä-     derte Gäste zum Bleiben zu bewegen.               Schwalben genau studiert hat. Seine
ben sammelt sich Wasser, Hofplatz und     Die Erfahrung gibt ihm Recht. Wem es              Beobachtung: «Auf Stallfliegen sind die
Fahrwege sind unbefestigt - eine Oase     gelingt, auf einem seit 30 Jahren viehlo-         Rauchschwalben nicht angewiesen, sie
für Insekten, Amphibien und Vögel.        sen Betrieb die Rauchschwalben zu hal-            jagen lieber unter freiem Himmel in den
                                          ten, muss wissen, worauf es ankommt.              Mückenschwärmen.»
milan 4 | 2020                                                                                AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN            21

                                                                                                  das Einflugloch der Eulen befinden sich
                                                                                                  an derselben Gebäudefront. Eine traute
                                                                                                  Nachbarschaft? «Wegen der unter-
                                                                                                  schiedlichen Aktivitätszeiten kommen
                                                                                                  sich die Brutpaare selten ins Gehege,
                                                                                                  aber wenn sie sich begegnen, sind sie
                                                                                                  nicht zimperlich, dann verliert der Falke
                                                                                                  schnell mal ein paar Schwanzfedern»,
                                                                                                  schildert Traub seine Beobachtung.

                                                                                                  Fledermäuse sind willkommen
                                                                                                  Auch an geeigneten Quartieren für
                                                                                                  Fledermäuse herrscht auf dem Eichhof
                                                                                                  kein Mangel. Ob ein Quartier genutzt
                                                                                                  wird, lässt sich anhand von Kotspuren
                                                                                                  auf dem Boden feststellen. Auf dem
                                                                                                  Rundgang zeigte sich Fledermausfach-
                                                                                                  mann Andres Beck überrascht, dass ge-
                                                                                                  genwärtig keine frischen Kotspuren zu
Manchmal fliegen auf dem Eichhof die Federn.   Erich Traub berichtet über seine Erfahrungen aus
Davon zeugen auch die untersten zwei Zeilen    über 30 Jahren Schwalbenförderung. Zum             finden sind. Enttäuschen muss er die
der Begrüssungstafel.                          Rundgang eingeladen haben BirdLife Aargau und      Teilnehmer des Hofrundgangs trotzdem
                                               das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg.           nicht. In der Scheune des Nachbarbe-
                                                                                                  triebs duckt sich im Schein der Taschen-
Intime Örtchen                                 Es ist bekannt, dass Schwalben glatte              lampe ein winziges Fellknäuel in eine
Und wie ist es möglich, dass auf engem         Betonwände meiden. Wie es trotzdem                 Dachritze. Es scheint fast so, als ob es
Raum vier Paare gleichzeitig brüten, wo        geht? Erich Traub schraubt an die Beton-           dem Trubel der Schwalben entfliehen
Rauchschwalben doch enge Nachbar-              wand Bretter mit einigen Klecksen Lehm.            wollte. Ganz auf Fledermäuse verzich-
schaft meiden? Erich Traub hat dafür                                                              ten muss der Eichhof dennoch nicht:
eine einfache Lösung gefunden: An den
Balken hängen Jutesäcke als Sichtschutz
                                               Zwei dutzend                                       Sie jagen in den Gemüsetunnels nach
                                                                                                  Insekten und leisten so einen Beitrag
zwischen den Nestern. Jedes Brutpaar           Kunstnester bereit                                 zur natürlichen Schädlingsregulierung.
hat so die nötige Intimität. Traubs Sinn                                                          Darüber freut sich Erich Traub als Natur-
fürs Unkonventionelle lässt auch seine         Die Schwalben nehmen die Starthilfe an             freund und als Bioproduzent.
Mitarbeiter nicht kalt. Diese waren an-        und bauen das Nest fertig. Damit jedes
fangs nicht gerade begeistert, als der         der rund 50 Brutpaare eine Nistgele-
Chef in der Personaldusche ein weiteres        genheit findet, stehen auch rund zwei                Das Biogemüse der Familie Traub
Rauchschwalbenpaar ansiedelte. Doch            Dutzend Kunstnester zur Verfügung.                   erhalten Sie im Hofladen in Stetten
als der Chef ankündigte, bei erfolgrei-        Diese sind mit wenigen Handgriffen ab-               oder auf den Wochenmärkten in
cher Brut eine Prämie auszuzahlen,             nehmbar. Traub reinigt sie jeden Winter              Zürich: www.traub-biogemüse.ch
«adoptierten» sie die Schwalben und            und stäubt sie inwendig mit Kieselgur-
achteten peinlich genau darauf, das            Pulver gegen Parasiten ein.                          Das Landwirtschaftliche Zentrum
Fensterchen immer offen zu lassen. Vor                                                              Liebegg bietet regelmässig Veran-
Verschmutzung schützt ein Brett unter          Manchmal fliegen die Federn                          staltungen zu Natur- und Garten-
dem Nest. «Es ist eine Tatsache, dass          Neben Mehl- und Rauchschwalben be-                   themen an.
alles Lebendige einen Stoffwechsel             herbergt der an eine Kiesgrube angren-               Abonnieren Sie den Newsletter:
hat», bemerkt Traub dazu trocken.              zende Eichhof während der Sommer-                    www.liebegg.ch/de/newsletter-
                                               monate auch rund 600 Uferschwalben                   abo.html
Starthilfe für Naturnester                     (!) und gut zwei Dutzend Mauersegler.
An der Wand eines Erweiterungsbaus             Im Scheunendach hausen Schleiereule
prangt ein frisches Mehlschwalbennest.         und Turmfalke. Der Falkenkasten und                FOTOS Niklaus Trottmann
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