IPTV - Über Internet anders fernsehen?! - www.lfm-nrw.de - Landesanstalt für Medien NRW

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IPTV - Über Internet anders fernsehen?! - www.lfm-nrw.de - Landesanstalt für Medien NRW
Stephan Dieter / Dr. Dirk Schrameyer

                         IPTV – Über Internet anders fernsehen?!
                                                Mehrwert oder nur mehr Kosten?

                                                                               LfM-Technik
                                                                                   Band 7

ISBN 978-3-940929-00-6

www.lfm-nrw.de                                  deutsche medienakademie köln
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LfM-Technik

Band 7
IPTV - Über Internet anders fernsehen?! - www.lfm-nrw.de - Landesanstalt für Medien NRW
Stephan Dieter / Dr. Dirk Schrameyer

IPTV – Über Internet anders fernsehen?!
Mehrwert oder nur mehr Kosten?
Impressum:

Herausgeber:
Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM)
Zollhof 2
40221 Düsseldorf
Telefon: 0211-77007-0
Telefax: 0211-727170
E-Mail: info@lfm-nrw.de
Internet: www.lfm-nrw.de

ISBN 978-3-940929-00-6

Verantwortlich:
Dr. Joachim Gerth

Redaktion:
Ekkehart Gerlach, Rainer Smits

Lektorat:
Regina Großefeste, Bettina Rößler

Titelabbildungen:
Getty Images Deutschland

Gestaltung:
disegno visuelle kommunikation, Wuppertal
www.disenjo.de

Druck:
Boerje Halm, Wuppertal

Auflage:
1.000 Exemplare

Januar 2008

                                            4
Inhaltsverzeichnis

1. TV: Vom „Radio für die Augen“ zu „flach, interaktiv und überall“ – IPTV?             9
   1.1 TV-Broadcast: Eine Erfolgsgeschichte im Zeitraffer                               9
   1.2 TV-Digitalisierung: Ein Mehrwert entwickelt sich langsam                         9
   1.3 TV-Multimedia: Ein neues Zeitalter?                                             10
   1.4 Begriffs-Wirrwarr: Rund um IPTV, iTV, Web-TV, Internet-TV und Video-on-Demand   10

2. Gastkommentar: IPTV zwischen Technologie, Inhalten und Nutzen –
   Eine Einschätzung seiner Charakteristika und Chancen                                13
   Ulrich Freyer, Analyst für Medientechnik

3. Beispiele für IPTV im Ausland: Was geht woanders bereits und wie?
   Was können wir daraus lernen? Ein Überblick                                         15
   3.1 Hongkong: Vorreitermarkt in Asien                                               15
   3.2 Frankreich: Weltweit größter Markt für IPTV                                     16
   3.3 Schweiz: Starker Start für IPTV                                                 18
   3.4 Japan: Trotz Hochgeschwindigkeitsnetzen noch keine Erfolgsgeschichte            20
   3.5 Schlussfolgerungen aus den internationalen Beispielen                           21

4. Nutzung von IPTV in Deutschland                                                     22
   4.1 Mehrwerte für den Nutzer?                                                       22
   4.2 Wie IPTV nutzen?                                                                23
   4.3 Oder auf die Zukunft warten?                                                    24
   4.4 Und wie werden die Nutzer bezahlen?                                             25
       4.4.1 Kostenfrei durch Werbung                                                  25
       4.4.2 Kosten durch Abonnements                                                  26
       4.4.3 Kosten durch Interaktivität                                               26
       4.4.4 Kosten durch Nutzung des elektronischen Programmführers                   26

5. Rechtliche Rahmenbedingungen                                                        28
   5.1 Rundfunkrecht                                                                   28
   5.2 Telekommunikationsrecht                                                         30

6. Fazit                                                                               32

7. Was ist ein, wie geht ein …? Ein kleines Technik-Brevier rund um IPTV               34

8. Glossar                                                                             39

9. Die Autoren                                                                         43

                                                         5
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 – Der Weg zu „New TV“?                                    12
Abbildung 2 – Der Long Tail in der Mediennutzung                      27
Abbildung 3 – Nationale und internationale Ebenen der Regulierung     28
Abbildung 4 – Der gegenwärtige Rechtsrahmen                           30
Abbildung 5 – Merkmale von Telekommunikations- und Rundfunkdiensten
              und deren Anwendbarkeit auf IPTV                        31
Abbildung 6 – Punkt-zu-Punkt-Charakteristik herkömmlicher DSL-Netze   35

                                                       6
Einführung

IPTV ist ein schwieriges Thema. Es beginnt mit dem Begriff,         In einer ganzen Reihe anderer Länder wird IPTV seit einigen
der (noch?) nicht eindeutig festgelegt ist und geht weiter          Jahren zunehmend angeboten, so dass manche Analysten
über die vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit der              ähnlich euphorische Prognosen auch für Deutschland un-
Technologie und den Inhalten. Die aktuelle Broschüre der            terstellten, bis hin zum Propagieren des Jahres 2006 als
Landesanstalt für Medien NRW und der deutschen medien-              „Jahr des IPTV“. Allerdings weist der eine oder andere eher
akademie möchte zu einem besseren Verständnis von IPTV              zurückhaltende Beobachter darauf hin, dass hierzulande
beitragen, Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und Hin-             aufgrund anderer Bedingungen die Entwicklung nicht unbe-
weise für die Nutzung geben. Angesichts dieser Ausgangs-            dingt in gleicher Weise verlaufen muss, so der Verband der
lage wird sie vor allem für die bereits einschlägig Kundigen        deutschen Internetwirtschaft eco. Da in Deutschland die
oder den zumindest Interessierten eine ergänzende Hilfe             meisten Zuschauer mit Satellit und Kabelanschlüssen sowie
sein – weniger im Sinne der praktischen Nutzung als im              DVB-T schon Zugriff auf viele, dazu noch viele kostenlose,
Sinne des Verständnisses, der Einordnung.                           Programme haben und bereits dafür GEZ-Gebühren be-
                                                                    zahlen, ist hierzulande nicht ohne Weiteres einsichtig, wa-
IPTV steht für „Fernsehen über das Internet Protokoll“ (IP)         rum sie das gewohnte TV-Produkt, das über Satellit, Kabel
– ein Übertragungsprotokoll, in diesem Fall für Fernsehpro-         oder terrestrisch zu ihnen gelangt, durch IPTV ersetzen
gramme. Bei IPTV verwendet Fernsehen das gleiche Pro-               sollten – es sei denn, IPTV wiese besondere Mehrwerte und/
tokoll und oft auch das gleiche Kabel wie das Internet. Tech-       oder Kostenvorteile auf.
nisch gesehen, nähern sich also Internet und klassisches
Fernsehen aneinander an. Doch der Reihe nach: Das                   Eine Schlüsselfrage dabei wird sein, wann der Punkt erreicht
„klassische“ Fernsehen ist das Versenden vorgefertigter             ist, ab dem für TV-Anbieter die Versuchung übermächtig
Sendungen in einer definierten Reihenfolge, z. B. dem Pro-          wird, in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt
grammschema einer privaten oder öffentlich-rechtlichen              des klassischen Fernsehens mehr und mehr neue, attraktive
Sendeanstalt an zahlreiche Haushalte im Anschluss- bzw.             Programmformen mit Differenzierungspotenzial im Sinne
Sendegebiet. Beim Versand über IP ändert sich zunächst              von „ganz anders fernsehen“ zu entwickeln – und Nutzer
daran nichts – man empfängt das bekannte Programm, nur              dies tatsächlich auch als Mehrwert empfinden ...
eben auf der Basis eines anderen Protokolls und meist auf
einer anderen Leitung, nämlich dem Kupferkabel der
Telefonleitung, über die – zumindest in Deutschland – in der
Regel Internet genutzt wird. Allerdings: In dem Moment, wo
das bekanntermaßen sehr interaktive Internet als Distri-
butionskanal für klassisches Verteil-Fernsehen genutzt wird,
steigen die Möglichkeiten, auch interaktive Elemente in die
Programme einzubauen, ja vielleicht sogar das gesamte Pro-
gramm als „on-Demand“-Ereignis, als sogenannten „Pull-
Dienst“ statt als „Push-Dienst“ zu gestalten.

Prof. Dr. Norbert Schneider                                         Ekkehart Gerlach
Landesanstalt für Medien NRW                                        deutsche medienakademie Köln

                                                                7
8
1. TV: Vom „Radio für die Augen“ zu „flach, interaktiv und überall“ – IPTV?

1.1 TV-Broadcast : Eine Erfolgs-                                    den Jahr wurde Videotext in Großbritannien als regulärer
    geschichte im Zeitraffer                                        Fernmeldedienst unter dem Namen „Prestel“ etabliert. Die
                                                                    Verbindung von Fernsehen und Telefon verwandelte den TV-
Um die Hintergründe und Optionen zu IPTV zu verstehen sei           Empfänger in ein dialogfähiges Datenterminal – eine Ge-
es gestattet, mit einigen kurzen historischen, teils durch-         burtsstunde des interaktiven Fernsehens. 1980 startete in
aus interessanten oder sogar amüsanten Anmerkungen zu               Deutschland ein zunächst auf vier Jahre angelegter Video-
beginnen. Das heutige Fernsehen hat seinen Ursprung im              text-Großversuch. Am 1. September 1983 trat der BTX-
Jahre 1873: Der Engländer Willoughby Smith erkannte, dass           Staatsvertrag in Kraft und BTX ging als Telekommuni-
sich der elektrische Widerstand von Selen unter Lichtein-           kationsdienst in den Regelbetrieb, bis er 1996 mit 1 Million
wirkung verändert. Das Prinzip der Fotozelle war entdeckt           Nutzern in T-Online überging.
und die Brücke von der Optik zur Elektrik geschlagen. Den
langen Weg von der mechanischen Bilderzeugung und                   1995 präsentierte die KirchGruppe eine digitale, selbst ent-
-übertragung bis zum heute gewohnten Fernsehen pflastern            wickelte Set-Top-Box mit dem eingebetteten Verschlüssel-
Entwicklungen deutscher Ingenieure. Der Begriff „Fern-              ungssystem betacrypt und kündigte ein eigenes Abonnen-
sehen“ wurde bereits 1891 geprägt, aber erst 1932 konnten           tenfernsehen an. 1996 standen sich im Marktsegment PayTV
die elektrischen Signale dafür auch drahtlos verteilt werden.       zwei Giganten gegenüber: Die KirchGruppe bot mit DF 1 ein
Seit 1936 gibt es in Deutschland Fernsehen für alle. Am             verschlüsseltes Bouquet von Spartenprogrammen und mehr-
4. Mai 1956 führte der Bayerische Rundfunk das Werbe-               kanaligen Sportübertragungen mit freier Perspektivwahl an;
fernsehen ein. Im Vertrag mit der Persil GmbH Düsseldorf            die Bertelsmann AG und CANAL+ traten 1991 mit Premiere
heißt es: „Der Bayerische Rundfunk räumt der Henkel-                in den Ring. 1997 erwarb die KirchGruppe alle Gesellschafter-
Gruppe für die Fernsehwerbesendungen die Meistbegüns-               anteile von Premiere und verschmolz die Angebote unter der
tigung ein“ als Gegenleistung für die Verpachtung des ex-           Marke „Premiere World“ miteinander.
klusiven 120 qm großen Grundstücks auf dem Wendelstein,
Standort der späteren Sendernetzzentrale.
                                                                    1.2 TV-Digitalisierung: Ein Mehrwert
Nach den USA, Japan und Kanada führte Deutschland 1967                  entwickelt sich langsam
als erstes europäisches Land das Farbfernsehen ein. Am
1. Januar 1984 begann das private Kabelpilotprojekt                 Im August 1998 verkündete der damalige Bundeswirtschafts-
Ludwigshafen/Vorderpfalz. Neben den üblichen, über ter-             minister Günter Rexrodt, 2010 werde das analoge Fernsehen
restrische Sender verteilten, Fernseh- und Hörfunkprogram-          abgeschaltet und durch digitale Angebote ersetzt. Die Bun-
men wurden über einen breitbandigen Kabelanschluss zu-              desregierung schuf so gemeinsam mit Geräteindustrie und
sätzliche Programme privater und öffentlich-rechtlicher             Programmanbietern einen Planungsrahmen, der reichlich
Anstalten angeboten. SAT.1 als erster deutscher privater            Diskussionsstoff bot. Die Gesellschaft für Unterhaltungs-
Programmanbieter zeigt seit diesem Tag ein bundesweit               und Kommunikationselektronik wies darauf hin, dass es sich
empfangbares Fernsehprogramm, RTL plus folgte am                    um einen „sanften Übergang“ handeln werde.
2. Januar 1984. Seit dem 1. April 1984 gibt es deutsches
Satellitenfernsehen.                                                Etwa ein Drittel der ca. 34 Mio. Fernsehhaushalte in Deutsch-
                                                                    land kann inzwischen digitales Fernsehen empfangen. Mit
ARD und ZDF strahlten bereits während der Internationalen           einem Anteil von annähernd zwei Dritteln dieser digitalen
Funkausstellung 1977 im Raum Berlin ein erstes Videotext-           Fernsehhaushalte dominiert dabei der digitale Direktemp-
(in Deutschland = Bildschirmtext-)Angebot aus – historisch          fang per Satellit vor Kabel und terrestrischer Übertragung
betrachtet, ein Schritt zurück zu den statischen Zeichen auf        mittels DVB-T.
dem Bildschirm, von der Anwendung her jedoch erstmals die
Möglichkeit der persönlichen Auswahl von Dokumenten im              Die CeBIT-Home in Hannover 1998 gab den Startschuss
elektronisch verbreiteten Informationsangebot. Im folgen-           eines sogenannten Modellversuches für DVB-T. Der Versuch

                                                                9
IPTV – Über Internet anders fernsehen?!

war zunächst auf die niedersächsische Landeshauptstadt              Fernsehen in Europa interessierten Industriekreise, ent-
und auf die Programme RTL, SAT.1, ARD und ZDF sowie                 wickelt. Am 19. September 2001 einigten sich ARD, ZDF, RTL
einige Hörfunkprogramme beschränkt. Er sollte bis 1999              und die Landesmedienanstalten vertraglich mit der Kirch-
laufen und dann auf ein Sendegebiet von Braunschweig bis            Gruppe auf MHP als Kernelement des digitalen Fernsehens
Bremerhaven und möglicherweise Hamburg ausgeweitet                  in Deutschland. Der bis dahin meist-verkaufte DVB-Decoder
werden. Damit war der Auftakt für die Ablösung der                  der KirchGruppe, die d-Box, verlor an Bedeutung, der freie
analogen terrestrischen TV-Distribution gegeben.                    Wettbewerb der Hersteller von DVB-konformen Decodern
                                                                    mit und ohne MHP entfaltete sich. Dennoch muss man fest-
                                                                    stellen, dass sich MHP in Deutschland, im Gegensatz zu
1.3 TV-Multimedia: Ein neues Zeit-                                  anderen europäischen Ländern, nicht durchgesetzt hat. Das
    alter?                                                          heute empfangbare Angebot an MHP-Applikationen be-
                                                                    schränkt sich nur noch auf einige wenige Aktivitäten seitens
Die CeBIT-Home 1996 zeigte die ersten Prototypen für                der öffentlich-rechtlichen Programmanbieter.
Multimedia-Geräte: Die Akzeptanz von PCs mit TV-Karten
sowie TV-Geräten mit PC-Merkmalen wurde im Publikum                 Rund 50 Prozent der bundesdeutschen Haushalte verfügen
getestet. Siemens stellte seinen Multimedia-PC „Scenic“             über einen Breitbandanschluss – und das ist eine wesent-
vor, Loewe den Multimedia-Fernseher „Xelos@Media“. TV-              liche Voraussetzung für den Empfang von IPTV. Am 19. Mai
Empfang, Heimkino, Online-Dienste, Einkaufen, Lernen,               2006 kündigten Premiere und die Deutsche Telekom an, die
Wissen und Spiele sollten die „Couch Potatoes“ dazu                 Fußball-Bundesliga ab der Saison 2006/2007 per IPTV zu
bewegen, sich im Sessel nach vorn zu lehnen und zu                  übertragen. Drei Millionen Zuschauer sollten den neuen
interagieren. Die Deutsche Telekom bot 1997 im Projekt              Dienst empfangen können. Die Stiftung Warentest schrieb
„Interaktives Fernsehen“ im Großraum Köln/Bonn Video-on-            im Februar 2007 über T-Home, das IPTV-Angebot der
Demand über eigene Breitbandkabelanschlüsse an. Das                 Deutschen Telekom: „Fazit: Das ist Technik von vorgestern.
Unternehmen baute im Hyperbandbereich dieser Netze 15               Beim Update muss T-Home dringend nachbessern, wenn die
Kanäle für digitale Dienste aus – ausreichend für bis zu 150        schöne neue Medienwelt auch morgen noch funktionieren
Programme der Kategorie Fernsehen oder Interaktion.                 soll.“1

Der französische Programmanbieter CANAL+ bot 1996 als
europäische Premiere interaktive Dienste im Rahmen seines           1.4 Begriffs-Wirrwarr: Rund um IPTV,
Programmpakets über ASTRA an. 1997 wurden Multimedia-                   iTV, Web -TV, Internet-TV und
Anwendungen im Kompressionsstandard MPEG-4 standar-                     Video - on-Demand
disiert. Die Satellitenbetreiber erweiterten ihre Angebote
um Daten und Multimediadienste. Asymmetrische Zwei-                 Von der Historie zum Begrifflichen. Vorab: Mit den vier
Wege-Kommunikation unter Nutzung des Festnetz-Telefon-              Buchstaben ist es wie mit vielen ähnlichen Abkürzungen im
anschlusses für den Rückkanal wurde zwar zur Marktreife ge-         Hightech-Bereich – ganz klar, und das für alle, ist eigentlich
trieben, aber nur schwach nachgefragt.                              nichts, zumindest bisher. Die Palette der Einschätzungen
                                                                    zum Thema „Definition“ reicht von einem eher offenen, sehr
Während der IFA 1999 wurde der Öffentlichkeit erstmalig die         liberalen Verständnis für verschiedenste Variationen im
für Set-Top-Boxen entwickelte Multimedia Home Platform              bewegtbildigen Bereich bis hin zum teils eher apodiktischen
(MHP) vorgestellt. MHP ist ein offener und europäisch               Versuch der Normierung eng begrenzter Tatbestände durch
normierter Standard, mit dem der Zuschauer, unabhängig              Unternehmen, Verbände oder andere Institutionen.
vom jeweiligen Decoder, alle multimedialen und inter-               Gehen wir einmal leidenschaftslos an das Thema „Definition“
aktiven Anwendungen nutzen kann. MHP wurde vom DVB-                 heran. IPTV ist zunächst ganz nüchtern Fernsehen über das
Konsortium, einem Zusammenschluss aller am digitalen                Internet-Protokoll (IP), Fernsehen über das Internet.

                                                                    1
                                                                        http://www.stiftung-warentest.de/online/computer_telefon/meldung/1507933/

                                                                        1507933.html

                                                               10
TV: Vom „Radio für die Augen“ zu „flach, interaktiv und überall“ – IPTV?

Was heißt das konkret? Es gäbe zwei große Gruppen von                der Zukunft wird völlig anders aussehen“ schwanken, je
möglichen Definitionen:                                              nach Blickwinkel und Interessenlage, sind die TV-Inhalte
                                                                     dabei, sich zu verändern. Zwei Beispiele:
Definition „Fernsehen wie bisher – über IP“
                                                                     • Video-on-Demand: Bereits in den frühen neunziger Jahren
Mit IPTV verbinden manche Experten heute vor allem ein                 wurde von Video-on-Demand geträumt, jetzt wird es mehr
Produkt, das die Verlegung des etablierten, klassischen                und mehr möglich. Es löst durchgängige lineare Pro-
Rezeptionsmodells des Fernsehens auf eine andere Distri-               grammformen auf, obwohl stundenweise innerhalb des
butionsplattform auf der Basis einer anderen Technologie               VoD durchaus noch linearer Inhalt „gesendet“ wird, wenn
darstellt – Fernsehen der gewohnten, bisherigen Bauart auf             auch nur noch an einen einzelnen Empfänger. Demnach
der Infrastruktur des IP-Netzes, von einigen Fachleuten                könnten auch Inhalte im Internet wie Videoclips einer
sogar noch weiter eingegrenzt als „innerhalb eines tech-               solchen umfassenden IPTV-Definition hinzugerechnet
nisch abgegrenzten, geschlossenen, proprietären Systems“,              werden. Die Video-Website YouTube verzeichnete mit
bei dem der Nutzer gesondert Eintritt zahlen muss.                     ihrem Video-Clip-on-Demand-Angebot knapp ein Jahr
                                                                       nach dem offiziellen Start über 100 Millionen Abrufe von
Dies ist eine enge Definition, die den Vorteil hat, dass sie           Videoclips täglich. Inhalteanbieter und Programmver-
leicht überschaubar ist und auch in ihren Implikationen für            anstalter aus der TV-Branche nutzen heute verstärkt diese
Inhalte, Technik, Marketing und Regulierung leichter dis-              „IPTV-Plattform“, um Web-Nutzern ihre Fernsehinhalte
kussionsfähig als breitere Definitionen. Sie ist technikaffin          am PC zugänglich zu machen. Auch die „Mediathek“ des
und bezieht sich auf die Technik der Verteilung der Fernseh-           ZDF fällt in diese Rubrik.
signale, stellt sich damit auf eine definitorische Ebene wie
Kabel-Fernsehen oder Satelliten-Fernsehen, unterhalb des             • Interaktives Fernsehen: Interaktivität könnte IPTV den
generischen Begriffs „Fernsehen“.                                      entscheidenden Mehrwert geben, neben und statt tradi-
                                                                       tionellem „Rundfunk“ langfristig hohe Bedeutung zu er-
Definition „offen für die Zukunft“                                     langen. Interaktives Fernsehen und dessen Vorteil,
                                                                       Zuschauer direkt in das Programmgeschehen einzubinden,
Allerdings ist es kaum zu vermeiden, dass angesichts der               ist schon lange ein Thema der Inhalteanbieter und Tele-
medialen Charakteristika des Internets und der mit                     kommunikations-Carrier. Schon in den 1960er Jahren war
Sicherheit absehbaren Entwicklungen zu mehr Interaktivität             es in der Sendung „Der goldene Schuss“ möglich, über das
auch neue Aspekte wie „on-demand“ – Bereitstellung                     Telefon als Rückkanal das TV-Geschehen zu beeinflussen,
von Programm nur auf konkrete, einzelne Anfrage – und                  wenn auch nur als eine einzelne Person. Individueller wird
vor allem verschiedenste Formen der Interaktivität am                  Interaktion im Teletext genutzt, dort kann jeder Zu-
und um das Fernsehgerät in die Definition von IPTV hinein              schauer seine „eigenen“ Informationen abrufen.
wachsen – IPTV als generischer Oberbegriff für vieles Neue,
und vieles unterschiedliche Bewegtbildige im Internet.                 Der Zuschauer kennt also Interaktion am TV, wenn auch
Bei diesem offenen definitorischen Ansatz greifen Differen-            in einer anderen Intensität als am PC. Im Moment
zierungen von IPTV gegenüber Bezeichnungen wie Web-TV                  befinden wir uns noch in getrennten Welten: Auf der
oder Internet-TV, TV-over-Web oder TV-over-Internet kaum.              einen Seite die klassische lineare Fernsehwelt über eine
Für viele Beobachter gibt IPTV nur dann Sinn, wenn Mehr-               unidirektionale Infrastruktur, die den Zuschauer in eine
werte zugefügt werden, die IPTV zu einem anderen Produkt               passive, sogenannte „lean-back“ Position bringt, in der er
als tradiertes Fernsehen machen, wie z. B. On-Demand-                  sich durch das Programm führen lässt. Auf der anderen
Funktionen oder andere interaktive Elemente, weit über                 Seite sucht der Medien-Konsument im Internet aktiv,
eine enge technische Definition hinaus. Obwohl die Meinun-             „lean-forward“ nach Themen und Formaten, die seinem
gen zwischen „alles bleibt so wie es ist“ und „das Fernsehen           Geschmack entsprechen, sei es TV-over-Web oder Video-

                                                                11
IPTV – Über Internet anders fernsehen?!

  clip-Portale. Das Stichwort lautet hier Web 2.0 mit all                             IPTV, Fernsehen der Zukunft, Web-TV und Internet-Fern-
  seinen Möglichkeiten, aber auch die Schaffung von ei-                               sehen parallel und synonym verwendet.
  genem Content. Das IPTV der ersten Generation hat der-
  artige Gestaltungselemente des Internets noch nicht                                 Für den Nutzer sind die vielfältigen Unterscheidungs-
  umgesetzt. Diese müssen erst den Weg in die Wohnzimmer                              möglichkeiten weder verständlich noch nachvollziehbar –
  der Nutzer finden, voraussichtlich eingebettet in eine                              ihm geht es um einen eindeutig erkennbaren Mehrwert, sei
  komfortable Nutzeroberfläche wie einen elektronischen                               es des Geräts oder der Inhalte. Dementsprechend hat sich
  Programmführer (EPG), damit die typischen TV-Zuschauer                              von allen Begriffen und Abkürzungen rund um das Fern-
  nicht vom „Information Overload“ überfordert sind.                                  sehen der Zukunft – aus Sicht des Jahres 2007 jedenfalls –
                                                                                      IPTV bisher weitestgehend durchgesetzt und wird daher in
  War in den vergangenen Jahren die Definition eines inter-                           dieser Broschüre als Oberbegriff für alle neuen Dinge, die
  aktiven Fernsehens der Zukunft als iTV getrennt von der                             auf uns zukommen mögen, verwendet.
  Definition von IPTV als Distribution von TV über IP, so
  dürfte – jedenfalls nach dieser Auslegung – durch die                               Einen denkbaren Migrationspfad für die Weiterentwicklung
  rasante Entwicklung des IPTV aufgrund der geschilderten                             von Fernsehen zeigt die folgende Abbildung: Die klassische
  Entwicklung voraussichtlich auch iTV begrifflich bald                               Fernsehwelt vor den Entwicklungen im Internet zeigt Punkt 1.
  durch IPTV eingefangen werden.                                                      Die momentane Entwicklung wird in Punkt 2 beschrieben
                                                                                      mit einem aufkeimenden IPTV-Angebot, dass zunächst nur
Für die offene IPTV-Definition spricht auch der in den                                eine Distributionsplattform darstellt, jedoch zunehmend
Medien bereits vorherrschende diffuse Sprachgebrauch,                                 interaktive, lean-forward-Elemente integriert. Punkt 3 ist
gegen den definitorische Abgrenzungen von Experten-                                   der Beginn der Konvergenz beider Welten als IPTV der
gremien vermutlich kaum noch ankommen können. In einem                                nächsten Generation, als „New TV“.
Leitartikel der W & V vom 20. September 2007 werden z. B.

                                                               Entwicklung der Medienkonsumkonzepte
                    100 %

                                                                     TV over Web
                       TV Entertainment-Reichweite

                                                                     (Lean Forward)

                                                                                                            New TV
                                                                                                          (Lean Back &
                                                         TV                                               Lean Forward)
                                                     (Lean Back)

                                                                                 IPTV
                                                                              (Lean Back)

                                                     1         2                            3                                 t

                    Abbildung 1 – Der Weg zu „New TV“?

                                                                                 12
2. Gastkommentar: IPTV zwischen Technologie, Inhalten und Nutzen –
   Eine Einschätzung seiner Charakteristika und Chancen
   Ulrich Freyer, Analyst für Medientechnik, Köln, zuvor Leiter der Technik bei der Landesanstalt für Medien NRW, Düsseldorf

Die Übertragung von Inhalten in Netzen erfordert stets de-             Interaktivität: Systembedingt handelt es sich bei DSL um
finierte „Spielregeln“, nämlich Übertragungsprotokolle, da-            Sternnetze, jeder Teilnehmer steht also über eine eigene
mit auf der Empfangsseite die gewünschten Inhalte über-                Leitung mit der einspeisenden Stelle in Verbindung. Damit
haupt verfügbar gemacht werden können. In der digitalen                ist es möglich, Interaktivität optimal zu realisieren. Bei DVB
Fernsehwelt waren bisher die in den DVB-Standards fest-                über Terrestrik, Kabel oder Satellit kann auf alle Angebote
gelegten Protokolle von Bedeutung, und zwar für die                    gleichzeitig zugegriffen werden, weil sie frequenzgestaffelt
typischen Übertragungswege Terrestrik, Kabel und Satellit.             zur Verfügung stehen. Der Empfänger muss lediglich auf die
Mittlerweile gibt es zu DVB eine „Konkurrenz“, nämlich das             entsprechende Frequenz des gewünschten Angebots einge-
Internet-Protokoll. Dieses ist für das Internet als Über-              stellt werden. Diese komfortable Situation ist bei IPTV über
tragungsprotokoll verbindlich vorgegeben, kann aber grund-             DSL nicht gegeben, weil bei diesem Verfahren im Regelfall
sätzlich auch für jedes andere Netz genutzt werden. Bei der            nur jeweils ein Angebot zum Teilnehmeranschluss gelangt.
Übertragung von Fernsehen mit Hilfe des Internet-Pro-                  Lediglich bei DSL-Anschlüssen mit Datenraten von 16
tokolls wird die Bezeichnung IPTV verwendet. Diese be-                 Mbit/s und mehr können auch zwei oder mehr Angebote
inhaltet allerdings keine Aussage zum verwendeten Über-                gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Unabhängig von
tragungsweg. Aktuell erfolgt der Einsatz von IPTV vor allem            dieser Variante besteht jedoch bei IPTV über DSL stets die
über DSL-Anschlüsse mit Datenraten von 6 Mbit/s und mehr.              Notwendigkeit, jedes Angebot bei der zentralen Einspeise-
Damit ist stationärer Empfang und der Einsatz großer Bild-             stelle durch einen Bedienvorgang anzufordern, was man als
schirme möglich, also solche mit Bildschirmdiagonalen von              „Programme-on-Demand“ bezeichnen kann. Von dort wird
80 cm und mehr, bezogen auf das Bildformat 16:9. Dies ist              dann das gewünschte Programm über die individuelle
ein wichtiger Unterschied zu der meist als Web-TV be-                  Leitungsverbindung freigeschaltet.
zeichneten IPTV-Form über das Internet, bei dem Live-Über-
tragungen nur für kleinere Bildschirme geeignet sind.                  Bedingt durch das Funktionskonzept von IPTV über DSL ist
                                                                       die für den Rundfunk bisher typische Anonymität der Nut-
DVB und IPTV sind in ihrer Übertragungstechnik sehr ähn-               zung nicht mehr gegeben. Es kann vielmehr präzise doku-
lich. Beide Verfahren arbeiten mit Datenpaketen, also                  mentiert werden, welches Programm bzw. welchen Dienst
Datenrahmen, die stets einen Kopf (Header) als Adressteil              der Teilnehmer zu welchen Zeiten gesehen bzw. genutzt hat.
und einen Inhalt (Payload) als zu übertragenden Inhalt auf-            Aus betrieblich-technischen Gründen werden diese Daten
weisen. Bei DVB wird allerdings mit Datenrahmen kon-                   beim Anbieter auf jeden Fall gespeichert. Es kommt deshalb
stanter Länge gearbeitet, während die Datenrahmen bei                  auf die strikte Einhaltung des Datenschutzes an, um miss-
IPTV variable Länge aufweisen. Trotz dieser Ähnlichkeit sind           bräuchliche Nutzung der Daten zu verhindern.
DVB und IPTV nicht kompatibel. Dies bedeutet für den
Nutzer als Teilnehmer, dass unterschiedliche Empfangs-                 Bedingt durch das Netzkonzept besteht bei IPTV über DSL
geräte wie z. B. Set-Top-Boxen erforderlich sind, was sich             die eindeutige Adressierung jedes Teilnehmeranschlusses.
bei einem Umstieg von DVB auf IPTV auf der Kostenseite                 Dennoch erfolgt im Regelfall zusätzlich eine Verschlüsse-
bemerkbar machen würde. Mit IPTV über DSL können alle                  lung der Programme, damit auf dem Leitungsweg zum Teil-
Angebote übertragen werden, die auch bei DVB möglich                   nehmeranschluss ein unbefugter Zugriff auf die übertra-
sind. Dies schließt auch das hoch auflösende Fernsehen                 genen Programme keine Wirkung hat. Dies gilt neben den
(HDTV) ein. Bei gleicher Datenrate stellt der Nutzer keine             Bezahlprogrammen (PayTV-Programmen) auch für die eigent-
Unterschiede in der Bild- und Tonqualität zwischen IPTV                lich frei empfangbaren Programme (FTA-Programme). Der
über DSL und DVB fest. Es gibt jedoch zwei wichtige                    Teilnehmer benötigt deshalb eine für IPTV geeignete Set-
Unterschiede zwischen IPTV über DSL und DVB. Sie be-                   Top-Box, die entsprechende Entschlüsselung ermöglicht.
treffen einerseits die Interaktivität und andererseits den
Zugriff auf die Angebote (Programme und Dienste):

                                                                  13
IPTV – Über Internet anders fernsehen?!

Wegen der Adressierung und Verschlüsselung kommt bei                 Box, die eindeutige Adressierbarkeit, die nicht mehr gege-
IPTV über DSL verstärkt das Digital Rights Management                bene Anonymität der Nutzung und die Beschränkung bei
(DRM) zum Einsatz. Darunter sind alle Vorgaben über die              Kopien von Programmbeiträgen durch das Digital Rights
Aufzeichnung von Programmbeiträgen, die Erstellung von               Management (DRM). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass
Kopien sowie die Abspielmöglichkeiten für aufgezeichnete             sich der DSL-Anschluss (= Telefonanschluss) üblicherweise
und kopierte Programmbeiträge zu verstehen. Die Auf-                 nicht in der Nähe des Fernsehgerätes befindet. Es muss des-
zeichnung kann mit einem in der Set-Top-Box integrierten             halb im Regelfall die Verlegung von Kabeln und/oder der
digitalen Videorecorder, einem PVR als Festplattenspeicher,          Einsatz von WLAN-Technik als kostenrelevante Maßnahme
oder einem im Netz vom Anbieter bereitgestellten PVR                 eingeplant werden. Dabei spielt es ebenfalls eine Rolle, ob
erfolgen. Der Umfang des DRM hängt von den Vorstellungen             nur ein Fernsehgerät versorgt werden soll oder auch Zweit-
der Inhaber der Urheberrechte ab. Die aus der analogen Welt          und Drittgeräte. Auf der Habenseite von IPTV über DSL steht
gewohnte Freiheit des Aufzeichnens und Kopierens erfährt             die theoretisch unbegrenzte Möglichkeit der Übertragung
durch DRM stets Einschränkungen. Dabei kann es sich um               von Programmen und Diensten sowie die vom jeweiligen
die Zahl der zulässigen Kopien (im Grenzfall sind Kopien             Netzbetreiber angebotene Interaktivität.
nicht erlaubt) handeln und/oder um die Festlegung, ge-
speicherte Programmbeiträge nur über den PVR in der eige-            Abschließend ist feststellbar, dass IPTV über DSL als neue
nen Set-Top-Box abspielen zu können.                                 Technologie nur dann ausreichende Akzeptanz erreichen
                                                                     kann, wenn die angebotenen Inhalte vielfältig sind und die
Netze für IPTV über DSL sind medienrechtlich Kabelnetze.             Teilnehmer, basierend auf ihren individuellen Vorstellungen,
Es gelten deshalb auch bei diesen prinzipiell die rechtlichen        zu einer positiven Kosten-Nutzen-Relation kommen.
Vorgaben für digitale Kabelnetze. Da jedoch die Nutzung
von IPTV über DSL derzeit noch marginal ist, sind die An-
forderungen bis auf weiteres nicht relevant. Erst bei
steigender Marktpenetration ändert sich diese Situation.

Zugriff auf die Angebote: Gegenüber DVB über DVB-C hat
IPTV über DSL den Vorteil, dass hier theoretisch beliebig
viele Programme und Dienste bereitgestellt werden können,
während bei Kabelnetzen stets eine Begrenzung durch die
Bandbreite gegeben ist, also nur eine definierte Zahl von
Kanälen realisiert werden kann. Dieser Fakt erleichtert die
Vermarktung neuer Programme und Dienste. Außerdem
entfällt bei IPTV über DSL die bei Kabelnetzen vorhandene
Aufgabenstellung des Analog-Digital-Übergangs, weil IPTV
über DSL ausschließlich digital arbeitet.

Nutzen für den Teilnehmer: Da sich IPTV über DSL durch-
aus als interessante Variante zum Kabelnetzanschluss
anbietet, stellt sich für jeden Teilnehmer die Frage nach dem
für ihn möglichen Nutzen. Dieser hängt sicherlich primär
von den inhaltlichen Angeboten, aber auch von den ver-
schiedenen Randbedingungen und den auftretenden Kosten
ab. Bei Letzteren sind Investitionskosten, Installations-
kosten und monatliche Betriebskosten zu unterscheiden.
Zu den eher ungünstigen Randbedingungen gehören die
Notwendigkeit der Beschaffung einer IPTV-fähigen Set-Top-

                                                                14
3. Beispiele für IPTV im Ausland: Was geht woanders bereits und wie?
    Was können wir daraus lernen? Ein Überblick
Die Erfahrungen mit vielen Märkten im Bereich der                   Beispiel PCCW
Informationstechnik, der Telekommunikation und der Neuen            PCCW übernahm im Jahr 2000 Hong Kong Telecom und
Medien zeigen, dass ganz häufig Entwicklungen erst Jahre            erhielt dadurch erst Zugriff auf die Telefon-Infrastruktur
später hier beginnen und dann noch viele Grundsatzfragen            in Hongkong. Aus einem erfolglosen VoD-Angebot, das
neu gestellt werden. Insoweit tendieren viele Berater und           2002 eingestellt wurde, konnten wichtige Lehren gezogen
Unternehmen immer häufiger dazu, sich frühzeitig im Aus-            werden. Als problematisch erwiesen sich die „Quality of
land umzuschauen und zu lernen, selbst wenn die Dinge               Service“ sowie der Preis der Set-Top-Boxen. Im September
mitunter nicht völlig vergleichbar erscheinen – „best               2003 führte PCCW sein IPTV-Angebot „Now Broadband TV“
practices“ als Schlagwort. Auch im Fall von IPTV bietet sich        (Now TV) ein. PCCW versucht damit, dem wachsenden
trotz aller möglichen Einwände diese Vorgehensweise an,             Wettbewerbsdruck auf dem liberalisierten Markt für Breit-
um Tunnelblicke zu vermeiden.                                       bandanschlüsse entgegenzuwirken. Now TV verfolgt eine
                                                                    klare Strategie. Kunden sollen durch ein Bundle-Angebot
Die IPTV-Märkte in Asien und Europa verzeichnen große               mit dem Breitbandanschluss langfristig an PCCW gebun-
Dynamik und Marktdurchdringung. In Europa hat Frankreich            den werden. Der Erfolg der Strategie und die Attraktivität
mit 1,2 Millionen Nutzern eine beachtliche Größe erreicht,          des Produkts spiegeln sich sowohl in den hohen Abon-
Anfang November 2006 startete in der Schweiz das IPTV-An-           nentenzahlen als auch in der hohen Haushaltspenetration
gebot „Blue-winTV“ mit heute 40.000 Kunden. Im Folgen-              von 80 Prozent unter den PCCW-Kunden wider. Jedoch
den werden beispielhaft die IPTV-Märkte in Hongkong,                nutzt rund ein Drittel der Kunden, die eine Set-Top-Box
Frankreich, in der Schweiz und Japan hinsichtlich ihrer Rah-        installiert haben, nur das kostenlose Programmangebot.
menbedingungen beschrieben und der jeweils interessan-              Trotzdem lohnt sich die Vermarktung von Breitband-
teste Anbieter vorgestellt.                                         anschluss und IPTV als Gesamtpaket, da PCCW mit der In-
                                                                    tegration des IPTV-Dienstes höhere Preise für seinen
                                                                    Breitbandanschluss verlangen kann.
3.1 Hongkong: Vorreitermarkt in Asien
                                                                    Now TV kann auch von Kunden anderer Internetprovider
Hongkong zeichnet sich durch eine hohe Bevölkerungs-                als PCCW bestellt werden. Dann entstehen jedoch ein-
dichte aus. Die Bebauung mit großen Appartementkom-                 malige Gebühren für die Installation und weitere erheb-
plexen ermöglicht eine starke Durchdringung mit Breitband-          liche monatliche Gebühren. Diese fallen bei Abschluss
anschlüssen. Das macht Hongkong zu einem attraktiven                eines PCCW-Internetanschlusses weg. Verfügbar ist der
Markt für IPTV. Der mit Abstand größte Anbieter auf dem             IPTV-Service ab einer Bandbreite von 3 Mbit/s. Der Kunde
IPTV-Markt heißt Pacific Century Cyberworks (PCCW) mit              kann den IPTV-Service über das Internet, das Telefon oder
758.000 IPTV-Kunden. Eine ähnlich starke Kundenbasis im             in einem PCCW-Shop bestellen. Laut PCCW ist der obliga-
TV-Bereich hat nur der Kabelnetzbetreiber i-Cable, der              torische Installationsservice vier Tage nach Auftrags-
momentane Marktführer bei PayTV. Trotz seiner relativ               eingang verfügbar. Dieser liefert die proprietären Geräte
geringen Einwohnerzahl von 7 Millionen Menschen ist Hong-           (Set-Top-Box und Modem) und schließt sie auch an. Pro-
kong der zweitgrößte IPTV-Markt der Welt. Die Penetrations-         blematisch ist, dass nur eine Set-Top-Box und ein
rate von PayTV betrug 2003 schon 30 Prozent, was auch auf           Fernsehgerät an einem Modem betrieben werden können,
die geringe Auswahl an kostenlos empfangbaren Pro-                  so dass für einen weiteren Fernseher ein weiterer
grammen sowie die damit verbundene höhere Zahlungs-                 Breitbandanschluss notwendig wäre. Große Flexibilität
bereitschaft zurückzuführen ist. Der große Erfolg des IPTV-         genießt man hingegen beim Programm. Jeder Sender kann
Angebots von PCCW ist auf das Unterbieten des hohen Preis-          auf Monats-, Halbjahres- oder Jahresbasis bestellt
niveaus von i-Cable und dessen behäbige Reaktion auf das            werden. Längere Laufzeiten sind dabei deutlich günstiger.
flexiblere Angebot von PCCW zurückzuführen.                         Die Bestellungen verlängern sich am Ende der Laufzeit
                                                                    automatisch, so dass ggf. eine Kündigung notwendig ist.

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IPTV – Über Internet anders fernsehen?!

  Eine Einschränkung im Vergleich zu anderen IPTV-An-                   Technologieberatung vermarktet wird. Die Systemplatt-
  geboten ergibt sich beim zeitversetzten Fernsehen: Ein                form garantiert Kostenvorteile und Schutz vor „Schwarz-
  Stoppen und späteres Weiterschauen des aktuellen Pro-                 sehern“. Das Management der Nutzungsrechte liegt
  gramms ist bei den normalen TV-Programmen nicht mög-                  nicht in der Set-Top-Box, sondern im „DSL-Verteiler-
  lich, sondern lediglich bei „on-Demand“-Programmen.                   knoten“ (DSLAM). Auch das Digital Rights Management
                                                                        ist dort verankert, so dass Piraterie laut PCCW kein Pro-
  Die Attraktivität des Angebots resultiert aus drei wesent-            blem ist – ein Vorteil für die Verhandlungsposition
  lichen Faktoren:                                                      gegenüber Programmlieferanten. Die Folgen sind neben
                                                                        niedrigeren Bezugskosten die Verhandlung von Exklu-
  • Attraktives Programmangebot – Der Großteil der 131                  sivrechten.
    Programme sind Premiumkanäle, mehr als 50 davon
    werden exklusiv angeboten. Für einige Exklusivrechte            Ausblick: Um den Erfolg zu sichern, muss PCCW auch in Zu-
    (wie z. B. Fußballübertragungen) wurde der bisherige            kunft Mehrwerte wie interessante Inhalte und neue, ex-
    Rechteinhaber i-Cable überboten, andere Inhalte, wie            klusive Features offerieren. Auf technischer Seite ist für das
    die des amerikanischen PayTV-Anbieters HBO, werden              zweite Halbjahr 2007 die Einführung von HDTV geplant. Un-
    erstmalig in Hongkong ausgestrahlt. Das Programman-             geklärt ist allerdings, wer die Kosten für die Anschaffung
    gebot konzentriert sich neben ausländischen Premium-            neuer HDTV-fähiger Set-Top-Boxen trägt und ob ausreichend
    kanälen auch auf lokal produzierte Inhalte. Um das An-          HDTV-Programm zur Verfügung steht, welches die Kunden zu
    gebot an einheimischen Produktionen zu stärken, werden          einem Wechsel auf höhere Bandbreiten bewegt. Zudem ver-
    teilweise Programmpakete von kleineren spezialisierten          sucht PCCW, sich gegenüber den klassischen PayTV-Anbie-
    PayTV-Anbietern vertrieben.                                     tern durch den verstärkten Einsatz von interaktiven Kanälen
                                                                    zu profilieren: Es gibt einen Shoppingkanal für Merchandis-
  • Günstiges Preismodell – Um Neu- und Bestandskunden              ingartikel, einen Kanal mit Videospielen sowie Kanäle, über
    langfristig an PCCW zu binden, fallen für Kunden beim           die man Essen oder Kinokarten bestellen kann. Diese Kanäle
    Abschluss eines längerfristigen Breitbandvertrages (12          bieten gezielt Dienste und Informationen wie sie der
    - 18 Monate) keine Kosten für Set-Top-Box und Installa-         Benutzer sonst nur aus dem Internet kennt. Eine andere
    tion an. Auch beim Preismodell hat PCCW versucht, die           technische Neuerung ist die Übertragung von Fernseh-
    Einstiegskosten für seine Kunden so gering wie möglich          inhalten des IPTV-Angebotes auf mobile Endgeräte wie
    zu halten. Neben einer großen Auswahl von PayTV-                Mobiltelefone – die Verlängerung der Nutzungserfahrung „zu
    Kanälen stehen dem Kunden 23 kostenlose Sender zur              Hause“ in einen mobilen Kontext. So überträgt PCCW unter
    Verfügung. Jeder Fernsehkanal ist einzeln abonnierbar.          dem Namen „Now on mobile“ neben Nachrichten- und Fi-
    Das kundenfreundliche Preismodell ohne Mindestab-               nanzkanälen auch große Live-Sportveranstaltungen.
    nahme senkt die Eintrittshürde – ein großer Vorteil
    gegenüber dem langjährigen PayTV-Marktführer i-Cable,
    der erst langsam sein Preissystem von Gesamtpaketen             3.2 Frankreich: Weltweit größter
    zu kleineren Programmpaketen umstellt.                              Markt für IPTV

  • Zuverlässigkeit der Übertragung – PCCW profitiert von           Der französische IPTV-Markt ist weltweit zur Zeit der größ-
    den Erfahrungen seines VoD-Projektes. Um die Stabilität         te Markt. Ende 2006 verzeichneten die drei wesentlichen
    des Systems zu gewährleisten, wurde 2003 der Betrieb            Konkurrenten zusammen rund 1,2 Millionen Kunden. Dabei
    zunächst mit nur 23 Sendern aufgenommen und die                 liegt das Angebot des ehemaligen staatlichen Monopolisten
    Senderanzahl sukzessive auf 131 erweitert. Zudem wird           France Telecom (Orange TV) mit 590.000 Kunden deutlich
    eine technisch solide Set-Top-Box verwendet – ohne              vor den IPTV-Angeboten von Iliad (Freebox TV) und Neuf-
    Aufnahmefunktion und Empfang von HDTV. Einen weite-             Cegetel (neufTV) mit jeweils ca. 300.000 Kunden – die Toch-
    ren Erfolgsfaktor stellt die selbst entwickelte System-         tergesellschaft der Deutschen Telekom (Club Internet) mit
    plattform dar, die von PCCW durch die firmeneigene              geschätzten 40.000 IPTV-Kunden wurde im Mai 2007 an

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Beispiele für IPTV im Ausland: Was geht woanders bereits und wie? Was können wir daraus lernen? Ein Überblick

Neuf-Cegetel verkauft. Orange TV und Freebox TV sind be-           offiziellen Angaben bereits 740.000 Kunden das IPTV-
reits seit Dezember 2003 auf dem Markt, neufTV folgte              Angebot Orange TV (zwölf Monate zuvor waren es nur
knapp ein Jahr später. Alle Anbieter betreiben eigene              229.000 Kunden).
Breitbandnetze, meist auf dem schnellen ADSL2+-Standard,           Ähnlich wie in Deutschland wird das IPTV-Paket zu-
aber nutzen im dicht besiedelten Großraum Paris auch               sammen mit einer Telefon-Flatrate und einem Breitband-
Glasfaserleitungen. Sie können auf der letzen Meile zum            anschluss vertrieben. Die Datenübertragungsrate liegt
Kunden auf einen entbündelten Anschluss zurückgreifen, so          wahlweise bei 8 Mbit/s oder bei 16 Mbit/s, wobei der
dass der Endkunde keinen Telefonanschluss von France               Preisunterschied bei 5 € liegt. Neukunden können das
Telecom benötigt.                                                  DSL-Modem entweder für die Nutzungsdauer gegen eine
                                                                   monatliche Gebühr mieten oder zu Beginn kaufen. Die
In Frankreich haben weitere Faktoren die positive Entwick-         Set-Top-Box für den IPTV-Empfang ist hingegen kostenlos
lung des Gesamtmarkts begründet: Der bisher eher geringe           bzw. erfordert nur die Hinterlegung einer Kaution in Höhe
Umfang kostenloser Fernsehprogramme, die geringe Pene-             von 49 €. Diese Basisausstattung erhält der Kunde im
tration von Kabelnetzen, die für weniger als 30 Prozent der        Orange Shop oder kann sie per Internet oder Telefon nach
Haushalte verfügbar sind sowie ein Verbot des Anbringens           einer Verfügbarkeitsprüfung bestellen. Laut France Tele-
von Parabolantennen an Gebäuden in Ballungsgebieten.               com wird der Anschluss binnen zwei Wochen freigeschal-
Letzteres ist der Grund, weshalb die IPTV-Anbieter Koope-          tet. Die Neukunden können sich für 99 € das Paket von
rationen mit den Satellitenanbietern eingehen und von der          einem Techniker installieren lassen oder dieses selbst
Bekanntheit und Qualität der Satellitenbouquets profitieren        erledigen. Dabei wird die Set-Top-Box mittels eines Ether-
konnten.                                                           netkabels mit dem Modem verbunden. Da das Modem nicht
                                                                   zwingend in der Nähe des Fernsehers steht, kann man
Die Situation bezüglich frei empfangbarer Programme hat            gegen einen Aufpreis auch das sogenannte Liveplug ver-
sich allerdings mit der Einführung des digitalen terres-           wenden. Hierbei werden die Fernsehsignale innerhalb der
trischen Fernsehens mit 18 kostenlosen Programmen ge-              Wohnung durch Stromleitungen übertragen. Die Ein- und
ändert.                                                            Ausspeisung findet über Steckdosen statt. Für den An-
                                                                   schluss von Fernseher und Peripheriegeräten stehen zwei
Einen positiven Einfluss auf die Verbreitung und die Preise        SCART-Anschlüsse in der Set-Top-Box zur Verfügung. Der
der Breitbandanschlüsse hat auch die französische Re-              Empfang von HDTV und digitale Aufnahmefunktionen
gulierungsbehörde gehabt. Sie hat niedrige Preise und den          (PVR) sind nur in Kombination gegen Aufpreis möglich,
entbündelten Netzzugang durchgesetzt, so dass Kunden               wobei der Kunde eine neue Set-Top-Box erhält. Diese
vom starken Wettbewerb profitieren. Niedrige Margen im             bietet neben der Aufnahmefunktion auch die Möglichkeit,
Anschlussgeschäft zwingen die Wettbewerber, zusätzliche            das Programm jederzeit bis zu einer Stunde zu stoppen,
Einnahmen aus Mehrwertdiensten zu generieren. Ein wei-             um es anschließend zeitversetzt weiter zu schauen. Der
terer Aspekt ist die Konzentration der Bevölkerung auf             HDTV-Empfang ist nur über ein entsprechendes Fern-
Ballungszentren, so dass die Investitionen pro Anschluss           sehgerät möglich. Für Kunden, die nur den PVR nutzen
gering ausfallen. Dieser Umstand hat auch den aggressiven          wollen, aber keinen HDTV-unterstützenden Fernseher be-
Rollout von ADSL 2+ und die Investitionen in FTTH (Fiber           sitzen, ist das kombinierte Angebot sicher nicht optimal.
to the Home) gefördert.
                                                                   Neben den positiven Rahmenbedingungen für IPTV auf
  Beispiel France Telecom                                          dem französischen Markt trug auch die Strategie der
  France Telecom besitzt als Marktführer für Breitband-            Restrukturierung des Markenportfolios von France
  anschlüsse zwar einen großen und wachsenden Kunden-              Telecom zu diesem Erfolg bei:
  stamm. Freebox TV und neufTV stellen aber, nicht zuletzt
  aufgrund der aggressiven Preise von z. Z. 30 € pro Monat         • Starke Marke – Startschuss für die Restrukturierung des
  (10 € günstiger als Orange TV), eine ernstzunehmende               Online-Angebots war der 1. Juni 2006. Die ehemals
  Konkurrenz dar. Dennoch nutzten zum 31. März 2007 nach             unter den Marken MaligneTV (IPTV) und Wannadoo (ISP

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IPTV – Über Internet anders fernsehen?!

    und Onlineportal) beworbenen Produkte firmieren unter             Programmpakete angeboten. Diese kosten unter 10 € und
    der bereits im Mobilfunkbereich starken Dachmarke                 ermöglichen einen kostengünstigeren Zugang zu PayTV-
    Orange. Der konzentrierte Markenauftritt ist für alle             Kanälen. Darüber hinaus bietet France Telecom als weltweit
    Serviceeinheiten vorteilhaft, zumal die Grenzen durch             erstes Unternehmen HDTV-Inhalte für das Mobiltelefon an.
    verstärkte Bündelangebote verschwimmen. France                    Zudem sollen große Teile der Fernsehkanäle und des VoD-
    Telecom bietet seitdem TriplePlay-Angebote in direkter            Angebots noch 2007 neben dem Fernsehgerät auch für PC
    Konkurrenz zu Freebox TV und neufTV an.                           und Handy optimiert werden.

  • Attraktives Preismodell – Die Tarife wurden verein-
    facht, die Preisstruktur den Konkurrenten angeglichen.            3.3 Schweiz : Starker Start für IPTV
    Das IPTV-Basisangebot ist für einen geringen Aufpreis
    zum normalen Breitbandanschluss erhältlich. Die Preise            In der Schweiz kam das erste IPTV-Angebot (Bluewin TV) am
    wurden zugunsten der Konkurrenzfähigkeit von Orange               1. November 2006 durch den ehemaligen Monopolisten
    TV gesenkt. Gleichzeitig werden zusätzliche technische            Swisscom auf den Markt. Nach fünf Monaten konnten bereits
    Features als kostenpflichtige Option angeboten. Darun-            40.000 Kunden verzeichnet werden – ein starkes Ergebnis
    ter fällt ein Personal Video Recorder (PVR), eine soge-           angesichts der kurzen Zeit und des kleinen Markts.
    nannte Multi-Screen Option und die Möglichkeit einer
    kabellosen Verbindung zwischen Modem und Set-Top-                   Beispiel Swisscom
    Box (der PVR ist bei den Konkurrenten bereits inklusive).           Bislang ist Bluewin TV der Swisscom auf Basis ADSL das
                                                                        einzige IPTV-Angebot auf dem Schweizer Markt. Die
  • Exklusive Programminhalte – Orange TV überzeugt mit                 Hauptkonkurrenz bei Fernsehen stellen die Kabelnetz-
    einem guten Basisangebot an TV-Sendern. Es werden 45                betreiber dar, die eine starke Rolle in der Schweiz spielen.
    kostenlose Programme angeboten, darunter drei Sender                78 Prozent der Haushalte nutzen das Kabelnetz zum Fern-
    in HDTV-Qualität und alle digitalen terrestrischen Kanäle.          sehen. Der größte Kabelnetzbetreiber Cablecom verbucht
    Durch die Kooperation mit dem digitalen terrestrischen              einen Marktanteil von ca. 54 Prozent der Kabelkunden.
    Fernsehen wird das eigene Angebot verbessert und der                Cablecom offeriert TriplePlay-Angebote (TV, Internet,
    Konkurrenzdruck abgeschwächt. Orange TV schlägt die                 Telefon) und vollzieht gerade die Umstellung von analoger
    Konkurrenz vor allem durch das PayTV-Angebot, ins-                  auf digitale Verbreitung über bi-direktionale Kabelnetze.
    besondere durch einen exklusiven Video-on-Demand-                   Kunden müssen eine Set-Top-Box mieten, um in den
    Service. Mit 2.500 Filmen und über 5.000 Sendungen                  Genuss zusätzlicher Funktionen wie PVR und EPG sowie
    deckt es nahezu alle Interessen ab. Dabei konnte France             einer besseren Auswahl an digitalen Programmen zu
    Telecom mit einigen Filmstudios Exklusivverein-                     kommen. Bis Ende März 2006 hatten sich 155.000 Kunden
    barungen abschließen. Besonders stark ist Orange TV                 auf die Umstellung eingelassen. Das entspricht ca. 10 Pro-
    bei den unabhängigen und lokalen Filmstudios ver-                   zent der Gesamtkunden. Das TV-Angebot von Cablecom ist
    treten, deren Stellenwert in Frankreich höher ist als in            im Vergleich zum TV-Angebot von Bluewin TV sowohl
    anderen Ländern. Für Spielfilme gibt es moderate pay-               weniger umfangreich als auch teurer. Seit einiger Zeit
    per-unit-Preise, wohingegen das Kinderfilm- und Musik-              steht Cablecom wegen schlechter Dienstleistungen und
    sortiment für jeweils 5 € pro Monat abonniert werden                überhöhter Preise öffentlich in der Kritik, so dass zu ver-
    kann. Abgerundet wird das Angebot durch den Vertrieb                muten ist, dass die Angebotspalette überarbeitet wird
    des Satellitenbouquets von CANAL+, das durch seine                  (am 1. September 2007 hat Cablecom die Preise halbiert).
    umfangreichen Sportrechte viele Sportfans gewinnt.                  Der einzige reine PayTV-Anbieter der Schweiz, Teleclub,
                                                                        vertreibt seine Programmpakete über verschiedene Über-
Ausblick: Noch 2007 soll das VoD-Angebot über IPTV auch                 tragungskanäle. Bluewin TV bietet auch diese Programm-
in HDTV ausgestrahlt werden. Außerdem soll der Kunde mehr               pakete an, so dass es zu keiner Konkurrenzsituation
Flexibilität in der Programmauswahl und im Handling                     kommt. Außerdem hält Swisscom an Teleclub seit 2005
haben. Seit dem 1. Mai 2007 werden bereits drei kleinere                eine indirekte Beteiligung. Die Ausstrahlung von PayTV

                                                                 18
Beispiele für IPTV im Ausland: Was geht woanders bereits und wie? Was können wir daraus lernen? Ein Überblick

über Satellit stellt keine große Bedrohung dar, da ähnlich          grammzusammenstellung gewinnen und zugleich die
wie in Frankreich Parabolantennen an Wohngebäuden nur               Marke Bluewin TV und das Fernsehen der nächsten Gene-
in begrenztem Maße zulässig sind. Ebenfalls positiv wirkt           ration präsentieren. Außerdem wurde so der mehrfach
sich die auf absehbare Zeit schwache Verbreitung des                verschobene Programmstart des IPTV überbrückt. Die Ver-
digitalen terrestrischen Fernsehens aus. Bislang nutzen             zögerungen des IPTV-Starts wurden in Kauf genommen, um
nur 8 Prozent das analoge Signal und auch nach der Digi-            dem Kabelfernsehen ein überlegenes Angebot entgegen-
talisierung werden nicht mehr als die bisherigen öffent-            zusetzen. Die Differenzierung gegenüber den Kabelnetz-
lich-rechtlichen Programme übertragen. Ein weiterer Plus-           betreibern findet hauptsächlich über den zusätzlichen
punkt für die IPTV-Verbreitung ist die hohe Breitband-              technischen Komfort und über das umfangreiche und
penetration in der Schweiz.                                         hochwertige Programm statt:

Die Swisscom vermarktet Bluewin TV nicht als TriplePlay-            • Umfangreiches und hochwertiges Programm – Im Ver-
Paket wie die Deutsche Telekom oder France Telecom. Bis-              gleich zu den Kabelnetzbetreibern bietet Bluewin TV mit
lang ist für den Dienst ein normaler ADSL-Anschluss aus-              über 100 Sendern fast doppelt so viele Programme im
reichend, jedoch gibt es Medienberichten zufolge Pläne,               Basispaket an und besticht durch ein attraktives und
das Angebot auf VDSL-Anschlüsse zu beschränken.                       günstiges PayTV-Angebot. Ein höheres Maß an Flexibi-
Bluewin TV kann derzeit nach vorheriger Verfügbarkeits-               lität für die Kunden leistet das vielseitige Pay-per-View-
prüfung entweder online oder in den Swisscom Shops                    Programm aus Spielfilmen und Sportereignissen. Die
bestellt werden. Ein neues DSL-Modem wird dem Kunden                  wichtige Zielgruppe der Sportbegeisterten wird durch
danach per Post zugeschickt. Anschließend wird der Kunde              die Übertragung von Fußball und Eishockey zu Preisen
von Swisscom zur Abstimmung eines Installationstermins                von lediglich 0,70 € je Partie angesprochen. Das VoD-
angerufen. Die Installation wird durch einen Techniker                Angebot umfasst in jeder der drei Landessprachen über
durchgeführt und ist im Bereitstellungspreis von ca. 60 €             500 Filmtitel.
bereits enthalten. Wenn man das Programmangebot auf
einem weiteren Fernsehgerät nutzen will, muss man für               • Bedienungs-Komfort – Die kostenlose Set-Top-Box von
6 € pro Monat eine weitere Set-Top-Box bestellen. Diese               Bluewin TV enthält zudem einen PVR, der zusätzlich
hat keine Aufnahmefunktion und kostet nochmals die Be-                über das Internet und das Handy gestartet werden kann.
reitstellungsgebühr. Bislang kann das Signal nur an zwei              Um die Kunden zu einem Wechsel von ihrem Kabel-
Set-Top-Boxen mittels Ethernetkabel übertragen werden.                anschlussbetreiber zu animieren, wird außerdem ein In-
Die erste Set-Top-Box bietet Speicherplatz für rund 100               stallationsservice für lediglich 60 € angeboten – im
Stunden Fernsehprogramm. Die Programmierung der Sen-                  Gegensatz zu Cablecom, der seinen Kunden keine Hilfe
dungsaufnahme erfolgt entweder direkt am Fernsehgerät,                bei der Installation der Set-Top-Box anbietet und deren
ist aber auch nach einmaliger Registrierung über die                  EPG auch in der Leistungsfähigkeit und Bedienbarkeit
Bluewin TV-Homepage oder das Mobiltelefon als WAP-                    nicht an das Pendant von Bluewin TV heranreicht.
Service möglich. Die Set-Top-Box unterstützt außerdem
das zeitversetzte Fernsehen. Die Bild-in-Bild-Funktion er-        Ausblick: Bluewin TV arbeitet gegenwärtig an der Zuver-
möglicht es, während des Zappings oder der Nutzung des            lässigkeit der Übertragung – so wird von vielen Nutzern
elektronischen Programmführers das ursprüngliche Pro-             bemängelt, dass Bild und Ton nicht immer synchron laufen.
gramm weiter zu schauen.                                          Auch die sehr lange Startphase (Bootzeit) der Set-Top-Box
                                                                  wird immer wieder kritisiert. Konkrete Ausbaupläne gibt es
Swisscom hat Bluewin TV in eine umfassende Strategie              nach Angaben der Konzernmutter Swisscom hinsichtlich der
eingebettet. Seit März 2005 hat Swisscom zunächst das             Verfügbarkeit des Programmangebots, der Bildqualität, des
Fernsehangebot „Bluewin TV 300“ mit Funktionen wie PVR            VDSL-Netzes sowie der Verfügbarkeit für andere Endgeräte
und EPG angeboten, welches das Kabelnetz nutzt. Weitere           mit Bildschirm. Weiteres Ziel ist die HDTV-Fähigkeit der
Funktionen werden mit Hilfe einer Set-Top-Box ergänzt.            Fernsehkanäle. Durch die Übernahme des italienischen
Dadurch konnte Swisscom erste Erfahrungen in der Pro-             IPTV-Anbieters Fastweb, der bereits länger auf dem IPTV-

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