Jahresheft der DAV Sektion Bergbund e.V - Rosenheim - Sektion Bergbund Rosenheim
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TOURENBLADL 2 Jahresheft der 0 DAV Sektion 1 Bergbund e.V. 9 Rosenheim Ausbildung Bergradln - Hochtouren Skitouren - Bergsteigen - Klettern
Jahresheft der Sektion Bergbund e.V. Rosenheim des Deutschen Alpenvereins e.V. Kontakt: Pia Lukas Eichenholzstr. 8b 83026 Rosenheim Tel.: 08031/400247 bergbund@gmx.de www.bergbund.de V.i.S.d.P: Markus Tiefenthaler Tel.: 08031/66782
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Liebe Bergbundler, liebe Leserinnen und Leser, eigentlich hat das Jahr 2018 einen schönen Start hingelegt.... mit viel Schnee und Son- nenschein für unsere ausgeschriebenen Unternehmungen im Programm. Selbst unser Skilager konnte wieder einmal stattfinden. Doch Schnee und Wind wurden der Wendel- steinbahn kurzfristig zu viel, so dass der Skikurs teilweise in guter alter Bergbundtradition, nämlich zuerst selber aufsteigen und dann die Abfahrt genießen, durchgeführt wurde. Unser Wirt Toni Tatzel hat sich sehr darüber gefreut, dass viele Nachwuchs-Bergbundler so viel Spaß hatten. Leider währte seine Freude nicht lange, da Toni am 1.3.2018 plötz- lich verstarb. Petra Simbeck, seine Lebensgefährtin, hat sich bereit erklärt, die Mitteralm zu übernehmen und weiter zu führen. Anfang April kam ein weiterer Tiefschlag. Das Landratsamt hat sich angekündigt, denn es gäbe Differenzen in einem Protokoll der Brandschau zu dem genehmigten Bauplan. Da- raufhin wurden unvermittelt 43 von 55 Schlafplätzen gesperrt, da im Bezug auf Brand- schutz Mängel festgestellt wurden. Zu der aktuellen Situation der Mitteralm findet Ihr eine genauere Ausführung auf den folgenden Seiten. An der Mitteralm wurde die Terrasse fertiggestellt. Diese ist jetzt ebenerdig und dank Alfons läuft auf keinem Tisch mehr der Kaffee aus der Tasse. Alfons wurde in seiner Auf- gabe als Hüttenwart tatkräftig von Stephan Jenuwein unterstützt. Zusätzlich haben wir den Schupfen auf der Nordseite ausgeräumt. Christoph hat die nicht mehr benötigten Sachen auf seinem Bulldog ins Tal gefahren und entsorgt. Den geplanten Arbeitseinsatz zur Erhaltung der Almkulturlandschaft im Stockhang konn- ten wir durchführen. Ein großes Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helfer und Helferin- nen die sich bei den Arbeitseinsätzen engagiert haben. Durch die Bürde der Brandschutzsperrung und der dadurch verursachten Planungen, Gespräche, zahlreiche Besichtigungen, Anträge, Sitzungen etc. lag mein Fokus auf der Mitteralm, sodass ich wenig Zeit hatte mich um die laufenden Tätigkeiten im Zusammen- hang der Programmgestaltung und -ausführung zu kümmern. Diese Aufgabe hat Markus Tiefenthaler komplett übernommen. Ein Herzliches Dankeschön Maxl. Im Mai fanden Neuwahlen statt. Im Amt wurden bestätigt Christine Margreiter als Schatz- meisterin, Martha Maier als Schriftführerin, Karen Pape als Jugendreferentin und Pia Lu- kas als 1. Vorsitzende. Andreas Bruckbauer, hat sich seit Juni 2017 kommissarisch für das Amt des 2. Vorsitzenden zu Verfügung gestellt, und wurde nun gewählt. In den Beirat wurden Birgit Bell, Helga Bretzke, Rainer Bretzke, Karl Lukas, Leonhard Gilg, Stephan Jenuwein, Alfons Maier, Markus Tiefenthaler, Maxi Wendlinger und Uschi Wendlinger gewählt. Für 2019 werden mehrere Arbeitseinsätze auf der Mitteralm folgen. Ich bitte Euch, mich unter vorstand1@bergbund.de oder telefonisch zu kontaktieren, wenn Ihr Euch ehren- amtlich bei der Brandschutzertüchtigung einbringen wollt.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 An dieser Stelle gilt mein Dank den Fachübungsleitern, Tourenbegleitern, Freiwilligen, Beiräten und Vorstandsmitgliedern. Die ehrenamtliche Arbeit in der Vorstandschaft wäre ohne das hohe Engagement vieler Mitglieder nicht möglich. Wir wünschen Euch ein erlebnisreiches und gesundes neues Bergjahr Pia Lukas, im Namen des Vorstandes
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DEUTSCHEN ALPENVEREINS E.V. Einladung zur Jahreshauptversammlung Liebe Mitglieder, Zur Jahreshauptversammlung am 03. Mai 2019, 1930 Uhr im Happinger Hof ergeht herzliche Einladung. Tagesordnung • Begrüßung durch die 1. Vorsitzende • Geschäftsbericht • Kassenbericht • Bericht der Kassenprüfer • Tourenbericht • Hüttenbericht • Jugendarbeit • Aussprache zu den Berichten • Entlastung der Vorstandschaft • Neufassung der Satzung Zur Vorbereitung auf die Mitgliederversammlung wird den Mitgliedern der Entwurf der zur Abstimmung gestellten Neufassung der Satzung mit Beginn des Monats Februar auf der Homepage der Sektion zur Verfügung gestellt. Mitglieder, die keinen Zugang zu dieser Homepage haben, können den Text auch ab Februar beim Vorstand schriftlich anfordern. Um Beifügung eines ausreichend frankierten und adressierten Rückum- schlags wird gebeten. Es wird bereits jetzt darauf hingewiesen, dass der neugefasste Entwurfstext der Satzung im Rahmen der Mitgliederversammlung im Detail besprochen wird. Die Änderungen sind erforderlich, um die Satzung an die Vorgaben der DAV Mustersat- zung anzupassen, die gemeinnützigkeitsrechtlichen Erfordernisse sicherzustellen und um die Praktikabilität für die Zukunft zu gewährleisten. Auf Euer zahlreiches Erscheinen freut sich Die Vorstandschaft
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 STANDPLATZ Meinen Standplatz räume ich in diesem Jahr zugunsten der Darstellung der Situation auf der Mitteralm von Pia Lukas. BERICHT ZUR AKTUELLEN SITUATION AUF DER MITTERALM Neben Breitenberghaus, Hochrieshütte, Käseralm, Prienerhütte usw. hat es jetzt auch unsere Mitteralm getroffen. Was? Der Brandschutzwahnsinn. Im Januar hat sich der Brandschutzbeauftragte des Landkreises Rosenheim zur Feuer- beschau angekündigt. Dabei wurden neben der veralteten Fluchtwegebeschilderung, einer fehlenden Brandschutztüre im Keller und den falschen Brandschutzmeldern auch die fehlende Beleuchtung der Fluchtleiter vom Obergeschoß ins Freie bemängelt. Mitte März meldete sich das Landratsamt bei mir, sie müssten aufgrund des amtlichen Proto- kolls des Brandschutzbeauftragten der Feuerbeschau überprüfen, wo die Fluchtleiter sei, denn auf dem genehmigten Bauplan wäre diese nicht eingetragen. Die Überprüfung vor Ort bestätigte diesen Verdacht mit der Konsequenz, dass der Bestandsschutz des Ge- bäudes weggefallen ist. Ein darauffolgender ausführlicher Rundgang mit den Vertretern des Landradsamtes in der Hütte verlängerte die Mängelliste in Bezug auf die Fluchtwege und weitere fehlender Umsetzungen aus der Brandschutzverordnung. Da die Mängel nicht kurzfristig durch kleinere Umbauten behoben werden können, sind derzeit nur noch 12 Schlafplätze nutzbar. Die übliche Vorgehensweise in diesem Fall ist folgende: • Brandschutzgutachten von Brandschutztechniker erstellen • Brandschutzgutachten durch Brandschutzgutachter prüfen • Architekt erstellt einen Bauplan, in den alle erforderlichen Baumaßnahmen auf- genommen werden • Abgabe der Pläne bei der Gemeinde • Weitergabe nach Vorprüfung ans Landratsamt • Landratsamt überprüft, ob die Voraussetzungen für die Bewirtschaftung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen • Landratsamt genehmigt den Bauplan • Arbeiten können durchgeführt werden Klingt einfach, ist es aber nicht. Der Brandschutzgutachter hat uns zur Auflage gemacht, einen Bauleiter einzusetzen. Unser Bauleiter Thomas Schmid von den Umbauten aus der Vergangenheit hat sich für das anstehende Bauprojekt wieder angeboten. Im Moment ist er damit beschäftigt, Angebote der entsprechenden Handwerker einzuholen. Was sich als schwierig herausstellt, da gute Handwerker volle Auftragsbücher vorweisen. Zudem ist die Mitteralm keine einfache Baustelle. Die Erreichbarkeit mit der Wendelsteinbahn ist grundsätzlich gegeben. Die Fahrzeiten sind allerdings für Arbeiter ungünstig und schlech- te Witterung im Winter kann zudem zu Unregelmäßigkeiten im Fahrplan oder gar zu Zug-
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 ausfällen führen. Ebenso ist streng reglementiert, wie die Gewerke auszuführen sind und dokumentiert werden müssen. Hinzu kommt, dass das Landratsamt mit dem Wasserwirtschaftsamt die Anforderungen der Kläranlage überprüft hat und zu dem Entschluss gekommen ist, dass unsere beste- hende Kläranlage zu klein ist. Wir prüfen gerade, ob durch eine Erweiterung der beste- henden Kläranlage die Anforderungen erfüllt werden könne, oder ob eine ganz neue Klär- anlage auf Dauer sinnvoller ist. Der entsprechende Antrag beim Wasserwirtschaftsamt für eine neue Kläranlage wird demnächst gestellt. Die Baugenehmigung für die Brandschutzumbauten auf der Mitteralm wird zudem erst erteilt, wenn eine adäquate Kläranlage bewilligt ist. Trotz aller Unbilden werden wir heuer noch mit der Brandschutzertüchtigung beginnen. Für viele kleinere Arbeiten suchen wir ehrenamtliche Helfer. Bitte meldet Euch telefonisch oder unter Vorstand1@bergbund.de, wenn Ihr Interesse habt mit anzupacken. Viele Hän- de machen der Arbeit ein schnelles Ende :-) Pia Lukas Die Mitteralm Treffpunkt im Sommer und Winter Ruhetage Mo/Di, bei Skibetrieb und an Feiertagen geöffnet. So. ab 1700 geschl. 1.5. - Anf. Nov. nur Mo. Ru- hetag. Tel.: 08034/2760 www.mitteralm-wendelstein.de Rosenmontag, 04.03.19 Faschingsgaudi mit Musik Josefi-Tag, 19.03.19 Hüttengaudi mit Musik ab 1100 Kirchweihsonntag, 20.10.19 Ganserl-Essen mit musikalischer Unterhaltung
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 SKILAGER AUF DER MITTERALM FEBRUAR 2018 Von Helga und Rainer Bretzke In den Faschingsferien 2018 fand erfreulicherweise das Skilager auf der Mitteralm statt. Dies ist eine traditionelle Veranstaltung des Vereins, die in den 50er Jahren begonnen wurde und seither mit nur wenigen Unterbrechungen (wegen Schneemangels) jedes Jahr stattfindet. Viele jüngere und ältere Rosenheimer erinnern sich noch heute an die legen- dären Skikurse auf der Mitteralm mit Bepp Bielmeier, Mane Birkl und einigen anderen Bergbundlern als Skilehrer. Die 4 Tage Skifahren sind abhängig von den Schneeverhältnissen auf dem Wendelstein. Dazu kommt, dass die Wendelsteinbahn den Ski- betrieb nicht nur bei genügend Schnee durchführen kann, sondern die Wetter- und Lawinenverhältnis- se müssen ebenso passen. Somit freuten wir uns besonders, am Aschermittwoch auf den Wen- delstein zu fahren und zwei Skitage genießen zu können. Am 3. Tag weichte der Regen die Pisten auf und es war vorbei mit dem Skispaß. Die Kinder ließen sich aber die Freude nicht verderben und haben wie in alten Zeiten hinter der Hütte eine Piste eingetreten. Ohne Lift mussten sie nach jeder Abfahrt wieder rauftreten! Kaum in der Hütte angekommen, la- gen die Karten auf dem Tisch und von Schafkopfen bis Neunerln wurde alles gespielt. Die Kinder, die das Skilager schon von früheren Jahren kannten, wünschten sich am Abend die altbewährten Hüt- tenspiele. Da kommen für das Skilager traditionelle Spiele zum Einsatz, wel- che wir schon in unserer Jugend spiel- ten! Meine Sorge, die Kinder von ihren Handys wegzubringen, um sich miteinander zu beschäftigen, war also gänzlich unbe- gründet. Es wuchs eine besonders harmonische Gruppe zusammen, in der alle miteinan- der spielten und aufeinander achteten, ob groß mit klein, ob Mädchen mit Buben. Für
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 mich war es eine tolle Erfahrung, dass sich Kinder und Jugendliche auch heute noch miteinander beschäftigen können - ohne jegliche Medien und elektronische Geräte. Und den Kindern hat es so gut gefallen, dass sie fast nicht mehr heim wollten. Das ist der Mühe Lohn, wenn es den Kindern gefällt! Hier die Eindrücke aus der Sicht einiger teilneh- mender Kinder: Von Leni, Hannah, Leonardo, Maxi, Joseph Die 4 Tage auf dem Wendelstein sind wie im Flug vergangen. Wir bildeten schon nach kurzer Zeit eine tolle Gemeinschaft und erlebten zusammen eine wunderbare Zeit. Das Hüttenleben bereitete uns sehr viel Spaß, denn wir spielten oft bis spät in die Nacht gemeinsam Spiele. Auch das Skifahren war sehr vielfältig, denn wir lernten viele verschiedene Fahrtechniken, die wir dann im Gelän- de oder auf der Piste anwenden konn- ten. Besonders die Skilehrer haben mit ihrer freundlichen und kommunikativen Art dazu beigetragen. Besonders bei unserer Wirtin Petra wollen wir uns sehr bedanken, die uns immer mit dem besten Essen versorgt hat und immer für einen Witz bereit war. --- Die Skilehrer waren sehr nett und sie haben einen richtig guten Skikurs gemacht. Das Frühstück, Mittag- und Abendessen war richtig lecker. Die Spiele am Abend waren lustig und das Willkommensspiel war auch witzig. Das Skifahren war richtig schön, nur leider ging am Freitag die Bahn nicht rauf. Aber das war nicht so schlimm, denn wir haben neben der Hütte einen Teil zum runterfahren ge- macht. Am Wendelstein ging es richtig gut zum Skifahren, es war fast nie eisig zum runterfahren. Am Donnerstag hat es leider am Abend geregnet, aber dafür haben wir Spiele gemacht. Am Freitag hatten wir viel Tiefschnee, nur später war es draußen neblig.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Von Michael Am Freitag fielen wegen der Wetter- verhältnisse die Bahn und die Lifte aus. Daher begnügten wir uns am Vormittag mit Brett- und Kartenspie- len. Nachdem wir mittags alle leckeren Kaiserschmarrn gegessen haben, ging es für alle nach draußen. Wir traten eine Piste hinter der Mitteralm platt. Die Skilehrer überlegten sich lustige Aufgaben und dann fuhren wir ein kleines Rennen. Trotz des anstrengenden Rauftretens hat es Spaß gemacht. Wieder in der Hütte spielten wir Spiele und schrieben diesen Bericht. Nach dem Schwei- nebraten spielten wir noch Gemeinschaftsspiele.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 URNER HAUTE ROUTE & MONT BLANC APRIL 2018 Von Tobias Bathon Endlich, es war soweit, wir standen am 07 April 2018 um 5 Uhr morgens am Parkplatz und luden den VW Bus ein. Letzte Checks wurden durchgeführt: Felle, Pickel, Steigeisen, Seil, Prusik, etc. alles da, dann gut, durchatmen. 8 Tage Abenteuer standen uns bevor, zuerst die Urner Haute Route und danach, als eigentlicher Höhepunkt, die Besteigung des Mont Blancs. Mit 4810 m, nach wie vor, der höchste Berg der Alpen und das Ziel vieler Bergsteigern. Thomas Sigrüner, unser Tourenführer, hat mit der Urner Haute Route eine optimale Tour ausgewählt, um uns für den höchsten Gipfel der Alpen vorzubereiten. Die 5-Tages Tour führt von Realp (Andermatt) bis nach Engelberg und gab uns mit dem entsprechenden Höhenprofil, stetig zwischen 2000 – 3500 m, die Möglichkeit, uns lang- sam an die Höhe zu akklimatisieren. Von Süden nach Norden führt die Route, optimal für eine Frühjahrstour, morgens steigt man im Sonnenschein auf, mittags fährt man die mit Pulverschnee geschwängerten Nordhänge ab, so zumindest die Theorie. Die gesamten Höhenmeter der Urner Haute Route belaufen sich auf ca. 6000 m. Wir, das sind 6 Kameraden(innen) der Berge: Thomas Sigrüner, Elke Weinfurtner, Bern- hard Warter, Eric Busch, Felix Schumacher und meine Wenigkeit Tobias Bathon. Vor- weg, obwohl wir uns nur vereinzelt kannten, haben wir prächtig harmoniert und waren ein super Team. Hier einmal ein Dankeschön an Alle, fantastisch war‘s. Ein besonderes Dankschön gilt unserem Guide Thomas, der uns mit seiner Erfahrung, Know-how und Weitsicht hervorragend führte und uns des Öfteren zeigte, was eigentlich so alles möglich und machbar ist. Urner Haute Route Nach der langen Anfahrt ging es bei bestem Kaiserwetter los und zwar zur Albert-Heim Hütte (2543m). Es war ein Genuss bei frühlingshaften Tempera- turen und Endlossicht aufzusteigen. Rasch kamen wir vorwärts und bald konnten wir auf der Hüttenterrasse unsere Blicke auf die umliegenden Berge schweifen lassen. Am nächsten Tag um 5:30 Uhr war Weckzeit, und vor Sonnenaufgang ging es los. Wir wollten ja noch vor hohem Sonnstand und etwaiger aufkommender Lawinen- gefahr sicher auf der nächsten Hütte sein. Mit Euphorie ging es in die erste Abfahrt und nach den ersten Schwüngen war uns klar, heute ist leider nichts mit Champagner-
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Powder. Stattdessen wartete aller- feinster Bruchharsch in seiner besten Form auf uns. Nach kurzer Abfahrt wurde aufgefellt und wir schritten auf- wärts in Richtung Lochberg (3074m), unserem ersten Gipfel. Auf den letzten Höhenmetern schnallten wir die Ski an die Rücksäcke und durch luftiges Ge- lände stiegen wir weiter bis zum Gip- fel. Wir genossen die herrliche Aus- sicht und das einfache Klappbrot und der warme Tee schmeckten hervorra- gend. Nach entspannender Rast emp- fing uns die erste längere Abfahrt, ca. 1200 Höhenmeter ins Göschener Tal. Teilweise sehr steil und im besten Bruchharsch ging es bergab und wir erreichten nach anstrengen- den Schwüngen und nicht einfacher Wegfindung den Göscheneralpsee. Bei fast som- merlichen Temperaturen stiegen wir über einen langen Aufstieg zur Chelenalphütte (2350m) auf. Im Winterlager machten wir uns gleich ans Schneeschmelzen und bei guten Spaghetti „ala Busch“ und gutem Rotwein wurde es immer gemütlicher. Über Nacht schlug das Wetter um und die ersten Windböen rüttelten an der Hütte. Am nächsten Morgen führte der Weg direkt hinter der Hütte steil nach oben. Bei teilweise bis zu 45 Grad Steigung und vereistem Hang waren Harschei- sen Pflicht, in den besonders steilen Passagen stießen wir an unsere Gren- zen und zogen sicherheitshalber die Skier aus. Richtung Sustenlimi wurden die Windböen immer stärker und die Sicht immer schlechter. Am Joch an- gekommen mussten wir einsehen, dass eine Gipfelbesteigung des Sus- tenhorns (3503m), dem höchsten Punkt der Urner Haute Route, leider nicht möglich war. Bei den starken Windböen (ca. 100 km/h) war das Abfellen eine Herausforderung, die Ski glichen Windsegeln. Hier be- währten sich die einstudierte Handgriffe mit Handschuhen. Die sichere Wegfindung durch die weiße Nebelwand war eine Meisterleistung. Mit fortschreitender Abfahrt wurde die Sicht langsam besser. Hinab ging es über steile Flanken und wie schon erwartet über eisigen Schnee oder feinsten Bruchharsch bis zum Alpin Center Sustenpass. Hier durften wir uns mal wieder über eine heiße Dusche freuen, die 5 Minuten heißes Wasser fühlten sich so gut an wie ein ganzer Tag in einer Well-
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 nessoase. Nach der erholsamen Übernachtung brachen wir zeitig auf, unser Ziel war der Fünffingerstock (3000 m), durch das Obertal erreichten wir nach 1300 Hm Anstieg den etwas versteckten Gipfel. Wie zuvor beim Heiligen Petrus bestellt, kam nun etwas die Sonne hindurch und die Brotzeit schmeckte bei dem schönen Bergpanorama besonders gut. Die Abfahrt durch eine steile, vereiste Rinne führte uns wieder zu unserem Lieblings- untergrund, dem astreinen und perfekten Bruchharsch, der uns bis in die Anfänge des Meientals begleitete. Der kräftezehrende Aufstieg zur zuge- schneiten Sustil Hütte (2257 m) bleibt wohl noch einigen in bester Erinne- rung. Am 5. und letzten Tag durften wir nochmal an den 3000 Metern krat- zen, wir stiegen auf zum Grassen (2946 m). Von der Gipfelflanke schau- ten wir direkt auf die mächtige Titlis Südwand, imposant ragt sie über 500 Meter senkrecht empor. Nach dem frischen und windigen Gipfelfoto tauschten wir die Steigeisen mit Skiern und los ging es in die 1800 HM lange Abfahrt Richtung Engelberg. Steil ging es wieder runter, anfänglich vereist, gefolgt von dem schon vertrauten Bruchharsch. Und dann kam er endlich, der Hang in der Sonne, wie der heilige Gral sah er aus. Nahezu perfekt, ja, das sah aus wie Firn, echter Firn. Darf das wahr sein, ganze 100 Höhenmeter Firn. Anstatt dem Fluchen konnte man nun Freudenjodler bei schönen eleganten Genussschwüngen vernehmen. Dauergrinsen machte sich breit, schön war es, kurz, aber intensiv, alles gut. Nach etwas abenteuerli- cher Wegfindung schritten wir auf grünem Rasen zum Endpunkt der Tour. Das Taxi wur- de angerufen und es ging retour nach Realp zum VW Bus. Die Urner Haute Route war bezwungen, laut Hüttenwirtin der Süstlihütte erreichen nur 20% der angesagten Skitou- rengeher das Ziel. Wir waren sehr froh und zufrieden über diese Leistung. Mont Blanc Nun ging es nach Chamonix, in das berühmte Bergsteigerdorf. Einige von uns waren schon dort, für andere, wie für mich, war es das erste Mal. So oft haben wir davon gehört und gelesen. Ja, es hatte sich bestätigt, es hat dieses gewisse Flair, diese gewisse Stim- mung liegt in der Luft – aufbrecherisch und abenteuerlich. Es begleitet einen auf Schritt und Tritt. Und dann sehen wir ihn das erste Mal, majestätisch sieht er aus, der Gipfel ganz weit oben, der Mont Blanc. Hier wird einem wieder bewusst: die Westalpen sind ein anderes Kaliber als die Ostalpen. Wie hoch das hinauf geht, fast unwirklich. Chamonix liegt auf ca. 1000 Meter und der Gipfel des Mont Blanc befindet sich auf 4810 m. Man
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 schaut ganze 3800 Meter hinauf zum Gipfel. Das muss dann erstmal in die Birne rein. Aber wie war das Wetter, wie waren die Bedingungen? Es hatte viel geschneit. Wir woll- ten über die lange Cosmique Route zum Gipfel (ca. 1700 Höhenmeter). Im OHM (Office Haute Montagne) mein- ten die Bergführer, diese Route sei zurzeit nicht ersteigbar. Es hatte viel geschneit, es bestand hohe Lawinen- gefahr und die Route ging schon seit über 2 Wochen keiner mehr. Die einzi- ge mögliche Variante war die Normal- route über die Grand Mulets Hütte (3051m) und den Bossons Grat (ca. 1800 Höhenmeter). Und selbst dies war fraglich, meinten die lokalen Berg- führer. Das Wetter sei sehr wechselhaft gemeldet. Wir nahmen die Info auf und entschie- den uns, zunächst eine Nacht auf der legendären d’Argentiere Hütte zu übernachten. Mit der Grand Montets Seilbahn ging es auf 3275m. Auf der Bergstation angekommen, blies uns der Wind mal wieder gewaltig um die Ohren. Nach wilder, angeseilter und holpriger Skiabfahrt auf den Glacier d’Argentiere gingen wir rasch weiter zur Hütte, der Wind stetig und unbeugsam in unsere Gesichter blasend. Die meisten der Gäste starten hier die wohl bekannteste der unterschiedlichen Haute Route, nämlich die nach Zermatt. Am nächsten Morgen meinte es Petrus gut mit uns, mit der Sonne im Gesicht stiegen wir zum Col du Tour Noir auf. Bei grandioser Aussicht stürzten wir uns endlich in die erste Abfahrt im besten Pulverschnee. Ja mei, so schön war’s ... . Am späten Morgen ging es zurück ins Tal und weiter zur Talstation der berühm- ten Aiguille du Midi Seilbahn. Am Abend zuvor auf der d‘Argentiere Hütte hatten wir uns entschieden, den Aufstieg über die Normalroute zu wagen. Wir fuhren bis zur Mittelstati- on Plan de l’Aiguille (2310 m) auf. Über den Glacier des Bossons ging es bei atemberau- bender Aussicht und steilen Querpassagen und Aufstiegen über ca. 1000 Höhenmeter zur Gran Mulets Hütte. In dem Moment, als wir uns für die letzten paar Höhenmeter auf den abenteuerlichen „Hüttenaufstieg“ vorbereiteten, landete ein Hubschrauber auf dem Hüttendach. Eine recht gemütliche Art und Weise die Hütte zu erreichen, dachten wir. Auf der Hütte angekommen, stellten wir fest, dass es sich um ein Kamerateam von Red Bull handelte. Sie wollten am nächsten Tag ein ausgewähltes, internationales Skibergsteiger- team bei der Mont Blanc Besteigung und Abfahrt filmen. Cool, dachten wir, evtl. kommen wir noch ins Fernsehen. Außer dem Kamerateam befand sich noch eine französische 2er Seilschaft auf der Hütte. Ansonsten war nichts los, eher ungewöhnlich, da die Grant Mulets normalerweise ausge- bucht ist. Hatten halt kein ideales Wetter, es war halt so halb und halb. Wir befragten die jungen Hüttenwirte über die Bedingungen und sie meinten, sie kamen heute nur selber
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 ca. 200-300 Hm weit, es war zu lawinengefährdet, es hatte viel geschneit, ca. 30 cm Neuschnee. Eine Aufstiegsspur ist nach diesen ersten Metern also nicht vorhanden. So- mit wussten wir, dass wir den größten Teil der 1800 Hm spuren mussten. Auch machte ein frühes Aufbrechen keinen Sinn, da es wohl nicht so einfach ist, bei Dunkelheit im stei- len und unbekannten Gelände den Weg zu finden. Wir entschieden uns, den Franzosen den Vortritt zu lassen und brachen erst um 5 Uhr auf. Die Entscheidung machte sich bezahlt, denn die Franzosen kamen nur langsam vo- ran. Den suchenden Lichtkegel ihrer Stirnlampen konnten wir schon von weitem be- obachten. Als wir sie nach ca. 300 HM überholten, entschieden sie sich für die Umkehr, sie sahen etwas zermürbt aus. Nun waren wir praktisch alleine am Berg. Wir wussten, nur, die Berufsbergsteiger von Red Bull würden uns irgendwann einholen. Geführt von Thomas ging es Schritt für Schritt und Meter für Meter bergauf, das Wetter schwang lang- sam um und es zog mehr und mehr zu. Je näher wir zum Col du Dome kamen, desto heftiger Pfiff uns der Wind um die Ohren. Nach ca. 6 Stunden Aufstieg erreichten wir um 12 Uhr die Biwakschachtel auf 4362m Höhe. Knapp davor zwangen uns Blankeispassa- gen von Skiern auf Steigeisen umzurüsten. Etwa 100 Höhemeter vor dem Biwak überhol- ten uns die ersten Red Bull Profis und bedankten sich für die Aufstiegsspur. In der Bi- wackschachtel tauschte man sich mit dem internationalen Team aus, das machte Spaß. Neben dem deutschen Philipp Reiter aus Bad Reichenhall, dem Österrei- cher David Wallmann, ist auch Mark Smiley aus den USA dabei, der unter anderem schon die längste Skiabfahrt der Welt vom Mt. St. Elias bewältigte. Die Ski und Rucksäcke ließen wir am Biwak zurück und gingen mit Steigei- sen und Pickel weiter. Das Red Bull Team startete 5 Minuten vor uns. Wir wollten eigentlich deren Spur folgen, aber leider mussten wir feststellen, dass die Spur schon wieder zugeweht war. Die Sicht wurde nicht besser, wir hatten Schwierigkeiten den Bossons-Grat über- haupt zu finden. Mühselig kämpften wir uns Schritt für Schritt weiter, heftige Windböen von ca. 100 km/h zwangen uns immer wieder inne zu halten und uns am Eispickel festzu- halten, um nicht vom Grat gefegt zu werden. Auf einer Höhe von ca. 4650m kam uns das Red Bull Team wieder entgegen. Wir glaubten erst sie wären schon auf dem Gipfel gewesen, aber ihr enttäuschten Gesichter ließen uns anderes vermuten. Einer von Ihnen hatte eine Schneewechte losgetreten und entging dabei knapp dem Absturz. Daraufhin hatten die Profis entschieden, umzukehren. In dem Moment war auch uns klar, dass es heute keinen Zweck hatte. Die schlechte Sicht, der starke Wind und die bittere Kälte hatten auch uns schon ziemlich zugesetzt.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 BRANCAHÜTTE 05.05.-09.05.2018 von Thomas Sigrüner und Elke Weinfurtner Von Samstag bis Mittwoch waren wir für Skitouren auf der Brancahütte. Wir, das waren Thomas, Max, Erik, Peter, Ralf, Julia und Elke. Wir starteten am Samstagfrüh wie immer am P+R Parkplatz in Raubling. Da die Anfahrt nicht gerade kurz war und das Wetter auch nicht so getan hat, wie wir gedacht hatten, blieb es an diesem Samstag beim Anstieg zur Hütte und Einrichten in den Zimmern. Am nächsten Tag starteten wir dann aber direkt auf den ersten Dreitausen- der unseres verlängerten Wochenen- des, die Punta San Matteo (3.678m). Dabei ging es gleich zu Beginn vorbei an einem beeindruckenden Gletscher- maul, das wir in den folgenden Tagen noch öfter passieren sollten. Etwas erstaunt waren wir auch, als der Neffe der Hüttenwirtin, der uns morgens beim Frühstück noch bewirtet hatte, circa 1,5 Stunden später plötzlich hin- ter uns auftauchte, an uns vorbeizog und bereits einige Minuten später kaum mehr zu sehen war. Es stellte sich heraus, dass auch das noch öfter passieren würde. Im Laufe unseres Aufenthaltes fanden wir heraus, dass er Skitourenrennen läuft und den Aufenthalt bei der Tante als Trainingslager nutzte. Wir genossen stattdessen unsere Brotzeit am Gipfel, die Sonne und die guten Schnee- verhältnisse, sowie abends das von ihm servierte italienische Menü. Am Montag hieß unser Ziel Monte Vioz (3.645m), dort war der Zustieg von der Wegfin- dung und der kurzen Kletterei mit Ski am Rücken über einen Übergang geprägt. Da hieß es für uns zuerst am Stahlseil entlang über teilweise vereiste Felsen klettern und dann durch eine kleine Firnwand Stufen treten und geradezu aufwärts klettern. Am Ausstieg angekommen war aber noch lange nicht der Gipfel erreicht. Wir machten also eine kurze Pause, schnallten dann die Ski wieder an und begaben uns in den nächsten Anstieg. Zuerst begleitete uns noch die Sonne, dann zog es aber zu. Am Gip- fel und in der Abfahrt hatten wir leider Nebel. Die Klettereinlage, die sowohl
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 im Auf- als auch den Abstieg zu meistern war, war für uns alle aber das Ereignis des Ta- ges und blieb dem einen oder anderen wohl noch einige Zeit in Erinnerung. Am Dienstag folgten die beiden High- light-Gipfel des Wochenendes: Palon de la Mare (3.703m) und Monte Cevedale (3.769m). Der Wettergott war extrem gnädig mit uns, denn der Tag war von Sonnencreme und Pul- verschnee geprägt. Zuerst der Anstieg auf den Paron de la Mare, am Morgen noch im Schatten. Aufgrund der Tou- renbesprechung vom Vorabend wuss- ten wir alle, wie der Tag laufen würde und waren hoch motiviert. Am Gipfel ein kurzes Päuschen mit etwas Rätsel- raten, ob das Wetter hält. Dann hieß es auch schon hinein in die Pulverabfahrt, die wir alle mit Jauchzen genossen. An den kommenden Gegenanstieg wollte dort noch keiner denken, der kam jedoch schneller als erwartet. Da wurde es dann auch noch einmal spannend, als wir plötzlich Wumm-Geräusche hörten. Mit genügend Abstand und der nötigen Vorsicht war aber auch dieser Hang zu meistern und so standen wir glücklich und im prallen Sonnenschein am Cevedale-Gipfel. Thomas unser Tourenleiter des Wochen- endes hatte noch ein Schmankerl für uns vorbereitet, welches bereits bei der Tourenbe- sprechung heiß diskutiert worden war. Die Abfahrt erfolgte nicht auf dem Aufstiegsweg (wer möchte schon den Gegenanstieg nochmal machen?), sondern ‚hinten runter‘. Da war es dann gleich ganz schön steil und zu Beginn haben wir ganz kurz den Pulver- schnee vermisst. Der Wind hatte ihn wohl weggetragen. Es dauerte aber nicht lange, dann waren wir in einer Traumabfahrt, die uns allen das Zahnpasta-Lächeln ins Gesicht trieb. Das Beste daran war, dass die Ab- fahrt nicht wie die letzten Tage unter- halb der Hütte endete. An diesem Tag schwangen wir entspannt auf die Rückseite der Hütte zu und unser allerletzter ‚Einkehr-Schwung‘ führte uns direkt vor den Skiraum der Hütte. Ein solcher Tag wurde anschließend natürlich mit Kaffee, Kuchen, Suppe oder Wurst- und Käseplatte auf der Hüttenterrasse abgerundet. Da war es auch überhaupt nicht mehr schlimm, dass das Wetter am Mittwoch nicht mehr so ganz mitspielte und wir ohne weiteren Gipfel die Heimfahrt angetreten haben.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 HOHER GÖLL 18.02.18 Von Andi Hagen Am 18.02.2018 sind wir zum Hohen Göll aufgebrochen. Wir sind Sepp Bartl, Angelika Auanger, Uwe Zöllner, Hans Brüggler und ich. Das Wetter war mittelmäßig. Über Nacht hatte es geschneit und weiter oben hing eine Nebelschicht. Gott sei Dank konnte ich mei- nen alten Studienspezl Hansi Brüggler, selbst Skitourenführer in Berchtesgaden, als Be- gleiter gewinnen. Nach kurzem Anstieg durch den Wald kommen wir zum sog. „Sommerwandl“. Unten drin Altschnee und frisch eingeschneit; echt blöd zum Gehen. Die Ski geschultert tasten wir uns vorsichtig die Querung rüber. Hoffentlich rutscht keiner aus und rauscht links in den Wald. Nachher geht’s nochmal sausteil weiter über die nächste Steilstufe. Die meisten schultern die Ski, aber Uwe kämpft sich mit den Skiern durch. Bei der Spitzkehre kann ich gar nicht hinschauen. Nach der Steilstufe, noch unterhalb vom Alpeltal, fällt von oben Nebel ein. Die Sicht un- gefähr drei Meter. Ohne Hansi hätten wir vermutlich abgebrochen. Aber unser Local Gui- de tastet sich heldenhaft vorsichtig voran und fällt auch mal zwei Meter eine Wächte run- ter (was so einem Berchtesgadener aber nichts ausmacht). Bei 2.200 Höhenmeter kom- men wir aus dem Nebel raus, aber es ist bewölkt und im Kammbereich abgeblasen. Ent- lang des breiten Grats unterhalb des Gipfels haben sich spektakuläre Wechten gebildet. Beim letzten Gipfelaufschwung reißt es auf. Am Gipfel haben wir eine Wahnsinnssicht und Stimmung. Wir können uns gar nicht losreißen. Die Abfahrt ist gut aber nicht ungefährlich, da vereinzelt Steine im Pulver lauern. Wieder müssen wir durch die dicke Nebelschicht. Jetzt nur nicht falsch abbiegen! Hansi führt wieder. Wir bleiben auf Sicht beieinander und versuchen, uns nicht aus den Augen zu verlieren. Nochmal das eingeschneite Sommerwandl queren, aber alles geht gut. Am Auto bin ich froh, dass alle wieder gut unten sind. Fazit: Tolle Tour, aber zu früh im Jahr. Jetzt haben wir uns einen Windbeutel bei der Windbeutel-Gräfin verdient!
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 (E)-MOUNTAINBIKEN IN DEN DOLOMITEN 27. - 29. AUGUST 2018 Von Martina Ludsteck „Tolerierst Du E-Biker?“, wurde ich bei der ersten Kontaktaufnahme von Helga gefragt. „Na klar“, gab ich mich verständnisvoll, während ich innerlich die Anmeldung zur Tour schon bereute. Ich erinnerte mich an einen kollabierenden Mann am Gardasee, der ge- gen seine Frau mit Strom verlor, oder an die Auffahrt von Stans zur Lamsenjochhütte, als ich bei 35°C hunderte von Höhenmetern schob, während andere E-Bike-Fahrer langärm- lig an mir vorbei schwebten. Aber gut, da musste ich nun durch und lernte beim Brücken- wirt in Brannenburg Helga und Rainer, Sieglinde und Alois, Hermine und Markus kennen. Karen kannte ich schon. Der erste Eindruck war schon mal positiv. Die Anfahrt war trotz Ferienbeginn entspannt, da wir gegenüber den Münchnern ein Stündchen Vorsprung hatten. In Völs startete die erste Rundtour – wie auch alle anderen Touren – entspannt, und zwar mit Eis und Kaffee in einer Bar. Die Auffahrt war ohne Hektik und unsere zwei E- Biker hielten sich entgegen aller Be- fürchtungen dezent im Hintergrund. Von nun an war auch ich entspannt. Einzige Herausforderung waren die zahlreichen Bremsen, gegen die man sich als Biker so schlecht wehren kann. Am Abend fuhren wir noch in das 45 Minuten entfernte Hotel Diana an der Karerpass-Straße, das Helga noch von früher kannte. Essen und Zimmer waren hervorragend. Die an diesem Abend stattfin- dende Mondfinsternis konnte die Hälfte der Mannschaft beobachten, die sich aufmachte, auf den Karerpass zu fahren, wo der Blutmond hinter den Bergen und den Wolken her- vorkam. Am Samstag machten wir die Latemar -Umrundung. Auf dem Weg lag der wunderschöne Karersee, in dem sich das Latemarmassiv spiegelte. Ein Postkartenmotiv, weshalb wir nicht alleine dort waren. Karen hatte an diesem Tag irgendwie zu viel Kraft und zerlegte beim Antreten einen ihrer vorderen Zahnkränze in zwei Hälften, womit die kleinsten Gänge schon mal wegfielen. Immerhin hatte sie für den ersten Anstieg noch alle Gänge zur Ver- fügung. Hätte also schlimmer kommen können. :-) Die Euphorie über die bislang unent- deckten Kräfte schlug sich dann auch gleich in einem höheren Tempo nieder - und zwar
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 für alle. Die Strecke änderten wir leicht ab zugunsten der etwas flacheren Teer- straßenauffahrt. Zu sehen gab es neben tollen Panoramen auch schicke Autos. Am Ka- rerpass gab es dann erst mal ein Päuschen, bevor es im Wald recht steil, dafür aber auch schnell zur nächsten Eisdiele ging. Nach einer kurzen Radwegstrecke erreichten wir unser nächstes Ziel: die Gondelbahn Predazzo-Gordone um ins Latemargebirge zu ge- langen. Einige in der Gruppe hatten an diesem Tag noch zu viel Energie und wollten sich bis zur Mittelstation selbst quälen. Karen wollte, konnte aber nicht. Ich konnte, wollte aber nicht. Aufopferungsvoll bot ich Karen mein Rad an und nahm mit ihrem angeschlagenen Rad die Gondel. Ich bin endlich angekommen: Im Urlaub, und niemand fand das komisch. Von oben gesehen erinnerte mich der Weg an den Schinder zur Mitteralm, nur dass hier die gesamte Strecke so steil war. Während sich die anderen plag- ten, freute ich mich auf der Mittelstati- on umso mehr über mein Nickerchen. Nachdem alle Räder und Radler die zweite Sektion bis zur Bergstation mit der Seilbahn fahren durften, umrundeten wir die zweite Hälfte des Latemargebirges und rollten dann im Auf und Ab durch die Dörfer zurück ins Hotel. Am Sonntag befuhren wir die Rosengarten-Querung von Welschnofen über den Niger- pass. Karen war mit einem Leihrad wieder bestens ausgerüstet. So plagten wir uns erst auf steilem Teer und dann eine Schotterstraße bis zum Nigerpass. Ab hier führte uns ein wunderbarer Weg unterhalb des Rosengartens entlang und wir konnten den Blick auf die westlichen Vajolettürme genießen. Die Querung zum Karerpass über Wiesentrails und Wurzelpassagen forderte noch unseren Mut und unser technisches Können. Zum Ab- schluss ließen wir die Räder die Passstraße runterrauschen, nochmal vorbei am Karer- see, bis zum Hotel. Insgesamt erlebten wir drei sehr entspannte, von Helga und Rainer top organisierte Tage in herrlicher Landschaft bei bestem Wetter.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 GRANDE TRAVERSATA DELLE ALPI TEIL II Von Markus Tiefenthaler Wie bereits angekündigt, entwickelt sich diese Geschichte zu einem Fortsetzungsroman. Erneut wollen wir im August 2018 innerhalb von zwei Wochen mehrere Etappen der GTA unter die Sohlen nehmen. Diesmal soll es vom „eigentlichen“ Startpunkt der GTA in Moli- ni di Calasca bis ins Aostatal gehen. Insgesamt elf Etappen sind vorgesehen, wir haben also genug Puffer, um auch mal einen Ruhe- oder Schlechtwettertag zu verbringen. Aber wieder wird es ein bisschen anders kommen … Wir beschließen, diesmal umweltverträglicher anzureisen, aber die beteiligten Bahnen machen es uns nicht wirklich leicht. Von vereinigtem Europa kaum eine Spur. Eine allge- meine Preisauskunft im Internet? Fehlanzeige. Durchgehende Züge? Fehlanzeige. Spar- preise? Große Fehlanzeige. Ja, es gibt solche, aber man hätte mindestens sechs Monate vorher fest buchen müssen. Und die kürzeste Route über die Schweiz ist preislich so- wieso keine Option. Auf der Suche nach einer Alternative kommt man kaum an den Fern- bussen vorbei und so wählen wir diese Option. Zwei Personen für knapp 50 Euro von München nach Mailand? Kaum zu glauben, aber wahr. Der Bus ist voll, die Nachtfahrt auch nicht wirklich ein Vergnügen, doch auf die Minute pünktlich erreichen wir den zent- ralen Busbahnhof in Mailand. Es ist alles ziemlich knapp durchgetaktet, denn am Sams- tag fährt genau ein passender Bus von Domodossola nach Macugnaga, den es zu erreichen gilt. Und es klappt alles wie am Schnürchen. Dank eines Italieners, der uns in Mai- land mit dem Ticketautomaten hilft und der Entscheidung, den teureren Schnellzug zu nehmen, haben wir in Domodossola noch die Zeit für einen Cappuccino . Gegen Mittag spuckt uns dann der Bus im Valle Ancasca aus und ab jetzt geht es nur vorwärts, wenn wir unsere Beine bewegen. Also die Rucksäcke geschultert und sofort hinein in die Einsamkeit. Bis auf ein paar Goldsucher und ein kalifornisches Paar auf der Biwakhütte wird uns an diesem ersten Tag niemand mehr begegnen. „Weicheier“ vermei- den diese erste Etappe, denn zum einen führt sie auf einem steilen Schinder mit wenig Aussicht bergauf und zum anderen wartet am Ende des Tages eine unbewirtschaftete Hütte. Wir aber können diesen Tag nutzen, um einen Gang zurückzuschalten. Grandio- sen Natur hätten wir nach der Nachtfahrt ohnehin nicht wirklich genießen können. Die Kalifornier haben eine ganz eigene Einstellung zum Biwak, aus ihrer Sicht ist das schon purer Luxus, denn in ihrer Heimat ist meist das eigene Zelt mitzutragen. Hier aber waren Betten und Decken, ein Herd und Holz und sogar ein Gasofen zum Kochen da.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Jedes Jahr seit der Pensionierung, so erzählten sie uns, kämen sie für 30 Tage nach Europa, um die fantastische Infrastruktur in den Alpen mit Hütten und markierten Wegen zu genießen. Sehr früh am nächsten Morgen machen wir uns auf, denn die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass häufig am strahlenden Himmel rasch Quellwolken entste- hen, die dann jede Sicht auf den Graten oder Übergängen verdecken. Das wollen wir nicht, denn bereits heute verspricht der Führer einige grandiose Blicke in das nahe Wallis und besonders die Monte-Rosa-Gruppe. Kalter Wind lässt uns noch ein wenig schau- dern, aber der Weg sorgt für rasche Durchblutung und die perfekte Sicht für zusätzliches Adrenalin. So beschließen wir gleich am ersten Übergang, die Rucksäcke stehen zu lassen und auf den nahen Pizzo Camino aufzusteigen. Gold- richtige Entscheidung, denn vom Val d‘Ossola zu unseren Füßen über das Val Grande (siehe Panorama 6) bis zu den blinkenden Viertausendern des Wallis und des Berner Oberlan- des reicht der Blick. Weit unten kommt allmählich auch das Biwak Alpe del Lago in die Sonne. Durch einen weiten Talkessel mit Schwarzerlen erreichen wir den Lago di Ravinella. Ein Bad ist nicht zu vermeiden, allerdings führen die glitschigen Steine am Ufer dazu, dass ein Blitzstart in das tiefe Wasser fällig wird. Selbst Ende August ist das Wasser in über 2000 Metern Höhe eindeutig erfrischend. Noch ein kurzer Umweg auf die Cima Ravinella, wo Einheimische eine Bergmesse feiern. Lange noch sehen wir während des Abstiegs den Priester in seinem weißen Gewand auf dem Gipfel stehen. Unsere zweite Nacht verbringen wir im Posto Tappa von Campello Monti. Die Unterkunft ist im alten Schulhaus eingerichtet worden und sehr gut gepflegt. Die Familie eines Bauern, der in der Nä- he eine Alm bewirtschaftet, unterhält die Räumlichkeiten. Ein schönes, erstes Beispiel dafür, wie sich entlang der GTA in ehemals verlassenen Bergdörfern des Piemont wieder Leben entwickelt (der letzte Bewohner von Campello Monti, der dort ganzjährig lebte, ist schon 1980 verstorben). Ehemalige Einwohner oder deren Nachkommen kehren zurück und richten in leerstehenden Häusern Wohnungen und Wirtschaften ein. Viele werden auch verkauft und als Ferienhäuser genutzt. Und auch, wenn sich diese Nutzungen sehr von dem früheren Leben hier unterscheiden – es
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 ist immerhin Leben und die wunderschönen Orte sind vor dem Verfall gerettet. Im Winter stehen die Häuser allerdings nach wie vor leer. Leider eignen sich die Berge rundherum wegen der Steilheit meist wenig zum Skitourengehen, ansonsten wäre das sicher eine interessante Option. Auch der dritte Tag sieht uns bereits sehr früh unterwegs. Die Etappe sollte zwar nicht allzu lange sein, aber wieder verführt uns das traumhafte Bergwetter zu einer Variante: Von der Bocchetta die Campello, biegen wir ab, um über den langen Kammverlauf auf die Cima Altemberg zu steigen. Der deutsch anmutende Name ist vermutlich kein Zufall, denn wir nähern uns nun dem Herzland der Walser. Auf der Bocchetta die Campello ha- ben die Bewohner der Bergdörfer viele hundert Jahre lang im Winter ihre Toten abgelegt, damit sie von der anderen Seite abgeholt und auf dem Friedhof beerdigt werden konnten. Immer wieder treffen wir große Schaf- und Ziegenherden, zum Teil mit Hirten, zum Teil von Herdenschutzhunden bewacht, denn auch Wölfe sind hier zu- nehmend wieder heimisch. Überall wird auf Schildern ge- warnt, sich den Herden zu nä- hern, da die Hunde dies als Be- drohung auffassen könnten. Schlecht, wenn dann eine Herde mit mehreren 100 Tieren den Weg blockiert. Eine Umgehung ist häufig wenig ratsam in dem steilen Gelände. Oft sind es junge Leute, die wir bei den Herden oder auf den Almen treffen. Manche, wie den Senner der Alpe Maccagna, verbindet die Tradition mit ihrer Alm. Seine Familie be- wirtschaftet diese bereits in vierter Generation. Erreichbar ist sie nur zu Fuß mit Tragetie- ren in einem gut dreistündigen Marsch. Täglich werden auf der Alm 20 kg Käse produ- ziert und am Ende des Sommers ins Tal gebracht. Wir treffen den Senner, wie er mit Kopfhörern auf den Ohren den Dung der Tiere auf den Wiesen verteilte. Der größte Teil des Käses ist schon ins Tal gebracht worden und wir können gerade noch ein ordentliches Stück des Toma di Maccagno ergattern. Zurück zu unserem dritten Tag: Ziel ist die Gemeinde Rimella (gegründet 1256). Ihre einzelnen Weiler verteilen sich auf einem Höhenrelief mit fast 1000 Metern Höhenunterschied. Postbote sein war hier früher wohl kein Spaß. Mittlerweile sind aber alle Ortsteile an den
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Südwesthängen über eine Straße erreichbar. Wie gesagt befinden wir uns nun im Herzen des Siedlungsgebietes der Walser. Diese deutschsprechende Gruppe, die ab dem 12. Jahrhundert aus dem Oberwallis heraus die Hochlagen der italienischen Südalpen bis zum Arlberg und Kleinwalsertal besiedelte, gründete dort die ersten Dauersiedlungen. In Resten überlebte die Sprache bis heute und viele Worte können wir als Deutsche – oder besser gesagt als Bayern – noch verstehen, wie etwa den Ausdruck Schupf. Grund für die Wanderungsbewegung war der Bevölkerungsdruck im Oberwallis, aber auch die politische Unterstüt- zung durch die Grafen von Biandra- te, denen Gebiete beiderseits des Hauptkammes gehörten. Im Gegensatz zur Italienisch spre- chenden Talbevölkerung, die klas- sischen Ackerbau betrieb, der in höheren Lagen nicht mehr möglich war, lebten die Walser überwie- gend von der Vieh- und Waldwirtschaft. Ein nicht unerheblicher Teil des Einkommens stammte aus Handel und Transport. Daher errichteten die Walser auch ein Netz guter Verbindungswege, von denen der GTA-Wanderer auch heute noch profitiert. Ab dem 18. Jahrhundert waren dann besondere handwerkliche Kenntnisse der Walser gefragt, so zum Beispiel die Verarbeitung von Stuck und Stuckmarmor. In der Folge verließen die Männer oft für den ganzen Sommer ihre Dörfer, um in den italienischen Städten zu arbei- ten. Manche fanden auch Anstellungen in München oder sogar in St. Petersburg. Die ganze landwirtschaftliche Arbeit daheim, inklusive der Wegebautätigkeit, blieb an den Frauen hängen. Besonders in Erinnerung ist mir ein Foto aus einer Ausstellung in Pede- monte, auf dem Frauen als Lasten- trägerinnen für Hochtouristen deren Bergausrüstung in riesigen Kiepen auf den Berg tragen, während die Herren Touristen entspannt hinten- drein wanderten. Berühmt ist die Unterkunft in Rimel- la für ihre Verpflegung. Drei Stun- den zelebrieren wir das Essen, immer wieder kommt eine Vorspei- se, mal ein besonderer Käse, dann wieder selbst gemachte Ravioli oder Salami und Schinken aus dem Tal. Das Gefühl nach einem langen Wandertag ohne Reue nach Her- zenslust essen zu können – und dann auch noch in dieser Qualität – gibt der Wanderung auf der GTA noch einmal eine ganz besondere Note.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Am vierten Tag wird es etwas später, denn das erstklassige Frühstück wollen wir nicht hinten lassen. So ist es bereits 9 Uhr, als wir den Bise Rosso auf einer Hängebrücke überschreiten. Überall führen die Materialseilbahnen zu den Weilern am unglaublich steilen Gegenhang. Es ist uns absolut nicht klar, warum Menschen hier Dörfer anlegten. Noch heute führen keine Straßen hierher und daher sind die meisten Orte auch komplett verlassen. An- ders in La Res. Dort wird sogar die Kapelle wieder neu mit den üblichen Steinplatten gedeckt. Am Vortag haben wir vom Gegenhang aus beobachtet, wie der Hubschrauber die Platten absetzte. Die Arbeiter werkelten mit Hochdruck, weil Kirchweih kurz bevorsteht. Es war ein Genuss zu sehen, wie jeder Schlag auf die mächti- gen Platten sitzt und immer genau das richtige Stück abbricht, damit sich die Platte per- fekt in das Dach einfügt. Wer ko, der ko! Im Tal des Mastallone angekommen, müssen wir für ein paar Kilometer die Teerstraße benutzen, aber es ist einer der wenigen asphaltierten Abschnitte dieses Jahres.. In der Tat werden wir erst am letzten Tag Almwirtschaftsstraßen sehen. Wenn ich dagegen an unsere von Forst- und Almstraßen geradezu überzogenen bayerischen und österreichi- schen Alpen denke, ist das schon ein Riesenunterschied. Natürlich ist auch mir klar, dass die Almen bei uns sonst nicht mehr bewirtschaftet würden, aber das Beispiel Piemont zeigt, dass es auch mit mehr Zurückhaltung gehen könnte. Ein letzter und langer Anstieg durch den wilden Talschluss führt hinauf zur Alpe Barranca. In den 1990er- Jahren wäre die Alm beinahe Opfer eines Bergsturzes geworden. Die riesigen Felsblöcke kamen direkt hinter der Hütte zum Stehen. Dicker kam es dann 2014, als die Alm bis auf die Grundmauern abbrannte. Nur durch die Unterstützung eines Ver- eins konnten Alda und ihr Mann die Hütte wiederaufbauen und der Stützpunkt steht wei- terhin zur Verfügung. Für das Abendessen in der Alpe Barranca steht genau ein Menü zur Auswahl. Erleichtert, dass uns keine große Speisekarte das Leben schwer macht, lehnen wir uns auf der Ter- rasse zurück und trinken noch einen Milchkaffee. Und wie nicht anders erwartet, ist das Essen wieder mal eine Wucht. Gegessen wird wie immer gemeinsam an einem Tisch.
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 Inzwischen haben wir einige nette Leute kennengelernt, die wir jeden Abend wieder in der Unterkunft treffen. Meist hat man ja wenig Alternativen. Es ist schon interessant wer sich aus welchen Gründen auf den Weg gemacht hat. Da ist Cory, bereits seit drei Mona- ten unterwegs und von Wien aus gestartet zur klassischen Alpendurchquerung. Oder die Paare aus Mainz und Frankfurt: Eigentlich typische Flachländer, die irgendwie von die- sem Weg erfahren haben und neugierig geworden sind. Nun schinden sie sich ganz or- dentlich auf den Etappen, aber die Begeisterung ist riesengroß – okay, auch die Ahnungslosigkeit … Es ist gut, dass das Wetter stabil ist und sich die alpinen Gefahren in Grenzen halten. Wir erzählen ihnen von den Gumpen, in denen wir an diesem sehr heißen Nachmittag gebadet haben. Natürlich ist ihnen das Wort kein Be- griff und wir versprechen ihnen, dass sie eine Gumpe erkennen, wenn sie daran vorbeikommen. Am nächsten Tag erzählen sie uns dann strahlend, dass sie zum ersten Mal in einer Gumpe gebadet haben. Oder die Biobäuerin aus dem Schwarzwald, die nach Jahren voller Arbeit, in denen sie den Hof in Schwung gebracht hat, den ersten längeren Urlaub macht und jeden Schritt einfach nur genießt. Am nächsten Morgen sind wir wie üblich die ersten vor der Hütte. Per- fekt angelegt führt der alte Saumweg hinauf zum Lago Barranca, in dem sich die Berge im ersten Sonnenlicht spiegeln. Auf dieser Hochfläche hat sich der Traktoren- und Autofabrikant Vincenzo Lancia Anfang des 20. Jahrhunderts seinen Traum von Ein- samkeit erfüllt. Auf einem Absatz über dem See errichtete er die Villa Aprilia, die mich in ihrer Fremdartigkeit in dieser Landschaft ein wenig an das Schachenhaus erinnert. Leider stehen nur noch einige Mau- ern, denn deutsche Soldaten sprengten die Gebäude 1944, weil sie darin einen Partisa- nenunterschlupf vermuteten. Lange zieht sich dann der Weg am Hang entlang, bis der Colle d‘Egua erreicht ist. Zum ersten Mal hüllt uns heute der bereits bekannte Hangnebel ein und es ist vorbei mit den fantastischen Aussichten der letzten Tage. Schade, denn auch hier soll die Sicht auf den Monte Rosa nochmal besonders schön sein. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen, noch auf den Gipfel des Il Cimone zu steigen. Nur wenige Steinmänner und eine schwa- che Pfadspur weisen den Weg durch das felsige Gelände und über den Grat. Im Abstieg
SEKTION BERGBUND E.V. ROSENHEIM DES DAV JAHRESHEFT 2019 kehren wir noch auf dem Rifugio Boffalora ein. Es dauert ungefähr 15 Minuten, bis die Kollegen auf der Hütte verstehen, dass wir ein Bier, zwei Cappuccino und zwei Kuchen wollen. Bier und Cappuccino geht offenbar überhaupt nicht zusammen. Gerade ist das Mittagessen fertig und aus dem Tal sind viele Wanderer gekommen. Wie üblich wird aus einem Topf serviert und unsere Mitwanderer werden vertröstet, bis alle die reserviert ha- ben, verköstigt sind. Zum Glück bleibt noch einiges für sie übrig. Bei uns hätte ein Hütten- wirt wohl schnell einen sehr schlechten Ruf, wenn er zur Mittagszeit seine Gäste nicht verköstigen könnte. Allerdings werden viele der Hütten im Piemont abwechselnd von Vereinsmitgliedern betreut. Knapp 1000 Höhenmeter tiefer erreichen wir dann Carcoforo. Unglaublich nah sind hier die Häuser zusammengebaut, denn jeder Meter der umliegenden Ebene sollte als Wei- defläche genutzt werden. Heute ist man da großzügiger, denn ein asphaltierter Parkplatz fast in der gleichen Größe wie das Dorf „verschönert“ das Landschaftsbild. Über den Colle del Termo erreichen wir tags darauf Rima. Ein kurzer Abstecher führt uns vom Grat auf die Cima Trasinera. Einige der Gipfel hier sind im wahrsten Sinne des Wor- tes „beschissen“, denn die vielen Schafe düngen den Gipfel so, dass man sich nirgendwo hinsetzen kann, geschweige denn mag. In Rima übernachten wir wieder einmal in einem Posto Tappa. Das alte Walserhaus ist fast schon luxuriös renoviert. Vor der Unterkunft passieren wir den Kirchturm der Pfarrkirche von Rima. In gut sechs bis acht Me- tern Höhe befinden sich Markie- rungen, die die maximalen Schneehöhen aus den Jahren 1845 und 1888 anzeigen. Rima war Zentrum der Stuckateure und Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts eine wohlhabende Gemeinde. Große Gebäude künden auf einem Spaziergang durch die Stra- ßen von der einstigen Bedeutung. Der Wetterbericht kündigt für mindestens zwei Tage eine Störung an. Um den Regenfäl- len zumindest für diesen Tag noch zu entkommen, starten wir sehr früh in Richtung Colle Mud. Am Anfang scheint noch die Sonne, während wir an verfallenen Almen vorbei höher steigen. Hier ist das Almgelände weniger günstig, sodass die Almen bereits lange aufge- geben wurden. Nur in den Zeiten des höchsten Bevölkerungsdrucks wurden sie bewirt- schaftet. Kurz vor dem Übergang kommt ein kalter Wind auf und es beginnt zu regnen. Da kommt das Refugio Ferioli gleich hinter der Passhöhe gerade recht. Die zwei Vereinskollegen, die in dieser Woche die Hütte bewirtschaften, lassen uns in der Küche sitzen, weil sie
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