Kons Zeitung des Tiroler Landeskonservatoriums - 12 PORTRÄT
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kons Zeitung des Tiroler Landeskonservatoriums 4 6 12 ENTRADA SCHWERPUNKT PORTRÄT TALENTE FINDEN UND EMP AM TLK SIGGI HAIDER FÖRDERN Heft Nr. 22 Frühjahr 2019
Impressum Herausgeber: Tiroler Landeskonservatorium Paul-Hofhaimer-Gasse 6 6020 Innsbruck Tel.: +43(0)512 / 508-6852 Fax: +43(0)512 / 508-746855 www.konstirol.at Email: kons.redaktion@tsn.at Redaktion: Mag. Sebastian Themessl Mag. Dr. Gabriele Enser Dr. Stefan Hackl Harald Pröckl Marinus Kreidt Michael Leitner Elias Praxmarer Dir. Dr. Nikolaus Duregger Grafikkonzept: Theresa Neuner Grafik: Manfred Gruber Für den Inhalt verantwortlich: Dir. Dr. Nikolaus Duregger Druck: studia 2 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Editorial / Inhalt Das Finden und För- Entrada: dern der vielen Talente Tirols ist uns freudiger Talente finden Auftrag und heilige und fördern 4 Pflicht. Schon bisher erfolgreich in diesem Gefilde, verstärken wir noch das Bestreben: in- stitutionalisiert, systematisiert und aus- Schwerpunkt: gebaut findet sich die Talenteförderung explizit im neuen Statut wieder. Das hef- Elementare Musik- tig akklamierte Konzert unseres Orches- pädagogik am TLK 6 ters, das sich im März im Großen Saal des Hauses der Musik ereignete, war auch ein herrlich tönender Beweis für die Leis- tungsfähigkeit unserer sehr jungen Vor- bereitungsstudentInnen (die vor allem im Porträt: Streicherapparat zahlreich vertreten wa- ren) und für die Sinnhaftigkeit, sie vehe- Siggi Haider 12 ment zu fördern und durch Meisterwerke wie Tschaikowskis „Fünfter“ feurig zu fordern. Die Entrada präsentiert proudly das Precollege! Doch wie entdecken Kin- der die elementare Kraft der Musik, die so machtvoll Körper und Geist und Seele Terminkalender 19 erfasst, Bewegung, Tanz und Sprache diri- giert? Sehr oft durch die Elementare Mu- Kooperationen 20 sikpädagogik! Es ist höchste Zeit, dieser Wegbereiterin und Erlebbarmacherin der Vorschau 26 Musik die gebührende kons-Aufmerk- samkeit einzuräumen, ihr und ihren Pro- tagonisten. Geschieht hiermit vielseitig! Und wenn Sie unserem Ensemble kons- tellation beim 10-Jahre-Jubiläumskonzert im ORF Ihren Besuch schenkten, würden Forum 30 Sie vielfach – sich und ihm und unseren Komponisten – Freude bereiten. kons22 Fermate 34 will das auch. Nikolaus Duregger Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 3
Entrada Talente finden und fördern Precollege am Tiroler Landeskonservatorium Zuerst war es eine Ansammlung von Mög- Wir messen natürlich nicht, wir halten lichkeiten: Seit dem Jahr 2014 entwickelt Aufnahmeprüfungen ab. Wir wollen mu- das Tiroler Landeskonservatorium ge- sikalisch „Begabte“ (Begabung, allgemein meinsam mit dem Landesschulrat (heute definiert als Potenzial eines Menschen zu Bildungsdirektion) für Tirol und den Mu- außergewöhnlichen Leistungen) finden sikschulen des Landes quasi experimentell und fördern, damit später aus ihnen „Ta- eine Reihe von vernetzten Unterrichtspro- lente“ (definiert als Potenzial für beson- jekten. Guitarmania, Heran!Tasten, Junior- dere Leistungsfähigkeit in bestimmten Masterclass für Violine bzw. Violoncello, Bereichen, wenn bereits ein bestimmtes Anstimmen – so einige Namen für un- Niveau erreicht wurde – also gleichsam terschiedliche Herangehensweisen und die realisierte Begabung) und „exzellente“ Konzeptionen rund um das Thema Bega- Musiker und Musikerinnen werden. Das bungsförderung in der Musik. Vieles wur- Finden geschieht zumeist in der (Musik-) de erprobt und getestet. Herausgekommen Schule, manchmal schon in der elementa- ist dabei jetzt ein neues Curriculum für alle ren Musikpädagogik oder musikalischen Instrumente und Gesang, das am 1. Febru- Früherziehung, normalerweise im ersten ar 2019 in Kraft getreten ist. Instrumental- oder Gesangsunterricht, Erste wissenschaftliche Diskurse um die in der Jugend-Band, in der Blasmusik, im Begriffe Wunderkind, Musikalität und Kinder- und Jugendchor. Musiklehrende musikalische Begabung werden bereits und Eltern sind diejenigen, denen ein be- im frühen 19. Jahrhundert geführt. Gegen sonderes Interesse an Musik oder für ein Ende des Jahrhunderts beginnt man sich bestimmtes Instrument zuerst auffällt. mit unterschiedlichen Erscheinungsfor- „Wie wird man aber musikalisch? Nicht men von Musikalität auseinanderzuset- dadurch, dass du dich einsiedlerisch Tage zen (Theodor Billroth, später Johannes von lang absperrst und mechanische Studien Kries), und vor genau hundert Jahren ent- treibst, sondern dadurch, dass du dich in wickelt Carl Emil Seashore im Sog der sich lebendigem, vielseitig-musikalischem Ver- gerade etablierenden Intelligenzforschung kehr erhältst, namentlich dadurch, dass du den ersten Test zum Messen von „Musical viel mit Chor und Orchester verkehrest.“ Talent“. Was im 18. und 19. Jahrhundert Das weiß schon Robert Schumann: Be- „Genie“ war, ist heute „Hochbegabung“. gabung und Förderung müssen Hand in Die Förderung diverser Begabungen rückt Hand gehen. Das Fördern braucht vor al- in den vergangenen Jahren immer mehr in lem auch die richtige Umgebung zur Ent- den Fokus von Bildungsinstitutionen. Mitt- faltung; Unterricht am Instrument bzw. lerweile bietet jede musikalische Bildungs- mit der Stimme ist wichtig und genügt einrichtung in Österreich spezifische Kurse doch allein nicht. Motivatoren, Verstär- bzw. Studienmöglichkeiten für besonders kungen, Anreize und Herausforderungen interessierte junge Menschen an. künstlerischer und sozialer Art bilden die 4 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Entrada notwendige Basis eines umfassenden För- sikalische Förderung in allen stilistischen Abschlussmatinee derprogrammes. Heran!Tasten (Klavier Bereichen erfahren wollen. Die am TLK und Akkordeon) Daher hat sich das Tiroler Landeskonserva- grundsätzlich ermöglichte Einbindung am 10.03.2019 torium dazu entschlossen, in Zusammen- junger Talente in ein Umfeld aus Studie- im Studio 3, ORF Tirol arbeit mit den Musikschulen im Land allen renden wirkt motivierend und sichert die Foto: Leopold Volgger musikbegeisterten Jugendlichen vielfältige Qualität der musikalischen Ausbildung. Unterstützungen in Form von zusätzlichem Das Vorbereitungsstudium ist offen für Unterricht, Ensembleprojekten, Improvisa- alle Instrumente, für Komposition und Ge- tion und angewandter Musiktheorie, Auf- sang. Ein paar praxisergänzende Fächer im trittsmöglichkeiten, Workshops und Som- Angebot bieten eine integrative Sicht auf merprogrammen anzubieten. Vieles davon Musiktheorie. ist noch in Arbeit, einiges ist schon im neu- c) Die Studienvorbereitung wendet sich be- en Curriculum festgeschrieben: sonders an jene Personen, die sich gezielt Ab sofort gibt es im Vorstudienbereich am auf die Zulassungsprüfung in ein Vollstu- TLK ein Drei-Säulen-Modell: dium vorbereiten möchten. Das bedeutet a) Die Talenteförderung erfolgt in Zusam- auch, dass eine Reihe theoretischer Fächer menarbeit mit den Tiroler Musikschulen, inkl. Klavierunterricht besucht werden geführt unter Patronanz des Landeskon- muss. servatoriums. Das bedeutet, dass junge Ta- Das Modell ist durchlässig, das heißt, man lente aller Instrumente (inkl. Gesang) aus kann natürlich auch Stufen überspringen, allen stilistischen Bereichen hier die Mög- sofern man den Anforderungen entspricht. lichkeit haben, über den Besuch des Musik- Im Mittelpunkt stehen jedenfalls die jun- schulunterrichts hinaus in regelmäßigen gen Musizierenden, die wir früh genug Abständen zusätzlich am TLK unterrichtet auf einen möglichen Beruf in einer Musik- zu werden. Die Lehrenden beider Instituti- schule, einem Orchester, einer Schule, auf onen arbeiten in enger Abstimmung mitei- der Bühne vorbereiten wollen. Und wenn nander im vernetzten Unterricht. es nichts wird mit dem ursprünglichen b) Das Vorbereitungsstudium ist zugleich Traumberuf – die Ohren sind dennoch der Eintritt in das Tiroler Landeskonserva- weit offen für diese wundervolle, flüchtige, torium. Hier werden vor allem Schüler und ungreifbarste aller Künste, die Musik. Schülerinnen angesprochen, die neben der Gabriele Enser schulischen Ausbildung eine vertiefte mu- Leiterin des Instituts für vorbereitende Studien Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 5
Schwerpunkt EMP „Für jeden erlern- und erlebbar…“ Elementare Musikpädagogik am TLK Elementare Musik ist gesamtleiblich er- Wahrnehmungsfähigkeit und Körperbe- fahrbar und erfasst den ganzen Menschen. wusstsein sowie der Erweiterung des per- Im Kontext des Unterrichtes bedeutet dies, sönlichen Ausdruckes zu. In der Improvi- alle Bereiche im Menschen gleichermaßen sation mit Musik, Bewegung und Stimme anzusprechen und auf das jeweilige The- sowie im vielfältigen Gestalten mit unter- ma bezogen vielfältige Verbindungen zwi- schiedlichen Werkstoffen erschließt sich schen körperlichen, seelischen und geisti- prozessorientiert das jedem Menschen gen Prozessen herzustellen. Wege dorthin innewohnende kreative Potenzial. In der setzen ihren Fokus deshalb auf vernetzen- Aneignung von didaktischen Kenntnis- de Vielfalt und ermöglichen Kontakt und sen und lebendig erfahrbarem entwick- Begegnung untereinander. lungspsychologischen Wissen erwächst Elementare Musikpädagogik ist etwas die Befähigung zu qualifizierter Leitung anderes als reine Vorbereitung auf den In- von Kindergruppen verschiedener Alters- strumentalunterricht. Sie ist eine sinnes- stufen sowie zu Erwachsenen-, Senioren- Elementare vernetzende und sinnstiftende Erfahrung und Inklusionsgruppen. Musik ist nie und sieht in Musik, Sprache, Tanz und Seit der Implementierung der EMP am Ti- Musik allein, Bewegung integrative Medien zur Persön- roler Landeskonservatorium im Jahre 1991 sie ist mit Be- lichkeitsentwicklung: haben 145 Studierende den Lehrgang er- wegung,Tanz Ressourcen erschließend – erlebnisakti- folgreich abgeschlossen. und Sprache vierend – prozessorientiert Der nächste Lehrgang beginnt im Septem- verbunden, sie ist eine Musik, EMP als Lehrgang wendet sich an Inter- ber 2019. Die Anmeldung ist möglich von die man selbst essierte aus pädagogischen und sozialen 1. April bis 31. Mai. Die Feststellung der tun muss, in Berufen oder einschlägiger Berufsqualifi- musikalisch-künstlerischen und körperli- die man nicht kation, welche sich neue Wege für die Un- chen Eignung erfolgt im Zuge einer Auf- als Hörer, terrichtspraxis aneignen wollen. nahmeprüfung. Nähere Infos unter www. sondern als Der Lehrgang dauert vier Semester. Zu konstirol.at Mitspieler den Unterrichtsfächern gehören Elemen- EMP als Schwerpunktfach kann im Rah- einbezogen ist. tare Musikpädagogik, Tanz- und Bewe- men der IGP-Ausbildung gewählt werden. Sie ist erdnah, gung, Didaktisches Praktikum, Pädagogi- Als Aufnahmevoraussetzung gilt die er- naturhaft, sche Psychologie, Instrumentalpraktikum folgreich absolvierte Aufnahmeprüfung körperlich, für Gitarre oder Klavier, Praktikum EMP und für das IGP-Studium. jeden erlern- Wahlfächer. und erlebbar, Lebendiges Lernen geht mit Begeisterung dem Kinde einher, weckt Neugier und Erkundungs- gemäß.“ lust und regt individuelle Lernprozesse (Carl Orff, an. 1963) Besondere Bedeutung kommt im Unter- richt der Anregung und Entwicklung von ... alles im Kasten? Fotos oben und rechts: Siggi Haider! 6 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Schwerpunkt EMP Modelle zur Ver- Plakat des EMP-Fach- bindung von Mu- bereiches des TLK für die EMP-A sik, Bewegung und (Verein zur Vernetzung Stimme; Praktikum aller universitären Gitarre), Almuth Ausbildungsstätten Österreichs). Schumacher-Möth www.emp-a.at (Pädagogische Psy- Fotos und Plakatgestal- chologie der EMP) tung Alli Schumacher- und Siegfried Hai- Möth und Siggi Hai- der; Layout Manfred der (Instrumentales Gruber. und vokales Gestal- ten; Bewegung und Tanz in der EMP; Fachbereichsleiter für EMP) Im Zuge der Neuor- ganisation des TLK wurde der Fachbe- reich EMP erwei- tert und heißt nun: Unterrichtsfächer sind Vokales und Ins- Fachbereich Inklusive und Elementare trumentales Gestalten, Tanz und Bewe- Musikpädagogik. gung, Didaktik der EMP, Didaktisches Somit ist nun auch schriftlich verankert, Praktikum, Modelle zur Verbindung von was in der EMP praktisch bereits seit vie- Musik, Bewegung und Stimme, Wahlfä- len Jahren Selbstverständlichkeit ist: Ein cher. Angebot der Inklusion und Vielfalt für Das EMP-Schwerpunktfach haben bisher alle Menschen unter besonderer Berück- 148 Studierende erfolgreich abgeschlos- sichtigung ihrer individuellen Bedürf- sen und unterrichten jetzt größtenteils im nisse sowie ein Angebot, Musik von der Rahmen des Tiroler Musikschulwerkes, frühen Kindheit an bis ins hohe Erwach- acht Studierende sind derzeit in Ausbil- senenalter, vom Studierenden hin bis zum dung. Kursteilnehmer, ganzheitlich erleb- und Zum EMP-Team am TLK gehören Clau- erfahrbar werden zu lassen. dia Bauer (Grundlagen der EMP; Didakti- Das Tor in die Welt der Musik – und auch sches Praktikum: von Eltern-Kind-Gruppe ins Tiroler Landeskonservatorium – ist bis Senioren), Christine Knoll-Kaserer (Di- weit geöffnet. daktik der EMP; Didaktisches Praktikum), Frajo Köhle (Didaktisches Praktikum; Alli Schumacher-Möth/ Siggi Haider Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 7
Schwerpunkt EMP „All Inclusive!?“ Symposium einer inklusiven Musik- und Tanzpädagogik Was muss sich ändern, damit musik- und tanzpädagogische Angebote für jeden Menschen Möglichkeiten bieten, sich künstlerisch zu entfalten und aus- zudrücken? Diese Frage stand im Mittel- punkt des Symposiums „All Inclusive!?“ vom 12. bis 13. Oktober 2018 im Haus der Musik in Innsbruck. Als Koopera- tionsveranstaltung der drei führenden Musikausbildungsstätten Tirols (Tiro- wer und was in einer Gesellschaft „An- ler Landeskonservatorium, Universität dersheit“ definiert. In welchen Bezug wird Mozarteum Salzburg/Innsbruck, Tiroler das Anderssein gesetzt? Wer bestimmt, Landesmusikschulwerk) war die Tagung welche sprachliche Bilder den Diskurs ebenso Forum für praktische Workshops beherrschen? Dieses Infragestellen gesell- wie Podium für den wissenschaftli- schaftlicher Übereinkünfte kann natür- chen Austausch und lockte mehr als 180 lich zu Reibungen führen, weshalb mit Teilnehmer*innen nach Innsbruck. dem Nachdenken über Inklusion auch ein Anders als Integration geht Inklusion Neudenken von Konflikten einhergehen nicht von einer Mehrheitsgesellschaft muss. Ansonsten besteht die Gefahr, dass aus, in die eine als das Besondere gelten- der Begriff Inklusion zu einem inflationä- de Außengruppe eingegliedert wird. Alle ren „Wohlfühlbegriff“ wird. Menschen werden als gleichberechtigt Obwohl festgeschrieben ist, dass die Er- Foto unten: Das Organisations- betrachtet, die von vornherein und unab- möglichung der Teilhabe aller an Kunst team: Christine hängig von persönlichen Merkmalen oder und Kultur staatliche Pflicht ist (vgl. Art. Knoll-Kaserer, Heike Voraussetzungen Teil des Ganzen sind. 30, Abs. 2, UN-Behindertenrechtskon- Henning und Die individuelle Andersheit wird akzep- vention), sind Institutionen oft selbst an Andrea Albrecht. Alle Fotos: tiert, ohne dass unhinterfragte „Normali- der Konstitution von Ausschlusskriteri- Wolfgang Alberty täten“ unbewusste Ausschlüsse einzelner en beteiligt und rational-wirtschaftliche Personengruppen Überlegungen ausschlaggebend für die provozieren. Dazu Gestaltung der Welt. Beeindruckend legte gehört jedoch, Michael Turinsky, Gewinner des Nestroy- sich der eigenen Preises 2017, in seinem Keynote-Vortrag (Mac ht-)Posit ion dar, dass die zwanghafte Funktionstüch- und des eigenen tigkeit des Körpers eine der Folgen ge- Weltverständnis- normter Strukturen ist. Was aber, wenn ses bewusst zu die abverlangte Synchronität für das ein- werden und zu zelne Individuum nicht passt? überdenken ist, Um nachhaltige Veränderungen herbei- 8 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Schwerpunkt EMP zuführen, sollte Vielfalt deshalb auf al- dagogik so eine De- und Reorganisation len institutionellen Ebenen zugelassen des tradierten künstlerischen Ausdrucks werden: Erstens auf der Personalebene, bewirken und es können egalitäre Lern- wo Strukturen so verändert werden soll- orte entstehen, die verbindend, gemein- ten, dass bislang marginalisierten Gesell- schaftsstiftend und generationen- und schaftsgruppen die aktive Mitwirkung kulturübergreifend wirken. auf höheren Hierarchieebenen möglich Dass eine diversitätsorientierte Realität ist. Zweitens auf der programmatischen möglich ist, zeigten beim Symposium Ebene: Zeigt sich Diversität tatsächlich im zahlreiche Workshops und Praxislichter: kulturellen Angebot? Zuletzt auf der Pu- Beispielhaft genannt sei die DanceAbility- blikumsebene: Wer nimmt die Angebote Methode, welche dem Leitsatz Wer atmen wahr – wer bleibt fern und aus welchen kann, kann auch Tanzen folgt. Christine Gründen? Kritisch ist in diesem Zusam- Riegler, DanceAbility-Trainerin und Roll- menhang auch, dass inklusive Gesten oft stuhlfahrerin, vermittelte in ihrem Work- von Nicht-Ausgegrenzten ausgehen und shop einen kreativen Ausdruckstanz, der Ausgegrenzten nur die Rolle der wohl- eine Form künstlerischen Ausdrucks und wollend Entgegennehmenden bleibt. kunst- und gesellschaftspolitische Hal- Als Konsequenz wurde auf dem Sympo- tung zugleich ist: Können/Nicht-Können, sium ein Umdenken hinsichtlich der (Be-) Getaktet-Sein/Nicht-Getaktet-Sein ver- Wertung künstlerischer Tätigkeiten gefor- schwimmen, sind gleichwertig und gleich dert: Wo das Individuum der Maßstab ist, wertvoll. dort gilt es allgemeine und scheinbar un- Wegweisend ist auch die Arbeit der umstößliche künstlerische Qualitätskri- POWERbandTIROL, einer Band mit terien und Regeln des Kulturbetriebs zu Musiker*innen mit Behinderung. Sie pro- hinterfragen. Wenn Schüler*innen wahr- ben regelmäßig unter der Leitung von genommen werden als fähige Individuen, Christoph Heiss und bestreiten öffentliche die nur bedingt vergleichbar in Entwick- Auftritte. Die Musizierfreude, der starke lung und Ausdrucksweise sind, wird das Zusammenhalt und das Empowerment eigene (Anders-)Sein zum Werkzeugkof- der Band waren beim Symposium live zu fer, der ein lustvolles Spiel zwischen dem erleben. In-Takt-Sein und Aus-dem-Takt-Geraten Was es braucht, um jedem Menschen die herausfordert. Durch eine Wertschätzung Möglichkeit zu geben, sich künstlerisch der Vielfalt eröffnet sich ein Blick, welcher auszudrücken? Den Mut, alte Strukturen individuellen Ausdruck quasi als eine und künstlerische Wertigkeiten zu hinter- neue Kunstform mit ganz eigener Ästhe- fragen, den Glauben ans Gelingen, eine tik behandelt, die eventuell nur passend prinzipielle Offenheit gegenüber dem An- für diese eine Gruppe oder Performance deren und den Willen zur Kooperation. ist. Im Idealfall kann Musik- und Tanzpä- Martina Fladerer Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 9
Schwerpunkt EMP Musizieren als Begegnung in der Bewegung Ein Gespräch mit Alli Schumacher-Möth Mitte Februar nachmittags um halb fünf sit- nachmittäglichen Musik-Kindergarten, ze ich Alli Schumacher-Möth im Café Central veranstaltet Elternabende und Instrumen- gegenüber. Auf dem Tisch Notizzettel, Schreib- tenbau-Workshops. Verwendete Materi- zeug, Brille, neben mir auf der Bank die vorbe- alien? U.a. Blechdosen und Autoreifen. In reiteten Fragen. Ganz unvermittelt im Hand- der Musikschule Neu-Rum unterrichtet sie umdrehen trägt uns das Gespräch weit weg von zehn Jahre lang Blockflöte und gibt vor al- klapperndem Geschirr, Stimmengemurmel und lem ORFF-Kurse. Ab 1981, nach der Geburt den locker sitzenden Sprüchen des Kellners hin der ersten von zwei Töchtern, engagiert sie zu elementaren Verwurzelungen des Mensch- sich auf der Suche nach Begegnungsräu- lichen, zur Wirkung von Sprache in verschie- men für Eltern mit Kindern im neu gegrün- denen Ausformungen und Kontexten, zu deten Eltern-Kind-Zentrum, hilft beim Wahrnehmung und künstlerischem Ausdruck, Aufbau, arbeitet in der Öffentlichkeitsar- Musizieren als Begegnung in der Bewegung, als beit, im Vorstand, übernimmt dann die Begegnung mit dem Anderen. pädagogische Leitung und schließlich die „Für meine Mutter war Musik immer sehr Gesamtleitung. Während ihrer 20-jährigen wichtig.“ Mehrstimmige Kanons begleiten Tätigkeit im Zentrum leitet sie Gruppen Alli Schumacher-Möth schon in Kinderta- zu unterschiedlichsten Themen: Die ersten gen, auf Reisen und Wanderungen. Sing- Eltern-Kind Musikgruppen entstehen dort wochen, Musizier- und Tanzwochen füllen 1985, ein musikpädagogisches Novum, das das Ferien-Angebot, Hausmusik (meist Ba- bald Aufsehen erregt und in privaten und rockmusik) belebt den Alltag. Mit fünf Jah- öffentlichen Räumen seine vielfältige Fort- ren lernt sie Geige und später Blockflöte; setzung findet. schließlich erhält sie Cellostunden bei Max Ich verliere den Überblick. Eine Chronologie der Engel. Und so können auch mal die Bran- Ereignisse? Schier unmöglich. Auf der Suche denburgischen Konzerte von Bach im elter- nach einem roten Faden, der dem dichten kont- lichen Wohnzimmer mit Alli Schumacher- rapunktischen Geflecht aus Lehren und Lernen Möth am Cello erklingen. seine Zielrichtung verleihen könnte, stoße ich im Ich muss gar keine Fragen stellen, noch nicht. Gespräch immer wieder auf Folgendes: Sie ist vorbereitet; geschärfte Wahrnehmung, Kreativer Körperausdruck, Bewegung und wache Augen, offenes Lächeln – Lebensakzen- Tanz in der leiblichen Verbindung von Kör- te und -anker breiten sich vor mir aus, starke per, Seele und Geist sowie unterschiedliche Überzeugungen werden spürbar. Zugänge zur Musik als Möglichkeiten der Der Start ins Berufsleben nach einer Kin- Entwicklungsbegleitung, das sind The- dergärtnerinnen-Ausbildung verläuft un- men, die Alli Schumacher-Möth seit jeher gewöhnlich und für Alli Schumacher-Möth antreiben. Und: das Interesse, die Neugier typisch: Die Gemeinde Patsch hat keinen am Mensch-Sein, am intersubjektiven Erle- eigenen Kindergarten. Also gründet sie ben menschlicher Begegnungen. 1977 in den Räumen der Volksschule einen Nicht verwunderlich also, dass sie nach 10 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Schwerpunkt EMP die Entwicklung von Begabungen, das Er- Alli Schumacher-Möth Foto: privat spüren von Grenzen, denn „an der Grenze passiert die meiste Entwicklung“. „Im individuellen Ausdruck erlebe ich das Wesenhafte des Menschen, wird seine Per- sönlichkeit sichtbar, greifbar, berührbar. ‚Sich zeigen’ ermöglicht ko-kreative Prozes- se in Kontakt und Begegnung mit anderen, eigenen Vorstellungen einen Lehrgang für gibt Raum für gemeinsames, wechselseiti- Integrative Kinder-Tanzpädagogik konzi- ges Schwingen in Resonanz, im Gespräch, piert, den sie über 30 Jahre lang anbietet in der Musik, im Tanz und bringt dadurch bzw. leitet. Lehraufträge bzw. Unterrichts- wieder Neues hervor. Gelebter Ausdruck tätigkeit und Fortbildungen zu verschie- hinterlässt Spuren – Spuren, die als Ein- densten Schwerpunkten folgen u.a. an druck wieder zurückkehren.“ der Musikschule der Stadt Innsbruck, im Schon lange unterrichtet Alli Schumacher- Treibhaus-„Jungel“, im Utopia (Workshops Möth am Tiroler Landeskonservatorium; für „alle“ Kinder, inklusiv und integrativ), sie konzipiert 1990 auf Einladung von Dir. in der Erwachsenenbildung, im Senioren- Dr. Bruno Wind gemeinsam mit Fach- heim, an der Universität Mozarteum Salz- bereichsleiter Siggi Haider, Suni Köberl, burg. Zwischen all dem findet sie sogar Zeit Marie-Louise Norz, Maria Spielmann und für ein Studium der Erziehungswissen- Emma Walch den dreijährigen Lehrgang schaften, daran schließen sich die Ausbil- für Elementare Musikerziehung, sie führt dung zur Psychotherapeutin im Fachspe- die Eltern-Kind Musikgruppen ein, lehrt zifikum Integrative Gestalttherapie sowie Fachpraxis, Fachdidaktik und Pädagogi- später das Masterstudium Integrative The- sche Psychologie. Der damals für Kinder- rapie an. Als Psychotherapeutin arbeitet sie gruppen gebrauchte Begriff ‚Musikalische heute in ihrer eigenen Praxis in Thaur, ist Früherziehung’ behagt ihr nicht. Sie ver- Schulpsychotherapeutin im Gymnasium misst darin die Selbsttätigkeit, denn „es an der Kettenbrücke sowie Lehrende und geht in pädagogischen Kontexten immer Lehrtherapeutin für Integrative Therapie darum, sich mit einem Menschen gemein- an der Donau-Universität Krems. sam auf den Weg zu machen und ihm, sei- Das Geschehen vergangener Jahre zieht wie ein nem individuellen Potenzial entsprechend, Strom an mir vorbei; immer wieder springe ich Möglichkeiten anzubieten, als Begleitung, hinein um Bedeutsamkeiten zu erspüren, Zu- nicht bestimmend.“ Im Musizieren begeg- sammenhänge zu erfahren, die Tiefen auszuloten. net man dem Anderen und sich selbst. Wir sprechen über die Wechselwirkung Draußen ist es dunkel. Die Zeit ist wie im Fluge zwischen Integration und Differenzierung vergangen. Zuhause angekommen, beginne ich als Lebensprinzip, die Bedeutsamkeit für sofort zu schreiben. Gabriele Enser Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 11
Schwerpunkt EMP Von inneren und äußeren Klangabenteuern Siggi Haider im Portät Als ich begann, über die künstlerische vorhanden). Parallel dazu spielte er mit Laufbahn von Siggi Haider zu recher- Vorliebe alles im Radio oder auf Schallplat- chieren, war ich über die enorme Vielsei- ten Gehörte nach, und mit 15 Jahren war tigkeit seiner Tätigkeiten erstaunt. Ich las er, nach begleitendem Klavierunterricht von zahlreichen CD-Aufnahmen, Eigen- am musischen Gymnasium BORG in der kompositionen, Tätigkeiten als Akkor- Fallmerayerstraße in Innsbruck, erstmals deonist, Sänger eines Gesangsquartetts Organist in der Band seines ältesten Bru- („Gratwanderer zwischen Alt und Tenor“), ders. Seit jeher sieht er das Zusammenspiel Bühnenmusiker, Filmmusikkomponist, mit anderen als eine außerordentliche Be- Improvisator, Musikpädagoge und wei- reicherung für das eigene musikalische teres. Siggi bezeichnet sich selbst als Mu- Schaffen an. siker und „Klangabenteurer“. Auf eine Zwischen dem 18. und 20. Lebensjahr holte Frage nach seinen zahlreichen Aktivitäten sich Siggi bei Ferry Strassl in Hall (damals entgegnete er, jeder müsse für sich selbst erste Instanz für Akkordeon in Tirol) in entscheiden, wie sinnvoll das Fokussieren unregelmäßigen Privatstunden – der wö- auf eine einzelne, konkrete Sache sei. Er chentliche Unterricht war mit Siggis per- beschreibt sich als einen Menschen, der sönlichen Lernzeiten nicht vereinbar – „In- bewusst alle Umwege und Seitenstraßen puts“, wie er selber sagt, und jede Menge auf seinem Lebenspfad erkunden und ken- Notenmaterial zum Eigenstudium, um vor nenlernen wollte. Gerade dadurch wurden allem seine technischen Fähigkeiten im ihm immer wieder, manchmal zufällig, Akkordeonspiel zu verfeinern. Türen geöffnet und Möglichkeiten gebo- Nach der Matura studierte er an der Pä- ten, Verschiedenstes auszuforschen. dagogischen Akademie mit dem Ziel, als Ersten Unterricht am Instrument Akkor- Hauptschullehrer tätig zu sein. Musik- deon, einem „tragbaren, polyphon spielba- schullehrer als Beruf hat Siggi von Anfang ren Balginstrument mit durchschlagenden an abgelehnt, ausschließlich seine Freizeit Zungen“ (W. Pirchner), erhielt Siggi Haider wollte er dem Musizieren widmen. Zu ver- von seinem Vater im Alter von vier Jahren. schult und schematisch waren für ihn die Bereits als kleiner Bub tauchte er mit sei- Ausbildung und der einzuhaltende Lehr- nen sechs Geschwistern in das musikali- plan. sche Umfeld der Eltern ein, die als Duett Spontanität, Improvisation und Experi- mit echten Tiroler Volksliedern auftraten. mentierfreudigkeit waren die wesentli- Ab dem sechsten Lebensjahr entpupp- chen Dinge, die seine musikalischen Tätig- te sich die Hausbank vor dem elterlichen keiten bestimmten. Wer seine „Atem- und Hof als seine erste Bühne. Während dieser Bewegungsschulung“, eine verpflichtende Zeit erhielt er über mehrere Jahre Privat- Lehrveranstaltung des Instrumental- und unterricht bei Prof. Walter Schneiderbau- Gesangspädagogischen Studiums (IGP), er (Musikschule war am Land noch keine besucht, weiß, dass auch Siggis Lehrtätig- 12 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Schwerpunkt EMP keiten von genau diesen Faktoren geprägt der Universität Mozarteum Salzburg. Die- Siggi Haider sind, die nicht zuletzt mancherlei verstaub- Foto: Max Moser sen Abschnitt bezeichnet Siggi Haider als (Wien) te Unterrichtspläne mit gewisser Frische wesentliche Weichenstellung in seinem Le- und Lockerheit füllen. ben. Während der Suche nach einem Som- Während seiner pädagogischen Ausbil- merjob entdeckte er zufällig, und tatsäch- dung verbesserte und erweiterte Siggi lich war Siggis künstlerische Laufbahn Haider in Chorleiterkursen und Gesangs- häufig von Zufällen bestimmt und geleitet, unterrichtseinheiten seine musikalischen eine frei gewordene Stelle im Theater der Fähigkeiten. Dabei bereitete ihm das Be- Jugend in Salzburg. Als Korrepetitor, Büh- gleiten von Gottesdiensten an der Orgel nenmusiker sowie Darsteller (und neben- seiner Heimatgemeinde Axams große bei noch als zweiter Beleuchter) entdeckte Freude. „Das Improvisieren an der Kir- er die Verbindung Theater – Musik für chenorgel, diesem speziellen und beein- sich. Die Bezüge von Bewegung zum Mu- druckenden Instrument, eröffnete mir sikalischen, vom Instrument zum Tanz, neue Welten. Vereinzelte Kirchengänger vom gesprochenen Wort zum Gesang oder flüchteten zwar am Ende der Messen vor von der freien Bewegung zur konkreten meinen Postludien, der Großteil war mei- und wiederholbaren Darstellung – all jene nem Spiel gegenüber aber sehr offen und Verbindungen sollten ab diesem Zeitpunkt genoss die ad hoc kreierten Klänge und die in seinem künstlerischen Schaffen stets unterschiedliche Rhythmik meiner Impro- von außerordentlicher Bedeutung sein. visationen, welche oft von Bach oder San- Und gerade dafür beschreibt er die Welt tana inspiriert waren.“ des Theaters als ideale Entfaltungsmög- Von 1983 bis 1985 folgte ein intensives Auf- lichkeit. baustudium (nach dreitägiger Aufnahme- So ist es nicht weiter verwunderlich, dass prüfung) im Bereich der Elementaren Mu- etliche von Siggis Kompositionen mit in- sik- und Tanzpädagogik am Orff-Institut volvierten Bewegungsabläufen (erste der- Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 13
Schwerpunkt EMP Duo AkkoSax artige Werke entstanden während seiner Als Fachbereichsleiter für „Elementare Mu- Siggi Haider und Zeit in Salzburg) auf der Bühne funktio- sikpädagogik“ am TLK ist es ihm ein wich- Hannes Sprenger (1993 bis 2011) nieren. Mit der Zeit boten sich immer mehr tiges Anliegen, dass seine Studierenden Foto: Leo Fellinger Gelegenheiten als (darstellender) Musiker ihr persönliches, musikbezogenes Blick- (Kunstbox) bei unterschiedlichsten Produktionen, bei- feld stets erweitern. Siggi Haider wünscht spielsweise mit Bert Breit, Uli Brèe, Ruth jungen Musikern vor allem Vertrauen und A-cappella-Band MIR VIER Drexel, Elmar Drexel, Kassian Erhart, Mut, auf die eigene, innere Stimme zu hö- Gabi Enser, Otto Grünmandl, Franz Hackl, Roland ren. Mehr Raum und Zeit für Improvisati- Siggi Haider, Martin Heinz, Tobias Moretti, Martin Sailer, Gun- on und freies Musizieren während der ge- Lindenthal, Christian Wegscheider ter Schneider, Torsten Schilling, Katharina samten Ausbildung wäre seiner Meinung Foto: Kessie Klotz Thalbach, Markus Völlenklee, Haimo Wis- nach wünschenswert, damit Erlerntes und ser und René Zisterer. neu Erfahrenes reifen und wachsen darf. Foto rechts: 1982 lernte Siggi Haider bei den Tiroler Die umfangreiche und vielseitige künst- Siggi Haider mit Akkordeon von Volksschauspielen Werner Pirchner und lerische Laufbahn Siggi Haiders lässt sich Werner Pirchner Felix Mitterer kennen. Nach dieser ers- in einem einzelnen Beitrag kaum erfassen. (Sonderanfertigung ten Zusammenarbeit entwickelte sich zu Bedeutsame Auszeichnungen und Preise, der Fa. Mengascini) Leihgabe der beiden eine gute Freundschaft. Daraus wie das Staatsstipendium für Kompositi- Familie Pirchner resultierten Einladungen zu vielen weite- on, den ORF Hörspielpreis des Jahres 2004 Foto: ren Projekten: CD-Aufnahmen mit Werner oder den 1. Preis beim Austrian World Mu- Kurt (Billi) Bayer Pirchner, Theater- und Hörspielmusiken. sic Award im Jahre 2008 mit seinem lang- Als Glücksfall erwähnt Siggi die vielseitige jährigen Duopartner Hannes Sprenger (Sa- künstlerische Zusammenarbeit mit seiner xophon), dokumentieren die erfolgreichen Tochter Juliana (Musikerin und Schauspie- musikalischen Tätigkeiten. Und gerade lerin), beispielsweise bei der Theaterpro- die vielen unterschiedlichen Bereiche, der duktion „Ein Bericht für eine Akademie“ Abwechslungsreichtum, sei es mit seinen von Franz Kafka mit Felix Mitterer als Affe Duos „AkkoSax“, „Die Zwieharmoniker“ Rotpeter, und bei vielen Theaterprojekten. und „SonAndFather“, mit dem Gesangs- Felix Mitterer als Ensemble „Mir Vier“, als Hörspielkompo- Rotpeter, Siggi Haider nist für den ORF, als „Die LindenWeGe“ mit Tochter Juliana in „Ein Bericht mit seinen Kindern Juliana, Katharina und für eine Akademie“ Rafael, die Spontanität, die Lockerheit, der von Franz Kafka Humor, das Erforschen neuer Klänge (neu- Foto: Günther Egger erdings mit einem MIDI-Akkordeon), die Experimentierfreudigkeit oder die Lust auf Abenteuer: all diese Faktoren werden auch in Zukunft das künstlerische Schaffen Sig- gi Haiders prägen. Elias Praxmarer 14 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Schwerpunkt EMP Die Kunst der Begegnung in der Elementaren Musikpädagogik beim ersten „StudEMP A“ Treffen 2018 In Linz beginnt’s! M’bielb!“ erarbeitete Siggi Haider, Fachbe- reichsleiter für EMP, interaktiv mit Studie- Studierende und Lehrende aus dem Fach- renden des EMP-Lehrganges. Ausgehend bereich der Elementaren Musikpädagogik von einem Grundkonzept mit sieben Sta- (EMP) trafen sich – aus ganz Österreich tionen fand „Die Kunst der Begegnung“ kommend – vom 29. November bis 1. De- über Bewegung, Rhythmus und Tanz ih- zember 2018 an der Anton Bruckner Pri- ren Ausdruck in scheinbar zufälligen Be- vatuniversität Linz zum gemeinsamen gegnungen: Begegnungen im Dunkeln, in fachlichen Austausch. Christine Knoll- Slow Motion und in einem Vocal Battle. Kaserer vom Tiroler Landeskonservatori- um begleitete die Studierenden und unter- In den folgenden Tagen trafen sich die richtete auch selbst bei einem Workshop Studierenden - bunt „zusammen-gewür- im „Tandem“ mit einer Kollegin von der felt“ aus den verschiedenen Bundeslän- Bruckner-Uni. dern und begleitet von institutionsüber- greifenden Lehrendenteams (Tandems) Organisiert wurde dieses erste „StudEMP- - in gemeinsamen Workshops und freien A Treffen“ von der Arbeitsgemeinschaft künstlerischen Arbeitsphasen. Dabei of- EMP-A, welche Ausbildungsinstitute für fenbarte sich in zahlreichen musikalisch- Elementare Musikpädagogik sowie Mu- tänzerischen Begegnungen das vielseitige sik- und Bewegungspädagogik/Rhythmik und lebendige Potential der Elementaren der Universitäten und Konservatorien ös- Musikpädagogik immer wieder neu und terreichweit vernetzt. (www.emp-a.at) hinterließ seine Spuren in der Erweiterung des eigenen persönlichen Ausdrucks. Den Auftakt dieses Treffens bildeten Performances, welche gemeinsam von Nach drei intensiven Tagen waren sich die Lehrenden und Studierenden oder von Teilnehmenden darüber einig, dass dieses Studierenden eigenständig im Vorfeld er- erste „StudEMP A“ Treffen ein besonderes arbeitet wurden. Ein inhaltlich sehr ab- Highlight war. Die bereichernden Eindrü- wechslungsreiches und abendfüllendes cke klingen noch weiter nach und lassen Programm wurde geboten – ein gelunge- auf eine Fortsetzung dieses gelungenen ner Start! Formats hoffen! Die künstlerische Performance aus Ti- rol mit dem Titel „Nief Nies, Rednanieb Christine Knoll - Kaserer /Siggi Haider Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 15
Vorschau 10 Jahre Ensemble konstellation Stimmen zum Jubiläum - Konzert im ORF Alles begann 2009 mit einem Konzert im Franz Baur - Professor für Kompositi- ORF in der Reihe „Musik im Studio“. Iva- on am TLK: Junge MusikerInnen und junge na Pristašová hat mit Studierenden der KomponistInnen finden zusammen, arbeiten Streicherklassen Werke von Studierenden intensiv gemeinsam an musikalischen Projek- der Kompositionsklasse Franz Baur urauf- ten, bereichern sich gegenseitig, setzen kräftige geführt und damit bei den Mitwirkenden Zeichen einer jungen Musik und finden damit (und dem Publikum!) große Begeisterung vielseits Anerkennung. Vor allem auch, weil für Neue Musik entfacht. Schon zuvor die musikalischen Darbietungen von großem stellte sich die Frage nach dem Namen Engagement und tiefem Gehalt getragen sind. für das Ensemble. Bedingung war, dass Das Ensemble konstellation widmet sich so in- er (anlaog zu konsOrchester, konsKlassik, tensiv und gekonnt der gegenwärtigen Musik konsBarock) mit „Kons“ beginnen sollte, und den Werken junger Komponistinnen! Vie- um den unmittelbaren Bezug zum Tiroler len Dank! Landeskonservatorium sicherzustellen. Beim Blättern in einem Wörterbuch wurde Mag. Wolfgang Laubichler - Direktor des schnell die perfekte Bezeichnung gefun- Hauses der Musik: Das Projekt des Ensem- den – konstellation! Etymologische Befind- bles konstellation war für uns höchst erfreu- lichkeiten wurden ignoriert. lich. Erstens hat sich ein interner Nutzer des Das Ensemble konstellation hat im Lau- Hauses mit einem tollen Programm präsentiert fe der 10 ereignisreichen Jahre unzäh- und zweitens wurde dabei ein musikalisches lige Werke der zeitgenössischen Musik Programm geboten, das genau die gewünsch- aufgeführt und hatte erfolgreiche Auftritte te Vielfalt in Richtung zeitgenössischer Musik beim Osterfestival Tirol, beim Festival FM aufgegriffen hat. Durch die perfekte Probenar- Riese, bei der Jeunesse, bei musik+ und beit und die Begeisterung der Mitwirkenden bei den Klangspuren Schwaz. Außerdem war das Konzert schlussendlich ein großartiges hat es mit dem Ensemble Windkraft unter Erlebnis. der Leitung von Kasper de Roo, mit der Jazz-Band Hi5 und den SolistInnen Manu Josef Haller - Absolvent der Kompositi- Delago, Soumik Datta, Krassimir Sterev onsklasse am TLK: Für meinen kompositori- und Karolina Öhman zusammengearbei- schen Werdegang war die Zusammenarbeit mit tet und wird im Mai 2019 nun zum bereits dem Ensemble enorm gewinnbringend und an- zehnten Mal bei „Musik im Studio“ im spornend! Ein Höhepunkt war die Aufführung ORF spielen. Einige der Beteiligten, die meines Stücks bei den Klangspuren 2017. Die mit dem Ensemble konstellation zusam- vielfältigen Möglichkeiten des Ensembles, die mengearbeitet haben, haben wir um ein große Offenheit von Ivana und nicht zuletzt das Statement gebeten. Durch Platzmangel professionelle Niveau sind von unschätzbarem bedingt, können wir nur eine kurze Aus- Wert für junge Komponisten. wahl präsentieren. 16 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Vorschau Hannes Kerschbaumer - Komponist: Im- Klänge, aus „Zeitgründen“ zunächst ab, mit- mer wieder habe ich Konzerte des Ensembles zuwirken. Als ich dann Gast in dem Konzert konstellation besucht und dessen unglaubli- war, war ich begeistert über so viel Innovation che Energie erlebt. Ivana schafft es mit jedem und Qualität. Fortan spielte ich selber mit Be- Konzert aufs Neue, mit ihren MusikerInnen geisterung diese neuen Werke, und ich bin ein Klanguniversen zu öffnen. Darum war ich sehr glühender Verehrer von Neuer Musik für Stei- glücklich, für das Ensemble mein Werk „kar“ rische Harmonika, weil sie eine unglaubliche komponieren zu dürfen, um gemeinsam neue Bereicherung darstellt! Pfade zu betreten und Spuren zu hinterlassen. Karolina Öhman - schwedische Cel- Mag. Angelika Schopper - Klangspuren listin und internationale Interpretin Schwaz: Mit Uraufführungen von jungen zeitgenössischer Musik: Im September 2017 Tiroler Komponisten, Werken der Composer hatte ich die große Ehre, mit dem Ensemble in Residence Sofia Gubaidulina und Rebecca konstellation als Solistin auftreten zu dürfen. Saunders und wegweisenden Kompositionen Sie spielten mit enormer Spielfreude, Inspira- des zeitgenössischen Repertoires konnte sich tion, Energie und Präzision, jeder mit seiner das junge Streichensemble bei zwei Festiva- eigenen Persönlichkeit und großer Neugier! lausgaben von Klangspuren Schwaz nahtlos Ivana vermittelt enorm viele Fähigkeiten, in das line-up der zeitgenössischen Ensemb- Kompetenzen und Fachwissen. Ein Streichor- les einreihen. Dynamisch, höchst professionell chester für Neue Musik wie dieses gibt es an und exzellent! Hochschulen selten! Dr. Franz Posch - Volksmusiker, ehemali- Otto Ehrenstrasser - Fachbereichsleiter für ger Professor am TLK: Als vor Jahren Stu- Volksmusik am TLK: Seit fast 10 Jahren habe denten der Kompositionsklasse aufgefordert ich die Ehre, bei Konstellation mitzuwirken. waren, neue, zeitgenössische Stücke für Volks- Immer waren es spannende Projekte, bei denen musikinstrumente abzuliefern, lehnte ich, auf- ich sehr viel Neues entdecken und wahnsin- geschreckt durch die vielen ungewöhnlichen nig viel lernen durfte. Mit Ivana zu arbeiten Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 17
Vorschau Ivana Pristašová ist mehr als fantastisch! Ein Höhepunkt war pädagogisch und künstlerisch! An ihr konn- Foto: sicherlich das Konzert im Juni 2012 im ORF; ten vor allem auch die Studierenden unserer www.ivanapristasova.ch eine Zusammenarbeit des Volksmusiklehrgan- Kompositionsklasse vielfältig partizipieren. ges mit dem Ensemble konstellation und der Das Ensemble konstellation ermöglichte viele Kompositionsklasse. Für uns Volksmusikanten Uraufführungen ihrer Werke, Aufführungen bedeutete die Beschäftigung mit Neuer Musik auf höchstem Niveau! Sie haben diese Erfolgs- eine unglaubliche Bereicherung und Weiter- geschichte durch ihre Kompositionen aber auch entwicklung! wesentlich mitgeschrieben. Nach wie vor direk- toral entzückt blicke ich auf diese segensreiche Jazz-Band Hi5: Das Ensemble konstellation Symbiose. Es freut mich aber auch, dass das war für uns der perfekte Partner für unser Ensemble konstellation für KomponistInnen Projekt beim Festival FM Riese. Sowohl sei- außerhalb des TLK äußerst attraktiv ist und ne Offenheit für unsere Musik, als auch seine regelmäßig auch die Klassiker der Moderne professionelle und unkomplizierte Arbeitsweise programmiert. Mit ihm können wir frohgemut hat sich sehr positiv auf den Erfolg des Kon- die Zukunftsmusik erwarten. Herzliche Gratu- zerts ausgewirkt! lation! Dr. Nikolaus Duregger - Direktor des TLK: Gefeiert wird das Jubiläum am 7. Mai um Mit Ivana Pristašová kam im Herbst 2007 eine 19.30 Uhr im ORF Kulturhaus Studio 3 mit großartige Künstlerin an das Tiroler Landes- Musik von Studierenden und ehemaligen konservatorium. Nicht zuletzt aufgrund jahre- Kompositionsstudentinnen und -studen- langer Erfahrung als Geigerin im Klangforum ten des TLK. Zu hören sein wird vorrangig Wien brachte sie eine ganz außergewöhnliche Streicherklang in Anlehnung an den Ur- Kompetenz für Neue Musik mit. Es ist die Phi- sprung des Ensembles als Streichquartett, losophie des TLK, seinen Studierenden neben aber auch Kompositionen mit Ziehharmo- hochwertigem Einzelunterricht auch die Mög- nika, Schlagzeug, Gitarre und Elektronik. lichkeiten zu bieten, durch Konzertprojekte die Dabei wird unter anderem Franz Posch als verschiedenen Epochen der Musikgeschich- Solist auftreten. Feiern sie mit uns! te praktisch kennenzulernen. Die Ensemb- Bianca Milicevic les (Orchester) konsBarock und konsKlassik lassen nominell keine Fragen offen, wofür sie Ensemble konstellation stehen. Dass auch die Neue Musik, die Musik ORF-Tirol, Di., 07.05. 2019, 20.15 Uhr unserer Zeit intensiv gepflegt werden muss, Werke von Benjamin Buchberger, Chris- ist ja eine TLK-philosophische Selbstverständ- tian Gamper, Jaeseong Han, Benedikt Hu- lichkeit, und so setzten sich Fachbereichsleiter ber, Michael Leitner, Elias Praxmarer, Ivana Walter Rumer und ich eines Herbsttages des Radovanovic, Noah Anthony Thomsen, Jahres 2008 mit Ivana Pistašová zusammen … Hannes Trenkwalder, Martin A. Schmid, Der Rest ist eine einzige Erfolgsgeschichte – Josef Schiechtl, Hannes Widmoser 18 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Termine Termine – Veranstaltungen des TLK Sa., 04.05.2019, 10.00 Uhr Do., 23.05.2019, 10.00 - 13.00 Uhr Vortrag von Prof. Walter Fleischmann (Wien) Masterclass Klavier mit Paul Lewis Wenn nicht “Aus Klavierspiel wird Musik” (vgl. Seite 34) anders ange- Sa., 04.05.2019, 15.00 - 18.00 Uhr und geben, finden So., 05.05.2019, ganzer Tag die Veranstal- Meisterkurs mit Prof. Walter Fleischmann tungen im Schwerpunkt “Literatur der Wiener Klassik” Konzertsaal des Tiroler Di., 07.05.2019, 20.15 Uhr Mo., 27.05.2019, 19.30 Uhr Landeskon- servatoriums 10 -Jahre-Jubiläumskonzert Volksmusik Abschlusskonzert Ensemble konstellation Klassen Johanna Dumfart, Otto Ehrenstrasser, bei freiem ORF-Tirol, Studio 3 Isolde Jordan und Harald Oberlechner Eintritt statt. (vgl. Seite 16) (Diatonische Harmonika, Hackbrett, Volksharfe, Zither) Großer Probesaal Haus der Musik Mi., 08.05.2019, 14.30 Uhr Do., 20.06.2019, 19.00 Uhr Volksmusik-Studienkonzert Pour la Guitarra Klasse Johanna Dumfart Highlights der Gitarrenklassen Sa., 11.05.2019, 19.00 Uhr Fr., 28.06.2019 18.00 Uhr Muttertagskonzert mit den Junge Meisterklasse Gitarre Wiltener Sängerknaben Informationen Talente der Musikschulen Leitung: Johannes Stecher präsentieren ihr Programm zu weiteren Saal Tirol, Congress Innsbruck betreut von Daniel Müller Veranstaltungen (vgl. Seite 25) (Klassenabende, Vortragsstunden) des TLK entneh- men Sie bitte un- Mo., 20.05.2019, 19.00 Uhr So., 30.06.2019, serer Homepage Pour le Piano “Die sieben Leben des Maximilian” www.konstirol.at Werke von L. v. Beethoven, F. Mendelssohn Studierende der Kompositionsklasse Franz Baur und F. Schubert (vgl. Seite 26) Studierende der Klassen Sebastian Euler und Shao-Yin Huang Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 19
Kooperationen Liebe Leute schaut mal an, was ich auf der Geige kann! Ein Projekt der Lehrpraxisklasse Violine am TLK Im Rahmen der Lehrpraxis mit Prof. Chris- Fragen und Diskutieren von wichtiger Be- tos Kanettis haben seit Herbst dieses Stu- deutung. In diesem Projekt stehen gleich dienjahres sechs Kinder der Volksschule sechs Schülerinnen und Schüler und de- „Innere Stadt“ Innsbruck die Möglichkeit, ren angehende Lehrer im regelmäßigen Geige zu lernen. Zwei von ihnen kommen Kontakt. Es wird gegenseitig vorgespielt, aus Syrien, ein achtjähriges Mädchen aus der Fortschritt besprochen, es werden Me- dem Iran. thoden verglichen, neue Ideen für einen Im Zusammenwirken von Volksschuldi- interessanten Unterricht gesammelt und rektorin Eva–Nora Hosp, Christos Kanet- vieles mehr. Prof. Christos Kanettis steht tis, Geigen-Baumeister Wolfgang Kozak mit Anregungen, Erfahrungen und gro- und Frajo Köhle wurden geeignete Instru- ßem Engagement stets zur Verfügung. mente ausgewählt und zur Verfügung ge- Wenngleich die Geige den Mittelpunkt stellt; für die drei Volksschüler aus Syrien bildet, werden viele andere Bereiche im und dem Iran wurden sie gesponsort. Die Unterricht behandelt. So spielt zum Bei- Studentinnen und Studenten des Tiroler spiel die Frage der Persönlichkeitsbildung Landeskonservatoriums und Mozarte- angehender Musiklehrer für Prof. Kanet- ums unterrichten sie, geben ihnen einen tis eine sehr große Rolle. Wenn es darum ersten Einblick in die Herausforderungen, geht, nach außen hin zu kommunizieren, aber auch in die Freuden des Violinspiels Disziplin zu wahren oder eigene Interpre- und begleiten sie ein Stück weit auf ihrem tationen zu finden, wird dem Lehrer eini- musikalischen Weg. So bietet sich den Stu- ges an Geschick abverlangt, den Musik- dierenden die schülern dabei zu helfen. In der heutigen wertvolle Mög- Zeit wird es durch den Einfluss der Medi- lichkeit, einen en immer schwieriger, Kinder dafür zu be- eigenen Schüler geistern, einen langen Weg zu gehen, der über einen län- viel Engagement, Leidenschaft, Ausdauer geren Zeitraum und Begeisterung erfordert, um dann den zu betreuen Zauber der Musik im gelungenen Instru- und sich darü- mentenspiel zu entfachen. Im Unterricht ber dann in der mit den Grundschülern wird auch sehr Lehrpraxis mit deutlich, dass das Lernen immer mit der dem Professor Zeit geht. Der Einsatz von neuen Techno- und den Kom- logien, wie etwa dem verpönten Handy, militonen aus- hat erstaunlicherweise oft eine große Aus- zutauschen. Auf wirkung auf die Konzentration und auf dem pädagogi- die Begeisterung. schen Weg ist „Wenn du filmst, dann geht es auf ein- me t ho d i s c he s mal nicht mehr!“ Wie bekannt mag einem 20 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
Kooperationen dieser Satz vorkommen, wenn man sich daran erinnert, dass zuhause alles besser ging als im Unterricht. Das Schöne und Interessante an der Sa- che ist, dass die Arbeit für beide Seiten gleichermaßen bereichernd ist. Wäh- rend die Schülerinnen und Schüler einen wohldurchdachten und gut diskutierten, facettenreichen Unterricht genießen, ist für die Studierenden auf ihrem Weg zum professionellen Pädagogen das Unterrich- ten auch eine große Bereicherung und wertvolle Erfahrung. Sie haben es sich ja zur Aufgabe gemacht, Verantwortung zu übernehmen und der Gesellschaft durch die Weitervermittlung von Begeisterung, Wissen und Können einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Marinus Kreidt Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019 21
Kooperationen Kooperationen Neues aus der Musik-WG Gelungener Start für das Haus der Musik Das Haus der Musik Innsbruck ist seit komplexen Musik war das zahlreiche und etwa fünf Monaten in Betrieb, es ist somit auch junge Publikum begeistert. Unter der zu früh um Bilanz zu ziehen, aber erste kompetenten Leitung Pristašovás konnten Erfahrungen liegen vor. Große Erwartun- die Streicherstudierenden mit einer un- gen und Hoffnungen wurden in das Haus glaublichen Präzision und Professionalität gelegt, denn es fehlten adäquate Räum- bestechen. Der Streicherklang wurde auch lichkeiten für die Institutionen, die jetzt durch die Akustik im Saal zu einem trans- im Haus eine neue Heimat fanden. parenten Erlebnis. Auf weitere Projekte Die Säle sind das wahre Gesicht und Mar- dieses Ensembles freuen wir uns sehr. Im kenzeichen dieses neuen Kulturzentrums, März hat auch das konsOrchester seinen seien es die Kammerspiele und das [K2] ersten Auftritt im Haus der Musik äußerst im Untergeschoß, die beide beste Produk- erfolgreich bestritten und präsentierte da- tionsbedingungen für spannende Auf- bei im ersten Teil drei junge Solisten, im führungen bieten, oder seien es der Große zweiten Teil Tschaikowskis Fünfte. und Kleine Saal im ersten Obergeschoß. Solche Projekte erfüllen die Erwartungen Der Große Saal hat sich seit der Eröffnung an das Haus der Musik Innsbruck in bes- Anfang Oktober als beliebter und viel ge- ter Weise. Die Räume und Säle bieten den fragter Veranstaltungssaal bewiesen. Die Nutzern großartige Arbeits- und Präsen- großartige Akustik, die edle Raumaus- tationsbedingungen. Durch ein begeis- stattung ganz in Holz und der fantastische tertes Publikum wird wiederum gebüh- Ausblick auf die Säuleneiche und Hofburg rende Aufmerksamkeit auf die wichtige ermöglichen einmalige Konzerterlebnisse. und fantastische Arbeit dieser Institutio- Die meisten im Haus ansässigen Instituti- nen gelenkt, die hier nicht nur im stillen onen waren schon mit unterschiedlichen Kämmerchen agieren, sondern großartige Veranstaltungen in diesem Saal zu Gast. Beiträge für das kulturelle Leben in Inns- Das brachte eine große Bandbreite vom bruck liefern. Landesblasorchester, über Jazzsessions Als offenes Haus konzipiert, präsentieren mit verschiedenen Ensembles und Chö- sich hier auch externe Veranstalter. Viele ren, tolle Kammermusikkonzerte, bis hin namhafte Konzertorganisatoren in Inns- zu Vorträgen und Banketten. Besonders bruck und Tirol haben entweder schon erwähnenswert an dieser Stelle sei ein ein Konzert durchgeführt oder werden grandioses Konzert des Ensembles Kons- es in Kürze tun. Das Spektrum ist breit tellation des Tiroler Landeskonservatori- und vielseitig: es reicht von den Meister ums unter der Leitung der Geigerin Iva- & Kammerkonzerten, den Innsbrucker na Pristašová mit einem anspruchsvollen Festwochen der Alten Musik, der Jeunes- Programm und Uraufführungen junger se, dem Kammerorchester InnStrumenti, Komponisten und einem Meisterwerk aus der Akademie St. Blasius, musik+ bis hin der Feder Georg Friedrich Haas‘. Trotz der zu den Klangspuren um nur einige zu 22 Heft Nr. 22 | Frühjahr 2019
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