JAHRESWECHSEL 2020/2021 - Antworten auf alle wichtigen Fragen

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Fachbroschüre Sozialversicherung

JAHRESWECHSEL
2020/2021
Antworten auf alle wichtigen Fragen

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JAHRESWECHSEL 2020/2021 - Antworten auf alle wichtigen Fragen
INHALT
2 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

                                                                                   Sozialversicherung
                                                                                   03          Reform Krankenkassenwahlrecht
                                                                                   08	Siebtes SGB IV-Änderungsgesetz
                                                                                   15          Arbeit-von-morgen-Gesetz

                                                                                   Lohnsteuer
                                                                                   17	Rückführung des Solidaritätszuschlags
                                                                                   18          Jahressteuergesetz 2020
                                                                                   19	Klimaschutzprogramm 2030
                                                                                   20	Zweites Familienentlastungsgesetz

                                                                                   Sonstiges
                                                                                   22	Neues zur betrieblichen
                                                                                               Altersversorgung
                                                                                   24	Verbesserungen bei Elterngeld
                                                                                               und Elternzeit
                                                                                   25          Reform Arbeitnehmer-Entsendegesetz
                                                                                   26          Gesetzlicher Mindestlohn 2021/2022
                                                                                   27	Rechengrößen, Grenzwerte,
                                                                                               Fälligkeit 2021

Impressum
Herausgeber:
		           www.ikk-classic.de · info@ikk-classic.de
		           © PRESTO Gesundheits-Kommunikation GmbH
                www.presto-gk.de
               Stand: 1. November 2020

Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf geschlechterspezifische Sprachformen verzichtet, sämtliche Personenbezeichnungen gelten daher
gleichermaßen für alle Geschlechter.

Bildnachweis: Titel: © Sean Locke/stocksy.com, S. 2: © pressmaster/stock.adobe.com, S. 2: © Halfpoint/stock.adobe.com, S. 2: © picsfive/stock.adobe.com,
S. 3-15: © picsfive/stock.adobe.com, S. 17-21: © pressmaster/stock.adobe.com, S. 22-25: © Halfpoint/stock.adobe.com
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IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 3

SOZIALVERSICHERUNG

Reform Krankenkassenwahlrecht                              brechung der Mitgliedschaft hin oder her, endet ein
Die Richter am Kasseler Bundessozialgericht haben am       Versicherungspflichttatbestand kraft Gesetzes, bedarf
11. September 2018 ein Urteil gefällt, wonach es zur       es in Zukunft weder einer Kündigung noch sind die
Ausübung des Krankenkassenwahlrechts keiner Kündi-         Bindungsfristen einzuhalten – von den drei in der
gung bedarf, sofern die Mitgliedschaft kraft Gesetzes      Aufzählung genannten Wechselvarianten bleiben nur
endet, Versicherungspflicht erneut eintritt und die all-   noch zwei. Das bedeutet, dass in Zukunft bei jedem
gemeine Bindungsfrist erfüllt ist. In der Folge mussten    Arbeitgeberwechsel ein Wahlrecht besteht.
beim Kassenwechsel drei Konstellationen unterschieden
werden:                                                    Außerdem wird die allgemeine Bindungsfrist von 18
                                                           auf 12 Monate reduziert. Damit will die Bundesregie-
▪ Regelverfahren, d. h. mit Kündigung und mit Bin-        rung erreichen, dass die Mitglieder auch ohne eine
   dungsfristen                                            Anhebung des individuellen Zusatzbeitragssatzes
▪ Mitgliedschaftsende mit Unterbrechung von min­          (als weitere Wechsel­variante) schneller als bisher ihre
   destens einem Kalendertag – ohne Kündigung und          Kasse wechseln können.
   ohne Bindungsfristen
▪ Mitgliedschaftsende ohne Unterbrechung – ohne           Darüber hinaus wird mit dem Siebten SGB IV-Ände­
   Kündigung, aber mit Bindungsfristen                     rungs­gesetz das Vorlegen der Mitgliedsbescheinigung
                                                           beim Arbeitgeber durch schlichte Angaben des Ar-
Diese Unterscheidungen können Mitglieder und Arbeit-       beitnehmers über seine (neu gewählte) Krankenkasse
geber kaum noch nachvollziehen. Die Bundesregierung        ersetzt und unter Beachtung des Datenschutzes eine
hat das zum Anlass genommen, mit dem sog. MDK-             elektronische Übermittlung der Daten der Mitgliedsbe-
Reformgesetz den Kassenwechsel vom 1. Januar 2021          scheinigung von der Krankenkasse an den Arbeitgeber
an einfacher und einheitlicher zu gestalten: Unter-        etabliert.
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4 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

 PRAXIS-TIPP: Der GKV-Spitzenverband wird die Rechts-
 änderungen zum Anlass nehmen, seine Grundsätzli-
 chen Hinweise zum Krankenkassenwahlrecht neu zu
 veröffentlichen. Hier finden Sie Antworten auf nahezu
 alle im Zusammenhang mit dem Wahlrecht stehenden
 Fragen. Darüber hinaus wenden Sie sich gerne vertrau-
 ensvoll an Ihre IKK.

Kassenwechsel im Regelverfahren                             frühestmögliche Mitgliedschaftsbeginn angegeben.
Das Ausüben des Kassenwahlrechts im Regelverfah-            Die gewählte Krankenkasse wiederum informiert
ren, also ohne Beendigung der Mitgliedschaft kraft          das Mitglied unverzüglich nach der Rückmeldung
Gesetzes, beinhaltet mehrere Stufen. Folgende Vor-          der bisherigen Kasse über den Wechsel.
aussetzungen bzw. Handlungen des Mitglieds und der
beteiligten Krankenkassen sind kumulativ notwendig:        ▪ Der Arbeitnehmer informiert daraufhin unverzüglich
                                                                formlos seinen Arbeitgeber über die gewählte Kran-
▪ Die allgemeine Bindungsfrist bei der bisherigen              kenkasse. Der Arbeitgeber nimmt die Anmeldung
   Krankenkasse muss grundsätzlich erfüllt sein. Dies           („11“) bei der gewählten Krankenkasse und (später)
   wird zunächst vorläufig durch die gewählte Kran-             die Abmeldung bei der bisherigen Kasse („31“) vor.
   kenkasse auf Grundlage der Angaben des Mitglieds
   geprüft und anschließend verbindlich durch die          ▪ Die gewählte Krankenkasse bestätigt als Antwort
   bisherige Krankenkasse gegenüber der gewählten               auf die übermittelte Anmeldung („11“) dem Arbeit-
   Krankenkasse bestätigt.                                      geber das Bestehen der Mitgliedschaft; diese Mit-
                                                                gliedsbescheinigung in elektronischer Form (siehe
 In Übergangsfällen verkürzt sich eine laufende                auch „Elektronische Mitgliedsbestätigung“) erfolgt
  18-monatige Bindungsfrist zum 31. Dezember                    im Rahmen des sog. Qualifizierten Meldedialogs.
  2020 auf 12 Monate (siehe auch „Bindung an die                (Beispiel 1)
  Krankenkassenwahl“).

▪ Bei Inanspruchnahme eines Wahltarifs muss die               BEISPIEL 1:
   besondere Bindungsfrist bei der bisherigen Kran­            Eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin,
   kenkasse (12 bzw. 36 Monate) grundsätzlich erfüllt          seit Jahren ununterbrochen beim selben Ar-
   sein. Dies wird ebenfalls zunächst vorläufig durch          beitgeber beschäftigt, ist seit dem 1. Juli 2020
   die gewählte Krankenkasse geprüft und anschlie-             BKK-Mitglied. Bei nächster Gelegenheit möchte
   ßend verbindlich durch die bisherige bestätigt.             sie zur IKK classic wechseln.

▪ Der bisherigen Krankenkasse muss gekündigt wer-             ▪ Ein Kassenwechsel ist zum 1. Juli 2021 mög-
   den, allerdings wird die schriftliche Kündigung des               lich, da dann die neue 12-monatige Bin-
   Mitglieds in Zukunft durch eine elektronische Mel-                dungsfrist erfüllt ist. Voraussetzung ist,
   dung der gewählten Krankenkasse an die bisherige                  dass die Arbeitnehmerin ihr Wahlrecht bis
   Krankenkasse (sog. Initialmeldung) ersetzt.                       spätestens zum 30. April 2021 ausübt. Dazu
                                                                     muss sie sich lediglich noch an die IKK classic
▪ Die bisherige Krankenkasse bestätigt der gewählten              wenden, denn die elektronische Initial­
     Krankenkasse unverzüglich, spätestens jedoch in­                meldung an die BKK ersetzt die schrift­liche
     nerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Initial-               Kündigung. Wird der Kassenwechsel z. B.
     meldung, elektronisch das Ende der Mitgliedschaft.              bereits im März zum 31. Mai 2021 erklärt,
     Diese Rückmeldung erfüllt die gleiche Funktion,                 wird die Kündigung umgedeutet und die
     die bislang die Kündigungsbestätigung hatte. Sind               Rückmeldung der BKK enthält als Mitglied-
     die Voraussetzungen des Kassenwechsels zu dem                   schaftsende trotzdem den 30. Juni 2021.
     angestrebten Zeitpunkt noch nicht erfüllt, wird der
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Kündigung der Mitgliedschaft
Ohne Unterbrechung der Mitgliedschaft kann die Kran-
kenkasse im Regelverfahren nur gewechselt werden,
wenn sie bei der bisherigen Krankenkasse wirksam
gekündigt wurde. Eine Kündigung der Mitgliedschaft
ist – über den 31. Dezember 2020 hinaus – zum Ablauf
des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet
von dem Monat, in dem das Mitglied seine Wechselab-
sicht erklärt. Vom 1. Januar 2021 an sind diese beiden
Szenarien denkbar:                                          Mit der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes
                                                            erlischt die 12-monatige Bindung an die bisherige Kran-
Wechsel in eine andere Krankenkasse: Das Mitglied           kenkasse. Die evtl. bestehenden Bindungsfristen auf-
muss gegenüber seiner bisherigen Krankenkasse nicht         grund von Wahltarifen spielen im Falle der Beendigung
mehr schriftlich kündigen, denn die Kündigung wird          der Mitgliedschaft kraft Gesetzes ebenso keine Rolle.
durch die Initialmeldung der gewählten Krankenkasse
ersetzt. Die elektronische Rückmeldung der bisher
zuständigen Krankenkasse erfüllt die Funktion der            WICHTIG: Die Unterscheidung der rechtlichen Vor-
bisherigen Kündigungsbestätigung.                            aussetzungen danach, ob ein neuer Tatbestand der
                                                             Versicherungspflicht nach einer Unterbrechung der
                                                             Mitgliedschaft eintritt oder sich nahtlos an die vorange-
 WICHTIG: Der GKV-Spitzenverband hat festgelegt,             gangene Mitgliedschaft anschließt, entfällt. In beiden
 dass die Kündigungsfrist sich nicht ausgehend vom           Fallkonstellationen besteht ein neues Wahlrecht ohne
 Datum des Zugangs der Meldung bei der bisherigen            Rücksicht darauf, wie lange die Mitgliedschaft bei der
 Krankenkasse berechnet. Vielmehr kommt es auf das           bisherigen Krankenkasse bestanden hat.
 Datum der Erstellung der Initialmeldung durch die neu
 gewählte Krankenkasse an.
                                                            Ein sofortiges Wahlrecht ist beispielsweise auch dann
                                                            gegeben, wenn eine Zeit der Versicherungspflicht sich
Keine Mitgliedschaft bei gesetzlicher Krankenkasse          unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes beendete
mehr: Hier bedarf es unverändert einer schriftlichen        freiwillige Mitgliedschaft anschließt (z. B. Eintritt von
Kündigung gegenüber der bisher zuständigen Kranken-         Versicherungspflicht bei Unterschreiten der Jahres­
kasse. In Betracht kommen dafür beispielsweise Sach-        arbeitsentgeltgrenze).
verhalte, in denen ein Austritt aus der GKV (z. B. Verzug
ins Ausland, Wechsel in die private Krankenversiche-        Wer einen bestimmten Versicherungspflichttatbestand
rung) angestrebt wird. Die abgewählte Krankenkasse          mehrfach erfüllt (z. B. Mehrfachbeschäftige) oder zwei
hat in diesen Fällen unverzüglich, spätestens innerhalb     gleichrangige Tatbestände gleichzeitig (z. B. versiche-
von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung, eine            rungspflichtige Arbeitnehmer mit Bezug von Teilarbeits-
Kündigungs­bestätigung auszustellen.                        losengeld bzw. Arbeitslosengeld II), für den vollzieht
                                                            sich ein Kassenwechsel typischerweise im Regelver-
Sofortiges Krankenkassenwahlrecht                           fahren. Jedenfalls begründet ein Hinzutritt bzw. Weg-
Sofortiges Wahlrecht bedeutet, dass eine neue               fall eines weiteren Versicherungspflichttatbestandes
Kranken­kasse ohne Kündigung und ohne Rücksicht             kein sofortiges Wahlrecht.
auf die Dauer der Mitgliedschaft bei der bisherigen
Krankenkasse gewählt werden kann. Keiner Kündigung
bedarf es vom 1. Januar 2021 an immer dann, wenn             WICHTIG: Nach den vom Gesetzgeber neu aufgestell-
die Mitgliedschaft kraft Gesetzes endet. Wird anschlie-      ten Grundsätzen (siehe auch nachstehenden Verfah-
ßend ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht           rensablauf) sind alle Sachverhalte zu bewerten, in
begründet, besteht innerhalb von maximal zwei                denen ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht
Wochen ein sofortiges Wahlrecht aus Anlass dieser            nach dem 31. Dezember 2020 eintritt (Beispiel 2).
Veränderung im versicherungsrechtlichen Status.
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6 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

   Sofortiges Wahlrecht – Verfahrensablauf:
   1.	Wahl der Krankenkasse unter Beachtung der
       Wahlmöglichkeiten und Fristen für die Abgabe
       der Wahlerklärung.

   2.	Die gewählte Krankenkasse prüft auf Grundla-
                                                         Elektronische Mitgliedsbestätigung
       ge der Angaben des zukünftigen Mitglieds die
                                                         Auf Grundlage des Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes
       Voraussetzungen und informiert das Mitglied
                                                         entfallen ab dem 1. Januar 2021 Mitgliedsbescheini-
       unverzüglich über den Wechsel.
                                                         gungen in Textform zur Vorlage beim Arbeitgeber.
   3.	Der Arbeitnehmer informiert unverzüglich          Zukünftig ist es ausreichend, wenn der Arbeitnehmer
       formlos seinen Arbeitgeber über die gewählte      die notwendigen Angaben zu seiner (neu gewählten)
       Krankenkasse.                                     Krankenkasse unverzüglich formlos macht, d. h. spä-
                                                         testens innerhalb von zwei Wochen. Der Arbeitgeber
   4.	Die gewählte Krankenkasse informiert die bishe-
                                                         meldet den Arbeitnehmer dann wie gewohnt bei die-
       rige Krankenkasse über den Kassenwechsel im
                                                         ser Krankenkasse über das DEÜV-Meldeverfahren an.
       Rahmen des elektronischen Meldeverfahrens.

   5.	Die bisherige Krankenkasse bestätigt der          Erfolgen die Angaben nicht innerhalb der Zwei-Wochen-
       gewählten Krankenkasse unverzüglich, spä-         Frist, hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer – wie
       testens jedoch innerhalb von zwei Wochen          schon bisher – bei der Krankenkasse anzumelden, bei
       nach Eingang der Abmeldung („30“) durch den       der zuletzt eine Versicherung bestand. Existiert keine
       Arbeitgeber, das Ende der Mitgliedschaft.         letzte Versicherung, hat die Anmeldung bei einer der
                                                         wählbaren Krankenkassen zu erfolgen – der Arbeitneh-
   6.	Der Arbeitgeber nimmt die Anmeldung („10“)
                                                         mer ist dann über die Wahl des Arbeitgebers in Text-
       bei der gewählten Krankenkasse vor.
                                                         form zu informieren.
   7.	Die gewählte Krankenkasse prüft auf Grund-
       lage der eingegangenen Meldungen abschlie-        Die Arbeitgeber erhalten also bei jeder Anmeldung
       ßend die Voraussetzungen und bestätigt als        eines Arbeitnehmers (Ausnahme: geringfügig Beschäf-
       Antwort auf die Anmeldung („10“) des Arbeit-      tigte) mit Abgabegrund „10“ (Beschäftigungsbeginn),
       gebers das Bestehen der Mitgliedschaft mittels    „11“ (Krankenkassenwechsel) oder „40“ (gleichzeitige
       elektronischer Mitgliedsbestätigung.              An- und Abmeldung) eine elektronische Rückmeldung
                                                         über das Bestehen der Mitgliedschaft. Das Ganze im
                                                         gewohnten Abrufverfahren mit dem Datensatz Kran-
                                                         kenkassenmeldung (DSKK) und dem neuen Datenbau-
  BEISPIEL 2:                                            stein Mitgliedsbestätigung (DBMB). Neben der Fest-
  Ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer              stellung zur Mitgliedschaft (ja/nein) ergibt sich daraus
  ist seit dem 1. Juli 2020 AOK-Mitglied. Einen          bei einem Wechsel der Krankenkasse ggf. ein abwei-
  Arbeitgeberwechsel zum 1. Januar 2021                  chender Zeitpunkt des Mitgliedschaftsbeginns bei der
  möchte er zum Anlass nehmen, Mitglied                  neuen Krankenkasse:
  der IKK classic zu werden.
                                                         ▪ M
                                                              itgliedschaft besteht: Der DBMB enthält als Zeit-
  ▪ Unabhängig davon, ob der neue Versiche­               raum-Beginn grundsätzlich das Beginn-Datum aus
       rungspflichttatbestand nach einer Unterbre-           der Anmeldung. Bei einem Kassenwechsel („11“)
       chung der Mitgliedschaft eintritt oder sich           ist es möglich, dass ein in der Zukunft liegendes
       – wie hier – nahtlos an die vorangegangene            Datum zurückgemeldet wird, weil z. B. aufgrund der
       Mitgliedschaft anschließt, ist ein Kassen­-           noch nicht abgelaufenen Bindungsfrist die Mitglied-
       wechsel von 2021 an immer sofort zulässig.            schaft bei der neu gewählten Krankenkasse erst zu
       Auch wenn die Bindungsfrist bei der AOK               einem späteren Zeitpunkt beginnt. In diesen Fällen
       noch nicht erfüllt ist, kann der Arbeitnehmer         sind die Ab- und Anmeldung zu stornieren und
       zum 1. Januar 2021 IKK-Mitglied werden.               zu dem in der Rückmeldung angegebenen Datum
                                                             erneut abzugeben.
JAHRESWECHSEL 2020/2021 - Antworten auf alle wichtigen Fragen
IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 7

▪ Mitgliedschaft besteht nicht: Sofern im DBMB           Bindungsfrist lebt selbst dann nicht wieder auf, wenn
     angegeben ist, dass keine Mitgliedschaft bei der       das Mitglied aus Anlass des bestehenden sofortigen
     Krankenkasse besteht, erfolgt auch keine Angabe        Kassenwahlrechts bei der bisherigen Krankenkasse
     eines Zeitraum-Beginns („00.00.0000“). Erhält der      verbleibt. Lediglich eine erneute Wahlerklärung zu-
     Arbeitgeber eine solche Rückmeldung, muss er die       gunsten eines Wahltarifs kann eine neue Bindungsfrist
     Anmeldung stornieren, die korrekte Krankenkasse        auslösen.
     ermitteln und die Anmeldung erneut abgeben.

                                                              ÜBERGANGSREGELUNG: Im Hinblick auf das Ver-
                                                              kürzen der allgemeinen Bindungsfrist ab dem 1. Janu-
 HINWEIS: Die elektronische Mitgliedsbestätigung
                                                              ar 2021 gilt eine besondere rechtliche Bewertung: In
 ist der Nachweis über die bestehende Mitgliedschaft,
                                                              den Übergangsfällen, in denen die Bindungsfrist durch
 papiergebundene Mitgliedsbescheinigungen gibt es
                                                              ein Ereignis in den Jahren 2019 oder 2020 ausgelöst
 nicht mehr. Die bereits vorliegenden Papierbeschei-
                                                              wurde und die bis dato maßgeb­liche 18-monatige
 nigungen verlieren mit dem 31. Dezember 2020
                                                              Bindungsfrist zum Jahreswechsel 2020/21 noch nicht
 jedoch nicht ihre Gültigkeit und sind weiterhin in den
                                                              erfüllt ist, verkürzt sich die laufende 18-monatige
 Entgeltunterlagen aufzubewahren.
                                                              Bindungsfrist zum 31. Dezember 2020 auf 12 Monate.
                                                              Für Mitglieder, die einen Kassenwechsel im Kündi-
                                                              gungsverfahren zu einem schnellstmöglichen Zeit-
Bindung an die Krankenkassenwahl
                                                              punkt anstreben, bedeutet dies, dass ein Wechsel frü-
Neben der allgemeinen Bindungsfrist von 18 bzw.
                                                              hestens zum 1. Januar 2021 unter der Voraussetzung
12 Monaten (bis 31. Dezember 2020 bzw. ab 1. Januar
                                                              möglich ist, dass die neue 12-monatige Bindungsfrist
2021) sind die Mitglieder bei Inanspruchnahme be­
                                                              zum 31. Dezember 2020 erfüllt ist. (Beispiel 3)
stimmter Wahltarife für die Dauer von 12 Monaten
(Nichtinanspruchnahme von Leistungen, Kostener-
stattung) bzw. 36 Monaten (Selbst­behalt, Kranken-
                                                              BEISPIEL 3:
geld-Wahltarif) an ihre Krankenkasse gebunden. Diese
                                                              Die Mitgliedschaft einer versicherungspflich-
besonderen Bindungsfristen müssen nicht zwingend
                                                              tigen Arbeitnehmerin, seit Jahren ununterbro-
parallel zur allgemeinen Bindungsfrist verlaufen.
                                                              chen beim selben Arbeitgeber beschäftigt, bei
                                                              einer Ersatzkasse begann am 1. Januar 2020.
Das Ereignis, welches die allgemeine Bindungsfrist aus-
                                                              Zum 1. März 2021 möchte sie Mitglied der IKK
löst, ist ab dem 1. Januar 2021 die tatsächliche Wahl ei-
                                                              classic werden, einen Wahl­tarif hat sie bei der
ner Krankenkasse durch das Mitglied – nicht etwa ein
                                                              Ersatzkasse nicht abgeschlossen.
zwar grundsätzlich bestehendes, jedoch tatsächlich
nicht ausge­übtes Wahlrecht. Nur eine aktive, gegenüber
                                                              ▪ D
                                                                    ie neue 12-monatige Bindungsfrist ist
der gewählten Krankenkasse kommunizierte Wahlent-
                                                                   am 31. De­zember 2020 erfüllt. Sofern die
scheidung kann eine Bindungswirkung entfalten. Ob
                                                                   Kündigung bis zum 31. Dezember 2020 bei
die Wahlentscheidung im Rahmen eines sofortigen
                                                                   der Ersatzkasse eingeht, ist – ungeachtet
Wahlrechts zugunsten der zuletzt zuständigen oder
                                                                   dessen, dass die 18-monatige Bindungsfrist
einer neuen Kasse getroffen wird, ist insoweit ohne
                                                                   eigentlich erst am 30. Juni 2021 endet –
Bedeutung.
                                                                   der Wechsel zur IKK classic zum 1. März
                                                                   2021 möglich. Die Ersatzkasse hat die noch
Besondere Bindungsfristen enden mit Ablauf der 12
                                                                   erforderliche Kündigungs­bestätigung in
bzw. 36 zusammenhängenden Zeitmonate. Darüber
                                                                   Papierform auszustellen.
hinaus erlöschen sie bei Beendigung der Mitglied-
schaft kraft Gesetzes. Eine noch nicht abgelaufene
8 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

Siebtes SGB IV-Änderungsgesetz
Neben der Einführung der elektronischen Mitglieds-
bestätigung, auf die wir bereits im Abschnitt zur
Reform des Krankenkassenwahlrechts eingegangen
sind, schüttet das federführende Bundesministerium
für Arbeit und Soziales (BMAS) auch mit der siebten
Auflage in der Reihe der SGB IV-Änderungsgesetze ein
wahres Füllhorn an Änderungen aus. Laut eigenem
Bekunden sollen damit bestehende Verfahren in der            Technisch werden fehlende Jahresmeldungen mittels
Sozialversicherung effektiver gestaltet und im Sinne         Krankenkassenmeldungen angefordert, die bislang
der Digitalisierung und der Entbürokratisierung ver-         schon von den GKV-Monatsmeldungen (wenn Mehr-
bessert werden.                                              fachbeschäftigte die Beitragsbemessungsgrenze
                                                             überschreiten) bekannt sind. Die Anforderung bei den
Elektronische Anforderung fehlender                          Arbeitgebern für abgelaufene Kalenderjahre erfolgt mit
Jahresmeldungen                                              dem Datensatz Krankenkassenmeldung (DSKK, Grund
Es bedurfte nur eines Federstrichs, um das Anfordern         der Abgabe „05“) und dem neuen Datenbaustein
fehlender Jahresmeldungen ab dem 1. Januar 2021,             Anforderung Meldung (DBAM). Aus dem DBAM ergibt
also erstmals für das Jahr 2020, vom „Serienbrief“ in        sich dabei lediglich die Information, für welches Kalen-
das digitale Zeitalter zu holen: „Die Einzugsstellen         derjahr eine Jahresmeldung angefordert wird (zuläs-
können fehlende Jahresmeldungen maschinell anfor-            sig ist nur ein Wert größer 2019). Fehlende Jahresmel-
dern“ – heißt es nunmehr in der Datenerfassungs- und         dungen für geringfügig entlohnte Beschäftigte werden
-übermittlungsverordnung (DEÜV). Bislang müssen die          weiterhin ausschließlich in Papierform angefordert.
Einzugsstellen jährlich eine große Anzahl von Jahres-        Für fehlende UV-Jahresmeldungen (Abgabegrund „92“)
meldungen im manuellen Papierverfahren anfordern –           gilt das neue Verfahren ebenfalls nicht.
schließlich sind sie verpflichtet, die Vollständigkeit der
Meldungen zu überwachen.                                     Unverändert gilt: Eine Jahresmeldung („50“) ist dann
                                                             nicht zu erstatten, wenn bereits wegen einer Un-
Beispielsweise mussten im Jahr 2016 ca. 700.000              terbrechung der Beschäftigung (z. B. aufgrund von
fehlende Jahresmeldungen angefordert werden. Dank            Krankengeldbezug) eine Unterbrechungsmeldung zu
des papiergebundenen Erinnerungsverfahrens wurden            erstatten war und der 31. Dezember in den Unterbre-
zwar kurzfristig ca. 600.000 Datensätze nachgemel-           chungszeitraum fällt. Außerdem ist keine Jahresmel-
det, die zukünftige elektronische Anforderung wird           dung zu erstellen, wenn wegen einer Änderung im
den Verwaltungsaufwand dennoch erheblich reduzie-            Beschäftigungs- oder Versicherungsverhältnis ohnehin
ren. Gleichzeitig erhöht sich die Verfahrenssicherheit.      zum 31. Dezember eine Sonstige Meldung, z. B. wegen
                                                             Änderung der Beitragsgruppe, erstattet wurde.
Der Hintergrund ist bekannt: Die Arbeitgeber ha-
ben für nahezu jeden am 31. Dezember eines Jahres
Beschäftigten mit der ersten folgenden Lohn- und              WICHTIG: Nach Eingang der Anforderung haben die
Gehalts­abrechnung, spätestens bis zum 15. Februar            Arbeitgeber die fehlende Jahresmeldung spätestens
des Folgejahres, eine Jahresmeldung (Abgabegrund              mit der nächsten Lohn- und Gehalts­abrechnung wie
„50“) an die zuständige Einzugsstelle zu übermitteln.         gewohnt zu übermitteln. Sofern sie auf die elektroni-
Die Daten werden an die Deutsche Rentenversicherung           sche Anforderung nicht reagieren, erfolgt die weitere
und Bundesagentur für Arbeit weitergeleitet, wo sie in        Korrespondenz wieder im herkömmlichen Papierver-
das Rentenkonto des Versicherten übernommen, für              fahren, denn die elektronische Anforderung erfolgt
die Betriebsprüfung vorgehalten bzw. für statistische         für jede fehlende Jahresmeldung nur einmalig.
Zwecke genutzt werden.
IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 9

Wegfall des Kennzeichens                                  Datenanforderung: Anlage eines
„Mehrfachbeschäftigung“                                   Arbeitgeberkontos
Bislang haben die Arbeitgeber das Bestehen einer          Als Reaktion auf eine erstmalige Anmeldung durch
Mehrfachbeschäftigung zu melden. Eine Auswertung          einen Arbeitgeber versenden die Einzugsstellen regel-
des Bestandsprüfungsverfahrens durch die Einzugs-         mäßig Frage­bögen zur Anlage eines Arbeitgeberkontos
stellen hat jedoch ergeben, dass die besondere Kenn-      in Papierform, um alle erforderlichen Daten einzuholen.
zeichnung einer Mehrfachbeschäftigung im DEÜV-            Laut Gesetzesbegründung gab es im Jahr 2018 rund
Meldeverfahren nicht zu einer Qualitätsverbesserung       19,3 Mio. Anmeldungen. Nach Schätzung des GKV-
führt. Die Tatbestände könnten auch ohne das Kenn-        Spitzenverbandes erfolgt eine Datenanforderung in
zeichen „Mehrfachbeschäftigung“ eindeutig festge-         rund 10 % der Fälle. Der Aufwand pro Rückantwort liegt
stellt werden, sodass darauf zukünftig verzichtet wird.   nach Auskunft von Arbeitgebern bei durchschnittlich
Hinzu kommt, dass in der Praxis häufig Unsicherhei-       ca. 20 Minuten, außerdem entstehen Sachkosten für
ten hinsichtlich der richtigen Verwendung des Kenn-       den Briefversand. Die rund 1,93 Mio. Fälle verursachen
zeichens bestehen, insbesondere bei nur tageweisen        also Gesamtkosten von geschätzt 24,13 Mio. Euro
Überschneidungen.                                         jährlich. Dies erscheint dem BMAS im Zuge der voran-
                                                          schreitenden Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß und
Nach dem Siebten SGB IV-Änderungsgesetz sollte die        gegenüber den Arbeitgebern nicht mehr vermittelbar.
Neu­regelung erst zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.
Allerdings wurde im Rahmen der Meldebesprechung           Vom 1. Januar 2022 an gilt daher: Die Arbeitgeber
der SV-Spitzenorganisationen im Februar 2020 davon        haben auf elektronische Anforderung der Einzugsstellen
abweichend festgelegt, das Kennzeichen „Mehrfach-         mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen
beschäftigung“ bereits zum 1. Januar 2021 aus dem         Angaben zur Anlage eines Arbeitgeberkontos elektro-
Datenbaustein Melde­sachverhalt (DBME) und dem            nisch zu übermitteln. Das Nähere über die Angaben, die
Datenbaustein Bestandsabweichung Meldeverfahren           Datensätze und das Verfahren wird in Gemeinsamen
(DBBM) zu streichen.                                      Grundsätzen geregelt.

 HINWEIS: Soweit bei einer Mehrfachbeschäftigung           AUSBLICK: Die erforderlichen Informationen sind
 die Einzugsstelle anhand der Entgeltmeldungen nicht       im Rahmen eines Dialogverfahrens auf Anforderung
 ausschließen kann, dass die in dem sich überschnei-       der Einzugsstellen in elektronischer Form von den
 denden Meldezeitraum erzielten Arbeitsentgelte die        Arbeitgebern zu melden. Das Nähere zum Verfahren
 Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, fordert           soll in der Meldebesprechung der SV-Spitzenorga-
 sie auch weiterhin den Arbeitgeber im Qualifizierten      nisationen im I. Quartal 2021 beschlossen werden –
 Meldedialog auf, GKV-Monatsmeldungen (Abgabe-             angedacht ist, dieses Dialogverfahren in das Arbeit-
 grund „58“) abzugeben. Auf die Anforderung der            geber-Meldeverfahren zu integrieren. Geprüft werden
 58er Meldungen mit Datenbaustein Meldesachverhalt         soll in dem Kontext, wie unter den künftig bestehen-
 GKV-Monatsmeldung (DBMM) hat der Wegfall des              den Möglichkeiten der elektronischen Datenanforde-
 Kennzeichens „Mehrfachbeschäftigung“ keinerlei            rung auch das SEPA-Lastschriftmandat mit abgebildet
 Auswirkungen.                                             werden kann.
10 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

Lohnsteuerangaben in Meldungen für                         Bescheinigungen elektronisch anfordern
die Minijob-Zentrale                                       und annehmen
Zukünftig sind die Arbeitgeber verpflichtet, in allen      Das elektronische Bescheinigungswesen war bisher
Entgeltmeldungen für die Minijob-Zentrale die Art          weitgehend optional zu nutzen, soll zukünftig aber
der Besteuerung anzugeben. Zusätzlich müssen das           mehr und mehr verpflichtend werden:
steuerrechtliche Ordnungsmerkmal des Arbeitgebers
(Steuernummer) und das des Arbeitnehmers (Steuer-          ▪ r vBEA – hier steht „rv“ für Rentenversicherung und
Identifikationsnummer) übermittelt werden. Da nur               „BEA“ für Bescheinigungen elektronisch anfordern
Entgeltmeldungen betroffen sind, erfolgt lediglich              und annehmen
eine rückschauende Feststellung für einen abgelaufe-       ▪ B A-BEA – ist das entsprechende Verfahren der
nen Zeitraum; in der Regel entweder nach dem Ende               Bundesagentur für Arbeit (BA)
der Beschäftigung (Abmeldung) oder nach Ablauf
eines Kalenderjahres (Jahresmeldung).                      Mit dem Ziel, auch in diesem Bereich die Digitalisie-
                                                           rung voranzutreiben, sind die mit rvBEA für Zwecke
Hintergrund ist, dass die Minijob-Zentrale nicht nur als   der gesetzlichen Rentenversicherung anzufordernden
zuständige Einzugsstelle, sondern zugleich als Steuer-     Bescheinigungen – erstmalige Ermittlung des Einkom-
behörde handelt. Sie hat zu prüfen, ob die Steuern für     mens, Ermittlung von Einkommensänderungen und
geringfügig entlohnte Beschäftigte korrekt und in voller   Auskunftspflicht des Arbeitgebers – aufgrund des
Höhe entrichtet wurden. Der Rechnungsprüfungsaus-          Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes verpflichtend.
schuss des Deutschen Bundestages hatte deshalb eine
Ergänzung des Meldeverfahrens angeregt.                    Da künftig jeder Arbeitgeber daran teilnimmt, wird
                                                           die Deutsche Rentenversicherung das Verfahren
                                                           dahingehend anpassen, dass voraussichtlich ab dem
 WICHTIG: Die Neuregelung tritt nach dem Siebten           1. Juli 2021 keine Registrierung mehr erfolgen muss.
 SGB IV-Änderungsgesetz eigentlich bereits zum             Bis dato haben sich der Arbeitgeber oder eine von ihm
 1. Januar 2021 in Kraft. Im Einvernehmen mit dem          beauftragte Abrechnungsstelle vorab für die Teilnah-
 BMAS wird das Verfahren aber erst zum 1. Januar           me an rvBEA elektronisch bei der DSRV (Datenstelle
 2022 umgesetzt – in laufenden Beschäftigungsver­          der Rentenversicherung) zu registrieren. Die Verpflich-
 hältnissen also beginnend mit der Jahresmeldung           tung der Arbeitgeber, mindestens einmal wöchentlich
 für das Kalenderjahr 2021.                                zu prüfen, ob die DSRV Anforderungen auf ihrem
                                                           Kommunikationsserver für sie hinterlegt hat und diese
                                                           abzurufen, besteht dann ausnahmslos.
Das Nähere zum Verfahren ist in der Meldebespre-
chung der SV-Spitzenorganisationen am 22. Septem-
ber 2020 beschlossen worden. Danach werden die              WICHTIG: Auch das rvBEA-Teilverfahren GML57 zur
Entgeltmeldungen um einen Datenbaustein Steuer­             Anforderung einer DEÜV-Meldung mit Abgabegrund
daten (DBST) erweitert, der die beiden o. g. Infor­-        „57“ für Arbeitnehmer, die einen Antrag auf Alters­
ma­tionen (Steuernummer, Steuer-Identifikationsnum-         rente gestellt haben oder sich im Versorgungsaus-
mer) sowie das Kennzeichen zur Art der Besteuerung          gleichsverfahren befinden (Gesonderte Meldung nach
enthält. Letzteres besteht aus der Ziffer „1“ für die       § 194 SGB VI), ist jetzt grundsätzlich obligatorisch.
einheitliche Pauschsteuer von 2 % oder die Ziffer „0“       Die Registrierungspflicht entfällt ebenfalls voraus-
für alle anderen Möglichkeiten der Besteuerung              sichtlich ab dem 1. Juli 2021, von da an werden alle
(pauschale Lohnsteuer von 20 %, individuelle Besteu-        Anforderungen nur noch digital zugestellt. Die min-
erung nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen bzw.               destens wöchentliche Abrufverpflichtung vom Kom-
keine Steuern).                                             munikationsserver besteht analog.
IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 11

Das Verfahren BA-BEA hat eine erhebliche Bedeutung        Führung der Entgeltunterlagen nur in elektronischer
für eine digitale und bürgerfreundliche Gestaltung des    Form: Eine vollständige und konsequente Nutzung
Antragsprozesses sowie eine zügige Entscheidung der       der sich aus der euBP ergebenden Einsparpotentiale
BA über den Anspruch auf Sozialleistungen. Ziel ist es,   und Effizienzgewinne für die Betriebsprüfdienste der
die elektronisch vorliegenden Antragsdaten der Leis-      Deutschen Rentenversicherung ist nur möglich, sofern
tungsberechtigten und die elektronisch übermittelten      zu sichtende Entgeltunterlagen nicht vom Arbeitgeber
Daten der Bescheinigungen medienbruchfrei zusam-          in Papierform zugesandt, sondern in elektronischer
menzuführen. Eine Übergangszeit bis Ende 2022 bietet      Form übermittelt werden. Dies setzt eine gesetzli-
den bisher noch nicht an BA-BEA teilnehmenden Arbeit-     che Verpflichtung der Arbeitgeber zur Führung der
gebern die Möglichkeit, sich auf das ab 1. Januar 2023    Entgelt­unterlagen in elektronischer Form voraus, die
ausschließlich elektronische Verfahren einzustellen.      mit einer Änderung der Beitragsverfahrensverord-
                                                          nung (BVV) vollzogen wurde. Diese tritt nach dem
Elektronisch unterstützte Betriebsprüfung                 Siebten SGB IV-Änderungsgesetz zum 1. Januar 2022
Mit dem Siebten SGB IV-Änderungsgesetz wird die           in Kraft mit der Maßgabe, dass Arbeitgeber sich bis
elektronisch unterstützte BetriebsPrüfung (euBP) für      zum 31. Dezember 2026 – analog zu der Befreiungs-
Arbeitgeber zum 1. Januar 2023 grundsätzlich ver-         möglichkeit von der euBP – auf Antrag von der Ver-
pflichtend. Laut Gesetzesbegründung ist das optionale     pflichtung zur Führung von elektronischen Unter­lagen
Angebot der elektronischen Unterstützung bei der Prü-     befreien lassen können.
fung der Arbeitgeber in den letzten Jahren bereits von
rund 40 % der Arbeitgeber genutzt worden. Durch die
nun vorgesehene Regelung soll zukünftig die euBP für       WICHTIG: Hinsichtlich der elektronisch zu führenden
den Bereich der Entgeltabrechnung zur Norm werden.         Entgeltunterlagen werden nicht nur die Arbeitgeber in
Die Vorteile liegen in einem erheb­lichen Zeitgewinn       die Pflicht genommen, die Digitalisierung beginnt zur
sowohl für die Arbeitgeber als auch die Prüfdienste,       Vermeidung von Medienbrüchen bereits einen Schritt
welche sich dann verstärkt auf ihre beratende Funktion     früher: Schon die Beschäftigten und die ansonsten
konzentrieren können. Für den Bereich der Prüfung der      jeweils zuständigen Stellen haben die Unterlagen in
Finanzbuchhaltung bleibt es bis auf Weiteres bei einem     elektronischer Form zur Verfügung zu stellen, sofern
optionalen Verfahren.                                      sie nicht ohnehin elektronisch aus der Abrechnung des
                                                           Arbeitgebers entnommen werden können.
Auch nach dem Jahr 2022, längstens jedoch für Prüf-
zeiträume bis zum 31. Dezember 2026, können die
Arbeit­geber im begründeten Einzelfall auf Antrag         Bevollmächtigung bei Arbeitgebern mit Sitz im Aus-
vom Prüfdienst des zuständigen Rentenversicherungs-       land: Arbeitgeber, die in Deutschland Arbeitnehmer
trägers von der euBP entbunden werden.                    sozialversicherungspflichtig beschäftigen, aber selbst
                                                          keinen Sitz im Inland haben, müssen vom 1. Januar
                                                          2021 an einen Bevollmächtigten im Inland bestellen.
 PRAXIS-TIPP: Für ergänzende Informationen und            Diesem obliegt die Verpflichtung, Entgeltunterlagen
 Dokumente zur euBP lohnt ein Besuch der DRV-             in deutscher Sprache zu führen und aufzubewahren.
 Homepage: www.deutsche-rentenversicherung.de             Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine Über-
 (Rubrik: Experten/Arbeitgeber & Steuerberater)           wachung der Arbeitgeberpflichten gewährleistet ist,
                                                          obwohl der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat.
12 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

Elektronische Arbeitsunfähigkeits-                         ggf. bestehende Erstattungsansprüche gegen Dritte
bescheinigung                                              prüfen und durchsetzen zu können.
Bereits mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz
(BEG III) wurde die rechtliche Grundlage für die Einfüh-   Durch das Einbeziehen der Nachweise über Zeiten
rung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheini-      stationärer Krankenhausaufenthalte in einem Umfang
gung (kurz: eAU) ab dem 1. Januar 2022 geschaffen.         von rund 15 Mio. Fällen pro Jahr werden weitere
Im Rahmen des Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes ist         Papierbescheinigungen eingespart.
zusätzlich die Möglichkeit für eine vorgeschaltete
Pilotierung des Verfahrens vom 1. Juli bis 31. Dezember    Geringfügig Beschäftigte: Anders als ursprünglich
2021 eröffnet worden.                                      geplant, wird die Grundlage für ein einfacheres Abruf-
                                                           verfahren von eAU-Daten für die Arbeitgeber geschaf-
Das neue Meldeverfahren soll das Einreichen des „Gel-      fen. Durch die überarbeitete Regelung wird zum einen
ben Zettels“ beim Arbeitgeber ablösen und in Zukunft       sichergestellt, dass die Krankenkassen weiterhin die
den damit verbundenen Medienbruch – von digital zu         einzigen Sozialversicherungsträger sind, die Arbeits-
Papier und wieder zu digital – vermeiden. Stattdessen      unfähigkeitsdaten vorhalten. Zum anderen können die
informiert künftig die Krankenkasse den Arbeitgeber        Arbeitgeber die entsprechenden Daten direkt bei der
auf Abruf elektronisch über Beginn und Dauer der           zuständigen Krankenkasse abrufen, also ohne zeitli-
Arbeitsunfähigkeit (Erst- und Folgebescheinigungen).       che Verzögerung über die Minijob-Zentrale. Außerdem
Die Digitalisierung soll laut Gesetzentwurf sowohl die     entfällt die Verpflichtung zur Übermittlung der Kopien
Bürger (um ca. 77 Mio. Euro pro Jahr) als auch die Un-     aller rund 40 Mio. Krankmeldungen pro Jahr an die
ternehmen (um ca. 550 Mio. Euro pro Jahr) erheblich        Minijob-Zentrale. Um diese andererseits bei der Durch-
entlasten.                                                 führung des U1-Verfahrens zu unterstützen, darf sie
                                                           Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der jeweils zuständigen
Bislang müssen die Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber          Krankenkasse abrufen.
die Krankschreibungen noch in Papierform zur Verfü-
gung stellen. Damit das Einreichen beim Arbeitgeber        Bereits mit dem BEG III sind im Kontext der Einführung
entfallen kann, wird das bereits etablierte elektroni-     der eAU auch arbeitsrechtliche Belange neu geregelt
sche Datenaustauschverfahren Entgelt­ersatzleistungen      worden: So sind gesetzlich krankenversicherte Arbeit-
(DTA EEL) erweitert.                                       nehmer künftig nur noch zur Anzeige der Arbeitsun-
                                                           fähigkeit gegenüber ihrem Arbeitgeber verpflichtet,
                                                           die Vorlagepflicht entfällt – mit folgenden Ausnahmen:
  PRAXIS-TIPP: Es ist davon auszugehen, dass die           Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt,
  Krankenkassen über alle notwendigen Daten verfü-         der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil-
  gen, um die Arbeitgeber – unter Berücksichtigung         nimmt, bei Erkrankung im Ausland und bei geringfügi-
  etwaiger Vorerkrankungszeiten – von sich aus über        ger Beschäftigung im Privathaushalt. In Zukunft ist es
  das Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs informie-      also ausreichend, sich einem Arzt vorzustellen, um das
  ren zu können.                                           Bestehen von Arbeitsunfähigkeit feststellen und sich
                                                           eine ordnungsgemäß ausgestellte AU-Bescheinigung
                                                           aushändigen zu lassen. Denn die Papierbescheinigung
Weitere Verfahrensänderungen mit dem Siebten               bleibt als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel mit
SGB IV-Änderungsgesetz gegenüber dem BEG III be-           dem ihr von der Rechtsprechung zugebilligten hohen
treffen u. a. die zusätzliche Angabe in der Meldung der    Beweiswert erhalten, um insbesondere in Störfällen
Krankenkasse an den Arbeitgeber, ob Anhaltspunkte          (etwa einer fehl­geschlagenen elektronischen Übermitt-
für einen Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall vorliegen.   lung) das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit außerpro-
Der Arbeitgeber soll damit in die Lage versetzt werden,    zessual oder auch prozessual nachweisen zu können.
IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 13

Ausfüllhilfe sv.net und Online-Datenspeicher              Neue Preise ab 2021: sv.net steht bekanntlich mit
Die gesetzlichen Krankenkassen stellen in Abstim-         sv.net/standard und sv.net/comfort in einer Online-
mung mit den anderen Sozialversicherungsträgern seit      und einer PC-Variante zur Verfügung, in beiden können
Jahren mit sv.net (www.svnet.info) eine systemgeprüf-     die gleichen Meldungstypen abgegeben werden. Die
te Ausfüllhilfe für die elektronische Datenübermittlung   PC-Variante sv.net/comfort bietet zudem die Möglich-
zur Verfügung. Mit einer Neuregelung im Rahmen des        keit, Meldungen sowie Firmen- und Personalstamm­
Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes werden zum einen         daten auf den Systemen der Anwender zu speichern
der Umfang der Übermittlung und das Verfahren zur         und somit wiederverwenden zu können. Sowohl für
Nutzung gesetzlich abgesichert. Durch das Einbe-          sv.net/comfort als auch für sv.net/standard wird seit
ziehen der Antrags- und Bescheinigungsverfahren           2018 zwischen kostenlosen Normal-­Benutzer- und
(z. B. A1-Verfahren) wird es laut Gesetzesbegründung      kostenpflichtigen Premium-Benutzer-Accounts un-
zukünftig notwendig, auch für die Übermittlung der        terschieden. Sofern über 100 Meldungen pro Jahr,
Daten für Selbstständige eine Ausfüllhilfe zur Ver-       Meldungen für mehr als eine Betriebsnummer oder
fügung zu stellen. Man will damit eine Vielzahl von       Meldungen durch mehr als eine Person abgegeben
abweichend aufgebauten Web-Anwendungen vermei-            werden sollen, ist die Freischaltung der Premium-
den und die Vorteile eines einheitlichen Verfahrens­      Nutzung in sv.net notwendig. Dies erfordert die Durch-
zugangs nutzen. Es bleibt aber auch in Zukunft dabei:     führung eines Legitimationsverfahrens. Neben der
eine Ausfüllhilfe führt keine Entgeltabrechnung durch.    schriftlichen Bestätigung der Vertragsannahme muss
                                                          ein Betriebsnummern-Nachweis sowie eine Vollmacht,
Neuer Online-Datenspeicher: Die Digitalisierung im        alternativ eine Kopie von Personalausweis, Reisepass
Arbeitgebermelde- und -beitragsverfahren schreitet        oder Führerschein, eingereicht werden.
zunehmend voran. Insbesondere kleinere Betriebe
sind den Anforderungen noch nicht gewachsen, voll­
elektronisch im Dialog erreichbar zu sein, alle Daten/      HINWEIS: Die Laufzeit der Premium-Mitgliedschaft
Bescheinigungen elektronisch vorzuhalten und für            endet am 30. Juni 2023 – unabhängig davon, ob eine
den Abruf bereitzustellen. Daher wird vorrangig für         neue abgeschlos­sen oder eine bestehende verlängert
Kleinstarbeitgeber (bis max. zehn Arbeitnehmer) ein         wurde. Der Gesetzgeber sieht die Entwicklung einer
Angebot geschaffen, diese Daten in einem eigenen            neuen sv.net-Generation vor, mit der die Nutzer ab
Online-Datenspeicher vorhalten zu können, damit sie         dem 1. Juli 2023 ihren Meldeverpflichtungen nachkom-
z. B. bei der Betriebsprüfung dort abgerufen werden         men können.
können, nachdem der Arbeitgeber einen solchen
Zugriff gegenüber der abrufenden Stelle eröffnet            Ab dem 1. Januar 2021 belaufen sich die Kosten für
hat. Vorgesehen ist, am 1. Juli 2023 mit dem neuen          eine neu abgeschlossene Premium-Registrierung
Angebot der Sozialversicherungsträger zu starten            auf 54,00 EUR (24,00 EUR Registrierungsgebühr +
– zeitgleich mit dem Relaunch der elektronischen            30,00 EUR Nutzungs­gebühr, zzgl. MwSt.). Wird ein
Ausfüllhilfe sv.net. Mit dem Online-Datenspeicher soll      bestehender Premium-Zugang nicht 90 Tage vor Ende
zum einen mehr Akzeptanz für elektronische Lösun-           der Vertragslaufzeit gekündigt, verlängert er sich bis
gen, zum anderen eine Verbesserung der Datenlage            zum 30. Juni 2023. Die Kosten für die Verlängerung
geschaffen werden, die heutzutage häufig aus nicht          belaufen sich ab 2021 auf pauschal 30,00 EUR (zzgl.
sortierten und unvollständigen Papierstücken besteht        MwSt.). Die geringeren Kosten stehen direkt mit der
und zu erheblichem Nachfragebedarf in der Betriebs-         neuen sv.net-Generation (inkl. Online-Datenspeicher)
prüfung führt. Die dazu notwendigen Techniken und           im Zusammenhang.
Sicherheits­bestimmungen sind vorhanden und haben
sich in der Praxis bewährt.
14 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

Praxisintegrierte schulische Ausbildungsgänge             sondern sie erfassen auch vergleichbare praxisinte­
Eine Klarstellung ist mit dem Siebten SGB IV-Änderungs-   grierte schulische Ausbildungen wie z. B. die zur
gesetz auch hinsichtlich bestimmter Auszubildender in     Erzieherin/zum Erzieher in Bundesländern, in denen
Gesundheitsberufen erfolgt – ein Problem, das bereits     die Auszubildenden einen Ausbildungsvertrag mit
seit Anfang 2019 auf eine finale Lösung gewartet hat.     dem Ausbildungsbetrieb schließen und von Anfang
                                                          an eine Vergütung erhalten.
Anlass waren erhebliche Unsicherheiten in der ver-
sicherungsrechtlichen Beurteilung von angehenden
Gesundheitsberuflern, deren Ausbildung zwar weitge-        WICHTIG: Die Vorschriften über die Versicherungs-
hend schulisch organisiert ist, die auf der Grundlage      pflicht sind am 1. Juli 2020 in Kraft getreten und
der bis dato geltenden Rechtslage jedoch nicht als zu      finden damit grundsätzlich auf Ausbildungen Anwen-
ihrer Berufsausbildung Beschäftigte anzusehen waren.       dung, die nach dem 30. Juni 2020 beginnen. Daneben
Dies auch ungeachtet dessen, dass die Ausbildungs-         besteht eine Bestandsschutzregelung.
bedingungen für die Betroffenen an kommunalen
Krankenhäusern und Universitätskliniken seit dem
1. Januar 2019 tarifvertraglich geregelt sind und auf     Übergangsregelung und Bestandsschutz: Aufgrund
der Grundlage der geschlossenen Ausbildungsverträge       inhaltlich identischer Regelungen gelten die Vor-
ein monatliches tarif­liches Ausbildungsentgelt gezahlt   schriften über die Versicherungspflicht mit Rück-
wird. Nunmehr ist faktisch so etwas wie eine Gleich-      wirkung auch für praxisintegrierte Ausbildungen,
stellung mit den Teilnehmern an dualen Studiengän-        die vor dem Inkrafttreten des Siebten SGB IV-Ände-
gen erfolgt, die bekanntlich bereits seit dem 1. Januar   rungsgesetzes begonnen wurden, wenn für diese
2012 sowohl während der Praxis- als auch Studien­         bereits Beiträge gezahlt worden sind. Soweit für im
phasen der Sozial­versicherungspflicht unterliegen.       Zeitpunkt des Inkrafttretens laufende Ausbildungen
                                                          keine Beiträge gezahlt worden sind, beginnt die Ver-
                                                          sicherungspflicht ab Aufnahme der Beitragszahlung,
 HINWEIS: Im Vorgriff auf das Tätigwerden des Ge-         sofern diese mit Zustimmung der Auszubildenden
 setzgebers hatten sich die SV-Spitzenorganisationen      erfolgt. (Beispiel)
 bereits mit ihrer Gemeinsamen Verlautbarung vom
 2. April 2020 der Problematik angenommen – mit iden-
 tischem Lösungsansatz wie jetzt der Gesetzgeber.           BEISPIEL:
                                                            Eine Auszubildende übt seit dem 1. Oktober
                                                            2019 eine schulisch geprägte Ausbildung zur
Auszubildende in praxisintegrierten schulischen             Diätassistentin an einem Universitätsklinikum
Ausbildungsgängen sind jetzt über Einzelvorschriften        aus. Sie erhält eine monatliche Ausbildungs­
in den einzelnen Büchern des Sozialgesetzbuchs den          vergütung in Höhe von 990,00 EUR. Eine
zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt und       Umstellung auf Sozialversicherungspflicht ist
insofern kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosen-       bisher nicht erfolgt.
versicherungspflichtig. Einheitlicher Wortlaut: Versi-
cherungspflichtig sind Teilnehmer „an Ausbildungen          ▪ Mit Zustimmung der Auszubildenden kann
mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der              nunmehr von Sozialversicherungspflicht
praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsver-              ausgegangen werden. Es sind Meldungen
trag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht               im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens zu
(praxisintegrierte Ausbildungen)“.                               übermitteln und monatlich Beiträge zu ent-
                                                                 richten. Hätte das Universitätsklinikum das
Die Neuregelungen gelten im Übrigen nicht allein für             Ausbildungsverhältnis bereits bisher als so­
solche Gesundheitsberufe wie z. B. Medizinisch-techni-           zialversicherungspflichtig beurteilt, ergäben
sche Assistenten (MTA), Physiotherapeuten, Diätassis-            sich zum 1. Juli 2020 keine Auswirkungen.
tenten, Orthoptisten, Logopäden oder Ergotherapeuten,
IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021 | 15

Arbeit-von-morgen-Gesetz                                  vereinbaren. Vom 1. Oktober 2020 an ist diese zusätz-
Erklärtes Ziel des „Gesetzes zur Förderung der be-        liche Förderleistung auf alle Betriebe, also unabhängig
ruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur         von deren Größe, ausgeweitet worden und wird auch
Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“ ist es,       bei den Zuschüssen zum Arbeitsentgelt erhöhend
bestimmte Förder­instrumente der Arbeitsmarktpolitik      gewährt. Die Mindestbeteiligung des Arbeitgebers an
weiterzuentwickeln, um Deutschland rechtzeitig auf        den Lehrgangskosten verringert sich um 5 Prozent-
die Arbeit von morgen vorzubereiten. Angesichts der       punkte, die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt können um
Erkenntnis, dass in lebensbegleitendem Lernen der         5 Prozentpunkte erhöht werden.
Schlüssel zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit im
Strukturwandel liegt, will die Bundesregierung beson-     Verfahrensvereinfachung/-beschleunigung: Insbeson-
ders die Möglichkeiten von beruflicher Weiterbildung      dere in den Fällen, in denen beruflicher Weiterbildungs-
und Qualifizierung weiter stärken. Wir können hier        bedarf bei einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern
nicht auf alle Aspekte des Arbeit-von-morgen-Gesetzes     vorliegt, kann Adressat der Bewilligungsentscheidung
eingehen, sondern greifen nur die heraus, die in erster   und Förderleistungen anstelle des Arbeitnehmers auch
Linie für das Personalbüro von Interesse sein dürften.    der Arbeitgeber sein, soweit er dies beantragt und
                                                          die Betriebsvertretung bzw. der einzelne Beschäftigte
Stärkung der beruflichen Weiterbildung                    eingewilligt hat. Die Antragstellung und Bewilligung der
Maßnahmendauer: Bezüglich der Kostenübernahme             Gesamtleistung kann dann – neben den ohnehin an den
für berufliche Weiterbildung im Rahmen eines beste-       Arbeitgeber zu zahlenden Arbeitsentgeltzuschüssen
henden Arbeitsverhältnisses durch die Bundesagentur       – auch die Lehrgangs- und sonstigen Weiterbildungs­
für Arbeit (BA) ist die erforderliche Mindestdauer der    kosten (z. B. Fahrkosten) umfassen.
Maßnahmen mit Wirkung ab dem 29. Mai 2020 von
mehr als 160 Stunden auf mehr als 120 Stunden re­         Anspruch auf geförderte Nachholung
duziert worden. Laut Gesetzesbegründung sollen            Berufsabschluss
mit der Reduzierung mehr Beschäftigte und Betriebe        Angesichts der guten Arbeitsmarktchancen für Fach-
für die Weiterbildungsförderung erreicht und qualifi-     kräfte und das hohe Arbeitslosigkeits- und Substi-
katorische Anpassungsprozesse erleichtert werden.         tuierungsrisiko von Geringqualifizierten sieht das
                                                          Arbeit-von-morgen-Gesetz einen Rechtsanspruch auf
Höhere Zuschüsse zu Lehrgangskosten und Arbeits-          Förderung einer beruflichen Nachqualifizierung zum
entgelt: Unter der Voraussetzung, dass die beruflichen    Nachholen eines Berufsabschlusses vor. Die Neure-
Kompetenzen von mind. 20 % der Belegschaft des            gelung, die am 29. Mai 2020 in Kraft getreten ist,
Betriebes (bei mindestens 10, aber weniger als 250 Be-    verfolgt das Ziel, verstärkt Geringqualifizierte für eine
schäftigten = 10 % der Beschäftigten) nicht mehr          berufsabschlussorientierte Weiterbildung zu gewin-
genügen, um die betrieblichen Anforderungen zu            nen. Auch für Arbeitnehmer, die zwar einen Berufsab-
bewältigen, werden die jeweiligen Zuschüsse pauschal      schluss im Ausland erworben haben, der aber einem
um 10 Prozentpunkte erhöht. Damit sollen Arbeitge-        deutschen Abschluss nicht formal gleichgestellt werden
ber und Beschäftigte vom 1. Oktober 2020 an bei der       konnte, besteht entsprechender Unterstützungsbedarf.
Bewältigung schwieriger struktureller Anpassungs­
prozesse gestärkt werden.                                 Der Rechtsanspruch soll aber nicht uneingeschränkt
                                                          bestehen, sondern ist vom Vorliegen bestimmter För-
Sozialpartnerklausel: Mit dem zum 1. Januar 2019 in       dervoraussetzungen abhängig. So muss insbesondere
Kraft getretenen Qualifizierungschancengesetz ist u. a.   eine ausreichende körperliche und geistige Leistungs­
für Betriebe größer 2.500 Beschäftigte ein erhöhter       fähigkeit zur Ausübung des angestrebten Berufs und
Zuschuss zu den Weiterbildungskosten eingeführt           eine erfolgreiche Teilnahme an der Weiterbildung prog-
worden, sofern eine tarifvertragliche Regelung oder       nostiziert werden können. Gefördert werden soll auch
eine Betriebsvereinbarung vorliegt, die betriebsbezo-     nur die Teilnahme an solchen Weiterbildungen, die unter
gen berufliche Weiterbildung vorsieht. Die Regelung       Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation in angemes-
soll Anreiz für die Sozialpartner sein, in stärkerem      sener Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Auf-
Umfang berufliche Weiterbildung der Arbeitnehmer zu       nahme oder Fortführung einer Beschäftigung führen.
16 | IKK-Seminar zum Jahreswechsel 2020/2021

Exkurs: Anpassungen beim                                   30. Juni 2021 verlängert. Danach sinkt befristet bis
Kurzarbeitergeld (KUG)                                     zum 31. Dezember 2021 die Erstattung auf 50 % für
Aufgrund der durch die schnelle Verbreitung des            alle Betriebe, die bis zum 30. Juni 2021 Kurzarbeit
Coronavirus SARS-CoV-2 entstandenen Krisensituation,       eingeführt haben. Betriebe, die mit der Kurzarbeit
mit gravierenden Auswirkungen auch auf Wirtschaft          ab dem 1. Juli 2021 beginnen, erhalten also grund-
und Beschäftigung, ist eine ursprünglich im Entwurf        sätzlich keine Erstattung der SV-Beiträge mehr.
für das Arbeit-von-morgen-Gesetz enthaltene Ver-
ordnungsermächtigung bereits mit dem „Gesetz zur            llerdings: Werden die Beschäftigten während der
                                                           A
befristeten krisenbedingten Verbesserung der Rege-         Kurzarbeit qualifiziert (berufliche Weiterbildungs­
lungen für das Kurzarbeitergeld“ in Kraft getreten.        maßnahmen nach § 82 SGB III), können bis zum
Stattdessen enthält das Arbeit-von-morgen-Gesetz           31. Juli 2023 nach dem Arbeit-von-morgen-Gesetz
eine weitere Verordnungsermächtigung zur Bewälti-          50 % der SV-Beiträge erstattet werden. Da die SV-
gung außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Ar-            Beiträge unabhängig davon, ob eine Qualifizierung
beitsmarkt, auf deren Grundlage bei Bedarf kurzfristig     durchgeführt wird, im Rahmen der pandemiebeding-
die KUG-Bezugsdauer auf bis zu 24 Monate verlängert        ten Sonderregelungen bis zum 30. Juni 2021 weiter
werden kann. Voraussetzung soll eine krisenhafte           voll erstattet werden, entfalten die an die Qualifi-
Situation sein, die Branchen oder Regionen übergrei-       zierung geknüpften 50 % bis dahin keine Wirkung.
fend erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigung         Ab dem 1. Juli 2021, wenn die generelle Erstattung
und den Arbeitsmarkt hat, auch wenn sie nicht den          der SV-Beiträge im Rahmen der pandemiebedingten
gesamten Arbeitsmarkt erfassen muss.                       Sonderregelungen auf 50 % reduziert ist, kann den
                                                           Betrieben die andere Hälfte der SV-Beiträge in Ab­
Auf Grundlage der bereits bestehenden bzw. neu auf-        hängigkeit davon erstattet werden, dass die Beschäf-
genommenen Ermächtigungen hat die Bundesregie-             tigten während der Kurzarbeit qualifiziert werden.
rung bzw. das BMAS verschiedene Verordnungen auf
den Weg gebracht, um das „Erfolgsmodell Kurzarbeit“       ▪ Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das
fortzuschreiben. Das Maßnahmenpaket beinhaltet               Kurzarbeitergeld: Die Bezugsdauer wird für Arbeitneh-
zudem mit dem „Gesetz zur Beschäftigungssicherung            mer, deren Anspruch auf KUG bis zum 31. Dezember
infolge der COVID-19-Pandemie (Beschäftigungssiche­          2020 entstanden ist, auf bis zu 24 Monate verlängert,
rungsgesetz)“ weitere Regelungen, die nicht auf dem          längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2021.
Verordnungswege umzusetzen sind. Mit alledem
sollen verlässliche Rahmenbedingungen und die Vor-        ▪ Beschäftigungssicherungsgesetz: Die Regelung zur
aussetzungen für einen stabilen Arbeitsmarkt auch            Erhöhung des KUG auf 70/77 % ab dem 4. Monat und
im Jahr 2021 geschaffen werden:                              80/87 % ab dem 7. Monat wird bis zum 31. Dezember
                                                             2021 verlängert. Dies gilt für alle Beschäftigten, de-
▪ Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeiter­         ren KUG-Anspruch bis zum 31. März 2021 entstanden
     geldverordnung: Die Zugangserleichterungen              ist. Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstrege-
     (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden)      lungen werden insoweit bis zum 31. Dezember 2021
     werden bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.            verlängert, als dass Entgelt aus einer während der
     Bis zu demselben Datum wird auch die Öffnung            Kurzarbeit aufgenommenen geringfügig entlohnten
     des KUG für Leiharbeitnehmer verlängert. Beides         Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt. Zudem wird
     gilt jedoch nur für Betriebe bzw. Verleihbetriebe,      der Anreiz, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche
     die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit            Weiterbildung zu nutzen, dadurch weiter gestärkt,
     beginnen.                                               dass die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung
                                                             der SV-Beiträge nicht mehr daran geknüpft wird,
  ie vollständige pauschalierte Erstattung der
 D                                                           dass die Qualifizierung mindestens 50 % der Zeit
 SV-Beiträge während der Kurzarbeit wird bis zum             des Arbeitsausfalls betragen muss.
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