Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub

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Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub
Jasmin Leitner, B.A.

     Die Steiermark als attraktives Bundesland für
heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer
   Eine Analyse von Gründen zur Abwanderung und zur Rückkehr von
              Auslandssteirerinnen und Auslandssteirern

                         Masterarbeit
               zur Erlangung des akademischen Grades
   Master of Business Administration in Human Resource Management
                im Rahmen des Universitätslehrganges
                    Human Resource Management

       Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Josef Scheff

             Karl-Franzens-Universität Graz
       und UNI for LIFE Weiterbildungs GmbH

                                            St. Bartholomä, 21. Mai 2021
Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub
Danksagung

An dieser Stelle möchte ich allen Personen danken, die mich in dieser Studienzeit
begleitet, unterstützt und die Entstehung der vorliegenden Arbeit letztlich möglich
gemacht haben.

Ich danke allen Vortragenden in diesem Studiengang, insbesondere meinem wissen-
schaftlichen Betreuer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Josef Scheff, für die fachkundige Be-
treuung und Beratung.

Mein größter Dank richtet sich an meine Familie und meine Freunde, für den beson-
ders starken Rückhalt während des gesamten Studiums.

Ich danke auch meinen lieben Arbeitskolleginnen und -kollegen, die das Entstehen
der vorliegenden Arbeit mit Interesse verfolgt und mich dabei unterstützt haben, die-
se Ausbildung berufsbegleitend zu absolvieren.

Ein herzlicher Dank ergeht auch an meine Studienkolleginnen und -kollegen für die
fachlichen Diskussionen und vor allem für die persönlichen Gespräche. Es war eine
schöne gemeinsame Zeit!

Zuletzt danke ich allen Auslandssteirerinnen und Auslandssteirern, die ich für die
vorliegende Arbeit befragen durfte.

                                                                                        II
Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub
Abstract Deutsch

Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Analyse von Gründen zur Abwanderung
und zur Rückkehr von im Ausland lebenden Steirerinnen und Steirern. Ziel dabei ist
es, zu klären, ob eine Rückkehr von Auslandssteirerinnen und Auslandssteirern dazu
beitragen kann, den herrschenden Fachkräftemangel in der Steiermark zu mindern
oder zu lösen.
Dazu erfolgte zunächst eine ausführliche Darstellung der Fachkräfteproblematik auf
nationaler als auch globaler Ebene. Es wurden die Ursachen sowie mögliche Maß-
nahmen dazu erörtert, um dem Engpass an Fachkräften entgegenzuwirken. Potential
bieten hier Fachkräfte, die in der Region aufgewachsen sind und ihrer Heimat den Rü-
cken gekehrt haben – die sogenannten potentiellen Rückkehrer. Um das Wanderungs-
verhalten von Menschen erklären zu können, wurden die gegenwärtig wichtigsten
Migrationstheorien dargelegt. Dabei wird zwischen klassischen und neueren Erklä-
rungsansätzen unterschieden.
Mit dem empirischen Teil der Arbeit wurden die Abwanderungsgründe als auch mög-
liche Rückwanderungsgründe der Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer untersucht
und es wurde ersichtlich, dass bei der Auswanderung vor allem Pull-Faktoren und
Persönliche Faktoren ausschlaggebend waren. Des Weiteren wurde festgestellt, dass
bei Wanderungsentscheidungen nicht nur einzelne Motive ausschlaggebend sind, son-
dern mehrere Gründe zusammenwirken. An der Befragung nahmen 152 Auslandsstei-
rerinnen und Auslandssteirer teil. Ein wesentliches Ergebnis war, dass für weniger als
die Hälfte der Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer eine Rückkehr in die Heimat
vorstellbar ist.
Abschließend wurden aus der Befragung mögliche Handlungsfelder abgeleitet, die
seitens der Politik und der Wirtschaft in Angriff genommen werden sollten, um der
Abwanderung von Steirerinnen und Steirern entgegenzuwirken bzw. eine Rückwande-
rung von Auslandssteirerinnen und Auslandssteirern zu forcieren. Langfristiges Ziel
sollte sein, die Steiermark als attraktives Bundesland zu positionieren.

                                                                                         III
Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub
Abstract Englisch

The present master’s thesis is dedicated to analyse the reasons for emigration and re-
migration of Styrians living abroad. The aim is to clarify whether a return of Styrians
living abroad can help to alleviate or solve the current shortage of skilled workers in
Styria.
First of all a detailed description of the skilled worker problem on national and global
level was made and the causes and possible actions to counteract the shortage of
skilled workers were discussed. Skilled workers who grew up in the region and turned
their backs on their homeland offer potential – as potential returnees.
In order to be able to explain the migration behavior of people, first the most important
current migration theories are presented. A distinction is made between classical and
more recent explanatory approaches.
In the empirical part of the thesis, the reasons for emigration as well as possible rea-
sons for remigration of the Styrians living abroad were examined and it appears that
pull factors and personal factors were decisive for emigration. Furthermore, it be-
comes apparent that not only individual motives are decisive for migration decisions,
but several reasons interact. 152 Styrians living abroad took part in the questionnaire
study. One main result was that less than half of the Styrians living abroad could imag-
ine returning to their home country.
Finally, possible fields of action were derived from the questionnaire study which
should be tackled by politics and economy in order to counteract the emigration of
Styrians or to encourage remigration of Styrians living abroad.
The long-term goal should be to position Styria as an attractive Austrian federal state.

                                                                                            IV
Jasmin Leitner, B.A. Die Steiermark als attraktives Bundesland für heimkehrende Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer - unipub
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................. VII

Tabellenverzeichnis ................................................................................................. VIII

1     Einleitung ............................................................................................................... 9

2     Einführung zum Thema Fachkräftemangel ..................................................... 11

      2.1     Begriffsbestimmung ..................................................................................... 11
      2.2     Fachkräftemangel als globales Problem ...................................................... 12
      2.3     Ursachen des Fachkräftemangels ................................................................. 15
      2.4     Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel .................................................. 17

3     Wanderungsstatistik in der Steiermark ............................................................ 21

4     Einführung in die Migrationsforschung............................................................ 23

      4.1     Theorien zur Erklärung von Migration und Remigration ............................ 26
              4.1.1 Klassische Erklärungsansätze .......................................................... 27
                         4.1.1.1        Bevölkerungsgeographische Ansätze ............................... 27
                         4.1.1.2        Makroökonomische Ansätze ............................................ 28
                         4.1.1.3        Segmentationstheorie bzw. Theorie des dualen
                                        Arbeitsmarktes ................................................................. 28
                         4.1.1.4        Systemtheoretische Ansätze ............................................. 29
                         4.1.1.5        Neoklassische mikroökonomische Theorie –
                                        Humankapitaltheorie ........................................................ 29
                         4.1.1.6        Die neue Migrationsökonomie ......................................... 30
                         4.1.1.7        Entscheidungstheoretische Ansätze ................................. 30
              4.1.2 Neuere Ansätze der Migrationsforschung ........................................ 32
                         4.1.2.1        Transnationale Migration ................................................. 32
                         4.1.2.2        Migrationssysteme, Soziale Netzwerke, Soziales
                                        Kapital, kumulative Verursachung von Migration ......... 33
      4.2     Erkenntnisse aus der Empirie ....................................................................... 34
      4.3     Zusammenfassung der empirischen Erkenntnisse ....................................... 40
      4.4     Fazit .............................................................................................................. 41

5     Forschungsdesign und methodisches Vorgehen ............................................... 43

      5.1     Ableitung der Hypothesen ........................................................................... 44

                                                                                                                                        V
5.2     Fragebogenkonstruktion .............................................................................. 45
    5.3     Zugang zur Zielgruppe ................................................................................. 46
    5.4     Durchführung der Befragung ....................................................................... 47
    5.5     Auswertung der Daten ................................................................................. 47

6   Forschungsergebnisse ......................................................................................... 49

    6.1     Herkunft ....................................................................................................... 49
    6.2     Ausbildung und Beruf .................................................................................. 51
    6.3     Gründe für die Auswanderung aus der Steiermark ...................................... 52
    6.4     Gründe für eine Rückkehr in die Steiermark ............................................... 53
            6.4.1 Berufliche Situation ......................................................................... 55
            6.4.2 Soziales Umfeld (Familie, Freunde etc.) .......................................... 55
            6.4.3 Leben ................................................................................................ 56
    6.5     Interesse an der Steiermark .......................................................................... 56
    6.6     Hypothesenüberprüfung ............................................................................... 58
            6.6.1 Hypothese 1 ...................................................................................... 60
            6.6.2 Hypothese 2 ...................................................................................... 61
            6.6.3 Hypothese 3 ...................................................................................... 62
            6.6.4 Hypothese 4 ...................................................................................... 64
            6.6.5 Hypothese 5 ...................................................................................... 65
            6.6.6 Hypothese 6 ...................................................................................... 66

7   Diskussion............................................................................................................. 67

    7.1     Interpretation der Ergebnisse ....................................................................... 68
    7.2     Stärken und Schwächen ............................................................................... 70
    7.3     Implikationen für die betriebliche Praxis – Ausblick und Ableitung von
            Handlungsmöglichkeiten ............................................................................. 71
            7.3.1 Handlungsbedarf bei Berufs- und Einkommensperspektive ............ 71
            7.3.2 Zukunftsorientierter Denken ............................................................ 73
            7.3.3 Bürokratie abbauen .......................................................................... 74
            7.3.4 Netzwerke pflegen ........................................................................... 75

8   Literaturverzeichnis ............................................................................................ 77

9   Anhang ................................................................................................................. 86

    9.1     Fragebogen für Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer ......................... 86

                                                                                                                                  VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einschätzung der Stärke des Fachkräftemangels im Jahr 2018 in den
befragten Unternehmen nach Branchen ....................................................................... 14
Abbildung 2: Wanderungsstatistik in der Steiermark seit 2002 ................................... 21
Abbildung 3: Steiermark – Ranking der Abwanderung der Inländer 2017 nach
Zielland ......................................................................................................................... 22
Abbildung 4: Anzahl der Wanderungen 2017 in der Steiermark nach dem Alter ....... 22
Abbildung 5: Faktoren am Herkunftsort, am Bestimmungsort und intervenierende
Hindernisse bei der Wanderung ................................................................................... 31
Abbildung 6: Die wichtigsten Auswanderungsmotive nach der Häufigkeit ihrer
Nennung ....................................................................................................................... 35
Abbildung 7: Hauptmotive für die Auswanderung nach Häufigkeit ............................ 37
Abbildung 8: Hauptmotive für die Rückwanderung nach Häufigkeit .......................... 38
Abbildung 9: Altersverteilung der Befragten nach Gruppen (n=138). ......................... 50
Abbildung 10: Altersverteilung nach Erwerbstätigkeit (lt. Statistik Austria) der
Befragten (n=138). ....................................................................................................... 50
Abbildung 11: Aktueller Wohnort eingeteilt in EU27, Europa und Kontinente nach
Häufigkeit (n=138). ...................................................................................................... 50
Abbildung 12: Altersverteilung der Befragten beim Verlassen der Steiermark nach
Häufigkeit (n=152). ...................................................................................................... 51
Abbildung 13: Höchste abgeschlossene Ausbildung der Befragten nach Häufigkeit und
Prozent (n=138). ........................................................................................................... 52
Abbildung 14: Tätigkeit der Befragten nach Branchen (lt. ÖNACE 2008) und
Häufigkeit (n=138). ...................................................................................................... 52
Abbildung 15: Gründe für Auswanderung, Mehrfachnennungen möglich (n=152). ... 53
Abbildung 16: Rückkehrvorstellungen der Befragten nach Anzahl und Prozent
(n=138). ........................................................................................................................ 54
Abbildung 17: Detaillierte Rückkehrvorstellungen der Befragten in Anzahl und
Prozent (n=62). ............................................................................................................. 54
Abbildung 18: Gründe für eine Rückkehr in die Steiermark, Mehrfachnennungen
möglich (n=62). ............................................................................................................ 54
Abbildung 19: Verbundenheit mit der Steiermark nach Kategorien und deren
Häufigkeit sowie Prozent (n=138). ............................................................................... 56
Abbildung 20: Befragte, welche sich regelmäßig über Ihre Heimatregion informieren
nach Häufigkeit und Prozent (n=138). ......................................................................... 56
Abbildung 21: Wie informieren sich Befragte über die Heimatregion nach Häufigkeit
und Prozent (bei Antwort ja) (n=130). ......................................................................... 57
Abbildung 22: Interesse an der Entwicklung der Steiermark, Häufigkeit und Prozent
(n=138). ........................................................................................................................ 57
Abbildung 23: Branchenverteilung und Ausbildung der Befragten nach Häufigkeiten
(n=138) ......................................................................................................................... 70
                                                                                                                                        VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung.................................................... 59
Tabelle 2: Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothese 1........................................... 61
Tabelle 3: Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothese 2........................................... 62
Tabelle 4: Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothese 3........................................... 63
Tabelle 5: Ergebnisse zur Überprüfung der Hypothese 4........................................... 65

                                                                                                         VIII
Einleitung

1 Einleitung
Der Fachkräftemangel ist nicht nur in vielen Teilen der österreichischen Wirt-
schaft stark wahrnehmbar, sondern einschlägigen Befragungen von Managerinnen
und Managern sowie Personalistinnen und Personalisten zufolge handelt es sich
dabei um ein nahezu globales Problem (Fink, Titelbach, Vogtenhuber & Hofer,
2015, S. 1). In Österreich wird aktuell von einem geschätzten Fachkräftebedarf
von rund 162.000 Personen ausgegangen (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 15). In
der Steiermark werden aktuell rund 25.000 Facharbeiterinnen und Facharbeiter
gesucht; 2030 werden es sogar über 50.000 sein (Fohringer, 2018).
Eine Maßnahme, um auf diese Verknappung des Arbeitskräfteangebots zu reagie-
ren, ist die Rekrutierung externer Fachkräfte (Faustmann, 2019, S. 93). Diesbe-
züglich bieten vermutlich jene Fachkräfte das größte Potential, die in der Region
aufgewachsen sind und ihrer Heimat zum Beispiel in der Ausbildungsphase den
Rücken gekehrt haben – die sogenannten potentiellen Rückkehrer. Oftmals sind
diese noch mit ihrer Heimatregion vernetzt und durchaus willens, eines Tages
zurückzukehren (Schön, Horlemann & Westenberg, 2015, S. 50).
Unter potentiellen Rückkehrern sind Personen zu verstehen, die in ihr Herkunfts-
land zurückkehren, nachdem sie eine bestimmte Zeit nicht in ihrem Heimatland
verbracht haben (Currle, 2006, S. 7). Potentielle Rückkehrer werden als bisher
nicht ausreichend ausgeschöpfte Erwerbspotentiale bezeichnet (Mesaros, Vanse-
low & Weinkopf, 2009, S. 30), weshalb die Rückgewinnung von derzeit im Aus-
land lebenden Steirerinnen und Steirern eine Maßnahme sein könnte, den Mangel
an Fachkräften in der Steiermark zu mindern oder sogar zu lösen. Immerhin sind
es aktuell rund 50.000 Steirerinnen und Steirer, die im Ausland leben – die soge-
nannten Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer1 (S. Börger2, persönliche
Kommunikation, 22.03.2020).

1
    Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer sind in der Steiermark geborene österreichische Staats-
    bürger mit Hauptwohnsitz im Ausland (Quelle: Stefan Börger, Land Steiermark, Abteilung 9
    Kultur, Europa, Sport, Referat Europa und Internationales, persönliche Kommunikation,
    22.03.2020).
2
    Mag. Stefan Börger, LLM, Leiter des Referates Europa und Internationales in der Abteilung 9
    Kultur, Europa, Sport des Landes Steiermark.

                                                                                                  9
Einleitung

Da die Auswanderung bzw. eine mögliche Rückkehr der Auslandsteirerinnen und
Auslandssteirer bis dato noch nicht erforscht wurde, wird in der vorliegenden Ar-
beit untersucht, aus welchen Gründen Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer
ihre Heimat verlassen bzw. wieder zurückkehren. Dabei soll geklärt werden, ob es
sich bei diesen Personen tatsächlich um Fachkräfte handelt, die nach einer Rück-
kehr in die Heimat dazu beitragen können, den Engpass an Fachkräften zu min-
dern oder zu lösen.
In Kapitel 3 wird zunächst die Wanderungsbilanz österreichischer Staatsbürger
dargestellt, wobei der Fokus auf Wanderungsbewegungen in der Steiermark liegt.
Kapitel 4 gewährt einen Einblick in die Migrationsforschung, um das Wande-
rungsverhalten von Menschen zu erklären. Dabei werden sowohl klassische als
auch neuere Erklärungsansätze für Migration und Remigration erläutert. Weiters
werden in diesem Kapitel wesentliche empirische Untersuchungen, welche sich
mit der Auswanderung von Menschen bzw. deren Rückwanderung beschäftigt
haben, dargelegt.
In Kapitel 5 wird das Forschungsdesign und das methodische Vorgehen erläutert,
wobei der quantitative Zugang gewählt wurde. Dabei wird Ansatz der Inferenzsta-
tistik verfolgt und werden Hypothesen aus Theorien, Modellen oder bereits vor-
handenen empirischen Erkenntnissen deduktiv abgeleitet. Als Erhebungsmethode
wird für die vorliegende Arbeit der standardisierte Fragebogen gewählt. Diese
Form der Untersuchung eignet sich für die Befragung der Auslandssteirerinnen
und Auslandssteirer.
In Kapitel 6 folgen die Darstellung der Forschungsergebnisse mittels deskriptiv-
statistischer Methoden sowie die Überprüfung der Hypothesen.
Im letzten Teil der vorliegenden Arbeit (Kapitel 7) erfolgt die Interpretation der
empirischen Ergebnisse und wird auf die Stärken und Schwächen der Arbeit ein-
gegangen. Abschließend werden Handlungsmöglichkeiten für das Land Steier-
mark sowie für Unternehmen abgeleitet.
Ich hoffe, mit der vorliegenden Arbeit ein analytisches Hilfswerk zu bieten, um
zukünftige Maßnahmen setzen zu können sowie weitere Forschungen zu erleich-
tern.

                                                                               10
Einführung zum Thema Fachkräftemangel

2 Einführung zum Thema Fachkräftemangel
Der Mangel an Fachkräften ist in fast allen Teilen der österreichischen Wirtschaft
stark wahrnehmbar (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 1). Klagen darüber seitens der
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gehören mittlerweile zur regelmäßigen wirt-
schafts- und arbeitsmarktpolitischen Debatte in Österreich. Der Fachkräftemangel
ist aber kein spezifisch österreichisches Phänomen, sondern handelt es sich dabei
um ein nahezu globales Problem (Fink et al., 2015, S. 1). Viele Länder sind daher
seit geraumer Zeit damit beschäftigt, Strategien zur Deckung des Fachkräftebe-
darfs zu finden (Ziegler & Müller-Riedlhuber, 2017, S. 7). Obwohl in Österreich
eine andauernde politische Debatte zum Fachkräftemangel geführt wird, werden
häufig unterschiedliche Definitionen für diesen Begriff verwendet (Fink et al.,
2015, S. 4). Im nachfolgenden Abschnitt wird daher zunächst der Begriff „Fach-
kräftemangel“ sowie auch der der damit in Zusammenhang stehenden „Fachkräf-
te“ definiert.

2.1 Begriffsbestimmung

Ein Fachkräftemangel entsteht im Zuge des Abgleichs von Angebot und Nachfra-
ge auf dem Arbeitsmarkt. Beim Arbeitsangebot handelt es sich um die Erwerbs-
personen (Erwerbstätige und Erwerbslose) einer bestimmten Qualifikation (erlern-
ter Beruf). Die Nachfrage ergibt sich aus den besetzten (ausgeübter Beruf) und
offenen Stellen im betreffenden Beruf. Von einem Fachkräftemangel wird gespro-
chen, wenn die Nachfrage das Angebot bei den vorherrschenden Arbeitsbedin-
gungen übersteigt (Kägi, Lobsiger, Morlok, Frey & Oswald, 2014, S. 2).
Als Fachkräfte werden Personen mit einem unterschiedlich hohen Qualifikations-
profil bezeichnet. Der Begriff beschränkt sich aber nicht nur auf Hochqualifizier-
te, vielmehr gibt es Fachkräfte in fast allen Tätigkeitsbereichen, außer in jenen, in
denen keinerlei besondere Kenntnisse erforderlich sind (z.B. für Hilfsarbeiten).
Fachkräfte sind damit Personen mit fachspezifischen Qualifikationen, die es ihnen
ermöglichen, bestimmte Tätigkeiten mit einer bestimmten Produktivität auszu-
üben. Arbeitskräfte ohne fachspezifische Qualifikationen können die gestellten
Aufgaben nicht oder nur mit geringer Produktivität erfüllen und gelten damit in
Hinblick auf diese bestimmten Tätigkeiten nicht als Fachkräfte (Kettner, 2012,
S. 15f).

                                                                                  11
Einführung zum Thema Fachkräftemangel

2.2 Fachkräftemangel als globales Problem

Dass der Fachkräftemangel kein spezifisch österreichisches Phänomen ist, bestä-
tigen zahlreiche Studien. Aus der von der ManpowerGroup jährlich durchgeführ-
ten Studie zum Thema Fachkräftemangel geht hervor, dass der Fachkräftemangel
weltweit Rekordstände erreicht hat; er ist heute so akut wie seit Jahrzehnten nicht.
Im Zuge dieser Studie wurden im Jahr 2018 39.195 Arbeitgeber in 43 Ländern
befragt3 (ManpowerGroup, 2018, S. 4). Die Ergebnisse zeigen, dass der Fachkräf-
temangel im Jahr 2018 – verglichen mit den zwölf Jahren zuvor – auf dem höchs-
ten Stand war. Die Arbeitgeber in Japan (89 Prozent), Rumänien (81 Prozent) und
Taiwan (78 Prozent) hatten 2018 die größten Schwierigkeiten, offene Stellen zu
besetzen; die wenigsten Probleme hatten hingegen Unternehmen in Großbritanni-
en (19 Prozent), Irland (18 Prozent) und China (13 Prozent). Österreich liegt bei
dieser Umfrage mit 46 Prozent im weltweiten Durchschnitt. Egal ob im produzie-
renden Gewerbe, im Bergbau, in der Logistik oder im Handel – vom Fachkräfte-
mangel sind alle Branchen betroffen (ManpowerGroup, 2018, S. 5f).

2019 wurden knapp 1.400 Finanzchefs aus 19 europäischen4 Ländern nach
ihren Einschätzungen befragt. Der Fachkräftemangel wird in einem Drittel
der Länder als einer der drei größten Risiken für Unternehmen genannt
(Coppola, 2019, S. 18). Besonders in Deutschland ist die Fachkräftesituation sehr
kritisch. Hier sehen 56 Prozent von 1.500 befragten mittelständischen Unterneh-
men unterschiedlichster Branchen5 den Fachkräftemangel als die größte Gefahr
für die Entwicklung ihres Unternehmens (Ernst & Young, 2020, S. 10). Die Situa-
tion wird sich hier allerdings bis 2030 sogar noch verschärfen: Bis dahin könnten
5,8 bis 7,7 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Der Mangel würde für Deutschland
eine entgangene Wirtschaftsleistung von rund 410 bis 550 Milliarden Euro bedeu-
ten. Rapide sinkende Bewerberzahlen und der Fachkräftemangel bremsen daher
das Wachstum enorm (Strack, Baier, Keupp, Renz & Rietschel, 2015, S. 3).

3
    Die ManpowerGroup führt seit 2006 jährlich weltweit eine Studie zum Thema Fachkräftemangel durch.
    Diese ist international unter dem Titel „Talent Shortage Survey“ zu finden und ist die größte Arbeitsmarkt-
    studie weltweit (ManpowerGroup, 2018, S. 4).
4
    Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Island, Irland, Italien, Luxem-
    burg, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Russland, Schweden, Schweiz, Spanien und Türkei (Coppo-
    la, 2019, S. 26).
5
    Industrie, Handel, Finanz- und andere Dienstleistungen, Bau, Transport und Verkehr, Energie- und Wasser-
    versorgung, Land und Forstwirtschaft (Ernst & Young, 2020, S. 3).

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Einführung zum Thema Fachkräftemangel

In Österreich wurden bereits im Jahr 2009 Schwierigkeiten bei der Suche nach
Fachkräften festgestellt. Paier (2009) befragte 600 steirische Unternehmen zur
Fachkräftesituation. Aus dieser ging hervor, dass gut 70 Prozent der befragten
Betriebe schwer geeignete Arbeitskräfte finden bzw. gefunden haben (Paier, 2009,
S. 52). Gaubitsch & Luger präsentierten eine Auswertung der „Sonderbefragung
Fachkräftemangel“ im Rahmen der AMS-Betriebsbefragung. Zielgruppe dieser
Befragung waren alle österreichischen Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern. Dabei waren mehr als ein Drittel der Betriebe von einem Fach-
kräftemangel betroffen (Gaubitsch & Luger, 2012. S. 7).

Auch aktuellere Studien gehen nach wie vor von einem Fachkräftemangel aus.
900 mittelständische österreichische Unternehmen unterschiedlicher Branchen6
wurden im Rahmen einer Umfrage von Ernst & Young im Jahr 2017 zum Fach-
kräftemangel befragt. Vier von fünf der Unternehmen in Österreich haben
Schwierigkeiten, geeignete Fachkräfte zu finden, 30 Prozent der Unternehmen
sogar erhebliche. Die Betriebe sehen die größte Gefahr für die Entwicklung des
eigenen Unternehmens im Fachkräftemangel und klagen bereits über daraus resul-
tierende Umsatzeinbußen (Ernst & Young, 2018, S. 7ff).

Auch die im April 2018 durchgeführte Umfrage im Auftrag der Wirtschaftskam-
mer Österreich kam zum Ergebnis, dass österreichische Unternehmen große
Schwierigkeiten haben, entsprechende Fachkräfte für ihr Unternehmen zu finden.
Rund 75 Prozent der 4.462 befragten Mitgliedsbetriebe gaben dabei an, den Man-
gel an Fachkräften in ihrem Unternehmen im letzten Jahr sehr bzw. eher stark
gespürt zu haben (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 4). Besonders betroffen sind die
Branchen Gastronomie und Hotellerie, Bau- und Baunebengewerbe, Herstellung
von Holzwaren (inkl. Möbelbau), Kfz-Handel und -Reparatur, Produktion Metall
(inkl. Maschinen- und Fahrzeugbau), Herstellung von elektrischen u. elektroni-
schen Geräten inkl. Medizintechnik, Personenbezogene Dienstleistungen (z.B.
MasseurInnen, FriseurInnen, KosmetikerInnen) oder EDV- und IT-Dienstleister
(siehe Abbildung 1) (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 6f).

6
    Industrie, Handel und Konsumgüter, Finanz- und andere Dienstleistungen, Real Estate, Transport und Ver-
    kehr, Life Science und Health Care (Ernst & Young, 2018, S. 3).

                                                                                                       13
Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Abbildung 1: Einschätzung der Stärke des Fachkräftemangels im Jahr 2018 in den befragten Unternehmen
nach Branchen (Quelle: Dornmayr & Winkler, 2018, S. 7).

64,4 Prozent der Betriebe gaben an, offene Stellen für Fachkräfte zu haben
(Dornmayr & Winkler, 2018, S. 11). In absoluten Zahlen gesehen, meldeten die
Betriebe rund 9.000 offene Stellen für Fachkräfte. Auf alle Mitgliedsbetriebe der
Wirtschaftskammer nach Betriebsgröße und Region hochgerechnet, wird von ei-
nem Fachkräftebedarf von rund 162.000 Personen in Gesamtösterreich ausgegan-
gen (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 15).

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Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Heruntergebrochen auf die Steiermark werden derzeit rund 25.000 Facharbei-
terinnen und Facharbeiter gesucht, 2030 werden es sogar über 50.000 sein
(Fohringer, 2018). Auch laut Umfrage von Ernst & Young finden 79 Prozent der
steirischen Betriebe schwer neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter
(Ernst & Young, 2018, S. 8). Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind gra-
vierend: Der Mangel an Fachkräften führt vor allem zu Zusatzbelastungen für die
Firmenchefs und auch zu einer Steigerung der Arbeitsintensität bzw. Auslastung
der vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben einem Mehraufwand
bzw. steigender Kosten für die Personalsuche haben die Unternehmen auf der
anderen Seite auch Umsatzeinbußen aufgrund der Ablehnung von Aufträgen
(Dornmayr & Winkler, 2018, S. 24f). Durch fehlende qualifizierte Arbeitskräfte
ist nicht nur die Existenz der Betriebe in Gefahr (Brandt, Franz & Wieja, 2008,
S. 1), vielmehr hängt davon auch der gesamte langfristige und nachhaltige Erfolg
des Wirtschaftsstandortes ab (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 35).

2.3 Ursachen des Fachkräftemangels

Doch warum finden Arbeitgeber nicht die Fachkräfte, die sie brauchen? Die Ursa-
chen für den Fachkräftemangel bei gleichzeitig offenen Stellen können vielfältig
sein und sind auf unterschiedliche Formen von Diskrepanzen zwischen Angebot
und Nachfrage am Arbeitsmarkt (Mismatch) zurückzuführen. Dies bedeutet, dass
ein anderes Profil der Arbeitslosen zu niedrigerer Arbeitslosigkeit führen würde.
Solche Diskrepanzen können auf verschiedenste Gründe, wie fehlende geografi-
sche, berufliche oder qualifikatorische Mobilität der Arbeitssuchenden, zurückzu-
führen sein. Es können aber auch Probleme aufgrund unvollständiger Informatio-
nen und mangelnder Koordination oder Präferenzen der suchenden Unternehmen
bezüglich der Eigenschaften potentieller Kandidatinnen und Kandidaten auftreten
(Leitner, Wagner & Prenner, 2008, S. 190; Bauer & Gartner, 2014, S. 2; Schmid,
Wagner & Weinbörner, 2002, S. 7ff).
Grundsätzlich wird zwischen Qualifikations-Mismatch, beruflichem und sektora-
lem Mismatch, regionalem Mismatch, Präferenz-Mismatch und Informations-
Mismatch unterschieden (Kerler & Steiner, 2018, S. 16; Leitner et al., 2008,
S. 200ff).

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Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Von einem Qualifikations-Mismatch wird gesprochen, wenn die für eine Stelle
geforderten Qualifikationen (Niveau des Schul- oder Berufsabschlusses) nicht mit
den Qualifikationen, die die verfügbaren Arbeitskräfte vorweisen können, über-
einstimmen (Kerler & Steiner, 2018, S. 16; Leitner et al., 2008, S. 200f; Schmid et
al., 2002, S. 7). Beim beruflichem Mismatch tritt ein Missverhältnis zwischen Ar-
beitssuchenden und offenen Stellen in unterschiedlichen Berufsfeldern auf, beim
sektoralen oder Branchen-Mismatch besteht dieses Missverhältnis in unterschied-
lichen Branchen (Kerler & Steiner, 2018, S. 18; Bauer & Gartner, 2014, S. 2f;
Leitner et al., 2008, S. 199ff).
Es handelt sich um einen regionalen Mismatch, wenn die gesuchten Arbeitskräfte
bzw. die Unternehmen, die Arbeitsplätze im jeweiligen Bereich anbieten, vorhan-
den sind, diese aber zu weit voneinander entfernt sind (räumliche Distanz) (Kerler
& Steiner, 2018, S. 18; Bauer & Gartner, 2014, S. 2; Leitner et al., 2008, S. 199f;
Pfannkuche, 2010, S. 212).
Der Präferenz-Mismatch ist auf bewusste Präferenzen und Motivationen sowohl
auf Seiten der Arbeitsuchenden wie auch der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
zurückzuführen. Auf beiden Seiten sind bestimmte Vorstellungen zur Arbeitsstel-
le im Hinblick auf Entlohnung, Flexibilität beim Arbeitsumfang oder bei den Ar-
beitszeiten und Arbeitsbedingungen vorhanden (Kerler & Steiner, 2018, S. 19ff;
Christensen, 2001, S. 7).
Darüber hinaus liegt ein Informations-Mismatch vor, wenn Arbeitskräfte man-
gelndes Wissen über vorhandene Stellen bzw. deren spezifische Anforderungen
haben (Kerler & Steiner, 2018, S. 19ff; Schmid et al., 2002, S. 9).

Die Ergebnisse der vorgestellten Studien zum Fachkräftemangel bestätigen die in
der Literatur angeführten möglichen Diskrepanzen. Die Angaben der befragten
Unternehmen zeigen, dass ein Qualifikations-Mismatch sowie auch ein regionaler
Mismatch und Präferenz-Mismatch vorliegen. So gaben etwa 27 Prozent der be-
fragten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an, dass es Bewerberinnen und Bewer-
ber entweder an den Hard Skills oder an den Soft Skills mangelt (Man-
powerGroup, 2018, S. 7). Die am häufigsten genannten Gründe in Paier (2009)
waren neben den auf Arbeitgeberseite wahrgenommen „Qualifikations- und Er-
fahrungsdefiziten“ eine perzipierte „mangelnde Motivation“ oder „falsche Vor-
stellungen von der Arbeit“ (Paier, 2009, S. 59).

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Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Auch bei Gaubitsch & Luger waren die Gründe für den Fachkräftemangel „feh-
lende Arbeitsmotivation“, „unzureichende berufliche Erstausbildung“, „unzu-
reichende berufliche Spezialisierung“ sowie „Qualifikationen nicht am letzten
Stand“ (Gaubitsch & Luger, 2012, S. 33). Die befragten Betriebe bei Dornmayr &
Winkler gaben das Fehlen fachlich geeigneter Bewerberinnen und Bewerber, un-
zureichende Arbeitsmotivation der Bewerberinnen und Bewerber sowie ein zu
geringes Interesse an den betreffenden Berufen als Ursachen des Fachkräfteman-
gels an. Weitere Ursachen sind Defizite in der Qualität der Pflichtschulausbil-
dung, mangelnde soziale Kompetenzen und Umgangsformen der Bewerberinnen
und Bewerber sowie eine allgemein zu geringe Zahl an Jugendlichen durch den
Geburtenrückgang der letzten Jahrzehnte. Außerdem haben Bewerberinnen und
Bewerber eine zu geringe Bereitschaft zum Pendeln bzw. zum Wohnortwechsel
für den Job (Dornmayr & Winkler, 2018, S. 22).

2.4 Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

Mögliche Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt fin-
den vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung statt, die insbesonde-
re in Österreich zu einer Alterung der (Erwerbs-)Bevölkerung führt. Die Lebens-
erwartung der Bevölkerung steigt kontinuierlich an bei gleichzeitig sinkenden
Geburtenraten (Faustmann, 2019, S. 93). In der Steiermark wird sich die Lebens-
erwartung bis zum Jahr 2030 bei Frauen um +2,3 Jahre und bei Männern um +2,7
Jahre erhöhen. Bereits seit dem Jahr 1997 weist die Geburtenbilanz7 der Steier-
mark insbesondere durch geburtenschwache Jahrgänge negative Werte aus; sie
wird auch weiterhin deutlich abnehmen (Kurzmann, 2019, S. 24f). Ein tendenziell
späterer Einstieg in das Erwerbsleben aufgrund längerer Ausbildungsdauern ver-
stärkt diese Entwicklung (Faustmann, 2019, S. 93).
Die Forschungsliteratur kennt unterschiedliche Möglichkeiten, um die beschrie-
benen Diskrepanzen zwischen Arbeitsangebot und -nachfrage zu überwinden und
auf die Folgen der Alterung der Erwerbsbevölkerung und Verknappung des Ar-
beitskräfteangebots zu reagieren (Faustmann, 2019, S. 93).

7
    Saldo aus Geburten- und Sterbefällen (Kurzmann, 2019, S. 25).

                                                                                  17
Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Als zentraler Punkt wird die Bildung angesehen. Dazu zählen insbesondere die
Qualifizierung und Weiterbildung von Arbeitssuchenden sowie die betriebliche
Weiterbildung und Qualifizierung (Faustmann, 2016, S. 94). Sowohl für Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter als auch für Unternehmen entsteht dabei eine Win-Win-
Situation. Beschäftigten hilft die Qualifizierung und Weiterbildung, um mit der
sich rasant verändernden Arbeitswelt Schritt zu halten und sich beruflich weiter-
zuentwickeln, für Unternehmen hingegen wird sie angesichts der alternden Be-
völkerung und des Fachkräftemangels zu einem entscheidenden Wettbewerbsfak-
tor (Wotschack, Scheier, Schulte-Braucks & Solga, 2009, S. 2). Viele Arbeitgebe-
rinnen und Arbeitgeber haben bereits erkannt, dem Fachkräftemangel durch ge-
zielte Fortbildung sowie durch das zur Verfügung Stellen von zusätzlichen Fort-
bildungs- und Entwicklungsressourcen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ent-
gegenwirken zu können (ManpowerGroup, 2018, S. 8).
Eine weitere Strategie, um auf sinkende Geburtenzahlen und eine steigende Le-
benserwartung zu reagieren, stellt die Einstellung und Weiterbeschäftigung Älte-
rer sowie deren Weiterbildung und Qualifizierung dar. Durch die Erhöhung der
Erwerbsquoten Älterer können die Auswirkungen des demographischen Wandels
auf den Arbeitsmarkt verringert werden (Bellmann & Leber, 2011, S. 174; Mohr
& Albrecht, 2011, S.124). Nehmen mehr ältere Personen länger am Prozess der
betrieblichen Leistungserstellung teil, so ist es notwendig, die entsprechenden
Voraussetzungen zum Erhalt ihrer Beschäftigungsfähigkeit zu schaffen. Qualifi-
zierungsaktivitäten spielen dabei eine sehr wichtige Rolle (Bellmann & Leber,
2011, S. 174). Häufig wird auch die Erhöhung des Pensionsantrittsalters als Maß-
nahme erwähnt (Faustmann, 2016, S. 93).
Neben der stärkeren Einbindung von Älteren zählt auch die stärkere Arbeits-
marktbeteiligung von Frauen zur Aktivierung der sogenannten „Stillen Reserve“,
womit nicht ausgeschöpfte Potentiale am Arbeitsmarkt aktiviert werden können
(Verworn, 2007, S. 15f; Faustmann, 2016, S. 93; Mohr & Albrecht, 2011, S. 124).
In diesem Zusammenhang spielen attraktive Arbeitsbedingungen für die Rekrutie-
rung und Bindung von Fachkräften eine große Rolle. Durch ein gutes Betriebs-
klima, eine motivierende und wertschätzende Personalpolitik sowie durch das
Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle können Unternehmen ihr Image positiv be-
einflussen (Kettner, 2012, S. 121).

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Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Betriebliche Kinderbetreuungsangebote bieten zudem die Möglichkeit, die Er-
werbsbeteiligung bzw. das Arbeitszeitvolumen von Frauen zu erhöhen (Bellmann
& Leber, 2011, S. 174). Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bieten ihren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereits Benefits – zum Beispiel mehr Urlaubs-
tage oder Incentives für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zur Gesund-
heitsförderung, um dadurch ihre Arbeitgebermarke nach innen und außen zu stär-
ken (ManpowerGroup, 2018, S. 8). Besonders erwähnt sei auch die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf. Die sogenannte Work-Life-Balance zählt zu den wichtigs-
ten Werten der Beschäftigten von heute. So stellt eine „Work-Life-Balance-
Strategie“ zur Mitarbeiterbindung einen weiteren Problemlösungsansatz gegen
den Fachkräftemangel dar (Thiele, 2009, S. 5).
Neben all diesen möglichen Maßnahmen kommt eine größere Bedeutung zuneh-
mend der Arbeitsmigration zu. Vor allem die Anwerbung und Rekrutierung quali-
fizierter und hochqualifizierter Fachkräfte zählt zu den Möglichkeiten, Engpässe
zu mindern (Faustmann, 2019, S. 94), insbesondere deswegen, weil der eigene
Nachwuchs an Fachkräften aufgrund der rückläufigen Geburtenzahlen auf Dauer
nicht ausreichen wird, um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken
(Faustmann, 2019, S. 93; Mohr & Albrecht, 2011, S.124).
Unternehmen arbeiten bereits daran, neue Fachkräftepools zu erschließen und
mehr Menschen von den Rändern des Arbeitsmarkts anzuziehen. Dabei suchen
Betriebe ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt in neuen Demographien,
Altersgruppen oder Regionen und setzen sowohl auf Social Media als auch auf
herkömmliche Medien, um potentielle Mitarbeiter dort anzusprechen, wo sie sich
befinden (ManpowerGroup, 2018, S. 8). Die österreichische Politik setzt insbe-
sondere auf die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU und qualifizierte
Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen (WKÖ, o.J.). So hat die Bundesregie-
rung bereits vor Jahren die ABA „Austria Business Agency“ mit nun neuen
Schwerpunkten „Invest in Austria“ (Betriebsansiedelung) und „Work in Austria“
(Fachkräfteakquise) ins Leben gerufen. Die ABA soll die erste Anlaufstelle für
Investoren und Fachkräfte aus dem Ausland sein und Österreich als attraktiven
Wirtschafts- bzw. Arbeitsstandort präsentieren. Unternehmen sollen dabei unter-
stützt werden, die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden (BMDW,
2019).

                                                                             19
Einführung zum Thema Fachkräftemangel

Doch im Hinblick auf die Rekrutierung externer Fachkräfte bieten vermutlich jene
Personen das größte Potential, die in ihre Heimat zurückkehren (Schön et al.,
2015, S. 50f). Potentielle Rückkehrer werden als bisher nicht ausreichend ausge-
schöpfte Erwerbspotentiale bezeichnet (Mesaros, Vanselow & Weinkopf, 2009,
S. 30). Darüber hinaus eignen sich Rückkehrmigrantinnen und -migranten durch
ihre Auslandsaufenthalte neues Know-how an, welches für die Heimatregion
letztendlich sehr nützlich sein kann (Freytag & Jahnke, 2015, S. 81; Hunger,
2003, S. 21ff). Für viele Regionen werden Rückwanderungen zukünftig ein wich-
tiger und notwendiger Wachstumsfaktor sein, weshalb diese ihre Potentiale im
Hinblick auf die Ermöglichung und Förderung von Rückwanderung ausschöpfen
sollten (Dienel, Jain, Reim, Schmithals & Thies, 2006, S. 10).
In einigen wenigen Ländern wurde das bereits erkannt: Europäische Länder wie
Finnland und Irland kümmern sich schon seit längerem gezielt um die Abgewan-
derten und stellen Programme auf, um ihre Rückkehr attraktiv zu gestalten. Das
geschieht ebenfalls in Schwellenländern wie Mexiko, China oder Indien (Dienel,
Jain, Reim, Schmithals & Thies, 2006, S. 16). In Anbetracht dessen wäre insbe-
sondere für das Bundesland Steiermark eine Rückwanderung von ausgewanderten
Steirerinnen und Steirern interessant, sind es doch rund 50.000 Steirerinnen und
Steirer, die aktuell im Ausland leben (S. Börger, persönliche Kommunikation,
22.03.2020). Doch sowohl in der Forschung als auch in den Medien ist das Thema
Rückwanderung seltener präsent als andere Formen der Migration, wie etwa die
Ab- oder Zuwanderung. Dementsprechend sind auch wenige Quellen und Statisti-
ken zu Rückwanderungsbewegungen vorhanden (Jain & Schmithals, 2009,
S. 313).
Es stellt sich daher die Frage, aus welchen Gründen Steirerinnen und Steirer über-
haupt auswandern bzw. ob sie auch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Den Re-
cherchen zufolge liegen zu den Gründen einer Auswanderung als auch einer
Rückkehr von abgewanderten Steirerinnen und Steirern keine Forschungen vor,
weshalb sich die vorliegende Arbeit folgender Forschungsfrage widmet:
Aus welchen Gründen verlassen Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer
ihre Heimat bzw. kehren wieder zurück?
Zusätzlich soll geklärt werden, ob Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer – als
potentielle Rückkehrer – dazu beitragen können, den Fachkräftemangel in der
Steiermark zu mindern oder sogar zu lösen.

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Wanderungsstatistik in der Steiermark

3 Wanderungsstatistik in der Steiermark
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über das Wanderungsverhalten von österrei-
chischen Staatsbürgern, wobei auf die vorhandene Wanderungsstatistik in der
Steiermark zurückgegriffen wird. Dabei wird einerseits die Binnenwanderung,
anderseits auch die Außenwanderung in die bzw. von der Steiermark erläutert.
Binnenwanderungen bezeichnen einen innerstaatlichen Wechsel des Wohnortes
und somit ein Überschreiten der Grenzen von Bundesländern oder Gemeinden,
Außenwanderungen das Überschreiten der Grenzen des Nationalstaates (Haug &
Sauer, 2006, S. 7). Im Jahr 2017 sind insgesamt 11.146 Personen ins Ausland
(Außenwanderungen) und 11.644 Personen in ein anderes Bundesland (Binnen-
wanderungen) gezogen. Von den anderen Bundesländern sind 11.418 und vom
Ausland 15.651 Zuzüge zu verzeichnen (Abbildung 2). Von den insgesamt 22.790
Wegzügen fallen 41,9 Prozent (das sind 9.549) auf Inländer, von den insgesamt
27.069 Zuzügen 33,4 Prozent (das sind 9.041) (Mayer, 2018, S. 11).

Abbildung 2: Wanderungsstatistik in der Steiermark seit 2002 (Quelle: Mayer, 2018, S. 11).

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Wanderungsstatistik in der Steiermark

Abbildung 3 zeigt das Wanderungsverhalten österreichischer Staatsbürger und
damit die Anzahl der Inländer, die in die einzelnen Länder ausgewandert sind.
Klare Nummer eins als Auswanderungsland ist Deutschland, gefolgt von der
Schweiz und den USA (Mayer, 2018, S. 17).

Abbildung 3: Steiermark – Ranking der Abwanderung der Inländer 2017 nach Zielland (Quelle: Mayer, 2018,
S. 18).

Aus der Statistik geht hervor, dass im Jahr 2017 vor allem jüngere Menschen und
Personen im Erwerbsalter migriert sind. Rund 47 Prozent der Personen waren
zwischen 20 und 34 Jahre alt, 21 Prozent waren Kinder und Jugendliche im Alter
von 0 bis 19 Jahren. Der Anteil der über 65-Jährigen betrug lediglich über 5 Pro-
zent. Das Durchschnittsalter der Wanderer mit österreichischer Staatsangehörig-
keit lag im Jahr 2017 in der Steiermark bei 32,7 Jahren (Abbildung 4) (Mayer,
2018, S. 22f).

Abbildung 4: Anzahl der Wanderungen 2017 in der Steiermark nach dem Alter (Quelle: Mayer, 2018, S. 23).

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Einführung in die Migrationsforschung

Diese vorhandene Wanderungsstatistik gibt zwar einen Überblick über die Weg-
züge und Zuzüge in die bzw. aus der Steiermark, die Wanderungsbewegungen
von Inländern nach Zielland und auch die Anzahl der Wanderungen nach dem
Alter, jedoch sind diese Informationen für die vorliegende Arbeit nicht ausrei-
chend. So erfasst diese Statistik weder Daten zu den Gründen eines Weg- bzw.
Zuzuges noch zum Ausbildungsgrad ausgewanderter Inländer. Neben den Grün-
den für eine Auswanderung als auch einer Rückwanderung ist daher der Ausbil-
dungsgrad der Auslandssteirerinnen und Auslandssteirer zu ermitteln, um zu klä-
ren, ob es sich tatsächlich um Fachkräfte handelt, die nach einer Rückkehr in ihre
Heimat zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen könnten.

4 Einführung in die Migrationsforschung
Um die Forschungsfrage zu beantworten, ist ein Einblick in die Migrationsfor-
schung erforderlich. Die Migrationsforschung und ihre migrationstheoretischen
Ansätze bilden die theoretische Grundlage, um das Wanderungsverhalten von
Menschen zu erklären bzw. deren Wanderungsentscheidungen zu verstehen. In
diesem Kapitel folgt daher zunächst eine Heranführung an die Themen Migration
und Remigration. Außerdem wird über wesentliche Begriffe in diesem Kontext
aufgeklärt. Im Anschluss werden die gegenwärtig wichtigsten Erklärungsansätze
für Migration und Remigration vorgestellt, um Antworten auf die Frage zu finden,
welche Faktoren Menschen zu einer Wanderung veranlassen.

Migration als wissenschaftliches Thema tritt erst seit dem späten 19. Jahrhundert
in Erscheinung, was an dem Umstand liegt, dass sich die empirischen Natur- und
Sozialwissenschaften erst in dieser Zeit etablierten (Han, 2016, S. 37; Hillmann,
2016, S. 29). Migration war aber in früheren Zeiten nicht unbekannt. Einzelne
Menschen, Gruppen oder ganze Stämme (Völkerwanderungen) haben jahrtausen-
delang ihre Herkunftsregionen verlassen und sich in anderen Gebieten niederge-
lassen (Treibel, 2011, S. 11). Das Phänomen der Migration wird daher als fester
Bestandteil der Kulturgeschichte der Menschheit gesehen (Han, 2016, S. 37). Der
Begriff Migration selbst ist auf den lateinischen Begriff „migrare“ beziehungs-
weise „migratio“ zurückzuführen und bedeutet Wandern, Wanderung oder Weg-
ziehen (Han, 2016, S. 5).

                                                                               23
Einführung in die Migrationsforschung

Wanderungen betreffen aber nicht nur wandernde Menschen, sondern auch Ge-
sellschaften und Regionen, zwischen denen sich Menschen bewegen. Aufgrund
dieser Tatsache haben sich zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen mit dem
Thema Migration beschäftigt (Treibel, 2011, S. 17f). So wurden Beiträge auf dem
Gebiet der Migrationsforschung in Disziplinen wie der Soziologie, der Demogra-
phie, der Geographie, der Geschichts-, Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissen-
schaften, der Ethnologie, der Psychologie oder der Erziehungswissenschaften –
um nur einige zu nennen – erbracht (Treibel, 2011, S. 17f; Bommes, 2011, S. 36;
Kalter, 2000, S. 9).
Der Begriff Migration wurde dabei sehr unterschiedlich definiert (Treibel, 2011,
S. 18). So sieht Hoffmann-Nowotny Migration als jede Ortsveränderung von Per-
sonen (Hoffmann-Nowotny, 1970, S. 107). Wagner erklärt Migration als jeden
Wechsel des Hauptwohnsitzes einer Person (Wagner, 1989, S. 26). Treibel be-
schreibt Migration als einen auf Dauer angelegten bzw. dauerhaft werdenden
Wechsel in eine andere Gesellschaft bzw. in eine andere Region von einzelnen
oder mehreren Menschen (Treibel, 2011, S. 21). Lee sieht eine Wanderung als
einen permanenten oder semipermanenten Wechsel des Wohnsitzes (Lee, 1972,
S. 117; Treibel, 2011, S. 27f).
Die zahlreichen Begriffsdefinitionen unterscheiden sich im Hinblick auf die zu-
rückgelegte Entfernung und auf Unterschiede zwischen Herkunfts- und Zielregion
(Treibel, 2011, S. 19). Innerstaatliche Wanderungen (Binnenwanderungen) wer-
den häufig als räumliche Mobilität bezeichnet, das Überschreiten von Außengren-
zen (Außenwanderungen) als Migration. Unter Migrationsforschung wird daher in
diesem Sinne häufig die Erforschung internationaler Migration verstanden (Haug
& Sauer, 2006, S. 7). Wanderungen von Personen oder Personengruppen, die
nicht mit einem dauerhaften Wechsel des Wohnortes verbunden sind und über die
bisher ansässigen politischen Gemeindegrenzen hinausgehen, werden nicht dem
Phänomen der Migration zugerechnet. Darunter sind beispielsweise Reisende,
beruflich bedingte Pendelbewegungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern oder Umzüge innerhalb derselben politischen Gemeinde zu verstehen (Han,
2016, S. 6; Hillmann, 2016, S. 18).

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Einführung in die Migrationsforschung

Mit dem Thema Remigration hat sich die Wissenschaft erst zu Beginn der 1960er-
Jahre intensiv auseinandergesetzt. Bovenkerk hat 1974 als Erster die zum damali-
gen Zeitpunkt vorhandene Literatur nach theoretischen Gesichtspunkten systema-
tisiert (Currle, 2006, S. 8).
Die Begriffe ‚Rückwanderung‘, ‚Rückkehr‘ oder auch ‚Remigration‘ werden
verwendet, wenn Personen in ihr Herkunftsland zurückkehren, nachdem sie eine
signifikante Zeit nicht im Heimatland verbracht haben. Hier wird zwischen dauer-
hafter und temporärer Migration unterschieden. Nach Definition der Vereinten
Nationen wird ab einem Jahr Aufenthalt von dauerhafter Migration gesprochen,
unter einem Jahr Aufenthalt von temporärer Migration (Glorius & Matuschewski,
2009, S. 206). Bei Rückkehrern wird grundsätzlich zwischen freiwilliger und er-
zwungener Rückkehr unterschieden, wobei die freiwillige Rückkehr auf Initiative
der Migrantinnen und Migranten und mit Hilfe des jeweiligen Staates oder unter-
stützender Organisationen erfolgen und insbesondere für die vorliegende Arbeit
relevant ist. Bei der erzwungenen Rückkehr werden Begriffe wie ‚Rückführung‘,
‚Abschiebung‘, ‚Ausweisung‘ oder ‚Deportation‘ verwendet, welche grundsätz-
lich durch staatliche Autorität veranlasst wird (Currle, 2006, S.7f).

Die Frage, aus welchen Gründen Menschen wandern, ist nicht einfach zu beant-
worten. Der Hausverstand würde meinen, dass Menschen wandern, weil sie arm
sind, keinen Job, kein Einkommen und keine Perspektiven haben. Doch sind diese
Argumente völlig unzureichende Erklärungen. Zur Beantwortung bedarf es eines
expliziten theoretischen Fundaments, der sogenannten Migrationstheorien (Parn-
reiter, 2000, S. 25). Migrationstheorien sind das Ergebnis jahrelanger Migrations-
forschung und stützen sich auf Erkenntnisse, die durch Beobachtungen und Be-
schreibungen empirischer Fakten gewonnen wurden (Han, 2018, S. 2). Sie sind
notwendig, um Handlungen und Entscheidungen der Migrantinnen und Migranten
verstehen zu können (Parnreiter, 2000, S. 25). Im Nachfolgenden werden daher
die gegenwärtig wichtigsten migrationstheoretischen Ansätze vorgestellt (Parnrei-
ter, 2000, S. 27), wobei diese auch in Teilen zur Erklärung von Remigration her-
angezogen werden können (Glorius & Matuschewski, 2009, S. 208). Das Thema
Remigration wird daher im Rahmen der migrationstheoretischen Ansätze – sofern
es Berücksichtigung findet – mitthematisiert (Glorius & Matuschewski, 2009,
S. 208).

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