KALKSANDSTEIN Passivhaus - Plusenergiehaus - Kalksandstein.de
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INHALT Vorwort_______________________________________________________________ 3 Was ist ein Passivhaus – und wie wird es zum Plusenergiehaus? _____________ 4 Grüne Welle____________________________________________________________ Einfamilienhaus in Augsburg als Plusenergiehaus___________________________ 8 Energetische Berechnung______________________________________________ 12 Solarsiedlung Wismarweg________________________________________________ Passivhäuser in Münster im Gleisdreieck__________________________________ 14 Raumluftqualität und Lüftung___________________________________________ 18 Mehrfamilienhaus Erdmannstraße 14–16___________________________________ Passivhäuser in Hamburg-Ottensen _____________________________________ 20 Kurzdarstellung von elf Fallbeispielen____________________________________ 24 Plusenergie-Kindergarten mit Seniorentreff_________________________________ Massivbau mit Holzverkleidung in Wiernsheim_____________________________ 26 Dämmsysteme von Wandkonstruktionen_________________________________ 30 Wärmebrücken________________________________________________________ 33 Fenster______________________________________________________________ 36 Luft- und Winddichtheit_________________________________________________ 37 Neubau im Passivhaus Standard__________________________________________ Herman-Nohl-Schule in Osnabrück_______________________________________ 38 Wohnen für Senioren im Passivhaus Standard_______________________________ Klaus-Bahlsen-Haus in Hannover_________________________________________ 42 Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung______________________________ 46 Kosten, Wirtschaftlichkeit und Förderung ________________________________ 47 Nutzerverhalten/Ausblick______________________________________________ 49 Literatur_____________________________________________________________ 50 KALKSANDSTEIN Das Passivhaus 3. Auflage Januar 2011 Stand: Januar 2011 Autor: Dr. Burkhard Schulze Darup Redaktion: Dipl.-Ing. K. Brechner, Haltern am See Dr. J. Brinkmann, Duisburg Dipl.-Ing. B. Diestelmeier, Dorsten Dipl.-Ing. G. Meyer, Hannover Dipl.-Ing. D. Rudolph, Durmersheim Dipl.-Ing. S. Schade, Hannover Dipl.-Ing. P. Schmid, Röthenbach Dipl.-Ing. H. Schulze, Buxtehude Herausgeber: Bundesverband Kalksandsteinindustrie eV, Hannover BV-9034-12/01 Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr. Nachdruck auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung. Alle nicht gekennzeichneten Fotos: Dr. Burkhard Schulze Darup Schutzgebühr 5 € Gesamtproduktion und © by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf 2
VORWORT VORWORT Kalksandstein war von Anfang an dabei, als 1991 das erste Passivhaus Deutschlands in Darmstadt-Kranichstein gebaut wurde. Der Bau von Passivhäusern mit Kalksandstein ist nicht nur gebaute Realität, sondern steht auch für hohe Wirtschaftlichkeit und Kom- fort. Dies belegt eine hohe Anzahl von Objekten aus dem Wohn- und Nichtwohnbau, die in den vergangenen 20 Jahren erstellt wurden. Der Effizienzstandard des Passivhauses wird in absehbarer Zeit Bestandteil üblicher Baupraxis sein. In einem darauf folgenden Schritt führt die EU Energieeffizienzrichtlinie 2019/2021 das „nearly zero emission building“ ein. Es ist davon auszugehen, dass diese Gebäude Passivhaustechnologie mit erneuerbaren Energiesystemen verbinden werden. Auf diesem Weg können bereits heute Gebäude mit Plusenergiebilanz für die Bereiche Heizen, Warmwasser, Strom und Mobilität erstellt werden. Bis zum Jahr 2050 strebt die EU eine Reduktion der CO2-Emissionen um 80 bis 95 % an. Ein zukunftsfähiges Gebäude sollte auf diese Herausforderung vorbereitet sein. Wer heute ein Gebäude nach den Mindeststandards der EnEV baut, wird in fünfzehn bis zwanzig Jahren energetisch nachrüsten müssen oder für seine Immobilie einen hohen Wertverlust riskieren. Energieeffiziente Gebäude aus Kalksandstein bewähren sich nicht nur im Winter durch hohen thermischen Komfort. Sie weisen durch ihre hohe aktivierbare Masse in Verbindung mit einem angepassten Verschattungssystem auch einen hervorragenden sommerlichen Wärmeschutz auf. Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung erzielt nicht nur einen hohen Komfort, sondern sorgt auch für beständig gute Raumluft. Passivhäuser erzielen bei ökonomischer Planung vom Bezug an niedrigere monatliche Kosten für Finanzierung und Betrieb als Standardgebäude – und erst recht in der langfris- tigen Betrachtung. Der Bau eines Passivhauses stellt eine Versicherung gegen steigende Energiekosten dar. Zudem wird es für Bauherren zunehmend zur Selbstverständlichkeit, nachhaltige Bauten zu errichten, die für Klima- und Ressourcenschutz stehen. Der Herausgeber Hannover, im Januar 2011 3
WAS IST EIN PASSIVHAUS – UND WIE WIRD ES ZUM PLUSENERGIEHAUS? WAS IST EIN PASSIVHAUS – UND WIE das Passivhaus kann als 1,5-Liter-Haus Konstruktion sind die Voraussetzung für WIRD ES ZUM PLUSENERGIEHAUS? bezeichnet werden. Wird die benötigte eine funktionierende Wärmerückgewin- Energie für Heizen, Warmwasser und Strom nung der Lüftungsanlage mit minimierten Passivhäuser sind durch einen sehr nied- durch erneuerbare Energien gedeckt, so Leckageverlusten. Der Nachweis erfolgt rigen Energiebedarf bei hoher Behaglich- wird das Gebäude auch als Null- oder mittels Blower-Door-Test, der für Passiv- keit und bestem Komfort gekennzeichnet. Plusenergiehaus bezeichnet. häuser einen Luftdurchsatz unterhalb Die Transmissions- und Lüftungswärme- des 0,6-fachen Gebäudevolumens bei verluste sind so gering, dass sie fast einem Differenzdruck von 50 Pa vorsieht vollständig durch kostenlose „passive“ (n50 ≤ 0,6 h-1). Energiebeiträge (nutzbare Energiegewinne) ausgeglichen werden. Das sind: Entwurfs- und ● solare Gewinne durch Fenster und Konstruktionskriterien sonstige transparente Flächen, Grundvoraussetzung ist eine hervorra- ● Wärmeabgabe von Beleuchtung , gende thermische Gebäudehülle. Die Lüftung Geräten und Prozessen sowie Konstruktionen von Wand, Dach sowie Bodenplatte und Kellerdecke sollten ei- Die Raumluftqualität muss oberste Pri- ● die Körperwärme der Personen im nen Wärmedurchgangskoeffizienten von orität bei der Gebäudeplanung haben. Gebäude. U < 0,15 W/(m²K) aufweisen. Vorteilhaft Deshalb beinhaltet eine Energie sparende sind eine günstige Gebäudegeometrie, Planung zugleich immer die Anforderungen Verbleibt nur ein minimaler Heizwärme- die Reduzierung der Wärmeabgebenden des gesundheitsverträglichen Bauens. bedarf von ≤ 15 kWh/(m²a), so ist das Oberflächen im Verhältnis zum Heiz- Ziel ist es, Schadstoffeinträge und ge- Hauptkriterium für ein Passivhaus1) erfüllt. volumen (A/V-Verhältnis) durch eine sundheitsbeeinträchtigende Einflüsse so Der Begriff beschreibt einen technischen kompakte Form des beheizten Bereichs, gering zu halten, dass der Luftwechsel Standard, keinen Gebäudetyp. Dem Planer große Bautiefe und den Verzicht auf Ver- durch den Kohlendioxidgehalt bestimmt erschließen sich durch die Anwendung der sprünge. Der Wärmedurchgang für die wird, der dem Atemvorgang der Nutzer Energie sparenden Komponenten vor allem Fenster in der Gesamtbetrachtung von entspricht. Der Pettenkofer-Wert von neue Möglichkeiten der Gestaltung, die Verglasung, Rahmen und Wärmebrücken 0,1 Vol.-% CO2 sollte nach Möglichkeit Einschränkungen sind eher gering. Aus- sollte Uw ≤ 0,8 W/(m²K) betragen. Ein nicht überschritten werden. Daraus gerüstet mit ein wenig zusätzlichem ener- möglichst hoher Energiedurchlassgrad ergibt sich die Anforderung von 30 m³ getischem Handwerkszeug erweitern sich wirkt sich vorteilhaft aus, vor allem für Frischluft pro Stunde für jede Person bei die Spielräume für Entwurfskonzepte. Bei die Südfenster ist ein Wert von g ≥ 0,5 normaler Betätigung. Dieses Volumen ent- vielen Architektenwettbewerben wird der bis 0,6 anzustreben. Die Ausrichtung spricht der Mindestanforderung der neuen Passivhaus-Standard als selbstverständli- der Fensterflächen entscheidet über das DIN 1946 Teil 6. che Grundlage des Entwurfs gesehen und Ausmaß der Wärmegewinne: Je geringer der Architekturpreis Passivhaus2) wurde die Abweichung von der Südorientierung, Ventilatorgestützte Lüftungsanlagen die- 2010 das erste Mal vergeben: an erstklas- desto günstiger. Möglichst weitgehende nen einem erhöhten Komfort und sorgen sig gestaltete Projekte aus dem Bereich Verschattungsfreiheit dient der vollstän- für eine hygienisch einwandfreie Raumluft. der Wohn- und Nichtwohngebäude. digen Ausnutzung passiver Solargewinne. Mittels Wärmerückgewinnung über einen Wärmebrückenfreiheit bei Außenmaßbe- Wärmetauscher kann zudem Energie ein- Durch eine sorgfältige Ausbildung der zug der Transmissionsfläche muss Ziel gespart werden. Folgende Parameter sind Gebäudehülle können gebäudetechnische der Detaillösungen sein. Die Luftdichtheit für eine passivhaustaugliche Lüftungsan- Installationen reduziert werden und die Be- der Gebäudehülle und eine mangelfreie lage Voraussetzung: haglichkeit und der Komfort der Gebäude erhöhen sich. Zum Vergleich: Gebäude aus den 1960er Jahren und davor haben Übersicht der wichtigsten Passivhaus-Kriterien einen Heizwärmebedarf von 200 bis 300 kWh/(m²a), das entspricht ca. 20 bis 30 ● Jahresheizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a) Litern Öl. In den 1980er Jahren wurden 10- bis 15-Liter-Häuser gebaut. Gebäude ● maximale Heizwärmelast ≤ 10 W/m², um auf ein gesondertes Heizsystem nach der Energieeinsparverordnung (EnEV verzichten zu können 2009) liegen bei 5 bis 8 Litern − und ● Wand, Dach und Fußboden: Wärmedurchgangskoeffizient U < 0,15 W/(m²K), Wärmebrückenfreiheit 1) ● Fenster UW ≤ 0,8 W/(m²K); g ≥ 0,5 bis 0,6 Die Anforderungen für Passivhäuser wurden in verschiedenen Arbeitskreisen und Untersuchungen ● Luftdichtheit: max. 0,6-facher Luftwechsel bei 50 Pa Druckdifferenz (n50 ≤ 0,6 h-1) entwickelt, die im Wesentlichen koordiniert und ausgeführt wurden durch das Passivhaus Institut ● Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit einem Wärmebereitstellungsgrad Darmstadt, Dr. Wolfgang Feist, 64283 Darmstadt, ηWRG,eff ≤ 75 %, Stromeffizienz pel < 0,45 Wh/m³ www.passiv.de 2) Architekturpreis Passivhaus: http://www.passiv. ● Jahresprimärenergiebedarf für Heizung, Brauchwasserbereitung, Lüftung und de/archpreis/index.html Haushaltsstrom ≤ 120 kWh/(m²a) 3) Passivhaus Projektierungs Paket. Passivhaus Institut Darmstadt, www.passiv.de 4
WAS IST EIN PASSIVHAUS – UND WIE WIRD ES ZUM PLUSENERGIEHAUS? ● Wärmebereitstellungsgrad ηWRG,eff ≥ 75 % 450 ● Zulufttemperatur > 16,5 °C zur Erzie- 400 lung von Behaglichkeit Primärenergie-Kennwerte [kWh/(m2a)] 350 Haushaltsstrom ● Stromeffizienz pel < 0,45 Wh/m³ Lüfterstrom 300 Warmwasser ● weitgehende Dichtheit des Lüftungs- Heizung geräts 250 200 ● Schalldruckpegel in Wohnräumen < 25 dB(A) 150 100 regenerativ erzeugt 50 PV Gebäudetechnik 20 - 60 m2 im Passiv- und 0 Plusenergiehaus Bestand WSVO 95 EnEV 2002 EnEV 2009 EnEV 2012 Passivhaus EnEV 2020 Der sehr geringe Restwärmebedarf, der im Primärenergie-Kennwerte von Baustandards Passivhaus zum Heizen bereit gestellt wer- den muss, ermöglicht einen Kostensprung zur Reduzierung der Investitionskosten Projektierungs Paket (PHPP)3), mit dem die 0,8 W/(m²K) weisen ausreichende Be- zum Heizsystem: Das ohnehin vorhandene Besonderheiten hoch energieeffizienter haglichkeitskriterien auf, ohne durch Zuluftsystem kann die erforderliche Heiz- Gebäude rechnerisch äußerst exakt ab- Heizwärme einen Ausgleich schaffen zu wärme transportieren. Damit dies unter gebildet werden können. Zugleich dient müssen. Strahlungs-Asymmetrien werden bauphysikalisch behaglichen Kriterien ge- das Programm als Qualitätsnachweis, in in Passivhäusern auf ein sehr komfortab- schehen kann, muss die Auslegungs-Heiz- dem die konstruktiven und energetischen les Maß minimiert. Als Folge der geringen leistung unter 10 W/m² und die maximale Kennwerte zusammengefasst sind. Zudem Thermik und der minimalen Heizlast Temperatur im Wärmetauscher bei 50 °C wird die Erfüllung der Passivhaus-Kriterien liegen auftretende Luftgeschwindigkeiten liegen. Ein deutlicher wirtschaftlicher Vor- nachgewiesen: deutlich unter der Anforderungsschwelle teil ist allerdings auch bei der Trennung von von 0,15 m/s, in den meisten Bereichen Lüftungs- und Heizungstechnik gegeben. ● Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a) unter 0,05 m/s. Die Lüftungsanlage er- Bei der Planung im Wohngebäudebereich zeugt nur in sehr kleinen Einblasbereichen ist zu beachten, dass der Bedarf für die ● Primärenergiebedarf für Heizung, Kli- eine erhöhte Luftgeschwindigkeit, die bei Warmwasserbereitung oftmals höher liegt matisierung, Warmwasserbereitung, richtiger Planung aufgrund der geringen als der Bedarf für die Raumwärme. Zahl- Hilfsenergien und (Haushalts)-Strom stündlichen Luftmengen keinerlei Zugemp- reiche Heizsysteme ermöglichen eine ≤ 120 kWh/(m²a). finden aufkommen lässt. Sehr wesentlich weitestgehend regenerative Bereitstellung für das Wohlbefinden ist die ständig erneu- der Wärme. erte Frischluft. Dies hat nicht nur Vorteile Der zusätzliche energetische Aufwand für die Raumluftqualität. Es stellt sich Die Stromnutzung im Passivhaus sollte für die Erstellung eines Passivhauses auch eine kontinuierlich angemessene ebenfalls auf möglichst effizientem Weg amortisiert sich im Vergleich zum Stan- Raumluftfeuchte ein, da eine ständige erfolgen. Wird dazu durch das Gebäude dard der EnEV bei günstig geplanten Abfuhr der anfallenden (Wohn-)Feuchte auf erneuerbarem Weg Strom generiert, Gebäuden in einem Zeitraum von etwa im Gebäude sichergestellt ist. Aufgrund z.B. durch Photovoltaik, so kann das Ge- einem Jahr. des relativ geringen erforderlichen Luft- bäude in der Bilanz mehr Energie erzeugen wechsels von etwa 30 m³/h pro Person als es verbraucht – und wird damit zum fällt bei richtiger Planung an kalten Tagen Plusenergiehaus. die Raumluftfeuchte dennoch nicht in zu trockene Bereiche. Behaglichkeit und Die hohe bauphysikalische Behaglichkeit Raumklima führt zu Wohlbefinden und besten hygie- Energetische Berechnung nischen und gesundheitlichen Raumklima- und Anforderung an den Hoch wärmegedämmte Außenbauteile bedingungen. Dies schlägt sich nicht nur Primärenergiebedarf erfüllen die bauphysikalische Behaglich- beim Wohnen in positiven Kommentaren keitsanforderung nach einer hohen inne- der Bewohner nieder – gerade bei gewerb- Die Einbeziehung der energetischen ren Oberflächentemperatur, die nahe an lichen Objekten ist eine Betrachtung dieser Gebäudesimulation bereits in der Vorent- der Raumlufttemperatur liegt. Tauwasser „weichen“ Komfortfaktoren sinnvoll: Durch wurfsphase ist Voraussetzung für eine und somit Schimmelprobleme können gute Arbeitsbedingungen aufgrund der ho- wirtschaftliche Konzeption von Passivhäu- bei solchen Konstruktionen nicht auftre- hen bauphysikalischen Behaglichkeit mit sern. Als Werkzeug dient das Passivhaus ten. Fenster mit einem U-Wert unterhalb der Folge eines niedrigeren Krankenstands 5
WAS IST EIN PASSIVHAUS – UND WIE WIRD ES ZUM PLUSENERGIEHAUS? amortisieren sich nicht nur die geringen dem Komfort und der Raumluftqualität. ßerst günstigen Lösungen, die bereits Mehrinvestitionen sehr schnell. Obendrein Ventilatorgestützte Lüftungsanlagen bei den Investitionskosten mit üblichen stimuliert ein komfortables Arbeitsumfeld werden in weiten Bereichen bereits Gebäuden konkurrieren konnten. Sol- ein positives Arbeitsklima. durch die Normen gefordert. Dadurch che Synergieeffekte sind bei vielen relativieren sich die 40 bis 80 €/m² gewerblichen Gebäuden erzielbar, für Zu-/Abluftanlagen. Bei Gewerbe- ebenso bei kommunalen Bauten wie bauten kann das Passivhaus-Konzept Schulen, Pflege- und Altenheimen. Einsparungspotenziale hinsichtlich der Raumluft-Technik (RLT) eröffnen. Bei der Betrachtung von Betriebs- und Kostengünstige Finanzierungskosten liegt bereits bei Passivhäuser ● Heizungstechnik wird kostengünstiger heutigen Rahmenbedingungen unter Ein- durch die geringe Heizwärmelast mit beziehung der aktuellen Förderprogramme Der Kostenvergleich von Passivhauskom- der Folge minimierter Technik in der die jährliche Belastung von Passivhäusern ponenten gegenüber Standard-Technik Zentrale und einem deutlich verein- in den meisten Fällen niedriger als die nach EnEV stellt sich wie folgt dar: fachten Verteilsystem. für Standardgebäude. Bei steigenden Energiepreisen wird sich dieser Effekt ● Erhöhte Dämmstoffdicken sind von ● Bei gewerblichen Gebäuden kann verstärken. Bereits nach der Hälfte einer Anfang an rentabel, wenn der konstruk- die dort übliche Klimatechnik durch Abschreibungszeit von z.B. 40 Jahren wird tive Aufwand niedrig gehalten werden das Passivhaus-Konzept überflüssig sich die wirtschaftliche Situation völlig kann. werden, was zu deutlichen Einspa- anders darstellen. rungen führt. Gebäude im Passivhaus ● Passivhaus-Fenster erzeugen derzeit Standard erzeugen gegenüber einem noch 15 bis 40 % Mehrinvestitionen Standardgebäude Mehrinvestitionen Es kann sicher prognostiziert werden, gegenüber Standardfenstern, in weni- von 3 bis 12 %. In zahlreichen Fällen dass auf die Lebenszeit gesehen Pas- gen Jahren werden sie zum energetisch wurde allerdings dokumentiert, dass sivhäuser die mit Abstand wirtschaft- üblichen Standard. durch konsequente Planung Einspa- lichere Variante gegenüber üblichen rungen in zahlreichen Bereichen vom Gebäudestandards darstellen. ● Lüftungstechnik dient nicht nur der Ener- Raumprogramm bis zur Technik erzielt gieeffizienz, sondern in starkem Maß werden konnten. Dies führte zu äu- GLOSSAR Ein Nullheizenergiehaus ist ein Gebäu- bilanzverfahrens bezieht. Sie wird nach Gebäudes (in kWh/(m²a)) zur Aufrechter- de ohne Verbrauch an fossilen Ener- EnEV aus dem Volumen abgeleitet und haltung normaler Innentemperaturen bei gieträgern, d.h. der Heizwärmebedarf ist vor allem bei kleineren Gebäuden normalen äußeren Klimabedingungen und wird über regenerative Energieträger meist deutlich größer als die tatsäch- normalem Luftwechsel. Sie ergibt sich gedeckt. Von einem Nullenergiehaus liche Wohn- und Nutzfläche. aus Transmissionswärmeverlusten, Lüf- spricht man, wenn sich diese Betrach- tungswärmeverlusten, solaren Wärmege- tung nicht nur auf das Heizen, sondern Energiedurchlassgrad (g-Wert) heißt die winnen und inneren Wärmegewinnen. auch den Bereich Warmwasserbereitung Kennzahl von Verglasungen, die angibt, und (Haushalts)-Strom bezieht. Im Jahr wie viel Prozent der auf die Scheibe Solare Wärmegewinne nennt man die 2019/2021 verlangt die aktuelle EU- treffenden Sonnenenergie diese durch- nutzbare Sonnenenergie, die durch trans- Gebäudeeffizienzrichtlinie den „Nearly dringt. Je höher der g-Wert ist, desto parente Bauteile ins Haus gelangt. zero emission standard“ als Standard mehr solare Wärmegewinne erhält das für Gebäude. Haus durch die Fenster. Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) gibt den Wärmestrom (in Watt) an, der bei Ein Plusenergiehaus weist in der Bilanz Interne Wärmegewinne nennt man einer Temperaturdifferenz von 1 Kelvin einen Energieüberschuss auf. Im Allge- die Energiegewinne aus Abwärme von zwischen innen und außen durch einen meinen werden bei diesen Gebäuden elektrisch betriebenen Geräten, von Quadratmeter eines Bauteils fließt. Passivhaus-Technologien hinsichtlich anderen Wärmequellen wie Gasher- der Gebäudehülle und der Lüftungs- den und von in den Räumen lebenden Die Wärmeleitfähigkeit (λ-Wert) gibt an, technik zur Minimierung des Heizwär- Menschen. welche Wärmemenge durch eine Fläche mebedarfs eingesetzt, darüber hinaus von 1 m² eines Baumaterials von 1 m wird in hohem Umfang eine Versorgung Lüftungswärmebedarf heißt der Wär- Dicke strömt, wenn die Temperaturdiffe- mit regenerativen Energieträgern durch- mebedarf für die Erwärmung der renz zwischen den beiden Seiten 1 Kelvin geführt. Frischluft. beträgt. Die Maßeinheit ist W/(mK). Je größer der λ-Wert ist, desto besser leitet Die Energiebezugsfläche ist die Fläche, Der Heizwärmebedarf ist die notwen- das Material Wärme. auf die sich der Kennwert eines Energie- dige jährliche Wärmezufuhr eines 6
EINFAMILIENHAUS IN AUGSBURG GRÜNE WELLE – EINFAMILIENHAUS IN AUGSBURG ALS PLUSENERGIEHAUS Gebäudehülle & Konstruktion Die Außenwand wurde aus Kalksandstein- Das Haus mit der Wellenform am Ufer mauerwerk mit Rohdichteklasse 2.0 und des Lechs im Augsburger Ortsteil Hochzoll einer Dicke von 17,5 cm ausgeführt in lässt vermuten, dass sich die Bauherren Verbindung mit einem Wärmedämmver- intensiv mit der Planung beschäftigt ha- bundsystem mit Polystyrol-Dämmung ben. Tatsächlich recherchierten sie im 30 cm mit einem sehr günstigen λ-Wert von Vorfeld des Baus sehr grundlegend hin- 0,032 W/(mK). Daraus ergibt sich ein sichtlich der gewünschten Eigenschaften U-Wert von 0,10 W/(m²K). Die Außenwän- und der Materialien. Das Gebäude sollte de gegen Erdreich wurden mit 24 cm XPS wertbeständig und zukunftsfähig sein, MSc. Ing. arch. Werner Friedl gedämmt und erreichen einen U-Wert von einen niedrigen Energieverbrauch aufwei- 0,16 W/(m²K). sen, guten Schall- und Brandschutz sowie einen besonders guten winterlichen und deckte sich mit dem Wunsch der Bau- Die Stahlbeton-Bodenplatte wurde wär- sommerlichen Wärmeschutz. Nicht von herren, ein ganz besonderes und hoch- mebrückenfrei auf einer XPS-Dämmlage ungefähr fanden sie auf der Homepage wertiges Einfamilienhaus zu errichten. Die mit 24 cm Dicke (2 x 12 cm) mit λ = der Kalksandsteinindustrie diverse Pas- Wellenform nimmt Bezug auf die Elemente 0,04 W/(mK) erstellt. Auf der Bitumen- sivhausbeispiele und den Hinweis auf das Luft und Wasser – auch hinsichtlich des an- abdichtung befinden sich weitere 10 cm Architekturbüro Friedl – ein Passivhaus grenzenden Lechs. Sie gibt dem Haus eine XPS- und 3 cm Trittschall-Dämmung mit je erprobtes Büro in der Nähe von Augsburg. gewisse Leichtigkeit und Unverwechsel- λ = 0,04 W/(mK). Raumseitig befindet sich Aus dem kurzfristig hergestellten Kontakt barkeit. Das Energiekonzept als zertifi- der Oberbodenbelag auf Zementestrich. erwuchs eine fruchtbare Zusammenarbeit. ziertes Passivhaus in Verbindung mit Plus- Die Handschrift des Architekten mit seiner energietechnik war von Anfang an Konsens Das Flachdach ist als Zimmermannskons- Affinität zu besonderen Gebäudeformen bei den Beteiligten. truktion mit Holzstegträgern 401 mm mit Foto: Werner Friedl Ansicht von Osten mit Blick auf das Gründach 8
EINFAMILIENHAUS IN AUGSBURG Zellulosedämmung ausgeführt, wobei die Wellenbewegung des Daches durch die ver- schiedenen Auflagerhöhen der einzelnen Träger erzielt wurde. Innenseitig befindet sich eine 9 cm gedämmte Installations- ebene verkleidet mit einer doppelten Lage Gipskartonplatten. Außenseitig wurde ein Flachdachaufbau aufgebracht mit Foto: Werner Friedl extensiver Dachbegrünung bzw. mit einer Abdichtungsbahn, in die PV-Module inte- griert sind. Der U-Wert der Konstruktion beträgt 0,08 W/(m²K). Wohnzimmer mit Pelletsofen Dämmung unter Bodenplatte Die Fenster wurden als Passivhaus Fenster in Form einer Holz-Aluminium-Konstruk- tion erstellt. Die Passivhaus zertifizierten Rahmen mit Uf = 0,73 W/(m²K) wurden in Verbindung mit Dreischeibenwärme- schutzverglasung mit Argonfüllung mit Ug = 0,6 W/(m²K) eingebaut und einem sehr günstigen g-Wert von 0,61. Der re- sultierende Wert für das Fenster beträgt Uw = 0,77 W/(m²K). Luft- und Winddichtheit stellen für das Architekturbüro seit Jahren Routine dar, so dass aufgrund der vorgegebenen Details und der sorgfältigen handwerklichen Arbeit beim Blower-Door-Test ein hervorragender n50-Wert von 0,2 h-1 erreicht wurde. Foto: Werner Friedl Lüftung, Heizung & Warmwasser Die Lüftung des Gebäudes erfolgt über eine Südostansicht hocheffiziente Zu-/Abluftanlage mit einem Wärmebereitstellungsgrad von 88 % in Ver- bindung mit einem Erdreichwärmetauscher DN 200 mit 65 m Länge. Der Luftwechsel musste sowohl auf das eher große Gebäu- devolumen als auch die fünf Bewohner eingestellt werden, um einerseits einen hohen Lüftungskomfort zu erhalten und auf der anderen Seite keine zu trockene Luft im Winter. Der Auslegungswert liegt bei einem gut 0,3-fachen stündlichen Luftwechsel. Das führt zu hygienisch guter Raumluft sowohl im Winter als auch im Sommer. Während in den Übergangszeiten Fensterlüftung genutzt wird, läuft an sehr warmen Tagen die Lüftungsanlage. Durch den Erdreichwärmetauscher beträgt selbst bei Außentemperaturen oberhalb 30 °C die Zulufttemperatur über die Lüftungsan- lage 20 °C. In Verbindung mit nächtlicher 525 m2 EG Kühlung und Sonnenschutz kann das Bild: Werner Friedl Gebäude dadurch auf etwa 23 °C selbst in Hitzeperioden gehalten werden. Die Heizung erfolgt durch einen Pelletpri- Grundriss EG märofen, der im Wohnzimmer mit seiner 9
EINFAMILIENHAUS IN AUGSBURG Bild: Werner Friedl Grundriss OG Diele und Treppe Sichtscheibe für ein wenig archaisches Wärmevergnügen in Verbindung mit High- Tech-Verbrennung führt. Die Pellets werden über eine Fördereinrichtung automatisch aus dem Speicher im Keller in den Ofen befördert. Die Wärmeübertragung auf die Räume erfolgt über Fußbodenheizung mit einem zwischengeschalteten Pufferspei- cher mit 750 l Wasserinhalt. Plusenergie Der Primärenergieverbrauch für Heizen, Warmwasser und Hilfsenergie wird bilan- ziell durch solare Einträge übertroffen. Einerseits ist die fassadenintegrierte Solarthermieanlage mit 14 m² Kollektor- fläche an den Pufferspeicher für Heizung und vor allem Warmwasserversorgung angebunden. Auf dem Dach befinden sich Bild: Werner Friedl Photovoltaikmodule mit 2,6 kWpeak, die in die Dachbahn integriert sind. Das Gebäu- de weist damit hinsichtlich der Bereiche Schnitt mit eingezeichneter Lüftungsplanung Heizen, Warmwasser und Hilfsenergien eine Plusenergiebilanz auf. Dachabdichtung mit Solar Resümee Harte Bedachung Die fünfköpfige Familie fühlt sich ausge- 3 sprochen wohl in ihrem Haus. Im Winter ist es angenehm warm und behaglich bei 25 406 30 cm WDVS, 84 29 WLG 032 Polystyrol Luftdichter Anschluss: Dach – Wand (OSB-Platte u. feuchteadaptive Dampfbremse an KS-Wand) Bild: Werner Friedl 40 30 175 First Detail First Lüftungsanlage 10
EINFAMILIENHAUS IN AUGSBURG geringstem Energieverbrauch, und im Som- bisweilen Kommentare von vorbeifahren- mer kann die Außentemperatur gern auf den Radfahrern zu vernehmen sind nach 35 °C steigen. Innen bleibt es angenehm dem Motto: „Schau mal, da ist ja wieder kühl – durch das passive Kühlkonzept dieses tolle Haus mit der grünen Welle!“ mit nächtlicher Aktivierung der massiven Bauteile mittels Lüftung und Verschattung der Fensterflächen am Tage. Und irgendwie tut es auch ganz gut, dass für das Gebäude der Augsburger Zukunfts- preis 2009 verliehen wurde – oder wenn Fassadenintegrierte Solarthermieelemente Projektdaten Objekt Plushaus in Passivhausbauweise in Augsburg-Hochzoll Wohn-/Nutzfläche Wohnfläche: 210,42 m2, Nutzfläche im KG: 111 m², Energiebezugsfläche PHPP: 273,26 m2 Konstruktion Außenwand Kalkgipsputz, 17,5 cm Kalksandstein, 30 cm WDVS mit Polystyrol, λ = 0,032 W/(mK), U = 0,10 W/(m²K) 5 cm Zementestrich auf Trennlage, 3 cm Trittschalldämmung, λ = 0,04 W/(mK), Bodenplatte 10 cm XPS-Dämmung, λ = 0,04 W/(mK), Bitumenabdichtung, 25 cm Stahlbetonbodenplatte, 24 cm XPS-Dämmung (2 x 12 cm), λ = 0,04 W/(mK), U = 0,10 W/(m²K) 2 x 2,5 cm GK-Platte, Installationsebene mit 9 cm Dämmung, λ = 0,04 W/(mK), 2,5 cm OSB-Holzwerkstoff, feuchteadaptive Dampfbremse, Holzstegträger 401 mm gedämmt mit Zellulosefaser, λ = 0,04 W/(mK), Dach 2,5 cm OSB-Holzwerkstoff, 3 cm Mineralwolle, λ = 0,04 W/(mK), Abdichtung mit extensiver Dachbegrünung bzw. mit Photovoltaik-Modulen, U = 0,08 W/(m²K) Holz-Alu-Fenster mit Dreifachwärmeschutzverglasung, Uf = 0,73 W/(m²K), Ug = 0,6 W/(m²K), Fenster g-Wert 0,61, Glasrandverbund Ψ = 0,032 W/(mK), Uw = 0,77 W/(m²K) Eingangstür Holztür Passivhaus zertifiziert, Fabrikat: Variotec Wärmebrücken In der Gesamtbilanz wärmebrückenfreie Konstruktion Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,2 h-1 Gebäudetechnik Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabrikat: Sachsenland Bauelemente Innoair 255 DC (zertifiziert), Lüftung Lüftungsvolumen 225 m³/h (30 m³/h pro Person bei Vollbelegung), ca. 65 m Erdreichwärmetauscher DN 200 Pelletprimärofen im Wohnzimmer, automatisch beschickt, in Verbindung mit einem Pufferspeicher im Keller, Fußbo- Heizung und Warmwasser denheizung mit individueller Temperierung der Räume, Solarthermische Fassadenkollektoren Sanitärbereich Regenwassernutzung Photovoltaik PV-Anlage mit 2,6 kWpeak in die Dachbahn integriert Baujahr Fertigstellung 6/2008 Architekten Architekturbüro Friedl, MSc. Ing. arch. Werner Friedl, 86559 Adelzhausen, www.architekt-friedl.de Planung Gebäudetechnik Ing.-Büro Kunkel, 08058 Zwickau, www.ibkunkel.de Sonstiges zertifiziert durch das Passivhaus Institut Darmstadt, Zukunftspreis der Stadt Augburg 2009 Verluste Gewinne 0 10 20 30 40 50 60 -40,0 -20,0 0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0 120,0 Außenwand Dach Grund Heizung Warmwasser Hilfsstrom Fenster Wärmebrücken Lüftung Haushaltsstrom Solarthermie Photovoltaik Solare Gewinne Interne Gewinne Heizwärme Energetische Bilanzierung des Heizwärmebedarfs: Gewinne und Primärenergiebilanz (Bereiche Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom Verluste [kWh/(m²a)] weisen eine Plusenergiebilanz auf) 11
ENERGETISCHE BERECHNUNG ENERGETISCHE BERECHNUNG Energetische Bilanzierung des Heizwärmebedarfs: Gewinne und Verluste [kWh/(m2a)] Für den Energiebedarf eines Gebäudes werden bereits beim Vorentwurf die wichtigsten Festlegungen getroffen. Deshalb sollte schon in diesem Stadium eine begleitende Untersuchung zur ther- Verluste mischen Bauphysik und zum Jahresheiz- wärmebedarf durchgeführt werden. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) verlangt den Nachweis nach DIN V 18599. Für Wohngebäude ist alternativ auch das Be- Gewinne rechnungsverfahren nach EN 832 / DIN V 4108-6 möglich. Baulicher Wärmeschutz und Heizungsanlagentechnik können auf 0 10 20 30 40 50 60 diesem Weg simuliert werden. Wenn es allerdings darum geht, ein sehr energieef- fizientes Gebäude zu optimieren, so müs- Außenwand Dach Grund sen die spezifischen Anforderungen durch Fenster Wärmebrücken Lüftung den Rechengang präzise beschrieben Solare Gewinne Interne Gewinne Heizwärme werden. Für Kennwerte im Bereich des Passivhauses hat sich seit Jahren das Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP) Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches Passivhaus: Den Transmissionswärmeverlusten durch Wand, Grund, Dach, Fenster und Wärmebrücken und Lüftungswärmeverlusten stehen in der Praxis bewährt. Bei mehreren die nutzbaren Gewinne gegenüber: solare Gewinne, interne Wärme und der resultierende hundert Gebäuden wurden Rechenergeb- Heizwärmebedarf, der beim Passivhaus unter 15 kWh/(m²a) liegt. nisse durch später durchgeführte Ener- gieverbrauchs-Messungen bestätigt. Es handelt sich um ein Excel-Programm auf Grundlage der EN 832, bei dem zunächst Primärenergiebilanz [kWh/(m2a)] wie bei den Rechenwegen nach EnEV zur Ermittlung der Transmissionswärmever- luste die Außenoberflächen der Wärme übertragenden Gebäudehülle mit Bautei- laußenmaßen sowie die entsprechenden U-Werte eingegeben werden. Sehr genau können dabei zur Ermittlung der solaren -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 Gewinne die Rahmenbedingungen der Fenster inklusive der vorliegenden Ver- schattung erfasst werden. Heizung Warmwasser Hilfsstrom Wärmebrücken werden mit ihren Wärme- Haushaltsstrom Solarthermie Photovoltaik brückenverlustkoeffizienten längenbezo- gen eingegeben. Lüftungswärmeverluste und interne Gewinne sind auf einfachem, Primärenergiebilanz in kWh/(m²a) am Beispiel des Kindergartens in Wiernsheim: Durch die aber sehr präzisem Weg ermittelbar. Photovoltaikanlage auf dem Dach wird ein höherer jährlicher Ertrag bereitgestellt als der Dabei sind Standardwerte im Programm gesamte Energiebedarf des Gebäudes für Heizen, Kühlen, Warmwasser, Hilfsstrom und Strom vorgegeben, die jedoch alternativ mit sehr für Beleuchtung und Geräte ausmacht. hoher Tiefenschärfe individuell ermittelt werden können und somit die Spezifika des Passivhauses sehr genau abbilden. und Haushaltsstrombedarfs enthalten. Als mit regenerativ hochwertigen Techniken Aus diesen Eingaben ergeben sich u.a. Ergebnis werden Primärenergiekennwert mit günstigem Primärenergiekennwert der Jahresheizwärmebedarf, dessen und CO2-Emissionen ermittelt. bereitzustellen und darüber hinaus Strom Bilanzierung in der Abbildung dargestellt mit erneuerbaren Techniken zu erzeugen. wird, sowie die Heizwärmelast und eine PLUSENERGIETECHNIK Ein Plusenergiehaus kann dies innerhalb Beurteilung des sommerlichen Wärme- seiner Gebäudestrukturen, z.B. in Form schutzes. Die Berechnung erfolgt auf der Die hohe Effizienz von Passivhäusern von Photovoltaik im Dach und ggf. Wand- Basis der Energiebezugsfläche, also der ermöglicht es auf wirtschaftliche Art und bereich erbringen. Die Abbildungen auf tatsächlich beheizten Fläche. Darüber Weise, eine Plusenergiebilanz für das der nächsten Seite stellen dar, wie sich hinaus sind Rechenblätter zur Ermittlung Gebäude zu erzielen. Dazu ist es förder- die Techniken vermutlich innerhalb der des Warmwasserbedarfs sowie des Hilfs- lich, Heizwärme- und Warmwasserbedarf nächsten Jahrzehnte weiter entwickeln 12
ENERGETISCHE BERECHNUNG werden: Gebäude werden zunehmend regenerative Netz hinsichtlich seiner mehr Energie ins Netz liefern. Die Be- Technikauslegung ist, desto einfacher ist rechnung erfolgte beispielhaft für cha- es möglich, die Energieanforderungen in rakteristische Gebäude unter alleiniger ihrem Tages- und Jahresgang kontinuier- Nutzung der Dachfläche mit leicht süd- lich umfassend regenerativ bereit zu stel- lich geneigter Pultdachform für Photo- len. Die Energieversorgung der Zukunft voltaik. Es ist erkennbar, dass nicht nur wird zu großen Teilen mit gestalterisch der Bedarf für Heizen, Warmwasser und und technisch hochwertigen Lösungen Strom abgedeckt wird, sondern zudem innerhalb der Siedlungsstrukturen und Ressourcen z.B. für den Verkehr zur der einzelnen Häuser funktionieren. Verfügung stehen. Dabei ist der richtige regenerative Mix der Versorgung mit Photovoltaik und Bei der Definition der Plusenergietechnik klein strukturierten regenerativen Kraft- muss bedacht werden, dass es zwar Wärme-Kopplungsanlagen in Verbindung sinnvoll ist, einen großen Teil der Energie mit Windkraft, Wasser- und Gezeitenkraft- direkt mit dem Gebäude zu gewinnen. werken verschiedener Ausprägung bis hin Die Bilanzgrenze kann jedoch ebenso in zu geothermischer und solarthermischer einer städtebaulichen Struktur oder einer Stromerzeugung erforderlich. Die Rege- Region liegen. De facto sind die Grenzen lung über einen Netzverbund ermöglicht international, da ein übereuropäisches mit der hohen Anzahl von dezentralen Verbundnetz zunehmend Realität wird. Anlagen eine kontinuierliche und krisen- Je umfassender dieses zunehmend sichere Energieversorgung. Einfamilienhaus – Heizwärmebedarfs-Bilanzierung kWh/(m2a) 50 Solare Gewinne Lüftung Dach Interne Gewinne Außentüren Grund 40 Heizwärme Fenster Außenwand Gewinne Verluste 30 20 10 15,49 8,14 4,32 1,61 0 2010 2020 2030 2050 Entwicklung eines Passivhauses bis 2050 unter Anwendung innovativer Komponenten und voraussichtliche wirtschaftlich optimale Entwicklung des Heizwärmebedarfs (rote Linie) EFH, MFH, MFH-Sanierung – Bilanzierung Primärenergie 120 Strom Heizen 100 Warmwasser Photovoltaik 80 60 40 20 0 -20 2010 2020 2030 2050 2010 2020 2030 2050 2010 2020 2030 2050 -40 Einfamilienhaus Mehrfamilienhaus Kindergarten -60 -80 PE-Faktor Strom -100 2,6 2,1 1,7 1,2 -120 -140 -160 Technisch absehbare Entwicklung für die Primärenergiebilanz: Neubauten werden zunehmend zu Energielieferanten, die erneuerbar erzeugte Energie überwiegt den Bedarf. 13
SOLARSIEDLUNG IN MÜNSTER SOLARSIEDLUNG WISMARWEG PASSIVHÄUSER IN MÜNSTER IM GLEISDREIECK Gebäudehülle & Konstruktion Das Gebäude wird intensiv durch die Wand- Das Grundstück des Wohnungsvereins konstruktionen geprägt: Der nördlich situ- Münster stellte für die Planer eine große ierte Eingangsbereich besteht aus zwei- städtebauliche Herausforderung dar: schaligem Mauerwerk, einer Konstruktion, Innerhalb der Gabelung von zwei Bahn- die im Münsterland nahezu unumgänglich strecken sollten Mietwohnungen gebaut ist. Dabei erzielte der Architekt eine relativ werden. Östlich war ein Abstand von 30 m schlanke Lösung durch den Einsatz von zum Grundstück gegeben, westlich etwa Kalksandstein-Planelementen mit nur 100 m, und 200 m südlich laufen die Dipl.-Ing. Architekt 15 cm Dicke, einer zweilagigen Polyurethan- Bahnlinien zusammen. Schallschutz war Christoph Thiel Hartschaumstoffdämmung mit 18 cm und ein zentrales Anliegen des Entwurfs: Ei- λ = 0,024 W/(mK), einem Fingerspalt von nerseits musste mit schweren Bauteilen 2 cm sowie dem Verblendmauerwerk von der bauliche Schallschutz gelöst werden, 11,5 cm, das durch horizontal unterschied- auf der anderen Seite für die Mieter die Mehrkosten einzuplanen. Darüber hinaus liche Farbgebungen gestaltet wird – bis hin Möglichkeit geschaffen werden, bei ge- wurde für die Wärmeversorgung eine groß- zu Farbwechseln bei der Verfugung. Der schlossenen Fenstern zu wohnen und zu volumige Solarthermieanlage konzipiert, U-Wert beträgt 0,12 W/(m²K). schlafen. Auf Grund dessen war ohnehin so dass die Wohnanlage in das Förder- die Anforderung einer Zu-/Abluftanlage programm der Solarsiedlungen in NRW Die Wandkonstruktion auf der Gartenseite gegeben. Die Architekten machten aus aufgenommen werden konnte. Mit nur besteht aus den gleichen Planelementen. der Not eine Tugend und konnten den sieben Prozent Mehrinvestition wurde ein Darauf wurde ein Wärmedämmverbund- Bauherrn leicht überzeugen, die noch feh- energetisches Modellprojekt ermöglicht, system mit Polystyroldämmplatten, 20 cm lenden Verbesserungen zum Erreichen des das zudem für die Mieter ein hohes Maß dick, λ = 0,032 W/(mK), aufgebracht Passivhaus Standards mit eher geringen an Behaglichkeit und Wohnkomfort bietet. mit einem resultierenden U-Wert von Nordansicht (Bauphase) 14
SOLARSIEDLUNG IN MÜNSTER Foto: Christoph Thiel Ansicht Süd (Bauphase) Holz-Alu-Fenster mit Dreischeibenverglasung und vorgesetzter Glasebene zur Integration des Verschattungselements 0,15 W/(m²K). Auf den Nord- und West- wänden beträgt die Dämmstärke 26 cm mit einem U-Wert von 0,12 W/(m²K). Foto: Christoph Thiel Durch diese Konstruktionen wird ein her- vorragender Schallschutz realisiert. Zur Bahnlinie nach Osten wird neben klein dimensionierten Fenstern eine schräge Teilansicht Nordwest Rohbau Stahlbetonwand eingesetzt, die nach oben hin in einen runden Bogen übergeht. Sie symbolisiert den Schallschutz zur Bahnlinie auch architektonisch. Die Vorsatzschale wurde mit einer Holzunterkonstruktion und einer Mineralwolledämmung 38 cm λ = 0,035 W/(mK) ausgeführt. Darauf kommt eine Schalung mit einer Stehfalzdeckung in Titanzink. Die Konstruktion weist einen U-Wert von 0,098 W/(m²K) auf. Die Gebäude sind bis auf den Gebäude- Bild: Christoph Thiel technikbereich nicht unterkellert. Die Bo- denplatte ist eine Stahlbetonkonstruktion mit 25 cm. Sie liegt auf einer vorkonfekti- onierten 30 cm dicken Dämmung. Auf der Stahlbetonplatte befinden sich Ausgleichs- Regelgrundriss und Trittschalldämmung unter Estrich. Die Böden sind mit einem hochwertigen Bild: Christoph Thiel Parkett bzw. in den Feuchträumen und Küchen mit Fliesen belegt. Das Ergebnis für den U-Wert beträgt 0,10 W/(m²K). Das Pultdach weist eine zimmermanns- Schnitt mäßige Sparrenkonstruktion mit 30 cm Mineralwolldämmung auf. Innenseitig schließt zunächst die luftdichtende Ebene Langlebigkeit, Wartungsfreundlichkeit, den. Der resultierende Uw-Wert beträgt mittels Dampfbremsfolie an und dann eine Schallschutz und die Aspekte des winter- 0,83 W/(m²K). Installationsebene mit nochmals 6 cm lichen- und sommerlichen Wärmeschutzes Dämmung. Die Verkleidung erfolgte mit wurden gleichermaßen betrachtet. Die Für die Wärmebrücken erfolgten im Rah- Gipskartonplatten. Oberhalb der Sparren- Wahl fiel auf Holz/Alu-Verbundfenster mit men der PHPP-Berechnung Einzelermitt- konstruktion befinden sich eine Dachunter- Dreifachverglasung auf dem Innenverbund lungen sowie Wärmebrückenberechnungen deckplatte aus 6 cm dicken Holzweichfa- und einer hinterlüfteten Einfachverglasung nach dem Wärmebrückenprogramm serplatten sowie eine Betonsteindeckung außenseitig. Im Verbundzwischenraum „Therm 5.2“ für die relevanten Details. In auf Lattung und Konterlattung. Der U-Wert befindet sich das elektrisch betriebene der Tabelle werden die Details für die zwei beträgt 0,10 W/(m²K). Das Flachdach ist Verschattungselement. Die Werte für Sockelkonstruktionen, Außenecken und als Warmdach auf einer Stahlbetondecke U f betragen 0,89 W/(m²K), für U g = Dachabschlüsse den Isothermendarstel- konzipiert. 0,59 W/(m²K) mit einem Glasrandverbund lungen gegenüber gestellt und die berech- Ψ = 0,035 W/(mK). Zum Erreichen eines neten Wärmebrückenverlustkoeffizienten Die Auswahl der Fenster erfolgte nach guten g-Wertes von 0,57 musste bei den (Ψ-Werte) benannt. umfassenden Nachhaltigkeitskriterien. vier Scheiben Weißglas eingesetzt wer- 15
SOLARSIEDLUNG IN MÜNSTER Wärmebrücken Luft- und Winddichtheit wurden durch Blower-Door-Tests überprüft, wobei jeweils Detail Isothermendarstellung Ψ-Wert ein Baukörper mit den bis zu fünf Aufgän- gen in der Gesamtheit gemessen wurde, weil über die Lüftungsanlage ein Verbund zwischen den Häusern besteht. Es wur- de der geforderte n50-Wert von 0,6 h-1 Detail Sockel WDVS eingehalten. Ψ = -0,013 W/(mK) Lüftung, Heizung & Warmwasser Die Lüftungszentralen sind zentral je Gebäude positioniert und werden mit einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerück- Detail Sockel Verblender gewinnung Fabrikat Aerex betrieben. Ψ = 0,018 W/(mK) Die horizontale Verteilung verläuft im Bereich der abgehängten Decke der Dachgeschosswohnungen. Da es sich um Gebäude geringer Höhe handelt, sind die Brandschutzanforderungen an die Anlage eher gering. Es wurde jedoch ein Brandschutzkonzept mit erhöhten Sicher- heitsstandards durchgeführt. Detail Außenwandecke Die Wärmebereitstellung für Heizung und WDVS Warmwasser erfolgt durch einen Pellets- Ψ = -0,053 W/(mK) kessel mit 40 kW Leistung in Verbindung mit einer Solarthermieanlage. Die Kollek- toren mit einer Gesamtfläche von 100 m² sind auf den beiden nördlichen Gebäuden jeweils auf den Süddächern untergebracht. Die Solarspeicher haben ein Volumen von 6 000 l. Detail Außenwandecke Verblender Ψ = -0,068 W/(mK) Detail Pult Kopfbau Technikzentrale mit Pelletskessel Ψ = -0,050 W/(mK) Detail Traufe Hauptdach Ψ = -0,049 W/(mK) Fassadendetail Verblender 16
SOLARSIEDLUNG IN MÜNSTER Resümee einer ehemals städtebaulich schwierigen hochwertiges Projekt geschaffen mit hoher Bei der Wohnanlage wird eine Win-Win- Situation anbieten, die Mieter bekommen Zukunftsfähigkeit, das bereits während der Situation für alle Beteiligten erzielt: zu sehr günstigen Mieten einen überdurch- Bauzeit eine große Zahl von Interessierten Der Wohnungsverein Münster kann als schnittlich komfortablen Wohnraum und anzieht und Modellcharakter weit über Bauherr hochqualitative Wohnungen in die Architekten haben ein gestalterisch Münster hinaus haben wird. Projektdaten Objekt Solarsiedlung Wismarweg in Münster Bauherr Wohnungsverein Münster von 1893 eG Wohn-/Nutzfläche WF: 3 337 m² (39 Mietwohnungen von 49 m² bis 122 m²) Konstruktion Außenwand Zweischaliges Mauerwerk, Verblender mit Kerndämmung: 1,5 cm Innenputz, λ = 0,70 W/(mK), 15 cm Kalksandstein-Planelemente, λ = 1,10 W/(mK), Kerndämmplatte aus 2 x 9 cm Polyurethan-Hartschaumstoff, λ = 0,024 W/(mK), 2 cm Fingerspalt, λ = 0,108 W/(mK), 11,5 cm Verblendmauerwerk, λ = 1,10 W/(mK), U-Wert = 0,123 W/(m²K) 1,5 cm Innenputz, Mauerwerk mit WDVS, λ = 0,70 W/(mK), 15 cm Kalksandstein-Planelemente, RDK = 1, λ = 1,10 W/(mK), 20 bis 26 cm Polystyrol-Dämmung, verschiedene Dämmstärken je nach Fassadenausrichtung, λ = 0,032 W/(mK), 1 cm Außenputz, λ = 0,7 W/(mK), U-Wert = 0,152 bis 0,118 W/(m²K) Bodenplatte 1 cm Parkett, λ = 0,13 W/(mK), 4,5 cm Estrich, λ = 1,05 W/(mK), 6 cm Dämmung, λ = 0,035 W/(mK), 25 cm Stahlbetonbodenplatte, λ = 2,50 W/(mK), 30 cm Polyurethan-Dämmung (Lohr-Element), λ = 0,038 W/(mK), U-Wert = 0,10 W/(m²K) Dach Pultdach: 1,25 cm Gipskarton, Installationsebene mit 6 cm Mineralwolle, λ = 0,035 W/(mK), Dampfbremsfolie, Sparren und 30 cm Mineralwolledämmung, λ = 0,035 W/(mK), 6 cm Dachunterdeckplatte, λ = 0,045 W/(mK), 4 cm Grundlattung, Dachdeckung mit Konterlattung, U-Wert = 0,10 W/(m²K) Fenster Holz/Alu-Verbundfenster mit Dreifachverglasung mit integriertem Sonnenschutz, witterungsgeschützt durch eine vierte Glasscheibe, Uf = 0,89 W/(m²K), Ug = 0,59 W/(m²K), g-Wert 0,57, Glasrandverbund Ψ = 0,035 W/(mK), Uw = 0,83 W/(m²K), Schallschutzwert 43 dB Eingangstür Holz/Aluminium-Haustür mit Passivhauszertifikat, Plattenkonstruktion im Werkstoffverbund Holz/Aluminium/Ther- moschaum mit Holz- und Phenolplatteneinlagen, UD-Wert = 0,86 W/(m²K) Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken mit „Therm 5.2“ Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 < 0,6 h-1 Gebäudetechnik Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabrikat: Aerex Lüftungsvolumen 1490 m³/h (30 m³/h pro Person bei Vollbelegung) Heizung und Warmwasser Pelletanlage 40 KW, Solarthermie 100 m² Flachkollektoren mit Pufferspeicher (Volumen 6 000 l), Fabrikat: Wagner Übertragung Heizwärme Über Lüftungsanlage (Nachheizregister) und Badheizkörper Sanitärbereich Frischwarmwasserstation, Besonderheit: Regenwassernutzung für die Toilettenspülung, Bunker aus dem 2. Weltkrieg dient als Zisterne Baukosten 1 538 €/m² Wohn-/Nutzfläche (Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.) Baujahr Fertigstellung 8/2010 Architekten Architekturbüro Thiel, 48143 Münster Planung Gebäudetechnik KSK-Ingenieurplanung, 48167 Münster Ingenieurbüro Moorhenne & Partner GbR, 42277 Münster Ingenieurbüro Kunkel, 08058 Zwickau Sonstiges zertifiziert durch das Passivhaus Institut Darmstadt Verluste Gewinne 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 -20,0 0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0 120,0 Außenwand Dach Grund Heizung Warmwasser Hilfsstrom Fenster Wärmebrücken Lüftung Haushaltsstrom Solarthermie Photovoltaik Solare Gewinne Interne Gewinne Heizwärme Energetische Bilanzierung des Heizwärmebedarfs: Gewinne und Primärenergiebilanz (Bereiche Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom Verluste [kWh/(m²a)] weisen eine Plusenergiebilanz auf) 17
RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG ● Nennlüftung: notwendige Lüftung zur Die Anforderungen sind so formuliert, Die Lüftung von Gebäuden erfüllt vor allem Gewährleistung der hygienischen und dass eine wirkliche Planungssicherheit zwei Aufgaben: gesundheitlichen Erfordernisse sowie vor allem durch ventilatorgestützte Sys- des Bautenschutzes bei Normalnut- teme erzielt wird. ● Frischluftzufuhr zum Ausgleich von zung der Wohnung. Dazu kann der Schadstoffbelastungen durch Nutzer teilweise mit aktiver Fenster- Bei der Auslegung von Lüftungsanlagen – Schadstoffe aus Baumaterialien, lüftung herangezogen werden. müssen folgende Aspekte berücksichtigt insbesondere Ausbaumaterialien, werden: Einrichtungsgegenständen und Mö- ● Intensivlüftung: Zum Abbau von Last- beln, spitzen (z.B. durch Kochen, Waschen) ● Ausschlaggebend ist der Kohlendio- – Luftverunreinigungen durch Haus- kann der Nutzer ebenfalls teilweise xidgehalt der Raumluft, weil dieser staub, mit aktiver Fensterlüftung herange- Wert durch die Nutzer verursacht und – nutzerbedingte Belastungen aus zogen werden. Haushaltsgegenständen, Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln, Haushaltschemikalien, Wohnfläche 120 m2, Luftwechsel gesamt 0,4 h-1 – Stoffwechselprodukte der Nutzer aus Atmung, Transpiration etc. Aufenthaltsräume Flure Sanitär etc. Luftwechsel 0,66 h-1 Luftwechsel 2,06 h-1 ● Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit durch Küche – Begrenzung der relativen Luft- Wohnen feuchte auf einen behaglichen und Abluft Über- 60 m3/h gesundheitsverträglichen Bereich ström- von 30 bis 65 % relativer Feuchte, bereich – Abtransport der in den Räumen Zimmer 1 Zuluft anfallenden (Wohn-)Feuchte, gesamt WC/Abst. Abluft – Vermeidung von Kondensatanfall 120 m3/h 20 m3/h und Schimmelbildung an Bauteilen. Zimmer 2 Bad Manuelle Fensterlüftung kann diesen Abluft Zimmer 3 Aufgaben nur bedingt gerecht werden. 40 m3/h Durch Erfahrungen mit gut ausgeführ- ten Lüftungsanlagen und zahlreiche 75 m2 20 m2 25 m2 Vergleichsmessungen hinsichtlich der Raumluftqualität hat sich in den letzten Jahren zunehmend die Fachmeinung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für eine Wohnung etabliert, dass bei Neubauten und Mo- dernisierungen grundsätzlich ventilator- gestützte Lüftungsanlagen installiert wer- den sollten. Dies spiegelt sich auch in der DIN 1964-6 wider. Sie verlangt Aufenthaltsräume Verkehrs- Sanitär etc. Luftwechsel 0,6 bis 2,0 h-1 fläche etc. Luftwechsel 2,00 h-1 grundsätzlich die Erstellung eines Lüf- tungskonzepts für Neubauten und für Renovierungen für den Fall, dass im Ein- Büro 1 Sanitär und Mehrfamilienhaus mehr als 1/3 der Abluft vorhandenen Fenster ausgetauscht bzw. Über- nach DIN ström- im Einfamilienhaus mehr als 1/3 der bereich Dachfläche neu abgedichtet wird. Dabei Büro 2 Zuluft wird unterschieden nach pro Person Technik 30 m3/h Abluft ● Feuchteschutz: Unter üblichen Nut- Büro 3 zungsbedingungen müssen die Anfor- derungen ständig und nutzerunabhän- Lager gig sicher gestellt sein. Büro 4 ... Abluft ● Reduzierte Lüftung: zur Gewährleistung des hygienischen Mindeststandards. Diese Stufe muss ebenfalls weitestge- hend unabhängig von den Nutzern sein. Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für ein Büro 18
RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG nicht veränderbar ist. Ein CO2-Gehalt von 1 000 ppm (Pettenkofer-Wert) bzw. 1 500 ppm nach Norm sollte nicht überschritten werden. Bei 1000 völliger Ruhe sind dazu für einen 900 10 000-25 0000 μg/m3: Alkohole erwachsenen Menschen etwa 20 m³ vorübergehender Aufenthalt Frischluft pro Stunde erforderlich, 800 Terpene VOCs in Raumluft [μg/m3] bei leichter Arbeit etwa 30 m³. Damit 1 000-30 000 μg/m3: korrespondiert die Mindestanfor- 700 längerfristiger Aufenthalt derung DIN 1946 Teil 6 von 30 m³ Aromaten 600 Frischluft pro Stunde für jede Person bei normaler Betätigung. 500 300 μg/m3: Aliphaten Zielwert nach Seifert (UBA) ab Hexan 400 ● Schadstoffe und Gesundheit beein- Ketone trächtigende Einflüsse müssen so 300 ohne Aceton gering gehalten werden, dass durch Ester 200 den festgelegten Luftwechsel Rest- schadstoffe ausreichend abgeführt 100 höhere Aldehyde werden. 0 ● Es muss dafür gesorgt werden, dass Haus A Haus B Haus C Haus D eine ausreichende Durchströmung Messprogrammm AnBUS Fürth/LGA Bayern/Schulze Darup, gef. durch Bundesstiftung Umwelt jedes einzelnen Raumes entspre- chend seiner Nutzung gegeben ist. Am Beispiel einer Wohneinheit mit Messergebnisse Passivhäuser Nürnberg: Summe der flüchtigen organischen Verbindungen 120 m² Wohnfläche wird das Lüf- (VOCs) [1]. Die Ergebnisse liegen sehr viel niedriger als der strenge Zielwert. tungskonzept dargestellt. Die frische Außenluft wird in die Aufenthalts- räume geführt. Dabei ist darauf zu ● Bei Nicht-Wohnnutzungen gilt das außerhalb der Betriebszeiten eine star- achten, dass die Räume möglichst Prinzip in gleicher Form: Qualität ke Absenkung bis hin zur Abschaltung vollständig durchlüftet werden und und Energieeffizienz eines Lüftungs- gewählt werden. möglichst keine Kurzschluss-Luft- systems hängen davon ab, wie ge- ströme entstehen. Der Zuluftbereich schickt Zuluftbereich (Arbeitsbereich, Für Schulen sollte eine genaue Überprü- hat in diesem Fall eine Fläche von Aufenthaltsräume), Überströmzone fung des Bedarfs durchgeführt werden. etwa 75 m², was bei 120 m³/h und Abluftbereich festgelegt werden Es gibt mehrere gut gelungene Lüftungs- einem mittleren Luftwechsel von (Sanitär-, Neben-, Technikräume und konzepte mit Auslegungsvolumina von 15 0,66 h-1 entspricht. Das entspräche vor allem Räume mit hoher interner bis knapp über 20 m³ pro Stunde und bei manueller Lüftung einer ausgie- Wärmelast zur Reduktion der sommer- Schüler. Großzügigere Anlagen verteuern bigen Querlüftung alle eineinhalb lichen Kühllast). die Investitionskosten deutlich und sind Stunden, was Mietern gerichtlich hinsichtlich der Luftbewegungen und Ge- attestiert nicht zugemutet werden Lüftungsanlagen sollten den gewünsch- räuschentwicklung deutlich schwieriger kann. Die Luft wird durch den Über- ten Luftwechsel regelungstechnisch in zu planen. Beachtung finden muss in strömbereich (Flure, Treppenraum, möglichst einfacher Form erfüllen. In diesem Fall die Unterbringung z.B. von Nebenräume, ungenutzte Teile von Abhängigkeit von Nutzung und Belegungs- Mänteln und Jacken, die bei feuchtem offenen Wohnräumen) in die Abluft- dichte kann die geförderte Luftmenge Wetter zu einer hohen Feuchtebelastung räume geleitet. Die Lüftungsanfor- geändert werden. Bei Wohnnutzung reicht im Raum führen können, wenn sie in den derungen werden dort vollständig im Allgemeinen eine Zwei- bis Drei-Stu- Klassenzimmern untergebracht werden. erfüllt: Küche 40 bis 60 m³/h, Bad fen-Regelung mit Auslegungsvolumen, Sinnvoll ist die Abluftabsaugung direkt 40 m³/h und WC 20 m³/h. Der Luft- abgesenktem Betrieb und Bedarfslüftung, unter bzw. hinter der Garderobe. wechsel über die gesamte Fläche wobei letztere auch durch manuelle Fens- beträgt im vorliegenden Fall etwa terlüftung leistbar ist, um kostengünstige Bei zahlreichen Raumluftmessungen wur- 0,4 h-1. Bei kleineren Wohneinheiten Konzepte, z.B. im Geschosswohnungs- de belegt, dass durch ventilatorgestützte mit höherer Belegungsdichte pro m² bau, zu erhalten. Lüftungsanlagen die Raumluftqualität ist von höheren Raten auszugehen, signifikant verbessert wird. bei großzügigen Wohnungen oder Bei komplexeren Anlagen kann die Stim- Häusern mit geringer Personenbe- migkeit der Regelung sehr stark über Die Abbildung zeigt die Messwerte von vier legung kann bis zu einem Wert von das Funktionieren des Energiekonzepts Passivhäusern, bei denen hervorragende 0,3 h-1 reduziert werden. entscheiden. So kann bei Büronutzung Raumluftqualität festgestellt wurde. 19
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