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Katalog der Ressortforschungs- themen im BAG (mit Beiträgen des BLV und des SECO) Dieser Katalog ist ein Bestandteil des Forschungskonzepts Gesundheit 2021–2024 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 1
Inhalt Vorwort 5 1. Ressortforschung im Bundesamt für Gesundheit (BAG) 6 2. Geschäftsfeld Strahlenschutz 7 2.1 Skizze der Forschungsstrategie 7 2.1 Themenbeitrag «Monitoring und Evaluation der medizinischen Strahlenanwendungen in der Schweiz» 10 3. Geschäftsfeld Chemikaliensicherheit 14 3.1 Skizze der Forschungsstrategie 14 3.2 Themenbeitrag «Weiterentwicklung von Methoden zur Risikobeurteilung von Chemikalien» 16 3.3 Themenbeitrag «Lancierung einer Schweizer Gesundheitsstudie/Nationale Kohorte» 19 3.4 Themenbeitrag «Risikoperzeption der Bevölkerung» 21 4. Geschäftsfeld Übertragbare Krankheiten 23 4.1 Skizze der Forschungsstrategie 23 4.2 Themenbeitrag «Antibiotikaresistenz und Healthcare-assoziierte Infektionen» 25 4.3 Themenbeitrag «Impfungen» 29 4.4 Themenbeitrag «Referenzlaboratorien» 31 5. Geschäftsfeld Prävention und Gesundheitsförderung 34 5.1 Skizze der Forschungsstrategie 34 5.2 Themenbeitrag «Monitoring Sucht und Nichtübertragbare Krankheiten» 37 5.3 Themenbeitrag «Ressortforschung in den Bereichen Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) und Sucht» 39 6. Geschäftsfeld Forschung und Technologie in der Biomedizin 43 6.1 Skizze der Forschungsstrategie 43 6.2 Themenbeitrag «Biologische Sicherheit im Zusammenhang mit ESV-relevanten Tätigkeiten und B-Ereignissen» 44 6.3 Themenbeitrag «Humanforschungsgesetz» 46 6.4 Themenbeitrag «Heilmittelrecht» 50 6.5 Themenbeitrag «Transplantation» 53 6.6 Themenbeitrag «Fortpflanzungsmedizin» 55 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 3
7. Geschäftsfelder des Direktionsbereichs Kranken- und Unfallversicherung 58 7.1 Skizze der Forschungsstrategie 58 7.2 Themenbeitrag «Krankenversicherung – Qualität und Wirtschaftlichkeit» 60 8. Geschäftsfeld Gesundheitsberufe und Bildung 62 8.1 Skizze der Forschungsstrategie 62 9. Geschäftsfeld Gesundheitsstrategien 65 9.1 Skizze der Forschungsstrategie 65 10. Funktionsfeld Evaluation und Forschung 68 10.1 Skizze der Forschungsstrategie 68 11. Funktionsfeld Kommunikation und Kampagnen 70 11.1 Themenbeitrag «Wirkung von Kampagnen» 70 12. Tabakpräventionsfonds (TPF) 73 12.1 Skizze der Forschungsstrategie 73 13. Forschungsschwerpunkte des BLV 74 13.1 Themenübergreifende Forschungsfragestellungen 74 13.2 Lebensmittelsicherheit und Ernährung 74 13.3 Tiergesundheit und StAR 75 13.4 Tierschutz 75 13.5 Artenschutz 76 13.6 Forschungsschwerpunkte 2021–2024 76 14. Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) 79 14.1 Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 79 Anhang: Verzeichnis der Abkürzungen 80 4 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
Vorwort Es ist die Aufgabe der Ressortforschung, dem Bund das entsprechende Handlungs- und Orientierungswis- sen zu beschaffen, das er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. In einer komplexen und sich rasch wan- delnden Gesellschaft müssen Strategien entwickelt und Antworten gefunden werden, mit denen auf neue Herausforderungen unmittelbar und wirksam reagiert werden kann. Bereits implementierte Konzepte und Massnahmen müssen zudem laufend auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dazu leisten Ressortforschung und Evaluation, die praxisorientiert und in der Regel interdisziplinär sind, einen wichtigen Beitrag. Sie stellen den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern relevantes Wissen und empirisch gesicherte Er- kenntnisse zur Verfügung. Der vorliegende Katalog der Ressortforschung im BAG ist ein Bestandteil des «Forschungskonzepts Ge- sundheit 2021–2024». Er steht auf der BAG-Website unter www.bag.admin.ch/forschung zur Verfügung. Primäre Zielgruppen sind die Verwaltung, die Berufswelt (Institutionen im Gesundheitsbereich und in der Forschung), die Politik und die Öffentlichkeit. Ich danke allen Forschungsverantwortlichen in den Geschäftsfeldern und ihren Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern für die gute Zusammenarbeit. Besonders bedanke ich mich an dieser Stelle für den Beitrag des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Herbert Brunold Leiter Fachstelle Evaluation und Forschung Bundesamt für Gesundheit (BAG) Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 5
1. Ressortforschung im Bundesamt für Gesundheit (BAG) Die Ressortforschung im BAG stellt für die Erfüllung der Aufgaben des BAG und für die Entwicklung von Politiken und Strategien bedarfsgerechtes Wissen zur Verfügung. Ressortforschung und Evaluation tragen damit zu evidenzbasierter und evidenzinformierter Politikgestaltung und -umsetzung bei. Abbildung 1: Evidenzbasierte und -informierte Politikgestaltung und -umsetzung Quelle: Bundesamt für Gesundheit (BAG) Die Ressortforschung ist im BAG dezentral organisiert, das heisst, sie fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich einer spezifischen Organisationseinheit. Die einzelnen Geschäftsfelder im BAG sind für die in ihrem Bereich benötigte Ressortforschung verantwortlich. Direktionsübergreifende (Ressort-) Forschungsgeschäfte wer- den von der Fachstelle «Evaluation und Forschung» (E+F) koordiniert. Die Fachstelle ist zudem zuständig für die Erstellung des Forschungskonzepts Gesundheit und für das Evaluationsmanagement im BAG. Das BAG arbeitet mit verschiedenen Ämtern auf Bundes- und Kantonsebene sowie mit Institutionen und Organisationen, die im Gesundheitsbereich tätig sind, eng zusammen und koordiniert mit diesen seine Akti- vitäten. Die wichtigsten Partner des BAG im Forschungsbereich auf Stufe Bund sind das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissen- schaftlichen Forschung (SNF), das Bundesamt für Statistik (BFS) sowie das Schweizerische Gesundheitsob- servatorium (Obsan). 6 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
2. Geschäftsfeld Strahlenschutz 2.1 Skizze der Forschungsstrategie Herausforderungen Die Abteilung Strahlenschutz des BAG leistet einen aktiven Beitrag zu einem hohen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung im Bereich Strahlenschutz. Die Vollzugsaufgaben sind hauptsächlich Sache des Bundes. Das BAG erkennt und bewertet Risiken im Alltag und in Krisensituationen auf wissenschaftlicher Basis und erarbeitet wirksame Schutzstrategien. «Eine Tätigkeit, bei der Menschen oder die Umwelt ionisierenden Strahlen ausgesetzt sind, darf nur ausgeübt werden, wenn sie sich mit den damit verbundenen Vorteilen und Gefahren rechtfertigen lässt», heisst es im Bundesgesetz vom 22. März 1991 über den Strahlenschutz, in dem auch der Auftrag des BAG in diesem Bereich verankert ist. Auf dieser Grundlage erteilt das BAG Be- willigungen für den Umgang mit Anlagen, die ionisierende Strahlung verursachen sowie für den Umgang mit radioaktiven Quellen in Medizin, Industrie, Forschung und Lehre. Zudem überwacht sie die Konformität der Einrichtungen sowie den Schutz der in diesen Bereichen tätigen Personen. Durch Ressortforschung im Be- reich Strahlenexposition der Bevölkerung bei medizinischen Verfahren verschafft sich das BAG die Grund- lagen, um den Gesundheitsschutz in diesem Bereich zu verbessern und die Strahlenbelastung zu optimie- ren. Die technologische Entwicklung in der radiologischen Diagnostik, der Nuklearmedizin und der Radio- therapie verläuft sehr rasch. Der Fokus des BAG liegt auf den Anwendungen im Hochdosisbereich, bei denen das potenzielle Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung hoch ist, und umfasst folgende Aspekte: Evalua- tion neuer, komplexer Technologien, Verbesserung der radiologischen Praxis in den Betrieben, Optimierung von Patientendosis und Bildqualität, Schutz des medizinischen Personals. Auf der Basis der Resultate der Ressortforschung in diesen Bereichen ist eine gezielte und effiziente Aufsichtstätigkeit der Abteilung Strah- lenschutz möglich. Das BAG ist zudem für die Umsetzung der vom Bundesrat verabschiedeten Aktionspläne Radon und Radium zuständig. Die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt gehört zu den ständigen Aufgaben des BAG. Das BAG veröffentlicht jährlich einen detaillierten Bericht sowohl zu den Messresultaten als auch zur Strah- lenexposition der Schweizer Bevölkerung. Mit einem Langzeitmonitoring der Strahlenexposition von Bevöl- kerung und von Patientinnen und Patienten sowie Arbeitnehmenden können die Entwicklungstendenzen und die Wirkung der umgesetzten Massnahmen erfasst werden. Weiter entwickelt das BAG Schutzstrategien im Bereich «Nichtionisierende Strahlung (NIS) und Schall» (Ult- raviolettstrahlung, kosmetische Anwendungen von NIS/Schall-Produkten, Blendungen mit Laserpointern). Sowohl das Anwendungsspektrum als auch die Verbreitung von NIS sind sehr gross und wachsen stetig. Um den Schutz der Bevölkerung vor NIS und Schall sicherzustellen, hat der Bundesrat am 27. Februar 2019 ein neues Bundesgesetz und die dazugehörige Verordnung über den Schutz vor Gefährdungen durch nicht- ionisierende Strahlung und Schall verabschiedet und auf den 1. Juni 2019 in Kraft gesetzt. Um die Bevölke- rung über die gesundheitlichen Risiken im Bereich NIS und Schall umfassend informieren zu können, müs- sen mit Ressortforschung unabhängige Daten und Informationen generiert werden. Im Rahmen des europäischen Projekts CONCERT (Teil von Horizon 2020, Verlängerung bis 2024 vorgese- hen) fördert das BAG die Beteiligung von Schweizer Forschungsinstituten, um die Forschung im Strahlen- schutz zu verbessern. Dabei wirkt das BAG als nationale Behörde bei der strategischen Begleitung mit, um die entsprechenden Forschungsaktivitäten zu priorisieren. Die Forschungsergebnisse von CONCERT sollen zu einer effizienten Umsetzung der nationalen Strahlenschutzgesetzgebung führen. Strategische Forschungsziele 2021–2024 • Die Strahlenexposition der Bevölkerung durch Röntgen- und nuklearmedizinische Diagnostik wird in einer nationalen Studie detailliert erhoben. Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 7
• Das Konzept der Diagnostischen Referenzwerte (DRW) in der Medizin wird – insbesondere bezüg- lich neu eingesetzter Technologien wie z. B. Cone Beam CT (CBCT) oder nuklearmedizinische Hyb- ridsysteme – erweitert. Weiter soll eine Strategie erarbeitet werden, welche die indikationsbasierten Dosiswerte in Bezug zur notwendigen Bildqualität setzt. • Mit verbesserten Messmethoden und durch die Entwicklung von Mappingtools soll das Radonrisiko der Bevölkerung sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauer geschätzt werden. Ra- donschutzmassnahmen, aber auch allgemeine Verbesserungen hinsichtlich der Raumluftqualität, erhöhen den Gesundheitsschutz. Diese Massnahmen haben ein grosses Synergiepotenzial und soll- ten zudem mit Energiesparmassnahmen abgestimmt werden. • Die Expositionen durch NIS und Schall, insbesondere im Hinblick auf neue Technologien, sollen erfasst werden. Forschungsprojekte zu Gesundheitsrisiken von NIS und Schall werden initiiert und begleitet, insbesondere im Bereich der optischen Strahlung. Geplante Forschungsthemen 2021–2024 Monitoring und Evaluation der medizinischen Strahlenanwendungen • Die Häufigkeit röntgendiagnostischer und nuklearmedizinischer Untersuchungen sowie die Höhe der damit verbundenen Strahlenbelastungen werden regelmässig untersucht und die Resultate publi- ziert. Die Handlungsschwerpunkte der Aufsichtsbehörde sollen erkannt und festgelegt werden. • Aus der Verteilung der verwendeten Strahlendosen einer Untersuchung werden Diagnostische Re- ferenzwerte (DRW) abgeleitet, die den Anwenderinnen und Anwendern als wichtige Benchmark die- nen und sie bei der Optimierung ihrer Prozesse unterstützen. • Die Beurteilung neuer Technologien mit Strahlenanwendung (wie z. B. Hybrid-Technologie im OP- Bereich, Cone Beam CT (CBCT), Mammographie-CT oder neue Generationen von Radiopharmzeu- tika) erfordert ein stetes Evaluieren der neu auf den Markt drängenden Anwendungen. Umweltradioaktivität • Die Entwicklung von Analysemethoden für verschiedene Radionuklide in biologischen Proben (z. B. Wirbelknochen, Zähne, Urin) oder in Proben aus der Umwelt (z. B. Boden, Gräser, Sedimente). Ziel ist die Optimierung der Methoden, das heisst eine Kostenreduktion, eine Senkung der Nachweis- grenzen und eine Verringerung der Analysezeiten. • Die Entwicklung von Analysemethoden zum Umgang mit gemischten Belastungen (chemisch und radiologisch). • Die Messung der natürlichen Radioaktivität in Tabak und Bewertung der Exposition von Tabakkon- sumentinnen und -konsumenten in der Schweiz. Radon und Radiumbelastung in Gebäuden • Die Entwicklung neuer Messmethoden – insbesondere Kurzzeitmessungen – ermöglicht eine schnel- lere Einschätzung des Radonrisikos in Gebäuden. Durch geeignete Messprogramme soll der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöht werden. • Die Entwicklung wissenschaftlicher Mappingtools ermöglicht eine bessere Darstellung des Radonri- sikos und dessen Verteilung in der Schweiz. So können die notwendigen Schutzmassnahmen für die Einhaltung des Referenzwertes optimiert werden. • Eine Evaluation sowie wiederholte Messungen von bereits Radon sanierten Gebäuden sollen die Effizienz der Sanierungsmassnahmen aufzeigen. • Die Integration präventiver und korrektiver Radonschutzmassnahmen im Bauwesen und Untersu- chung relevanter Parameter im Bereich der Raumluftqualität: Ziel ist es, die effizienteste und nach- haltigste Lösung zur Reduktion der Radonkonzentration zu erreichen. • Die Entwicklung von dosimetrischen Modellen zur Evaluation der Dosen im Rahmen des Radiumak- tionsplans 8 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
Nichtionisierende Strahlung und Schall • Die Entwicklungen neuer Technologien von NIS- und Schall-Produkten sollen erfasst und verfolgt werden. Insbesondere im Geltungsbereich des Bundesgesetzes über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) sollen die Langzeitwirkungen von Behandlungen mit NIS- und Schallprodukten zu kosmetischen Zwecken untersucht werden (Langzeitauswirkungen der Entfernung von Haarwurzeln oder der Entfernung von Tätowierungen). • Die negativen und die positiven Wirkungen von UV-Strahlung sollen untersucht und beurteilt werden. • Im Bereich Schall und Gehör sollen die Grundlagen zum Musikkonsum und den daraus entstehenden temporären und langfristigen Hörschäden untersucht werden. • Mitarbeit beim Aufbau eines NIS-Monitorings zu elektromagnetischen Feldern und die Beurteilung und Begleitung von Forschungsarbeiten zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen. Schwerpunkte/Prioritäten Der Schwerpunkt liegt beim Monitoring und der Evaluation der Strahlenbelastung von Patientinnen und Pa- tienten in Diagnostik und Therapie und der Erweiterung der Diagnostischen Referenzwerte (DRW). Mittel (Finanzen) Für das Monitoring und die Evaluation der medizinischen Strahlenanwendungen werden ca. CHF 150 000 pro Jahr eingesetzt. Für die Entwicklung von Analysemethoden für Radionuklide in biologischen Proben und Proben aus der Umwelt ist ein Betrag von ca. CHF 15 000 pro Jahr vorgesehen. Für die Aktionspläne Radon und Radium wird ein gemeinsames Kostendach von CHF 70 000 pro Jahr für die Periode zwischen 2021 und 2024 budgetiert. Für die Projekte im Bereich NIS/Schall werden ca. CHF 100 000 pro Jahr aufgewendet. Die wichtigsten Partner im Forschungsbereich Bundesintern: • Bundesamt für Umwelt (BAFU) • Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) • Bundesamt für Energie (BFE) • Labor Spiez (LS) • Eidgenössisches Institut für Metrologie (METAS) • Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) • Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) • Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedic) • Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) Forschungsinstitute: • IT'IS Foundation, ETH Zürich • Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern • Schweizerisches Tropen- und Public-Health-Institut (Swiss TPH), Basel • Institut de radiophysique (IRA), CHUV, Lausanne • Universitätsspitäler der Schweiz • Institut universitaire romand de Santé au Travail (IST), Lausanne • Paul Scherrer Institut (PSI), Villigen • Centre romand de la qualité de l’air intérieur et du radon (croqAIR), HEIA-FR, Fribourg • Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 9
• Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI), Centro competenze radon, Ca- nobbio International: • World Health Organization (WHO) • International Commission on Radiological Protection (ICRP) • International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) • Bundesamt für Strahlenschutz (Deutschland) • United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR) • Heads of European Radiological Protection Competent Authorities (HERCA) • International Atomic Energy Agency (IAEA) • European Society of Radiology (ESR) • European Association of Nuclear Medicine (EANM) • European Commission (EC) Relevante Kommissionen, Begleitgruppen, Arbeitsgruppen • Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz (KSR) 2.1 Themenbeitrag «Monitoring und Evaluation der medizinischen Strahlen- anwendungen in der Schweiz» Federführende Stellen: Abteilung Strahlenschutz, Sektion Strahlentherapie und medizinische Diagnostik, Sektion Forschungsanlagen und Nuklearmedizin Kurzinfo Die durch diagnostische Verfahren in der Medizin (Radiologie, Nuklearmedizin) verursachte Strahlenbelas- tung der Bevölkerung wird in der Schweiz regelmässig untersucht. Die Häufigkeit diagnostischer Untersu- chungen und die Höhe der damit verbundenen Strahlenbelastungen sind dabei von zentraler Bedeutung. Daraus werden Diagnostische Referenzwerte (DRW) abgeleitet, die den medizinischen Betrieben eine Be- urteilung ihrer Praxis erlauben. Das BAG orientiert sich in seiner Aufsichtstätigkeit stark an den Resultaten dieser Erhebungen. Die Beurtei- lung neuer Technologien mit Strahlenanwendung erfordert ein stetes Evaluieren der neu auf den Markt drän- genden Anwendungen. Rückblick 2017–2020 Seit Ende der 1950er-Jahre wird die Strahlenexposition der Schweizer Bevölkerung durch Röntgen- und nuklearmedizinische Diagnostik regelmässig untersucht. Aufgrund des raschen technologischen Fortschritts in der medizinischen Radiologie und der Nuklearmedizin sowie der Weiterentwicklung der Praxis legen die internationalen Empfehlungen und die Schweizer Gesetzgebung eine Neubeurteilung der Situation alle zehn Jahre nahe. Die letzte publizierte landesweite Erhebung in der Radiologie bezog sich auf Daten von 2013 respektive 2010 in der Nuklearmedizin. Anlässlich dieser Erhebungen wurden die Entwicklung der Untersu- chungshäufigkeit und der applizierten Dosen untersucht. Zu den Häufigkeiten wurden alle Strukturen befragt, die radiologische und nuklearmedizinische Leistungen erbringen (Spitäler, Institute, Arztpraxen usw.). Um kleinere radiologische Betriebe einzubinden, wurde eine Internetplattform mit webbasiertem Eingabetool entwickelt (www.raddose.ch). Grössere radiologische Betriebe wurden durch eine rechnungssystem-ba- sierte automatisierte Umfrage in die Studie eingebunden. 10 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
Für die laufende Erhebung zu den Daten von 2018 wird dieser automatisierte Ansatz auf weitere Leistungs- erbringer ausgedehnt. Dieses Vorgehen ermöglicht es zudem, die Alters-, Geschlechter- und geographische Verteilung der röntgendiagnostischen Untersuchungen zu ermitteln. Die Ermittlung der Dosen wird in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Fachgesellschaften vorgenom- men. Als Grundlage dienen die Daten zahlreicher durchgeführter DRW-Studien der letzten Jahre. Ebenso wurde eine Machbarkeitsstudie für eine nationale Patientendosen-Datenbank erfolgreich abgeschlossen. Die Aufbereitung der Daten des UNSCEAR, dem wissenschaftlichen UN-Ausschuss zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung, im Bereich Radiodiagnostik und Radiotherapie wurde ebenfalls in diesem Rahmen durchgeführt. Die Erhebung lieferte eine beachtliche Menge an Informationen zur Häufigkeit der in der Schweiz durchgeführten Untersuchungen und zu den damit verbundenen Dosen. Zudem konnte die radiologische Praxis der Schweiz mit derjenigen der Nachbarländer verglichen werden. Das BAG orientiert seine Aufsichtstätigkeit stark an den Resultaten dieser Erhebung. Auf der Basis der Erhebung von nuklearmedizinischen Untersuchungen 2010 hat das BAG aktualisierte di- agnostische Referenzwerte publiziert. Dabei wurden DRW für einzelne Untersuchungen zur Absorptionskor- rektur und Lokalisation mit Hybridsystemen berücksichtigt. Ebenso konnte das BAG 2018 die DRW für CT-Anwendungen für Erwachsene und in der Pädiatrie sowie die DRW für pädiatrische Aufnahmen aktualisieren. Aufgrund der hohen Strahlensensibilität von Kindern muss insbesondere bei pädiatrischen Untersuchungen ein besonderes Augenmerk auf die Dosisoptimierung gerichtet werden. Die Resultate dieser Studien wurden in wissenschaftlichen Publikationen, in einer Ausgabe des BAG-Bulle- tins, auf der BAG-Homepage und auf der Internetplattform www.raddose.ch veröffentlicht. Herausforderungen • Die Methodologie der Datenerhebung soll weiter automatisiert und effizienter gestaltet werden. • Eine nationale Patientendosen-Datenbank soll geschaffen werden. • Diagnostische Referenzwerte (DRW) sollen in Zukunft einen indikationsbasierten Detaillierungsgrad aufweisen. • Evaluation von DRW für neu eingesetzte Technologien wie Cone Beam CT (CBCT) oder nuklearme- dizinische Hybridsysteme. • Erarbeiten der wissenschaftlichen Grundlagen zur Einführung von DRW. • Zukünftige Auswahlkriterien für behördliche Inspektionen in radiologischen Betrieben sollen aufgrund der Datenerhebung festgelegt werden. • Evaluation neuer radiologischer und nuklearmedizinischer Anwendungen. Forschungsstrategie 2021–2024 Monitoring der medizinischen Strahlendosen In Zukunft soll die Strahlenexposition anhand von Stichproben bei grossen Dienstleistungserbringern (Uni- versitätsspitäler, Kantonsspitäler etc.) aufgrund der TARMED-Daten automatisiert und jährlich erhoben wer- den. Weiter eröffnen moderne Dosisüberwachungsprogramme – die immer häufiger zur Anwendung kom- men – neue Möglichkeiten, um die Dosen einzelner Aufnahmen noch genauer zu bestimmen. Damit sollen sich abzeichnende Veränderungen und Trends frühzeitig erkannt und Massnahmen getroffen werden kön- nen (Longitudinalstudie). Alle fünf Jahre wird ein Zwischenbericht zur Entwicklung der medizinischen Strah- lendosen in der Schweiz erarbeitet. Diagnostische Referenzwerte (DRW) Die DRW haben sich als wertvolles Hilfsmittel zur Beurteilung der radiologischen und nuklearmedizinischen Praxis bewährt. In Zukunft sollen die DRW vermehrt eingesetzt werden, um die radiologischen und nuklear- medizinischen Strahlenanwendungen weiter zu optimieren. Wegen des rasanten technologischen Fort- schritts müssen dafür die bestehenden DRW stets auf aktuellem Stand gehalten werden. Um die indikati- onsbasierten Dosiswerte in Bezug zur notwendigen Bildqualität zu setzen, müssen entsprechend Indikatoren Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 11
erarbeitet werden. Weiter gilt es, die DRW auch für neue, komplexe Anwendungen wie z. B. das CBCT zu definieren. Die DRW in der nuklearmedizinischen Diagnostik müssen für neu zugelassene Radiopharmaka ermittelt und stetig ergänzt werden. Zudem müssen die DRW für alle Hybrid-Anwendungen festgelegt wer- den. Evaluation neuer radiologischer und nuklearmedizinischer Anwendungen Die Dynamik neuer radiologischer und nuklearmedizinischer Anwendungen in der Medizin ist sehr gross. Laufend werden neue Untersuchungsmethoden auf dem Gesundheitsmarkt angeboten. Als Beispiele seien hier die Einführung von CT in der Mammographie, von CBCT in verschiedenen medizinischen Teilbereichen und neue radiopharmakologische Anwendungen in der Nuklearmedizin genannt. Während des ordentlichen Bewilligungsverfahrens müssen den beurteilenden Stellen ausreichend evaluierte Informationen über die Anwendung zur Verfügung stehen. Als Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde muss sich das BAG daher stän- dig ein Bild über die Einführung neuer Technologien und Anwendungen machen. Die Evaluation konzentriert sich schwerpunktmässig auf die Sicherheitsaspekte und die Höhe der Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten und das Personal sowie auf die grundlegenden qualitätssichernden Massnahmen. Mittel (Finanzen) Finanzielle Ressourcen pro Jahr für 2021–2024: CHF 150 000 Die wichtigsten Partner im Forschungsbereich • Bundesverwaltung: Bundesamt für Statistik (BFS) • Forschungsinstitute: Institut de radiophysique (IRA), CHUV, Lausanne; Haute Ecole de Santé Vaud (HESAV), Lausanne; Kantonsspital Aarau; Universitätsspitäler der Schweiz • International: WHO, UNSCEAR, HERCA, IAEA, ESR, EANM, EC Relevante Kommissionen, Begleitgruppen, Arbeitsgruppen BAG-Steuerungsgruppe Begleitgruppen mit Vertreterinnen und Vertretern aller betroffenen Fachgesellschaften und Berufsorganisa- tionen: • Die Spitäler der Schweiz (H+) • Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz (KSR) • Kollegium für Hausarztmedizin (KHM) • santésuisse • Schweizerische Chiropraktoren-Gesellschaft (ChiroSuisse) • Schweizerische Gesellschaft für: • Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) • Gastroenterologie (SGG) • Kardiologie (SGK) • Radiologie (SGR) • Radio-Onkologie (SRO) • Nuklearmedizin (SGNM) • Radiopharmazie/Radiopharmazeutische Chemie (SGRRC) • Strahlenbiologie und medizinische Physik (SGSMP) • Urologie (SGU) • Schweizerische Vereinigung der Fachleute für medizinisch-technische Radiologie (SVMTRA) • Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) • Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz (VKS) 12 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
Kontaktpersonen BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Abteilung Strahlenschutz, Sektion Strahlentherapie und medizinische Diagnostik und Sektion Forschungsanlagen und Nuklearmedizin, Philipp Trueb, philipp.trueb@bag.admin.ch, Nicolas Stritt, nicolas.stritt@bag.admin.ch Literaturangaben und Links • Internetplattform www.raddose.ch • https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/strahlung-radioakti- vitaet-schall/strahlenanwendungen-in-der-medizin.html Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 13
3. Geschäftsfeld Chemikaliensicherheit 3.1 Skizze der Forschungsstrategie Herausforderungen Täglich kommen wir mit Chemikalien in Berührung. Sie erleichtern uns das Leben – aber sie bergen auch Gefahren für die Gesundheit des Menschen und für die Umwelt. So passieren in Schweizer Haushalten jedes Jahr über 50 000 Unfälle mit chemischen Produkten. Chemikalien in unserer Umwelt werden aber auch für die Zunahme bestimmter chronischer Krankheiten wie z. B. Allergien, Infertilität, Diabetes oder verschiedene Krebserkrankungen (z. B. Brust- oder Hodenkrebs) mitverantwortlich gemacht. Um uns vor den schädlichen Wirkungen von Chemikalien zu schützen, müssen wir ihre toxischen Eigenschaften und die damit in Verbin- dung stehenden Gesundheitsrisiken kennen. Wo Informationen zum verantwortungsvollen Umgang mit Che- mikalien keinen ausreichenden Schutz bieten, gilt es, das Risiko durch Regulierungen (Beschränkungen, Verbote oder Zulassungsvorschriften) zu begrenzen. Allerdings sind bislang weder alle Chemikalien in Pro- dukten noch alle in Produktionsprozessen genutzten Chemikalien ausreichend untersucht, um die Gesund- heitsrisiken sicher beurteilen zu können. Schätzungsweise 30 000 Chemikalien, die nicht oder nur teilweise geprüft sind, gelangen über Haushaltsprodukte, Gegenstände oder Lebensmittelzusatzstoffe in Kontakt mit der Bevölkerung. Die toxikologische Aufarbeitung und Bewertung dieser Chemikalien stellt eine grosse Her- ausforderung dar, die nur in internationaler Zusammenarbeit und unter Einbindung der verantwortlichen che- mischen Industrie bewältigt werden kann. Für die Prüfung dieser grossen Zahl von Chemikalien braucht es effizientere Methoden – wie z. B. In-vitro- oder In-silico-Verfahren, die in den nächsten Jahren entwickelt und validiert werden müssen. Andererseits bestehen noch grosse Wissenslücken unter anderem bei der Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen durch die Exposition mit hormonaktiven Chemikalien oder mit synthetischen Nanomaterialien (spezielle Chemikalien mit nanospezifischen Eigenschaften), die im Hin- blick auf ein wissenschaftlich fundiertes Risikomanagement der betroffenen Chemikalien dringend geschlos- sen werden müssen. Hinzu kommt, dass fundierte Daten über die tatsächliche Exposition und Belastung der Schweizer Bevölkerung mit chemischen Schadstoffen fehlen. Diese Daten sind jedoch eine wichtige Voraus- setzung, um in Verbindung mit toxikologischen Erkenntnissen Aussagen darüber zu machen, ob das Aus- mass der Exposition der Bevölkerung oder einzelner vulnerabler Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder) ge- sundheitlich akzeptabel ist oder ob weitergehende Massnahmen zu ergreifen sind. Langfristig muss zudem darauf hingearbeitet werden, dass Chemikalien künftig schon in der Forschung so konzipiert werden, dass sie während ihres gesamten Lebenszyklus keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und die Umwelt haben (Safety by Design). Dies ist eine Herausforderung, die mit den Ansätzen einer «Grünen Chemie» oder «Nachhaltigen Chemie» angegangen wird und auch in engem Zusammenhang mit den Bestrebungen zu der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft steht. Strategische Forschungsziele 2021–2024 Zentrale Aufgabe der Ressortforschung im Geschäftsfeld Chemikaliensicherheit ist es, zusammen mit den wissenschaftlichen Kreisen und in Abstimmung mit internationalen Aktivitäten, die notwendigen Wissens- grundlagen zu schaffen, um die Bevölkerung durch ein evidenzbasiertes und effizientes Risikomanagement vor negativen Auswirkungen von Chemikalien auf die Gesundheit schützen zu können. Gleichzeitig gilt es die Grundlagen zu schaffen, um der Entwicklung einer Grünen Chemie Nachdruck zu verleihen. Für den Planungszeitraum 2021–2024 werden folgende Ziele verfolgt: 14 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
• Für die Prüfung der Eigenschaften und für die Beurteilung der Gesundheitsrisiken von Chemikalien sowie für die Beurteilung des Nutzens (insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit von Biozidproduk- ten) liegen wissenschaftlich fundierte Methoden und Strategien vor, die unter anderem auch die 3R- Prinzipien 1 berücksichtigen. • Es liegen repräsentative Daten (Gesundheitsdaten und Humanproben) vor, die es erlauben, die Be- lastung und Exposition der Schweizer Bevölkerung mit Chemikalien abzuschätzen und die Zusam- menhänge mit dem Auftreten bestimmter Erkrankungen zu untersuchen und zu verstehen. • Das BAG verfügt über ein vertieftes Verständnis der Risikoperzeption der Schweizer Bevölkerung in Bezug auf den Umgang mit gefährlichen Chemikalien. • Die erforderliche Wissensgrundlage ist vorhanden, damit die Grundprinzipien der Nachhaltigen Che- mie bei der Herstellung, der Verwendung und der Entsorgung von Produkten sowie bei der Entwick- lung neuer Verfahren und Produkte verstärkt zur Anwendung kommen. Geplante Forschungsthemen • Die Weiterentwicklung alternativer Methoden zur Beurteilung der intrinsischen Gefahren und der da- mit in Verbindung stehenden Gesundheitsrisiken von Chemikalien und «Chemikalien-Cocktails» ( Integrated Assessment and Testing Approach IATA: Kombination der Erkenntnisse aus Adverse Outcome Pathways AOP, In-silico-Modellen, In-vitro- und In-vivo-Testsystemen). Dies erfolgt in en- ger Abstimmung mit den Forschungsschwerpunkten des Schweizerischen Zentrums für Angewandte Humantoxikologie (SCAHT) und dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für 3R (3RCC). • Synthetische Nanomaterialien: Erarbeitung von Kriterien zur Einstufung der Gesundheitsgefahren (insbesondere Langzeiteffekte), die den spezifischen Eigenschaften dieser Chemikalien Rechnung tragen. • Untersuchung des Einflusses von Chemikalienexpositionen im Alltag auf Sensibilisierung und Modu- lation Immunantwort/allergische Reaktionen. • Erarbeitung von Grundlagen für die Überprüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln, Roden- tiziden, Insektiziden und Repellentien. • Erhebung von Daten zur Raumluftqualität in Wohnungen und Schulräumen, in Abstimmung mit den von der WHO entwickelten Indikatoren. • Untersuchung der Risikoperzeption von Konsumentinnen und Konsumenten beim Kauf und der Ver- wendung von als gefährlich gekennzeichneten chemischen Produkten. • Lancierung einer nationalen Kohorte («Schweizer Gesundheitsstudie»), in deren Rahmen sowohl Gesundheitsdaten als auch Humanproben (HBM) erfasst werden – unter anderem zur Erhebung der Belastung mit Chemikalien und zur Beurteilung ihres Einflusses auf die Gesundheit der Bevölkerung. • Schaffung von Grundlagen und Rahmenbedingungen für die Transformation zu einer Grünen Che- mie in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Schwerpunkte/Prioritäten Ein Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten in den Jahren 2021–2024 wird auch auf der Weiterentwicklung von effizienten Methoden und Strategien für die Risikobeurteilung von Chemikalien liegen, wobei auf eine enge Zusammenarbeit mit dem SCAHT und die Mitarbeit in internationalen Forschungsprogrammen und -projekten gesetzt wird (z. B. der EU, Horizon 2020 oder der OECD). Parallel dazu müssen die Grundlagen für die Weichenstellungen hin zu einer Grünen Chemie geschaffen werden. Für die Formulierung adressa- tengerechter Empfehlungen, die Weiterentwicklung der bestehenden Kennzeichnungsvorschriften oder die künftige Ausgestaltung von Abgabebeschränkungen ist ein besseres Verständnis der Risikoperzeption der Bevölkerung notwendig. Die Schaffung einer nationalen Kohorte («Schweizer Gesundheitsstudie») ist von zentraler Bedeutung, um mittel- bis langfristig über eine adäquate wissenschaftliche Datengrundlage für das 1 3R-Prinzipien – Replacement, Reduction und Refinement: Replace steht für den Ersatz von Tierversuchen durch mit Alternativ- methoden, Reduction für weniger Tierversuche und Refinement für das Vermindern der Belastung von Versuchstieren. Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 15
Risikomanagement von Chemikalien in der Schweiz zu verfügen. Die Resultate der Pilotstudie werden hier- für wichtige Erkenntnisse und Impulse liefen. Mittel (Finanzen) Ca. CHF 500 000 pro Jahr Die wichtigsten Partner im Forschungsbereich • Schweizerisches Zentrum für Angewandte Humantoxikologie (SCAHT) • Schweizerisches 3R-Kompetenzzentrum (3RCC) • EMPA St. Gallen und Dübendorf • Hochschulen: ETH Zürich, Universität Bern, Unisanté Lausanne • Tox Info Suisse, Zürich • Bundesverwaltung: BAFU, SECO, BLV • OECD, Environmental Health and Safety Program • Europäische Kommission (EU) • Horizon 2020 Relevante Kommissionen, Begleitgruppen, Arbeitsgruppen keine 3.2 Themenbeitrag «Weiterentwicklung von Methoden zur Risikobeurteilung von Chemikalien» Federführende Stellen: Abteilung Chemikalien, Sektion Risikobeurteilung Kurzinfo Schätzungsweise 30 000 Chemikalien, die nicht oder nur teilweise geprüft sind, gelangen über Haushalts- produkte, Gegenstände oder Lebensmittelzusatzstoffe mit der Bevölkerung in Kontakt. Für die Prüfung und Beurteilung von Chemikalien bedarf es effizienterer Methoden – z. B. In-vitro- oder In-silico-Verfahren –, die in den kommenden Jahren entwickelt und validiert werden müssen. Die bisherigen nationalen Anstrengun- gen werden in enger Abstimmung mit den internationalen Bestrebungen (u. a. in der OECD) weiterverfolgt. Besonderer Fokus wird dabei sowohl auf die Bereiche Aspiration, hormonaktive Eigenschaften (Anwendung der diesbezüglichen Entscheidungskriterien), Sensibilisierung und chronische Effekte als auch auf die Erar- beitung von Strategien und Beurteilungen der Wirksamkeit von Biozidprodukten gelegt. Dabei gilt es auch den spezifischen Eigenschaften der Nanoformen von Chemikalien in adäquater Weise Rechnung zu tragen. Mit dem Schweizerischen Zentrum für Angewandte Humantoxikologie (SCAHT) und dem Schweizerischen 3R-Kompetenzzentrum (3RCC) verfügt das BAG über Partner, die in diesen Forschungsbereichen über aus- gewiesene Expertise verfügen. Rückblick 2017–2020 Grâce à notre programme de recherche, de nouvelles méthodes d’analyses ont déjà été développées, per- mettant notamment de proposer des alternatives à des tests faits sur les animaux. La combinaison de mé- thodes dites in silico et de méthodes in vitro doit pouvoir limiter au strict minimum l’utilisation d’animaux dans 16 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
les tests de toxicologie. Afin d’être reconnues par le plus grand nombre d’instances, ces substances font l’objet de publications et de validations. Les travaux de recherche ont abouti à deux tests en voie de recon- naissance dans les programmes de l’OCDE. Ces tests permettent une estimation du pouvoir sensibilisant pour la peau des substances ou des produits au moyen de cultures cellulaires. Des adaptations visant à obtenir des versions nano-compatibles sont en cours dans le cadre de projets internationaux (Malta Project). À part les résultats de toxicologie permettant de définir la dangerosité d’un produit ou d’une substance, il s’agit de déterminer le niveau d’exposition. Cette mesure ou estimation se fait par l’intermédiaire de modé- lisations en fonction des connaissances sur les différentes voies d’exposition et les sources connues. C’est la combinaison de la dangerosité et de l’exposition qui permettent une évaluation du risque. Dans les projets de recherche soutenus, le niveau d’exposition à diverses familles de substances a pu être modélisé. Des modèles ont été proposés concernant l’exposition aux perturbateurs endocriniens et plus spécifiquement, aux filtres UV, afin d’évaluer la quantité globale à laquelle est exposée la population, par le simple fait d’uti- liser des produits cosmétiques. Des interrogations subsistent encore et toujours dans les évaluations de substances pourtant connues de longue date. Les connaissances sur le bisphénol A présentaient des lacunes évidentes concernant l’expo- sition cutanée. Une étude a donc été mandatée afin de compléter les connaissances et de permettre une évaluation plus complète de l’exposition globale au bisphénol A. Cette étude a remporté un grand succès et a été reprise dans les évaluations internationales comme étude-clé. L’évaluation du caractère hormono-actif du bisphénol A et des alternatives dans les papiers thermiques ont permis d’évaluer la non-pertinence du choix du bisphénol S en tant qu’alternative pour les papiers thermiques. Ayant un profil oestrogénique simi- laire, il ne serait pas judicieux, à terme, de remplacer le bisphénol A par le S. Le travail de la recherche permet ainsi d’orienter les choix de l’industrie pour des alternatives durables. Concernant les produits biocides, des tests d’efficacité sont également en développement. En effet, afin de minimiser les risques lors de leur utilisation et d’évaluer la pertinence des emplois qui en sont faits, une mesure la plus précise possible de l’efficacité est essentielle, afin notamment de réduire au minimum son utilisation. Herausforderungen Afin d’être reconnues, les méthodes développées doivent faire l’objet de validation, comme par exemple dans le cadre du programme de « test guidelines » de l’OCDE. Ce travail long et fastidieux n’est guère dans l’intérêt des chercheurs qui ont développé les méthodes. Il s’agit donc d’encourager tout de même cette démarche auprès des institutions suisses afin de faire reconnaître l’importance de ce travail. La communi- cation de l’office avec les chercheurs est, dans ce sens, essentielle pour faire correspondre les désirs de l’un et les besoins de l’autre. De nombreuses substances ont des dossiers lacunaires ne permettant pas des évaluations complètes du risque. Il s’agit d’identifier ces lacunes et de tâcher d’y remédier. Pour éviter de répéter les travaux d’autres institutions, des niches doivent être identifiées afin d’engager au mieux nos connaissances. De ce fait, la participation aux divers groupes d’experts, notamment européens, est importante. Cette participation est dépendante de la situation politique et des relations internationales. Ceci nous permet également d’amener nos résultats aux discussions pour que ces derniers soient considérés. Au niveau de l’exposition, la place de cette science en Suisse doit être renforcée. Elle reste peu étudiée bien qu’elle représente un point essentiel dans l’évaluation du risque et dans sa communication. Pour l’instant, la Suisse n’a pas de programme de biomonitoring permettant de valider les modèles d’exposition ou de connaître les sources d’exposition non soupçonnées. Les thèmes comme les nanomatériaux, les perturbateurs endocriniens ou les effets cocktails sont évidem- ment des sujets d’actualité qui sont traités, entre autres, dans le cadre de la stratégie de recherche. Ils sont intégrés directement dans les choix des projets. Ils ne peuvent cependant qu’être traités de façon coordon- née internationalement afin d’éviter la duplication de travaux ou un mauvais ciblage des préoccupations. Ils doivent également faire l’objet de coordination inter-offices. L’UE a désormais établi des critères pour les perturbateurs endocriniens. Il s’agit maintenant de voir com- ment les intégrer de façon judicieuse dans la considération du risque. Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 17
Forschungsstrategie 2021–2024 Méthodes de tests • Continuation des travaux de validation de méthodes alternatives in vitro concernant la sensibilisation et développement d’AOP (adverse outcome pathway). Il s’agit d’intégrer les méthodes dans des stratégies de test reconnues. En l’occurrence, on mise sur une étroite collaboration entre le SCAHT et le 3RCC. • Évaluation de l’utilisation de méthodes habituelles pour les nanomatériaux, au besoin développe- ment de version nano-compatibles • Développement et validation de méthodes de mesure de l’efficacité de produits biocides Exposition Modélisation d’exposition à des familles de substances afin d’évaluer le risque lié à une substance, à un produit ou à une famille de substances Toxicologie • Amélioration des connaissances de base sur des aspects toxicologiques spécifiques comme l’aspi- ration, les expositions cutanées et le métabolisme au travers de la peau • Identification de nouveaux risques tels que les liquides pour les cigarettes électroniques Mittel (Finanzen) Finanzielle Ressourcen für 2021–2024: ca. CHF 200 000 pro Jahr Die wichtigsten Partner im Forschungsbereich • Bundesverwaltung: OFEV, SECO, OSAV • Schweizerisches Zentrum für Angewandte Humantoxikologie (SCAHT) • Schweizerisches 3R-Kompetenzzentrum (3RCC) • Forschungsinstitute: universités, EPF, SCAHT, Unisanté Lausanne • International: OECD, WHO Relevante Kommissionen, Begleitgruppen, Arbeitsgruppen • OECD • WHO Risk assessment Kontaktperson BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Abteilung Chemikalien, Sektion Risikobeurteilung, Martine Bourqui-Pittet, martine.bourqui@bag.admin.ch Literaturangaben und Links keine 18 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
3.3 Themenbeitrag «Lancierung einer Schweizer Gesundheitsstudie/Natio- nale Kohorte» Federführende Stellen: Abteilung Chemikalien, Sektion Risikobeurteilung Kurzinfo Fundierte Daten über die tatsächliche Exposition und Belastung der Bevölkerung mit chemischen Schad- stoffen fehlen weitgehend. Mithilfe eines Nationalen Human Biomonitoring Programms soll die Belastungs- situation repräsentativ erfasst werden. In Verbindung mit toxikologischen Erkenntnissen erlauben die dabei erhaltenen Daten, Aussagen darüber zu machen, ob das Ausmass der Exposition der Bevölkerung oder vulnerabler Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder) gesundheitlich akzeptabel ist, wie sich dieses entwickelt oder ob weitergehende Massnahmen zu ergreifen sind. Rückblick 2017–2020 Tous les jours, nous sommes en contact avec des produits chimiques. S’ils nous facilitent la vie, ils peuvent également être source de danger pour la santé humaine et pour l’environnement. Les produits chimiques dans notre environnement sont par exemple accusés d’être impliqués dans l’apparition toujours plus fré- quente de certaines maladies chroniques comme les allergies, l’infertilité, le diabète ou différents cancers (notamment du sein ou des testicules). À l’heure actuelle, des données fondées sur l’exposition et la charge corporelle en produits chimiques de la population suisse manquent. De telles données sont nécessaires afin d’estimer l’exposition réelle et les conséquences sur la santé de la population ou des groupes sensibles comme les enfants. Elles doivent également permettre d’établir d’éventuels liens entre les expositions à des substances à des moments précis et des altérations de l’état de santé. Avec un programme dit de biomonitoring, l’exposition globale peut être mesurée dans des échantillons bio- logiques (sang, urine, cheveux, etc.). En Suisse, des projets de petite envergure sont déjà mis sur pied de manière ponctuelle et ciblée sur des questions précises. Afin de permettre un suivi de l’exposition ainsi qu’une comparaison avec d’autres études dans d’autres pays, une étude longitudinale d’ampleur nationale est envisagée. Avec la conclusion de l’étude européenne DEMOCOPHES (2012), la Suisse a pu tirer les enseignements de la mise sur pied d’une telle étude. L’analyse des résultats de ce projet a mis en évidence les besoins en Suisse, une analyse complétée par les spécialistes qui ont pu être mis en réseau. Les résultats de DEMO- COPHES ont montré que la population suisse était exposée aux substances étudiées (phtalates, cotinine, cadmium et mercure). Si les concentrations n’étaient pas alarmantes concernant une toxicité aiguë, la ques- tion de l’exposition sur le long terme à des concentrations faibles reste ouverte d’un point de vue des con- séquences sanitaires. Ces années ont été mises à profit pour dessiner une ébauche de projet avec l’aide de scientifiques reconnus. Il s’agit donc de couvrir les besoins en monitorage et en données de santé. Herausforderungen Une telle étude est un projet colossal. La coordination est certainement un défi important, ne serait-ce déjà que pour unifier les souhaits et les besoins de chacun. Ce projet demande également une clarification des ressources. Seul, l’OFSP ne peut pas porter à bout de bras un projet de cette ampleur, et la participation d’autres offices ou départements est essentielle. Une décision politique est nécessaire ainsi qu’une garantie de la participation des divers partenaires rencontrés jusqu’alors. Ainsi, la pérennité du projet pourra être assurée. Celle-ci est une condition sine qua non à la mise sur pied de l’étude. En effet ce genre d’étude ne porte ses fruits qu’à long terme, soit à une portée de 20, voire 30 ans. La projection aussi loin dans le temps est certainement un risque tout en étant une des grandes chances de ce projet. Si la participation de partenaires actifs tels que les hôpitaux universitaires est capitale, par exemple pour la prise d’échantillons par exemple est capitale, celle de la population l’est tout autant. Une communication sans faille doit accompagner ce projet afin de donner à la population un sentiment fondé de sécurité et de Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024 19
sérieux. Ceci dans le but de garantir une participation la plus large possible, dans une population la plus diverse possible. Les aspects éthiques et de protection des données doivent être réglés de façon claire. Le cadre légal doit être garanti, notamment la dualité entre le besoin de données, leurs croisements et la pro- tection des données. Forschungsstrategie 2021–2024 Phase pilote • Se joindre à l’initiative de la plate-forme nationale de coordination de biobanques (Swiss Biobanking Platform, SBP), une initiative du Fonds national suisse de la recherche scientifique, afin de mettre sur pied une phase pilote multi-centres avec des mesures de substances d'intérêt. • Étude de la faisabilité concernant la participation de la population sous la forme d’une étude socio- logique. • Utilisation des synergies qui se mettent en place en Suisse, notamment dans le cadre de SPHN (garantir la compatibilité et l’interopérabilité). • Mise sur pied d’échanges et de collaborations avec d’autres études de la Confédération dans un souci d’optimisation des ressources (collaboration avec l’OSAV et leur laboratoire) • Intégration de la phase pilote dans le projet européen HBM4EU. Mise sur pied d’une étude nationale • Mise sur pied d’une étude d’envergure nationale permettant de mesurer l’exposition de la population à des substances chimiques tout en récoltant des données de santé pertinentes pouvant servir au développement de la politique de santé en Suisse • Établissement d’une biobanque, ressource pour le suivi à long terme et outil précieux pour la place de la recherche en Suisse Mittel (Finanzen) Les moyens financiers dépendent d’une éventuelle demande au Conseil fédéral. Ce projet ne pourra être mené à bien que si d’autres institutions participent au financement. La phase pilote se fait dans le cadre du budget ordinaire (au total env. 600 000 CHF). Die wichtigsten Partner im Forschungsbereich • Bundesverwaltung: OFEV, OSAV, SECO, SEFRI • Forschungsinstitute: hôpitaux universitaires, Swiss TPH, Swiss Biobanking Platform, IUMSP • International: HBM4EU Relevante Kommissionen, Begleitgruppen, Arbeitsgruppen keine Kontaktperson BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Abteilung Chemikalien, Sektion Risikobeurteilung, Martine Bourqui-Pittet, martine.bourqui@bag.admin.ch Literaturangaben und Links keine 20 Forschungskonzept Gesundheit: Katalog der Ressortforschungsthemen 2021–2024
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