Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren
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Vol. 11, No 2, 2016 www.akademien-schweiz.ch Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Ein Synthesebericht und Stellungnahmen aus den Fachgesellschaften der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW)
Der Diskurs um die Qualitäts- und Leistungsbeurteilung hat sich über die letzten Jahre stark verändert. Die Idee der Vermessung ist, etwas verkürzt formuliert, einer Idee der Selbstvergewisserung gewichen. In der Überzeu- gung, dass der wissenschaftliche Alltag mit permanentem Beurteilen ein- hergeht, stellt sich also in erster Linie die Aufgabe der Transparenz und der Systematik. Damit sollte einsichtig sein, dass sich die Fachkreise an einer kritisch-konstruktiven Debatte beteiligen sollen, um die Deutungshoheit über ihr eigenes Tun und ihre Qualitätsdefinition zu wahren. Die aus den Arbeiten einiger SAGW-Fachgesellschaften hervorgegangenen Vo- ten und Erkenntnisse sind im zweiten Teil des Berichts abgebildet und kön- nen als Ergänzungen zu den ebenfalls stark bottom-up geprägten Projekten des SUK-Programms «Performances de la recherche en sciences humaines et so- ciales» betrachtet werden, wobei sie jedoch als Positionsbezüge zu verstehen und nicht mit der Erarbeitung möglicher Instrumente gleichzustellen sind. Der erste Teil des Berichts wirft einen Blick auf die SAGW-Aktivitäten im Themenbereich der vergangenen zwei Jahrzehnte, wobei die Position der Aka- demie verdeutlicht wird. Dies geschieht unter Einbezug von sachdienlichen Hintergrundinformationen. Ziel des Berichts ist, die disziplinenspezifische Qualitäts- und Leistungsbeurteilung voranzutreiben, indem einerseits auf vielversprechende Ansätze aus der Forschungstheorie hingewiesen wird und andererseits den verdankenswerten Beiträgen der Mitgliedgesellschaften eine Plattform gegeben wird. Ces dernières années, le discours sur l’évaluation de la qualité et des perfor- mances a profondément changé. Présenté de manière quelque peu simplifiée, l’on constate que l’idée de mesure a cédé le pas à une perception d’affirmation de soi. Alors que le quotidien scientifique est marqué par un besoin permanent de juger, la transparence et la systématique sont des principes d’une impor- tance primordiale. La participation des milieux spécialisés à un débat critique et constructif s’avère pertinente, afin de préserver leur souveraineté en matière d’interprétation de leurs actes et de définition de la qualité. Les propos et constatations élaborés par certaines sociétés membres de l’ASSH se trouvent en deuxième partie de ce rapport. Ils s’ajoutent ainsi aux projets du pro- gramme CUS «Performances de la recherche en sciences humaines et sociales», également de type bottom-up, tout en se différenciant de ces derniers: au centre se trouve la prise de position, et non le développement d’éventuels outils. La première partie de ce rapport se consacre aux activités de l’ASSH dans ce domaine durant les vingt dernières années, tout en explicitant la position de l’Académie et en se basant sur des informations de fond pertinentes. Ce rapport a pour but de promouvoir une évaluation de la qualité et des performances propre aux disciplines des sciences humaines et sociales. Pour cela, il fait ré- férence à des approches méthodologiques prometteuses et offre une plateforme aux contributions précieuses des sociétés membres.
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 1 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Ein Synthesebericht und Stellungnahmen aus den Fachgesellschaften der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW)
Herausgeber Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Laupenstrasse 7, Postfach, 3001 Bern Telefon +41 (0)31 306 92 50, sagw@sagw.ch www.sagw.ch Umschlag Bild: Die Karotte am Stock – welche Anreize für die Qualitäts- und Leistungsbeurteilung? Quelle: Gina Sanders, Fotolia.com Layout Delphine Gingin (SAGW) Druck Druck- und Werbebegleitung, 3098 Köniz 1. Auflage, 2016 (700 Expl.) Die Broschüre kann kostenlos bezogen werden bei der SAGW oder unter www.sagw.ch/publikationen. © SAGW 2016 Copyright: © 2016 Akademien der Wissenschaften Schweiz. Dies ist eine Open-Access-Publikation, lizenziert unter der Lizenz Creative Commons Attribution (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Der Inhalt dieser Publikation darf demnach uneingeschränkt und in allen Formen genutzt, geteilt und wiedergegeben werden, solange der Urheber und die Quelle angemessen angegeben werden. Zitiervorschlag: Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (2016) Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren. Swiss Academies Reports 11 (2). ISSN (print): 2297 – 1815 ISSN (online): 2297 – 1823
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 3 Vorwort 5 Teil 1 | Ein Synthesebericht als Zwischenbilanz 8 Rückblick: New Public Management in den Wissenschaften 8 Die Position der SAGW 13 Diskussion und Ausblick 25 Teil 2 | Fach- und fachbereichsspezifische Zugänge der Fachgesellschaften 35 Leistungs- und Qualitätsevaluation in den Asien- und Orientwissenschaften 41 Stellungnahme der Schweizerischen Asiengesellschaft Evaluation des performances et de la qualité dans les études asiatiques et orientales 49 Prise de position de la Société Suisse-Asie Prise de position sur les Area Studies 57 Société suisse d’études africaines, Société suisse Moyen-Orient et civilisation islamique et Société suisse des Américanistes Positionspapier der Kultur- und Sozialanthropologien in der Schweiz zur Qualitäts- und Leistungsevaluation in den Geisteswissenschaften 71 Schweizerische Ethnologische Gesellschaft Die Beurteilung von Qualität in der Friedensforschung 74 swisspeace The Situation of Post-doctoral Political Scientists in Swiss Universities and Research Institutes 82 Swiss Political Science Association Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in der Kunstwissenschaft 87 Statement des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft SIK-ISEA Environmental Humanities: Ein Experimentierfeld für die Weiterentwicklung der Qualitätsbeurteilung von geisteswissenschaftlicher Forschung? 90 Schweizerische Akademische Gesellschaft für Umweltforschung und Ökologie (saguf)
4 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 5 Vorwort Warum ein Synthesebericht, warum jetzt? Es lässt sich feststellen, dass sich der Diskurs um die Qualitäts- und Leistungsbeurteilung über die letzten Jahre stark verändert hat. Liessen sich in den 1990er-Jahren in der Gangart der Hochschul- steuerung noch deutlich die Merkmale des New Public Management erkennen, gelten Prinzipien der Rechenschaftslegung im Gegenzug zur zugestandenen Au- tonomie zwar nach wie vor stark, doch musste man feststellen, dass bibliometri- sche Verfahren in vielerlei Aspekten rasch an Grenzen stossen. Aktuell scheint zumindest im Schweizer Kontext der Konsens gegeben zu sein, dass generi- sche Indikatoren wenig über die wissenschaftliche Qualität in Forschung, Leh- re, Nachwuchsförderung und Wissenschaftstransfer aussagen. Dies wird etwa durch die SUK-Programme, lanciert von der Rektorenkonferenz der Schwei- zer Universitäten, deutlich. Bereits das erste Projekt «Mesurer la performan- ce de la recherche en sciences humaines et sociales 2008–2011» differenzierte bei der Erarbeitung von Instrumenten zwischen verschiedenen Fachbereichen, das Nachfolgeprojekt «Performances de la recherche en sciences humaines et sociales» stärkt diesen fachspezifischen Zugang noch deutlicher. Die Idee der Vermessung ist, etwas verkürzt formuliert, einer Idee der Selbstvergewisserung gewichen, man spricht von Evaluation oder Beurteilung und vom diszipli- nenspezifischen Qualitätsverständnis. Mit der 2013 veröffentlichten Schrift des SWIR «Leistungsmessung und Qualitätssicherung in der Wissenschaft. Zielge- richteter und vernünftiger Einsatz von Leistungsmessung und Evaluation in der Wissenschaft – Zehn Thesen» wird ganz explizit für einen vernünftigen Einsatz von Evaluationsprozessen plädiert. Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) erachtet eine aktive Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der Qualitäts- und Leistungsbeurteilung als notwendig. So stellt sie sich keineswegs dagegen, ruft aber zu einem Schritt zurück auf: Gefragt werden muss danach, ‹wie› evalu- iert werden soll, d.h. anhand von welchen Kriterien und mit welchen Verfahren eine bestimmte Leistung evaluiert werden soll. Schliesslich gilt es, die Frage nach dem ‹Was› zu klären, wobei die Leistungsart oder die Leistungsdimension zu klären ist. In der Überzeugung, dass der wissenschaftliche Alltag mit perma- nentem Beurteilen einhergeht, stellt sich also in erster Linie die Aufgabe der Transparenz und der Systematik. Mit der Wie-Frage soll eine disziplinengerech- te Evaluation ermöglicht werden, mit der Was-Frage gehen vorwiegend strate- gische Überlegungen und Positionierungen einher. Damit verbunden sind dann
6 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren auch Entscheide über Allokationen, die den Ressourceneinsatz einer Fakultät, eines Departements oder eines Ordinariates Rechenschaft festlegen. Damit sollte einsichtig sein, dass sich die Fachkreise an einer kritisch-kon- struktiven Debatte beteiligen sollen, um die Deutungshoheit über ihr eigenes Tun und ihre Qualitätsdefinition zu wahren. Bereits im 2012 erschienenen Posi- tionspapier «Für eine Erneuerung der Geisteswissenschaften» nahm die SAGW ihre Fachgesellschaften in die Pflicht, sich zu diesen zentralen Punkten zu äus- sern. Einige der SAGW-Fachgesellschaften haben diese Rolle mit der Lancierung von disziplinären und fachbereichsspezifischen Projekten wahrgenommen, wo- bei eine Selbstverständigung über Gütekriterien initiiert werden sollte. Einige der Projekte fanden ihren Abschluss in den Jahren 2014 und 2015 und werden im zweiten Teil des vorliegenden Berichts publiziert sowie im Fazit auf Ge- meinsamkeiten und Unterschiede untersucht. An dieser Stelle sei auf die he- terogene Ausrichtung dieser Projekte verwiesen. Einige der Fachgesellschaften haben sich auf die Bestimmung von Qualitätskriterien für die Beurteilung ihrer Forschung konzentriert, andere haben vorwiegend Grundsätze formuliert, die in der Evaluationspraxis berücksichtigt werden sollten. Die aus den Arbeiten der Fachgesellschaften hervorgegangenen Voten und Erkenntnisse können als Er- gänzungen zu den ebenfalls stark bottom-up geprägten Projekten des SUK-Pro- gramms betrachtet werden, sind jedoch als Positionsbezüge nicht mit der Erar- beitung möglicher Instrumente gleichzustellen. Der erste Teil des Berichts beginnt mit einem kurzen Rückblick auf die 1990er- Jahre, in denen das New Public Management den Paradigmenwechsel «Input is out, output is in» auf der Ebene der Hochschulpolitik begründete. Mit die- sem Blick auf die vergangenen zwei Jahrzehnte werden auch die SAGW-Akti- vitäten im Themenbereich angesprochen, die in verschiedenen Tagungsakten und einem Sonderbulletin umfassend dokumentiert sind. Im Anschluss wird die 2012 vorgenommene Positionierung der SAGW in den Empfehlungen «Für eine Erneuerung der Geisteswissenschaften» in ihrem Kontext diskutiert. Dies geschieht unter Einbezug von sachdienlichen Hintergrundinformationen, sei- en dies für die Geisteswissenschaften relevante Ansätze und Erkenntnisse der Evaluationsforschung, oder aber Bezüge zu anderen wissenschaftspolitischen Institutionen, die die SAGW-Position stärken, illustrieren oder unterstreichen. Abschliessend sollen in der Diskussion die strategische Bedeutung sowie die Chancen und Potenziale einer vernünftigen Evaluationspraxis für die Stärkung der Geisteswissenschaften angesprochen werden, wobei der Blick auf die den Geisteswissenschaften eigenen Herausforderungen im aktuellen gesellschaft- lichen und hochschulpolitischen Kontext geöffnet wird.
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 7 Ziel des Berichts ist, die disziplinenspezifische Qualitäts- und Leistungsbeur- teilung voranzutreiben, indem einerseits auf vielversprechende Ansätze aus der Forschungstheorie hingewiesen wird und andererseits den verdankenswerten Beiträgen der Fachgesellschaften eine Plattform gegeben wird. Bedauerlicher- weise kann vielen auch internationalen Studien und Vorstössen, wie etwa den Publikationen der Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences (KNAW)1 auf der Ebene der Fächerkonglomerate, der Resolution of RIHA aus den Kunst- wissenschaften oder dem Grossprojekt des 7. Rahmenprogramms der Europe- an Commission «European Educational Research Quality Indicators» (EERQI)2, nicht vertieft Rechnung getragen werden. An dieser Stelle verweisen wir gerne auf die «Arts and Humanities Research Assessment Bibliography» (AHRABi) (Peric et al. 2013)3, eine Publikationsdatenbank der ETHZ, die einschlägige Pu- blikationen zum Thema integriert und die Breite der Thematik hervorragend dokumentiert.4 Marlene Iseli 1 Die Publikationen «Quality indicators for research in the humanities» und «Towards a framework for the quality assessment of social science research» stehen beide unter www.sagw.ch/quali (theoretische Grundlagen) zum Download bereit. 2 www.eerqi.eu, siehe auch SAGW-Bulletin 2/2011, S. 54/55. 3 Die Datenbank wurde im Rahmen des CRUS-Projekts «Qualitätskriterien für die Forschung in den Geisteswissen- schaften» (mehr dazu siehe weiter unten) entwickelt. 4 Für die wiederholte, ergänzende Besprechung des Berichts danke ich Dr. Alexander Hasgall, Wissenschaftlicher Koordinator, SUK-Programm P3, und Dr. Markus Zürcher, Generalsekretär der SAGW. Selbstverständlich liegt die Verantwortung für sämtliche Aussagen bei der Autorin.
8 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Teil 1 | Ein Synthesebericht als Zwischenbilanz Rückblick: New Public Management in den Wissen- schaften Marlene Iseli «Die bisherige Kultur wissenschaftlicher Autonomie verschiebt sich in Richtung einer Kultur der öffentlichen Rechnungslegung. Nicht nur Rechenschaft über die erbrachten Leistungen, sondern auch Mitsprache wird eingefordert.» (Nowotny 1998, zitiert nach Zürcher 1999: 30) In den frühen 1990er-Jahren sind die Fragen der Potenziale und Möglichkeiten rund um die Bibliometrie auch in der Schweiz angekommen. Im Ausland bereits vermehrt zur Messung der wissenschaftlichen Leistung eingesetzt, wandte sich der damalige Schweizerische Wissenschaftsrat (SWR) bibliometrischen Indika- toren zu und publizierte mehrere Studien zu deren Anwendung. Die Aufgabe lautete, quantitative Kennzahlen in ihrer sinnvollen Verknüpfung zu einem Ab- bild wissenschaftlicher Leistung zusammenzuziehen, an dem sich politische und strategische Entscheidungen und Steuerungsprozesse orientieren können. Mit Hilfe von bibliometrischen Verfahren – so hoffte man zu dieser Zeit – dürf- te es möglich werden, Instrumente zur objektiven und vergleichenden Beur- teilung des wissenschaftlichen Outputs zu erarbeiten. Heute herrscht über die verschiedenen Fachbereiche hinweg weitgehend Konsens, dass die Bibliometrie lediglich einen Teil der wissenschaftlichen Leistung partiell zu erfassen vermag. Auch ist bekannt, dass die Entwicklung der Bibliometrie ursprünglich im Zu- sammenhang mit der Inventarisierung von Bibliotheksbeständen steht und eine lange Historie aufweist. Im Kontext der Vernehmlassung zum revidierten Hochschulförderungsgesetz5 war man jedoch bestrebt, im Wettbewerb um Subventionen und mit Verein- barungen zur Arbeitsteilung, mit einer Qualitätskontrolle von oben und mit 5 1999 wurde das Bundesgesetz über die Förderung der Universitäten und über die Zusammenarbeit im Hochschul- bereich (UFG) implementiert.
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 9 dem Erfassen von Studierendenzahlen als Leistungsindikator marktwirtschaft- liche Instrumente auch für den Hochschulbereich anzuwenden (Zürcher 1999: 8). Der Geist des New Public Management war angekommen. Das Credo war, vermehrt von der kostenorientierten und nach Finanzkraft der Kantone abge- stuften Finanzierung wegzukommen und sich neu hin zu einer leistungsori- entierten Berechnung der Ressourcen auszurichten (Zürcher 1999: 10). In der Logik, dass mit mehr Autonomie in den Hochschulen mehr Berichtspflichten und leistungsbasierte Steuerungsinstrumente einhergehen, mussten sich die Universitäten diesen Aufgaben stellen. Die Notwendigkeit einer umfassenden Rechenschaftslegung wurde von der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) im Bewusstsein um ein verändertes Verhält- nis zwischen Universität und Öffentlichkeit zugestanden, die dafür vorgesehene Beurteilungsgrundlage hingegen deutlich kritisiert: Im Interesse einer soliden gesellschaftlichen Verankerung von Wissenschaft und Forschung ist dem legitimen Bedürfnis nach öffentlicher Rechenschaftslegung nachzukommen. Eine äusserst reduzierte Leistungsbuchhaltung auf fragwürdi- ger Grundlage reicht dazu nicht aus. Notwendig ist ein langfristig ausgerichtetes Monitoring, welches den gesellschaftlichen Kontext angemessen einzubeziehen vermag. (Zürcher 1999: 40) Es galt also, angemessene Indikatoren für die Evaluation der Qualität und Leis- tung einer zunehmend outputorientierten Hochschulsteuerung zu definieren, um in der etablierten Philosophie der unbedingten accountability bestehen zu können. Die Qualitätssicherung als Pfeiler der stark privatwirtschaftlich ausge- richteten governance fand schliesslich einen weiteren Ausdruck in der Grün- dung des Organs für Akkreditierung und Qualitätssicherung (OAQ) im Jahr 2001, einer unabhängigen Institution, zu deren Aufgaben die Sicherung und Förderung der Qualität von Lehre und Forschung an den Schweizer Hochschu- len sowie die Entwicklung von Richtlinien und Qualitätsstandards gehören. Das OAQ konzentriert sich weitgehend auf generische Indikatoren und bleibt da- mit bei seinen Evaluationsabläufen auf einer übergeordneten und wenig spezifi- schen Ebene, weshalb sich der Einzelforscher durch sein Wirken wenig bedroht fühlen dürfte. Ganz anders betroffen fühlten sich die Akteure der geistes- und sozialwissen- schaftlichen Zunft hingegen bei der Bekanntgabe des Entscheids des Eidge- nössischen Departements des Innern im Jahre 2000, keines der eingegangenen Proposals aus den Geistes- und Sozialwissenschaften im Rahmen der Ausschrei- bung der Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) für eine Finanzierung zu
10 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren berücksichtigen. Es war weniger der Entscheid an sich, der gerade in den So- zialwissenschaften zu heftigen Diskussionen führte, sondern vielmehr dessen Begründung, «dass es an den notwendigen Kriterien für eine international ver- gleichende Beurteilung der Qualität geistes- und sozialwissenschaftlicher For- schung mangle» (SAGW 2001: 34). In der Konsequenz wurde 2001 eine von der SAGW organisierte Veranstaltung mit dem Titel «Welche Qualität in den Sozi- alwissenschaften? – Ansätze, Erfahrungen, Perspektiven» durchgeführt, bei der unter anderem die Spezifizität der Sozialwissenschaften deutlich gemacht wird: […] ils [les chiffres] ne doivent toutefois pas faire oublier l’extraordinaire diver- sité et la fragmentation du champ des sciences sociales, divisé entre de multi- ples disciplines à travers des institutions souvent très petites, dans un paysage culturellement et linguistiquement disparate, sans parler de l’hétérogénéité des paradigmes épistémologiques. (Hutmacher 2001: 7/8) Diese Spezifizierung soll auch im späteren Diskurs vonseiten der Sozial- wie auch der Geisteswissenschaften eine entscheidende Rolle im argumentativen Widerstand gegenüber der Qualitätsbeurteilung spielen, im Rahmen der Ver- anstaltung von 2001 ist sie hingegen als Prämisse zu verstehen. Im Jahr 2007 veröffentlicht das Zentrum für Wissenschafts- und Technologiestudien (CEST) eine seiner letzten Publikationen: «Darstellung, Vergleich und Bewertung von Forschungsleistungen in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Bestandesauf- nahme der Literatur und von Beispielen aus dem In- und Ausland», die eine wichtige Grundlage für das 2008 initiierte dreijährige SUK-Programm «Mesurer la performance de la recherche»6 darstellt. Legitimiert wird eine intensivierte Evaluationsmaschinerie im Kontext der Implementation des Bologna-Systems mit der Begründung, dass die Forschung als wichtiger Beitrag zum Erfolg eines Innovationsstandortes gilt, weshalb sich die «wissenschaftspolitischen Akteu- re eines Landes daran interessiert [zeigen], dass die von der öffentlichen Hand investierten Gelder gut angelegt sind und den grösstmöglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen generieren» (CEST 2007: 3). Die Ausgangslage für die Geistes- und Sozialwissenschaften verdeutlicht erneut deren Sonder- stellung, der im Rahmen der von der Rektorenkonferenz der Schweizer Univer- sitäten (CRUS) finanzierten Projekte gesondert Rechnung getragen werden soll. Dabei wird eingeräumt, dass sich bibliometrische Analysen stark auf Metho- den und Daten einer naturwissenschaftlichen Forschungspraxis ausrichten und 6 Siehe dazu für mehr Informationen den Schlussbericht «Mesurer les performances de la recherche» der Rektoren- konferenz der Schweizer Universitäten (CRUS).
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 11 den geistes- und sozialwissenschaftlichen Merkmalen, wie sie im Folgenden beschrieben werden, wenig Beachtung schenken: – Inhalt: Mensch und Gesellschaft, regionale Themen; – Forschungsorganisation: Einzelforscher überwiegt; – Forschungsprozess: Wissen wird immer wieder hinterfragt, kein «finales» Ergebnis, Wissen veraltet nicht; – Bezugspunkte Raum, Kultur und Sprache: regionale Themen, aber auch regionales Publikum, Verwendung der Nationalsprache bei geringer Be- deutung einer gemeinsamen Wissenschaftssprache; – Forschungsoutput: Neben Publikationen sind andere, auch populärwissen- schaftliche Werke und ausserwissenschaftliche «Produkte» ebenso wichtig; – Publikationspraxis: bevorzugt Monographie und Sammelband; Artikel in Zeitschriften regionaler Bedeutung; «Fragmentierung» der Forschung: kein bestimmtes Set von «guten», internationalen Zeitschriften, das als Benchmark gelten könnte. (CEST 2007: 3/4) Auch werde bei der Entwicklung von Instrumenten zu wenig nachgedacht über die Rolle und den Beitrag in den verschiedenen gesellschaftlichen Sphären der einzelnen Wissenschaften, denen unterschiedliche Aufgaben zukommen (CEST 2007: 4). Trotz dieser Offenlegung der Besonderheiten geistes- und sozialwissenschaftli- cher Praxis verweigern sich betroffene Forschende wiederholt Projekten, die in der Absicht einer adäquaten Evaluation für solche Disziplinen initiiert wurden. So gab es etwa nicht nur ermutigende Voten7 gegenüber dem stark bottom-up ausgerichteten Forschungsprojekt «Entwicklung und Erprobung von Qualitäts- kriterien für die Forschung in den Geisteswissenschaften»8 zu verzeichnen, und in Deutschland kam es zu Widerständen in Historikerkreisen, an einem gross- angelegten Projekt des Deutschen Wissenschaftsrats9 mitzuwirken. 7 Siehe dazu den Artikel «Die Angst vor der Vermessung des Geistes» von Markus Binder, erschienen in der NZZ vom 11. Oktober 2010. 8 Das Projekt wurde von Michael Ochsner, Sven Hug und Hans-Dieter Daniel (ETHZ) durchgeführt und verfolgte das Ziel, Qualitätskriterien für die Geisteswissenschaften von den Akteuren der deutschen und englischen Literatur- wissenschaften sowie der Kunstwissenschaften definieren zu lassen. 9 Schliesslich willigten die Anglisten ein, am Forschungsrating zur Erarbeitung von «Empfehlungen zur Zukunft des Forschungsratings» mitzuwirken.
12 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Die Ursachen für diesen Widerstand dürften vielgestaltig sein: Neben einer fundamentalen Ablehnung von Quantifizierungen in einem solch komplexen Bereich, von marktorientierten Instrumenten, von der Gleichmachung höchst unterschiedlich ausdifferenzierter Wissenschaftszweige, ist mit Sicherheit die Angst vor Dysfunktionalitäten gross. Wie sich Anfang 2014 in der Diskussion rund um die nicht replizierbare, innovationsgetriebene und einer Qualitätssi- cherung zunehmend nicht mehr unterziehbare Medizinalforschung gezeigt hat, sind solche Ängste nicht unbegründet, was mit dem Erfolg der «San Francis- co Declaration on Research Assessment» verdeutlicht und jüngst auch durch das «Manifesto to advance Data Access und Research Transparency (DART)»10 für die Sozialwissenschaften unterstrichen wurde. Läge hier nicht gerade eine Möglichkeit vor, solche Dysfunktionalitäten aufzuzeigen? Dürfte nicht davon ausgegangen werden, dass kritische Stimmen laut werden, so dass eine mani- feste Auseinandersetzung im öffentlichen Diskurs stattfindet? Doch gleicht die nicht übersehbare Passivität einer einkehrenden Resignation. Es kann lediglich darüber spekuliert werden, ob das durch Erfahrungen genährte Bewusstsein um eine Vielzahl unerwünschter Nebeneffekte von Entscheidungen im akademi- schen Alltag – gekoppelt an eine den Geisteswissenschaften inhärente minuzi- öse Gesamtanalyse vorliegender Phänomene – zu einer Überforderung führen könnte, wenn strategische Entscheidungen nicht nur bis zu den disziplinären Grenzen ausgeleuchtet werden müssen, sondern auch noch andere Sphären mit anderen Interessenlagen hineinspielen. Soll man im Namen der internationa- len Ausstrahlung und mit Blick auf den Zitationsindex ausschliesslich in engli- scher Sprache publizieren? Soll man sich auf (internationale) Kooperationspro- jekte konzentrieren, als junger Forschender interdisziplinäre Projekte anreissen, wenn bei Berufungsverfahren meist stark disziplinäre Spezialisierungen nach- gefragt werden? Dass hier eine Ausblendung, eine Disqualifizierung oder zumin- dest eine ablehnende Haltung gegenüber solcher Zielkorridore ausserhalb des Kerngeschäfts (wie sie die Qualitätsmessung in dieser Optik verkörpert) zum Tragen kommen kann, ist eigentlich nicht erstaunlich. Die SAGW erachtet jedoch eine Verweigerung gegenüber Evaluationen unter Re- kurs auf eine Sonderstellung vonseiten der Geistes- (und Sozial-)wissenschaften als langfristig wenig opportun. 10 Diese Initiative geht auf das Schweizer Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften (FORS) zurück und wurde anlässlich einer gemeinsam mit der SAGW durchgeführten Tagung (November 2014) zur Diskussion gestellt.
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 13 Die Position der SAGW «We don’t want it, because we don’t have to, because we don’t need it, because we are not like the others, and therefore we don’t like it, and they shouldn’t force us, because they don’t know us, because they don’t understand us, because they don’t love us.» (Van den Akker 2011: 52) 2009 lancierte die SAGW ein neues Projekt mit dem Titel «Wissenschaftskultur in den Geisteswissenschaften». In der Annahme, dass die Geisteswissenschaften im Vergleich zu den Sozialwissenschaften mehr Mühe bekunden würden, sich im aktuellen hochschulpolitischen Feld positiv zu positionieren, wurden im Rahmen einer dreitägigen Veranstaltung die vier hauptsächlichen Handlungsfel- der wissenschaftlicher Praxis zur Diskussion gestellt. Die Themenfelder wurden jeweils aus der Innen- und Aussensicht und unter einem spezifischen Proble- matisierungsbegriff durchleuchtet, der die aktuelle Problemlage verdeutlichen sollte: Forschung im Zeichen der Projektifizierung, Lehre im Zeichen von Em- ployability, Hochschulsteuerung im Zeichen von Qualität und Leistung sowie Öffentlichkeiten im Zeichen der Nutzung betreffen allesamt direkt oder indirekt den Kontext oder die Materie der Qualitäts- und Leistungsbeurteilung. So im- pliziert der jeweilige Problematisierungsbegriff einen in der Hochschulpolitik breit abgestützten Sollzustand, dem die Geisteswissenschaften unterschiedlich ausgeprägt entsprechen können und wollen. Im Nachgang der Veranstaltung wurde auf der Grundlage der Tagungsakten, der intensiven Diskussion mit den Veranstaltungsteilnehmenden sowie der umfangreichen Begleitdokumentation der Tagung11 ein Positionspapier12 erstellt, das sowohl von mehreren peers wie auch vom Vorstand der SAGW begutachtet und verabschiedet wurde und eine breite Konsultation bei den geisteswissenschaftlichen Akteuren durchlief. Im Gegensatz zu den beiden Bereichen Lehre («Die Gestaltung der Curricula») und Forschung («Die universitäre Strukturierung der Geisteswissenschaften») erfuh- ren die Empfehlungen zum Bereich der Qualitäts- und Leistungsbeurteilung13 in Lehre und Forschung vonseiten der Empfänger – zumindest von denjenigen, 11 Siehe dazu www.sagw.ch/geisteswissenschaften sowie die auf dieser Website publizierten «Stichworte zur aktuel- len Lage der Geisteswissenschaften», erarbeitet von Fritz Böhler und Sabine Maasen vom ehemaligen Programm für Wissenschaftsforschung der Universität Basel. 12 Positionspapier: Für eine Erneuerung der Geisteswissenschaften. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Bern, Eigenverlag, 2012. Man nehme zur Kenntnis, dass für die vorgängige Veranstaltung «Für eine neue Wissenschaftskultur der Geisteswissenschaften?» noch ein Fragezeichen gesetzt wurde, welches im Titel der publizierten Positionseinnahme nicht mehr figuriert. 13 In der Publikation wird noch von Qualitäts- und Leistungsmessung gesprochen. Im Laufe der Diskussionen rund um das Positionspapier wurde deutlich, dass der Begriff «Beurteilung» auf mehr Akzeptanz bei den betroffenen Akteuren stösst. Er wird daher seither konsequent bevorzugt.
14 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren die sich dazu geäussert haben – praktisch ausnahmslos Zustimmung. Dies ist sicherlich auch der wenig provokativen oder gering innovativen Natur dieser Empfehlungen geschuldet, die für die Operationalisierung noch keine Antwor- ten liefern können, jedoch den Rahmen für einen sinnvollen Umgang mit Beur- teilungsprozeduren klar abstecken. Die SAGW-Politik: Das Positionspapier Der kurz gehaltene Text plädiert dafür, dass auch in den Geisteswissenschaf- ten eine systematische und für Aussenstehende transparente Qualitäts- und Leistungsbeurteilung umzusetzen ist. Im Folgenden werden die von der SAGW postulierten Merkmale einer adäquaten Beurteilung im Einzelnen vorgestellt und mit Kommentaren zu möglichen theoretischen Ansätzen und Anwendun- gen versehen. Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsmessung, – wenn sie auf einer partizipativ ausgestalteten, mehrstufigen Verständigung – über die Qualitätskriterien, über die Evaluationsgegenstände, über die zu beurteilende Organisationseinheit und über die Ziele und die Verwendung der Resultate – beruht. – wenn sie die betroffene scientific community – die Fachgesellschaften – einbe- zieht. – wenn sie die Stärken von peer review und Messung verbindet und Indikatoren nur dazu verwendet, eine informed peer review zu ermöglichen. – wenn sie nachgewiesene Qualität auch sichtbar und zitierbar macht. – wenn sie der Mehrdimensionalität geisteswissenschaftlicher Arbeit Rechnung trägt. Wichtige Leistungsdimensionen sind die Qualität und Reputation von Forschung und Lehre, die Nachwuchsförderung und der Wissenstransfer. – wenn sie die Grenzen der Messbarkeit anerkennt – etwa mit Blick auf die zeitlich verzögerte, langfristige Wirkung geisteswissenschaftlicher Forschung. – wenn sie nicht auf Kontrolle, sondern auf Befähigung und Verbesserung abzielt. Beurteilt werden sollen nicht primär Individuen, sondern grössere Einheiten (Institute, Departemente, Fakultäten). (SAGW 2012b: 36)
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 15 Erster Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie auf einer partizipativ ausgestalteten, mehrstufigen Verständigung – über die Qualitätskriterien, über die Evaluationsgegenstände, über die zu beurteilende Organisationseinheit und über die Ziele und die Verwendung der Resultate – beruht. Kommentar: Die Mehrdimensionalität der wissenschaftlichen Aktivitäten wird beispielsweise im Projekt «Measuring Research Output in Communication Science between international benchmarks, cultural differences and social re- levance»14 sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Im Wissen um eine grosse Di- versität in der Ausrichtung von kommunikationswissenschaftlichen Einheiten in der Schweizer Hochschullandschaft veranschaulicht das Projekt sehr gut die Orientierung, die Priorisierung und die Positionierung einer wissenschaftlichen Einheit oder von Instituten. Während sich einige verstärkt auf den Bereich des Wissenstransfers (privat oder öffentlich) konzentrieren, fokussieren andere etwa den Bereich der Weiterbildung oder der Ausbildung (BA oder MA). Abbildung: Examples of profiles. Measuring Research Output in Communication Sciences between benchmarks, cultural differences and social relevance (Ingenhoff 2013) 14 Das Projekt wurde im Rahmen des SUK-Programms 2008–2011 «Mesurer la performance de la recherche» unter der Leitung von Benedetto Lepori (USI) und Diana Ingenhoff (Universität Fribourg) durchgeführt.
16 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Zweiter Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie die betroffene scientific community – die Fachgesellschaften – einbezieht. Kommentar: Die Bedeutung der Fachgesellschaften für diese Rolle ist unbe- stritten. Es dürfte allerdings illusorisch sein, davon auszugehen, dass die Vor- stellung von Qualität zwischen den Repräsentanten einer einzelnen Disziplin identisch ist. In ihrem Projekt «Entwicklung und Erprobung von Qualitätskrite- rien für die Forschung in den Geisteswissenschaften» haben Michael Ochsner, Sven Hug und Hans-Dieter Daniel (ETHZ) aufgezeigt, dass gemäss den befragten Forschenden (deutsche und englische Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte) vier Typen geisteswissenschaftlicher Forschung einen Referenzrahmen für die Diskussion von Qualitätskriterien bilden. Dabei können die mit den Attributen «modern» und «traditionell» versehenen Forschungskonzeptionen jeweils po- sitiv und negativ konnotiert sein. So wird etwa das positiv konnotierte Konzept der Autonomie im negativ konnotierten Referenzrahmen zur negativ konnotier- ten Isolation. Dieses Modell verdeutlicht sehr schön, dass sich die Forschungs- qualität unter verschiedenen Gesichtspunkten bewerten lässt, und zeigt auf, in- wiefern ein unterschiedliches Forschungsverständnis die Qualitätsbeurteilung innerhalb der scientific communities beeinflussen kann. Abbildung: The four types of humanities research (deut- sche Version der Abbildung von Ochsner et al. 2013: 86)
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 17 Dass jedoch konsensuelle Vorstellungen bezüglich der Wichtigkeit verschie- dener Kriterien in den Geisteswissenschaften sehr wohl existieren, zeigt die folgende Illustration. Die orange gedruckten Kriterien wurden von allen drei wissenschaftlichen Disziplinen als zu berücksichtigende Kriterienkategorien betrachtet, die blau markierten hingegen nur von deren zwei. Interessant ist hier der Mismatch zwischen den Qualitätsvorstellungen der Forschenden und der häufig bei Evaluationen eingesetzten Kriterien. Abbildung: Mismatch der Qualitätsvorstellungen der Forschenden und der häufig eingesetzten Kriterien (leicht abgeänderte Darstellung von Ochsner, Hug & Daniel 2012b: 4) Im Artikel von Ingo Plag «Forschungsrating der Anglistik/Amerikanistik: Ana- lysen und Reflexionen zur Bewertung von Forschungsleistungen in einer Phi- lologie» (Plag 2013) wird deutlich, dass es bei den Beurteilungen der peers der für das Projekt berücksichtigten Dimensionen15 wenig Abweichungen gibt. Le- diglich beim Bewertungskriterium «Transfer» korrelierten die Einschätzungen nicht gleich stark. 15 Beim Projekt des deutschen Wissenschaftsrats zum Forschungsrating wurden die vier Bewertungskriterien Forschungsqualität, Reputation, Forschungsermöglichung und Transfer (mit den jeweiligen Bewertungsaspekten) berücksichtigt. Siehe dazu auch weiter unten.
18 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Dritter Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie die Stärken von peer review und Messung verbindet und Indikatoren nur dazu verwendet, eine informed peer review zu ermöglichen. Kommentar: Ein kurzer Exkurs auf die SAGW-Initiative im Rahmen der quali- tativen Sozialforschung verdeutlicht, inwiefern die Verständigung über die Prä- missen und paradigmeneigenen Gütekriterien zur Beurteilung von Forschung wesentlich ist. Anstoss zur Initiative war u.a. die Einsicht, dass teilweise auch bei der Begutachtung von Projekteingaben beim SNF interessante Projekte auf- grund von deren methodologischem Zugang abgelehnt wurden, da sie den Vor- stellungen der Begutachter und somit deren Qualitätskriterien nicht entspra- chen16. Das folgende Zitat unterstreicht daher den Grundsatz der notwendigen Verständigung, welche Kriterien für eine Beurteilung als adäquat gelten können: Jede Qualitätsbeurteilung einer qualitativen Studie muss die Prämissen, auf denen die Studie beruht, berücksichtigen. Jedes qualitative Forschungsprojekt muss anhand des ihm zugrunde liegenden Paradigmas beurteilt werden. (SAGW 2010: 20) Die informed peer review kennt viele Befürworter17, kann sich jedoch in einem nicht angemessenen Rahmen auch als problematisch erweisen. In der vom Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat (SWTR, heute SWIR) 2013 veröffentlichten Studie «Leistungsmessung und Qualitätssicherung in der Wis- senschaft»18 wies deren Hauptautorin Sybille Reichert etwa darauf hin, dass sich zentrale Probleme der peer review in der Anwendung der informed peer review sogar verstärken können. Zum einen erklärt sich das durch einen immer häufiger beobachtbaren Rekurs auf «zeitsparende Überblicksoutputdaten» (SWTR 2013: 37) zur Bewältigung der Fülle an Einzelinformationen in einer kontinuierlich zunehmenden Evaluationsmaschinerie, zum anderen durch die Tatsache, dass sich die peers «immer häufiger mit Evaluationsgegenständen jenseits ihrer ei- gentlichen disziplinären Expertise beschäftigen» (ebd.) müssen. 16 Die Vorliebe der peers für vertraute Forschungsdesigns und Zugänge wurde bereits in mehreren Studien belegt (vgl. Lamont und Huutoniemi 2011: 47). 17 Aus den Rückmeldungen zum Positionspapier ist uns etwa bekannt, dass die Universität Zürich alle 6 Jahre erfolgreich eine solche fachinterne Diskussion auf der Basis einer informed peer review durchführt, unter Einschluss des Nachwuch- ses und von Studierenden und sodann Gesprächen mit peers sowie schliesslich mit Funktionsträgern der Universität. 18 Diese äusserst interessante und gehaltreiche Publikation wird weiter unten noch etwas erweitert vorgestellt.
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 19 Vierter Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie nachgewiesene Qualität auch sichtbar und zitierbar macht. Kommentar: Dieses Unterfangen stellt die Geistes- und Sozialwissenschaften so- wie die Evaluationsexperten vor eine grosse Herausforderung. Nicht einzig die Kriterien müssen festgelegt werden, es müssen auch anwendbare Instrumente entwickelt werden. Das bedingt zum einen eine Selbstverständigung innerhalb der einzelnen Disziplinen, aber auch eine Akzeptanz und Bereitschaft, bei der Operationalisierung allfällige Nuancen ausblenden zu müssen. Das SUK-Folge- programm der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten «Performances de la recherche en sciences humaines et sociales» verfolgt das Ziel, angemes- sene Instrumente für eine Beurteilung der Forschungsleistung, die auch einen internationalen Vergleich ermöglichen, zu entwickeln, wobei «das Programm den Fokus spezifisch auf diejenigen Instrumente [legt], die es erlauben, die For- schungsleistungen hervorzuheben – sichtbar zu machen – und die für die Uni- versitäten und Fakultäten von Nutzen sein werden» (CRUS 2014, http://www. swissuniversities.ch/de/themen/forschung/suk-programme/). Die im Programm eingeschlossenen Projekte sollen allgemein zur besseren Sichtbarmachung geis- tes- und sozialwissenschaftlicher Forschung beitragen. Fünfter Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie der Mehrdimensionalität geisteswissenschaftlicher Arbeit Rechnung trägt. Wichtige Leistungsdimensionen sind die Qualität und Reputation von Forschung und Lehre, die Nachwuchsförderung und der Wissenstransfer. Kommentar: Die vier Leistungsdimensionen, die hier im Positionspapier Ein- gang gefunden haben, wurden in Anlehnung an das Forschungsrating des Deut- schen Wissenschaftsrats definiert. Bei diesem Grossprojekt wurden anhand der Fachgesellschaften der Chemie, der Soziologie, der Elektrotechnik sowie der Anglistik die vier Leistungsdimensionen einbezogen, die auch unter dem Begriff «Bewertungskriterien» bekannt sind. Diese werden wiederum in Bewertungsas- pekte aufgeteilt, welche wiederum mit dem Hinweis zur Art der Information operationalisiert werden.
20 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Bewertungsmatrix des Forschungsratings des Wissenschaftsrats (2004) Forschungsdimension Kriterium Bewertungsgrundlage (Auswahl) I. Forschung 1. Qualität z.B. Forschungsprodukte, begutachtete Dritt- mittel, wissenschaftliche Kooperationen 2. Effektivität z.B. Qualitätsgewichtete Publikationszahlen, ggf. Zitationsindikatoren 3. Effizienz Zähler: Qualitätsgewichtete Publikationszahlen, Nenner: Zahl der Wissenschaftler, eingesetzte Mittel inkl. Drittmittel II. Nachwuchsförderung 1. Prozesse der Nachwuchs- z.B. strukturierte Promotionsprogramme, extern förderung finanzierte Stipendien 2. Erfolg der Nachwuchs- z.B. Verbleib von Promovierten, Post-Dokto- förderung randen, Publikationen von Nachwuchs-wissen- schaftlern III. Wissenstransfer 1. Relevanz Forschungsprodukte, Kooperationen 2. Wirtschaftliche Umsetzung z.B. Industriemittel, Lizenzen, Firmen- gründungen, Kooperationen 3. Fort- und Weiterbildung Beschreibung von Fort- und Weiterbildung- sangeboten 4. Forschungsbasierte Beschreibung von forschungsbasierten Beratung, Wissenschafts- Beratungsleistungen und Aktivitäten der Wis- kommunikation senschaftskommunikation Anmerkung. In Anlehnung an: Wissenschaftsrat (2004), Empfehlungen zu Rankings im Wissenschaftssystem. Teil 1: Forschung, Köln: Wissenschaftsrat, S. 48–49. Abbildung: Zusammenfassung der Bewertungsmatrix des Forschungsratings Anglistik (Ochsner et al. 2012a: 161/162) Sechster Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie die Grenzen der Messbarkeit anerkennt – etwa mit Blick auf die zeitlich verzögerte, langfristige Wirkung geisteswissenschaftlicher Forschung. Kommentar: Die Grenzen der Messbarkeit werden gerade bei der Lektüre der SWTR-Schrift 3/2013 «Leistungsmessung und Qualitätssicherung in der Wis- senschaft. Zielgerichteter und vernünftiger Einsatz von Leistungsmessung und Evaluation in der Wissenschaft – Zehn Thesen» gut sichtbar. Die Publikation bezieht sich im Gegensatz zum Positionspapier der SAGW auf sämtliche Dis- ziplinen und stellt die Beurteilung der Forschung stark in den Vordergrund. Neben einer konzisen Problemstellung, einer kurzen Historie der Forschungs- bewertung und Ansatzmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation stellt der Wissenschaftsrat 10 Thesen zur Diskussion, die vielerlei Verbindungen zu den Postulaten des SAGW-Positionspapiers ermöglichen. Auch der SWIR ist der Meinung, dass quantitative Indikatoren in ihrem Kontext bewertet und als Hin-
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 21 tergrundinformationen zu benutzen seien. Die Akquisition von Drittmitteln – le- diglich ein Element der Leistungsbeurteilung – sei so zu interpretieren, dass sich im Verhältnis zur Grundfinanzierung «ein Gleichgewicht zwischen langfristi- ger Orientierung der Forschung und dynamischer Projektentwicklung einstellt» (SWTR 2013: 8). Die generierten Daten zur Beurteilung müssen im jeweiligen Kontext interpretiert werden. Ergänzend zu den Merkmalen einer adäquaten Beurteilung der SAGW wird etwa darauf hingewiesen, dass eine verbesserte Ex-ante-Auswahl der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und eine lang- zeitige Begleitung effizienter sein dürften als etablierte Methoden der Ex-post- Bewertung zur Qualitätssicherung. Die zehn Thesen der SWTR-Schrift beziehen sich auf: 1. Zeitaufwand 2. Aussagekraft 3. Quantitative Leistungsindikatorik 4. Grundfinanzierung und Drittmittel 5. Nutzen und Frequenz von Evaluationen 6. Nutzung von Evaluationen für die Mittelverteilung 7. Intrinsische Motivation 8. Ex-ante-Selektion und -Begleitung 9. Vertrauen und Gestaltungsfreiheit 10. Ermöglichungskultur An dieser Stelle sei ein Kommentar zum Kommentar erlaubt: Die Notwendig- keit einer vermehrten Fokussierung auf die Ex-ante-Evaluation wird auch im Lichte der aktuell diskutierten Nachwuchsthematik deutlich: Viele der ange- wandten Beurteilungskriterien bei Berufungsverfahren sind widersprüchlich oder zumindest anderen Kriterien gegenläufig19, und oftmals spielt der quanti- tative Output eine nicht unwesentliche Rolle; man denke etwa an die Anzahl Publikationen und die Höhe eingeworbener Drittmittel. Das Postulat für eine 19 Wer etwa nach dem Prinzip der Öffentlichkeit von Wissensinhalten z.B. eine Open-Access-Veröffentlichung im Eigenverlag über eine Publikation in einem renommierten Verlag stellt, tut sich keinen Gefallen; Interdisziplinarität ist oftmals wenig förderlich für ein stark spezialisiertes Profil etc.
22 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren frühe Selektion in der Nachwuchsförderung20 steht zudem einer scheinbar in- flationären Summa-cum-laude-Kultur gegenüber, wobei es sich zu fragen gilt, ob man den Nachwuchsforschenden hilft, wenn man einer Vielzahl von ihnen das Prädikat «exzellent» für ihr zweifelsohne sehr gutes Werk ausspricht21. Die Beurteilung einer Doktorarbeit kann ein wichtiger Indikator sein, ob man in der Einschätzung der Beurteilenden eine weitere akademische Karriere anstreben sollte oder eher nicht. Konsequenterweise sollte eine verstärkte Trennung zwi- schen Betreuung und Beurteilung angestrebt werden, wobei Letztere durch ein erweitertes Evaluationsteam erfolgen sollte22. Siebter Punkt Angemessen ist eine Qualitäts- und Leistungsbeurteilung, – wenn sie nicht auf Kontrolle, sondern auf Befähigung und Verbesserung abzielt. Beurteilt werden sollen nicht primär Individuen, sondern grössere Einheiten (Institute, Departemente, Fakultäten). Kommentar: Die oben angesprochene SWTR-Schrift unterstreicht dieses Postu- lat explizit. Die Häufigkeit von Evaluationen müsste reduziert werden und müsste anlass- und strukturbedingt sein (Krull 2011 in SWTR 2013: 38), wobei auf routinierte und automatisierte Verfahren verzichtet werden müsste (SWTR 2013: 9). Die zunehmende Kontrollkultur müsste einer Ermöglichungskultur weichen, um die kulturelle Praxis der Wissenschaften, von einer vornehmlich intrinsischen Motivation getrieben, nicht zu gefährden (SWTR 2013: 10/11). All- gemein seien Leistungsbewertungen primär für die Selbstreflexionsprozesse der Wissenschaften einzusetzen, die «die innere Qualitätsorientierung unterstützen können» (SWTR 2013: 10). Diese Funktion der Evaluation erachtet die SAGW als einen wichtigen Mehrwert, der in ihrer Ermutigungspolitik einen massgeb- lichen Antrieb darstellt. 20 Siehe dazu den Bericht des Bundesrats zu den «Massnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Schweiz» (SBFI 2014). 21 Das Problem der Notengebung kann nicht auf eine empirische Grundlage gestützt werden. Eine Erklärung dafür und Einschätzungen vom Präsidenten der CRUS zur Notengebung sind zu lesen unter: http://campus.nzz.ch/ studium-generale/wenn-noten-luegen 22 Siehe dazu die relevanten Empfehlungen zum Handlungsfeld Betreuung der Doktorierenden im SAGW-Bericht 2015 «Förderung der Geisteswissenschaften 2017/2020».
Swiss Academies Reports, Vol. 11, No 2, 2016 23 Zwischenfazit: Hypothesen In der Synthese gehen aus dem Positionspapier u.a. vier den Postulaten unter- liegende Hypothesen hervor, die vorwiegend auf eine theoretische und diskur- sive Grundlage gestützt sind, in der Bezugnahme zu den oben angesprochenen Studien jedoch erhärtet werden. Hypothese 1: Für eine angemessene und aussagekräftige Beurteilung der Quali- tät und Leistung wissenschaftlichen Arbeitens müssen die zu berücksichtigen- den Kriterien fächerspezifisch oder fachbereichsspezifisch eruiert werden. Hypothese 2: Qualitäts- und Leistungsbeurteilung erfolgt seit jeher in jedem Fach. Die einverleibten Praxen können verbalisiert und weitgehend durch for- mulierte Kriterien transparent und nachvollziehbar gemacht werden. Hypothese 3: Die Diskussion über Qualität und Leistung in den verschiedenen Disziplinen führt zu einer konstruktiven Verständigung über Standards, Kriteri- en und Ziele und trägt zur Strategiefindung der Ausrichtung und Positionierung eines Fachbereichs bei. Hypothese 4: Skepsis gegenüber solchen Beurteilungen ist verständlich und wichtig. Das Aufzeigen von Grenzen der Messbarkeit – durchaus Bestandteil der Projekte – macht aber auch deren Möglichkeiten deutlich. Diese Hypothesen sollten im Idealfall vonseiten der in diesem Bereich aktiven SAGW-Fachgesellschaften überdacht und schliesslich beurteilt werden. Eine erste Einschätzung konnte am 12. Februar 2014 anlässlich eines für die inter- essierten Fachgesellschaften organisierten Q&L-Workshops vorgenommen wer- den23. Einbezug der Fachgesellschaften Ausgehend von diesen Vorarbeiten forderte die SAGW ihre Fachgesellschaf- ten im Rahmen ihrer Jahresversammlung 2013 zur Partizipation im Q&L-Be- urteilungsprozess auf. 23 Ein kurzer Bericht zum Workshop wie auch die Präsentationen der Experten sind unter www.sagw.ch/quali (Work- shop vom 12. Februar 2014) einsehbar.
24 Qualitäts- und Leistungsbeurteilung in den Geistes- und Sozialwissenschaften: Prinzipien, Ansätze und Verfahren Konkret stellt sich die Akademie dabei vor, dass die Gesellschaften grundle- gende Empfehlungen für die Qualitäts- und Leistungsbeurteilung zuhanden der universitären Evaluationsstellen erarbeiten, die den Eigenschaften und Eigen- heiten der einzelnen Disziplinen Rechnung tragen. Diese Aufgabe bietet ihrer Meinung nach die Chance, sich über die eigenen wissenschaftlichen Standards und Qualitätsmerkmale zu verständigen und allfälligen unerwünschten Ne- beneffekten in bereits praktizierten Evaluationsverfahren (formeller und infor- meller Art) entgegenzuwirken. Das Ziel ist es, dass die zuständigen Stellen über Grundlagen verfügen, in welchem Kontext die Leistung einer Disziplin, eines Fachbereichs oder eines Instituts angemessen zu beurteilen ist. Bei den Überle- gungen der Fachgesellschaften sollen indes trotz dieses Zielkorridors nicht pri- mär die Implementation der erarbeiteten Empfehlungen und deren Integration in bereits bestehende Evaluationsprozesse fokussiert werden – die Aufgabe der Fachgesellschaften besteht in erster Linie darin, bereits bestehende implizite Qualitätsbeurteilungsprozedere und Gütekriterien explizit zu machen und de- ren Relevanz in einer Gesamtschau geistes- und sozialwissenschaftlicher Tätig- keit zu bestimmen. Die auf diesen Aufruf lancierten Projekte werden im zweiten Teil dieses Papiers vorgestellt.
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