JADE HOCHSCHULE 2018 FORSCHUNG & TRANSFER
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INHALT Vorwort.................................................................................................................................................F-3 Forschung an der Jade Hochschule Hören im Alltag Oldenburg ....................................................................................................................F-6 Audiologie, Kognition und Sinnesleistungen im Alter............................................................................F-10 Entwicklung eines akustischen Ohrpassstücks.......................................................................................F-12 Gesund älter werden durch unterstützende Technologien.....................................................................F-14 Verbesserung der psychischen Gesundheit im Dienstleistungsbereich....................................................F-16 Maritime English Language Training Standards......................................................................................F-18 Flood resilient areas by multi-layered safety...........................................................................................F-20 Klimaoptimiertes Entwässerungsmanagement im Verbandsgebiet Emden.............................................F-22 Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst Oldenburg...............................................................F-24 SWARM: Demonstration von Brennstoffzellen-Fahrzeugen....................................................................F-26 Optimierung der Strömungsmechanik von Energiemaschinen mit Riblets..............................................F-28 Wechselwirkung zwischen Windenergieanlagen und Funknavigationssystemen....................................F-30 Auftragschweißen mit einem Hochleistungslaser...................................................................................F-32 TurbuMetric: Teilprojekt Optische 3D-Messtechnik.................................................................................F-36 Objekterkennung und Matching in Farbbildern.....................................................................................F-38 Laufende Forschungsprojekte 2018.......................................................................................................F-41 Kooperative Promotionsverfahren an der Jade Hochschule..........................................................F-44 Transfer an der Jade Hochschule Digitales Planen und Bauen...................................................................................................................F-52 Innovative Hochschule Jade-Oldenburg!................................................................................................F-54 Partizipative Wissenschaft für Region, Kultur, Technik............................................................................F-58 Jade Innovation Accelerator: Agiles Innovationsmanagement in KMUs..................................................F-60 Technologiescouting Innovativ Nordwest...............................................................................................F-62 Gründungsinitiative...............................................................................................................................F-64 Niedersachsen-Technikum.....................................................................................................................F-66 Kontaktdaten Referat Forschung und Transfer..................................................................................68
VORWORT Liebe Leserinnen und liebe Leser, Forschung an Fachhochschulen zeichnet sich sehr Flankiert durch weitere Transferprojekte erhöhen oft dadurch aus, dass sie praxisbezogen ist und der wir so die Sichtbarkeit der Forschung an der Jade Begriff „Auszeichnung“ ist hier durchaus so ge- Hochschule. Man darf getrost davon ausgehen, meint. In einer Zeit, in der der Begriff „Innovation“ dass die Forschungsaktivitäten insgesamt Rücken die (bildungs-)politische Diskussion beherrscht, ist wind spüren werden. Ein Indiz sind stetig steigende die praktizierte Nähe zur Wirtschaft, zur Bürgerge- Drittmitteleinnahmen, die in 2018 dazu geführt sellschaft ein Vorteil für uns. Dabei wird im All- haben, einen neuen Schwerpunkt „Maritime Tech- gemeinen der Begriff „Innovation“ im Sinne von nik und Küstenwirtschaft“ zum Eintrag in die For- „neue Ideen haben und diese in eine wirtschaft- schungslandkarte der Hochschulrektorenkonferenz liche Verwendung umsetzen“ verwendet. Wenn zu beantragen. Die Risiken in dieser Entwicklung man etwas strenger ist, dann sind Innovationen liegen – wie immer – in der Kontinuität projektaus- erst dann entstanden, wenn neue Ideen tatsäch- schreibender Stellen, aber das ist nichts Neues. lich eine erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen, sich also durch eine gewisse Dass es in 2018 gelungen ist, das hochschuleigene Nachhaltigkeit auszeichnen. Wer, wenn nicht wir Promotionsprogramm als Stipendienprogramm an der Jade Hochschule, sollte geeigneter sein, „Jade2Pro 2.0“ fortzuführen, ist besonders be- gute Ideen und neue Anwendungen in die Öffent- merkenswert. Die Fachhochschulen in der Bundes- lichkeit zu tragen? republik, die ein derartiges Angebot bereithalten, lassen sich an zwei Händen abzählen. Der Transfer gehört untrennbar mit der praxisbezo- genen Forschung zusammen. Unter diesen Aspek- Insgesamt dürfen wir optimistisch sein, dass wir ten liegt ein sehr erfolgreiches Jahr 2018 hinter Ende 2019, im zehnten Jahr der Gründung unserer uns. Die Jade Hochschule – in einem Boot sitzend Hochschule, auf eine erfolgreiche erste Dekade der mit der Universität Oldenburg – war in der Pro- Jade Hochschule zurückblicken werden. grammausschreibung „Innovative Hochschule“ der Bund-Länder-Initiative als einzige Einrichtung in Niedersachsen erfolgreich. In den nächsten fünf Jahren wird die „Innovative Hochschule Jade-Ol- Prof. Dipl.-Ing. Thomas Wegener denburg“ sichtbare Erfolge erzielen. Vize-Präsident für Forschung, Technologietransfer, Gleichstellung und Weiterbildung F-3 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
HÖREN IM ALLTAG OLDENBURG (HALLO) Fünf Jahre hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Au- diologie, Ingenieurwissenschaften, Medizin, Psychologie und Versor- gungsforschung, um das Alltagserleben hörgeschädigter Menschen genauer zu untersuchen. Alle Beteiligten im Forschungsschwerpunkt HALLO verband eine ganzheitliche Betrachtung von Schwerhörigkeit und das Ziel, die Hörrehabilitation durch verfeinerte Methoden und genauere Kenntnis des Höralltags weiter zu verbessern. Interdisziplinarität war im Forschungsschwerpunkt anstrengend sie das Zuhören für unterschiedliche HALLO keine bedeutungsleere Vokabel, sondern Pegel von Sprache und Störgeräusch empfinden. gelebte Praxis. Nur so konnten aus 15 Teilprojekten mehr als 100 wissenschaftliche Beiträge entstehen, Erfassung des Höralltags die in der Fachöffentlichkeit und darüber hinaus In der realen Welt gelten bekanntlich keine La- diskutiert werden. Sie befassen sich mit verschie- borbedingungen. Um abzuschätzen, welche denen Themenkomplexen. Doch immer geht Herausforderungen der Alltag für die sprachliche es darum, Hören im Alltag – aus verschiedenen Kommunikation birgt, wurde eine Art Kataster Perspektiven, in mehreren Dimensionen, bei Nor- erstellt. Orte, Situationen und Aktivitäten sind hier mal- und Schwerhörigkeit – zu beschreiben und nach akustischen Merkmalen charakterisiert und im Abgleich mit theoretischen Modellen und dem der subjektiven Hörwahrnehmung älterer Men- internationalen Kenntnisstand zu beurteilen. Einige schen mit leichter bis mittlerer Hörminderung Arbeiten und Ergebnisse seien im Folgenden vor- zugeordnet. Methodisch erweiterte HALLO damit gestellt. Die Vielfalt der Inhalte bleibt weiterhin auf einen Ansatz, der in der Psychologie entwickelt der Website unter https://tgm.jade-hs.de/projekte/ wurde und als Ecological Momentary Assessment hallo/ zu entdecken. (EMA) bezeichnet wird. Die Besonderheit dieses Verfahrens ist, dass Probanden ihre momentan er- Höranstrengung als neue Messgröße lebte Situation bewerten anstatt, wie in konventio- Personen mit einer Hörminderung berichten häu- nellen Fragebögen, auf das Erlebte zurückblickend. fig, dass das Zuhören sie anstrengt und sie in der Folge rasch ermüden. Obwohl Höranstrengung in Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, ein Messpro- der subjektiven Wahrnehmung präsent ist, konn- tokoll außerhalb des Labors in faktisch unkon- te sie in der Hörgeräteversorgung bisher nicht trollierten Alltagsumgebungen so umzusetzen, systematisch berücksichtigt werden. Es fehlte eine dass belastbare Ergebnisse erzielt und die Anfor- praxistaugliche Messmethode. In HALLO wurde mit derungen des Datenschutzes und einer einfachen dem Projektpartner Hörzentrum Oldenburg GmbH Handhabung erfüllt werden. Diese Aufgabe wurde ein solches Verfahren entwickelt. Bei der adaptiven in HALLO in einem mehrstufigen Entwicklungs- Höranstrengungsskalierung ACALES, so der Name prozess für ein Smartphone-basiertes EMA-System dieses automatisierten Tests, bewerten die Proban- gelöst (Abbildung 1). Das subjektive Empfinden den unter kontrollierten Laborbedingungen, wie der jeweiligen Alltagssituationen wurde durch F-6 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG regelmäßig präsentierte Fragebögen erfragt und Regel von morgens bis abends. Für eine Vielzahl die objektiven akustischen Bedingungen durch von Alltagssituationen wurde in diesen Feldstudi- technische Analysen fortlaufend mitgeschrieben. en u. a. das Verstehen von Sprache und die damit Um die Privatsphäre zu schützen, wurden aus- verbundene Anstrengung, die Lautheit und Ange- schließlich Parameter gespeichert, die nicht auf das nehmheit der Schalle sowie die Wichtigkeit guten gesprochene Wort rückschließen lassen. Verstehens erhoben. Dabei interessierte nicht nur die statistische Betrachtung der Gesamtdaten, sondern auch die sehr differenzierte Analyse von Einzelereignissen. Ein kleiner Ausschnitt von EMA- Daten eines Studienteilnehmers ist in Abbildung 2 gezeigt. Im Zeitverlauf sind Schallpegel und spekt- rale Charakteristika mit den zugehörigen subjekti- ven Bewertungen dargestellt. gemittelte Kohärenz 1 0.5 0 -0.5 on n alk hre nt es tfa es ura Abb. 1: In HALLO wurde ein mobiles EMA-System verwen- rte n/B ns tig o mi t ns tig sta rty rty Ga So Au So Re Pa Pa det. Es besteht aus einem Android-Smartphone, einer externen Wichtigkeit Soundkarte und zwei Mikrofonen, die in Hörgeräteschalen ver- Sprachverstehen baut sind (keine Hörgerätefunktionen). Das Smartphone fun- Höranstrengung Lautheit giert als Rechnereinheit, auf der komplexe Signalverarbeitungs- module und ein digitaler Fragebogen implementiert sind. Es 8k PSD (links) -60 werden keine Tonaufnahmen gespeichert. 4k -70 Frequenz [Hz] 2k -80 1k Manchem technikverwöhnten Nutzer mag diese 500 -90 Realisierung auf den ersten Blick einfach erschei- 250 -100 nen. Tatsächlich aber handelt es sich um eine 125 90 -110 in der Fachwelt viel beachtete Entwicklung mit dB SPL 70 RMS Pioniercharakter. Die komplexe Verarbeitung von 50 Stereosignalen aus zwei Mikrofonen ermöglicht 30 18 :00 19 :00 20 :00 21 :00 22 :00 23 :00 die fortlaufende Beobachtung sowohl der Raum- Abb. 2: EMA-Daten eines Studienteilnehmers für einen Zeit- akustik als auch der Eigensprache der Person, die ausschnitt von sechs Stunden. Von unten nach oben: Schall- das System trägt. HALLO legte den Grund dafür, druckpegel (RMS), Schallenergie in Frequenzbändern zwischen 125 Hz und 8 kHz (PSD), Situationen mit den zugehörigen Be- dass die Jade Hochschule - im Wettbewerb mit wertungen der Hörqualitäten (Symbolgröße kennzeichnet die renommierten Forschungseinrichtungen aus aller Ausprägungsstärke) und die reale Kohärenz als Maß für die Welt - eine Projektausschreibung des International Übereinstimmung der am linken und rechten Ohr ermittelten Parameter. Research Consortiums für sich entscheiden konnte. US-amerikanische Forscher verwenden mittlerweile Eines der wichtigsten Ergebnisse aus diesen Feld- zentrale Komponenten des EMA-Systems. Weitere studien sind die Unterschiede in der Bewertung Absprachen mit britischen und schwedischen Inter- von Sprachverstehen und Höranstrengung. Der essenten sind weit gediehen. Zusammenhang von komplexer Akustik, Motivati- on und Höranstrengung, der in einem prominen- Insgesamt 47 Oldenburger Proband_innen nutz- ten theoretischen Modell behauptet und bisher nur ten das EMA-System jeweils über vier Tage, in der in Labormessungen zu untersuchen war, konnte F-7 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
in diesen Feldstudien bestätigt werden. Besonders nachbilden zu können. In ähnlicher Weise wurde aufschlussreich sind die unterschiedlichen Be- auch die akustische Wirklichkeit anderer All- wertungen der Höranstrengung in jenen Alltags- tagsszenarien für verschiedene Hörexperimente situationen, in denen die Motivation zuzuhören simuliert. Diese Hörexperimente hatten nur noch hoch und gleichzeitig ein nahezu perfektes oder wenig mit konventionellen Sprachtests gemein, die perfektes Sprachverstehen erreicht wurde. Die meist eine getreue Wiedergabe von Worten und Abbildung 3 basiert auf ausgewählten Daten der Sätzen verlangen. Eine Fähigkeit also, auf die es EMA-Feldstudien. Die Studienteilnehmer wollten im wirklichen Leben nur in den seltensten Fällen und konnten dem gesprochenen Wort praktisch ankommt. An ihrer Stelle wurden einfache, kurze vollends folgen, in akustisch schwierigen Bedin- Texte eingesetzt, die im Tonstudio der Hochschule gungen allerdings um den Preis deutlich erhöhter eingesprochen worden waren. Ob die Probanden Anstrengung. Dieses Ergebnis legt eine praxisrele- den Inhalten folgen konnten, wurde mit diversen vante Schlussfolgerung nahe: Höranstrengung ist Fragekatalogen geprüft. Auch in diesen Versuchen auch im Alltagserleben eine eigenständige Wahr- fand das Konstrukt Höranstrengung besondere Be- nehmungsdimension, die zusätzlich zum Sprach- achtung. Stress und Anstrengung gehen bekannt- verstehen in der Hörrehabilitation berücksichtigt lich mit physiologischen Körperreaktionen und werden sollte. Bewegungen einher. Deshalb wurden die Kopfbe- wegungen mit einem hochgenauen 3D-Tracking- System erfasst sowie Hautleitwert und Herzrate für eine Analyse aufgezeichnet. Ergänzt um kognitive Testverfahren lieferten diese Versuchsreihen wich- tige Bausteine, um den Standort verschiedener ob- jektiver Methoden der Höranstrengungsmessung auf der langen Wegstrecke von der Grundlagen- forschung zum Praxistest besser zu bestimmen. Schwerhörigkeit als gesellschaftliche und sozi- ale Herausforderung Rund 16 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben Hörverluste, die die WHO-Definition für Schwerhörigkeit erfüllen. Nach den Hochrechnun- gen in HALLO wird sich dieser Anteil aufgrund der Abb. 3: Bewertung der Höranstrengung in unterschiedlich lau- ten Alltagssituationen. Gutes Hören war in jedem der insge- erwarteten demographischen Entwicklung zukünf- samt 1.213 Fälle wichtig und Sprache wurde fast vollständig tig um etwa ein Prozent pro Jahrfünft weiter erhö- oder vollständig verstanden. Die Fehlerbalken bezeichnen das 95%-Konfidenzintervall. hen. Geringgradige Ausprägungen überwiegen. Doch erleben immerhin 10 bis 12 Millionen Er- Alltagsszenarien im Labor wachsene einen durch Schwerhörigkeit geprägten Verkehrs- und Mobilitätssituationen erwiesen Höralltag – als direkt Betroffene. Da Schwerhörig- sich in der Auswertung von rund 3.000 digitalen keit in die sozialen und familiären Beziehungssys- EMA-Fragebögen als überdurchschnittlich anfor- teme hineinwirkt, sind indirekt noch deutlich mehr dernd. Deshalb wurden Multikanal-Tonaufnahmen Menschen von Schwerhörigkeit betroffen. Aus innerhalb eines im Stadt- und Autobahnver- diesem Grund befasste sich HALLO in mehreren kehr fahrenden PKWs erstellt, um diese Situati- Teilprojekten mit den sozialen Auswirkungen von on im Wellenfeldsynthese-System (WFS) variabel F-8 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG Schwerhörigkeit und der derzeitigen Versorgungs- entwickelt, um hörbedingte Kommunikations- struktur. schwierigkeiten und daraus resultierende psycho- soziale Belastungen reduzieren zu können. So wurden Menschen mit einer Hörbeeinträch- tigung sowie ihre Lebenspartner getrennt inter- Im Ganzen betrachtet ermöglichte der Forschungs- viewt, um das Alltagserleben einer Hörstörung schwerpunkt HALLO Wissenschaftler_innen ver- aus zwei Perspektiven zu erfassen. Die qualitative schiedener Disziplinen sich mit längerem Atem und Auswertung dieser Interviews deckte u.a. auf, in in eng verzahnter Kooperation relevanten For- welchen Bereichen die Einschätzungen direkt Be- schungsfragen zu widmen und den wissenschaftli- troffener und der Bezugspersonen übereinstimmte chen Nachwuchs weiter zu fördern. Sein Abschluss oder kontrastierte. Oftmals gingen die Meinungen markiert jedoch in mancher Hinsicht zugleich einen auseinander. Das Beispiel in Abbildung 4 zeigt die Anfang. Schließlich werden zentrale Arbeiten und Antworten auf die Frage, ob die Bezugsperson seit Analysen in diversen Anschlussprojekten fortge- Kenntnis der Hörminderung verständlicher spricht. setzt. Die Studienteilnehmer mit Schwerhörigkeit gaben Projektleitung: Prof. Dr. Inga Holube (Sprecherin) SubjectClass Bewertung Prof. Dr. Jörg Bitzer Personen mit Hörminderung Bezugspersonen trifft voll zu trifft zu Prof. Dr. Frauke Koppelin trifft eher zu trifft eher nicht zu trifft nicht zu Prof. Dr. Thomas Luhmann trifft überhaupt nicht zu Prof. Dr. Karsten Plotz Prof. Dr. Frank Wallhoff Beteiligte: Dipl.-Ing. Anna Maria Helle Dipl.-Psych. Bernd Müller-Dohm Dr. Petra von Gablenz Seit die Hörminderung bekannt ist, spricht die Bezugsperson verständlicher Sven Kissner, M.Sc. Abb. 4: Sprechweise der Bezugsperson nach Einschätzung der Miriam Kroop, B.Eng. Personen mit Hörminderung und der jeweiligen Bezugsperso- nen. Gespiegelte Aussagen in getrennt geführten Interviews mit Sybille Seybold, M.P.H. 38 Personen. Menno Müller, M.Sc. Laufzeit: 0/2012 bis 06/2018 überwiegend ablehnende Antworten, während Fördersumme: 1.007.320 Euro die Bezugspersonen tendenziell der Ansicht waren verständlicher zu sprechen. Förderung als Schwerpunkt angewandter Forschung und Entwicklung sowie von Graduierten (FSP-Pro) aus Ferner bestätigten sich langjährige Forschungs- dem Niedersächsischen Vorab der Volkswagen-Stiftung ergebnisse, dass manchen Personen mit einer Kooperationspartner: Carl von Ossieztky Universität Hörstörung mit einer rein technischen Versorgung Page 1 Oldenburg, Leuphana Universität Lüneburg, Universität allein nicht befriedigend gedient ist. Sie bedürfen Bremen, Evangelisches Krankenhaus Oldenburg, Fraun- zusätzlich eines Kommunikationstrainings und hofer IDMT, HörTech gGmbH, Hörzentrum Oldenburg, psychosozialer Unterstützungsangebote, um die National Acoustic Laboratories Australien, Sonova AG hörbasierte Lebensqualität nachhaltig zu steigern. Im deutschsprachigen Raum besteht allerdings ein Mangel an derartigen Angeboten. Vor diesem Hin- tergrund wurde ein Kommunikationstraining für Personen mit Hörstörung und ihre Bezugspersonen F-9 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
AUDIOLOGIE, KOGNITION UND SINNESLEISTUNGEN IM ALTER (AKOSIA) Zur Erweiterung Ihrer Expertise im Bereich audiologischer Fragestel- lungen um neuropsychologische und altersbedingte Inhalte erhielt Prof. Dr. Inga Holube eine Förderung aus dem Programm Forschungs- professur Fachhochschulen (FH!). Der Schwerpunkt lag auf der Auswahl von Verfahren, die kognitive, sensorische und motorische Fähigkeiten messen und Bedingungen für eine erfolgreiche Hörrehabilitation mög- licherweise besser erkennen lassen. Das erarbeitete Methodeninven- tar setzte wichtige Impulse für weitere Forschungsarbeiten und Ko- operationen. Aufgrund des demografischen Wandels in Erweiterung des bisherigen Inventars beinhaltet es Deutschland nimmt der Anteil älterer Menschen kognitive Tests, die z. B. das Gedächtnis, sprach- mit sensorischen, kognitiven und motorischen liche Fähigkeiten, Wortschatz, Aufmerksamkeit Einschränkungen zu. Dieser Entwicklung wird in sowie Verarbeitungs- und Reaktionsgeschwindig- der Audiologie Beachtung geschenkt indem die keit überprüfen. Weitere Methoden analysieren die kognitiven Fähigkeiten der Untersuchungsteil- Feinmotorik der Hände und Arme, den Tastsinn, nehmer, Patienten bzw. Hörhilfen-Nutzer ebenso die Fingerfertigkeit, sowie das Gleichgewicht, Kör- berücksichtigt werden wie die über das Hörvermö- perschwankungen und verschiedene Aspekte des gen hinausgehenden Sinneseinschränkungen, z. B. Sehvermögens. im Sehvermögen. Die Forschungsprofessur wählte einen multidisziplinären Ansatz, um audiologische Die Methoden wurden in drei Forschungsthemen Fragestellungen mit einem erweiterten Methoden mit unterschiedlichen Fragestellungen eingesetzt. inventar zu bearbeiten. Dabei wurde untersucht, Im Thema „Alltagsanalyse“ wurde ein smartpho- auf welche Weise und in welchem Maß kogniti- ne-basiertes Aufnahmesystem, das von Proban- ve, sensorische und motorische Fähigkeiten das den im Alltag getragen wurde, verwendet. Mit Sprachverstehen und die Höranstrengung unter dem System wurden subjektive Bewertungen und verschiedenen alltagsrelevanten Bedingungen objektive Parameter der Hörsituationen erfasst. sowie den Rehabilitationserfolg mit technischen Zur Beschreibung des Rehabilitationserfolgs mit Hörhilfen beeinflussen können. Hörgeräten (Forschungsthema „Rehabilitation“) wurde der Zusammenhang zwischen der Hör- Zur Umsetzung der Forschungsprofessur wurde ein gerätenutzung und den Faktoren Hörvermögen, Testsystem aufgebaut und verschiedene Metho- Feinmotorik, Tastsinn, Sehvermögen sowie Technik- den recherchiert, beschafft, implementiert, evalu- bereitschaft erforscht. Zusätzlich wurde die Nutzer- iert und etabliert. Die Tests umfassen Fragebögen freundlichkeit von Hörgeräten im Hinblick auf die mit Fragen zu den Themen Hören, Kognition, Fingerfertigkeit und die Nahsehschärfe analysiert Technikbereitschaft und -nutzung sowie allgemei- und der Zusammenhang zwischen Techniknutzung ne Anamnese und sozio-ökonomischer Status. der Proband_innen mit deren altersabhängigen Ergänzt wurden die Fragebögen durch Testverfah- sensomotorischen und kognitiven Fähigkeiten ren des Hörvermögens und des Sprachverstehens ermittelt. Zur Umsetzung des Forschungsthemas in verschiedenen Hörsituationen. Als wesentliche „Komplexe Hörsituationen“ wurde unter ande- F-10 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG rem mit Hilfe eines Systems mit vielen Lautspre- sorische Faktoren erfolgreichen Sprachverstehens“ chern komplexe Hörsituationen im Labor erzeugt, untersucht. Bestehende Kooperationen unter in denen das Sprachverstehen untersucht wur- anderem mit dem Exzellenzcluster Hearing4All der de. Diese Arbeiten schlugen eine Brücke von der Universitäten Oldenburg und Hannover sowie der Grundlagenforschung zur anwendungsorientierten Medizinischen Hochschule Hannover wurden wei- Forschung, indem sie eine Vielzahl von Methoden ter intensiviert und der EFRE-geförderte „Innovati- prüften und jene identifizierten, die nach dem onsverbund für integrierte, binaurale Hörsysteme“ Stand der Forschung als standardisiert und charak- neu auf den Weg gebracht. terisierend anzusehen sind. Insgesamt führte die Forschungsprofessur zu einer umfangreichen Erweiterung der inhaltlichen Exper- tise, die sich nicht nur positiv auf die Akquise von Forschungsprojekten, die Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen bzw. der Industrie und die Publikationsleistungen auswirkte. Ebenso berei- cherte sie die studentische Lehre nachhaltig. Projektleitung: Prof. Dr. Inga Holube Beteiligte: Dr. Alina Baltus Dipl.-Psych. Ralf Heindorf Theresa Nüsse, M.Sc. Dr. Anne Schlüter Dr. Rike Steenken Annäus Wiltfang, B.Eng. Laufzeit: 01/2014 bis 02/2018 Fördersumme: 299.800 Euro Förderung durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur aus Mitteln des niedersächsi- schen VW-Vorab der VolkswagenStiftung Alina Baltus und Annäus Wiltfang während einer Probe messung des Gleichgewichts mit Hilfe des Vertiguard-Systems (Sensorgürtel, der Längs- und Querbewegungen dokumentiert und analysiert). Im Rahmen der Forschungsprofessur wurden mehrerer Projektkooperationen angestoßen, die das Methodeninventar in umfangreichen Pro- bandenuntersuchungen einsetzten, darunter ein durch Drittmittel der Firma Sonova AG finanziertes Forschungsprojekt, das „Kognitive und multisen- F-11 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
ENTWICKLUNG EINES AKUSTISCHEN OHRPASSSTÜCKS Trotz vieler Verbesserungen ist die Klangqualität von Hörgeräten bis- her nicht zufriedenstellend. Gesamtziel des Projekts ist es zu erreichen, dass mit Einfügen eines Hörsystems in den Gehörgang die Hörwahr- nehmung nicht verändert wird (akustische Transparenz), jedoch gleich- zeitig eine individuell optimale Hörunterstützung, z. B. durch Störge- räuschreduktion, möglich ist. Das Hörsystem der Zukunft wird als Hörhilfe in ver- den. Am Institut für Hörtechnik und Audiologie der schiedenen Kontexten nicht nur für das patholo- Jade Hochschule wird die akustische Modellierung gische Gehör verwendet werden. Das übergeord- des Ohrpassstückes erarbeitet, die der Vorhersage nete Ziel eines solchen Hörsystems ist es zunächst, akustischer Effekte und deren Veränderung für ver- eine dem offenen Ohr vergleichbare Hörsituati- schiedene Hörgerätedesigns dient, während an on mit der gewünschten Klangveränderung zu der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg an schaffen. Beispiele einer gewünschten Klangver- Signalverarbeitungsalgorithmen geforscht wird. änderung sind die Verstärkung von Signalantei- len, die Regelung der Dynamik und die Reduktion von Störgeräuschen, die an das Hörvermögen der Nutzerin oder des Nutzers und die jeweilige akus- tische Umgebung angepasst werden. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass es nicht zu uner- wünschten Störungen wie z. B. Rückkopplungen oder einer veränderten Wahrnehmung der eigenen Stimme kommt. In bisherigen Lösungsansätzen werden diese Punk- te lediglich unabhängig voneinander betrach- tet, wenn sie überhaupt einbezogen werden. Ein weiteres Defizit war bisher häufig der Ausschluss interindividueller Unterschiede, wenn lediglich künstliche bzw. durchschnittliche Ohrgeometrien herangezogen werden. Diese Beschränkungen sol- Prototyp des Ohrpassstücks mit mehreren integrierten Mikrofo- nen und Lautsprechern: mittig führen Kabel zu elektronischen len in dem Teilprojekt „Akustisches Ohrpassstück Komponenten in den Kanal der Otoplastik, der im Gehörgang mit mehreren Mikrofonen und Lautsprechern zur sitzt; rechts davon findet sich ein weiteres Mikrofon, das sich bei Einsetzen in der Ohrmuschel befindet. kombinierten Entzerrung, Rückkopplungsunter- drückung und Störgeräuschreduktion“ nun über- wunden werden – dazu gibt es viele Aspekte, die In Kooperation mit Wissenschaftler_innen der Uni- in eng verknüpften Arbeitspunkten erforscht wer- versität Oldenburg wurde bereits ein Prototyp mit F-12 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG mehreren Mikrofonen und Miniaturlautsprechern perschall in den Gehörgang, der bei Verschluss des entwickelt. Mit diesem konnten unterschiedliche Gehörgangs insbesondere im Tieftonbereich hör- Methoden zur Vorhersage des Schalldrucks am in- bar wird. Für die elektro-akustische Modellierung dividuellen Trommelfell, zur Schallfeldentzerrung des Okklusionseffektes am individuellen Gehör gibt und Rückkopplungsunterdrückung entwickelt und es einen möglichen Ansatz. Mit diesem und den getestet werden. Im Weiteren sollen zum einen Ergebnissen zur Ankopplung des äußeren Schallfel- Vorhersagen auch für verschiedene Schalleinfalls- des, soll der Okklusionseffekt simuliert und gemes- richtungen äußerer Quellen gelten und zum an- sen werden, um daraus individuelle Schätzungen deren soll der so genannte Okklusions- bzw. akus- für unbekannte Ohrgeometrien ableiten zu kön- tischen Verschlusseffekt durch das Ohrpassstück nen. Sind diese ausreichend genau, kann der Ok- berücksichtigt werden. Mit den daraus gewonne- klusionseffekt zum Ziel einer transparenten Akus- nen Informationen soll dann der Prototyp weiter- tik für den individuellen Träger des Ohrpassstückes entwickelt werden. kontrolliert bzw. unterdrückt werden. Die Ankopplung bisheriger Teilmodelle an das äu- ßere Schallfeld ist der Schritt, der die Gesamtbe- Projektleitung: Prof. Dr. ir. Simon Doclo trachtung einer natürlichen Hörsituation ermög- (Universität Oldenburg) licht. Dabei müssen verschiedene Probleme gelöst Prof. Dr. Matthias Blau werden: zum einen der Erhalt bzw. die Aufnah- Beteiligte: Reinhild Roden, MSc. me der räumlichen Informationen, die den Hörer Dr. Henning Schepker eine gegebene Schallquelle lokalisieren lassen, zum (Universität Oldenburg) anderen die Vorhersage der akustischen Übertra- gungsfunktion von der äußeren Quelle durch den Laufzeit: 02/2018 bis 06/2022 offenen bzw. „versorgten“ Gehörgang zum Trom- Fördersumme: 305.970 Euro melfell. Zum besseren Verständnis richtungsab- hängiger Effekte und der Schallübertragung wer- Web: uol.de/sfb1330/bereich-c- den derzeit mit Hilfe der Finite Elemente Methode anwendung/c1-akustisches- (FEM) zwei- und dreidimensionale Schallfelder für ohrpassstueck/ verschiedene Hörgeräte- und Ohrgeometrien si- Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft muliert. Dem entspricht die Erstellung eines virtu- (DFG) - Sonderforschungsbereich 1330 „Hörakustik – ellen Hörgeräte-Prototypens, dessen formgebende Perzeptive Prinzipien, Algorithmen, Anwendungen“ Parameter zum Erreichen gewünschter akustischer Kooperationspartner: Carl von Ossietzky Universität Eigenschaften angepasst werden können. Ziel die- Oldenburg, Technische Universität München, RWTH ser Vorstudie ist vor allem die optimale Platzierung Aachen, HörTech gGmbH, Fraunhofer Institut für Digi- von Mikrofonen und Lautsprechern bei minima- tale Medientechnologie len richtungsabhängigen Veränderungen der Über- tragungsfunktionen innerhalb des Gehörgangs. Letztlich sollen die schon existierenden elektro- akustischen Modelle um die Vorhersage bei umge- benden Schalleinfall ergänzt werden. Der Okklusionseffekt macht sich beim Hörenden als eine dumpfe Verstärkung der eigenen Stimme bemerkbar. Dabei gelangt über den Knochen Kör- F-13 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
GESUND ÄLTER WERDEN DURCH UNTERSTÜTZENDE TECHNOLOGIEN Regelmäßige körperliche Bewegung kann dem altersbedingten Abbau von Muskelkraft und -masse vorbeugen und somit ein gesundes und selbstbestimmtes Leben fördern. Zudem reduziert die körperliche Akti- vität das Risiko für viele chronische Erkrankungen und wirkt sich posi- tiv auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität aus. Das Präven- tionsforschungsnetzwerk AEQUIPA fördert die Bewegung bei älteren Menschen, die Nutzung neuer Technologien in der Prävention und die gesundheitliche Chancengleichheit. Das Thema „gesundes Altern“ gewinnt aufgrund des Einflusses von Geschlecht, Migration, Wohnort des demografischen Wandels stark an Bedeutung. (Stadt/Land) und dem sozialen Status auf Nutzer- Die körperliche Aktivität gilt hierfür als wichtige akzeptanz und -bedarf von unterstützenden Tech- Bedingung. Trotz der bekannten positiven Effek- nologien. te bewegt sich dennoch nur ein kleiner Teil der äl- teren Menschen in ausreichendem Maß. Neben vorbeugenden Bewegungsprogrammen kann der Einsatz von Gesundheitstechnologien zur Unter- stützung der körperlichen Aktivität wie Schrittzäh- ler und Gesundheits-Apps, das Training effektiv unterstützen. Der positive Einfluss solcher Techno- logien auf die Mobilität konnte bereits belegt wer- den. Unklar ist dennoch, ob dies auch auf ältere Menschen übertragbar ist. Zudem deuten Arbei- ten darauf hin, dass besonders ältere Frauen und Menschen, die in ländlichen Gebieten wohnen, be- stimmte Technologien seltener nutzen. Darüber hi- naus ist über die Erfahrung, den Bedarf und die Die Bewegung im Alltag reduziert das Risiko für viele chroni- Nutzerakzeptanz älterer Menschen mit einem Mig- sche Erkrankungen. rationshintergrund bisher nur wenig bekannt. Zwischen 2015 und 2018 wurden in einer ersten AEQUIPA („Körperliche Aktivität, Gerechtigkeit Förderphase unter anderem anhand einer Inter- und Gesundheit: Primärprävention für gesundes viewstudie mit 33 Personen ab 65 Jahren im Nord- Altern“) ist ein regionales Präventionsforschungs- westen Niedersachsens wichtige Vorarbeiten zu netzwerk, zu dessen Kernthemen die Bewegungs- den Themen „Körperliche Aktivität“ und „Tech- förderung bei älteren Menschen ab 65 Jahren, die nik“ geleistet. Im Vordergrund dieser Studie stan- Nutzung neuer Technologien in der Prävention und den zum Beispiel die Art und der Zeitpunkt der die gesundheitliche Chancengleichheit gehören. Aktivität und die Erfahrungen, Bedenken und Vor- Die Schwerpunkte und Ziele der Jade Hochschule stellungen im Umgang mit technischen Geräten. innerhalb des Projektes liegen in der Untersuchung F-14 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG Im Rahmen des Teilprojektes „TECHNOLOGY“ die Teilnehmenden, die die Messbox und die Erin- sollen in der zweiten Förderphase zwei Techno- nerungs- und Motivationstechnologien über meh- logien entwickelt, ausprobiert und anschießend rere Wochen und Monate ausprobiert haben, durch die Teilnehmenden bewertet werden. Das anhand von Telefon- und Gruppengesprächen dis- OFFIS e.V. entwickelt Erinnerungs- und Motivati- kutiert werden. Im Vordergrund stehen hierbei die onstechnologien, wie unaufdringliche und unauf- individuellen Erfahrungen und abgeleitete Ver- fällig zu integrierende Sensoren, die zusammen besserungsvorschläge. In einer separaten Projekt- mit einem Übungsprogramm und weiteren Gerä- phase werden dann zu einem späteren Zeitpunkt ten wie Smartphones und Tablet-PCs in einer Lang- die unterstützenden Technologien in einer weite- zeitstudie über mehrere Wochen in der eigenen ren Studie für schwer zu erreichenden älteren Ziel- Häuslichkeit von Menschen ab 65 Jahren unter Alt- gruppen, unter anderem Menschen mit einem tagbedingungen ausprobiert werden sollen. Diese Migrationshintergrund, Menschen mit einem nied- Technologien haben zum Ziel, im Alltag an leicht rigen Bildungsniveau sowie Menschen mit geringer zu integrierende körperliche Bewegungen (z. B. Technikaffinität, zur Verfügung gestellt. Stehen auf einem Bein beim Zähneputzen oder beim Kochen) zu erinnern und zu motivieren. Von Projektleitung: Prof. Dr. Frauke Koppelin der Universität Oldenburg soll eine Messbox entwi- ckelt werden, die an zwei Standorten (Universität Beteiligter: Alexander Pauls, M.Sc. und in einem Sportverein) in Oldenburg zum Aus- Laufzeit: 02/2018 bis 01/2021 probieren älteren Menschen zur Verfügung stehen (2. Phase) sollen. Ziel dieser Box ist es, dass die Teilnehmen- Fördersumme: 143.000 Euro den bis zu sechs Monate selbständig die körper- liche Aktivität anhand von zwei aussagekräftigen Web: aequipa.de und technikgestützten Methoden durch die in der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung Box eingebauten Assistenz- und Sensorsysteme und Forschung messen lassen. Kooperationspartner: BIPS GmbH, OFFIS e.V., Carl von Zur Überprüfung und Diskussion der ersten Ideen Ossietzky Universität Oldenburg, Gesundheitswirtschaft fanden Mitte 2018 Gruppengespräche mit insge- Nordwest e.V., Universität B remen, Jacobs University samt 19 Frauen und Männern ab 65 Jahren in der Bremen, TU Chemnitz, TU Dortmund Jade Hochschule und in einem Stadtteiltreff in Ol- denburg statt. Während dieser Gruppengespräche wurden den Teilnehmenden die beiden Technolo- gien anhand von Beispielen und auf Fotos gezeigt und die wichtigsten Funktionen näher erklärt. Ziel war es, die Meinung und Verbesserungsvorschläge abzuleiten und dies den Projektpartnern zur Wei- terentwicklung der technischen Systeme zurückzu- melden. 2019 sind weitere Gespräche durch die Jade Hoch- schule geplant. Hier sollen Menschen mit einem Migrationshintergrund einbezogen werden. Zu- sätzlich sollen die entwickelten Technologien durch F-15 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
VERBESSERUNG DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT IM DIENSTLEISTUNGSBEREICH Angesichts des demografischen Wandels und alternder Belegschaften wird es für Unternehmen immer wichtiger, ihre Beschäftigten gesund zu erhalten. Vielen Unternehmen fällt es aber schwer, sich mit der psychi- schen Gesundheit zu befassen und bisher existieren kaum gut evaluierte Interventionskonzepte für flexible Interaktionsarbeit im Dienstleistungs- sektor. Hier setzt das Verbundprojekt „Flexible Dienstleistungsarbeit ge- sundheitsförderlich gestalten“ (flexigesa) an. Psychische Störungen sind weit verbreitet: Die Stu- In Deutschland sind etwa drei Viertel aller Beschäf- die zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland tigten im Dienstleistungsbereich tätig. Dienstleis- (DEGS) konnte für Männer (18 bis 79 Jahre) eine tungsarbeit zeichnet sich insbesondere durch In- 12 Monatsprävalenz psychischer Störungen von teraktionsarbeit aus, d. h. Arbeit am und mit 22,1 Prozent ermitteln. Bei Frauen lag die Präva- Menschen. Hieraus können sich psychische Belas- lenz mit 33,5 Prozent sogar noch deutlich darü- tungen ergeben, die sich bei wachsendem wirt- ber (Jacobi et al. 2016). Zu ähnlichen Ergebnissen schaftlichem Druck oft noch erhöhen und bei feh- kommen auch Auswertungen anhand der AOK- lenden Ressourcen zu einer Verschlechterung der Versicherten in Niedersachsen im erwerbsfähigen psychischen Gesundheit führen können. Alter (Gerdau-Heitmann et al. 2017). Darüber hin- aus werden psychische Stressoren und Störungen Auch werden viele Beschäftigte bei ihrer Arbeit mit zunehmend im erwerbsbezogenen Kontext wahr- hohen Flexibilitätsanforderungen konfrontiert, wie genommen. Abzulesen ist dies u.a. an häufigeren flexible Arbeitszeiten, atypische Beschäftigungs- psychischen Diagnosen im Arbeitsunfähigkeitsge- verhältnisse, wechselnde Arbeitsorte oder neue schehen und im Rentenzugang wegen verminder- Aufgaben und Kund_innen. Diese Flexibilisierung ter Erwerbsfähigkeit (Robert Koch-Institut 2015). birgt auf der einen Seite Potenziale, wie Zuwäch- se an Arbeitsautonomie und einer mitarbeiterori- entierteren Arbeitszeitgestaltung. Auf der ande- ren Seite weisen empirische Studien darauf hin, dass sich mit der Flexibilisierung von Arbeit ten- denziell auch psychische Arbeitsbelastungen und Gesundheitsrisiken ausweiten (Lohmann-Haislah 2012). Der zu verzeichnende Anstieg psychischer Arbeitsbelastungen wird dabei als eine relevan- te Ursache für zunehmende Arbeitsunfähigkeitsta- ge und Frühberentungen insbesondere aufgrund psychischer Störungen diskutiert (Knoche & So- chert 2013). Diese so genannten F-Diagnosen ge- hen häufig mit relativ langen Arbeitsunfähigkeits- „flexigesa“ nimmt die Gesundheit im Job in den Fokus. dauern einher (je Fall durchschnittlich 35,5 Tage), F-16 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG sodass trotz - im Vergleich zu anderen Krankheits- personalen, sozialen und organisationalen Ge- arten - eher moderaten Fallzahlen ihr Anteil am ge- sundheitsressourcen bei flexibler Interaktionsar- samten Krankenstand mit 16,2 Prozent sehr hoch beit verknüpfen. Dabei steht die Identifizierung ausfällt (Rebscher et al. 2016). Arbeitsunfähigkeits- von gesundheitlichen Ressourcen, Belastungen so- zeiten infolge psychischer Störungen erhalten ge- wie individuellen und kollektiven Bewältigungs- rade auch für Dienstleistungstätigkeiten eine be- mustern bei Beschäftigten und Führungskräften in deutende Relevanz. der flexiblen interaktiven Dienstleistungsarbeit im Mittelpunkt. Mit einer in der Metropolregion Nord- Das Verbundprojekt in der Metropolregion Nord- west durchgeführten Befragung aller ambulanten west (Teile Niedersachsens und Bremen) zielt dar- Pflegedienste und IT-Unternehmen werden auch auf ab, die gesundheitsförderliche Gestaltung fle- die spezifischen Bedingungen in der Region ausge- xibler Interaktionsarbeit im Dienstleistungsbereich wertet. am Beispiel der IT-Services als männlich dominierte Branche und der ambulanten Dienste (ambulante Ziel ist es, Konzepte zur gesundheitsförderlichen Pflege und hauswirtschaftliche Dienste) als weib- Gestaltung zu entwickeln, umzusetzen, zu evaluie- lich dominierte Branche insbesondere im Hinblick ren und auf regionaler Ebene gezielt zu verbreiten. auf die psychische Gesundheit zu verbessern. Bei- Dabei sollen Wege aufgezeigt werden, wie Unter- de Branchen weisen dabei große Unterschiede auf. nehmen und Beschäftigte gesundheitsbezogene IT und Pflege stehen paradigmatisch für Pole des Ressourcen ausbauen und Belastungsquellen redu- relativ breiten Spektrums der (interaktiven) Dienst- zieren können. leistungsarbeit: zum einen die wissensintensive IT- Branche („High-Tech“) und zum anderen die durch Projektleitung: Prof. Dr. Frauke Koppelin Emotionsarbeit geprägte Pflege („High-Touch“). Dr. Sarah Mümken Beteiligte: Dr. Cornelia Gerdau-Heitmann Laufzeit: 02/2018 bis 01/2022 Fördersumme: 505.350 Euro Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung Kooperationspartner: Universität Bremen, Gesundheits- wirtschaft Nordwest e.V., Hanseatische Software-Ent- wicklungs- und Consulting-Gesellschaft mbH Bremen, vacances mobiler Sozial- und Pflegedienst GmbH Wollen psychische Gesundheitsrisiken reduzieren: Das Team des Verbundprojektes „flexigesa“. Das Projekt wird partizipativ und gendersensibel integrierte verhaltens- und verhältnisorientierte Interventionen zur Reduzierung psychischer Ge- sundheitsrisiken mit Konzepten zur Stärkung der F-17 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
MARITIME ENGLISH LANGUAGE TRAINING STANDARDS Kommunikation ist für die internationale Seeschifffahrt von sicher- heitskritischer Bedeutung. Laut Angaben der Internationalen Mariti- men Organisation (IMO) sind über 80 Prozent der berichteten Unfälle und Zwischenfälle auf See auf menschliches Versagen zurückzuführen, und über 30 Prozent dieser Unfälle werden von Sprach- und Kommu- nikationsfehlern verursacht. Das MariLANG-Projekt hat einen auf der Grundlage des europäischen Sprachreferenzrahmens und internatio- naler Bestimmungen einen standardisierten Sprachtest und ein zuge- höriges Lernpaket entwickelt. Die Seeschifffahrt ist ein Schlüsselement der glo- und bietet Dozenten und Lernenden eine Rückmel- balen Wirtschaft, da sie für eine Transportleistung dung zum individuellen Sprachniveau im internati- von fast 90 Prozent des Welthandels verantwort- onalen Vergleich. lich ist. Kaum ein anderer Wirtschaftsbereich ist internationaler aufgestellt als die Seeschifffahrt. Das eLearning-System ist weitgehend selbsterklä- Internationale Besatzungen arbeiten und leben zu- rend und ermöglicht den Lernenden, Übungen sammen auf Schiffen, was jedoch gewisse Risiken über eine Kompetenzmatrix gezielt für bestimmte mit sich bringt. Sprache und Kommunikation sind maritime Bereiche oder für einzelne Register aus- daher von grundlegender Bedeutung für die Schiff- zuwählen (d. h. Lesen, Schreiben, Hören, Sprechen, fahrtsbranche und Maritimes Englisch ist die Ar- Standardphrasen). beitssprache der Seefahrt. Sprachlehrer erhalten zudem die Möglichkeit, sich Im Rahmen eines Erasmus+-Projektes unter der Lei- anhand der umfangreichen Begleitliteratur Ein tung der Jade Hochschule hat die strategische Part- blicke in die Entwicklung des Projektes und dessen nerschaft „MariLANG Maritime English Language Ergebnisse zu verschaffen. Training Standards” es sich zum Ziel gesetzt, einem weltweit einheitlichen Standard der maritimen Fachsprache näher zu kommen. In der dreijährigen Laufzeit (2015 bis 2018) wurde ein Testformat entwickelt, welches sich an andere internationale Sprachtests anlehnt und gleichzeitig den europäischen Sprachreferenzrahmen (CEFR) und maritime Standards berücksichtigt. Simultan zur Entwicklung des maritimen Sprachtests wurde ein eLearning-System entwickelt, das internationa- len maritimen Ausbildungseinrichtungen als offene Bildungsressource (OER) zur Verfügung steht. Das MariLANG nimmt Kurs auf internationalen Standard. MariLANG-Trainingspaket unterstützt zukünftige Seefahrer im Erlernen der nautischen Fachsprache F-18 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG Neben den sieben europäischen Partnern aus Bel- Projektleitung: Dipl.-Übersetzer Peter John gien, Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Slove- nien und Großbritannien wurden auch assoziierte Laufzeit: 09/2015 bis 12/202 Partner aus Fernost in das Projekt einbezogen. Dies Fördersumme: 446.175 Euro ermöglichte nicht nur eine bessere Ermittlung der Web: marilang.eu Validität und Zuverlässigkeit der entwickelten Test- formate und Lernmaterialien, die Einbindung inter- Förderung durch die EU im Programm Erasmus+ „Stra- nationaler Partner verfolgt auch das Ziel, die Ak- tegische Partnerschaften“ zeptanz der entwickelten Inhalte durch Drittländer Kooperationspartner: Centre For Factories of the Future zu erhöhen. Ltd (UK), Nicola Vapstarov Naval Academy (BG), Spina- ker (SI), Antwerp Maritime Academy (BE), 1st Evening Das MariLANG-Projekt wurde vom Projektträger als Vocational Senior High School of Egaleo (GR), South- „sehr gut“ bewertet (93 Prozent). Besonders her- ampton Solent University (UK) vorgehoben wurde in der Bewertung die interna- tionale Ausrichtung über die Partnerinstitutionen hinaus. Asiatische Länder sind von der Schifffahrt von besonderer Bedeutung, da sie über 70 Prozent der Seeleute weltweit stellen. Aus diesem Grund war es für den Projekterfolg wichtig, diese mög- lichst einzubinden. Gelungen ist dies durch meh- rere Workshops auf der internationalen Konferenz für Maritimes Englisch (IMLA-IMEC) sowie einen externen Qualitätsevaluator aus Japan. Nach Durchführung einer internationalen Pilotstu- die steht der entwickelte Sprachtest allen Interes- sierten über die MariLANG-Internetpräsenz (www. marilang.eu) zur Verfügung, auf der sich auch das MariLANG-Trainingspaket befindet (www.mari- lang.eu/moodle). Ein Zugang ist als Gast oder an- gemeldeter Nutzer möglich. F-19 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FLOOD RESILIENT AREAS BY MULTI- LAYERED SAFETY (FRAMES) Seit Jahrhunderten schützen sich die Menschen gegen Sturmfluten und Hochwasser durch technische Bauwerke. Mit einem sich verändernden Klima nehmen die Wetterextreme zu und die technischen Schutzmaß- nahmen geraten an ihre Grenzen. Um die Sicherheit der Menschen in tief liegenden Küstenregionen weiterhin zu gewährleisten, wird im Rahmen von FRAMES die Anwendbarkeit des Prinzips der Mehrebenen-Sicherheit (multi-layer-safety) in 13 Pilotregionen an der Nordseeküste überprüft. Analyse der Mehrebenen-Sicherheit in der Der Schwerpunkt im Pilotgebiet lag 2018 auf ei- Wesermarsch ner akteursbasierte Status-quo-Analyse des Kata- Im vergangenen Jahrzehnt hat im Bereich des strophenmanagements in der Wesermarsch und Hochwassermanagements ein Umdenken stattge- der Erfassung des Wissensstands sowie der Hand- funden. Das Bestreben, 100-prozentige Sicherheit lungsbereitschaft der Bevölkerung am Beispiel zu gewährleisten, ist der Auffassung gewichen, der Gemeinde Butjadingen. Zu letzterem wurde dass trotz technischen Fortschritts beim Küsten- im Frühjahr 2018 eine Umfrage in der Gemeinde schutz und der Küstenentwässerung immer mit durchgeführt, um folgende Fragen beantworten zu einem Restrisiko gerechnet werden muss. Nicht können: zuletzt durch die Implementierung der EU-Hoch- wasserrisikomanagement-Richtlinie und die deut- • Was wissen die Einwohner der Wesermarch licher werdenden Folgen des Klimawandels wurde über die Themen Hochwasserrisiko und Klima- das Sicherheitsdenken durch ein Risikomanage- wandel? mentdenken ersetzt, um auf kommende Extrem ereignisse vorbereitet zu sein. • Über welche Informationskanäle kann ein sol- ches Wissen zielgruppengerecht unterstützt Vor diesem Hintergrund beteiligt sich das Refe- werden? rat Forschung & Transfer der Jade Hochschule aktiv am FRAMES-Projekt und trägt die Verantwortung • Welches Gefahrenbewusstsein haben die Ein- für das länderübergreifende Arbeitspaket Resili- wohner der Wesermarsch? ent Areas und für das deutsche Pilotgebiet We- sermarsch. Zusammen mit den Akteuren aus der • Führt das Wissen über Hochwasserereignisse Wesermarsch wird im Pilotgebiet das Hochwasser und deren mögliche Folgen zu vorbeugendem risikomanagement unter dem Aspekt der Mehr Handeln? ebenen-Sicherheit betrachtet. Im Fokus stehen dabei das Entwässerungsmanagement und der Ka- Die Ergebnisse der Befragung wurden im Septem- tastrophenschutz. Für beide Bereiche sollen mög- ber 2018 im Rathaus Burhave den Einwohnern liche Defizite identifiziert und integrative Lösungs- von Butjadingen im Rahmen einer Posterausstel- ansätze entwickelt werden. lung vorgestellt. Die Bevölkerungsbefragung hat gezeigt, dass die Themen Hochwasserrisiko und F-20 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
FORSCHUNG Klimawandel zentrale politische Handlungsfel- ten Defizite zu entwickeln und diese kurz- bis mit- der sind. Die Mehrheit der Befragten ist der Mei- telfristig in der Wesermarsch umzusetzen. nung, dass der Klimawandel hauptsächlich durch den Menschen verursacht wird. Nur ein Bruchteil der Befragten sieht natürliche Ursachen als Haupt- grund an. Im Hinblick auf die vorgeschlagenen Maßnahmen, wie z. B. das Einholen von Informa- tionen, das Anlegen von Telefonlisten, der Schutz der Inneneinrichtung oder das Zusammenstellen ei- ner Notfallausrüstung, stuften die meisten Befrag- ten die Wirksamkeit der genannten Maßnahmen als hoch und den Aufwand diese Maßnahmen um- zusetzen als gering ein. Die Umsetzungswahr- scheinlichkeit wurde aber stark altersabhängig be- wertet. So nahm die Wahrscheinlichkeit, mit der die Bürger_innen die Maßnahmen im Rahmen der Eigenvorsorge umsetzen würden, mit dem Al- ter signifikant zu. Sowohl die Altersstruktur in den Rückläufern des Fragebogens als auch die Teilneh- mer_innen an der Posterausstellung spiegelten deutlich wider, dass ältere Menschen ein deutlich Das Konzept der mehrebenen-Sicherheit (Multi-Layer-Safety) größeres Interesse an diesen Themen haben als die aus den Niederlanden (Quelle: Waterveiligheid 2009-2015). Jüngeren. Projektleitung: apl. Prof. Dr. Helge Bormann Aus den Ergebnissen der Befragung wurde deut- Beteiligte: Jenny Kebschull, M.Sc. lich, dass die befragten Bürgerinnen und Bürger bereits über ein erhebliches Wissen verfügen, aber Laufzeit: 10/2016 bis 01/2020 die Bereitschaft, daraus vorsorgendes Handeln Fördersumme: 607.810 Euro abzuleiten, stark altersabhängig ist. Jüngere Ein- wohner müssen mehr für diese Themen interessiert Förderung durch die Europäische Union im Rahmen werden. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die des Programms Interreg Vb Bevölkerung nicht ausreichend über die richtigen Kooperationspartner: Provinz Zuid-Holland (NL), Provinz Verhaltensweisen im Katastrophenfall informiert Zeeland (NL), Hochschule Vlissingen (NL), CvO Univer- ist. Dass die jüngere Generation am ehesten über sität Oldenburg, Oldenburg-Ostfriesischer Wasserver- digitale Informationskanäle zu erreichen ist, war band, Universität Gent (B), Provinz Oost-Vlaanderen (B), keine große Überraschung. Kystdirektorat (DK), Kent City Council (UK), The Rivers Trust (UK), National Flood Forum (UK) Auf Basis der Ergebnisse der Befragung arbeitet nun ein Regionalforum, bestehend aus verschiede- nen BOS-Einheiten (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben), darunter Kommunen und der Landkreis Wesermarsch, in der verbleiben- den Projektlaufzeit mit dem Projektteam der Jade Hochschule daran, Lösungsideen für die genann- F-21 JAHRESBERICHT FORSCHUNG UND TRANSFER 2018
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