DER WEG IN DIE GIGABIT GESELL-SCHAFT - WIE NETZAUSBAU ZUKÜNFTIGE INNOVATIONEN SICHERT - Vodafone Institute
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DER WEG IN DIE GIGABIT GESELL- SCHAFT WIE NETZAUSBAU ZUKÜNFTIGE INNOVATIONEN SICHERT Eine Studie der IW Consult GmbH unter Mitwirkung des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation
Inhalt Gigabit für den Pioniergeist 3 Kernergebnisse 4 Wo stehen wir? 6 Warum sollten wir aktiver werden? 24 Wo geht die R eise hin? 35 Was sind die Anforderungen an eine Gigabit-Gesellschaft? 70 Impressum 83
GIGABIT-GESELLSCHAFT Gigabit für den Pioniergeist Grußwort von Hannes Ametsreiter Der Countdown läuft. Die Gigabit-Gesellschaft kommt. Die Frage ist nur noch: Wann und wo zuerst? Bereits jetzt liefern sich Städte wie Stockholm, London, Tokyo oder Seoul einen Wettlauf um den inoffiziellen Titel der „ersten 5G-Stadt“. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass Zukunftstechnologien den Austausch von gewaltigen Datenmengen erfordern werden: Seien es per Cloud Dr. Hannes Ametsreiter, verbundene, rasend schnell lernende Roboter, hochkom- CEO Vodafone Deutschland, plexe Fertigungsprozesse oder opulente Virtual-Reality- Mitglied im Executive Committee Spiele. Hier liegen für die Wirtschaft und damit auch für der Vodafone Group die Gesellschaft enorme Potenziale. Den Einfluss von verbesserten Netzen auf die Ökono- mie eines Landes in Zahlen zu fassen, ist ein zentrales Anliegen dieser Studie – und damit ein wirklich neuer Deutschland braucht schnelle Netze. Diese sind nur Ansatz. Den Machern ist es gelungen, Formeln für das möglich durch einen zukunftsorientierten Technologiemix Einhergehen von Breitbandausbau und Anstieg des aus Glasfaser und Koaxialkabel. Dafür muss auch die Bruttoinlandsproduktes zu identifizieren. Zudem zeigt Politik die entsprechenden Grundlagen legen. Ein Gigabit- sich, dass 17 Zukunftstechnologien mit weit überdurch- Netz sind wir schließlich nicht nur der Innovationslust schnittlichen Zahlen an Patentanmeldungen für die unserer Forscher, sondern auch kommenden Generatio- Gigabit-Gesellschaft eine ganz zentrale Rolle spielen nen schuldig. werden. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Deutsche Forscher und Unternehmer haben auf dem Gebiet der Gigabit-Innovationen in den vergangenen Jah- Ihr Hannes Ametsreiter ren einmal mehr viel Pioniergeist bewiesen. Umso unver- ständlicher, dass die momentanen Netzgeschwindigkei- ten in Deutschland im internationalen Vergleich allenfalls Durchschnitt sind und man ernsthaft über Investitionen in das limitierte Vectoring nachdenkt, ohne gleichzeitig die Infrastruktur für eine Gigabit-Zukunft zu schaffen. Europä- ische Nachbarstaaten und Asien setzen bereits voll auf Glasfaser – und Deutschland diskutiert noch über Kupfer. Das darf nicht der Anspruch einer führenden Industrie nation sein. 3
GIGABIT-GESELLSCHAFT Kernergebnisse Der Datenhunger wächst – aber Deutschland ist `` Umgerechnet bedeutet dies, dass eine Erhöhung der bei der Breitbandversorgung nur Mittelmaß derzeitigen Geschwindigkeit in Deutschland um 1 Prozent zu einer Erhöhung des BIP um knapp 2 Milliarden Euro `` Digitalisierung ist ein globaler Wachstumstreiber. Welt- führen würde. weit wird bis 2019 ein Anstieg des Datenvolumens auf 51.794 GB/s (Gigabyte pro Sekunde) prognostiziert – das `` Gerade weil Deutschland beim Glasfaserausbau noch ist mehr als dreimal so viel wie heute. Wettbewerber wie am Anfang steht, sind bei derartigen Investitionen beson- Südkorea, Schweden oder Portugal haben die Zeichen ders große Vorteile zu erwarten. der Zeit erkannt und investieren verstärkt in den Ausbau von Glasfasernetzen. Mit Gigabit-Netzen und Schlüsseltechnologien auf dem Weg in die smarte Welt `` Deutschland belegte Ende 2014 bei der Geschwindig- keit seiner Breitbandanschlüsse mit 12,9 Mbit/s einen `` Vernetzung, Mobilität, Alterung, Individualisierung und Platz im Mittelfeld, während Spitzenreiter Südkorea Sicherheit bestimmen als zentrale Themen die Zukunft der 26,7 Mbit/s erreichte. Gigabit-Gesellschaft. In den hierdurch emporwachsenden Anwendungsmärkten Smart Consuming, Smart Mobility, `` Zukunftssichere reine Glasfaseranschlüsse sind in Smart Energy, Smart Health, Smart Industry und Smart Deutschland kaum vorhanden: Nur 1,3 Prozent aller An- Administration liegen Chancen, aber auch Herausforde- schlüsse basieren auf FTTB/H – in Südkorea sind es fast rungen, die nur durch entsprechende Schlüsseltechnolo- 70 Prozent. Dieser Abdeckungsgrad wird zwar in Europa gien bewältigt werden können. nicht erreicht, dennoch weisen Länder wie Schweden (46 Prozent), Norwegen (31 Prozent) und Portugal `` Im Rahmen der Studie wurden durch Experteninterviews (24 Prozent) deutlich höhere Glasfaseranteile an den und Desk-Research insgesamt 17 Schlüsseltechnologien Breitbandanschlüssen auf als Deutschland. für die Gigabit-Gesellschaft identifiziert: Zu diesen gehö- ren z. B. Kartendienste, Virtual Reality, Cloud-Anwendun- `` Die geringe Verbreitung von Glasfaseranschlüssen in gen, digitale Signaturen, Mensch-Maschinen-Schnittstel- Deutschland kann in absehbarer Zeit zu einem erheb len oder der Bereich der holografischen Visualisierung. lichen Standortnachteil für die hiesige Wirtschaft werden. Ende 2015 verfügten lediglich 59 Prozent der Unterneh- `` Die Patentanalyse hat gezeigt: In diesen 17 Schlüssel- men über Breitbandanschlüsse mit mindestens 50 Mbit/s; technologien wurden zwischen 2006 und 2015 weltweit in ländlichen Regionen waren es sogar nur 29 Prozent. insgesamt 470.000 Patentfamilien veröffentlicht. Dies entspricht einer Erhöhung der Patentaktivität in den Investitionen in die Qualität der Gigabit-Schlüsseltechnologien um 54 Prozent; im selben Breitbandversorgung lohnen sich Zeitraum erhöhte sich die weltweite Patentdynamik über alle Technologiebereiche um lediglich 11 Prozent. `` Investitionen in die Verbesserung der Qualität der Breit- bandnetze und die Erhöhung der Glasfaseranschlüsse `` Deutschland ist in diesen Bereichen bereits Mitte der haben positive volkswirtschaftliche Effekte: Wenn die 1990er Jahre patentaktiv gewesen und erreichte dort im Anzahl der Glasfaseranschlüsse um 1 Prozent steigt, Vergleich zum Rest der Welt bereits sehr früh eine hohe erhöht sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,02 bis Technologiereife. Die hohe Wachstumsdynamik in den 0,04 Prozent – für Deutschland hätte dies einen BIP- Technologiefeldern impliziert zugleich wachsende Anfor- Zuwachs zwischen 600 Millionen und 1,2 Milliarden Euro derungen an die Breitbandinfrastruktur in einer smarter zur Folge. werdenden Welt. Die Patentanalysen zeigen weiterhin: Schlüsseltechnologien zielen oftmals zunächst auf private `` Auch die Leistungsfähigkeit der Breitbandnetze kor- Nutzergruppen. Von hier aus verbreiten sich die Schlüs- reliert positiv und statistisch hochsignifikant mit dem seltechnologien dann in weitere Märkte. Wirtschaftswachstum: Im Durchschnitt der betrachteten Länder geht eine Erhöhung der Durchschnittsgeschwin- `` Diese Anforderungen fallen in den einzelnen Anwen- digkeit um 1 Prozent mit einer Steigerung des BIP von dungsmärkten jedoch recht unterschiedlich aus: Im 0,07 Prozent einher. Bereich Smart Consuming führt die zunehmende Nutzung 4
GIGABIT-GESELLSCHAFT von Videodiensten zu deutlich steigenden Anforderungen trie, Latenz und Stabilität steigen. Echtzeitanwendungen an die Netzinfrastruktur. Während Streamingangebote in Bereichen des autonomen Fahrens, Smart Grid oder vor allem beim Datendownload eine hohe Bandbreite bei webbasierten Geschäftsmodellen sind nur einige Bei- benötigen, erfordert der Einsatz von Video-Services bei spiele, die nach FTTB/H und 5G verlangen. Messenger-Diensten und sozialen Medien zusätzlich auch eine symmetrische Datenverbindung. `` Die Entwicklung hin zu Gigabit-Netzen ist nicht zuletzt durch einen immensen Anstieg des zu verarbeitenden `` Der Markt für Smart Mobility, wie etwa das autonome Datenvolumens getrieben, der sich weiter fortsetzen wird. Fahren, ist vor allem auf geringe Latenzen und eine Deswegen wäre mit dem Erreichen des Ausbauziels der stabile Internetverbindung angewiesen. Hier ruhen die Bundesregierung im Jahr 2018 von mindestens 50 Mbit/s Hoffnungen vor allem auf den neuen Möglichkeiten, die in der Fläche in Deutschland allenfalls ein Etappenziel das 5G-Netz mit sich bringen wird. Auch im Bereich Smart erreicht. Auf diesem Niveau eine Ruhepause einzulegen, Energy ist zu erwarten, dass die Datenvolumen zukünf- käme im internationalen digitalen Standortwettbewerb tig überschaubar bleiben. Sollten aber beispielsweise einem Rückschritt gleich. Selbstversorger-Communities zukünftig ihren Strom in einem Smart Grid „sharen“, dann sind auch hier zur Kraft- `` Eine zukunftsfähige Breitbandausbaustrategie sollte werks- und Netzsteuerung sehr geringe Latenzen und sich daher zumindest mittelfristig an den Bedürfnissen eine hochstabile Netzanbindung zwingend notwendig. der Power-User im Business-Bereich orientieren und die Netze nach deren Bedürfnissen auslegen. Denn gerade `` Im deutschen Gesundheitswesen werden bildgebende von dieser Avantgarde der Unternehmen gehen die ent- Verfahren und Bildverarbeitung zu einem Anstieg des scheidenden Innovationsimpulse zur Entwicklung digitaler übertragenen Datenvolumens und der Bandbreiten- Geschäftsmodelle und zur digitalen Transformation der nachfrage führen. Hier wird die Dynamik aber vor allem Wirtschaft aus. durch strikte gesetzliche Regulierungen ausgebremst, die Wettbewerb und damit innovative Gesundheitsdienstleis- `` Die Unternehmen werden nur dann in vernetzte Echt- tungen weitgehend verhindert. zeitgeschäftsmodelle investieren, wenn sie sich sicher sein können, dass die Netze in der notwendigen Leis- `` Im Bereich Smart Industry (Industrie 4.0) werden derzeit tungsfähigkeit und Dichte vorhanden sind. Erst das Ange- vor allem 3D-Druck und Virtual-Reality-Anwendungen bot an Gigabit-Netzen befeuert auf der Anwendungsseite erprobt, die aber nur moderate Anforderungen an die eine steigende Nachfrage. Damit hat der Gigabit-Netzauf- Netze stellen. Sollten die Netze der Zukunft aber eine bau auch eine marktschaffende Funktion. extrem hohe Stabilität und geringe Latenzen aufweisen, dann wird hier die Produktionssteuerung über Cloud- `` Die Erschließung ländlicher Regionen mit Gigabit-Ver- Anwendungen denkbar. Dies würde die etablierten Wert- bindungen stellt hierbei eine echte Herausforderung dar. schöpfungsketten revolutionieren, ist aber mit den derzeit Sie wird nicht alleine durch technische Ertüchtigungen verfügbaren Netzen noch Zukunftsmusik. der vorhandenen Infrastruktur gelingen können. Gerade auf dem Land werden Sendeanlagen für Mobilfunk sowie Die Gigabit-Gesellschaft braucht qualitativ Tiefbaumaßnahmen mit der Verlegung von Leitungen hochwertige Breitbandnetze notwendig sein – diese Leitungen werden aus Glasfaser bestehen. `` Eine digitale Wirtschaft – und am Ende auch wesent liche Teile der Gigabit-Gesellschaft – ist eine Netz- `` Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ist für eine werkökonomie. Datenaustausch, Kommunikation und Gigabit-Gesellschaft eine notwendige, aber für einen Interaktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfolgreichen Weg dorthin noch lange keine hinreichende sind ihre Kennzeichen. Die Potenziale können nur dann Bedingung. Hinzukommen müssen geeignete Rahmen- erschlossen werden, wenn möglichst alle Unternehmen bedingungen in Politik, Staat und Gesellschaft, welche und Haushalte an dieses Netz angeschlossen sind. die digitale Transformation ermöglichen, erleichtern und flankieren. `` Die qualitativen Anforderungen an die Breitbandinfra- struktur der Zukunft in puncto Geschwindigkeit, Symme- 5
GIGABIT-GESELLSCHAFT Wo stehen wir? Die Digitalisierung hat die Welt im rasanten Tempo erobert. Sie durchdringt immer schneller und tiefer unsere Lebenswelten. Startpunkt der in dieser Studie unternommenen Reise zur Gigabit-Gesellschaft ist eine Standortbestimmung. Sie beginnt mit Fragen: Wo stehen wir gegenwärtig in der Digitalisierung, was ist der Status quo? Hinzu gesellen sich schnell weitere Fragen: Was ist überhaupt Digitalisierung? Wie groß ist das hierbei zu verarbeitende Datenvolumen und woher kommt dieser Potenzial Datenhunger überhaupt? Was muss getan werden, um ihn zu stillen? Bei der Beantwortung dieser Fragen richtet sich der Blick nicht nur auf Deutschland, sondern auf einen breiteren Länderkanon. Dadurch kann die Situation in Deutschland leichter eingeordnet werden. Das wirtschaftliche Potenzial der Digitalisierung der deutschen Wirt- schaft wird auf 154 Milliarden Euro geschätzt – das wäre ein Zuwachs des Deutschland Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr von etwa 1 Prozent. steht international bei der Anstieg Versorgung mit Breitband im Mittelfeld – und bei der mit Glasfaser im Tabellenkeller. Glasfaser- des weltweiten Datenvolumens 1992: 0,0012 GB/s (GB/s = Gigabyte pro Sekunde) ausbau 2014: 16.144 GB/s Prognose 2019: 51.794 GB/s Geht in Deutschland der Glasfaser- ausbau im Tempo der letzten beiden Jahre weiter, dauert es noch über 40 Jahre bis zu einer flächendecken- den Versorgung. 6
GIGABIT-GESELLSCHAFT Digitalisierung verändert die zugleich hochautomatisiert sind. Neben klassischen robotergestützten Produktionsprozessen gehören hierzu Wirtschaft und Gesellschaft auch die physischen Infrastruktureinrichtungen in der Telekommunikation. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft gilt `` Smart Products: Das sind physische Produkte, die über heute als der Megatrend, der alles verändert und mit Sensoren eine Beobachtung und Steuerung beim Kun- einem disruptiven Strukturwandel verbunden ist. Jeder den in ihrer Nutzungsphase zulassen. Hersteller und spricht über die Digitalisierung, aber auch fast jeder ver- Kunden bleiben damit über den gesamten Produktle- steht hierunter etwas anderes. Sehr allgemein wird unter benszyklus miteinander verbunden. Das eröffnet für Digitalisierung die Sammlung, Verdichtung, Analyse, Wei- Dienstleistungen ganz neue Möglichkeiten. terverarbeitung und Weitergabe von Daten durch Com- puter verstanden. So richtig das ist, so wenig hilfreich ist `` Smart Operations: Bei dieser wirklich neuen Dimension diese Definition für eine Abschätzung der ökonomischen der Digitalisierung geht es darum, physische Prozesse Bedeutung der Digitalisierung oder eine Vermessung der virtuell als sogenannte digitale Schatten abzubilden, digitalen Wirtschaft. Die Digitalisierung hat verschiedene um dadurch Planungs- und Steuerungsprozesse zu Dimensionen und kann nur aus diesen spezifischen Blick- optimieren. Hierfür kommen alle Tools, Systematiken winkeln verstanden werden. Auf der Ebene der Leistungs und modernen Analysetechniken zum Einsatz, die erstellung ist zwischen der Prozess- und Produktebene umfangreiche Datenmengen im Umfeld der Logistik- sowie zwischen der physischen und virtuellen Welt zu und Produktionssysteme auswerten. So können Unter unterscheiden (vgl. Abbildung). nehmen mithilfe von Algorithmen mögliche Ausfälle von Maschinen voraussagen und Logistiker die Routen `` Smart Factory: Dazu zählen Infrastrukturen, Anlagen ihrer Transportfahrzeuge auf Basis von Verkehrs- und und Maschinen, die über datengestützte Technologien Bedarfsdaten in Echtzeit anpassen. oder cyberphysische Systeme gesteuert werden und Dimensionen der Digitalisierung Physisch Virtuell Smart Factory Smart Operations Vernetzte Produktion Virtualisierte Prozesse Prozess- (Infrastruktur, Anlagen und Steuerungen ebene und Maschinen) (Software und Daten- Digitale Geschäftsmodelle Vernetzte Gesellschaft management) Vernetzte Kunden Smart Markets/ Vernetzung Smart Products Smart Services Vernetzte Produkte Datenbasierte und Produkt- auf der Hersteller- vernetzte ebene Kunden-Ebene Dienstleistungen (Komponenten und (Apps und Analysen) Endgeräte) Quelle: IW Consult Zulieferer aus nicht digitalisierten Bereichen 7
GIGABIT-GESELLSCHAFT `` Smart Services: Darunter sind alle datenbasierten Losgröße 1 Dienstleistungen zu verstehen, bei denen das Endpro- dukt selbst als Datei dargestellt werden kann oder über datenbasierte Geschäftsmodelle ein Mehrwert erwirt- schaftet wird. Online-Shops gehören genauso dazu wie Apps oder Streaming-Dienste. ist möglich – und dazu steuert sich das Bauteil auch noch selbstständig Jeden dieser Bausteine gibt es für sich genommen durch die Produktion. schon lange. Das Neue an der Digitalisierung ist aber, dass diese Bausteine untereinander – im Unternehmen, Der digitale zwischen Unternehmen, aber auch zwischen Unterneh- men und Kunden – vernetzt sind. Dadurch eröffnet die Digitalisierung einen Raum bisher ungeahnter Möglich Barista keiten: Sie bringt neue Geschäftsmodelle hervor, Pro- zesse werden grundlegend umgestaltet, die Art und Weise, wie sich Unternehmen organisieren, produzieren und kommunizieren, wird sich ebenso verändern wie die Arbeitswelt. Diese Konnektivität eröffnet große Potenziale für Effizienzgewinne sowie für neue Märkte und Produkte. macht den Kaffee per Fingertipp – Deshalb gehören zur Digitalisierung auch das Internet ganz nach individueller Vorliebe der Dinge, die Machine-to-Machine-Kommunikation oder des Kunden. Cloud Computing. Die Kunden sind in diese Wertschöpfungsnetzwerke ebenso wie die Gesellschaft (Nichtkunden) eingebunden, weil der Austausch über Social-Media-Kanäle Rückwirkun- teil trägt einen Chip, der sagt, was aus ihm werden soll gen auf die Produkte und Prozesse auf der Unternehmens und zu welcher Maschine es als Nächstes geht. All diese ebene haben. Darüber hinaus werden die Interaktionen Informationen müssen in Echtzeit verarbeitet und bewertet zwischen Unternehmen und zwischen Unternehmen und werden, damit die Smart Factory problemlos funktioniert. Kunden durch das Auftreten von Plattformen komplett umgestaltet, denn sie verändern Marktstrukturen und die Smart Products sind Waren, Maschinen oder Anlagen, Struktur der Wirtschaft im Ganzen. die über das Internet vernetzt bleiben, auch nachdem sie die Fabrik verlassen haben. So kann ein Aufzughersteller Die Vernetzung von Produkten und Prozessen sowie die einem Unternehmen anbieten, die Lifte in einem Hoch- Verbindung von physischer und virtueller Welt machen den haus auf Energieeffizienz zu trimmen. Je nachdem, ob Kern der Digitalisierung aus. Deswegen sind die Enabler- die U-Bahn nebenan gerade einen Schwung Besucher Funktion von Telekommunikationsinfrastrukturen und die ausspuckt oder nicht, setzen sich unterschiedlich viele daran anknüpfenden Dienstleistungen für das Gelingen der Aufzüge in Bewegung. Smarte Produkte bieten einen Zu- digitalen Transformation auch so wichtig. Denn eine digita- satznutzen zum reinen Produktnutzen, und dieser kommt lisierte Wirtschaft ist datenbasiert und auf einen schnellen durch Datensammlung zustande. Diese Daten können und effizienten Datenaustausch angewiesen. dann ausgewertet werden oder befähigen das Produkt, autonom Aktionen auszuführen. Auch durch die externe In der Smart Factory wird eine immense Datenmenge Steuerung über eine App wird ein Produkt smart: Kaffee- von Maschinen verarbeitet, die entscheiden müssen, was maschinen mit dazugehörigen Apps machen das manu- zu tun ist. Hunderte Sensoren und Chips nehmen hierzu elle Auswählen des gewünschten Programms überflüssig. Messwerte für Tausende unterschiedlicher Teile auf. Stattdessen wird die gewünschte Menge per Smartphone In Zukunft werden Kleinserien oder sogar Einzelstücke in oder Tablet gewählt. Kühlschränke speichern Nutzerpro- die Produktion eingebracht wie Massenware. Jedes Bau- file und lösen selbstständig Einkäufe aus. 8
GIGABIT-GESELLSCHAFT Smart Operations verbinden alle internen und externen mittlungsdienst für Fahrdienste Uber gibt Privatleuten die Wertschöpfungspartner vom Lieferanten bis zum Kunden. Möglichkeit, als Taxifahrer Geld zu verdienen, und vermit- Dadurch entsteht ein Netzwerk zur unternehmensüber- telt Fahrten über eine App oder Webseite.1 greifenden Planung und Steuerung des gesamten Pro- duktlebenszyklus. Innerhalb des Unternehmens werden In der Industrie eröffnet das zunehmende Verschmelzen Vertrieb, Produktentwicklung und ‑planung, Produktion, virtueller Welten mit der realen Fertigung im Zusammen- Aftersales und Rechnungswesen miteinander vernetzt. spiel mit Vernetzung und Cloud Computing völlig neue Alle Entitäten werden nicht nur digital erfasst, sondern Möglichkeiten. Beispielsweise lassen sich aus Prozess- müssen auch miteinander vernetzt sein, damit sie über und Produktionsdaten künftige Entwicklungen errechnen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und passgenaue Empfehlungen ableiten. Neben Verfüg- und Algorithmen in einer virtuellen Welt gesteuert werden barkeits-, Performance- und Qualitätssteigerungen rücken können. Hierdurch wird im Unternehmen die Sichtbarkeit auch die Verbesserung der Energieeffizienz und die dessen, was datengestützt abgebildet wird, erhöht. Senkung der Kosten in den Fokus. Smart Services sind ein Einfallstor für digitale Geschäfts- Die Interaktion zwischen Unternehmen, Kunden und Ge- modelle, die bestehende Wertschöpfungsketten aufbre- sellschaft in den Wertschöpfungsnetzwerken ist Voraus- chen und ihren Wertschöpfungsfokus auf der Datenerhe- setzung für die Entstehung digitaler Märkte in der Gigabit- bung und ‑analyse haben. Einige Branchen haben ihre Gesellschaft. In dieser Studie werden die Bereiche Smart Geschäftsmodelle bereits stark verändert, andere sind Consuming, Smart Mobility, Smart Energy, Smart Health, mittendrin. So verändert die Digitalisierung beispielsweise Smart Industry und Smart Administration im Vordergrund die Machtstrukturen in der Taxibranche. Der Online-Ver- stehen. 1 http://www.zdnet.de/88244688/umsatzzahlen-von-uber- durchgesickert/ [Stand: 2016-05-20]; http://www.manager- Marktentwicklung UBER magazin.de/unternehmen/it/uber-verhandelt-ueber-milliarden- kredit-a-1035115.html [Stand: 2016-05-20] Angaben in Milliarden US-$ Marktwert Buchungsvolumen 10,84 2,91 26,0 50,0 2014 2015 2016 2015 Prognose 2015 war Uber in über 50 Ländern und mehr als 200 Städten vertreten. Quellen: http://www.zdnet.de/88244688/umsatzzahlen-von-uber-durchgesickert/ [Stand: 2016-05-20]; http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/uber- verhandelt-ueber-milliarden-kredit-a-1035115.html [Stand: 2016-05-20] 9
GIGABIT-GESELLSCHAFT Entwicklung des Daten Internetnutzer volumens – kaum stillbarer in Millionen Datenhunger 1990 1997 2002 2007 2014 Die zunehmende weltweite Digitalisierung und die damit Deutschland 0,1 5,5 40,3 61,8 69,8 einhergehende universelle Vernetzung von Menschen und EU 0,3 24,9 172,3 301,4 396,7 Maschinen haben zu einem exponentiellen Anstieg des übertragenen Datenvolumens geführt. Nach Angaben von Welt 2,6 120,5 664,3 1.372,1 2.953,9 Cisco stieg das weltweite Datenvolumen von 100 Giga Quellen: Weltbank, 2016, World Development Indicators; eigene Berechnungen byte pro Tag im Jahr 1992 auf 16.144 Gigabyte pro Sekunde im Jahr 2014 an. Ein Ende dieses Trends ist in den kommenden Jahren nicht abzusehen. Vielmehr wird Dabei hat sich sowohl die absolute Anzahl der Internet- erwartet, dass sich bis 2019 das weltweite Datenvolumen nutzer als auch das Datenvolumen pro Nutzer deutlich mehr als verdreifachen wird. erhöht. Nach Angaben der Weltbank nutzten im Jahr 1990 rund 2,6 Millionen Menschen einen Internetzugang. Das liegt auch daran, dass die über das Internet 2014 hat sich die Zahl der weltweiten Nutzer auf fast drei übertragenen Inhalte einen immer höheren Datenumfang Milliarden Menschen erhöht. Damit sind rund 40 Prozent besitzen. Während zur Übertragung einer Textnachricht der weltweiten Bevölkerung online. In Deutschland sind nur wenige Kilobyte an Daten anfallen, benötigt ein Full- aktuell mit 70 Millionen Menschen rund 86 Prozent der HD-Video oft mehrere Gigabyte an Datenvolumen. 2014 Bevölkerung online. 1990 waren es nur 100.000 Personen. entfielen rund zwei Drittel des weltweit übertragenen In der gesamten EU waren im Jahr 2014 rund vier von fünf Datenvolumens auf Videoanwendungen.2 Europäern online.3 2 Cisco Systems, 2015, Visual Networking Index [Stand: 2016-05-23] 3 Weltbank, 2016, World Development Indicators [Stand: 2016-05-23] Anstieg des weltweiten Datenvolumens 0,0012 GB/s 0,0278 GB/s 100 GB/s 2.000 GB/s 16.144 GB/s 51.794 GB/s (100 GB/Tag) (100 GB/Stunde) Darstellung ist um das 1.000-Fache vergrößert 1992 1997 2002 2007 2014 2019 (Prognose) Quelle: Cisco Systems, 2015, Visual Networking Index 10
GIGABIT-GESELLSCHAFT Digitalisierung – ein neuer schöpfung im Netz selbst erzeugt. Infolgedessen ist die Vernetzung von Unternehmen, Konsumenten und Gesell- Raum der Möglichkeiten schaft von überragender Bedeutung. Obwohl Unternehmen, Politik und Gesellschaft die Digitalisierung ist ein Positiv-Thema: 60 Prozent der Möglichkeiten der Digitalisierung erkennen, stehen in Dienstleistungsunternehmen in Deutschland schätzen der Praxis noch keine Messkonzepte bereit, welche die den Einfluss der Digitalisierung auf ihren Unternehmens- Gesamtheit der vier Dimensionen der Digitalisierung erfolg als hoch ein. Die Unternehmen der gewerblichen einschließen. Bei der Vermessung der Potenziale oder Wirtschaft haben die Zeichen der Zeit erkannt: Von ihnen des Entwicklungsstands werden bisher nur Teilaspekte investierten im Jahr 2015 immerhin 25 Prozent mehr als verwendet: 10 Prozent ihres Gesamtumsatzes in die Digitalisierung; 2020 sollen es schon 37 Prozent der Unternehmen sein. `` In einem Branchenkonzept werden die traditionellen IKT-Bereiche und die Internetwirtschaft zur digitalen Mobile Computing, Transaktionsdienste im Internet, Wirtschaft zusammengefasst. IT-Sicherheit, Cloud-Dienste, Big Data, Industrie 4.0, Smart Services oder 3D-Druck sind international wichtige `` In generischen Modellen wird über den Einsatz von Wachstumsfelder der Digitalisierung in den nächsten fünf Computern, Softwarelösungen, digital-affinen Techno- Jahren.4 In diesen Bereichen wird ein Großteil der Wert- logien oder daten- und internetgestützten Dienstleis- tungen der Digitalisierungsgrad von Unternehmen oder Branchen bestimmt. Bei volkswirtschaftlichen Verglei- 4 BMWi, 2015, Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2015, Berlin chen kommen noch die Güte der Breitbandinfrastruktur und bestimmte Rahmenbedingungen hinzu. Die Ergeb- Zwei Drittel nisse hängen dann stark von der Auswahl und Gewich- tung der verwendeten Indikatoren ab. `` In Prognosemodellen werden auf Basis von Fallstudien der Unternehmen wollen mit die beobachtbaren Effizienzgewinne oder Wachstums- Industrie 4.0 ihre Effizienz und chancen in neuen Märkten auf die branchen- oder Umsätze erhöhen.5 gesamtwirtliche Ebene hochgerechnet. Die Branchensicht 80 Prozent Die digitale Wirtschaft wird üblicherweise als IKT-Bran- chen plus Internetwirtschaft definiert. Im Jahr 2014 erwirt- schaftete das Herzstück – die deutsche IKT-Branche – einen Umsatz in Höhe von 221 Milliarden Euro und eine der Unternehmen halten die Digita Bruttowertschöpfung von 93 Milliarden Euro. In insgesamt lisierung insgesamt für bedeutsam. 92.000 Unternehmen finden 1,05 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz. Hinzugerechnet werden muss aber die Internetwirtschaft, die in Deutschland Umsätze von mehr als 100 Milliarden Euro beisteuert. Der Pro-Kopf-Umsatz 88 Prozent ist mit 1.266 Euro deutlich geringer als in Spitzenländern wie Südkorea (2.221 Euro), dem Vereinigten Königreich (2.194 Euro) oder den USA (2.027 Euro).7 Die Dynamik kommt aus der Internetwirtschaft, denn Analysen der der Unternehmen sind mit dem erreichten Stand der Digitalisierung IW Consult / FIR, 2015, Industrie 4.0-Readiness, Köln zufrieden.6 5 6 BMWi, 2015 7 BMWi, 2015 11
GIGABIT-GESELLSCHAFT Die Verbreitung von ausgewählten IKT-Tools und ‑Aktivitäten in Unternehmen, 2014 in Prozent 100 █ höchste Verbreitung 80 █ mittlere Verbreitung 60 █ geringste Verbreitung █ 1. Quartil 40 █ █ Durchschnitt 3. Quartil 20 █ 0 Breitband Webseite E-Käufe Soziale ERP E-Verkäufe Supply Chain RFID Netzwerke Management (SCM) Quelle: OECD, 2015, OECD Digital Economy Outlook 2015 OECD zeigen, dass von 2007 bis 2013 der IKT-Sektor nicht mehr als Ganzes zum Wirtschaftswachstum beige- IW-Digitalisierungsindex tragen hat, sondern nur noch die Bereiche Software und Index von 0 (keine Digitalisierung) IT-Services.8 bis 100 (hohe Digitalisierung) Generische Messkonzepte Eine Vielzahl von Studien, die in eher generischen Verfah- 59 ren Indikatoren zur Beschreibung des Status quos nutzen, zeigen vor allem eines: In vielen Bereichen steht die Digi- DE talisierung erst am Anfang. Zwei Fünftel der Unternehmen in der OECD nutzen elektronische Beschaffungssysteme, 47 nur ein Drittel setzt ERP-Systeme ein und weniger als 12 Prozent verwenden RFID-Technologien.9 Generische Ansätze werden auch zur Positionsbestim- mung ganzer Volkswirtschaften verwendet. Exemplarisch dafür sind die Digitalisierungsindizes des Monitoring- Reports, des World Economic Forums (WEF), der EU oder 41 des IW Köln. Allen ist gemeinsam, dass Deutschland nur Welt einen Platz im Mittelfeld belegt und insbesondere Süd- korea den Spitzenplatz einnimmt. Allerdings nehmen die 30 █ 2015 Digitalisierungsgrade weltweit zu. █ 2012 8 OECD, 2015, OECD Digital Economy Outlook 2015, OECD Publishing, Paris Quellen: WEF, 2015, Networked Readiness Index; IW Köln, 2016, Wohlstand 9 OECD, 2015 in der digitalisierten Welt, Erster IW-Strukturbericht; eigene Berechnungen 12
GIGABIT-GESELLSCHAFT Prognosen und Potenzialschätzungen Analysten von Roland Berger10 sehen in der Digitalisie- rung bis 2025 kumuliert ein Wertschöpfungspotenzial von 1,25 Billionen Euro in der europäischen Industrie – das Potenzial entspricht einer Steigerung der industriellen Bruttowert- Das wirtschaftliche Potenzial der schöpfung um 20 bis 30 Prozent. In einer Metastudie des Digitalisierung der deutschen Wirt- Bundeswirtschaftsministeriums gehen Schätzungen von schaft wird auf 154 Milliarden Euro einem Wachstumspotenzial in Höhe von rund 153,5 Milli- in den nächsten fünf Jahren ge- arden Euro in den nächsten fünf Jahren durch den Einsatz schätzt – das wäre ein BIP-Zuwachs von Industrie 4.0 in Deutschland aus.11 Die Boston Consul- pro Jahr von etwa 1 Prozent.14 ting Group (BCG) erwartet einen Beschäftigungszuwachs von 6 Prozent für die nächsten zehn Jahre;12 das Institut der deutschen Wirtschaft Köln sieht durch die Digitalisie- rung zumindest keine negativen Beschäftigungseffekte.13 Die Implementierung von Industrie-4.0-Konzepten steht am Anfang. Fast 90 Prozent der Industrieunternehmen Digitalisierung kein Selbstläufer sind Neulinge ohne einschlägige Erfahrungen. Etwa 9 Pro- zent sind Einsteiger, die die ersten Schritte unternommen Die Digitalisierung der Wirtschaft ist sicherlich kein Selbst- haben. Erst ein Prozent gehören zu den Pionieren, die läufer. Die Potenziale sind noch lange nicht gehoben und zumindest Industrie 4.0-Konzepte implementiert haben.15 das internationale Rennen um die Märkte ist noch nicht Wie es weitergeht, ist offen. Gerade Arbeitsmarktforscher entschieden. Die Unternehmen haben einen Strukturwan- warnen, dass mit der Digitalisierung auch große Umwäl- del mit erheblichem disruptiven Potenzial zu bewältigen. zungen entstehen, die auch mit möglichen Arbeitsplatz- verlusten verbunden sein könnten. Eine aktuelle Studie der OECD schätzt, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in der 10 Roland Berger, 2015, Die digitale Transformation der Industrie, München OECD durch Automatisierung gefährdet ist – in Deutsch- 11 Wischmann et al., 2015, Volks- und betriebswirtschaftliche Fakto- ren für den Standort Deutschland, Berlin 12 BCG, 2015, Industry 4.0: The future of Productivity and Growth in Manufacturing Industries 13 IW Köln, 2015, Beschäftigungseffekte der Digitalisierung, in: 14 BMWi, 2015 IW-Trends, Heft 3/2015, S. 77–94 15 IW Consult / FIR, 2015 Wachstum der Totalen Faktorproduktivität 1990 = 100 130 █ Deutschland 125 █ Welt 120 115 110 105 100 95 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quellen: Conference Board, 2015, The Conference Board Total Economy Database; eigene Berechnungen 13
GIGABIT-GESELLSCHAFT land sind es 12 Prozent.16 Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stützt diesen Breitband – Wegbereiter für Befund.17 das Gigabit-Zeitalter Einige Ökonomen hegen Zweifel, ob die Digitalisierung der Wirtschaft bereits positive Effekte zeigt oder in Zukunft Die erwarteten Entwicklungen der Gigabit-Gesellschaft überhaupt haben wird. Der amerikanische Ökonom R obert werden eine moderne und leistungsfähige Netzinfrastruk- Gordon – ein profilierter Wachstumsskeptiker – sieht in tur erfordern. Nur mit qualitätsgesicherten Hochgeschwin der Zukunft weltweit kein wirkliches Produktivitätswachs- digkeitsnetzen werden die erheblichen Potenziale und tum mehr. Der technische Fortschritt habe seinen Zenit Wettbewerbsvorteile, die der digitale Wandel für Unter- überschritten, auch von den Digitalisierungstechnologien nehmen, Privatpersonen und den öffentlichen Sektor mit sei kein neuer Schub zu erwarten.18 Zumindest die letzten sich bringt, ausgeschöpft und der Wirtschaftsstandort Jahre geben Gordon recht. Weltweit ist das Produktivitäts- Deutschland gestärkt werden können. wachstum gefallen. Zwischen 1990 und 2011 ist weltweit die Totale Faktorproduktivität jedes Jahr um 0,8 Prozent Die Bundesregierung hat die Bedeutung von Netzen gestiegen – seit 2011 ist die Wachstumsrate negativ.19 mit hohen Leistungen erkannt und sich das Ziel gesetzt, bis 2018 alle deutschen Haushalte mit Datenraten von Unternehmen, Wissenschaft und Politik müssen vor mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) zu versor- dem beschriebenen Hintergrund entscheiden, wie sie gen. Dafür wurde eine entsprechende Förderrichtlinie die Fakten einschätzen. Weltweit scheinen die Optimis- beschlossen, die 2,7 Milliarden Euro für den Ausbau ten deutlich in der Mehrheit zu sein. In allen relevanten zur Verfügung stellt. Rund die Hälfte der Fördersumme Industrieländern wird über Digitalisierungsstrategien (1,4 Milliarden Euro) stammt aus Haushaltsmitteln. Weitere nachgedacht. Viele Unternehmen, Wissenschaftler und 1,3 Milliarden Euro kommen aus der Versteigerung von Start-ups entwickeln gerade mit Hochdruck neue digitale Funkfrequenzen für mobiles Breitband durch die Bundes- Geschäftsmodelle. Das zeigt die Verschiebung der For- netzagentur. schungsschwerpunkte, wie sie beispielsweise durch die Entwicklung der Patentanmeldungen gemessen werden Auch die EU hat sich zum Ziel gesetzt, Breitband zu kann. So ist die Zahl der Patente im Bereich der digita- fördern, und hat in der Digitalen Agenda folgende Ziele len Technologien weltweit zwischen 2006 und 2015 um bis zum Jahr 2020 definiert: 54 Prozent gestiegen – das liegt weit über dem Durch- schnitt von 11 Prozent (vgl. Kapitel 3). `` In allen europäischen Haushalten soll es schnelles Inter- net mit Datenraten von mindestens 30 Mbit/s geben. `` Die Hälfte der europäischen Haushalte soll mit An- 16 http://www.welt.de/wirtschaft/article155468431/Diese- schlüssen ausgestattet sein, die eine Übertragungs Arbeitnehmer-haben-kuenftig-noch-gute-Chancen.html geschwindigkeit von mindestens 100 Mbit/s ermög [Stand: 2016-05-28] 17 IAB, 2015, Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirt- lichen. schaft, IAB-Forschungsbericht, Nr. 08/2015, Nürnberg 18 Gordon, Robert J., 2015, Secular Stagnation, in: American Econo- Die von der Europäischen Kommission definierten Regu- mic Review, 105. Jg., Nr. 5, S. 54–59 larien bilden die Grundlage für den geförderten Breitband 19 Conference Board, 2015, The Conference Board Total Economy ausbau in Europa. Demzufolge soll in Übereinstimmung mit Database [Stand: 2016-05-22] der „Digitalen Agenda für Europa“ die Verbesserung der Breitbandversorgung auch in Regionen erreicht werden, die nicht über den Markt erschließbar sind. Kabelgebundene Technologien zur Breitbandübertragung Wurde der Zugang zum World Wide Web vor 25 Jah- ren noch fast ausschließlich über für einfache Telefon 14
GIGABIT-GESELLSCHAFT gespräche ausgelegte Kupferkabel realisiert, gibt es Übertragungs- heute verschiedene deutlich leistungsfähigere Übertra- gungstechnologien im Festnetz und Mobilfunk. Vor allem technologien sogenannte Next Generation Access (NGA)-Anschlüsse mit einer Downloadrate von mindestens 30 Mbit/s garan- Festnetz tieren die Mindestvoraussetzung für die Nutzung vieler heute verfügbarer digitaler Angebote, wie etwa hoch auflösender Videos. Kupferhybride (FTTC) Um diese Herausforderungen in der Breitbandübertra- gung meistern zu können, stehen Technologien zur Verfü- `` Ersetzen vorhandener Kupfernetze durch gung, die mit unterschiedlicher Distanz der Glasfaserkabel Glasfaserkabel bis zu einem zentralen Verteiler- zum Endkunden arbeiten. Leistungsfähigere Brücken- punkt (Kabelverzweiger) technologien wie FTTC überbrücken nur eine geringe Koaxialhybride (HFC) Leitungsstrecke zum Endkunden mit bereits in der Ver- gangenheit verlegten Leitungen. Daneben gibt es hybride `` Ersetzen vorhandener Koaxialkabel durch Technologien wie Glasfaser-Koaxialnetze (HFC), die auch Glasfaserkabel bis zu einem zentralen Verteiler- längerfristig Übertragungsgeschwindigkeiten vergleich- punkt (DOCSIS Hub) bar zu reinen Glasfasernetzen ermöglichen. Nur wenn die gesamte Strecke der Datenübertragung zum Kunden über Glasfaserkabel (FTTB/H) Glasfaserkabel erfolgt, spricht man von einem Glasfaser- `` Reine Glasfaserleitung bis in den Keller anschluss (FTTB/H). (FTTB) oder in die Wohnung (FTTH) des Kunden Übertragungstechnologien Festnetz █ Glasfaserleitung █ Kupferleitung █ Koaxialkabel Bandbreite bei maximaler Entfernung zum Haushalt FTTC (VDSL2) KVz 50 Mbit/s 1.000 Meter FTTC (Vectoring) KVz 100 Mbit/s 1.000 Meter FTTC (G.fast) KVz 500 Mbit/s 250 Meter GF HFC (DOCSIS 3.1) Hub > 10 Gbit/s FTTB/H > 10 Gbit/s Quellen: Europäische Kommission, 2016a, Comparison of Technologies; Elektronik Kompendium, 2016, Breitbandtechnik; Darstellung IW Consult FTTC = Fiber-to-the-curb; HFC = Hybrid-Fibre-Coax-Netz; FTTB/H = Fibre-to-the-building/home; KVz = Kabelverzweiger 15
GIGABIT-GESELLSCHAFT Die Glasfaserhybriden haben den Vorteil, dass schnell kostengünstige, leistungsfähige Breitbandanschlüsse für Maximale Übertragungs die Kunden bereitgestellt werden können. Je leistungs geschwindigkeiten Mobilfunk fähiger ein Anschluss sein soll, desto näher muss aber auch hier das Glasfaserkabel an den Kunden geführt werden. Vor allem Anschlüsse auf Kupferbasis (VDSL2, 10 Vectoring, G.fast) stoßen hier an ihre Grenzen. Lediglich Gbit/s hybride Glasfaser-Koaxial-Systeme sind weitgehend län- genunabhängig. FTTB/H-Anschlüsse haben hohe Investitionskosten und 600 21,6 damit auch höhere Preise für die Kunden. Dafür erhält Mbit/s Mbit/s der Nutzer den leistungsfähigsten Anschluss, mit dem UMTS 4G 5G auch der Bedarf zukünftiger Anwendungen problemlos garantiert werden kann. Ein Glasfaseranschluss besitzt Quelle: Elektronik Kompendium, 2016, http://www.elektronik-kompendium.de/sites/ zudem sowohl beim Download als auch beim Hochladen kom/1301051.htm [Stand: 2016-05-20] optimale Eigenschaften – hier haben Hybride deutliche Nachteile. Auch bei der Verzögerungszeit der Datenüber- tragung und der Widerstandsfähigkeit der Kabel besitzt mobile Echtzeitanwendungen benötigen aber eine ge- Glasfaser klare Vorteile. Diese technischen Möglichkeiten ringe Reaktionsgeschwindigkeit, um optimal funktionieren sind noch lange nicht in Märkte übersetzt. So erreichen zu können. Zur mobilen Datenübertragung müssen die erst 7,5 Prozent der Breitbandanschlüsse in Deutschland Mobilfunkanbieter nicht nur entsprechende Sendestatio- Bandbreiten über 100 Mbit/s.20 Höhere Leistungen wer- nen installieren und mit Glasfasern an das Backbone-Netz den bisher nur in Einzelfällen realisiert. anschließen, sondern sie müssen auch die Nutzungsrechte für die Frequenzblöcke von den staatlichen Netzagenturen Drahtlose Technologien zur Breitbandübertragung erwerben. Ende Mai 2016 hat die Europäische Union in einem Vorentscheid die zukünftige Nutzung der Frequenzen Besonders im Mobilfunk hat sich die Menge der übertra- im Bereich von 470 bis 790 Megahertz (MHz) verabschie- genen Daten in den letzten Jahren dramatisch erhöht. det. Demnach sollen die Frequenzen aus dem sogenann- Durch die stark steigende Nutzung von Smartphones ten UHF-Band (Ultra High Frequency) bis 2020 in Europa und die damit verbundenen Möglichkeiten der mobilen freigegeben werden. Ein großer Frequenzbereich ist dabei Nutzung verschiedenster Anwendungen sind die Anforde- für die ausschließliche Mobilfunknutzung vorgesehen, rungen an die Mobilfunknetze stark gestiegen und werden was auch Grundlage für den Mobilfunk der Zukunft (5G) auch in den nächsten Jahren weiter rasant zunehmen. wichtig ist. Klassische Mobilfunknetze wie das GSM oder UMTS- Die Erreichung einer maximalen Übertragungsrate mit Netz können die erwarteten Datenraten nicht bewältigen. LTE und kommenden modernen Mobilfunktechnologien Nur 4G-LTE-Netze heute und geplante 5G-Netze in Zukunft ist nur möglich, wenn mehrere Frequenzblöcke kombiniert bieten die hierfür nötigen Bandbreiten. In Deutschland sol- werden. LTE erreicht laut Spezifikation pro 20-MHz-Band len bis Ende 2016 mittels LTE-Advanced maximale Über- rechnerisch eine Übertragungsrate von über 300 MBit/s. tragungsraten von bis zu 500 Mbit/s ermöglicht werden. Nur durch die Kombination verschiedener Frequenz bänder sind so Datenraten von etwa 600 Mbit/s möglich.21 Mobilfunknetze der fünften Generation besitzen eine La Da in Deutschland und anderen Ländern verschiedene tenz – also die Antwortgeschwindigkeit der Gegenstelle bei Mobilfunkanbieter um die freien Frequenzen konkurrieren, der Datenübertragung – von einer bis zehn Millisekunden. stellt die Verfügbarkeit von ausreichend für den Mobilfunk LTE-Anschlüsse weisen im Normalfall mit 40 bis 50 Milli freigegebenen Frequenzbändern ein wichtiges Kriterium sekunden eine deutlich höhere Latenzzeit auf. Gerade für die Bereitstellung leistungsfähiger Mobilfunknetze dar. 21 http://www.elektronik-kompendium.de/sites/kom/1301051.htm 20 Bundesnetzagentur, 2016, Jahresbericht 2015, Bonn [Stand: 2016-05-20] 16
GIGABIT-GESELLSCHAFT Einsatz von Technologien – In 44 Prozent in Deutschland dominiert das Kupferkabel Es gibt eine Vielzahl an Technologien auf dem Markt, die den Ausbau der Breitbandinfrastruktur ermöglichen und die eine zuverlässige Breitbandversorgung gewährleisten. der europäischen Haushalte ist das Kabelnetz verfügbar.22 In Deutschland ist die kupferbasierte DSL-Technologie am weitesten verbreitet – 78 Prozent der Breitband anschlüsse werden hierüber realisiert. In vielen EU- Mitgliedsstaaten sieht es ähnlich aus – auch hier erfolgt der Großteil der Breitbandanschlüsse über DSL (69 Pro- Die Kabelnetzbetreiber zent). Einige Mitgliedsstaaten setzen jedoch schon heute sind ein wichtiger Akteur in der konsequenter auf Glasfaserkabel. Über das Kabelnetz laufen in Deutschland etwa 6,6 Millionen und damit etwa europäischen digitalen Landschaft – ein Fünftel der Breitbandanschlüsse – dies entspricht dem 45 Prozent der NGA-Anschlüsse europäischen Durchschnitt. Weniger stark verbreitet sind werden über Kabel realisiert.23 hingegen Breitbandanschlüsse via Glasfaser (FTTB/H); hier liegt Deutschland unter dem EU-weiten Durchschnitt. Die Dominanz von DSL-Anschlüssen ist in erster Linie auf die weit ausgebaute Kupferinfrastruktur in Deutschland sich der Technologiemix dort etwas anders gestaltet. So zurückzuführen. Mithilfe von Vectoring lassen sich auf dominieren beispielsweise in vielen mittel- und osteuro- Grundlage dieser Struktur im begrenzten Umfang Steige- päischen Ländern wie Bulgarien (42 Prozent), Rumänien rungen bei der Übertragungsgeschwindigkeit erreichen. (54 Prozent), Lettland und Litauen (je 60 Prozent) Glas faseranschlüsse. Auch Schweden (46 Prozent), Norwegen In einigen anderen europäischen Ländern ist die Kupfer infrastruktur hingegen nur mäßig ausgebaut. Neue Fest- 22 Europäische Kommission, 2016b, EU Broadband Indicators netzanschlüsse werden in diesen Ländern mit modernen July 2015 [Stand: 2016-05-20] Technologien – Glasfaser – realisiert. Das führt dazu, dass 23 Europäische Kommission, 2016b Breitband-Anschlüsse NGA-Anschlüsse nach Technologien, Juli 2015, in Prozent nach Technologie, EU, Juli 2015, in Prozent 1 3 9 45 27,6 21 19 29 █ Andere █ FTTB/H 14 █ Kabel 11 78 69 1 █ DSL DE EU Kabel VDSL FTTH FTTB Andere Quelle: Europäische Kommission, 2016b, EU Broadband Indicators July 2015 Quelle: Europäische Kommission, 2016b, EU Broadband Indicators July 2015 17
GIGABIT-GESELLSCHAFT Digitale Schnecke oder High-Speed-Nation – 63 Prozent wie es um die Netzabdeckung in Deutschland steht Deutschland hat in den letzten Jahren beim Breitbandaus- bau deutlich aufgeholt. NGA-Anschlüsse, also Anschlüsse der Anschlüsse mit ≥ 50 Mbit/s mit Geschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s, standen können über das Kabelnetz Ende 2015 insgesamt 79 Prozent der Haushalte zur Verfü- erfolgen.24 gung. Hochgeschwindigkeitsnetze mit einer vertraglichen Bandbreite von bis zu 50 Mbit/s waren immerhin für 70 Pro- zent und damit rund 28 Millionen Haushalte verfügbar.27 Vor vier Jahren war die Verfügbarkeit der Anschlüsse mit (31 Prozent) und Portugal (24 Prozent) haben einen höhe- mindestens 50 Mbit/s deutlich geringer (48,2 Prozent).28 ren Glasfaseranteil an den Breitbandanschlüssen. Während die Breitbandversorgung in den meisten Bal- Trotz des relativ geringen Anteils an allen Breitband- lungsgebieten bereits relativ gut ist, ist es um die Abde- anschlüssen hat das Kabel derzeit den größten Anteil ckungsgrade im ländlichen Raum – also in Gemeinden mit bei der NGA-Abdeckung in Europa: Im EU-Durchschnitt einer Bevölkerungsdichte unter 100 Einwohner/km² – eher werden 45 Prozent der NGA-Anschlüsse über Kabel schlecht bestellt. Dabei liegen gerade für den ländlichen realisiert.25 Raum hohe Potenziale in der Nutzung innovativer Gigabit- Anwendungen. Beispielsweise können E-Health- und Auch in der Bandbreitenklasse ≥ 50 Mbit/s überwiegt E-Learning-Angebote bestehende Erreichbarkeitsdefizite die Breitbandverfügbarkeit mittels Kabelnetz deutlich. verringern und so zu einer Aufwertung regionaler Räume Hingegen liegt bei geringeren Bandbreiten (≥ 1 Mbit/s und führen. Insbesondere Industrie- und Gewerbegebiete im ≥ 16 Mbit/s) die DSL/VDSL-Verfügbarkeit über der Kabel- ländlichen Raum würden von einer besseren Versorgung netzverfügbarkeit.26 stark profitieren. 24 TÜV Rheinland, 2016, Bericht zum Breitbandatlas Ende 2015, Berlin 25 Europäische Kommission, 2016b 27 TÜV Rheinland, 2016 26 TÜV Rheinland, 2016 28 TÜV Rheinland, 2012, Bericht zum Breitbandatlas Ende 2011, Berlin Breitbandverfügbarkeit für ausgewählte Techniken █ DSL/VDSL 96,8 Verfügbarkeit, in Prozent der Haushalte █ Kabel █ FTTB/H 76,4 63,6 63,6 63,3 26,5 6,7 6,7 6,7 ≥ 1 Mbit/s ≥ 16 Mbit/s ≥ 50 Mbit/s Bandbreitenklasse Quelle: TÜV Rheinland, 2016, Bericht zum Breitbandatlas Ende 2015, Berlin 18
GIGABIT-GESELLSCHAFT Nur für 6,7 Prozent der rund 40 Millionen deutschen Wenn der Haushalte sind Glasfasernetze bis in den Keller (FTTB) oder bis in die einzelne Wohnung (FTTH) verfügbar. Diese Zahl hat sich in den letzten zwei Jahren leicht erhöht: Ende 2013 waren Glasfaseranschlüsse bis zum Gebäude für rund 4,5 Prozent der deutschen Haushalte verfüg- Glasfaserausbau mit der Ausbau- bar. In ländlichen Regionen ist die Verfügbarkeit dieser geschwindigkeit der letzten beiden Anschlüsse deutlich geringer (1,6 Prozent). Dabei sind Jahre fortgeführt wird, dauert es gerade Glasfasernetze, die in jeden Haushalt oder jedes bis 2057, bis Deutschland flächen Gebäude reichen, für die zukünftig anfallenden Gigabit- deckend versorgt ist. Geschwindigkeiten notwendig. Deutschland fährt bei dem Ausbau von Glasfasernetzen bisher jedoch noch mit 59 Prozent angezogener Handbremse. Reine Glasfaseranschlüsse sind nur in geringer Anzahl vorhanden, vielerorts wird auf Brückentechnologien gesetzt.29 Gewerbliche Breitbandverfügbarkeit der deutschen Unternehmen Unabhängig von Lage und Größe der Firmen ergibt sich verfügen über Breitbandanschlüsse eine gewerbliche Breitbandverfügbarkeit in Deutschland mit ≥ 50 Mbit/s. 31 für die Bandbreitenklasse ≥ 50 Mbit/s von rund 59 Pro- zent. Ebenso weisen große Firmen eine vergleichsweise bessere Verfügbarkeit auf als kleine Firmen. Die Verfüg- barkeit ist aber von der Größe der Gemeinde abhängig. Verfügbarkeit von ≥ 50 Mbit/s So ist der Anteil der Unternehmen, die über Anschlüsse an Gewerbestandorten in Deutschland nach Prägung, in Prozent Große Mittlere Kleine Alle 29 TÜV Rheinland, 2016 Unternehmen* Unternehmen Unternehmen Unter (rund 100–500 (rund 6–100 (rund 1–5 nehmen Beschäftigte) Beschäftigte) Beschäftigte) Deutschland 59 68 63 58 Versorgungsgrade der Städtisch 82 69 79 83 Haushalte in Deutschland Halbstädtisch 57 48 53 57 Ländlich 29 27 28 29 Ende 2015 mit ≥ 50 Mbit/s, in Prozent Quelle: TÜV Rheinland, 2016, Bericht zum Breitbandatlas Ende 2015, Berlin * Größendefinitionen nach TÜV-Rheinland, 2016 85,8 70,1 in der Bandbreitenklasse ≥ 50 Mbit/s verfügen, in länd- lich geprägten Gebieten halb so hoch wie im deutschen 58,4 Durchschnitt. In städtischen Regionen ist die Verfügbar- keit dafür höher.30 Da gerade in den ländlichen Regionen in Deutschland viele leistungsfähige Industrieunterneh- 28,3 men und „Hidden Champions“ ansässig sind, ist die Quelle: TÜV Rheinland, 2016, Bericht zum Versorgung dieser Räume mit hohen Bandbreitenklassen Breitbandatlas entscheidend für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Ende 2015, Berlin Deutsch- Städtischer Halb- Ländlicher land Raum städtischer Raum 30 TÜV Rheinland, 2016 Raum 31 TÜV Rheinland, 2016 19
GIGABIT-GESELLSCHAFT Deutschland positioniert sich im internationalen Wettbewerb im Mittelfeld Andere Länder sind schneller unterwegs Aktuelle Zahlen der Europäischen Kommission zeigen, dass Deutschland in den vergangenen Jahren beim Durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit Breitbandausbau deutlich aufgeholt hat: Die Zahl der (in Mbit/s) Breitbandanschlüsse mit mindestens 30 und 100 Mbit/s je 1 Südkorea 26,7 1.000 Einwohner sind seit 2010 gestiegen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schneidet Deutschland 2 Schweden 19,1 hier aber allenfalls durchschnittlich ab. Andere Länder wie 3 Norwegen 18,8 Schweden oder die Niederlande sind hier deutlich vorn.32 4 Japan 17,4 Auch im weltweiten Vergleich der Ausstattung mit Hoch- 5 Niederlande 17,0 leistungsnetzen ist Deutschland nur Mittelmaß: Zwar hat sich die Durchschnittsgeschwindigkeit im Festnetz in den … vergangenen fünf Jahren auf aktuell 12,9 Mbit/s fast ver- 12 Deutschland 12,9 dreifacht, Deutschland liegt aber weiterhin weit hinter den Spitzenreitern aus Asien, vielen europäischen Nachbarn Quelle: Akamai, 2016, State of the Internet Q4 2015 Report und den nordamerikanischen Staaten – insgesamt reicht es nur für Rang 12.33 32 Europäische Kommission, 2016c, EU Digital Agenda Scorecard Key Indicators [Stand: 2016-05-20] 33 Akamai, 2016, State of the Internet Q4 2015 Report Breitbandanschlüsse je 1.000 Einwohner, in Prozent 100 Anschlüsse mit min. 30 Mbit/s █ EU 80 █ DE 60 40 Anschlüsse mit min. 100 Mbit/s 20 █ EU █ DE 0 12/2010 6/2011 12/2011 6/2012 12/2012 6/2013 12/2013 6/2014 12/2014 6/2015 Quellen: Europäische Kommission, 2016c, EU Digital Agenda Scorecard Key Indicators; eigene Berechnungen 20
GIGABIT-GESELLSCHAFT Glasfaser – Deutschland hinkt hinterher penetration ist dort immer noch mehr als sechsmal höher als in Deutschland.34 Größeren Nachholbedarf hat Deutschland bei der Anbin- dung mit Glasfaseranschlüssen. Laut der International Auch die Daten der OECD zu den Anteilen der Glas- Telecommunication Union (ITU) belief sich die Glasfaser faseranschlüsse an allen aktiven Breitbandanschlüssen penetration in Deutschland auf rund 4,2 Glasfaser bestätigen den Aufholbedarf Deutschlands im internatio anschlüsse pro 1.000 Einwohner. Damit landet Deutsch- nalen Vergleich. Nur 1,3 Prozent der aktiven Breitband- land auf Rang 28 von 31 Ländern. Nur in Irland, Belgien anschlüsse entfallen hierzulande auf reine Glasfaserver- und Griechenland ist die Glasfaserpenetration noch bindungen (Stand: Juni 2015). Andere Länder setzen geringer. Spitzenreiter ist Südkorea mit 263,6 Glasfaser hingegen schon heute erfolgreich verstärkt auf reine anschlüssen je 1.000 Einwohner. Auch in vielen deut- Glasfaserinfrastruktur zur Datenübertragung. So bestehen schen Nachbarländern ist die Glasfaserpenetration deut- in den vier Ländern mit der höchsten real gemessenen lich höher. Die USA liegen mit 27,7 Glasfaseranschlüssen Übertragungsrate mindestens 31 Prozent aller Breitband- je 1.000 Einwohner zwar im Mittelfeld, aber die Glasfaser anschlüsse aus reinen Glasfaserkabeln. Beim internatio- nalen Spitzenreiter Japan sind es mehr als 70 Prozent.35 34 ITU, 2015, World Telecommunication / ICT Indicators Database [Stand: 2016-05-20] 35 OECD, 2016, OECD Broadband Statistics [Stand: 2016-05-20] Glasfaseranschlüsse Anschlüsse (FTTB/H), je 1.000 Einwohner 263,6 199,6 149,0 114,3 95,2 89,9 89,1 73,1 4,2 Südkorea Japan Schweden Norwegen Estland Dänemark Island Finnland Deutschland Quelle: ITU, 2016, World Telecommunication / ICT Indicators Database Anteil Glasfaser an Breitbandanschlüssen in Prozent 72,6 69,4 46,0 33,1 31,1 26,3 25,9 24,1 1,3 17,9 Japan Südkorea Schweden Estland Norwegen Slowakei Island Portugal Deutschland OECD- Durchschnitt Quelle: OECD, 2016, Broadband Statistics 21
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