Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg - Messsysteme und Datenmanagement im Pegelwesen
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Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung - Berichtsband Messsysteme und Datenmanagement im Pegelwesen 18. September 2012 in Heilbronn
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung - Berichtsband Messsysteme und Datenmanagement im Pegelwesen 18. September 2012 in Heilbronn
Impressum Berichtsband zur 19. Jahrestagung 16. Jahrgang, September 2013 ISSN 1438-3586 Herausgeber: WBW Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung mbH Karlstraße 91 76137 Karlsruhe Telefon **49 (0) 721 824 489 20 Telefax **49 (0) 721 824 489 29 info@wbw-fortbildung.de www.wbw-fortbildung.de Redaktion: Dr. Sandra Röck / Thorsten Kowalke, WBW Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung mbH Rita Falkenburg, fabula.rasa Gestaltung: Markt & Strategie, Agentur für Medien & Kommunikation, Eckhard Tröger, Freiburg Umschlagbild: Gundo Klebsattel Gedruckt auf Papier aus 100% Recyclingstoffen, chlorfrei gebleicht – umweltfreundlich hergestellt Nachdruck – auch auszugsweise – nur unter Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet Karlsruhe, im September 2013
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 3 Inhaltsverzeichnis Programmübersicht |4 Probestau: Praktische Erfahrungen mit Pegeln und Messtechnik |6 am Beispiel des Hochwasserrückhaltebeckens HRB Cappel von Öhringen Horst Geiger Notwendigkeit zuverlässiger Pegeldaten | 10 Thiele Brandt, Stefan Wallisch Mess- und Steuerungsanlagen von Einzelbecken | 16 am Beispiel des Kulturwehres Kehl/Straßburg Harald Klumpp Datenmanagement eines Beckensystems | 20 Gerold Werner Exkursion: | 24 Mit dem Schiff auf dem Neckar in Heilbronn Jakobine Biehl Verzeichnis der Veröffentlichungen | 30 |3
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 4 -5 Programm 9.00 – 9.30 Eröffnung und Begrüßung Wilfried Hajek, Bürgermeister für Bauen, Planen, Wohnen und Umwelt der Stadt Heilbronn Prof. Franz Nestmann, Präsident des Wasserwirtschaftsverbandes Baden-Württemberg e.V. Hans-Martin Waldner, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Moderation: Gundo Klebsattel Schluchseewerk AG Eröffnungsvortrag 9.30 - 10.00 Stadt am Fluss - Heilbronn und der Neckar Annette Geisler, Stadtarchiv Heilbronn Verlässliche Messsysteme und Datenmanagement zur Gewährleistung des zuverlässigen Anlagenbetriebs 9.50 - 10.10 Probestau: Praktische Erfahrungen mit Pegeln und Messtechnik Horst Geiger, Große Kreisstadt Öhringen 10.10 - 10.30 Die Notwendigkeit einer zuverlässigen Pegelmessung Dr.-Ing. Stefan Wallisch, Brandt-Gerdes-Sitzmann Wasserwirtschaft GmbH Darmstadt 10.30 - 10.40 Diskussion 10.40 - 11.00 Kaffeepause 11.00 - 11.20 Mess- und Steuerungsanlagen von Einzelbecken am Beispiel des Kulturwehres Kehl/Straßburg Harald Klumpp, Regierungspräsidium Freiburg 11.20 - 11.40 Datenmanagement eines Beckensystems Gerold Werner, Zweckverband Hochwasserschutz Elsenz-Schwarzbach 11.40 - 11.50 Diskussion 11.50 - 13.30 Pause und Präsentation Präsentation der Messtechnik durch die Firmen Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG OTT Hydromet GmbH Rittmeyer GmbH Niederlassung Süd SEBA Hydrometrie GmbH & Co. KG VEGA Grieshaber KG An fünf Stationen werden Sie über die neuesten Produkte und Verfahren der Anbieter informiert. An jeder Station erfolgt eine 15-minütige Präsentation. 4|
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 4 -5 13.30 -14.30 Mittagspause Exkursion 14.30 - 14.45 Einführung in die Exkursion Jakobine Biehl, Stadt Heilbronn 14.45 Exkursion Sperrtor, Schleuse und Hafen - ein Blick vom Neckar Bootsfahrt vom Götzenturm zur Insel 17.30 Ende der Veranstaltung |5
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 6 - 9 Probestau: Praktische Erfahrungen mit Pegeln und Messtechnik am Beispiel des Hochwasserrückhaltebeckens Cappel von Öhringen Horst Geiger 1. Kurzvorstellung des Hochwasserrückhalte- die Entscheidung, da nach Probestauvorschrift (vom beckens Cappel 31.8.2008) der Probestau mindestens für vier Tage zu halten war. Das der Stadt Öhringen gehörende und von ihr betrie- bene Hochwasserrückhaltebecken HRB Cappel (Tro- 4. Ablauf des Probestaus mit Feststellungen ckenbecken im Hauptschluss mit Qab = HQ25) hat ein Rückhaltevermögen von 320.000 m³. Dieses knappe Am Dienstag 7.12.2010 ab 9:45 Uhr begann der Stau in Rückhaltevolumen stellt für das 72 km² große Einzugs- Absprache mit dem zuständigen Landratsamt. Selbst- gebiet in Verbindung mit der unterhalb auf ein HQ25 verständlich wurden alle nötigen und auch interes- ausgebauten Ohrn nur ein Schutzgrad für ein HQ50 für sierenden Stellen darüber informiert und alle nötigen das Stadtgebiet sicher. Das Bauwerk wird ca. 1 km un- Schritte eingeleitet. Was leider nicht gelang - obwohl terhalb und nach Einmündung des größten Zuflusses eigentlich unter Vertrag – war, ein Team zur Durchfüh- wasserstandsabhängig gesteuert. Die Dammhöhe über rung der Durchflussmessung herbei zu bringen. Es gab Grund beträgt 6 m. Zur Regelung wurden drei Tafel- insgesamt fünf(!) Absagen, obwohl fast eine Woche Vor- schütze mit den Abmessungen von 3 x 2,5 m und zur laufzeit bestand. Hochwasserentlastung drei Stauklappen mit den Ab- Da die Steuerautomatik normal unterwasserabhängig messungen von 3 x 1,50 m angelegt, die den maximal läuft, musste der Stauwärter bei jedem Regen das mitt- zulässigen Stau von 235,00 mNN wegen der Oberlieger lere Tafelschütz manuell öffnen bzw. wieder schließen, gezielt mit Gegengewichten halten. Sowohl für das HRB um den Stauspiegel auf der vorgegebenen 233,75 mNN selbst als auch für die Stauklappen gab es einschlägi- zu halten. Der höchste Stau lag bei 233,80 mNN - also ge Modellversuche. Das Bauwerk wurde am 20.7.2007 es gelang sehr gut, obwohl wir gerne die Stauklappen eingeweiht. getestet hätten. Diese waren nur knapp 30 cm einge- staut. 2. Randbedingungen zum Probestau In Absprache mit dem planenden Ingenieurbüro Fritz erfolgte das Ablassen am Montag 13.12.2010 ab 14:15 Sowohl nach dem Regelwerk (DIN 19700 Teil 12 Nr. 9.5), Uhr: alle 5 Minuten wurde das mittlere Schütz um 5 % dem Planfeststellungsbeschluß des Landratsamtes weiter geöffnet und damit eine kleine Hochwasserwel- Hohenlohekreis vom 2.3.2005 unter Nummer III 5.10 le produziert. Das Becken mit seiner Füllung von rund als auch dem Abnahmeprotokoll der Bauleistungen 200.000 m³ war gegen 17:35 Uhr leer. Am Landespegel vom 24.5.2007 sollte ein Probestau vor Ablauf der Ge- Ohrn in Ohrnberg kam die Welle gegen 18:30 Uhr noch währleistung (vier Jahre) erfolgen. Mindestens ¾ des mit einer Erhöhung um Q = ca. 20 m³/s an (insgesamt Vollstaus (Zv): 233,75 mNN ergibt ein Einstauvolumen nicht mal HQ2). Selbst beim Kocherpegel Stein war die von 170.000 m³. Damit sind rund 11 ha überflutet. Welle mit einer Erhöhung des Wasserstandes von 30 cm Eine Mindestwasserabgabe von 800 bis 1000 l/s (MQ) um 22:30 Uhr noch festzustellen. Da leider keine Ab- ist dabei einzuhalten. Das Regenereignis muss mindes- flussmessung am Steuerpegel erfolgte - das muss drin- tens 30-50 l/m² bzw. die HW-Warnstufe gelb (HQ2) sein. gend nachgeholt werden - kann der Abfluss dort nur Der Probestau sollte außerhalb der Vegetationsperiode anhand der vorliegenden hydraulischen Berechnungen sein. zu Q = 25 bis 35 m³/s geschätzt werden. Der Stauwärter war dabei über 70 Stunden im Einsatz, 3. Wahl des Zeitpunktes zum Probestau unterstützt durch seinen Stellvertreter weitere 20 Stun- den. Der Betriebsbeauftragte war mindestens 50 Stun- Da es seit der Fertigstellung keine nennenswerten Er- den vor Ort im Einsatz, weitere ungezählte Stunden zu eignisse gab, begünstigte kurz vor Ablauf der Gewähr- Hause. leistung, ein kleines Ereignis im Dezember 2010 mit Ein geringer Schaden an den landwirtschaftlichen Kul- Vorregen, Schneelagen und durch den virtuellen Re- turen und die Kosten der Aufwendungen zur Besei- genschreiber VRS vorhergesagten weiteren deutlichen tigung von Anlandungen wurden in Abstimmung mit Niederschlagsmengen, die Entscheidung. Der zum fol- dem Landwirtschaftsamt den betroffenen Landwirten genden Wochenende hin gemeldete Frost bestärkte erstattet. 6|
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 6 - 9 Für den homogenen Damm wurden Setzungs- und men ein Serviceeinsatz organisiert, bei dem ein uner- Porenwasserdruckmessungen durchgeführt. Es wurde klärlich erhöhter Materialverschleiß am Schneckenrad versucht, alles Mögliche beim Probestau zu dokumen- des Getriebes (Messing) festgestellt wurde. Das Schne- tieren. ckenrad wurde freundlicher Weise auf Kulanzbasis ausgewechselt. Beim weiteren Tafelschütz war alles in Treibzeug Ordnung. Es wurde bestätigt, dass keine Bedien- und Wartungsfehler begangen wurden. Der Grobrechen wurde einige Zeit vor dem Probestau Auf die vorgesehenen aber leider nicht stattgefundenen vom Treibzeug freigeräumt. Das Räumgut wurde nicht Durchflußmessungen zum Steuerpegel wurde bereits sofort abgefahren und blieb im Stauraum zum Abtrock- hingewiesen. nen zurück. Im Zuge des Einstaus schwamm ein Haufen mit größeren Stämmen und Hölzern auf, der mit feine- Absperrungen rem Material blieb liegen. Selbstverständlich trieb die- ses sperrige Schwimmgut auf die Stauklappen zu und Beim Einstau wird plangemäß sehr bald der tiefer lie- es begannen ernsthafte Überlegungen, um es zu besei- gende Teil der Landesstraße L 1049 überflutet. Die tigen. Der aufkommende Sturm ließ das Schwimmgut durch behördliche Anordnung nach Polizeiaussagen dann an unkritischer Stelle am Ufer anlanden. mustergültig erfolgten Absperrungen wurden durch einige Verkehrsteilnehmer (ob jung oder alt) schlicht Fotodokumentation mit Helikopter nicht beachtet. Diese fuhren ins Wasser und mussten durch den Abschleppdienst geborgen werden - versi- Da in der Nachbarschaft eine Firma mit charterbaren cherungstechnisch sicher auf eigene Verantwortung. Helikopter ansässig ist, mit deren Hilfe zu anderen An- Zahlreiche Verkehrsteilnehmer zeigten kein Verständnis lässen bereits Bilder aus der Luft gemacht wurden, war wegen der Sperrung. Diese standen wohl unter erhebli- schnell ein Flugtermin bei einem sehr günstigen Preis chen beruflichen Zeitdruck. Aufgrund der Absperrungen abgesprochen. Bei klarem aber sehr frostigem Wetter musste der öffentliche Nahverkehr und der Räum- und konnten durch einen befreundeten und mit Helikopter Streudienst kurzfristig modifiziert werden. geübten Fotografen hervorragende Bilder vom teilge- füllten HRB aufgenommen werden, mit deren Hilfe der Ablassen Umfang der Überflutung gut belegt werden kann. Durch den erst sehr späten Einstau (erst ab HQ25) kann eine Beim Ablassen des Einstaus wurden durch die Anwe- Flutung möglicherweise in den nächsten Jahren nicht senden zum ersten Mal die auftretenden Wassergewal- mehr erlebt und aufgezeigt werden. ten im Tosbecken erlebt. Sehr interessant zu beobach- ten waren die Luftaufnahmen im Stau besonders an Probleme den Wangen des Tafelschützes. Auf Wunsch können die dazu entstandenen kleinen Filme zur Verfügung ge- Ein bedeutendes Problem zeigte sich am Montag vor stellt werden. Auch wurden die dabei entstehenden Vi- dem Ablassen. Zur Regelung des Staus wurde seither brationen im Dammkörper festgestellt, die über die Be- ausschließlich das mittlere Tafelschütz verwendet. Bei tonwände übertragen werden. Nur bei einem planmäßig dem hohen Wasserdruck sollten auch die beiden an- regelmäßigen Betrieb des Tafelschützes müssten dazu deren Tafelschütze getestet werden. Kurz nach Öffnen ergänzende Belüftungseinrichtungen montiert werden. löste der Überlastschutz des AUMA Stellantriebes eine Der planmäßige Betrieb des HRB findet aber extrem Störung aus. Das Schütz wurde danach mit der Rohr- selten erst ab HQ25 statt. zange (des glücklicherweise vorhandenen Werkzeuges), die am Horizontalgestänge zum Getriebe angesetzt 5. Messdatenabgleiche wurde, und dem Handrad mit vereinten Kräften manuell wieder geschlossen. Obwohl die Gewährleistung von Um die Öffentlichkeit zum Ablaufen von Hochwasser bewegten Teilen nach zwei Jahren schon abgelaufen und zum Betrieb des HRB auf moderne Weise infor- war, wurde gemeinsam mit den ausführenden Baufir- mieren zu können, werden kontinuierlich Betriebsdaten |7
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 6 - 9 sowie Wasserstandsdaten der Landespegel und der rung. Schließlich sind die eingerichteten Messtechniken eigenen Online-Pegel über das wasserwirtschaftliche und deren Aufzeichnungen mindestens beim Probestau Verbundleitsystem ins Internet gestellt. Mit zahlreich und danach in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. angelegten ergänzenden Lattenpegelstandorten ließen Auf die Messdaten muss man sich verlassen können. sich mit deren Ablesungen hydraulische Nachrechnun- Obwohl von Öhringen eine Firma zur Durchführung der gen durchführen. Über den Probestau und hier beson- Durchflussmessungen lang vorher beauftragt war, ka- ders über die Aufzeichnungen der beobachteten ablau- men diese Messungen nicht zustande, weil alle Geräte fenden künstlichen kleinen Hochwasserwelle konnten im Einsatz waren. Hier wird angeregt, dass z.B. eine re- die Anzeigen mit den Ablesungen verglichen werden. gionale gemeinschaftliche Lösung (Anschaffen eigener Dabei wurden zum Teil sehr gravierende Abweichungen Messgeräte mit Einweisung einzelner Personen) zu- festgestellt. Am schlimmsten war die Abweichung der stande kommt. Auf die Herstellung und Fortschreibung Daten der Internet-Seite. Die Aktualisierung erfolgte nur wirklich nutzbarer Q / h - Beziehungen zumindest zum alle zwei Stunden und wurde daher zwischenzeitlich auf Steuerpegel kann nicht verzichtet werden. Bei Anbin- ¼ Stunde verändert. Es wäre schade, wenn die gute dung der online-Informationen zum HRB und der eige- Nutzung dieses Informationsweges durch die Bürger nen Pegel in FLIWAS kann einheitlich die FLIWAS-Zeit sonst darunter leiden würde. verwendet werden. Dabei wurde auch festgestellt, dass die zur Sicherheit eingerichtete zweite Radarsonde eine Abweichung von Auf Bilder wird hier verzichtet und ausdrücklich auf den 60 cm aufwies. Das kann nicht akzeptiert werden und Bericht zum Probestau im Internet verwiesen (siehe Li- ist zwischenzeitlich justiert. Bei der Dokumentation der teratur). Der Bericht wird demnächst anhand der weite- verschiedenen Anzeigen zum HRB wurde ein weiteres ren Ergebnisse und Entwicklungen fortgeschrieben. Problem erkannt: unterschiedliche Uhrzeiten. Sowohl das Display, das Telefon im Betriebsgebäude, die Han- dys oder das Digifoto, als auch der Leitsystemzeit wa- Literatur ren unterschiedlich. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass die cpu-Zeit im Betriebsgebäude auch abwich. [1] http://www.oehringen.de/fileadmin/files/Buerger- Eine Dokumentation ist dann eigentlich nicht möglich. Info/Staedtische Einrichtungen/Hochwasseschutz/ Derzeit ist man dabei, dieses Thema so zu lösen, dass DokuProbestauHRB2010_12.pdf eine Funkuhr im System die „Masterzeit“ eines Servers [2] Geiger, H.: Exkursion zu HRB-Bauwerken im west- vorgibt, der dann stündlich das ganze Leitsystem mit lichen Hohenlohekreis. allen Außenstationen (cpu`s) justiert. Das scheint die In: Berichtsband 17. Jahrestagung 2010. S. 62-66 Lösung zu sein. [3] Geiger, H.: Vom Hochwasserschutzkonzept zum Obwohl zuvor schon ständig Kontrollen an den Mes- Hochwasserrisikomanagement. seinrichtungen erfolgten, deckte der Probestau deutli- In: Wasserwirtschaft 101 (2011) Heft 11, S. 40-44. che Defizite bei den Messdaten auf, die es nicht geben sollte. Auf die Messdaten muß man sich verlassen kön- nen. 6. Fazit Besonders für Neulinge im Bereich des Betriebs von Anschrift des Verfassers Hochwasserrückhaltebecken sollte versucht werden, das noch unbekannte Bauwerk ohne Stress und Hek- Horst Geiger tik kennen zu lernen und zu erfahren / erleben. Inso- Stadt Öhringen fern ist die Wahl des Zeitpunktes zum Probestau be- Marktplatz 15, 74613 Öhringen sonders wichtig. Es sollte kein deutliches Hochwasser horst.geiger@oehringen.de angekündigt sein. Da der Verfasser bereits einige Be- triebserfahrungen an HRB auch bei seltenen Hochwas- serereignissen aufwies, konnte beim Probestau immer die nötige Ruhe bewahrt werden, die sich dann auf den Stauwärter samt Stellvertreter übertrug. Alle Einrichtun- gen und Anlagen sind beim Probestau zu testen und bei Bedarf nachzurüsten bzw. defekte Teile zu erneuern. Ebenso sind noch nicht vorhandene und doch nötige Gerätschaften (z.B. Bootshacken zum Abweisen von Treibzeug) anzuschaffen. Es sollten nach Möglichkeit alle möglichen Dokumentationen hierbei besonders per Foto durchgeführt werden zur eventuellen Beweissiche- 8|
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 6 - 9 |9
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 Notwendigkeit zuverlässiger Pegeldaten Thiele Brandt, Stefan Wallisch 1. Bedeutung von Pegeln ausreichend, um Hochwasserschutz zu betreiben oder Hochwassergefahrenkarten u. a. zu erstellen. Vielmehr An Pegeln wird der Wasserstand kontinuierlich aufge- bedarf es neben der kontinuierlichen Aufzeichnung zeichnet. Daraus wird die Wasserstandsganglinie W(t) des Wasserstandes auch einiger Messungen des Ge- dieses Gewässerquerschnitts ermittelt. Dermaßen sys- schwindigkeitsprofils, um Wertepaare für die Abflüsse tematische Beobachtungen der Gewässer erfolgen seit Q bei bestimmten Wasserständen W zu erhalten. Aus Beginn des 19. Jahrhunderts. Davor wurden an expo- diesen Wertepaaren wird dann eine Wasserstand-Ab- nierten Stellen und in Chroniken lediglich extreme Ab- fluss-Beziehung, die sogenannte Pegel- oder Abfluss- flusszustände bei Niedrigwasser und insbesondere bei kurve Q = f (W) entwickelt. Hochwasser markiert und beschrieben (Abbildung 1). Damit ist es möglich, die Wasserstandsganglinie W(t) in eine Abflussganglinie Q(t) umzurechnen, die die Grund- lage für die Bearbeitung nahezu aller wasserwirtschaft- lichen Fragestellungen bildet. Die Güte der Abflussganglinie Q(t) entspricht somit – von Messfehlern abgesehen – der Güte der Abflusskurve Q(W). 2. Pegelnetz in Baden-Württemberg Die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württem- berg mit Sitz in Karlsruhe betreibt ein Pegelnetz mit über 200 Pegeln (Abbildung 2). Die zugehörigen Pegeldaten Q und W sind kontinuierlich im Internet unter www.hvz.baden-württemberg.de abrufbar. Wie die Übersicht über das Taubereinzugsgebiet in Ab- bildung 3 exemplarisch zeigt, ist die Anzahl der Pegel- stellen in den letzten Jahren geringer geworden, was wohl folgende Ursachen hat: - Die sorgfältige Datenerhebung ist aufwändig. Deshalb muss sich auf weniger Pegelstellen konzentriert werden, denn keine Daten sind besser als falsche Daten. - Der Abfluss in immer mehr Gewässerabschnitten ist durch anthropogene Einflüsse überprägt, sei es im Nied- rigwasserbereich durch Entnahmen und Kläranlagen oder im Hochwasserbereich durch Gewässerausbau und Rückhaltungen. Damit reduzieren sich die Möglichkeiten für die Einrich- tung geeigneter Pegelstellen. Abb. 1: Hochwassermarken an einem Gebäude 3. Abflusskurven Abflusskurven sind „qualifizierte“ Ausgleichskurven durch die zeitgleich erhobenen Wertepaare W und Q. Dabei gibt es allerdings einige Umstände, die es zu be- Allerdings lassen sich wegen der Unstetigkeit des Fließ- achten gilt. querschnittes Wasserstände kaum extrapolieren und kaum auf andere Gewässerquerschnitte übertragen. Extrapolation der Abflusskurve Damit sind die registrierten Wasserstände allein nicht Da häufig Messungen (Wertepaare W und Q) bei Hoch- 10 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 Abb. 2: Übersicht über das Pegelnetz der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg (Quelle: www.hvz.baden-wuerttemberg.de) Abb. 3: Übersicht über die Gewässerpegel im Einzugsgebiet der Tauber | 11
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 wasser fehlen, muss die Abflusskurve extrapoliert wer- Die Extrapolation wird häufig über die Fließformel von den. Besonders unsicher wird diese Vorgehensweise, Manning-Strickler vorgenommen, in dem aus vorliegen- wenn der Extrapolationsbereich größer als der durch den Messpunkten der Faktor Messungen abgesicherte Bereich ist, d.h. Messwerte kSt · J½ = Q · UMess2/3 / AMess5/3 nur im Bereich von Niedrig- und Mittelwasserabflüssen UMess = zum Abfluss QMess gehöriger benetzter Umfang vorliegen. Ein Beispiel für diesen Fall ist der Pegel Au- AMess = zum Abfluss QMess gehöriger Fließquerschnitt mühle am Mühlbach bei Darmstadt gebildet wird. Unterstellend, dass dieser Faktor auch bei höheren Abflüssen konstant bleibt, können extrapolierte Abflüsse QEx aus der Querschnittsgeometrie AEx (W) und UEx (W) berechnet werden: QEx = kSt · J½ · AEx5/3 / Uex2/3 = QMess (AEX / AMess)5/3 · (UMess / UEx)2/3 Die hierbei angenommene Konstanz des Faktors kSt · J1/2 ist aber beileibe nicht immer gegeben, z. B. wenn eine rückstauende Brücke, veränderter Böschungsbe- wuchs oder Ausuferungen für Unstetigkeiten sorgen. Ausuferungen Ufert es im interessierenden Hochwasserbereich bereits aus oder ist der Pegel umläufig, so steigt die Schwierig- keit, eine verlässliche Abflusskurve für diesen Bereich festzulegen. Am Beispiel des in Abbildung 4 gezeigten Pegels Aumühle ist festzustellen, dass die Abflusskurve auf die sprunghafte Querschnittserweiterung nicht re- agiert, was nicht richtig ist. Abb. 4: Pegel Aumühle am Mühlbach bei Darmstadt Abb. 5: Amtliche Abflusskurve des Pegels Aumühle mit gemessenen Wertepaaren W/Q (gemessene Wertepaare W/Q: HLUG – Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie) 12 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 Streuende Messdaten 4. Überprüfung von Abflusskurven Streuende Wertepaare W und Q können verschiedene Ursachen haben: Pegelstellen sollten nur dort platziert werden, wo strö- - Messungen unterschiedlicher Qualität, mender Abfluss herrscht. Bei schießendem Abfluss - jahreszeitliche Schwankungen durch wäre die Steigung der Abflusskurve geringer und die Bewuchseinfluss, Messgröße Wasserstand schlechter zu erfassen. Beides - Änderung des Böschungsbewuchses, wirkt sich negativ auf die Aussagekraft der Abflusskurve - allmähliche Bettumlagerung (Auswirkungen bei klei- aus. Strömenden Abfluss an der Pegelstelle vorausge- nen Abflüssen am deutlichsten). setzt, verbleiben zwei Möglichkeiten, die Abflusskurve Ein Beispiel für einen Pegel mit streuenden Wertepaa- zu verifizieren: ren W und Q ist der Pegel Schorndorf an der Rems. - rechnerischer Nachweis durch Spiegellinienberech- nungen (1 D, 2 D), wobei die untere Randbedingung so weit entfernt liegen muss, dass sich diesbezüg- lich unsichere Annahmen am Pegel nicht auswirken - weitere Messungen im Extrapolationsbereich, wo- bei die höheren Abflüsse evtl. durch das Ablassen von Stauanlagen o.ä. künstlich erzeugt sein können Für 1D-Spiegellinienberechnungen sind nur Gewässer- profile im Unterwasser des Pegels (strömender Abfluss) erforderlich. Bei Verwendung eines 2D-Ansatzes ist darüber hinaus auch ein ausreichend langer Gewässer- abschnitt im Oberwasser des Pegels im Modell abzu- bilden, um in Höhe des Pegels eine ausgebildete, von Randeinflüssen freie Lösung berechnen zu können. In- nerhalb der durch Erfahrungen abgesicherten Bereiche werden die Böschungs- und Sohlrauheiten für die vor Ort anzutreffenden „Materialien“ so festgelegt, dass die berechnete Abflusskurve die gemessenen Wertepaare von W und Q im Mittel möglichst gut nachbildet. Abb. 6: Pegel Schorndorf an der Rems Abb. 7: Amtliche Abflusskurve Pegels Schorndorf mit gemessenen Wertepaaren W/Q (gemessene Wertepaare W/Q: LUBW - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) | 13
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 Abb. 8: Amtliche Abflusskurve des Pegels Aumühle mit gemessenen Wertepaaren W/Q und gerechneter Abflusskurve Abb. 9: Amtliche Abflusskurve des Pegels Schorndorf mit gemessenen Wertepaaren W/Q und gerechneter Abflusskurve 14 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 10 - 15 Die über Spiegellinienberechnungen ermittelten Abflusskurven sind für die Pegel Aumühle und Schorndorf in Abbildung 8 bzw. in Abbildung 9 dargestellt. In beiden Fällen zeigen sich verblei- bende Unsicherheiten. Die Zuord- nung von Abflüssen zu höheren Was- serständen bleibt bei diesen Pegeln problematisch. 5. Hydraulische und hydrologische Erkenntnisse aus Pegeldaten Liegen gesicherte Abflusskurven vor, so können sie als Eichgröße zur (ab- schnittsweisen) Rauheitsfestlegung Abb. 10: Abflussspendendiagramm für einjährliche Ereignisse [1] der Unterwasserprofile herangezo- gen werden. Das Wissen um die bei allen Fließformeln benötigten Rauhei- ten entstammt zum guten Teil diesen Pegelinformationen. Noch deutlicher als bei der Hydraulik basiert unser hy- nungen die geeignete Methode zur Überprüfung von drologisches Wissen auf den Pegeldaten und der zu- Abflusskurven in Extrapolationsbereichen. verlässigen Umrechnung in Abflüsse. Denn aus den Generell ist die Überprüfung einer Abflusskurve angera- Abflussganglinien Q (t) der Pegelstellen werden über ten, wenn sie im Bereich der Hochwasserabflüsse nur statistische Verfahren die charakteristischen Abflüsse durch wenige Punkte belegt oder älter ist und auf ihrer - Niedrigwasser (z.B. NNQ, MNQ), Grundlage kostenintensive Investitionsentscheidungen - Mittelwasser MQ, getroffen werden sollen. - Hochwasser (z.B. HQ1, MHQ, HQ10, HQ100) berechnet. Mittels Normierung durch die Einzugsgröße Literatur Aeo werden daraus Abflussspenden q = Q/Aeo erhalten, die wiederum regionalisiert werden können. Nachfol- [1] Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfall- gende Abbildung 10 veranschaulicht dies exempla- wirtschaft und Kulturbau e.V. (2007): risch an den für die Auslegung von Misch- und Nie- Merkblatt M3: Ableitung von immissionsorientierten derschlagswassereinleitungen in Nordrhein-Westfalen Anforderungen an Misch- und Niederschlagswas- maßgeblichen 1-jährlichen Hochwasserabflussspenden sereinleitungen unter Berücksichtigung örtlicher flacher Gebiete. Verhältnisse Die Güte der Abflussspenden und aller darauf aufbau- ender Regionalisierungen ist damit direkt an die Güte der Pegeldaten gekoppelt. 6. Zusammenfassung Anschrift der Verfasser Pegeldaten bilden eine wesentliche Grundlage für na- hezu alle wasserwirtschaftlichen Vorhaben und den zu Dr.-Ing. Thiele Brandt ihrer Umsetzung zu erstellenden Planungen. Die Belast- Brandt Gerdes Sitzmann Wasserwirtschaft GmbH barkeit dieser Daten ist daher von besonderer Bedeu- Pfungstädter Straße 20 tung. Aufgrund vieljähriger Aufzeichnungen ist überwie- 64297 Darmstadt gend eine gute Abschätzung von Niedrig-, Mittel- und t.brandt@bgswasser.de Hochwasserabflüssen möglich. Insbesondere die Abschätzung von Hochwasserabflüs- Dr.-Ing. Stefan Wallisch sen verliert aber an Aussagekraft, wenn der Verlauf der Brandt Gerdes Sitzmann Wasserwirtschaft GmbH Abflusskurve am betreffenden Pegel nicht durch Mess- Pfungstädter Straße 20 werte belegt ist sondern durch Extrapolation ermittelt 64297 Darmstadt wurde. In diesem Fall sind Wasserspiegellinienberech- s.wallisch@bgswasser.de | 15
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 16 - 19 Mess- und Steuerungsanlagen von Einzelbecken am Beispiel des Kulturwehres Kehl/Straßburg Harald Klumpp 1. Der Rückhalteraum Kulturwehr Kehl/Straßburg Der Hochwasserrückhalteraum „Kulturwehr Kehl/Straß- burg“ (KWK) ist im Verbund mit den Poldern Altenheim I+II mit insgesamt 55 Mio. m³ (KWK allein 37 Mio. m³) der größte derzeit einsatzbereite Hochwasserrückhal- teraum am Oberrhein. Aufgrund seiner Größe leistet er seit 25 Jahren einen wesentlichen Beitrag für den Hoch- wasserschutz der Anlieger nördlich von Iffezheim. Abb. 2: Mosaikbild im Steuerstand der Wehranlage mit den Stauwärtern Herr Hurst und Herr Held [©Regierungspräsidium Freiburg] 3. Die Messeinrichtungen Oberflächenpegel im Rückhalteraum Gemäß DIN 19700 [1] [2] [3] wurde das Kulturwehr Kehl/ Abb. 1: Das Kulturwehr Kehl/Straßburg mit Blick nach Straßburg im Staubereich und im Unterlauf mit Pegeln Kehl bzw. Straßburg [Wolfgang Maerzke, versehen, deren Aufzeichnungen über landeseigene Sig- Maerzke Grafik Design, Leonberg; nalkabel kontinuierlich zur Leitwarte übertragen werden. ©Regierungspräsidium Freiburg] Alle Einrichtungen sind vor Ort mit Anzeigen ausgestattet. Mit den Druckluftpegeln (Einperlverfahren) im Oberwas- ser (D19) und im Unterwasser (D20) der Wehranlage wird Der Hochwassereinsatz erfolgt nach einem international durch den Stauzielregler der Abfluss über das KWK ge- festgelegten Betriebsreglement. Er beginnt erst bei einem regelt. Der Druckluftpegel D13 am Zufluss in den Rück- Rheinabfluss von mehr als 3.800 m³/s am Pegel Karlsru- halteraum überwacht in Verbindung mit dem Abflusswert he/Maxau mit weiter steigender Tendenz des Hochwas- „Hauptwehr Straßburg“ den Zufluss in den Rückhalte- sers. Bisherige Hochwassereinsätze waren 1988, 1990, raum. im Februar und Mai 1999 sowie im Juni 2013. Die Erfassung der wichtigsten Mess- und Steuergrößen erfolgt aus Gründen der Betriebssicherheit und Verfüg- barkeit redundant. Hierzu werden zwei teilweise örtlich 2. Die Leitwarte im Steuerstand des Kulturwehres getrennte unabhängige Erfassungssysteme (Einperlver- fahren, Drucksonde) vorgehalten und im Bedarfsfall durch Die Überwachung und Steuerung des Kulturwehres das Wehrpersonal manuell umgeschaltet. Kehl/Straßburg und der südlich anschließenden Polder Die Kalibrierung der Messgrößen erfolgt im wöchentlichen Altenheim I+II erfolgt zentral über die Leitwarte, die auf bzw. 14-tägigen Turnus, der durch ein computergestütz- dem Steuerstand im Betriebsgebäude eingerichtet ist. tes Unterhaltungsprogramm je nach Bedeutung festge- Abhängig von der vom Hauptwehr Straßburg zugelei- legt wird. teten Wassermenge erfolgt die Regelung automatisch Hier wird durch Abgleich des Lattenpegels mit dem ge- durch die sechs Wehrsegmente. messenen Pegelwert und dem in die Leitwarte angezeig- Das analoge Mosaikbild, das als Handsteuerebene ten Wert der Übertragungsweg und die Funktion geprüft. dient, ermöglicht einen schnellen Überblick. Im Falle eines Totalausfalles der Pegeleinrichtungen bei Hochwasser besteht die Möglichkeit, den Wasserstand In den Steuerstand werden alle betriebsrelevanten an der Pegellatte abzulesen und per Mobiltelefon oder Mess- und Steuerungsdaten übertragen. Betriebsfunk in die Leitwarte weiterzugeben. 16 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 16 - 19 Abb. 3: Lageplan der Oberflächenpegel (Druckluftpegel) Abb. 5: Oberflächenpegel D20 im Unterwasser des in den Rückhalteräumen Kulturwehres Kehl/Straßburg [©Regierungspräsidium Freiburg] [©Regierungspräsidium Freiburg] Abb. 4: Oberflächenpegel D19 im Oberwasser des Abb. 6: Oberflächenpegel D13 im Zulaufbereich des Kulturwehres Kehl/Straßburg Rückhalteraumes Kulturwehres mit zusätzlichem [©Regierungspräsidium Freiburg] Lattenpegel [©Regierungspräsidium Freiburg] | 17
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 16 - 19 Grundwasser-Warnpegel zum Schutz der Ortslagen In der angrenzenden Ortslage Marlen ist ein Grundwas- ser-Warnpegel installiert, der routinemäßig einmal pro Tag über Telefon von der Leitwarte abgerufen wird und seine gespeicherten Messwerte überträgt. Zusätzlich ist die Messwerterfassung so programmiert, dass bei einem bestimmten Grenzwert eine Übertragung vom Pegel zur Leitwarte erfolgt. Abb. 8: Wehranlage mit sechs Wehrverschlüssen bei Hochwasser [©Regierungspräsidium Freiburg] Die Öffnungsweite der Wehrverschlüsse am KWK wer- den mit zwei unabhängigen Winkelcodierer (Drehgeber) am Vorortsteuerstand im jeweiligen Wehrpfeiler erfasst und auf getrennten Leitungen in die Steuerwarte über- tragen. Abb. 7: Grundwasser-Warnpegel in der Ortslage Kehl- Marlen [©Regierungspräsidium Freiburg] Verschlussorgane Die Kombination eines Staubalkenwehres mit einer fes- ten Schwelle ist auf die besondere Doppelfunktion des Kulturwehres zurückzuführen: - Im Normalbetrieb wird der Restrhein aufgestaut und der Durchfluss bis zu 35 m³/s durch die Turbine der Wasserkraftanlage am Kulturwehr geleitet. Bei grös- seren Wassermengen wird die mittlere feste Schwelle überströmt. Durch den Dauerstau wird der binnensei- tige Grundwasserspiegel gestützt. - Bei Hochwasser wird der Rückhalteraum durch die links und rechts neben der festen Schwelle gelegenen sechs Verschlussorgane - sogenannte Drucksegmen- Abb. 9: Vorortsteuerstand im Wehrpfeiler der te - gesteuert (gefüllt oder entleert). Wehranlage [©Regierungspräsidium Freiburg] 18 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 16 - 19 Die Wehröffnung wird sowohl am Vorortsteuerstand im 6. Kommunikation Wehrpfeiler wie auch am Mosaik in der Steuerwarte an- gezeigt. Bei unterschiedlichen Segmentöffnungen wird Für den Betrieb einer Hochwasserschutzanlage muss ein Messwertfehler als Alarm ausgegeben. es eine sichere Kommunikation zwischen Bediensteten, Betriebsleiter und anderen betroffenen Stellen bestehen. Da im Hochwasserfall mit dem Ausfall der öffentlichen 4. Die Steuerungsanlagen Telefonverbindungen und Mobilfunkstrecken gerechnet werden muss, wird am KWK auch der Betriebsfunk wei- Alle relevanten Meldungen und Messdaten werden von terbetrieben. Alle Fahrzeuge für den Betriebshof KWK den Außenstationen über ein Kupferkabel mit dem ein- sind mit Funkgeräten ausgerüstet. Zusätzlich stehen für gesetzten Rittmeyer - Fernwirkprotokoll online auf das den Notfall noch fünf Handfunkgeräte zur Verfügung. Mosaikbild, in den Normalstauregler (OW/Q-Regler) und die Prozess- und Datenhaltungsrechner in der Steuer- warte übertragen. Literatur Im Normalbetrieb wird ein konstanter Wasserspiegel im Oberwasser des Kulturwehres durch eine Siemens SPS [1] DIN 19700-10:2004-07 (2004): „Stauanlagen - Teil 10: (Speicher Programmierbaren Steuerung) gehalten. Die Gemeinsame Festlegungen“; Normenausschuss Koppelung der SPS mit den Vorortsteuerständen erfolgt Wasserwesen (NAW) im DIN Deutsches Institut für im Übergabeschrank. Der Zentralrechner in der Steuer- Normung e.V., Beuth Verlag GmbH, Berlin warte übernimmt außerdem noch folgende Aufgaben: [2] DIN 19700-11:2004-07 (2004): „Stauanlagen -Teil 11: - Archivierung aller eingehenden Daten und Mess- Talsperren“; Normenausschuss Wasserwesen werte, sowie der abgeleiteten und errechneten (NAW) im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Werte und Störmeldungen Beuth Verlag GmbH, Berlin - Berechnung der Rückhaltevolumina und Abflüsse [3] DIN 19700-12:2004-07 (2004): „Stauanlagen - Teil 12: - Anzeigen von Tätigkeitsempfehlungen Hochwasserruckhaltebecken“; Normenausschuss Wasserwesen (NAW) im DIN Deutsches Institut für Außerdem ist ein Leitstellensystem für die binnenseiti- Normung e.V., Beuth Verlag GmbH, Berlin gen Schutzmaßnahmen in den angrenzenden Ortslagen Kehl-Marlen und Kehl-Goldscheuer am Kulturwehr Kehl/ Straßburg vorhanden. Dies ist primär für die Steuerung und Überwachung der Anlagen der Schutzmaßnahmen Anschrift des Verfassers in den angrenzenden Ortslagen vorgesehen und stellt gleichzeitig eine Redundanz zum Zentralrechner und Harald Klumpp der Fernwirkstation dar, die alle wesentlichen Meldun- Regierungspräsidium Freiburg gen und Mess- und Zählwerte parallel zum Leitsystem Abt. Umwelt, Ref. 53.3 (Integriertes Rheinprogramm) auch direkt auf die Mosaikwand ausgeben. Dienstsitz Offenburg Wilhelmstraße 24 77654 Offenburg 5. Anlagenkontrolle harald.klumpp@rpf.bwl.de Im Rahmen der Eigenkontrolle werden turnusgemäß Sicht- und Funktionskontrollen an den Bauwerken, Mess- und Steuerungsanlagen nach einem compu- tergestützten Prüf- und Instandhaltungsplan durchge- führt. Nicht planbare Ereignisse (Störungen) wie Über- oder Unterschreiten des Beckenwasserstandes, Ausfall einer Pegelmessung oder erhöhte Zu- bzw. Abflüsse werden sofort per Cityrufpager an die Rufbereitschaft übermit- telt. Hierdurch ist eine kontinuierliche Überwachung und Einsatzbereitschaft gewährleistet. | 19
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 20 - 23 Datenmanagement eines Beckensystems Gerold Werner 1. Vorgehensweise, Notwendigkeit, Beispiele aus Hochwasserschutz Einzugsbereich Elsenz-Schwarzbach der Praxis wurde 1997 gegründet. Bis heute sind 40 Hochwasser- schutzmaßnahmen fertig gestellt. Die bisherige Investiti- Im Einzugsgebiet von Elsenz und Schwarzbach gab es onssumme beträgt rund 43 Millionen Euro. 1993 und 1994 zwei große Hochwasserereignisse. Der bezifferte Sachschaden lag bei 150 Mio. Euro – der un- Das festangestellte Betriebspersonal des Zweckver- bezifferte Schaden lag mehrfach höher (zwei Todesopfer, bandes besteht aus drei Personen. Die Stauwärter sind viele Firmenschließungen, Arbeitsplatzverluste, Sach- selbständige Landwirte, die auf Basis von Verrech- schäden, usw.). Das Hochwasserschutzkonzept sieht nungssätzen mit ihrem Personal und Gerät alle Arbei- eine Kombination von 50 Hochwasserrückhaltebecken ten an den Anlagen des Zweckverbandes erledigen. (HRB) und 36 Gewässerbaumaßnahmen vor. Das gesam- Der Zweckverband selbst besitzt also keinen Betriebs- te Einzugsgebiet ist 540 qkm groß. Der Zweckverband hof mit Gebäude, Personal, Fuhrpark und Geräten. Die 20 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 20 - 23 Stauwärter besuchen den Ausbildungskurs der WBW Die Hochwasserrückhaltebecken sind je nach Betriebs- Fortbildungsgesellschaft, werden jährlich weiterge- art (gesteuert/ungesteuert) unterschiedlich ausgestat- schult, und nehmen an den Anlageschauen teil. Mit der tet. Wichtig ist, dass die Messtechnik zuverlässig ist Vielzahl der Stauwärter ist der Zweckverband flexibel und ständig funktionsfähig betrieben wird. Dazu gehö- beim Besetzen der Stauanlagen bei einem Hochwas- ren auch die Auswertungs- und Übertragungssysteme. ser. Aber umso wichtiger ist es dann, alle Informationen Die vor Ort gemessenen Werte werden an das Prozess- zum aktuellen Status der Hochwasserschutzanlagen leitsystem ins Internet übertragen. Der Vorteil eines und des Hochwasserereignisses zu bekommen. Und internetbasierenden Prozessleitsystems ist, dass man hier kommen wir zur Messtechnik und zum Überwa- sich im Büro oder von zu Hause aus, bzw. von jedem chungssystem. Zur Information, wo geschieht gerade Punkt mit Internetanschluss, in das Prozessleitsystem was, zur Koordination von weiteren Alarmierungen und einwählen kann, wenn die Alarmmeldungen über stei- Maßnahmen ist eine Mess-, Überwachungs- und Über- gende Pegel auf dem Handy eingehen. tragungstechnik erforderlich. Wir können nicht überall gleichzeitig sein. Bei einer Einzugsgebietsfläche von Konkret kann jeder über www.zvhws.de die Homepage 540 qkm, auf der die Anlagen verteilt sind, müssen wir des Verbandes einsehen und gelangt von dort aus wei- uns über den aktuellen Stand der Hochwasserlage ins ter ins Prozessleitsystem, das hier der Einfachheit hal- Bild setzen. Durch die Internettechnologie ist gewähr- ber Hochwasser-Überwachungssystem genannt wird. leistet, dass alle Daten sofort aktuell zur Verfügung ste- Die Punkte auf der Karte des Zweckverbandes stellen hen. die einzelnen Pegel und HRB dar. Je nach Pegelstand | 21
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 20 - 23 ändern sich die Farben von grün über gelb bis rot. Bei Hochwasseralarm- und Einsatzplanes veranlassen. Eine Anklicken der Punkte, oder bei Auswahl eines HRB aus weitere Nutzung der Daten ist der Zugriff der Bevölke- der linksbündigen HRB-Liste, öffnet sich die Daten- rung, der Einrichtungen und Betriebe. Diese können er- Ansicht der gewünschten Hochwasserschutzanlage, heblichen Schaden verhindern, wenn sie sich mit den und es können die aktuellen Werte über Beckenpegel, richtigen Maßnahmen der Vorsorge auf das kommende Restvolumen usw. abgelesen werden. Bestimmte Funk- Hochwasser einstellen. Die gemessenen Hochwasser- tionen, wie das Einschalten des Lichts vor Ort, oder die daten werden an das Betriebsführungssystem übertra- Darstellung der Einstau/Abfluss-Statistik sind passwort- gen und finden, neben den Angaben zur Unterhaltung, geschützt. Da alle gesteuerten Anlagen auch mit einer Anlagenschau und Vermessung, Einfluss in den Jahres- Webcam ausgestattet sind, ist die Webcam-Übersicht bericht, bzw. Sicherheitsbericht. sehr hilfreich, um schnell zu erkennen, wo und wie sich das Hochwasser darstellt und entwickelt. Die Daten werden bei uns intern genutzt für Lagebe- richte, Alarmierungen, Besprechungen und Maßnah- men. Die Mitgliedsgemeinden selbst können anhand der ersichtlichen Lagen, ihre Maßnahmen anhand ihres 22 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 20 - 23 Anschrift des Verfassers Gerold Werner Zweckverband Hochwasserschutz Elsenz-Schwarzbach Hauptstr. 31 74915 Waibstadt zv-hochwasserschutz@waibstadt.de | 23
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 24 - 29 Exkursion: Mit dem Schiff auf dem Neckar in Heilbronn Jakobine Biehl Der Necker fließt auf einer Länge von rund 20 Kilome- Hochwassergeschehen in der Stadt Heilbronn tern durch die Gemarkung der Stadt Heilbronn; davon liegen circa fünf Kilometer direkt im Stadtgebiet. Seit Die Stadtchronik dokumentiert die Hochwasser der Jahrhunderten gilt der Neckar als „Schicksalsfluss der letzten Jahrhunderte. Vor allem in der ersten Hälfte des Stadt“. So beschrieb es auch der ehemalige Stadtpla- 19. Jahrhunderts gab es zahlreiche Ereignisse zu unter- ner und Heimatforscher Willi Zimmermann in seinem schiedlichen Jahreszeiten, im Winter teilweise mit Eis- gleichnamigen Buch, in dem die Rolle des Neckars in gang. Besonders dramatisch war ein Hochwasser, das der Wirtschaftsgeschichte Heilbronns dokumentiert ist. am 30. Oktober 1824 durch die Stadt floss. Am histo- Die letzten Jahrhunderte sind geprägt von zahlreichen, rischen Wilhelmskanal wurde ein Pegelstand von 6,87 zum Teil sehr heftigen Hochwasserereignissen, die Kon- Metern festgehalten. Der Abfluss wurde mit rund 2.400 sequenzen für den Aufbau und Betrieb von Wasserbau- Kubikmeter pro Sekunde angegeben. Zum Vergleich: anlagen nach sich zogen. In hochwasserfreien Zeiten beträgt der Neckarabfluss in der Stauhaltung circa 90 Kubikmeter pro Sekunde. Damals war das ganze Tal mit einem Teil der Stadt über- schwemmt. Ein Dammdurchbruch unterhalb des Stadt- gebiets führte zu erheblichen Schäden in der Gemeinde Horkheim. Auch 1931 war ein ähnliches Jahrhundert- hochwasser zu verzeichnen. Abb. 2: Hochwasser 1883: Heilbronn – Kirchbrunnenstraße [© Stadt Heilbronn; Stadtarchiv] Doch längere Zeiträume ohne Hochwasser führten auch dazu, dass das Bewusstsein für die Gefahren in überflu- tungsgefährdeten Gebieten in den Hintergrund rückte. Ein Baustein zur Bewusstseinserhaltung abgeflossener Ereignisse waren und sind Hochwassermarken, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts an Hausfassaden aufge- zeichnet wurden. Am Fleischhaus in der Innenstadt be- finden sich beispielsweise zwei Markierungen von 1817 Abb. 1: Der Neckar auf der Gemarkung der und 1824. Stadt Heilbronn Eine weitere Hochwassermarke befindet sich an einer [© Stadt Heilbronn; Vermessungs- und Katasteramt] Unterführung im Stadtteil Klingenberg. Hier sind haupt- 24 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 24 - 29 sächlich die Hochwasser des 20. Jahrhunderts verzeich- Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasser- net, von denen das höchste im Mai 1978 stattgefunden schutzes hat. Dabei überspülte das Wasser nahezu den Gehweg des Klingenberger Stegs, der die Ortsteile Klingenberg Seit dem katastrophalen Oder-Hochwasser des Jahres und Horkheim miteinander verbindet. 1997 arbeitet die Stadt Heilbronn intensiv an der Ver- Bei diesem Ereignis wurde ein Abfluss von 1.600 Kubik- besserung des regionalen Hochwasserschutzes. Mit meter pro Sekunde verzeichnet, der sich auch bei dem den bisherigen Schutzanlagen hat die Stadt zwar be- ähnlich großen Hochwasser von 1990 wiederholte. Die- reits einen guten Hochwasserschutz, doch nach neu- ser Wert entspricht einer statistischen Wiederkehrzeit esten Untersuchungen reichen die bisherigen Schutz- von unter 50 Jahren. Die Hochwassermarke im Stadtteil anlagen nicht aus, um größere Hochwasser schadlos Böckingen weist ebenfalls das Hochwasser von 1924 abzuwehren. Eine Vielzahl der Dämme und Deiche ent- als Ereignis mit dem höchsten Wasserstand auf. spricht heute nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Deshalb will die Stadt Heilbronn gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg bis zum Jahr 2025 insgesamt 36 Millionen Euro in den Hoch- wasserschutz am Neckar investieren. Ziel dabei ist es, Überschwemmungen vorzubeugen, die statistisch ge- sehen alle 200 Jahre auftreten (HQ200). Die gefährdeten Bereiche sind vor allem das Stadtzentrum, die an den Neckar angrenzenden Stadtteile und insbesondere das Industriegebiet am Neckar. Zahlreiche Einzelmaßnahmen zum Hochwasserschutz sollen in den nächsten Jahren verwirklicht werden. In der Summe sollen sie verhindern, dass der Neckar- kanal – auch im Bereich der Hafenbecken – sowie der alte Neckar im Stadtgebiet über ihre Ufer treten. Für die vorhandenen Überschwemmungsgebiete Horkheimer Insel, Böckinger Wiesen sowie Neckaraue sind keine zusätzlichen Maßnahmen geplant. Abb. 3: Hochwassermarken in den Stadtteilen Abb. 4: Hochwassergefahrenflächen im Bereich Heilbronn Klingenberg und Böckingen [Quelle: Institut für Wasser und Gewässerentwick- [© Stadt Heilbronn; Amt für Straßenwesen] lung, Bereich Wasserwirtschaft und Kulturtechnik] | 25
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg g 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 24 - 29 Hochwasserschutz an den Gewässern 2. Ordnung Als größtes Rückhaltebecken im Zweckverband Böllin- ger Bach wurde im Jahr 2012 das Gundelbachbecken An den Gewässern 2. Ordnung ist der Hochwasser- vor Biberach fertiggestellt und in Betrieb genommen. schutz bereits wesentlich weiter fortgeschritten. Ge- meinsam mit vielen Landkreiskommunen hat sich die Stadt Heilbronn zu mehreren Hochwasserschutzzweck- verbänden zusammengeschlossen. Im jeweiligen Flus- seinzugsgebiet wird hier der Hochwasserschutz ge- meinsam hergestellt. Der älteste der vier Hochwasserschutzzweckverbän- de ist der Wasserverband Sulmtal, der eine Fläche von rund 122 Quadratkilometern umfasst. Später wurden die Zweckverbände Leintal mit 119 Quadratkilometern, Böllinger Bachtal mit knapp 50 Quadratkilometern und Schozachtal mit rund 94 Quadratkilometer gegründet. Die nahezu 400 Quadratkilometer umfassende Fläche dieser vier Gewässereinzugsgebiete benötigt insge- samt 45 überörtlich wirkende Hochwasserrückhalte- becken für einen hundertjährlichen Hochwasserschutz (HQ100) der Ortslagen. 35 dieser Becken wurden bereits erstellt, zehn weitere sind in den nächsten Jahren noch Abb. 6: Gundelbachbecken vor Biberach zu realisieren. [© Stadt Heilbronn; Amt für Straßenwesen] Auf der Gemarkung der Stadt Heilbronn bestehen in- zwischen sieben Hochwasserrückhaltebecken, für drei weitere steht die Realisierung noch aus. In den letzten Jahren wurden einige Becken fertiggestellt, so 2010 Bereits 2005 wurde das bestehende Hochwasserrück- das Becken am Deinenbach vor Sontheim, das zum haltebecken Köpferstausee grundlegend saniert. Das Schozachverband gehört. Becken liegt inmitten des Naturschutzgebietes Köpfer- 2011 wurde das Hochwasserrückhaltebecken L16 im tal. Stadtgebiet Heilbronn-Frankenbach in Betrieb genom- Im Rahmen der Sanierung erfolgte gleichzeitig die Wie- men. Mit 270.000 Kubikmeter Stauraum ist es das größ- derherstellung der ökologischen Durchgängigkeit des te Becken im Leintalverband. Köpferbaches, der im Nebenschluss des Sees läuft. Abb. 5: HRB L16 in Heilbronn Frankenbach Abb. 7: Hochwasserrückhaltebecken Köpferstausee [© Stadt Heilbronn; Amt für Straßenwesen] [© Stadt Heilbronn; Amt für Straßenwesen] 26 |
Erfahrungsaustausch Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken in Baden-Württemberg 19. Jahrestagung 2012 - Berichtsband, S. 24 - 29 Schiffsexkursion auf dem Neckar in Heilbronn Im Anschluss an den Vortrag zum Hochwassergesche- hen in Heilbronn sowie der geplanten und realisierten Maßnahmen zum Hochwasserschutz fand eine zwei- stündige Schifffahrt auf dem Neckar mit dem Perso- nenschiff Neckarbummler statt. Die Fahrt begann an der Anlegestelle Badstraße am Westufer des Altneckars und endete an der Anlände des Bauhofes des Wasser- und Schifffahrtsamtes Stuttgart. Als erstes Wasserbauwerk passierte das Schiff das am Abzweig des Altneckars gelegene Hochwassersperr- tor, welches die wichtigste Hochwasserschutzeinrich- tung der Stadt Heilbronn ist. Das Sperrtor schützt die Innenstadt bereits bei kleinen Hochwasserereignissen. Diese Schutzmaßnahme hat höchste Bedeutung für die Heilbronner Innenstadt, denn bereits ab Ereignissen der Stärke HQ 20 käme es hier zu Überflutungen mit erheb- Abb. 9: Wehr- und Schleusenanlage der Neckarstaustufe lichen Schäden. [© Stadt Heilbronn; Vermessungs- und Katasteramt] Als bedeutendster Hafen am Neckar ist der Heilbronner Hafen der siebtgrößte Binnenhafen Deutschlands. Er ist Ausgangs- und Endpunkt für Schiffstransporte zu den großen nördlich gelegenen Seehäfen und besteht aus mehreren Hafenbecken. Hauptsächlich werden Mas- sengüter wie Kies, Sand, Steinsalz, Kohle, Mineralöle, Holz und Futtermittel umgeschlagen. Zunächst passierte das Schiff den Kanalhafen, danach den im Bereich der Altneckareinmündung gelegenen Salzhafen. Etwas weiter neckarabwärts befindet sich der Osthafen. Die Gesamtfläche des Hafengebiets be- trägt 78 Hektar, davon sind 27 Hektar Wasserfläche. Die Gesamtlänge der Kaianlage beläuft sich auf rund 7,7 Kilometer. Der Containerterminal ist die jüngste Ergänzung des Heilbronner Hafens. Er wurde nach 18-monatiger Bau- zeit im Juli 2012 mit Gesamtkosten von rund 17 Milli- onen Euro fertiggestellt und inzwischen in Betrieb ge- nommen. Auf einer 22 Quadratkilometer großen Fläche wurde ein Liegeplatz für ein Motorschiff sowie entspre- chende Kran- und Gleisanlagen geschaffen. Abb. 8: Hochwassersperrtor am Abzweig des Altneckars [© Gundo Klebsattel] Nach der Einbiegung in den Neckarkanal folgte als nächstes Wasserbauwerk die Wehr- und Schleusen- anlage Heilbronn. Während der Bauzeit in den Jahren 1948 – 1952 wurde die Baustelle mehrfach überflutet. Schleuse und Wehr sind Teil der Neckarstaustufe. Die Kammern der Doppelschleuse haben eine Größe von 107 x 12 Metern, die Fallhöhe beträgt 3,2 Meter. Auch das Kraftwerk Heilbronn und die kleinere Wilhelm- Abb. 10: Probebetrieb im neuen Containerterminal schleuse gehören zur Staustufe. [© Stadt Heilbronn; Hafenamt] | 27
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