Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster

Die Seite wird erstellt Helene-Marion Walther
 
WEITER LESEN
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Impulse_für die Region

Klimawandel – Was tun?
Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels

                                                   www.brms.nrw.de
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Seite 3

Inhaltsverzeichnis

 4 Einführung

 6 Wasser

16 Natur- und Artenschutz

20 Freiraumschutz

22 Siedlungsentwicklung

24 Anlagensicherheit

27 Landwirtschaft

28 Wald und Forstwirtschaft

30 Impressum
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Einführung   Seiten 4 / 5

Einführung
Der beschleunigte Klimawandel ist ein weltweites Phänomen. Er betrifft
alle Menschen, seine Auswirkungen sind regional jedoch sehr unter-
schiedlich. Im globalen Vergleich wird der Regierungsbezirk Münster in
den kommenden Jahrzehnten vergleichsweise moderat betroffen sein.

Doch nachweisbare Auswirkungen werden auch        sche Bereiche können sich in Hitzeperioden           Info
                                                                                                       Der Klimawandel
in unserer Region spürbar sein und die Bezirks-   stark aufheizen und die Bewohner gesundheit-         ist auch im Regie-
regierung Münster vor neue Herausforderungen      lich belasten. Im Bereich des Hochwasserschut-       rungsbezirk Münster
stellen. Da es um ein globales Phänomen mit       zes wirken sich die veränderten Anforderungen        längst angekommen.
lokalen Auswirkungen geht, ist es wichtig, auf    auf die Ausweisung von Überschwemmungsge-            Aufzeichnungen der
                                                                                                       Lysimeterstation St.
regionaler Ebene in verantwortlicher Weise in     bieten und Siedlungsflächen in Gewässernähe
                                                                                                       Arnold, wo seit dem
Abstimmung und Verzahnung mit den anderen         aus. Den Auswirkungen des Klimawandels
                                                                                                       Jahr 1965 hydrologi-
Akteuren zu handeln.                              müssen wir uns anpassen und gleichzeitig die         sche und meteorolo-
                                                  von Menschen verursachten Änderungen durch           gische Daten erhoben
Viele Kommunen arbeiten sehr aktiv an lokalen     Klimaschutz verringern.                              werden, belegen, dass
Maßnahmen zum Klimawandel und Klima-                                                                   sich die durchschnittli-
                                                                                                       che Jahrestemperatur
schutz. Als erstes Bundesland hat NRW am          In ihrem Positionspapier zu erneuerbaren
                                                                                                       in den vergangenen
Anfang 2013 ein Klimaschutzgesetz verabschie-     Energien hat die Bezirksregierung Münster 2012       47 Jahren um mehr als
det, das die Festlegung von Klimaschutzzielen     Möglichkeiten dargestellt, durch regenerative        1 °C erhöht hat.
sowie die Erarbeitung, Umsetzung, Überprü-        Energien den Ausstoß von Treibhausgasen im
fung und Fortschreibung von Klimaschutz- und      Regierungsbezirk nachhaltig zu verringern.
Klimaanpassungsmaßnahmen verbindlich              Zudem hat die Fachhochschule Münster im
festschreibt. Bereits 2009 legte die Landes-      Auftrag der Bezirksregierung ein Gutachten
regierung eine umfassende Strategie zur           erarbeitet, das die Energieversorgung und die
Anpassung an den Klimawandel in NRW vor.          energiebedingten CO2 -Emissionen im Münster-
Vorausgegangen waren 2007 das Grünbuch            land beschreibt.
der Europäischen Union zur Anpassung an den
Klimawandel in Europa und 2008 die „Deutsche      Als Bündelungsbehörde verfügt die Bezirksre-
Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ der       gierung Münster über ein breites Spektrum an
Bundesregierung.                                  Fachwissen in der Wassermengenbewirtschaf-
Die vorliegende Strategie der Bezirksregierung    tung, der Gewässerentwicklung, dem Hochwas-
Münster knüpft an die Bestandsaufnahmen und       serschutz, der Anlagensicherheit, der Abfall-
Prognosen des NRW-Konzeptes an und stellt re-     wirtschaft, dem Natur- und Landschaftsschutz
gional mögliche und sinnvolle Maßnahmen dar.      sowie der Regionalentwicklung, dem Städte-
                                                  bau und der Wirtschaftsförderung. Mit dieser
Wenn sich das natürliche Wasserangebot in         Broschüre will sie einen Impuls für die weitere
sommerlichen Hitzeperioden verknappt, sind        Diskussion in der Region geben.
auch in unserer Region Konflikte um die Nut-
zung des Wassers denkbar. Vegetationszeiten
und artspezifische Vegetationsräume werden
sich verändern. Dicht besiedelte innerstädti-
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Wasser
                          Deutliche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Gewässer im Regie-
                          rungsbezirk Münster. Die Verschiebung der Klimazonen und das Auftre-
                          ten extremer Ereignisse führen sowohl zu einem „Zu-Viel“ (Hochwasser,
                          Überschwemmungen) als auch zu einem „Zu-Wenig“ (Wassermangel ,
                          Dürreperioden) an Wasser. Beide Extrema sind bereits zu beobachten. Sie
                          wirken sich auf die Wasserbewirtschaftung, die Infrastruktur, den Hoch-
                          wasserschutz und die Gewässerentwicklung aus.

                          Der Klimawandel mit längeren Perioden ohne         Info
                          Niederschläge, mit Starkregen und höheren
                          Durchschnittstemperaturen hat unmittelbare
                  Info    Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser. In
Gewässer- und Hoch-       Zukunft werden vermehrt Einschränkungen der
  wasserschutz sowie
                          öffentlichen und privaten Wasserversorgung
    die Renaturierung
  in und am Gewässer
                          durch geringere Wasserstände im Grundwasser
                                                                             Was bedeutet Regionalplanung/Regionalplan?
   brauchen überregi-     und den Oberflächengewässern, hohe Schäden         Die Regionalplanung konkretisiert als zusammenfas-
   onale Planung, um      durch lokal begrenzte Niederschlagsereignisse      sende, übergeordnete und überörtliche Planung für
sinnvoll für den Klima-   von hoher Intensität sowie eine Gefährdung der     den Regierungsbezirk im Regionalplan die Grundsätze
     schutz zu wirken.                                                       der Raumordnung und die im Landesentwicklungsplan
                          Kühlwasserversorgung durch Wassermangel
                                                                             (LEP) enthaltenen Ziele der Raumordnung. Sie bildet
                          und gleichzeitig hochsommerlichen Temperatu-
                                                                             die Schnittstelle zwischen der Landesplanung und der
                          ren zu erwarten sein.                              kommunalen Bauleitplanung. Es ist Aufgabe der Regio-
                                                                             nalplanung als überörtliche und überfachliche Planung,
                                                                             aufkommende Nutzungskonflikte bereits auf regionaler

                          Planerische und rechtliche                         Ebene zu identifizieren und auszugleichen.

                          Grundlagen                                         Zentrale Aufgabe der Bezirksregierung ist die Erarbeitung
                                                                             des Regionalplans von seiner Konzeption bis zu seiner
                          Wasser ist ein Allgemeingut. Es ist daher staat-   Umsetzung in nachgeordneten Planungen. Der Regio-
                          liche Aufgabe das Wasser für die Allgemeinheit,    nalplan definiert die regionalen Ziele der Raumordnung
                          zu schützen.                                       für die Entwicklung des Münsterlandes. Er legt diese
                          Mit seinen Handlungsoptionen leistet der           für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen
                                                                             im Planungsraum unter anderem für die kommunale
                          Regionalplan einen Beitrag hierzu:
                                                                             Flächennutzungsplanung, als Landschaftsrahmenplan
                          – Der Regionalplan schützt die öffentliche         für die Landschaftspläne der Kommunen und Kreise fest.
                             Wasserversorgung durch die Darstellung von      Gleichzeitig erfüllt der Regionalplan auch die Funktion
                             Bereichen für den Grundwasser- und Gewäs-       eines forstlichen Rahmenplans für die Wald- und Forst-
                             serschutz verbunden mit dem Auftrag an die      wirtschaft.

                             Bauleitplanung, bei Überlagerung dieser Be-
                                                                             Wesentliche inhaltliche Bereiche sind:
                             reiche mit Siedlungsbereichen, die natürliche
                                                                             – die Siedlungsentwicklung
                             Grundwasserneubildung zu gewährleisten.         – die Freiraumentwicklung
                          – Die vielfältigen Nutzungen der Oberflächen-      – die Rohstoffsicherung
                             gewässer müssen mit der klimatischen und        – die Sicherung der Energieversorgung
                             ökologischen Funktion der Gewässer verein-      – der Einzelhandel (großflächig)

                             bar sein.
                                                                             Weitere Informationen sowie den geltenden Regionalplan
                          – Innerhalb der erstmals im Regionalplan           gibt es im Internet auf www.brms.nrw.de unter dem
                             dargestellten Überschwemmungsbereiche           Punkt „Regionalplanung“.
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Gewässer   Seiten 6 / 7

  hat der Hochwasserschutz Vorrang vor            Wasserbewirtschaftung
  konkurrierenden Nutzungen. So sind sie von      Mit dem verfügbaren Wasser muss verant-              Info

  zusätzlichen Siedlungsflächen freizuhalten.     wortungsvoll umgegangen werden, damit es             Weitere Informationen
                                                                                                       rund um das Thema
  Noch nicht in Anspruch genommene Sied-          jederzeit in ausreichender Menge und Qualität
                                                                                                       Wasser gibt es im
  lungsflächen sind wieder in den natürlichen     den verschiedenen Nutzungen zugeführt werden         Internet auf
  Retentionsraum einzugliedern.                   kann. Es ist dabei „nachhaltig zu bewirtschaften     www.brms.nrw.de
– Die gewässerverträgliche Bewirtschaftung        und als Bestandteil des Naturhaushaltes, als Le-
  des Niederschlagwassers ist bei der Erschlie-   bensgrundlage des Menschen, als Lebensraum
  ßung neuer Siedlungsflächen beziehungswei-      für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut
  se bei großflächiger Erneuerung der Erschlie-   zu schützen“ (§ 1 Wasserhaushaltsgesetz, WHG).
  ßungsinfrastruktur zu berücksichtigen.
                                                  Der Klimawandel führt im Regierungsbezirk
Rechtliche Grundlagen sind die europäische        Münster zur Veränderung des Wettergesche-
Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) und die          hens mit Auswirkungen auf den natürlichen
europäische Hochwasserrisikomanagement-           Wasserkreislauf. In den vergangenen Jahren
Richtlinie (EU-HWRM-RL). Die Ziele einer          gab es lange Trockenperioden im Frühjahr, häu-
nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung und          fig mit außergewöhnlicher Hitze, sowie geringe
die Überführung der Gewässer in einen guten       Niederschläge in den Wintermonaten. Dies
Zustand sind in die nationale Gesetzgebung des    führt langfristig zu sinkenden Grundwasser-
Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Lan-        ständen. Demgegenüber nimmt die Nachfrage
deswassergesetzes (LWG) sowie zahlreicher         nach Wasser stetig zu.
untergesetzlicher Verordnungen und Regel-
werke aufgenommen. Die Qualitätsziele sind        Öffentliche Wasserversorgung und die Land-
dabei vor allem ökologisch begründet und nicht    wirtschaft sind auf eine jahreszeitlich angepass-
mehr nur nutzungsbezogen ausgerichtet. Die        te Versorgung mit Wasser angewiesen.
möglichen Folgen des Klimawandels sind dabei      Seit einigen Jahren bemüht sich die Landwirt-
zu berücksichtigen.                               schaft daher zunehmend, für Trocken­zeiten
                                                  vorzusorgen. Das Interesse an Erlaubnissen für
                                                  die Entnahme von Grund- oder Oberflächenge-
                                                  wässern zu Beregnungszwecken steigt.
Handlungsoptionen
Die Handlungsoptionen der Bezirksregierung        Die wasserrechtlichen „Genehmigungen“ (Be-
Münster im Bereich der Wasserwirtschaft           willigungen und Erlaubnisse) für Wasserentnah-
gliedern sich in die Themen Wasserbewirtschaf-    men aus Grund- oder Oberflächengewässern
tung, Infrastruktur, Hochwasserschutz und         werden von den Oberen und Unteren Wasserbe-
Gewässerentwicklung.                              hörden erteilt.
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Im Regierungsbezirk Münster sitzen die Geneh-                Diese Datengrundlage hilft die Situation zu
                        migungsbehörden seit 2011 mit Vertretern der                 be­ur­teilen und ist zugleich Voraussetzung für
                        Landwirtschaft an einem Tisch, um die Bewirt-                Entscheidungen, ob weitere Wasserentnahmen
                        schaftung des Wassers zu verbessern und den                  zugelassen werden können oder eventuell be-
                Info    Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.                    gründet abgelehnt werden müssen. Die Auflagen
      Erlaubnisse zur                                                                in den Erlaubnisbescheiden im Regierungsbezirk
Entnahme von Grund-
                        Wie viel Wasser vorhanden ist und wie viel                   sollen insgesamt vereinheitlicht und die Erlaub-
   wasser werden an
                        entnommen wird, soll nun in allen 45 Wasser-                 nis von Wasserentnahmen künftig an Bedingun-
 Auflagen und Bedin-
gungen gebunden, um     schutzgebieten des Regierungsbezirks erfasst                 gen gekoppelt werden, die eine Entnahme nur
  die Mindestwasser-    und ausgewertet werden.                                      solange zulassen, wie Mindestwasserstände in
 stände in Gewässern                                                                 Oberflächengewässern oder Pegelstände des
 und Pegelstände des    Dazu werden die zur Verfügung stehenden Da-                  Grundwassers eingehalten werden.
   Grundwassers auf
                        ten über die Grundwasserneubildungsraten und
 einem erforderlichen
  Niveau zu erhalten.
                        die bisher genehmigten Entnahmen erfasst. Die                Bestimmte Nutzungen sollen zudem nur erlaubt
                        erlaubnisfreien Grundwasserentnahmen der                     werden, wenn sparsam mit dem Wasser umge-
                        landwirtschaftlichen Betriebe werden abge-                   gangen wird. So könnten beispielsweise bei der
                        schätzt, um eine aussagefähige Bilanzierung                  Beregnung einer landwirtschaftlichen Fläche
                        zwischen Entnahmemenge und Wasserangebot                     wassersparende Verfahren (Tröpfchenbewäs-
                        zu ermöglichen.                                              serung) oder der Verzicht auf eine Beregnung

                        Info

                         Bocholt als Klimakommune NRW                                Die Studie wurde von der Stadt Bocholt auf der Hochwas-
                         Welche konkreten Auswirkungen Klimaänderungen für           sertagung im Oktober 2011 der Bezirksregierung Münster
                         wasserwirtschaftliche Belange haben können, untersucht      Vertretern von Kreisen, Kommunen und aus den Niederlan-
                         die Stadt Bocholt als „NRW-Klimakommune" in einer eigens    den vorgestellt und erläutert.
                         darauf abgestellten Studie.

                         Hierbei werden auch Berechnungen angestellt, wie sich
                         sogenannte extreme Starkregen auf das Stadtgebiet, die
                         Nutzungen und die wasserwirtschaftliche Infrastruktur wie
                         Kanalisationsanlagen und ähnliches auswirken können.
                         Starkregen sind wenig regionalspezifisch oder ortsgebun-
                         den und können daher – auch weit abgelegen von Gewäs-
                         sern – erhebliche Schäden und Probleme bereiten.
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Gewässer   Seiten 8 / 9

                                                                                                       Starke Niederschläge
                                                                                                       sorgten im August 2010
                                                                                                       für überflutete Straßen
                                                                                                       im nördlichen Teil des
                                                                                                       Münsterlands.

während der Mittagshitze vorgegeben werden,        und des Programms „Lebendige Gewässer“
um direkte Wasserverluste durch Verdunstung        sind diese Aspekte bei der Umgestaltung der
in die Atmosphäre zu vermeiden.                    Gewässer zu berücksichtigen (siehe auch Seite
                                                   12 „Gewässerentwicklung“).
Infrastruktur
Sommerliche Starkniederschläge haben in            Eine verbesserte Rückhaltung des Nieder-
den vergangenen Jahren in unserer Region           schlagswassers in der Fläche durch Entsiege-
immer wieder zu heftigen Überflutungen in          lung, Versickerung und Zwischenspeicherung
Siedlungslagen geführt. Auf Ereignisse dieser      sowie leistungsfähige Einleitungsstellen ins
Art sind die Dimensionierung der Regen- oder       Misch- oder Regenwassersystem kann die Leis-
Mischwasserkanalisation und die Profile der        tungsfähigkeit des Kanalsystems noch erhöhen,
Entwässerungsgräben sowie kleiner Bachläufe        ohne dass die vorhandenen Kanäle vorzeitig
nicht ausgelegt. Wo solche Ereignisse auftreten,   ersetzt werden müssen.
ist nicht vorhersehbar, zumal sie häufig lokal
begrenzt sind. Umfassender Schutz ist schwer       Zu den Aufgaben der Genehmigungs- und
realisierbar. Die auftretenden Schäden sind für    Überwachungsbehörden gehört es zugleich,
die Betroffenen oft hoch und können für sie        die Eignung der aktuellen Bemessungspara-           Info
                                                                                                       Starkniederschlä-
existenzbedrohend sein.                            meter im Hinblick auf die tatsächlichen und
                                                                                                       ge sind oft nicht
                                                   die zu erwartenden Belastungen aus Starknie-
                                                                                                       vorhersehbar und
Eine Anpassung der Bemessungsansätze für           derschlagsereignissen zu beobachten und zu          führen immer wieder
Hochwasserschutzanlagen und Kanalquer-             überprüfen.                                         zu Überflutungen von
schnitte als vorbeugender Ausgleich für die                                                            Siedlungsbereichen.
wachsenden Beanspruchungen infolge der             Hochwasserschutz                                    Um die dadurch
                                                                                                       entstehenden Schäden
Auswirkungen des Klimawandels ist in einigen       Extreme Niederschläge führten im August 2010
                                                                                                       in Grenzen zu halten,
Bundesländern bereits erfolgt.                     in weiten Teilen des nördlichen Münsterlan-         ist es notwendig, die
                                                   des zu Hochwässern. Es kam zu erheblichen           Regen-und Mischwas-
Zur Minderung der Auswirkungen der Starknie-       Problemen in Ahaus, Gronau, Nordwalde und           serkanalisation ausrei-
derschlagsereignisse auf die Gewässer sind die     Rheine sowie in den angrenzenden Bereichen in       chend zu dimensieren,
                                                                                                       Retentionsflächen zu
Bereitstellung und Freihaltung des Abflusspro-     den Niederlanden. Die statistische Auswertung
                                                                                                       bieten und Anlagen für
fils und die Bereitstellung ausreichender Reten-   lieferte die Erkenntnis, dass in einigen Gewäs-
                                                                                                       den Hochwasserschutz
tionsflächen die geeigneten Mittel. Ein beson-     sern fast 50 Prozent bis 60 Prozent größere         zu errichten.
deres Augenmerk ist dabei auf den Ausgleich        Wassermengen registriert wurden als bei einem
des Verlustes der natürlichen Rückhalteräume       100jährlichen Hochwasser, so dass zu Recht
in urban geprägten Gebieten zu legen. Im Zuge      von einem „Extremereignis“ gesprochen wer-
der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie        den kann.
Klimawandel - Was tun? - Impulse_für die Region - Bezirksregierung Münster
Info
                          In den vergangenen zehn Jahren sind in Ahlen,
                                                                           Studien zeigen den positiven Einfluss von Renaturierung
                          in Dülmen (mehrfach), in Ahaus und in Dort-      auf Hochwasserwellen in Siedlungsgebieten. Die Reak-
                          mund Extremereignisse vorgekommen.               tivierung von Gewässerauen außerhalb der Siedlungs-
                                                                           schwerpunkte reduziert deutlich Hochwasserwellen und
                          Klimaforscher nennen diese extremen Wetter-      unterstützt damit das Bemühen um die Absenkung des
                                                                           Wasserspiegels.
                          ereignisse typische Phänomene der Klimaän-
                 Info     derung, auf die wir uns zunehmend einzustellen
                                                                           Diese Wirkung wurde beispielsweise bei der grenzüber-
Unter einem 100jähr-
                          haben. Gemeinsam mit Experten vom Landes-        schreitenden Dinkelplanung sowie für den Vechte-
lichen Hochwasser ist
                          amt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz      Oberlauf nachgewiesen. Für die gesamte Ijssel zeigt eine
ein Hochwasserereig-
 nis zu verstehen, das    NRW (LANUV) erhebt die Bezirksregierung          Machbarkeitsstudie Synergieeffekte von Hochwasser-

                          Münster Daten zu Wassermengen und Was-           schutz und naturnaher Gewässerentwicklung.
  statistisch einmal in
   100 Jahren auftritt.   serständen an einzelnen Gewässern, die für
                          wasserwirtschaftliche Planungen von Kreisen
                          und Kommunen oder auch von privaten Bau-         Durch Hochwasser hervorgerufene Über-
                          herren benötigt werden. Dabei fließen klimati-   schwemmungen sind natürliche Ereignisse, mit
                          sche Veränderungen über gemessene Nieder-        denen zu rechnen ist und die vom Menschen
                          schlags- und Pegelwerte „automatisch“ in die     kaum beeinflusst werden können. Um die mög-
                          inzwischen fast flächendeckend verfügbaren       lichen Schäden gering zu halten, müssen Über-
                          Niederschlags-Abfluss-Modelle (siehe Grafik).    flutungsbereiche zwingend für das Hochwasser
                          Aus den aktualisierten Berechnungen ergibt       als Abfluss- und Retentionsbereiche freigehal-
                          sich bereits jetzt, dass zukünftig episodisch    ten werden. Die Nutzungen in diesen Bereichen
                          größere Wassermengen und höhere Wasser-          sind an die Hochwassersituation anzupassen.
                          stände zu erwarten sind.

                           Info

                           Was ist ein Niederschlag-Abfluss-
                           Modell?
                           Das Niederschlag-Abfluss-Modell
                           ist ein Rechenmodell und dient der
                           detaillierten Hochwasserberechnung
                           aus einzelnen Niederschlagsereignis-                                                     Atmosphäre
                           sen. Aus den gemessenen Einzel-
                           niederschlägen in einem Einzugs-
                           gebiet werden die zu erwartenden
                           Durchflüsse in einzelnen Gewässer-
                           abschnitten berechnet.                                                                   Oberfläche
                                                                                                                    Gerinne
                           So können Hochwasserschutz-
                           konzepte erstellt, die Wirkung von
                           abflussreduzierenden Maßnahmen                                                           Ungesättigte
                           abgeschätzt, die Grundwasserneu-                                                         Bodenzone
                           bildung ermittelt oder die Steuerung                                                     Gesättigte
                           eines Hochwasserschutzsystems                                                            Bodenzone
                           unterstützt werden.
Gewässer   Seiten 10 / 11

                                                                                                       Ausschnitt aus einer
Wesentliche Aufgabe und wichtige Hand-                                                                 Hochwassergefahren-
lungsoption der Bezirksregierung Münster                                                               karte für ein 100jähr-
sind daher, die heute noch vorhandenen                                                                 liches Hochwasser
gewässernahen, unbebauten Bereiche für die                                                             (mittlere Wahrschein-
                                                                                                       lichkeit): Darstellung
Wasserwirtschaft und den Hochwasserschutz
                                                                                                       der Überflutungsflä-
zu erhalten. Dies geschieht durch die konse-
                                                                                                       chen und Wassertiefen
quente Ausweisung von gesetzlichen Über-
schwemmungsgebieten auf der Grundlage des
                                                                                                           Überschwemmungs-
100jährlichen Hochwassers. Die Freihaltung der                                                             grenze der Gebiete
Überschwemmungsgebiete wird sehr wirkungs-                                                                 ohne technischen
voll durch die Darstellung der Überflutungs-                                                               Hochwasserschutz
bereiche im Regionalplan unterstützt. Dieses
                                                                                                       Wassertiefen
Aufgabenspektrum wird von der EU-HWRM-RL
                                                                                                           0 – 0,5 m
geregelt. Die Umsetzung wird seit 2009 von den
                                                                                                           0,5 – 1 m
Bezirksregierungen in enger Kooperation mit                                                                1– 2 m
Kommunen und Kreisen erarbeitet.                                                                           2– 4 m
                                                                                                           >4m

Aufbauend auf einer Einstufung der Hochwas-
sergefahr aller Gewässer in NRW werden bis De-
zember 2013 für „Gewässer mit signifikantem
Risiko“ sogenannte Gefahren- und Risikokarten
erarbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht. Darin sind Überflutungsflächen und
Wassertiefen für ein 20jährliches, 100jährliches
und extremes Hochwasser eingetragen, betrof-
fene Nutzungen sind ablesbar.

In den nachfolgenden Arbeitsschritten wird bis     Hochwasserschutz nach heutigen Anforde-
Dezember 2015 mit Kreisen und Kommunen             rungen bedeutet für Städte und Gemeinden
unter teilweiser Einbeziehung der Öffentlich-      aufgrund des geringen Platzangebotes für die
keit eine Bewertung des Hochwasserrisikos          Gewässer im Stadtzentrum nahezu in jedem
vorgenommen. Mögliche Maßnahmen zur                Fall, auf technische Maßnahmen wie den Bau
Verbesserung werden diskutiert und festgelegt.     von Mauern oder Deichen zurückzugreifen.
Dabei geht es weniger um „klassische Hoch-         Da Menschen nicht „hinter Mauern“ leben
wasserschutzbauten“ wie Deiche oder Mauern,        wollen, ist es wichtig, hierbei auch städtebau-
sondern in einem ersten Schritt um Information     liche Aspekte (Einbindung in das Stadtbild,
und Verhaltensvorsorge der Betroffenen.            Reduzierung der Mauerhöhe, Einsatz teilweise
                                                   mobiler Elemente) zu berücksichtigen. Dazu
Neben der Information und Kommunikation bei        ist die Reduzierung des Wasserspiegels von
Hochwasser ist die Beseitigung der wasserwirt-     entscheidender Bedeutung. Dies ist nur durch
schaftlichen Ursachen dieser Gewässerprob-         breitere, naturnahe Gewässerprofile außerhalb
leme die eigentliche Herausforderung. Hierauf      der bebauten Bereiche zu erreichen.
wird im Punkt Gewässerentwicklung ausführlich
eingegangen.
Auenlandschaft und
  Ems bei Einen nach
       Renaturierung

                          Gewässerentwicklung                               zu erheblicher Überproduktion von Pflanzen-
                          Die NRW-Landesregierung hat 2010 das Pro-         material. Negative Begleiterscheinungen sind
                          gramm „Lebendige Gewässer“ zur Umsetzung          Belastungen des Sauerstoffhaushaltes und der
                          der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie           veränderte Wasserchemismus.
                          (EU-WRRL) beschlossen. 2 200 Fließkilometer
                          nordrhein-westfälischer Bäche und Flüsse sol-     Für heimische, an niedrige Wassertemperatu-
                          len in drei Bewirtschaftungsperioden renatu-      ren angepasste Organismen stellt diese Situati-
                          riert werden, damit der von der EU geforderte     on, der sie mangels fehlender Durchgängigkeit
                          „gute Zustand“ bis zum Jahr 2027 erreicht wird.   auch nicht ausweichen können, einen enormen
                          Hierzu gehört auch, dass Gewässerorganismen       Stressfaktor dar. Oftmals kommen mit diesen
                          alle Bäche und Flüsse möglichst unbehin-          negativen Bedingungen aus unterschiedlichs-
                          dert durchwandern können (Herstellung der         ten Teilen der Welt eingeschleppte wärmelie-
                          Durchgängigkeit). Grund hierfür ist, dass die     bende Neozoen sehr viel besser zurecht. Haben
                          Bestandsaufnahme für die EU-WRRL ergeben          diese „Neubürger“ dann auch (noch) keine
                          hat, dass in den berichtspflichtigen Gewässern    Fressfeinde, kann es dazu führen, dass ganze
                          im Regierungsbezirk Münster 1 659 Stauwehre       Lebensgemeinschaften heimischer Arten aus
                          ein unüberwindbares Hindernis für Fische und      einem Ökosystem bis hin zum Aussterben
                          andere Organismen darstellen. Jeder einzelne      verdrängt werden.
                          Abschnitt kann so bei ungünstigen Lebensbedin-
                          gungen zur „Falle“ für seine Bewohner werden.      Info

                                                                            Neobiota (Neozoen und Neophyten) sind Arten, die sich
                          Die Verletzlichkeit der Gewässer im Regierungs-   durch den Menschen in einem Gebiet etabliert haben, in
                          bezirk liegt insbesondere an ihrer intensiven     dem sie zuvor nicht heimisch waren. Für neobiotische
                          Nutzung für Trink- und Brauchwasserversor-        Pflanzen ist der Begriff Neophyten gebräuchlich, für Tiere

                          gung, Landentwässerung (Drainagen) und ihrer      der Begriff Neozoen.

                          Funktion bei der Ableitung von Niederschlags-
                 Info
                          wasser und gereinigtem Abwasser aus den
   Gewässerausbau         Siedlungsgebieten. Hinzu kommen die Folgen        Das stetige Ansteigen der Wassertemperatur
 umfasst die Herstel-     der globalen Erwärmung, die die Folgen von        (siehe Grafik) verschlechtert auch im Regie-
lung, die Beseitigung     Überdüngung und Gewässerausbau verschär-          rungsbezirk Münster die Lebensbedingungen
 und die wesentliche      fen. Die erhöhten Nährstofffrachten aus Ab-       für die heimischen Wasserbewohner insgesamt,
 Umgestaltung eines
                          wasserbeseitigung und Landwirtschaft führen       da die Wassertemperatur einen zentralen Steu-
 Gewässers oder sei-
ner Ufer (§ 68, Abs. 2,
                          vor allem bei starker Sonneneinstrahlung und      erungsparameter für Laichverhalten und Eient-
 Wasserhaushaltsge-       niedrigen Abflüssen gerade in ausgebauten und     wicklung darstellt und ebenso die Schwarm-
         setz (WHG).      durch Staue und Wehre regulierten Abschnitten     phase wasserlebender Insekten beeinflusst.
Gewässer   Seiten 12 / 13

Mit den Bemühungen der Bezirksregierung,                    Info

Teile der nordrhein-westfälischen Bäche und
                                                            Eutrophierung bedeutet eine übermäßige Nährstoffver-
Flüsse zu renaturieren, soll den negativen                  sorgung von Lebensräumen. Vor allem in stehenden oder
Entwicklungen des Klimawandels entgegenge-                  stauregulierten Gewässern ist sie für eine starke Zunahme
wirkt werden. Renaturierungen von Gewässern                 des Pflanzenwachstums verantwortlich.

sorgen durch die Wiederherstellung von variab-
                                                            Mangelnde Beschattung und die Stauregulierung als
len Strömungsverhältnissen und Wassertiefen
                                                            Folge des Gewässerausbaues verschärfen die negati-
sowie der Abwechslung von beschatteten und                  ven Begleiterscheinungen. Dies sind vor allem extreme
besonnten Abschnitten für gute Lebensbedin-                 Schwankungen im Sauerstoffgehalt und pH-Wert als
gungen der heimischen Lebensgemeinschaft                    Folge der Photosynthese bzw. Atmung und Abbau der
und damit für den „guten Zustand“.                          Pflanzenbiomasse. In nährstoffarmen Landlebensräumen
                                                            (zum Beispiel Hochmooren, Heiden) führt Eutrophierung
Aus Sicht der Bezirksregierung besteht eine der
                                                            regelmäßig zu Veränderungen des Artenspektrums, die mit
wichtigsten Handlungsoptionen in der Initi-
                                                            einer Zunahme von nährstoffliebenden und nährstofftole-
ierung von eigendynamischen Gewässerent-                    ranten Arten verbunden ist.
wicklungen und dem Ziel einer weitgehend
funktionsfähigen, naturnahen Aue inklusive der
Entwicklung von Auwald. Auwald ist ein ext-             Eine funktionierende Auenlandschaft verbes-
rem artenreicher Lebensraum, der in unserer             sert auch das Mikroklima und stärkt durch die
Kulturlandschaft fast vollständig verschwunden          Verzögerung des Abflusses die lokale Grund-
ist. Darüber hinaus ist Auwald eine Senke für           wasserneubildung. Naturnaher Uferbewuchs
Nährstoffe und Sediment aus den Gewässern               beschattet die Ufer. Die Wurzeln befestigen es
und sorgt im Hochwasserfall für gleichmäßige            und bilden obendrein Schutz und Lebensraum
Abflüsse. Deswegen werden in den aktuellen              für zahlreiche Arten. Die Beschattung verringert
Renaturierungsprojekten vor allem Flächen für           die negativen Folgen der Eutrophierung, in dem
die Auwaldsukzession zur Verfügung gestellt.            sie unter anderem die Sonneneinstrahlung
Reste alten Auwaldes werden reaktiviert.                verringert.

Info

Wassertemperatur der Ems in Rheine von 1996 – 2011

 °C                                                                                                                 Temperatur          Trendlinie
30

25

20

15

10

 5

 0
       1996   1997   1998   1999   2000    2001      2002          2003   2004    2005     2006      2007    2008       2009     2010      2011
Indem die Durchgängigkeit wieder hergestellt     verfügbarer Technik immer noch eine Belas-
                         wird, erhalten die „eingesperrten“ Organismen    tung für das Gewässer. Wenn durch Schaffung
                         die Möglichkeit, ungünstigen Lebensbedingun-     von Haupt- und Nebengerinnen, Totholzeinbau
                         gen zeitweilig auszuweichen, beispielsweise in   und Wurzeln von Ufergehölzen die „innere
                         kühlere Nebengewässer. Ebenso können sie         Oberfläche“ des Gewässers vergrößert wird,
                         verödete Gewässerabschnitte erneut besiedeln.    verbessert sich auch die Selbstreinigungsfä-
                         Darüber hinaus verbessert die Renaturierung      higkeit erheblich. Die Folgen der Überdüngung,
                         auch die Rahmenbedingungen für die Selbst-       die sogenannte Sekundärverschmutzung durch
                         reinigungsfähigkeit der Gewässer. Gerade in      übermäßiges Pflanzenwachstum, werden ver-
                         hochsommerlichen Niedrigwasserzeiten sind        ringert. Diese Verbesserung der Wasserqualität
                         die Einleitungen der Kläranlagen trotz bester    dient gleichermaßen menschlichen Nutzungs-
                                                                          interessen wie Wassergewinnung und Erholung
 Die Lippe ist ein Ne-
 benfluss des Rheins                                                      sowie der Natur.
mit einem Einzugsge-
 biet von rund 4 900
 Quadrat­kilometern.
   Sie soll in Zukunft
                                                                          Förderung
wieder natürlich und
    lebendig fließen.
                                                                          Die finanzielle Förderung im Bereich der Was-
                                                                          serwirtschaft, des Hochwasserschutzes, der
                                                                          Infrastruktur sowie der Gewässerentwicklung
                                                                          wird durch drei Förderprogramme abgewickelt:
                                                                          – Ökologieprogramm Emscher-Lippe (ÖPEL) –
                                                                            Wasserbau
                                                                          – Aktionsprogramm zur naturnahen Entwick-
                                                                            lung der Gewässer
                                                                          – Wasserbau – Zuwendung für Maßnahmen
                                                                            einschließlich der Talsperren

                                                                          Nähere und aktuelle Informationen zu den
                                                                          Inhalten und der Abwicklung der Förderpro-
                                                                          gramme befinden sich auf der Homepage der
                                                                          Bezirksregierung Münster.
Gewässer      Seiten 14 / 15

Info

       Lippe Deich sichert
       Wohngebiet:
       Der 3-Zonen-Deich:
       Der durchlässige
       Stützkörper aus
       Sand (Mitte) wird
       umgeben von einer
       gering durchlässigen
       Dichtungsschicht
       (rechts) und einer
       stark durchlässigen
       Dränschicht (links).

       Die in der Vergan-
       genheit begradigte
       Ems (links) sucht
       sich nach Renaturie-
       rungsarbeiten (rechts)
       aus eigener Kraft ein
       Gewässerbett.

       Hochwasser braucht
       Raum: Eine Stele der
       Ems bei Warendorf
       veranschaulicht dem
       Beobachter die Dyna-
       mik des Wassers.

       Naturbelassene und
       renaturierte Uferberei-
       che mit Abbruchkanten
       bieten Eisvogel (links)
       und Uferschwalben
       (rechts) Lebensraum.
Natur- und Artenschutz
                           Mit über 43 000 Pflanzen- und Tierarten ist die Artenvielfalt in NRW
                           bemerkenswert groß. Diese biologische Vielfalt leistet einen wichtigen
                           Beitrag zu einer hohen Lebensqualität. Pflanzen, Tiere, Pilze und Mik-
                           roorganismen reinigen Wasser und Luft, sorgen für fruchtbare Böden
                           und ein angenehmes Klima und dienen Ernährung und Gesundheit. Eine
                           Verbesserung ihrer Lebensräume und die gleichzeitige Vernetzung dieser
                           Biotope zu einem Biotopverbund sichert das Überleben von Pflanzen und
                           Tieren und ist gleichzeitig unsere Daseinsvorsorge.

                           Die biologische Vielfalt ist gegenwärtig durch          lich zur Bedrohung von Lebensräumen und
                           das Zusammenwirken mehrerer Belastungs-                 Arten bei.
                  Info
  Phänologie befasst
                           faktoren gefährdet. So tragen der anhaltende
  sich mit den im Jah-     Flächenverbrauch, die intensive Land- und               Für die Qualität der Lebensbedingungen von
  resablauf periodisch     Forstwirtschaft, die Veränderungen des Wasser-          Pflanzen- und Tierarten spielen die Klimaver-
wiederkehrenden Ent-       haushalts sowie der Nährstoffeintrag maßgeb-            änderungen, die auch in unserer Region bereits
wicklungserscheinun-
                                                                                   festzustellen sind, eine zunehmende Rolle.
gen in der Natur (zum
                                                                                   Ein Beispiel dafür ist die Apfelblüte, die mittler-
Beispiel kennzeichnet
die Apfelblüte den Be-                                                             weile deutlich früher beginnt.
ginn des Vollfrühlings).
 Die Apfelblüte startet                                                            Um die Auswirkungen des Klimawandels auf
gegen Ende Februar in                                                              die biologische Vielfalt besser abschätzen zu
 Portugal und erreicht
                                                                                   können, hat das Ministerium für Klimaschutz,
        90 Tage später
Finnland. Täglich zieht
                                                                                   Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbrau-
sie etwa 40 Kilometer                                                              cherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
     weiter nordwärts.                                                             (MKULNV) deshalb in einer umfassenden

                           Info

                           Beginn der Apfelblüte in NRW von 1950 – 2010

                            Tag im Jahr                                                            Beginn der Apfelblüte       Trendlinie
                            150

                            140

                            130

                            120

                            110

                            100

                             90
                                                                                                                     2000

                                                                                                                              2005

                                                                                                                                        2010
                                                 1960

                                                                                                  1990
                                                                                 1980
                              1950

                                                                1970
                                                        1965

                                                                                                            1995
                                                                                          1985
                                          1955

                                                                          1975

                                                                                                 (Quelle: LANUV NRW, Klimafolgenmonitoring)
Natur- und Artenschutz   Seiten 16 / 17

                                                                                                           Feuchtwiesen zählen
                                                                                                           zu den artenreichsten
                                                                                                           Biotopen in Mittel-
                                                                                                           europa. Abhängig
                                                                                                           von Klima, Wasser-
                                                                                                           haushalt, Boden,
                                                                                                           Nährstoffversorgung
                                                                                                           und Nutzungsintensi-
                                                                                                           tät ergeben sich viel-
                                                                                                           fältige Pflanzen- und
                                                                                                           Tiergemeinschaften.
                                                                                                           Infolge von Entwäs-
                                                                                                           serung, Düngung und
                                                                                                           intensiver Nutzung ist
                                                                                                           dieser Lebensraum
                                                                                                           im Münsterland stark
                                                                                                           gefährdet.

Studie 48 Lebensräume und rund 3 100 Arten            Auswirkungen über sonstige Lebensraum-
überprüfen lassen, ob und in welcher Weise sie        veränderungen, die aus dem Klimawandel
vom Klimawandel betroffen sind. Die Ergebnis-         resultieren (Nährstoffverfügbarkeit, Vegetati-
se wurden in der Publikation „Natur im Wandel“        onsstruktur, Nahrungsangebot)
vorgestellt. Hierbei zeigte sich, dass sich der     – Arealveränderungen (Arealausweitung sub-
Klimawandel auf 38 Prozent der untersuchten           mediterran und atlantisch verbreiteter Arten
Lebensräume negativ auswirken wird. Insbe-            nach Norden beziehungsweise Nordosten
sondere für Feuchtlebensräume wie Fließge-            oder eine Arealverkleinerung bei eiszeitlichen
wässer, Stillgewässer, Feucht- und Nasswälder         Reliktarten, starke Ausbreitung von Arten, die
(Auenwald, Moorwald, Bruchwald), Moore und            bislang hier nicht heimisch waren (Neobiota,
Sümpfe, Feucht- und Nassgrünland sowie die in         siehe Seite 12)
diesen Lebensräumen lebenden Pflanzen und           – Aussterben von Arten, die nicht mit den
Tiere werden negative Effekte prognostiziert.         Arealverschiebungen mithalten können, da
                                                      ihre maximale Wanderungsrate überschrit-
Folgende Auswirkungen sind zu erwarten:               ten wird (für viele Arten maximal 20 bis 200
– Ausgeprägte Trockenphasen im Sommer und             Kilometer pro Jahrhundert)
  Herbst auf Grund der negativen Wasserbilanz
  mit starken Schwankungen des Grundwas-
  serspiegels                                       Planerische und rechtliche
– Stärkeres und häufigeres Hochwasser durch
  Starkniederschläge inklusive erhöhter Erosi-
                                                    Grundlagen
  on und Sedimentfracht sowie erhöhte Nähr-         Im Bundesnaturschutzgesetz (§ 20 und 21)
  und Schadstoffkonzentrationen bei geringer        und im Landschaftsgesetz NRW (§ 15a) ist zur
  Wasserführung im Sommer                           dauerhaften Sicherung der Populationen wild
– Veränderungen im Jahres- und Lebenszyklus         lebender Tiere und Pflanzen einschließlich
  wie beispielsweise die Verschiebung phänolo-      ihrer Lebensstätten der Aufbau eines Biotop-
  gischer Phasen (periodisch wiederkehrende         verbundes verpflichtend festgeschrieben. Die
  Jahresabläufe in der Natur wie der Apfelblüte),   hierzu geeigneten Flächen werden im Regio-
  verändertes Wanderverhalten bei Zugvögeln         nalplan als regionales Biotopverbundsystem
– Auswirkungen auf den Wasser- und Nähr-            (siehe Seite 18) dargestellt. Die Kernbereiche
  stoffhaushalt der Lebensräume (verstärkte         dieses Verbundsystems sollen als „Bereiche
  Mineralisation, erhöhte Nährstoffverfügbar-       für den Schutz der Natur“ (BSN) im Regional-
  keit und Eutrophierung bei Mooren)                plan dargestellt werden. Ergänzt werden sollen
– Direkte Beeinflussung des Stoffwechsels der       die Kernbereiche durch die „Bereiche für den
  Arten durch die Änderungen von Temperatur         Schutz der Landschaft/Landschaftsorientierte
  und Wasserverfügbarkeit, sowie indirekte          Erholung (BSLE)“.
Der Regionalplanung kommt mit der BSN-Dar-         derungsbewegungen in für sie günstige Areale.
                           stellung die Aufgabe zu, diese Kernbereiche des    Die Entfernungen zwischen für sie günstigen
                           Biotopverbundsystems vor anderen raumbe-           Lebensräumen, die dabei überwunden werden
                           deutsamen Planungen und Maßnahmen zu               können, betragen von wenigen 100 Metern
                           sichern. Die Ziele der Raumordnung entfalten je-   bis hin zu vielen Tausend Kilometern (Vögel).
                           doch grundsätzlich keine unmittelbaren boden-      Diese Wanderbewegungen werden durch einen
                           rechtliche Wirkungen. Eine Einflussnahme auf       Biotopverbund unterstützt. Dessen Aufgabe ist,
                           das konkrete landwirtschaftliche Handeln erfolgt   eine bessere Vernetzung von Lebensräumen
                           erst in den nachfolgenden Planungsebenen.          und Arten zu erreichen, indem funktionsfähige
                                                                              Korridore geschaffen werden. Über eine Ver-
                           Die konkrete Umsetzung der Plandarstellungen       netzung soll den Arten die Möglichkeit gegeben
                           des Regionalplanes erfolgt in den nachfol-         werden, klimatisch und ökologisch geeignete
                           genden Fachverfahren durch die zuständigen         Räume zu erreichen. Aus diesem Grund spielt
                           Landschaftsbehörden.                               der Aufbau und Erhalt eines regionalen Bio-
                                                                              topverbundes eine zentrale Rolle in der An-
                                                                              passungsstrategie. Er soll auf mindestens 15
                           Handlungsoptionen                                  Prozent der Regierungsbezirksfläche aufgebaut
                                                                              werden.
                  Info     Ein besonderer Handlungsbedarf besteht für
 Die Fauna-Flora-Ha-
                           die bedeutenden Feuchtlebensräume des              Info
bitat-Richtlinie (FFH)
                           Nass- und Feuchtgrünlandes und der Moore im        Der Biotopverbund besteht aus Kern- und Verbindungs-
     der Europäischen
 Union dient dem Ziel,     westlichen und nördlichen Münsterland sowie        flächen sowie aus Verbindungselementen wie beispiels-
die biologische Vielfalt   für Lebensräume, Pflanzen und Tiere,               weise Hecken. Grundgerüst des Biotopverbundes sind die
europaweit zu sichern.     – die nach FFH-Richtlinie oder Vogelschutz-        im Regionalplan dargestellten Bereiche für den Schutz der
    Für Lebensräume,         richtlinie geschützt sind                        Natur (BSN). Diese bestehen aus den internationalen und
 Pflanzen- und Tierar-                                                        nationalen Schutzgebieten sowie weiteren naturschutz-
                           – für deren Erhalt NRW eine besondere Verant-
ten von gemeinschalf-                                                         fachlich bedeutsamen Flächen. Hierzu gehören in der
                             wortung trägt                                    Region vorrangig Grünland, Moore, strukturreiche Wälder
     tlichem Interesse
    werden zu diesem       – die zu den Zielarten des Naturschutzes gehören   und naturnahe Gewässer. Insbesondere naturnahe Fließ-
     Zweck besondere       – die in den Roten Listen NRW mindestens als       gewässer mit ihren Auen haben in einem Biotopverbund
Schutzgebiete ausge-         gefährdet eingestuft sind.                       eine besondere Bedeutung, da sie die Hauptausbreitungs-
   wiesen. Zusammen                                                           möglichkeiten für Pflanzen und Tiere sind.
 mit den Vogelschutz-
                           Da bereits jetzt Lebensräume, Pflanzen und Tie-
    gebieten bilden sie
   das kohärente Netz      re auf eine Veränderung der klimatischen Rah-
         Natura 2000.      menbedingungen reagieren, ist es erforderlich,     Stabilisierung bestehender Feuchtlebensräume
                           diese Dynamik durch entsprechende Maßnah-          Schutzgebiete mit Feuchtlebensräumen wie
                           men, die das natürliche Anpassungspotenzial        Gewässer und Auen, Feuchtwälder, Feucht-
                           der Ökosysteme stärken, zu unterstützen.           grünland und Moore reagieren besonders
                                                                              empfindlich auf die prognostizierten Klimaän-
                           Folgende Maßnahmen gelten als besonders            derungen. Ihr Schutz muss bereits in den Was-
                           zielführend:                                       sereinzugsgebieten beginnen, nicht nur in den
                                                                              Schutzgebieten selbst. Die Wiederherstellung
                           Aufbau eines Biotopverbundes                       eines möglichst naturnahen Wasserhaushaltes
                           Die Empfindlichkeitsanalyse des MKULNV             oder die Renaturierung von Fließgewässern
                           zeigt Handlungsbedarf für über 220 Pflan-          einschließlich der Herstellung der ökologischen
                           zen- und Tierarten, die von den Auswirkungen       Durchgängigkeit und einer Rückgewinnung
                           des Klimawandels betroffen sind. Pflanzen          von überflutungsfähigen Auenflächen haben
                           und Tiere reagieren auf die Veränderung von        deshalb hohe Priorität (siehe auch Seite 12
                           Umweltbedingungen unter anderem mit Wan-           „Gewässerentwicklung“).
Natur- und Artenschutz   Seiten 18 / 19

                                                                                                          Der Rundblättrige Son-
                                                                                                          nentau (links) wächst
                                                                                                          auf nassen, nährstoff-
                                                                                                          armen Standorten wie
                                                                                                          Hochmooren.
                                                                                                          Als Brutvogel kommt
                                                                                                          die Bekassine (rechts)
                                                                                                          in NRW nur noch im
                                                                                                          Westfälischen Tiefland
                                                                                                          sowie im Münsterland
                                                                                                          vor.

Diese Anpassungsmaßnahme dient gleichzeitig       Eine Rückverpachtung der gekauften Flächen
den Zielen der Wasserwirtschaft und des Hoch-     an Landwirte, die die Flächen dann gemäß den
wasserschutzes. Dadurch können erhebliche         Schutz- und Entwicklungszielen der Schutzge-
Synergieeffekte erzielt werden.                   biete bewirtschaften, wird angestrebt.

Verringerung vorhandener Stressfaktoren
Feuchte und kälteliebende Pflanzen und Tiere,     Förderung
aber auch (Feucht-)Lebensräume, sind durch
unterschiedliche Bedingungen einem erhebli-       Die im vorherigen Kapitel beschriebenen
chen Stress ausgesetzt. So können beispiels-      Schritte sind die Schwerpunktmaßnahmen zur
weise eine nicht mit Schutzzielen konforme        Anpassung an den Klimawandel.
Landbewirtschaftung oder eine Schädigung
der hydrologischen Systeme (Entwässerung,         Als Bewilligungsbehörde für die Förderpro-
Grundwasserabsenkung) zu Nahrungs- und            gramme Europäische Landwirtschaftsfonds
Wassermangel führen und so große Stressfak-       für die Entwicklung des ländlichen Raums
toren darstellen. Eine Minderung dieser Fakto-    (ELER), Förderrichtlinie Naturschutz (FöNa)
ren führt dazu, dass der zusätzliche Stressfak-   und Ökologieprogramm Emscher-Lippe
tor Klimawandel besser ertragen werden kann.      (ÖPEL) fördert und begleitet die Bezirksregie-
                                                  rung Münster entsprechende Maßnahmen.                   LIFE+ ist die Abkür-
Für die Realisierung der genannten Schritte       Beim EU-LIFE+-Programm ist die Bezirksre-               zung für „L'Instrument
sind hauptsächlich die Unteren Landschafts-       gierung, wenn vom Antragsteller gewünscht,              Financier pour
behörden zuständig. Sie werden jedoch zum         beratend tätig und zahlt bei bewilligten Projek-        l'Environnement;
                                                                                                          Promouvoir L'Union
Teil durch die Höhere Landschaftsbehörde der      ten die Landesmittel an den Antragsteller aus.
                                                                                                          Soutenable“
Bezirksregierung, beispielsweise durch (Neu)      Bei vom Land kofinanzierten EU-LIFE+-Projek-
Ausweisung von Schutzgebieten oder über die       ten begleitet die Bezirksregierung die Projekte
Förderberatung im Rahmen von Sonderpro-           durchgehend von der Antragstellung bis zum
grammen und -projekten (wie zielartenbezoge-      Projektende.
ner Biotopverbund, LIFE) umgesetzt.
                                                  Nähere und aktuelle Informationen zu den
Da die Schutzziele sowie die Stabilisierung der   Inhalten und der Abwicklung der Förderpro-
Schutzgebiete (durch Arrondierung, Vergrö-        gramme sind auf der Homepage der Bezirks-
ßerung, Verbesserung) oft nur auf öffentlichen    regierung Münster zu finden.
Flächen zu erreichen sind, kauft die Bezirksre-
gierung entsprechende Flächen auf.
Freiraumschutz
                        Der Freiraumschutz bezieht sich auf die unbebauten und unversiegelten
                        Flächen. Mit ihm soll die Funktionsfähigkeit eines ökologischen Systems
                        gesichert werden. Ebenso geht es darum, die vielfältigen Nutzungen wie
                        Land- und Forstwirtschaft, regenerative Energiegewinnung, Rohstoffsi-
                        cherung, Naturschutz und Freizeitgestaltung sowie die sozialen und kultu-
                        rellen Bereiche in Einklang zu bringen.

                        Dem unbebauten Freiraum kommt eine hohe                       rungsvorausberechnung (Zielhorizont: 2030)
                        Bedeutung zur Aufrechthaltung einer ungestör-                 von IT.NRW ergeben, dass die Einwohnerzahl
                        ten Klimaentwicklung zu. So können Freiräume                  in der Emscher-Lippe-Region und den Kreisen
                        als Überschwemmungsflächen eine Puffer-                       des Münsterlandes bereits heute rückläufig ist,
                        funktion beim zukünftigen Hochwasserschutz                    während sie in der Stadt Münster noch steigen
                        übernehmen oder einen regulierenden und                       wird. Unter dem Aspekt des Klimawandels soll-
                        ausgleichenden Einfluss auf die Lufttemperatur                te die rückläufige Bevölkerungsentwicklung als
                        im Siedlungsbereich ausüben.                                  Chance gesehen werden, Freiräume im Müns-
                                                                                      terland und der Emscher-Lippe-Region soweit
                        Daher sollen die bestehenden Freiräume                        wie möglich als solche zu erhalten.
                        wegen ihrer Nutz- und Schutzfunktionen, ihrer
                        Erholungs- und Ausgleichsfunktion und ihrer
                Info    Funktion als Lebensraum für Pflanzen und Tiere                Planerische und rechtliche
  Genaue Daten der      grundsätzlich erhalten werden. Eine Zerschnei-
Bevölkerungsvoraus-                                                                   Grundlagen
                        dung von noch vorhandenen, großen, zusam-
berechnung erhalten
  Sie im Internet auf
                        menhängenden Freiräumen soll verhindert                       Oberstes Leitbild der Raumordnung ist nach
   www.it.nrw.de im     werden. Die Inanspruchnahme soll sich auf das                 § 1 Absatz 2 Raumordnungsgesetz (ROG) eine
  Bereich „Statistik“   unumgängliche Maß beschränken.                                nachhaltige Raumentwicklung. Sie soll sicher-
                                                                                      stellen, dass die sozialen und ökonomischen
                        Die Nutzung des Freiraums hängt stark von der                 Ansprüche an den Raum mit seinen ökologi-
                        Bevölkerungsentwicklung ab. Für den Regie-                    schen Funktionen in Einklang gebracht werden.
                        rungsbezirk Münster hat die aktuelle Bevölke-                 Hierzu gehört auch der Schutz des Klimas.
                                                                                      Die Landesplanung in Nordrhein-Westfalen
                        Info                                                          hat sich in § 1 Absatz 2 Landesplanungsgesetz
                                                                                      (LPlG) dazu verpflichtet, ihre Raumordnung auf
                        30-Hektar-Ziel der Bundesregierung
                        Im Jahr 2007 wurden in Deutschland Tag für Tag rund 87        das Leitbild der Nachhaltigkeit auszurichten.
                        Hektar Fläche für Siedlungen und Verkehr neu in Anspruch      Die Konkretisierung für das Land erfolgt über
                        genommen.                                                     Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungs-
                        Nach den Daten der Flächenerhebung waren es 2010              planes (LEP NRW).
                        bundesweit noch 77 Hektar täglich. Ziel der Bundesregie-
                        rung ist es, diesen Wert bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar
                        pro Tag zu begrenzen. Seit dem Jahr 2002 ist dieses
                                                                                      Die Bezirksregierung Münster ist für die regi-
                        Handlungsziel Teil der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.   onale Entwicklung des Münsterlandes an die
                        Für NRW bedeutet dies, die Flächeninanspruchnahme auf         Ziele des Landes gebunden. Schon aus diesem
                        5 Hektar pro Tag zu begrenzen.                                Grund ist auch der Regionalplan Münsterland,
                                                                                      den die Bezirksregierung zusammen mit dem
                        (Quelle: Nationale Nachhaltigkeitsstrategie Fortschrittsbe-
                                                                                      Regionalrat erstellt (nähere Informationen gibt
                        richt 2012; Presse- und Informationsamt der Bundesregie-
                        rung 2011)                                                    es auf www.brms.nrw.de), dem Leitbild einer
                                                                                      nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet.
Freiraumschutz   Seiten 20 / 21

                                                            nalplans Münsterland Rechnung getragen und
Mit dem Regionalplan Münsterland werden die                 ein themenübergreifender Planungsgrundsatz
Besonderheiten der Region aufgegriffen und                  zum Klimaschutz und Klimawandel aufgenom-
ein Handlungsrahmen für die nachfolgenden                   men. Die Bauleitplanung dient der weiteren
Planungsträger, beispielweise die Kreise und                Steuerung und rechtlichen Absicherung dieser
Kommunen, vorgegeben.                                       Raumansprüche. Als Träger der Bauleitpla-
                                                            nung werden vom Gesetzgeber die Gemeinden
Erstmals wird dem Klimawandel in den textli-                bestimmt.
chen Darstellungen des Entwurfs des Regio-

                                                            Handlungsoptionen
Info

                                                            Aufbauend auf entsprechenden Zielen der Lan-
Aufbau eines regionalen Flächenmonitorings
Auf der regionalplanerischen Ebene reichen die Daten        desplanung kann die Regionalplanung überge-
der amtlichen Statistik für eine nachhaltige Steuerung      ordnete Ziele für ihre Region konkretisieren:
der Siedlungsentwicklung nicht aus. Insbesondere fehlen     – Siedlungsentwicklung und andere freiraum-
quantitative und qualitative Angaben über planerisch noch     gebundene Nutzungen freiraumverträglich
verfügbare Flächenreserven und ihre Inanspruchnahme
                                                              gestalten.
für Siedlungszwecke. Künftig sollen diese Informationen
                                                            – Bedarfsgerechte Ausweisung von Siedlungs-
mit Hilfe eines GIS-gestützten regelmäßigen Siedlungs-
flächenmonitorings für das Plangebiet gewonnen werden.        flächen; keine Verfestigung von Streu- und
Entsprechend der Vorgaben des Landesplanungsgesetzes          Splittersiedlungen.
erfolgt dies unter Federführung der Bezirksregierung        – Begleitet werden soll die kommunale Sied-
Münster in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen.             lungsflächenentwicklung durch ein regionales
                                                              Flächenmonitoring.
Siedlungsentwicklung
                         Mit der Steuerung der Siedlungsentwicklung leistet die Regionalplanung
                         einen zentralen Beitrag zu einer nachhaltigen Raumentwicklung. Wich-
                         tigstes Instrument dazu sind die zeichnerischen und textlichen Festlegun-
                         gen im Regionalplan. Diese richten sich insbesondere an die Kommunen
                         als Träger der Bauleitplanung und konkretisieren die landesplanerischen,
                         übergeordneten Leitbilder und Vorgaben.

  Thermografieaufnah-
    men zeigen, wo die
größten Wärmeverluste
eines Gebäudes liegen.

                         Da in Zukunft verstärkt mit sommerlichen          Planerische und rechtliche
                         Hitzeperioden zu rechnen ist, werden sich         Grundlagen
                         städtische Hitzeinseln vergrößern und verstärkt
                         auftreten. Um die Aufheizung der Innenstädte      Im Entwurf des Regionalplans Münsterland wird
                         und die einhergehende Gesundheitsbelastung        die „klimawandelgerechte“ Stadt gefordert.
                         einer immer älter werdenden Bevölkerung           Angestrebt wird eine weitere Sensibilisierung
                         zu reduzieren, sollten Freiflächen (Frischluft-   der Bauleitplanung der Kommunen.
                         schneisen oder Grünflächen) im Siedlungsbe-
                         reich erhalten und neue ausgewiesen werden.
                                                                           Handlungsoptionen
                         Der Erhalt beziehungsweise die Schaffung von
                         Freiflächen im Siedlungsgefüge muss abgewo-       Mittels Bauleitplanung steuern die Kommunen
                         gen werden mit dem Planungsinteresse, eine        als eigenverantwortliche Träger der Planungs-
                         verdichtete, kompakte Siedlungsstruktur zu        hoheit die Stadtentwicklung. Dazu stellen sie
                         erreichen, um eine Zersiedelung des Außen-        zunächst über den Flächennutzungsplan die
                         bereichs zu vermeiden und der bauleitplane-       beabsichtigte Art der Bodennutzung für sämt-
                         rischen Leitvorstellung „Innen- vor Außenent-     liche Flächen des Gemeindegebietes dar und
                         wicklung“ Rechnung zu tragen.                     steuern so die gesamtgemeindliche Entwick-
                                                                           lung. Hierauf aufbauend werden konkrete Bau-
Siedlungsentwicklung   Seiten 22 / 23

rechte in einzelnen Teilgebieten mit Bebauungs-                berücksichtigen im Rahmen ihrer gemeindli-                      Info

plänen geschaffen und für jedes Baugrundstück                  chen Planungen bereits solche Konzepte.                         Die Bestimmun-
                                                                                                                               gen im BauGB zur
rechtsverbindlich festgelegt.                                  Klimaschutz- und energieeinsparungsbezo-
                                                                                                                               Förderung des
Mit dem Gesetz zur Förderung des Klimaschut-                   gene Regelungen sind auf der Grundlage der
                                                                                                                               Klimaschutzes haben
zes bei der Entwicklung in den Städten und                     bestehenden Darstellungs- und Festsetzungs-                     großen Einfluss auf
Gemeinden vom 22.07.2011 (BGBl. I S. 1509)                     kataloge der §§ 5 und 9 BauGB zu treffen. Die                   Gestalt, Struktur
sind „klimawandelgerechte“ Regelungen in das                   Bezirksregierung Münster – und hier insbe-                      und Entwicklung des

Baugesetzbuch (BauGB) aufgenommen wor-                         sondere das Dezernat für Städtebau – bietet                     besiedelten Raumes
                                                                                                                               bei der Entwicklung
den. Diese sind unter anderem als Grundsätze                   eine umfassende Beratung in diesen sowie in
                                                                                                                               von Städten und
und Ziele einer Bauleitplanung im Rahmen einer                 allgemeinen Rechts- und Verfahrensfragen der                    Gemeinden.
sach­gerechten Abwägung zu berücksichtigen.                    Bauleitplanung an.

Bei einer nachhaltigen „klimawandelgerechten“
städtebaulichen Entwicklung werden neben                       Förderung
allen anderen Belangen auch die des Umwelt-
schutzes und damit korrespondierend die des                    Bei Maßnahmen in der Städtebauförderung
Klimaschutzes und der Energieeinsparung als                    sind grundsätzlich die Ergebnisse einer stadt-
Ziel der Bauleitplanung unmittelbar angespro-                  klimatischen Betrachtung und Verbesserung zu
chen und gefordert.                                            berücksichtigen. Hierbei spielen konkrete Maß-
                                                               nahmen zur Einsparung von Energie und zur
Abgestimmt auf die Ziele der Raumordnung                       Reduzierung von Treibhausgasen eine entschei-
sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits                 dende Rolle. So werden Maßnahmen der ener-
jetzt von den Planungsträgern zu behandeln:                    getischen Sanierung von Gebäuden über das
Bei den Darstellungen im Flächennutzungsplan                   Haus- und Hofflächenprogramm unterstützt.
allgemein und bei den Festsetzungen im Bebau­                  Dabei erfolgt regelmäßig eine Teilfinanzierung
ungsplan konkret. Sie bewegen sich dabei im                    der energetischen Ertüchtigung von Dach- und
Spannungsfeld zwischen einer verdichteten,                     Fassadenflächen. Bei Rückbau-, Umbau- und
kompakten und einer offenen, Freiflächen erhal­-               Anbaumaßnahmen müssen die Vorgaben der
tenden oder schaffenden Siedlungsentwicklung.                  Energie-Einspar-Verordnung in vollem Umfang
Eine Auseinandersetzung der Planungsträger                     beachtet werden. Darüber hinaus sind Klima-
mit den Auswirkungen des Klimawandels ist un-                  schutzgutachten Gegenstand einer integrierten
erlässlich. Als eigenständiges Konzept oder Teil               Gesamtmaßnahme in der Städtebauförderung.
eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes                    Sie dienen beispielsweise der Festlegung von Be-
unterstützen Klimaschutzkonzepte die Kommu-                    lüftungsachsen in Städten oder der Entsiegelung
ne in ihrem Beitrag, den Klimaschutz und die                   und Begrünung von Flächen unter dem Aspekt
Klimaanpassung zu fördern. Viele Kommunen                      des Klimawandels als städtebaulicher Mehrwert.

 Info

 Die Innovation City in Bottrop ist ein herausragendes         Konzepten einer umweltfreundlichen Mobilität, Maßnahmen
 Beispiel einer umfassenden Klimaschutzstrategie, die unter    zur Energieeinsparung und klimaschonenden Energieerzeu-
 anderem mit Städtebaufördermittel umgesetzt werden soll.      gung und einer an die Folgen des Klimawandels angepass-
                                                               ten Stadtentwicklung.
 71 Prozent weniger Strom, 51 Prozent Einsparungen im
 Energieverbrauch und 30 Prozent weniger Emissionen im         Innovation City ist damit auch ein überzeugendes Beispiel
 Verkehrswesen – bis zum Jahre 2020 sind das ambitionier-      der Bündelung von Maßnahmen, von Akteuren und Insti-
 te Ziele eines Masterplans, mit dem die Stadt Bottrop einen   tutionen sowie von Finanzierungsinstrumenten. Auch das
 revierweiten Wettbewerb des Initiativkreises Ruhr gewon-      entspricht der Zielrichtung und dem Instrumentenansatz
 nen hat. Erreicht werden sollen diese Werte mit innovativen   der Städtebauförderung.
Sie können auch lesen