Kommunalwelt.de - Kongress-kommunal 2021 Starke Kommunen - Starkes Deutschland - Kommunalpolitische Blätter
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kommunalwelt.de Starke Kommunen – Starkes Deutschland BERICHT Kongress-kommunal 2021 18. und 19. Juni 2021 Digital
??? ??? ??? Positionen kommunaler Unternehmen: klimaneutral, leistungsstark, lebenswert XXX YY YYYYY Foto: © ??? XXX YYY ZZZ Unser Beitrag für Weil nichts passiert, heute und morgen wenn es nicht vor Ort geschieht. btw2021.vku.de 2
kommunalwelt.de 2 | 2021 Liebe Leserinnen, liebe Leser, am 18. und 19. Juni hat Subsidiarität wieder die dringend notwendige Geltung die Kommunalpolitische verschafft. Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands das Es gibt viel zu tun. Insbesondere in der Klima- und Ener- zweite Mal in Folge ihren giepolitik ist in jüngster Zeit einiges in Bewegung geraten. Foto: © Bernhardt Link – KPV jährlichen Kongress-kom- Das verdeutlichen die weiteren Beiträge in diesem Heft, munal digital ausgerich- die sich mit den richtigen Strategien für den ökologischen tet. Eine erfolgreiche digi- Umbau beschäftigen, darüber hinaus geht es um den tale Premiere feierte da- Schutz kommunaler Anlagen und die Top-Zukunftsthe- gegen unsere Ausstellung men Digitalisierung und Smart City. „Wirtschaft-kommunal“, die den Kongress begleitet hat. Wir bedanken uns bei al- Im kommenden Jahr wollen wir in Präsenz unseren Kon- len Teilnehmern, Mitwirkenden und starken Partnern der gress durchführen. Wir freuen uns sehr, am 18. und 19. Kommunen für ihre Unterstützung. Auf den Seiten zehn November 2022 in Bochum zu tagen. Dazu laden wir bis 15 finden Sie unsere Berichterstattung über die Ver- Sie heute bereits herzlich ein. Wir sehen uns! anstaltung. Herzliche Grüße Die Coronakrise hat deutlich gemacht, wo unser Staat und unser Gemeinwesen gut aufgestellt sind, aber auch, Ihr wo es Verbesserungsbedarf gibt. Der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) und der AG Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase MdB, fordert in seinem Beitrag ab Seite vier die richtigen Leh- Tim-Rainer Bornholt ren zu ziehen und in der neuen Legislatur eine mutige Fö- Hauptgeschäftsführer der Kommunalpolitischen deralismusreform durchzuführen, die dem Prinzip der Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) Inhaltsverzeichnis Impressum 4 Christian Haase MdB: Subsidiaritätsneustart in Bund, Ländern und Kommunen Herausgeber: Kommunal-Verlag GmbH 10 Bericht Kongress-kommunal 2021: KPV setzt Themen für das Regierungsprogramm Geschäftsführer: 16 Ingbert Liebing: Tim-Rainer Bornholt Entgelte- und Umlagesystematik jetzt reformieren Klingelhöferstraße 8, 10785 Berlin Telefon: 030 22070471 18 Helmut Schleweis: Ökologische Erneuerung: Telefax: 030 22070478 Gemeinsam für alle Generationen kommunal-verlag.com 20 Dr. Timm Kehler: Klimaneutralität im Gebäudebereich: Mit Gas geht’s Redaktion: Annette Raphael 22 Deutsche Glasfaser baut Glasfasernetze auf dem Land 24 Thomas Hülsmann: Satz und Produktion: Tempo bei Gebäudemodernisierungen weiter erhöhen brandung3 kommunikation 26 Per Wiegand, Katharina Schlüter, Lennart Strelau: Wassersportzentrum Mit der richtigen Strategie zur Smart City Müggelseedamm 70, 12587 Berlin brandung3.de 28 Herwart Wilms: Mit Biomethan Kreisläufe schließen 30 Hans-Joachim Schmidt: Versicherungslösungen für die Wasserversorgung 3
Die Coronakrise hat Deutschland mit enormen Herausfor- derungen konfrontiert und überall im Land haben die Men- schen Großartiges geleistet. Gleichzeitig hat die Krise aber auch Handlungsbedarf in unserem Gemeinwesen offen- bart. Deshalb fordere ich, dass unser Staat und die Gesell- schaft jetzt die Lehren aus der Pandemie ziehen müssen. Mit dem Regierungsprogramm hat die Union gezeigt: Sie versteht Kommunalpolitik. Viele unserer zentralen Forde- rungen sind Bestandteil des Regierungsprogrammes. Klare Zuständigkeiten Subsidiaritätsneustart in Bund, Ländern und Kommunen Die Kommunen sind ein griffs des Staates selber zu regeln und zu verwalten. Un- Foto: © Jan Kopetzky Stabilitätsanker auch in ser Grundgesetz in Art 28 (2) gewährt den Gemeinden der Krise. Tausende kom- das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemein- munale Amts- und Man- schaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung datsträger tragen in Kri- zu regeln. Dabei ist die finanzielle Eigenverantwortung zu senzeiten ebenso wie in gewährleisten: „Im Rahmen der Gesetze“ heißt nichts an- normalen Zeiten ihre deres, als dass die Gesetzgeber im Bund und den Län- Verantwortung und fin- dern den Gestaltungsspielraum der Kommunen faktisch den vor Ort passende Lö- begrenzen. sungen für die Men- Christian Haase MdB Vorsitzender der Kommunal- schen. Auf unsere Kom- politischen Vereinigung der CDU Die Ebene, die einem Problem am nächsten steht, soll munen können wir uns und CSU Deutschlands (KPV) und dieses also lösen, sofern diese Ebene dafür die erfor- der AG Kommunalpolitik der CDU/ verlassen. derlichen Kompetenzen und Mittel hat. Die Kommunen CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sind zwar keine eigene staatliche Ebene wie Bund und Grundlage der föderalen Länder. Sie sind aber in vielen Belangen die Verwal- Staatsstruktur in tungsebene, die am ehesten geeignet ist, das Subsidia- Deutschland ist der Subsidiaritätsgedanke, wonach die ritätsprinzip mit Leben zu füllen. Die Kommunen sind unterste geeignete Ebene eine Aufgabe lösen soll. Das ist am nächsten an den Menschen dran – ihre Vertreter Ausdruck von echter Freiheit in Verantwortung und De- kennen die Lage vor Ort am besten und können am mokratie und wendet sich gegen Bevormundung und ehesten unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Fremdbestimmung. Erst einmal sind die örtlichen Ge- Besonderheiten Herausforderungen meistern und Pro- meinschaften zuständig, ihre Belange außerhalb des Zu- bleme lösen. 4
kommunalwelt.de 2 | 2021 kenntnis, dass für die Kommunen gedachte Finanzmit- tel des Bundes kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaushalten sind, hat sich auf Länderebene noch nicht überall durchgesetzt. Auch entpuppen sich För- derprogramme immer wieder als „goldene Zügel“, weil der Bund nicht nur die Mittel bereitstellt, sondern selbstverständlich auch mitbestimmt, wie diese Mittel verwendet werden. Der Grundsatz, unter Berücksichti- gung lokaler und regionaler Besonderheiten Herausfor- derungen zu meistern (Subsidiaritätsprinzip), ist damit kaum noch zu vereinbaren. Foto: © Coloures-Pic – stock.adobe.com Förderprogramme des Bundes sind falsche Instrumente Hinzu kommt, dass Förderprogramme die Schere zwi- schen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen weiter öffnen. Denn in der Regel sind diese Förderpro- gramme mit einem kommunalen Eigenanteil verbunden, Klare Strukturen und Zuständigkeiten den finanzschwache Kommunen kaum leisten können und Kommunen in Haushaltsnotlage eigentlich nicht leis- Für die effiziente Umsetzung des Subsidiaritätsgedan- ten dürfen, wenn es nicht der Umsetzung von Pflichtauf- kens sind nicht nur Nähe und Kompetenz von großer gaben dient. Damit erreichen solche Förderprogramme Bedeutung. Entscheidend sind auch klare Strukturen häufig das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigen und und Zuständigkeiten sowie die zur Aufgabenerfüllung befeuern eine Abwärtsspirale finanzschwacher Kommu- erforderlichen Mittel – im Besonderen die notwendi- nen, statt diese zu durchbrechen. gen Finanzmittel. Die Verwaltungsebene, die eine Auf- gabe im Sinne der Subsidiarität regeln soll, muss auch Die Umsetzung der Mischfinanzierung und geteilten über die dafür erforderlichen Finanzmittel verfügen Aufgabenkompetenz zeigt deutlich, dass das Ergebnis können – sei es durch Einnahmen aus eigener Steuer- von gut gemeint nicht immer gut gemacht ist. Wir hoheit, eine Beteiligung am gesamtstaatlichen Steuer- brauchen daher einen Subsidiaritätsneustart, bei aufkommen oder über Zuweisungen aus Finanzaus- dem nicht nur klare Zuständigkeiten zwischen Bund, gleichsmechanismen wie sie auf Länderebene im Rah- Ländern und Kommunen geregelt werden, sondern men kommunaler Finanzausgleichsregelungen vorge- auch sichergestellt wird, dass jeder Verwaltungsebe- nommen werden. ne für die ihr zugewiesenen Aufgaben ausreichend (Finanz-)Mittel zur Verfügung stehen. Am bestehen- Ziel früherer Föderalismusreformen war es, Zuständig- den Durchgriffsverbot des Bundes auf die Kommunen keiten zu entzerren und Aufgabenverantwortung klarer ist dabei festzuhalten. zu regeln. Die dabei gefundenen Kompromisslösungen sind gerade in jüngerer Vergangenheit immer wieder Diese Forderung der KPV findet sich auch im Positionspa- aufgeweicht worden. Die Aufgabenkompetenz des per der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: wir wollen kla- Bundes wurde durch Förderprogramme, aber auch rere Verantwortlichkeiten und Finanzverantwortung zwi- über diverse Grundgesetzänderungen immer weiter schen Bund, Ländern und Kommunen. ausgeweitet bis hin zu einer Mitfinanzierungsverant- wortung im Bildungsbereich und bei der Kinderbetreu- Statt einer Ausweitung von kommunalen Förderpro- ung. Mischfinanzierungen verzerren Zuständigkeiten, grammen brauchen wir eine verlässliche und kontinuier- erschweren die effiziente Aufgabenwahrnehmung und lich ausreichende Finanzausstattung der Kommunen. tragen vor allem dann nicht zur Verbesserung der Lage Kommunen brauchen vor allem haushälterische Pla- bei, wenn Landesmittel durch Bundesmittel ersetzt nungssicherheit mit langfristiger Perspektive, wenn sie werden oder für die Kommunen gedachte Bundeszu- ihre Aufgaben erfüllen und eine wichtige Rolle auch für weisungen in Landeshaushalten versickern. Die Er- öffentliche Investitionen ausfüllen sollen. Hierfür sind 5
nach dem Grundgesetz die Länder verantwortlich. Lei- gung ist nicht nach Wirtschaftskraft, sondern nach Kri- der sind immer wieder Verfassungsgerichte gefordert, terien wie Einwohnerzahl, Sozialausgaben, aber auch die Länder an ihre Pflicht zur finanziellen Mindestaus- der ungünstigen Relation aus großer Gebietsfläche und stattung zu erinnern. geringer Einwohnerzahl auszurichten. Neben einer auskömmlichen Ausgestaltung der kommu- nalen Finanzausgleichsregelungen in den einzelnen Län- Länder besser in die Pflicht nehmen dern brauchen die Kommunen aber auch wie bislang ei- ne gesicherte Beteiligung am gesamtstaatlichen Auf- Letztendlich wird von der Aufgabenverteilung zwischen kommen aus Einkommens- und Umsatzsteuer. Dabei Bund, Ländern und Kommunen abhängen, wie hoch die hat sich der Kommunalanteil an der Umsatzsteuer in kommunale Beteiligung am gesamtstaatlichen Steuer- den vergangenen Jahren zunehmend zu einem Transfer- aufkommen ausfallen muss. Klar ist aber auch, dass zu weg für Leistungen des Bundes zugunsten der Städte einer aufgabenangemessenen auskömmlichen Finanz- und Gemeinden entwickelt. Erhielten die Kommunen ur- ausstattung der Kommunen ein entsprechender Finanz- sprünglich 2,2 Prozent des Gesamtvolumens der Um- ausgleich gehört, wenn künftig seitens des Bundes bei satzsteuer als Ersatz für die Ende der 1990er Jahre ent- den Kommunen obliegenden Aufgaben Standards ange- fallene Gewerbekapitalsteuer, ist dieser Anteil vor allem hoben oder Leistungen ausgeweitet werden. Auch wenn in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Damit unsere föderale Finanzstruktur aufgrund des fehlenden wird auch der der ursprünglichen Verteilungsintention Durchgriffsverbots des Bundes auf die Kommunen keine zugrunde liegende Verteilungsfaktor nach Wirtschafts- direkte Konnexität zwischen Bund und Kommunen vor- kraft relativiert. Seit 2018 dient die Umsatzsteuerbetei- sieht, darf das künftig nicht mehr dazu führen, dass die ligung der Kommunen in Kombination mit einer höheren Kommunen bei bundesgesetzlich veranlasster Erhöhung Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft im von Standards bestehender Aufgaben oder Ausweitung SGB II auch als Transferweg für die Förderung finanz- von Leistungen allein darauf vertrauen müssen, dass die schwacher Kommunen – mit dem Nachteil der Zielun- Länder ihnen die damit verbundenen Mehrausgaben genauigkeit, weil die Verteilung des Umsatzsteuerauf- oder daraus resultierende Mindereinnahmen ausglei- kommens stärker finanzkräftige Kommunen fördert und chen. Jede Standardsetzung und jede Leistungsauswei- ebenfalls die Schere zwischen finanzstarken und finanz- tung braucht künftig ein Preisschild und einen klaren schwachen Kommunen öffnet. Ein Subsidiaritätsneu- Mechanismus, wie die erforderlichen Finanzmittel auf start ist somit auch mit einer Neuverteilung des kommu- der kommunalen Ebene ankommen. Deshalb müssen nalen Umsatzsteueraufkommens zu verbinden: Die über die Beschlüsse und Entscheidungen des Bundesrates 2,2 Prozentpunkte hinausgehende kommunale Beteili- Konnexität in den Ländern auslösen. Wenn die Länder im Bundesrat Ausgaben für die Kommunen beschließen, müssen sie dafür haften. Um sicherzustellen, dass die kommunalen Belange bei bundesgesetzlichen Regelungen künftig von vornherein ausreichend berücksichtigt werden, brauchen wir einen Kommunalbeauftragten der Bundesregierung. Dieser wird in der Bundesregierung die Belange der Kommunen koordinieren, um den Landkreisen, Städten und Ge- meinden dauerhaft in der Regierungsarbeit des Bundes Gehör zu verschaffen. Der Bund ist Gewährsträger der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland. Er wird durch das Grundgesetz Art. 28 (3) verpflichtet zu ge- währleisten, dass die verfassungsmäßige Ordnung der Foto: © tarasov_vl – stock.adobe.com Länder den Grundrechten und den Bestimmungen des Art. 28 (1) und (2) entspricht. Also muss auf Bundesebe- ne immer wieder darauf hingewirkt werden, dass der Bund seiner Gewährleistungsverantwortung nach- kommt. Eine starke kommunale Selbstverwaltung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der politischen und verfas- 6
kommunalwelt.de 2 | 2021 GÜNSTIGE ENERGIE FÜR DAS GANZE LAND? MIT GAS GEHT’S. Denn jede zweite Wohnung in Deutschland wird kostengünstig mit Gas geheizt, dem Energieträger, der nicht nur den Geldbeutel, sondern auch das Klima schont. Und wo heute noch Erdgas wärmt, wird morgen Wasserstoff zum Einsatz kommen. Wie die Gaswirtschaft sonst noch dafür sorgt, dass wir unseren CO2-Fußabdruck reduzieren und die Klimaziele zuverlässig und bezahlbar erreichen können? www.mitgasgehts.de 7
sungsrechtlichen Ordnung unseres Staates. Die institu- zwischen den Verwaltungsebenen, gerade in Krisenzei- tionelle Beteiligung der Kommunen in den Geschäfts- ten, effizienter zu gestalten und die Arbeit in den Kreis- ordnungen der Bundesministerien war ein erster Schritt und Rathäusern zu erleichtern. Das ist auch dringend not- und muss nun auch im Regierungshandeln kontinuier- wendig, um die anstehenden Altersabgänge teilweise zu lich berücksichtigt werden. kompensieren. Den Verwaltungsfachangestellten, der beispielsweise einen Bauantrag prüft und am Ende die Baugenehmigung erteilt, kann aber auch der beste Algo- Geld alleine reicht nicht rithmus nicht ersetzen. Um in absehbarer Zeit Smart-Ci- ties und Smart-Regions zu realisieren, muss die Entwick- Zum Subsidiaritätsneustart gehört neben der finanziellen lung mehr Fahrt aufnehmen. auch zwingend die personelle Absicherung. Die Kommu- nen brauchen auch jenseits der Kinderbetreuung ausrei- Dringend notwendig ist auch Mut, bisherige Verfahren zu chend Personal, um die ihnen übertragenen Aufgaben an- überdenken. Warum muss ein kommunales Bauamt zwin- gemessen erfüllen zu können. Bereits die stockende Ab- gend zusätzlich Bauvorschriften der Bundes- oder Lan- wicklung laufender Förderprogramme zeigt, dass der Mit- desebene beachten, wenn es Fördermittel von dort be- telabfluss nicht an mangelndem Bedarf vor Ort hakt, son- kommt? Verwaltungen arbeiten im Alltag auch nicht im dern oftmals durch Lücken in der Personalausstattung der rechtsfreien Raum. Kommunen verursacht wird. Auch Verwaltungsaufgaben Subsidiarität bedeutet auch, Freiheit und Vertrauen dar- wie Baugenehmigungen verzögern sich, wenn die Ämter auf, dass diese Freiheit zum Wohle des Gemeinwesens nicht ausreichend personell besetzt sind. Die Erfahrungen genutzt wird. Immer weitere Planungseinschränkungen, der Flüchtlingskrise und der Corona-Pandemie zeigen wie sie beispielsweise die SPD durch bundesgesetzliche deutlich, dass jede Krisensituation die Lage verschärft, Vorgaben beim Ausbau der Windenergie verfolgt, zeugen weil Personal zur Bewältigung von Sonderanforderungen von großem Misstrauen gegenüber der kommunalen Pla- aus anderen Abteilungen abgezogen wird. Es wird also nungskompetenz und untergraben den Subsidiaritätsge- nicht ausreichen, mehr Geld für die den Kommunen über- danken – auch mit eklatanten Folgen für die Zukunft der tragenen Aufgaben und Investitionsbedarfe bereitzustel- kommunalen Selbstverwaltung und des kommunalen Eh- len, selbst wenn damit höhere Personalkosten abgedeckt renamtes. Wer kommunale Räte zum verlängerten Arm werden. Es werden auch Auszubildende gebraucht, um eigener zentralistischer Gedankenansätze degradiert, Löcher in der ohnehin dünnen kommunalen Personaldecke darf sich nicht wundern, wenn die Bereitschaft, sich län- zu stopfen. Die Bildungs- und Ausbildungsstrategie von gerfristig vor Ort zu engagieren, abnimmt. Für die Zukunft Bund und vor allem Ländern muss hierauf reagieren. unseres Landes ist solch ein zentralistischer Bevormun- dungsansatz ein erhebliches Risiko, dem wir auch mit ei- Die Digitalisierung der Verwaltung und Vereinfachungen nem Subsidiaritätsneustart entschieden entgegentreten in Verwaltungsverfahren werden dazu beitragen, die müssen. Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung und Fazit Der Subsidiaritätsneustart wird Bund, Länder und Kom- munen vor große Herausforderungen stellen, die nicht in wenigen Wochen gelöst werden können. Auch wenn die Zeit drängt, dürfte absehbar sein, dass dies eine Aufgabe für die kommende Wahlperiode des Deutschen Bundes- tages sein wird. Wichtig ist, dass am Ende nicht nur Kom- promisse, sondern auch passende Lösungen für die Her- ausforderungen unserer Zeit und unserer Zukunft gefun- den werden. Damit können wir die Grundlagen dafür Foto: © Wax – stock.adobe.com schaffen, dass unsere Kommunen weiterhin Stabilitäts- anker sind und wir uns auf sie und die Arbeit tausender kommunaler Amts- und Mandatsträger verlassen können. Die Ideen von Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein sind nach wie vor aktuell. 8
kommunalwelt.de 2 | 2021 Foto: © ??? – Fotolia.com Die Glasfaserzukunft wird auf dem Land geschrieben. Und zwar: jetzt! Von über 450 durch uns angeschlossenen Kommunen wissen wir: In Großstädten macht Glasfaser noch wenig Unterschied. Im ländlichen Bereich aber kann sie enorm viel bewegen. Wir unterstützen Sie dabei, den Glasfaser- ausbau auch in Ihrer Kommune zu realisieren. Partnerschaftlich, flächendeckend & auf Augenhöhe. Ergreifen Sie die Initiative: glasfaser-jetzt@deutsche-glasfaser.de 9
Eine Tour de Force durch alle Belange der Kommunalpoli- tik: Der KPV-Bundesvorsitzende Christian Haase deklinier- te am Heimattresen im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin die kommunalen Wahlbausteine durch. Zu Gast waren die Spitzenpolitiker Ralph Brinkhaus, Armin Laschet und Mar- kus Blume. 34 Grad zeigt das Thermometer in Berlin am 18. Juni. Noch deutlich höher dürfte die Temperatur im Inneren des Politikbetriebs ausfallen - noch zwei Tage, dann wol- len CDU und CSU ihr gemeinsames Regierungsprogramm vorstellen. Auch die KPV hat die vergangenen Monate in- tensiv genutzt, um für die kommunalen Wahlbausteine und ihren Maßnahmenkatalog „Neustart für Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne“ zu werben. Nun heißt es für die Spitzenpolitiker der Union Stellung zu beziehen gegenüber den Amts- und Mandatsträgern vor Ort. 600 Kommunale verfolgen am Bildschirm zuhause Bericht Kongress-kommunal 2021 KPV setzt Themen für das Regierungsprogramm wie der KPV-Bundesvorsitzende Christian Haase MdB am Bund. Für grundlegende Reformen würden große Krisen Heimattresen im Konrad-Adenauer-Haus jeweils eine wie die Pandemie ein günstiges Momentum schaffen. Stunde diskutiert mit dem Vorsitzenden der CDU/CSU- Christian Haase hakte ein: „Damit die Kommunen ihrer Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus MdB, dem CDU-Vor- Verantwortung gerecht werden können, benötigen sie ei- sitzenden und Spitzenkandidat der Union, Ministerpräsi- ne solide finanzielle Ausstattung.“ In ihren Wahlbaustei- dent Armin Laschet MdL, und dem CSU-Generalsekretär nen hatte sich die KPV gegen den Aufwuchs an Förder- Markus Blume MdL. programmen mit ihren sprichwörtlichen „goldenen Zü- geln“ ausgesprochen und für eine Reform der Umsatz- steuerverteilung. Brinkhaus pflichtete bei, die Kommunen Neustaat – Was bedeutet das für die dürften keine Bittsteller bei Bund und Ländern sein, eine Kommunen? Reform der Steuerverteilung wäre das geeignete Instru- ment. Für Aufsehen hatte die Union mit ihrem Papier Neustaat gesorgt: Für die Herausforderungen unserer Zeit müsse die Bürokratie agiler und digitaler werden. „Es muss sich Modernisierungsjahrzehnt: Machen, immer etwas ändern, damit Gutes bleibt“, erläuterte machen, machen Ralph Brinkhaus die Intention der Initiative. Denn eine verlässliche, gut funktionierende Verwaltung sei ein Bereits zum Start der Beteiligungskampagne am Unions- Standortfaktor für die Wirtschaft. „Man kann alles teilen, Wahlprogramm im März hatte Armin Laschet der Bundes- nicht aber Verantwortung“, so Brinkhaus weiter. Aufga- republik ein Modernisierungsjahrzehnt verordnet. „Wie ben müssten dort angesiedelt werden, wo sie am besten kommen wir nun ins Handeln?“ lautete eine der häufigsten wahrgenommen werden – das sei nicht zwangsläufig der Fragen im Chat an den Kanzlerkandidaten der Union. Auch 10
kommunalwelt.de 2 | 2021 Bund anzusiedeln. Es sei ein Zeichen kluger Politik, die Bevölkerungsbewegungen vom Land in die Stadt nicht zu stark werden zu lassen. Dies führe zu der paradoxen Situ- ation, dass in den Metropolen zusätzlich in den Ausbau von Schulen und Kitas investiert werden müsse, während auf dem Dorf Geld in den Erhalt der letzten Schule ge- steckt würde. Deshalb sei es fester Bestandteil der baye- rischen Heimatstrategie, Vorsorge zu treffen, dass die Menschen auch im ländlichen Raum alles vorfänden: Vom schnellen Internet über Jobs bis hin zu Wohnraum. Die Dezentralisierungsstrategie mit Behördenansiedlung im ländlichen Raum müsse auch auf Bundesebene stärker vorangetrieben werden. Auch das ist seit vielen Jahren ein zentrales Anliegen der KPV. Foto: © ??? – Fotolia.com Forum Innenstädte und Ortskerne aktivieren Im Forum „Innenstädte und Ortskerne aktivieren“, dass von der Stellvertretenden Bundesvorsitzenden der KPV, Laschet warb dafür, die Corona-Pandemie als Chance zu Heike Brehmer MdB, moderiert wurde, warb Bundeswirt- begreifen. Hätten vor der Krise die Gesundheitsämter ein schaftsminister Peter Altmaier MdB in seiner Videobot- Schattendasein geführt bis hin zur Frage der Existenzbe- schaft dafür, die Gastronomie als unabdingbaren Be- rechtigung, seien sie es gewesen, die maßgeblich zum Ein- standteil unserer Zentren zu stärken. Für die Wirtschaft dämmen der Pandemie beigetragen hätten. Diese Aner- ginge es darum, einen erfolgreichen Neustart zu schaf- kennung bleibe. Auch seien die innovativen Ideen im Um- fen. Aufhalten ließe sich der Wandel in den Innenstädten gang mit der Pandemie aus den Kommunen gekommen, nicht, aber wir könnten ihn erheblich mitgestalten. Stichwort Tübingen. Der Glaube, wenn es der Bund mache, werde es besser, habe sich auch in der Pandemie nicht be- Dr. Angelus Bernreuther, Leiter Investor Relationship Ma- wahrheitet. „Die Auszahlung der Novemberhilfen im März nagement bei Kaufland, gab sich überzeugt, dass auch in war kein Glanzstück des Bundes“, urteilte Laschet. „Wenn ich Bundeskanzler werde, sitzt im Kanzleramt ein Födera- list, denn ich bin zutiefst überzeugt von der Bedeutung der Länder und Kommunen.“ Ein wichtiges Anliegen war La- schet die Digitalisierung der Staatsaufgaben: Die Men- schen hätten sich daran gewöhnt, Einkäufe am Bildschirm zu erledigen – das müsse zukünftig auch für die KFZ-Zulas- sung gelten. Auch die KPV macht sich für die Digitalisie- rung der Verwaltung stark und unterstützt den digitalen Personalausweis als Authentifizierungsmedium. Das Herz der Union schlägt kommunal Generalsekretär Markus Blume versicherte den Kommu- nalen, das Regierungsprogramm werde „Union pur“ sein und deutlich die Handschrift der kommunalen Vertreter tragen: Deutlich werde das bei den Themen gleichwertige Lebensverhältnisse, Revitalisierung der Innenstädte oder Fotos: © Bernhardt Link Flächenversiegelung bekämpfen und der Frage: Was macht gute Heimat aus? Blume sprach sich dafür aus, das Thema Heimat weiterhin als Daueraufgabe beim 11
Zukunft der Handel als Frequenzbringer für die Innen- städte dienen wird. Um die Attraktivität zu steigern, brau- che es einen besseren Mix aus Wohnen, Arbeiten und Kultur in den Innenstädten. Dr. Gerd Landsberg, Ge- schäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städ- te- und Gemeindebundes, empfahl der kommunalen Ebe- ne, Erfolgsmodelle zu kopieren. Thomas Kufen, Oberbür- germeister von Essen, forderte, jede Stadt brauche ein emotionales Herz und Thomas Bareiß MdB, Parlamentari- scher Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, machte deutlich: Wir brauchen Kümmerer, die, wenn wir Leerstand haben, schnell jemand zur Nach- nutzung finden. Benjamin Schrödl, von Pricewaterhouse- Coopers, sah an dieser Stelle die Verwaltung in der Pflicht, Anträge schneller zu bearbeiten. Durch Corona hätten sich die ohnehin schon langen Bearbeitungszeiten weiter verzögert. Forum Leben in Stadt und Land Land zu schaffen, so dass die Menschen frei entscheiden Die Vorsitzende der AG Gleichwertige Lebensverhältnisse können, wo sie leben möchten. Dafür seien massive In- der KPV, Petra Nicolaisen MdB, leitete das Forum „Leben vestitionen notwendig. Reinhard Sager, Landrat und Prä- in Stadt und Land“, in dem gleich zu Beginn Bundesland- sident des Deutschen Landkreistages, lobte den Ansatz wirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, dass es bei der Kommission, vermisst aber die Bereitstellung verläss- der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ licher Finanzierungsquellen, um gute Strukturpolitik vor nicht um die Nivellierung von Unterschieden gehe. Ziel Ort machen zu können. Karl-Heinz Heller, Mitglied der sei es vielmehr, gewisse Mindeststandards überall im Geschäftsleitung bei PD-Berater der öffentlichen Hand, wies auf die Förderlotsen hin. Diese seien inzwischen bei einigen Programmen inkludiert und hätten sich in der Praxis als hilfreich erwiesen. Dr. Christian Lieberknecht, Geschäftsführer beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., nahm die Politik in die Pflicht: Die immer schärferen Auflagen für Wohnungen stünden im Widerspruch zum geringen Miet- niveau im ländlichen Raum. Auch Dr. Arnt Baer, Leiter des Bereichs Verbände und Politik bei der GELSENWASSER AG, forderte Unterstützung des Bundes beim Bau neuer Wasserleitungen. Die Hitzesommer der vergangenen Jah- re hätten Versorgungsengpässe offensichtlich gemacht. Forum Mobilität der Zukunft Landrat Stefan Rößle, der Vorsitzende der Kommunal- politischen Vereinigung der CSU, moderierte das Forum „Mobilität der Zukunft“, das mit einer Videobotschaft des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer MdB startete. Im Anschluss erläuterte Dr. Astrid Mannes MdB, Vorsitzende der AG Mobilität der Zukunft der KPV, die zentrale Forderung der KPV nach einer Reform des Standardisierten Bewertungsverfahren. Die zu erzielen- 12
13 Foto: © ??? – Fotolia.com kommunalwelt.de 2 | 2021 13 Fotos: © Bernhardt Link
de CO2-Einsparung müsse Eingang in die Kosten-Nut- zen-Rechnung finden. Thomas Hunsteger-Petermann, Stellvertretender Bundesvorsitzender der KPV und Lei- ter der Stabstelle Kompetenzzentrum für interkommu- nale Zusammenarbeit in NRW, forderte Mobilität als Da- seinsvorsorge zu begreifen. Bisher könne man nur in der Stadt von einem funktionierenden ÖPNV-Angebot spre- chen. Dr. Kay Ruge, Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag, warnte vor diesem Hintergrund davor, das Auto im ländlichen Raum zu verteufeln, gleichzeitig müssten aber auch dort die Weichen gestellt werden für multimodale Mobilitätsangebote. Dr. Jan Schilling, Ge- schäftsführer ÖPNV beim Verband Deutscher Verkehrs- unternehmen (VDV), betonte die Mammutaufgabe, vor Foto: © ??? – Fotolia.com der der ÖPNV für die Erreichung der Klimaziele stehe. Alois Rainer MdB, Verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, argumentierte auch die Bedeutung des Tourismus als Faktor in das Standardi- sierte Bewertungsverfahren aufzunehmen. Stellvertretender Bundesvorsitzender der KPV, als Mo- Forum Nachhaltigkeit für Klimaschutz und derator diskutiert. Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Ge- Wirtschaft schäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Land- kreistages, wies auf das Ungleichgewicht von Einnahmen Andreas Jung MdB, stellvertretender Vorsitzender der und Ausgaben hin: Auf Dauer könne ein System nicht CDU/CSU-Fraktion, führte in einem Impuls aus, was das funktionieren, „wo wir wie in Rheinland-Pfalz ein Viertel Bundesverfassungsgerichts-Urteil für den Klimaschutz der Staatsausgaben tragen, aber nur 13 Prozent der Steu- bedeute: Politik sei gefordert, den Menschen jetzt, Stich- ereinnahmen haben“. Der Stellvertretende Bundesvorsit- wort ÖPNV, attraktive Angebote bereitzustellen. Im wei- zende der KPV, Gordon Schnieder MdL, machte deutlich: teren Gespräch, durch das der Bürgermeister und Käm- „Wir in Rheinland-Pfalz leben jetzt schon im Jahr 13 der merer der Stadt Frankfurt am Main und Stellvertretende Verfassungswidrigkeit“. Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident Bundesvorsitzende der KPV, Uwe Becker, führte, betonte des Sparkassenverbandes Bayern, sah keinen Zwang für Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunen, sich jetzt die günstigen Zinsen zu sichern. kommunaler Unternehmen e. V. (VKU), die Rolle der kom- Verena Göppert, Ständige Vertreterin des Hauptge- munalen Unternehmen: Die Praktiker vor Ort hätten mit schäftsführers des Deutschen Städtetages, machte sich dem Umbau längst begonnen, aber würden noch zu oft für die KPV-Forderung stark: Solide Haushaltsmittel für ausgebremst durch langwierige Genehmigungsverfahren. die Kommunen statt Förderdschungel! Die Pandemie ha- Thomas Hülsmann, Geschäftsführer bei VinylPlus, sah be gezeigt, wie wichtig eine funktionierende kommunale besonders im Gebäudesektor Nachholbedarf. Die Sanie- Ebene sei. Ohne die Landräte und Bürgermeister vor Ort, rungsrate müsse sich endlich von einem Prozent auf zwei wäre diese Pandemie nicht zu bewältigen gewesen. Prozent verdoppeln. Dr. Timm Kehler, Vorstand bei Zu- kunft GAS e. V. , wies auf die Bedeutung dekarbonisierter Autorin: Jasmin Herbell Gase hin: Mit grünen Gasen ließen sich die Klimaziele im Heizungskeller finanzierbar erreichen. Dazu müsse aber jetzt der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft vorangetrie- ben werden. Alle Reden und Foren zum Nachschauen und -hören Forum Stabile Kommunalfinanzen finden Sie auf unserem Youtube-Kanal: Mit großer Leidenschaft wurde im Forum „Stabile Kom- munalfinanzen“, mit Ekkehard Grunwald, Kämmerer und 14
kommunalwelt.de 2 | 2021 Ausstellung „Wirtschaft-kommunal“ digital Fotos: © Bernhardt Link 15
Bereits im Juni 2019 hat sich der VKU mit der ursprüngli- chen Studie „Finanzierung der Energiewende - Reform der Entgelte- und Umlagesystematik“ für eine verursachungs- gerechte, sektorübergreifende einheitliche Bepreisung von CO2-Emissionen eingesetzt. Vor dem Hintergrund der politischen Diskussion über schärfere Klimaziele und Regelungen des Brennstoff- emissionshandelsgesetzes (BEHG) zum nationalen Emis- sionshandel haben wir zusammen mit den Gutachtern vom Beratungsunternehmen r2b unsere 2019er-Studie „Reform der Entgelte- und Umlagesystematik“ aktuali- siert. Das Ergebnis: Das BEHG mit steigenden CO2-Prei- sen erfüllt aus unserer Sicht die verursachungsgerechte Verteilung der Energiewendekosten. Die Studie zeigt aber auch, dass verstärkte Klimaschutzambitionen und ein er- höhtes Emissionsminderungsziel von bis zu 65 Prozent Finanzierung der Energiewende Entgelte- und Umlage- systematik jetzt reformieren bis ins Jahr 2030 wahr- Ein CO2-Preis hat eine Lenkungswirkung hin zu mehr Foto: © Chaperon/VKU scheinlich zu einer sehr Energieeffizienz und hin zu mehr erneuerbaren Ener- steilen CO2-Preisent- gien. Je früher wir mit einem steigenden CO2-Fest- wicklung nach Ende der preis beginnen, umso eher rechnen sich CO2-freie sogenannten BEHG-Fest- Alternativen. Je früher sie wettbewerbsfähig sind, preisphase (2026/2027) umso geringer wird der Bedarf an CO2-Zertifikaten führt – erst danach ist ei- nach 2027, wenn der CO2-Preis sich am Markt bilden ne freie Preisbildung am soll. Dann können auch Sprünge auf 300 Euro je Ton- Markt vorgesehen. ne vermieden werden. Dazu ist aber rechtzeitiges Ingbert Liebing Umsteuern nötig. Die Szenarien unserer Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) Studie zeigen schonungs- Wenn wir uns diese Funktion buchstäblich als Lenkrad los: Wenn wir jetzt nicht veranschaulichen, stellt sich die Frage, ab wann und wie umsichtig umsteuern, sind Preise von rund 300 Euro und hart man am Lenkrad dreht, um auf Kurs zu bleiben. Und mehr pro Tonne CO2 durchaus möglich. Das wird man welche Voraussetzungen dafür bestehen müssen, damit Wirtschaft und Verbrauchern nur schwerlich zumuten das ökonomisch und sozial verantwortbar und verantwor- können und auch zumuten wollen. Logische Konsequenz: tungsvoll ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungs- Wir müssen kontrolliert schneller und härter einlenken, gerichts gibt die Rahmenbedingungen vor: Unsere Kinder als bislang in diesem System vorgesehen, und jetzt einen und Enkel sollen nicht dafür aufkommen müssen, dass deutlich ambitionierteren und damit auch höheren Preis- wir die Umwelt (weiter) belasten und nicht schnell genug pfad festlegen, der nach und nach ansteigt und damit den umsteuern, beispielsweise zu wenig (Geld) in ihre Zukunft Preisschock verhindert. investieren. 16
kommunalwelt.de 2 | 2021 • Zweitens sollten die verbleibenden Mittel aus der CO2-Bepreisung vor allem zur Umstellung des Wärme- markts auf Erneuerbare Energien und dekarbonisierte Lösungen eingesetzt werden, damit die technologi- sche Basis für die Wärmewende geschaffen wird. Da- zu gehören beispielsweise Investitionen in eine grüne Fernwärmeversorgung, also der Einsatz von Großwär- mepumpen, Tiefengeothermie, die Nutzung von indus- trieller Abwärme oder von Wärme, welche bei der un- vermeidbaren Abfallbeseitigung entsteht. Hinzutreten die Umstellung der Gaswirtschaft auf CO2-neutrale Gase durch den Einsatz von Biogasen oder CO2-neut- ralem Wasserstoff. Foto: © tadamichi – stock.adobe.com • Drittens, damit auf diesem Weg niemand zurückgelas- sen wird, muss die sozialpolitische Abfederung von Anfang an mitgedacht und gewährleistet werden. Da- für sollen Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen ebenfalls aus den Erträgen der CO2-Bepreisung ge- deckt und erforderlichenfalls übergangsweise durch Aus VKU- und Gutachter-Sicht sollten daher die Fest- allgemeine Haushaltsmittel flankiert werden. preise im (nationalen) Brennstoffemissionshandels- gesetz schon ab 2023 auf das neue Emissionsreduk- tionsziel bis 2030 ausgerichtet werden. Es bietet pri- Eine zeitnahe und kontinuierliche Erhöhung der CO2-Be- vaten Haushalten und Unternehmen einen ausrei- preisung im nationalen Emissionshandelssystem ist aus chenden Vorlauf, um auf die entstehenden Mehrbe- unserer Sicht nicht nur sinnvoll, sondern auch wirtschaft- lastungen reagieren zu können. Höhere CO2-Preise lich und sozial verantwortbar. Wir müssen umsteuern und bedeuten aber nicht nur, dass der Einsatz fossiler dabei aufpassen, dass wir nicht aus der Kurve fliegen. Die Energieträger mit höheren Kosten verbunden ist, son- Festlegung auf einen höheren Preispfad im Rahmen der dern auch dass mit den zugleich ansteigenden Ein- Klimaschutzgesetzgebung sollte so schnell wie möglich nahmen des Emissionshandels von Anbeginn klima- nach der Wahl beschlossen werden. Je später die Ent- und sozialpolitische Ziele adressiert werden können scheidungen kommen, umso schwerer werden sie. In je- und auch müssen. dem Fall muss die nächste Regierung umgehend handeln und innerhalb kürzester Zeit die weiteren Weichen stel- Wir schlagen dafür eine dreiteilige Strategie vor, beste- len. Jede Verzögerung gefährdet die Erreichung der Kli- hend aus der Senkung des Strompreises durch Absen- maschutzziele und würde durch erforderliche abrupte kung der EEG-Umlage, Investitionen in die Dekarbonisie- Anpassungen auch ihre Akzeptanz gefährden. rung von (Wärme-)Erzeugung und Netzen sowie einem ausreichenden sozialen Ausgleich: Die aktualisierte Studie, das VKU-Positionspapier sowie die Ursprungsstudie stehen unter • Erstens, deutlich schneller als bisher, kann und muss www.vku.de/finanzierung-der-energiewende mit den Einnahmen aus dem nationalen Emissions- zum Download zur Verfügung. handel der Strompreis abgesenkt werden. Die Studi- energebnisse zeigen, dass eine Reduktion der EEG- Umlage innerhalb der nächsten Jahre vollständig auf Null möglich ist, wenn von Anfang an 2/3 der Einnah- men aus dem BEHG dafür verwendet werden. Damit werden nicht nur die Verbraucherinnen und Verbrau- cher entlastet. Die Strompreissenkung ist zugleich der Schlüssel für den Einsatz zahlreicher heute schon be- kannter Sektorenkopplungstechnologien, auf welche das Gelingen der Energiewende angewiesen ist. 17
Die Bundesregierung hat ihre Klimaziele nachgeschärft. Bis 2045 soll Deutschland CO2-neutral sein. Das ist eine sehr große unternehmerische Aufgabe. Doch darin liegt auch die Chance, den öffentlichen Auftrag – der Sparkas- sen und Kommunen verbindet – zeitgemäß zu gestalten. Der Gründung der ersten Sparkassen vor über 200 Jahren lag eine damals wie heute dringliche gesellschafts- und sozialpolitische Mission zugrunde: Allen Menschen – und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft oder ihrem sozialen Status – wirtschaftliche und damit soziale Teilhabe zu ermöglichen. Diese Idee immer wieder zeitgemäß umzusetzen, ist das Geschäftsmodell der Sparkassen. Heute schließt dies auch die Aufgabe ein, sich aktiv für die ökologische Transformation der Wirt- schaft einzusetzen und Kunden an den Chancen dieses Wandels zu beteiligen. Es geht darum, möglichst allen Menschen ein selbstbestimmtes, sicheres und gesundes Leben zu ermöglichen und die entscheidenden ökologi- Ökologische Erneuerung Gemeinsam für alle Generationen schen, sozialen und öko- der Realwirtschaft und im Herzen der Gesellschaft. Das Jahr Foto: ©DSGV nomischen Lebensgrund- 2020 haben die Sparkassen daher genutzt, um sich konzep- lagen für kommende Ge- tionell beim Thema Nachhaltigkeit zu verstärken. nerationen zu erhalten. Im Mai 2020 hat der Deutsche Sparkassen- und Girover- Deutschland und Europa band die UN-Prinzipien für verantwortliches Bankwesen haben jeweils eine ehr- gezeichnet. Darauf aufbauend haben die Sparkassen im geizige Klimaschutz- Dezember 2020 eine Selbstverpflichtung für Klimaschutz Agenda formuliert. Um und nachhaltiges Wirtschaften verabschiedet. Zeichnen- sie zu erfüllen, brauchen Helmut Schleweis de Institute verpflichten sich dazu, im eigenen Geschäfts- Unternehmen Unterstüt- Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V. betrieb bis 2035 – also deutlich vor den bundesdeutschen zung bei der Umstellung und europäischen Zielen – klimaneutral zu sein und ihre ihrer Geschäftsmodelle; privaten und gewerblichen Kunden in der Transformation die Anlageentscheidungen der breiten Bevölkerung bewe- zu unterstützen. Bereits 200 Institute (190 Sparkassen gen große Teile des Kapitals, das in die Erneuerung fließt; sowie Landesbanken und große Verbundpartner) haben und natürlich geht es auch um Veränderung in den Kom- diese schon gezeichnet, weitere werden in Abstimmung munen. Ihre Infrastruktur muss nicht nur „klima-fit“ ge- mit ihren kommunalen Trägern folgen. macht werden, sondern auch soziales Leben in den In- nenstädten halten. Im Kundengeschäft liegt der besondere Fokus der Spar- kassen auf der privaten Vermögensbildung, der Transfor- Sparkassen sind als lokal verbundene Institute genau da, wo mation des Mittelstands sowie auf dem Bereich Bauen und die größten Veränderungen stattfinden müssen – mitten in Sanieren. 18
kommunalwelt.de 2 | 2021 weder wirtschaftlich noch sozial nachhaltig, bestimmten Unternehmen den Zugang zu Transformationsmitteln zu versperren – entweder durch zusätzliche Eigenkapitalan- forderungen („brown penalizing“), oder durch ein Über- maß an Transparenzpflichten. Unsere Bitte an Politik und Aufsicht ist daher, in regulato- rischen Anforderungen Sensibilität für die Rolle der Fi- nanzwirtschaft als Dienstleister aufzubringen. Es fällt Sparkassen naturgemäß sehr schwer, etwa die Lieferket- ten eines mittelständischen Firmenkunden oder die Ar- beitsbedingungen seiner internationalen Zulieferer zu be- urteilen. Hingegen ist es leichter möglich, etwaige Nach- Foto: © krisana – stock.adobe.com haltigkeitsrisiken mit Blick auf das Geschäftsportfolio von Firmenkunden einzuschätzen. Die Firmenkundenberaterinnen und -berater haben eine besondere Nähe und Vertrautheit mit den mittelständi- schen Unternehmen. Aus einer solchen Position heraus lässt sich ambitionierter Wandel häufig sehr viel leichter Die Sparkassen unterstützen Sparer darin, ihre Ziele bei und vertrauensvoller gestalten als mit Regulierung, politi- der privaten Vermögensbildung gegen Nachhaltigkeitsri- schen Appellen oder nicht vertrauten, fremden Anbietern. siken abzusichern und an den Chancen der Transformati- on teilzuhaben. Dazu werden zum Beispiel in jeden Bera- Auf kommunaler Ebene sind vor allem Wohnen und Bau- tungsprozess zum Thema Wertpapiere auch Nachhaltig- en, das Einkaufs- und Freizeitverhalten der privaten Haus- keitsangebote eingebettet. Wie stark Kunden davon Ge- halte, neue Verkehrskonzepte und die kommunale Infra- brauch machen möchten, entscheiden sie selbst. Doch struktur wesentliche Größen der ökologischen Transfor- die Möglichkeit, durch Wertpapiersparen auch schon mit mation. Allein die Finanzierung energieeffizienten Bauens kleinen Beträgen Vermögensaufbau und Erneuerung zu und Sanierens hat rasant zugelegt und ist in den ersten verbinden, wird von den Sparkassen gefördert. drei Quartalen 2020 um 125 Prozent gegenüber dem Vor- jahreszeitraum gewachsen. Ähnliche Wachstumschancen Die Deka als Wertpapierhaus der Sparkassen etwa erwarten wir bei regionalen Energiekonzepten und bei schließt aus ihrem Anlageportfolio unter Nachhaltigkeits- der Erneuerung der Mobilität in den Kommunen. kriterien eine ganze Reihe von Investments aus, beispiels- weise Unternehmen, die kontroverse Waffen produzieren, Viele Sparkassen sind zusammen mit den Landesbanken oder solche, die maßgeblich im Kohlebereich tätig sind. und der Deutschen Leasing schon heute bevorzugte Fi- Wir tun dies, weil wir davon überzeugt sind, dass dies im nanzierungspartner der Städte, Kreise und Gemeinden Sinne der Anleger ein ökonomisch nachhaltiges und da- bei der ökologischen Erneuerung des Personennahver- mit vernünftiges Verhalten ist. kehrs. Und nicht zuletzt begleiten Sparkassen und Ver- bundpartner als Finanzierer und Anlageberater die Um- Auch in die Kreditpolitik der deutschen Sparkassen flie- stellung der kommunalen Anlageportfolien. ßen Nachhaltigkeitskriterien ein. Eigentlich ist dies nichts grundsätzlich Neues. Denn schon immer mussten Risiken Die ökologische Erneuerung der Wirtschaft wird auf allen in unseren ökonomischen Systemen angemessen abge- Ebenen unseres Gemeinwesens große Anstrengungen, bildet und transparent erklärt werden. viel Kapital und neues Wissen erfordern. Wir sollten dies als eine gemeinsame Anstrengung verstehen, die aber Die Herausforderung besteht nun darin, dass sich viele mit marktwirtschaftlichen Mitteln erreichbar ist. Bei der mittelständische Unternehmen die Anforderungen und CO2-Bepreisung gibt es einen solchen Ansatz. Wenn Um- Möglichkeiten eines umfassenden Nachhaltigkeitsma- weltverbrauch Geld kostet, wird sich jedes ökonomische nagements erst noch erschließen müssen. Dieser not- System sehr schnell darauf einstellen. Ein solches, markt- wendige Schritt der Transformation kann nicht über- wirtschaftliches Vorgehen funktioniert besser und sprungen werden. Daher ist es aus Sicht der Sparkassen schneller als regulatorische Berichtspflichten. 19
Der Gebäudesektor steht für etwa 16 Prozent der CO2- Emissionen in Deutschland. Diesen Bereich in die Klima- neutralität zu führen, ist eine immense Herausforderung für Hauseigentümer, die Wohnungswirtschaft und die Kom- munen. Nicht zuletzt durch die Diskussion um einen stei- genden CO2-Preis sowie dessen Umlage auf Mieter rückt zunehmend die Frage in den Mittelpunkt, wie sich Klima- neutralität im Gebäudesektor nachhaltig, zügig, vor allem aber bezahlbar realisieren lässt. Eine der wenigen Untersuchungen, die sich mit der Wär- mewende im Hinblick auf Finanzierbarkeit auseinander- setzen, ist die Studie „Klimaneutral Wohnen“. Sie ermit- telt die für Eigentümer und Verbraucher kostengünstigs- ten Wege hin zu einem klimaneutralen Wohngebäudebe- stand bis 2050. Erstellt wurde die Studie von der Nymoen Strategieberatung im Auftrag von Zukunft Gas. Klimaneutralität im Gebäudebereich: Mit Gas geht‘s Entstanden ist eine der führung von Energieeffizienzvorgaben errichtet. Allein Foto: © Zukunft Gas e.V. bisher detailliertesten Be- diese Tatsache verdeutlicht schon die wichtige Rolle trachtungen des tatsächli- gasförmiger Energieträger im Gebäudebereich. Strom chen Wohngebäudebe- wird zwar bis zum Jahr 2050 die zweite Säule der Wär- stands in Deutschland. meversorgung in Deutschland sein, die Wärmepumpe Mithilfe einer computerge- ist aber vor allem im Neubau als Heizoption attraktiv, da stützten Simulation wurde sie ihre Vorzüge nur in sehr gut gedämmten Gebäuden ein Szenario entwickelt, ausspielen kann. wie Klimaschutz im Ge- bäudebereich möglichst fi- Dr. Timm Kehler Im Bestand und damit im überwiegenden Anteil der Vorstand Zukunft Gas e.V. nanzierbar umzusetzen ist. Wohngebäude, sind Sanierungsmaßnahmen und energe- Berücksichtigt wurden ver- tische Optimierungen oft sehr kostenintensiv und führen schiedene Maßnahmen zur CO2-Minderung in Wohngebäu- nur zu einer geringen Senkung der CO2-Emissionen. Um den, die bestehende Förderkulisse sowie die finanzielle Leis- die Hauseigentümer finanziell nicht zu überlasten und die tungsfähigkeit der Gebäudeeigentümer. Auf diesem Wege Wärmewende damit zu verzögern, sind also bezahlbare wurden 1.760 verschiedene Sanierungsfahrpläne berech- und schnell umsetzbare Lösungen nötig. Deshalb werden net, die zur Klimaneutralität im Gebäudebereich führen. auch im Jahr 2050 gasförmige Energieträger – wie schon heute – die beliebteste Heizquelle im Wohngebäudebe- stand sein. Aktuell wird Gas in etwa der Hälfte der Ge- Gas und Strom werden die beiden Säulen bäude als Heizenergie der Wahl eingesetzt und versorgt im Wärmemarkt der Zukunft somit mehr als 21 Millionen deutsche Haushalte mit günstiger und klimaschonender Wärme. Und schon heute Rund die Hälfte der Wohnungen in Deutschland wurden liegt hier eine große Stellschraube: Würde man alle ver- im Wiederaufbau nach dem Jahr 1945 und vor der Ein- alteten Wärmeerzeuger in Deutschland gegen effiziente 20
kommunalwelt.de 2 | 2021 der Champagner der Energiewende bleiben, er hat das Potenzial zur Volksenergie – klimaneutral, wettbewerbs- fähig und bezahlbar. Mit Gas geht‘s. Nicht nur der Energieträger ist zukunftsfähig, auch die er- forderliche Infrastruktur für den Transport von grünen Gasen, wie regenerativem Biomethan, synthetischem Methan oder Wasserstoff, ist schon vorhanden. Das be- stehende Gasnetz ist bereits heute für eine anteilige Bei- mischung von Wasserstoff bereit. Untersuchungen von Netzbetreibern zeigen, dass mit geringem Investitions- aufwand zukünftig auch reiner Wasserstoff durch die Gasnetze fließen kann. Die Gerätehersteller unterstützen Foto: © nikkytok – stock.adobe.com die Wärmewende durch technische Innovationen. Effizi- ente Brennwerttechnik, moderne Geräte, die schon heute „H2 ready“ sind, und sowohl mit Wasserstoff-Beimi- schungen als auch mit reinem Wasserstoff betrieben wer- den können oder die Brennstoffzelle, die neben Wärme auch Strom produziert. Gasheizungen austauschen, ließen sich jährlich mindes- tens 30 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Finanzierbarkeit und CO2-Minderung müs- sen in den Mittelpunkt rücken Allerdings wird der heutige Energieträger Erdgas sein Gesicht in den kommenden Jahren und Jahr- Um die Klimaneutralität im Gebäudebereich zu errei- zehnten vollkommen verändern. So werden laut der chen, müssen also alle erneuerbaren und dekarboni- Studie im Jahr 2050 zwei verschiedene gasförmige sierten Energieträger und die dazugehörigen Anwen- Energieträger zum Einsatz kommen: Ein Gasmix, der dungstechnologien als Klimaschutzlösung anerkannt zu 80 Prozent aus Biomethan und 20 Prozent aus und gefördert werden. Gleichzeitig muss die heute be- dekarbonisiertem Wasserstoff besteht und reiner stehende Förderkulisse langfristig verstetigt werden. Wasserstoff, der aus verschiedenen Produktions- Diskussionen um Anpassungen und Verschiebungen routen kommen wird. von Fördermitteln zu Gunsten bestimmter Technolo- gien führen zwangsläufig entweder zu Vorzieheffekten oder zu Investitionsstaus, beides zu Lasten des Einsat- Mit Gasen Dekarbonisierungspotenzial im zes neuer und effizienterer Technik und damit zu Las- Wohngebäudesektor heben ten des zügigen Voranschreitens der Wärmewende. Gelingen wird dieser Wandel allerdings nur, wenn die Dis- Für eine sozialverträgliche und breit akzeptierte Wär- kussion ohne Denkverbote und technologieoffen geführt mewende sind Wasserstoff und das zugehörige Gas- wird. Allein grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Ener- netz unabdingbar. Der Markt für Wasserstoff darf gien wird es nicht richten. Dagegen kann dekarbonisier- deshalb nicht vorab auf bestimmte Sektoren be- ter Wasserstoff aus Erdgas zu raschen und bezahlbaren schränkt werden. Nur ein breiter, auf alle Sektoren CO2-Einsparungen im Gebäudesektor führen. Das bei der zielender Absatz führt zu einem erfolgreichen Was- Wasserstoffproduktion anfallende CO2 kann entweder serstoffhochlauf. abgespalten und gespeichert werden (Carbon Capture and Storage – CCS) oder es fällt beispielsweise bei der Insgesamt sollte sich der Regulierungsrahmen stärker an Methanpyrolyse als elementarer Kohlenstoff aus. Dieses der CO2-Minderung orientieren, statt konkrete Maßnah- sogenannte Black Carbon kann in vielfältigen Industrie- men vorzugeben. Gleichzeitig gilt, in einer gemeinsamen prozessen weiterverwendet werden. Das Verfahren ist so Initiative von Handwerk und Politik die Ausbildung von effizient, dass aus der eingesetzten erneuerbaren Energie Nachwuchskräften zu verstärken. Denn zum Engpass der ein Vielfaches an in Wasserstoff gespeicherter Energie Wärmewende droht schon jetzt der Fachkräftemangel zu erzeugt werden kann. Wasserstoff muss und darf nicht werden. 21
Nichts transportiert Daten schneller als das Licht in einer Glasfaserleitung. Daher baut Deutsche Glasfaser ein bun- desweites Glasfasernetz bis in die Haushalte und Unter- nehmen hinein. Denn nur diese durchgängigen Netze stel- len die ganze Leistungsfähigkeit der neuen Infrastruktur sicher. Modernes Arbeiten, ob von Zuhause oder im Unter- nehmen, wird ebenso möglich wie ganz neue digitale An- wendungen und Lösungen. Digitalversorger der Regionen Deutsche Glasfaser baut Glasfasernetze auf dem Land Der Volksmund kennt die Redewendung „Vor das Ver- Deutsche Glasfaser setzt im bundesweiten Aufbau auf gnügen haben die Götter den Schweiß gesetzt“. Über- eine sinnvolle Mischung von traditionellen und innovati- setzt auf moderne Glasfaseranschlüsse heißt dies: Be- ven Tiefbauverfahren, die sich von Projekt zu Projekt vor die Menschen und Unternehmen über Gigabitan- deutlich unterscheiden kann. Generell ist immer das Ziel, schlüsse verfügen muss die neue Infrastruktur gebaut, den Ausbau so schnell und reibungslos wie möglich die Glasfaser bis zu jedem Hausanschluss geführt wer- durchzuführen. den. Ganz konkret: Es sind Bauarbeiten zu jedem einzel- nen Gebäude erforderlich, um nachhaltig die Leistung Seit vielen Jahren eingeführt sind die außerörtliche Ver- zu sichern. legung mit Kabelpflug und mit dem Spülbohrverfahren. Mit einem Kabelpflug können entlang von Feld- und Wald- wegen in einem Arbeitsschritt mehrere hundert Meter Ausbau des Fundaments der Zukunft Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt werden. Ist dieses Verfahren nicht möglich, so gehört das Spülbohrverfah- Genau dieser Aspekt – das Verlegen von Glasfaser bis ren außerorts zu den schnellsten und Oberflächen scho- in jedes Gebäude – macht die Dimension der Aufgabe nenden Verfahren. In diesem Fall werden Strecken von deutlich. Auch in der Bauphase. Für die Unternehmen, bis zu 250 Meter zwischen zwei Kopflöchern mit einem die Kommunen aber auch für die Menschen, die von Bohrkopf überbrückt. den Bauarbeiten betroffen sind. Wichtig ist daher der gesellschaftliche Konsens, dass diese gemeinsamen Innerorts erfolgt der Glasfaserausbau stets offen und in Anstrengungen dem Aufbau einer der grundlegends- der Regel minimalinvasiv im Bereich von Geh- und Rad- ten Infrastrukturen dieses Jahrhunderts geschuldet wegen. Deutsche Glasfaser verlegt die Leerrohre in Glas- sind. fasertiefe von 40 bis 60 Zentimeter. Die Bauarbeiten wer- 22
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