25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Editorial Das sind wir „In Freital leben – bei uns wohnen“, so lautet unser Motto. Wir, das ist die Wohnungsge- sellschaft Freital mbH, die als städtisches Wohnungsunternehmen nicht nur der größte Vermieter Freitals, sondern einer der größten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterz- gebirge ist. Seit nunmehr 25 Jahren sind wir Ihr kompetenter und serviceorientierter Ansprechpart- ner in Sachen Wohnen in Freital. Wir bieten in acht Freitaler Stadtteilen Wohnungen in den unterschiedlichsten Preissegmenten für alle Generationen. Dazu gehören ca. 3.500 eigene Altbau-, Altneubau- und Neubauwohnungen in einem Wohnumfeld mit guten Nachbarschaften, wo sich Groß und Klein wohlfühlen können. Zu unserer sozialen Ver- antwortung gehört es, guten und bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschich- ten anzubieten. Deshalb reicht die Spanne unserer Mieten von 2,22 EUR/m2 für Azubis und Studenten bis 11,50 EUR/m2 in besonderen Wohnlagen und hochwertiger Ausstat- tung. Außerdem verwalten wir ca. 100 eigene Gewerbeeinheiten sowie rund 400 Woh- nungen für Dritte in Freital, Freital-Pesterwitz und Dresden-Altfranken. 1993 wurden wir als Tochterunternehmen der Großen Kreisstadt Freital gegründet. Mit dieser Broschüre zu unserem 25-jährigen Jubiläum wollen wir voller Stolz zeigen, wie wir uns zu einem erfolgreichen kunden-, service- und marktorientierten Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen entwickelt haben, aber auch, wie schwer dieser Weg zum Teil war. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen! Wir, das sind derzeit 31 Angestellte, 9 Haus- meister und 1 Azubi. 2 In Freital leben - bei uns wohnen
Grußwort Grußwort Eine Wohnung ist ein Mittelpunkt und der tur auf der Oststraße. Bei der WGF gibt es ganz private Rückzugsort im Leben eines Wohnraum für die unterschiedlichsten Le- jeden Menschen. Und Freital ist ein guter bensbedürfnisse. und schöner Ort zum Wohnen. Landschaft- Als einer der größten Vermieter im Land- lich reizvoll im Döhlener Becken und nah kreis ist das Unternehmen für die Stadt an der Landeshauptstadt Dresden gelegen. Freital ein enger und verlässlicher Partner im Bereich der Stadtentwicklung und für Als vor 25 Jahren vom Stadtrat die Entschei- die Verbesserung der Wohn- und Lebens- dung zur Gründung der Wohnungsgesell- qualität in unserer Stadt. Das Projekt Ci- schaft Freital mbH, als hundertprozentige ty-Center ist eines von vielen Beispielen Tochter der Stadt, getroffen wurde, lagen dafür, dass die WGF das Bild einer moder- bereits einige „wilde“ Jahre nach der Wende nen, sich wandelnden Stadt Freital mit hinter der kommunalen Wohnungsverwal- prägt. tung, Gebäudewirtschaft und später der Die WGF hat sich in den 25 Jahren ihres Be- Privatisierungs- und Wohnungsbaugesell- stehens jedoch nicht nur als erfolgreiches schaft (priwo). sondern auch als sozial engagiertes Un- Statt der vollständigen Privatisierung der ternehmen erwiesen. Ob Nachbarschafts- kommunalen Bestände stand nunmehr feste, Kitas, Schulen oder Sportvereine – es das Ziel vor Augen, eine am Wohl der Bür- gab und gibt unzählige Einrichtungen und ger der Stadt Freital orientierte kommunale Projekte, die unterstützt wurden und wer- Gesellschaft zur Verwaltung und Schaffung den. von Wohnraum zu etablieren. Das Erbe aus Dieser Erfolg, den wir heute sehen, ist auch 40 Jahren DDR wog dabei schwer. Marode den vielen engagierten Mitarbeitern zu Altbestände und technisch bereits wieder verdanken, die innerhalb der Gesellschaft veraltete Plattenbauten mussten saniert in den letzten 25 Jahren dafür gesorgt ha- Uwe Rumberg, werden, um zeitgemäße Wohnungen an- ben, dass etwas geschaffen wurde, was bei Oberbürgermeister bieten zu können. Und privatisiert werden unseren Freitaler Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Freital musste trotzdem weiter. Angesichts der weitgehend große Akzeptanz findet. Zu- etwa 10.000 Wohnungen im eigenen Be- gleich haben die Stadt als auch der Stadtrat stand und in Verwaltung für die Stadt eine der Großen Kreisstadt Freital durch nach- Mammutaufgabe, die es zu lösen galt. haltige Entscheidungen am Erfolg der WGF Immer wieder waren neue Ideen gefragt maßgeblich mitgewirkt. und es bedurfte kluger und weitsichtiger An dieser Stelle danke ich ganz herzlich der Investitionen für Abriss, Sanierung und Geschäftsführung sowie allen Mitarbeite- Modernisierung, damit die Gebäude den rinnen und Mitarbeitern der Wohnungsge- Erfordernissen der Zeit gerecht und nicht sellschaft Freital mbH für die geleistete Ar- zuletzt den Bedürfnissen der Mieter ent- beit und wünsche weiterhin viel Erfolg bei sprachen. der Bewältigung der an das Unternehmen Auch 25 Jahre nach ihrer Gründung bleibt gestellten Aufgaben. die WGF ihrem Anliegen und kommunalen Auftrag treu. Sie versorgt die Bürger Frei- Ich freue mich auf eine weiterhin vertrau- tals mit Wohnraum für jeden Geldbeutel. ensvolle Zusammenarbeit. Von Altbauten aus der Gründerzeit, entlang der Dresdner Straße, Siedlungsbauten wie Ihr im Reichardgebiet oder auf dem Sauberg bis hin zu den Plattenbauten in Deuben Uwe Rumberg und Zauckerode sowie moderner Architek- Oberbürgermeister 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 3
Der Beginn Wie alles begann Es war einmal… So fangen die meisten zur Gründung des VEB Kommunale Woh- Märchen an. Unsere Geschichte ist kein nungsverwaltung, welcher dem Rat der Märchen. Sie zeigt unsere Vergangenheit Stadt unterstellt war. mit all ihren Höhen und Tiefen und dem Wandel der Zeit. „Graue Regenwolken jagten am Himmel, als am 1. April 1958 ein Zimmermann den Rucksack im Grundstück Platz der Welt- Am Anfang der Schöpfungsgeschichte jugend 1 von den Schultern nahm. Er ent- in der Bibel war die Erde wüst und wirr. nahm dem Rucksack einen Hammer und So etwa war es auch, als kurz nach dem suchte nach einem Nagel. Als er den Nagel Kriegsende 1945 die KWU, ein Kommuna- in die Holzwand der Scheune eingeschlagen les Wirtschaftsunternehmen, gegründet hatte, zog er seine Jacke aus und hängte sie wurde. Mit fünf Angestellten und drei an den Nagel. Dies war der erste Hammer- Handwerkern versuchte man, die vorhan- schlag in dem damals neu gegründeten denen städtischen Wohnungen zu ver- Betrieb der Stadt Freital, der Kommunalen walten. 1951 kam es dann zur Gründung Wohnungsverwaltung (KWV), im Volks- der Städtischen Betriebe Freital mit insge- mund kurz Bauhof genannt.“ So wurde die samt zehn Angestellten und einem Lehr- Gründung des städtischen Wohnungsun- ling. Handwerker gab es nicht mehr. Zwei ternehmens, aus dem wir im Jahr 1993 als Jahre später erfolgte die Umbenennung WGF hervorgingen, im Festprogramm „25 des Betriebes in Wohnungs- und Grund- Jahre Gebäudewirtschaft Freital“ im Jahre stücksverwaltung, der dem Rat der Stadt 1983 beschrieben. Freital unterstellt war. Zwischen 1956 und 1958 war der Betrieb dann dem Rat Aus dem ehemaligen Potschappler Rit- der Stadt als Abteilung Grundstücksver- tergut hatte sich nach 1945 über ein Kino, waltung zugeordnet. Aufgrund zentraler Betriebe, wie Wasserversorgung und Ab- Beschlüsse des ZK der SED kam es dann wasserbehandlung, Bestattungswesen, 4 In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn Straßenunterhaltung und Hygiene der wurden für das Wechseln eines Ofens be- Das Grundstück Platz der größte Verwaltungs- und Bewirtschaf- nötigt, wenn glücklicherweise mal Mate- Weltjugend 1, später Platz der Jugend, wurde 1958 Sitz der tungsbetrieb von Wohngebäuden ent- rial vorhanden war. Baustellen und Mieter kommunalen Wohnungs- wickelt. Das Grundstück Platz der Welt- wurden mit dem Fahrrad und zu Fuß er- verwaltung und blieb auch jugend 1, später Platz der Jugend, blieb reicht. Das erste KFZ, das der Bauhof er- für die WGF Geschäftssitz bis Geschäftssitz bis zum Dezember 2002. hielt, war ein Opel 1,2 t. Zum Anschieben, zum Dezember 2002. Am 1. April 1958 nahmen drei Handwerker damit er irgendwann ansprang, mussten und sechs Wohnungsverwalter ihre Arbeit jedes Mal vier bis sechs Mitarbeiter ran. auf. Es begann mit zwei Arbeitszimmern Am 1. Juni 1971 wurde aus der KWV schließ- in der ersten Etage und einem Arbeits- lich der VEB Gebäudewirtschaft Freital. zimmer im Erdgeschoss. Ab 1959 begann Diesem Betrieb wurden 1975 die Heizhäu- nach und nach der Ausbau und die übri- gen Betriebe und Wohnungen mussten weichen. Den Anfang machte das Seiten- gebäude, wo bis dato der Pferdestall un- tergebracht war. Später wurden sämtliche Schuppen und Ställe zu Lagern und Werk- stätten umgebaut. Die Handwerker transportierten Materia- lien mit einem volkseigenen Handwagen oder den beiden privaten Pferdegespan- nen. So kam es, das vier Handwerker mor- gens gegen sieben Uhr mit einem neuen Ofen auf dem Handwagen in Richtung Niederhäslich aufbrachen, diesen dort wechselten und am Nachmittag wieder im Betrieb waren. Rund 32 Arbeitsstunden 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 5
Der Beginn ser Zauckerode und Hainsberg zugeord- net. Nun gab es hier 108 Beschäftigte. Bis zum Jahr 1988 wuchs ihre Zahl schließlich auf 246. Ein Vermögen im Wert von 384 Millionen DDR-Mark verwaltete der VEB am Ende. Darunter befanden sich über 1.600 volks- eigene Wohngebäude mit 10.969 Woh- nungen und 2.721 Gewerbeeinheiten. Ma- terialien wie Zaunlatten, Ziegel, Fenster, Farben oder Bodenbelag waren Mangel- ware, selbst eine Schneeschippe zu erha- schen, war ein Glücksmoment. Es gab die vielfältigsten Problemfälle zu lösen, zum Beispiel für Sigrid Zboron, die ihre Erinne- rungen an diese Zeit wie folgt festgehal- ten hat: Poisentalstraße 24 Von der Friseuse zur Materialbeschafferin Ich fing am ersten September 1980 als Te- lefonistin bei der Gebäudewirtschaft an. Acht Wochen später wurde ich zu einem Gespräch zum Betriebsdirektor und Herrn Müller bestellt. Sie teilten mir mit, dass im Betrieb ein Materialeinkäufer gesucht wird, und fragten mich, ob ich Lust hätte, diesen Posten zu übernehmen. „Wir würden Ihnen das zutrauen. Telefonistin kann auch eine Rentnerin machen, dafür sind Sie überqua- Dresdner Straße 217 lifiziert.“ Ich bekam zwei Tage Bedenkzeit und sagte nach reichlicher Überlegung zu. Für mich als gelernte Friseuse war das eine Herausforderung. Ich bekam einen neuen Arbeitsvertrag und einen guten Lohn. Ich saß vor einer Schreibmaschine und musste Verträge abschließen, mit Baufirmen ver- handeln, zum Einkauf fahren und dafür mit Schecks und Bargeld umgehen können. Plötzlich hatte ich große Verantwortung. Tonnenweise Sand, Kies und Zement waren einzukaufen. Für Klempnermaterial sowie Maurer- und Fliesenlegermaterial, Türen und Fenster war ich verantwortlich. Oft musste ich mit dem W50 und dem „Ello“ zum Großhandel fahren. Damals war Ware sehr knapp. Ich musste viel reden und Am Markt 3, Bienenhaus verhandeln, oft auch betteln, um etwas 6 In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn Wilsdruffer Straße 65 zu bekommen. Man sagte mir nach: „Die Kollegin kannst du vorn rauswerfen, die kommt hinten wieder rein.“ Wir waren eine große Familie und alle hielten zusammen. Unsere Abteilung Ma- terialwirtschaft organisierte zweimal im Jahr Wanderungen mit Kind und Kegel. Im- mer waren alle dabei. Unterwegs gab es Fettschnitten und Schnapspullchen, für die Kinder kleine Überraschungen. In Folge des unter Honecker beschlosse- nen Wohnungsbauprogrammes entstan- den zwischen 1974 und 1984 in Zauckero- de und Deuben-Süd Plattenbauten mit heißbegehrten Wohnungen, die Zentral- heizung und moderne Bäder besaßen. Im- posante Bürgerhäuser und ältere Ziegel- bauten verfielen dagegen immer mehr. Und dann kam die Wende! Zwischen 1974 und 1984 entstand das Neubaugebiet Zauckerode. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 7
Der Übergang Zwischen zwei Welten Siegfried Kern war der „Übergangsdirek- de einen neuen Materialwirtschaftler tor“ und führte die kommunale Woh- brauchte, landete ich wieder in meiner nungsverwaltung durch die Wirren der Heimatstadt“, erzählt Kern. „Die Freitaler Wendezeit. hatten in ihrem Unternehmen einen re- gelrechten Bauhof etabliert, um alles Nö- Mit dem DDR-Wirtschaftssystem hatte tige selber zu machen. Da gab es großen Siegfried Kern so seine Schwierigkeiten. Materialbedarf und ich hatte viel zu tun.“ „Vom Ich zum Wir über Uns zum Aus“ fasst Durch seine guten Beziehungen bis nach der heute 90-Jährige seine Laufbahn vom Berlin konnte Siegfried Kern trotz Man- selbständigen Freitaler Handwerker im Be- gelwirtschaft so manches abzweigen und reich Sanitär- und Haustechnik über die nach Freital „umleiten“. „Als 1989 alles zu Stationen PGH, VEB und bezirksgeleitetes bröckeln begann, ahnte mein Boss, dass er Kombinat zusammen. Das Aus kam für ihn sowieso rausfliegt und schmiss hin“, be- 1985, als er im Neubaugebiet von Nünchritz richtet Kern. „Der damalige Bürgermeis- Zu Besuch im Ratssaal des aufgrund hanebüchener Planwirtschaft ei- ter Walter Daehn meinte, ich solle den Job Deubener Rathauses zeigt nen unfertigen Wohnblock ohne Wannen weitermachen, und gab mir einen Tag Zeit Siegfried Kern seinen Ar- und Thermen übergeben sollte. Da er seine zum Überlegen. Eigentlich wollte ich nicht, beitsvertrag als Direktor der Unterschrift verweigerte, wurde er von der da ich das ‚Erbe‘ kannte und mich auch kommunalen Wohnungs- verwaltung Freital sowie das Kombinatsleitung sofort beurlaubt. nicht befugt fühlte. Wenn überhaupt, Schreiben zur Beurlaubung „Da ich in Freital gut verzweigt war und dann nur, wenn die Bilanz von ’89 steht, und Absetzung als solcher. die hiesige Wohnungsverwaltung gera- forderte ich.“ Aber immer mehr Stimmen 8 In Freital leben - bei uns wohnen
Der Übergang wurden um ihn laut: „Mache das! Damit ja kein Fremder kommt!“ Das setzte ihn mo- ralisch unter Druck. „Und ein bisschen Ehr- geiz war mir ja nicht fremd“, gesteht Kern lächelnd. So wurde er am 14. Februar 1990 als Betriebsdirektor eingesetzt. Der Bauhof musste in eine GmbH über- geleitet werden. Das ganze Unternehmen sollte auf wirtschaftliche Füße gestellt werden. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt überlegte Kern, wie es gehen könn- te, so wie ein westdeutsches Wohnungs- unternehmen zu funktionieren. „Mein Sohn wohnte damals in Stuttgart“, sagt er. „Also nahmen wir Verbindung auf und reisten dahin, um die Strukturen kennen zu lernen. Und auch von dort kamen Mit- arbeiter zu uns, um uns das ‚Laufen‘ zu lehren.“ Mit Beschluss der Stadtverordne- Wartburgstraße 32 tenversammlung vom 28.06.1990 sollte der VEB Gebäudewirtschaft in einen Ei- genbetrieb der der Stadt als „Kommunale Wohnungsverwaltung Freital“ umgewan- delt werden. Doch als alles so langsam ins Rollen kam, änderten sich die Bedingungen erneut schlagartig. Aus dem siegreichen Wahl- kampfteam Kurt Biedenkopfs tauchte ei- nes Tages ein gewisser Johannes Viethen auf und servierte sein sogenanntes „Freit- aler Modell“. Das scheinbar einfache Kon- zept sollte die Wohnungswirtschaft retten, indem Mieter ihre Wohnungen preiswert kaufen sollten. Selbst Bundesbauministe- rin Irmgard Schwaetzer äußerte sich be- geistert von der Idee. Und so lag es nahe, dass auch der erste frei gewählte Bürger- meister Freitals nach der Wende, Dietmar Lumpe, dem Mann im wehenden Mantel vertraute. „Ich und mein Stellvertreter, wir wurden eiskalt abserviert und beurlaubt“, sagt Siegfried Kern – inzwischen ohne Gram. Er war damals schon 63 und nutzte die Alter- sübergangsregelung zur Frühverrentung. „Alles andere wäre ein Kampf gegen Wind- mühlenflügel geworden.“ Bis heute hat Siegfried Kern Kontakt zu ehemaligen Kol- legen. Auch an der Seniorenweihnachts- feier der WGF nimmt er regelmäßig Teil. Dass sich Viethen als Hochstapler entpupp- te, sieht er als nachträgliche Rehabilitation. Bad in Potschappel 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 9
Wendezeiten Der „Hauptmann von Freital“ Der hochgepriesene Priwo-Chef ver- sich herausstellte, hatte Herr Viethen aber schwand samt Dienstauto und Kreditkarte von „Tuten und Blasen“ keine Ahnung. An- und landete im Knast. geblich war er Betriebswirt. Zeugnisse hatte er nicht, aber das Ziel, so schnell wie möglich Es war nur eine kurze Episode. Aber sie alle Häuser zu verkaufen. Viele TV-Sender ka- erregte deutschlandweit Aufsehen und men zu uns. Sein Modell sollte der Renner blieb allen Beteiligten tief in Erinnerung. werden. Er kaufte sich einen Firmenwagen Das „Freitaler Modell“ sollte zum Muster- mit Sprechfunk und einen Computer. Als beispiel für die Wohnungswirtschaft in er unser Geld immer mehr privat ausgab, den neuen Bundesländern werden. Im Fe- schaltete sich unsere Hauptbuchhalterin ein. bruar 1991 übernahm die „Privatisierungs-, Er hatte Unsummen, zum Beispiel für teure Wohnungsbau- und Verwaltungsgesell- Hotels, ausgegeben. Unser Betrieb bekam schaft mbH (Priwo)“ mit Frontmann Jo- alle Rechnungen. Eines Tages hieß es: Herr hannes Viethen den Bestand der kommu- Viethen wird von der Polizei gesucht. Als er nalen Freitaler Wohnungswirtschaft. hinter Gitter kam, atmeten wir alle auf, dass Der aus Düren in der Eifel stammende, der Albtraum vorbei war. Unsere Arbeit, für 27 Jahre alte Viethen kam aus der Wahl- die Mieter da zu sein, ging unter neuer Füh- kampfmannschaft von Kurt Biedenkopf rung weiter. und war damit zur damaligen Zeit nahe- zu über jeden Zweifel erhaben. Dass er be- Die Presse bezeichnete den Hochstapler reits 1989 per Haftandrohung zur Abgabe als „Hauptmann von Freital“. „Bei Herrn einer eidesstattlichen Versicherung einbe- Viethen stimmte weder das Konzept, den stellt wurde, ahnte hier nie- gesamten Wohnungsbestand von Freital mand. zu privatisieren, noch war seine Geschäfts- führung als seriös zu bezeichnen“, schätzt Eine Mitarbeiterin erinnert der spätere Geschäftsführer Uwe Kwiaton sich: Die Belegschaft soll- gegenüber der Sächsischen Zeitung ein. Er te sich im Speisesaal ver- hatte im Oktober 1991 die Geschäftsfüh- sammeln. Herein kamen rung der Priwo von Friedrich Lösdau über- der Bürgermeister und ein nommen, der Viethen im Mai gleichen Jah- Wessi im langen schwarzen res abgelöst hatte. Mantel. Er wurde als neu- Viethen war samt Dienstwagen und Kredit- er Firmenchef vorgestellt. karte der Priwo verschwunden. Mitte März Der bisherige und einige 1994 griff ihn die Zerbster Polizei, weil er andere wurden abgesetzt. unter falschem Namen Hotels und Pensio- Wir gingen wie begosse- nen geprellt hatte und stellte fest, dass sie ne Pudel an unseren Ar- es mit einer der „schillerndsten“ Persönlich- beitsplatz. Aus der Ge- keiten der Nachwende zu tun hatte. Sechs bäudewirtschaft wurde Staatsanwaltschaften suchten den Mann die Priwo. Wir bekamen damals bundesweit. Die Vorwürfe lauteten neue Arbeitsverträge. Uns unter anderem Veruntreuung, Hochsta- gingen dadurch alle Ar- pelei und Wohnungsschiebereien, Mietbe- beitsjahre verloren. Wie trug, Heiratsschwindelei und Scheckbetrug. 10 In Freital leben - bei uns wohnen
Die Gründung Freital bekam neue Tochter „Freital hat seit gestern neue Wohnungs- 100-prozentige Übernah- gesellschaft.“ Unter diesem Titel schrieb me der Priwo-Mitarbeiter die Freitaler Journalistin Jana Klameth am wird es also nicht geben“, 23. Juni 1993 in der Sächsischen Zeitung über sagt Krutzki. Mit einem die Gründung der WGF. Weiter schreibt Sie: Großteil wolle man aber weiter zusammenarbei- Gestern wurde die Gründung einer neuen ten, verfügen die Leute Wohnungsgesellschaft Freital mbH – eine doch über Fachwissen. 100-prozentige Tochter der Stadt – notariell Fest steht aber, dass besiegelt. Gleichzeitig wurden dieser Gesell- der jetzige Geschäfts- schaft alle kommunalen Grundstücke, die führer der Priwo, Uwe die Priwo bisher verwaltete, übertragen. Kwiaton, auch Chef der „Der Paragraph 58 Umwandlungsgesetz er- neuen Gesellschaft sein möglicht es den Kommunen, das kommu- wird. „Eventuell wird es nale Eigentum als Paket und nicht aufwen- einen zweiten Geschäftsführer geben, dig grundstücksweise auf eine Gesellschaft das werden wir sehen“, fügte der Bürger- zu übertragen“, erklärte Bürgermeister meister hinzu. An der Kompetenz Kwiatons, Krutzki. Die Priwo jedoch war schon ein pri- der ja bekanntlich aus einer anderen Be- vatisierter Betrieb, dem konnte man nicht rufsrichtung kommt, zweifelt Krutzki nicht. das Eigentum übertragen. Es blieb nur die „Er hat sich gut eingearbeitet, und gelernte Möglichkeit, das Restvermögen des nicht Volks- und Betriebswirte gibt es hier nun mehr existenten VEB Gebäudewirtschaft einmal kaum.“ umzuwandeln. Priwo und die Wohnungsgesellschaft Freital Ursprünglich war danach eine Verschmel- mbH werden, so ist es vorgesehen, eine ge- zung der neuen Gesellschaft mit der Pri- wisse Zeit nebeneinander existieren. Später wo vorgesehen. „Davon haben wir jetzt wird die Priwo aufgelöst. Bringt das Kompli- aber doch Abstand genommen“, informiert kationen für die Bürger mit sich? Der Bür- Krutzki. Seine Begründung: Mit der Woh- germeister hofft, dass das nicht der Fall sein nungsgesellschaft Freital mbH entsteht ein wird. Die Priwo wird bestimmte Aufgaben völlig neuer Betrieb mit anderen Struktu- vor ihrer Auflösung beenden, so z.B. die Ne- ren und Aufgaben. Die neue Gesellschaft benkostenabrechnung und die Anpassung wird ähnlich der Priwo die Wohnungen der Mietstruktur für das kommende Jahr. bewirtschaften, verwalten und betreuen. Der große Vorteil der neuen Gesellschaft Außerdem kann sie selbst Bauten in allen besteht darin, dass sie den Grund und Bo- Rechts- und Nutzungsformen, insbesondere den der von ihr zu verwaltenden Gebäude Miet- sowie Eigentumswohnungen und Ei- besitzt und demnach auch belasten kann. genheime, errichten. Mit den Krediten soll als erstes die Moder- „Neben den neuen Aufgaben hat die Woh- nisierung der Häuser angegangen werden. nungsgesellschaft auch eine völlig andere „Das wird neben den Reparaturen die wich- Mitarbeiterstruktur“, hebt Krutzki hervor. tigste Aufgabe der neuen Gesellschaft in Die Zuständigkeit jedes einzelnen Beschäf- der nächsten Zeit“, denkt der Bürgermeister. tigten sei genau definiert, die Verantwort- Er sieht rosige Zeiten für das Freitaler Bau- lichkeiten klar abgesteckt und auch die Ta- handwerk voraus. Denn immerhin wurden rifeingruppierung von vornherein geklärt. der Wohnungsgesellschaft 6.500 Wohnun- Wer die Mitarbeiter sind, steht noch nicht gen übertragen. 2.000 bis 2.500 davon sol- fest, die Stellen sollen – eventuell zuerst pri- len privatisiert werden, der Rest verbleibt wointern – ausgeschrieben werden. „Eine bei der Gesellschaft. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 11
Erste Etappe Dieser Weg wird kein leichter sein Der Sanierungsbedarf in den Die Liste der anstehenden Aufgaben für kämpfen. In der Kartei waren noch 2.294 Wohnungen der neu gegrün- die junge Wohnungsgesellschaft scheint Wohnungssuchende registriert. 1994 er- deten WGF war hoch. unendlich lang. Auf gesunde Füße kommt folgte auch die erste Abrechnung der Be- man damit nicht unbedingt. triebskosten, die zum Beispiel aufgrund fehlender Wasseruhren pauschal über das „Die Startbedingungen für die neu ge- Wohnflächenverhältnis erfolgte. gründete WGF waren alles andere als ro- Um Modernisierungen finanzieren zu sig“, sagt der damalige Geschäftsführer können, mussten die Mieten angepasst Uwe Kwiaton. Da nach dem Reinfall mit werden. Diese wurden entsprechend der dem Hochstapler aus dem Westen einer Zweiten Grundmietenverordnung je nach von hier die Leitung übernehmen sollte, fiel Beschaffenheit zu Anfang 1993 und 1994 die Wahl auf den damaligen CDU-Stadt- erhöht. Da war die Lauffreudigkeit der Mit- rat. Er sei sprichwörtlich ins kalte Wasser arbeiter gefragt, denn nun hieß es, Dächer, gesprungen, erzählt er heute. Die wahren Fassaden und Fenster zu begutachten. Probleme sollten sich mit der Zeit erst zu Auch Mietminderungen aufgrund des In- erkennen geben. standhaltungsrückstaus galt es zu beach- Damals verwaltete die WGF rund 10.000 ten. Da gab es durchgefaulte Fußböden. Wohnungen, darunter 6.500 eigene. Für Durch manche Fenster zog es wie Hecht- etwa 2.500 Wohnungen gab es Alteigen- suppe. Undichte Dächer führten nicht sel- tümer. So mancher von ihnen witterte ten zu erheblichen Nässeschäden in den das große Geld. Andere, die die DDR nicht Wohnungen. kannten, waren erschüttert, was die Man- Parallel liefen erste Modernisierungen gelwirtschaft aus ihrem Besitz gemacht an. Da hieß es, alte Kastenfenster raus, hatte. Doch damit hatte auch die WGF zu neue Kunststofffenster mit Schallschutz 12 In Freital leben - bei uns wohnen
Erste Etappe rein. Auch wurden, außer in Zauckerode, die Kohleöfen schrittweise durch moder- ne Zentralheizungen ersetzt. Viele Woh- nungen erhielten erstmals Badezimmer. Parallel mussten auch die sogenannten Altschulden, die rein rechnerisch auf den Bestand aus DDR-Zeiten ermittelt worden waren, bedient und getilgt werden. Um einen Teilerlass in Anspruch nehmen zu können, sollten 15 Prozent des Bestandes privatisiert werden. Mit dem Haus Dresd- ner Straße 283 begann die Wohnungspri- vatisierung. Verkauft wurde zunächst an die Mieter. 1995 beruft der Stadtrat Ulrich Rudolph zum 2. Geschäftsführer. Für rund 84 Pro- zent der Mieter steigt die Miete je nach Be- schaffenheit. Dies betrifft 5.697 Wohnun- gen. Vier Prozent der Mieter stimmen der keinen Bogen. Diesen Anforderungen hat Dipl.-Ing. Uwe Kwiaton war sich auch die WGF zu stellen. In den ver- der erste Geschäftsführer der Erhöhung nicht zu. Ein Jahr später übergibt neu gegründeten Wohnungs- die WGF 726 Wohneinheiten an die neu ge- gangenen Jahren erfolgten umfangreiche gesellschaft Freital und blieb gründete Genossenschaft Raschelberg. Die Sanierungen und Modernisierungen des bis 2002 im Amt. Bei einem WGF hat damit ihre Quote ihrer Privatisie- Wohnungsbestandes. (...) Damit wurden für Besuch im heutigen Sitz der rungspflicht nach dem Altschuldenhilfe- jeden Einzelnen die Wohnverhältnisse den WGF lässt er sich von der gesetz erfüllt. derzeitigen Lebensvorstellungen angepasst Marketingverantwortlichen und gleichzeitig das Stadtbild verschönert. Ina Bruß die letzten Erfolge „In all den Jahren haben sich unsere Mit- des Unternehmens zeigen. arbeiter reingehängt, um alle Aufgaben zu (…) Die Leistungen der vergangenen Jahre erfüllen und sich ständig weiterzubilden“, berechtigen jedoch nicht, davor die Augen sagt Uwe Kwiaton. Aber am Personalabbau zu verschließen, dass an vielen Stellen noch kam er dennoch nicht vorbei. Zur Jahrtau- dringender Sanierungsbedarf besteht. sendwende zieht der damalige Geschäfts- Es wird wichtig sein, in Zukunft gemeinsam führer in der WGF-Mieterzeitung ein Resü- mit den Mietern und den Möglichkeiten und mee: Erfordernissen des Marktes, diese Sanierun- gen und Modernisierungen fortzuführen. Liebe Mieter, liebe Leserinnen, liebe Leser, Ziel der Wohnungsgesellschaft Freital mbH gegenwärtig bewirtschaftet die Wohnungs- wird es sein, guten und bezahlbaren Wohn- gesellschaft Freital mbH etwa 5.000 Woh- raum für alle Schichten der Bevölkerung in nungen. Im Vergleich zu 1990 sind das nur allen Teilen Freitals bereit zu stellen. Wir füh- noch 50 Prozent der damals in kommunaler len uns dem Ziel des Gesamtverbandes der Verantwortung befindlichen Wohnungen. Wohnungswirtschaft „gut und sicher Woh- Die Probleme von heute sind mit denen vor nen“ verpflichtet. zehn Jahren weder vergleichbar noch we- niger geworden. Gab es 1990 noch erheb- Im Januar 2000 wechselt Ulrich Rudolph lichen Wohnungsbedarf bis hin zu den be- zur FREITALER STROM+GAS GMBH und kannten Dringlichkeitslisten, die wenigstens wird dort neuer kaufmännischer Ge- die ärgste Wohnungsnot lindern sollten, so schäftsführer. Für ihn kommt einen Monat haben wir heute ein Überangebot an Woh- später Uwe Rumberg, der mit Uwe Kwia- nungen. ton das Unternehmen noch zwei Jahre als Der schon vor Jahren eingeleitete Prozess Doppelspitze führt. Nach dem Ausschei- vom Vermieter zum Mietermarkt ist Realität den Kwiatons führt er das Unternehmen 1995 wird Ulrich Rudolph geworden. Der Strukturwandel in den neu- ab 1. Juli 2002 als alleiniger Geschäftsfüh- 2. Geschäftsführer der WGF. en Bundesländern macht auch um Freital rer. Sechs Wochen später kommt die Flut. 2000 wechselt er zur FSG. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 13
Hochwasser 2002 Die Fluten wüten Das Augusthochwasser 2002 verursacht me, Brückenteile und anderer Schutt stei- Millionenschäden in Freital – auch bei gern ihre Zerstörungskraft noch. Nach der WGF. zwei Tagen ist das Wasser weg, aber der Albtraum geht weiter. Die Schäden sind Das Hochwasser der Weiße- verheerend. ritz zerstörte Straßen und Am 12. August 2002 verwandelt sich die Die Wohnungsgesellschaft Freital steht Gebäude. Die Häuser an der überfluteten Dresdner Stra- Weißeritz in einen reißenden Strom. nach der Flutkatastrophe vor großen ße (kl. Foto) wurden später Meterhoch strömen die Wassermassen Herausforderungen. Die WGF verwal- abgerissen. durch die Stadt. Mitgespülte Baumstäm- tet zu dieser Zeit fast 5.000 Wohnun- gen. Davon sind rund 35 Prozent vom Hochwasser mehr oder weniger be- schädigt worden. Ein Wohnhaus, die Al- bert-Schweitzer-Straße 36, ging komplett verloren. Auch den Firmensitz am Platz der Jugend hat es getroffen. Dort wur- de der Technik-Bereich im Erdgeschoss überflutet, Strom und Telefon fielen aus. Der für die Gesellschaft entstandene Schaden beträgt rund zehn Millionen Euro. Eine Elementarversicherung gibt es nicht. In den ersten Tagen steht die Notversor- gung an erster Stelle. Da geht es um die Sicherung der Medien, wie Strom, Wasser, 14 In Freital leben - bei uns wohnen
Hochwasser 2002 Gas und Abwasser. Es werden Keller aus- geben. Viele Mieter rücken zudem in der gepumpt, Schlamm und Schutt beseitigt. Not zusammen und helfen in Eigeniniti- Auch stehen Reparaturen an Hausan- ative, Schäden zu beseitigen. schlüssen und Neuinstallationen an. Für Die WGF wechselt im Dezember 2002 ih- die Koordination der Arbeiten wird sofort ren Standort und zieht in die Hüttenstra- ein von früh bis spät ansprechbares Not- ße 14 um. Die Geschäftsstelle im ehema- büro in Zauckerode eingerichtet. Unbü- ligen Rittergut Potschappel am Platz der Das Wasser hinterlässt im- rokratisch werden freie Wohnungen an Jugend wurde vom Hochwasser zu sehr mense Schäden und mensch- die am stärksten betroffenen Mieter ver- in Mitleidenschaft gezogen. liches Leid. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 15
Interview Einfach kann jeder … Am 1. Februar 2000 meldete die Sächsische le vakant wurde, fragte mich mein Chef, Zeitung: „Mit Schlips und Jackett nahm er Eberhard Rausch, ob das nicht was für gestern Abschied von den Technischen mich wäre. Im ersten Moment fürchtete Werken Freital. Heute tritt Uwe Rumberg ich, er will mich loswerden, und fragte, ob seine Stelle als neuer kaufmännischer Ge- man mit mir unzufrieden sei. Das vernein- schäftsführer der Wohnungsgesellschaft te er Gott sei Dank. Nach reiflicher Überle- Freital (WGF) an. Der 41-Jährige löst dort gung dachte ich mir: Mit Anfang 40 kann Ulrich Rudolph ab, der als kaufmännischer man schon mal einen Neuanfang wagen! Geschäftsführer seit Jahresbeginn bei der Nachdem ich vom Stadtrat bestätigt wur- FREITALER STROM+GAS GMBH arbeitet.“ de, erhielt ich vom damaligen Oberbürger- Über 15 Jahre leitete Rumberg die WGF, be- meister Pollack einen Zweijahresvertrag. vor er im Sommer 2015 das Amt des Ober- bürgermeisters von Freital übernahm. Wir Wie war die Situation, die Sie vorfanden? fragten ihn nach seinen wichtigsten Er- fahrungen dieser Zeit. Der Firma, die damals rund 5.000 Woh- Oberbürgermeister Uwe nungen im Bestand hatte, ging es wirt- Rumberg zu Besuch an seiner schaftlich ziemlich schlecht. Zuerst ver- alten Wirkungsstätte in der Herr Rumberg, wie kamen Sie damals zur schaffte ich mir einen Überblick über Chefetage der WGF. Die histo- WGF? aktuelle Bauvorhaben, bereits ausgelöste rische Ansicht des Potschapp- Aufträge, die Liquidität und über den Per- ler Rathauses hat ihm damals vielleicht schon unbewusst Ich war damals bei den Technischen Wer- sonalbestand. Überall gab es Handlungs- seinen weiteren Weg vorge- ken Freital Leiter der Abteilung Gebäu- bedarf. Und es standen unangenehme zeichnet. debetreuung. Als bei der WGF die Stel- Entscheidungen ins Haus. 16 In Freital leben - bei uns wohnen
Interview Was war denn zu tun? Wir verhängten überall einen Baustopp. Natürlich kamen sofort die Firmen und fragten, was los sei, und fürchteten um ihr Geld. Noch schlimmer war, dass wir den Personalbestand „gesundschrumpfen“ mussten. Von den 52 Mitarbeitern muss- ten wir rund 20 entlassen. Nicht immer ging das einfach über Frühverrentung zu lösen. Wie nahe ging Ihnen das? Solche Zeiten wünscht man niemandem. Das hat auch bei mir persönlich Spuren Seit über zehn Jahren werden hinterlassen. Für jeden einzelnen, der be- Waren Sie mit diesem Kurs erfolgreich? an den Wohnhäusern an der Schachtstraße schrittweise troffen war, ging es um existenzielle Fra- Balkone angebaut. gen. Aber wenn man die Verantwortung Nicht gleich. Kaum waren wir aus dem für das Große und Ganze trägt, lassen sich Gröbsten raus, kam 2002 das August- solche Entscheidungen nicht vermeiden. hochwasser. Die verheerende Flut verur- Wichtig für ein Unternehmen ist, dass sachte allein bei uns Schäden von rund es immer liquide ist und ein Polster für zehn Millionen Euro. Und wie sich heraus- schlechte Zeiten besitzt. stellte, besaß die WGF dafür keine Versi- Bei der Übergabe des neuen Stadtteilplatzes (ehemals Glück-Auf-Straße 2-4) treffen sich der damalige WGF-Geschäftsführer Uwe Rumberg und die Abtei- lungsleiterin Christine Gretschel mit Kindern der Kitas „Sonnenblume“ und „Zwergenland am Birkenwald“. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 17
Interview cherung. Unser großes Glück damals war, Das klingt alles ein bisschen wie: „Ein- dass gerade Bundestagswahlen ins Haus fach kann jeder.“ Wie haben Sie all das ge- standen und Kanzler Schröder und Mi- schafft? nisterpräsident Milbradt versprachen, es solle hinterher keinem schlechter gehen. Das ging nur, weil wir eine Mannschaft So bekamen wir etwa acht Millionen re- hatten, die in schwierigen Zeiten zusam- guliert. Den „Restbetrag“ haben wir selbst mengehalten hat. Das wiederum führte erwirtschaftet. zu einem sehr guten Betriebsklima, das bis heute auch für Außenstehende zu Und damit war die WGF dann gerettet? spüren ist. Deshalb gilt mein Dank allen, die diesen Weg mitgegangen sind. Und Noch lange nicht! Nach der Instandset- wir haben uns so entwickelt, dass wir so- zung ging es weiter. Wir mussten unse- gar wieder an Neubau denken konnten. ren Leerstand von rund 30 Prozent auf ein Den Spatenstich für die Mehrfamilien- wirtschaftlich vernünftiges Maß senken. häuser an der Oststraße habe ich noch Mit dem staatlich geförderten „Stadtum- selber mitgemacht. Beim Richtfest war Im Jahr 2009 präsentieren bau Ost“ haben wir über zehn Jahre etwa ich dann schon Oberbürgermeister. Thomas Riedel, Abteilungs- tausend Wohnungen abgerissen. Auch leiter Technik, und WGF-Ge- dabei ging es nicht ohne problematische Die WGF steht seit etlichen Jahren wirt- schäftsführer Uwe Rumberg Einzelschicksale. Und wir mussten den schaftlich gut da. Warum ist der Kapitän CO2-bindende Ziegel, mit denen etliche Dächer auf den Service für unsere Mieter deutlich verbes- da von Bord gegangen? Gebäuden der WGF gedeckt sern – eine große Herausforderung für werden. unsere Mitarbeiter. Wir haben gemeinsam ein großes Ziel er- reicht. Da konnte ich guten Gewissens ge- hen. Aber glauben Sie mir, nach 15 Jahren geht man nicht ohne Tränen. Auch wenn die neue Aufgabe noch so reizvoll ist. Und ich bin ja auch nicht aus der Welt. Die WGF ist ein wichtiger Partner für die Stadt Frei- tal. Inzwischen ist es uns gelungen, mit allen kommunalen Unternehmen eine Art Stadtfamiliengedanken zu entwickeln. Das Knowhow jedes Einzelnen kommt al- len zugute. Das macht richtig Spaß. Sie sehen die Zukunft Freitals und der WGF also positiv? Ja, klar! Bis zum 100. Stadtgeburtstag im Jahre 2021 soll der Ausgangspunkt für ein funktionierendes Stadtzentrum geschaf- fen sein. Die WGF ist daran mit der Sanie- rung des City-Centers beteiligt. Und es werden neben Technologiezentrum und Industriepark sicher weitere Aufgaben kommen, um für die Zukunft vorzubauen. Schließlich wollen wir nicht Schlafstadt für Dresden sein, auch wenn die Nähe zur Landeshauptstadt in vielen Dingen ein Segen ist. Wer bei uns gut wohnt, gut arbeitet und gut lebt, wird ein Heimatge- fühl entwickeln. 18 In Freital leben - bei uns wohnen
Interview 2015 wird im Hochhaus Ringstraße 1g/h die brandschutztechnische Sanierung der Haustech- nik fortgeführt. Die Fassade erhält ein Wär- me-Dämm-Verbundsystem, gepaart mit einem frischen Farbkonzept. Der Richtspruch des Poliers der Zimmerei Voigt gibt am 10. September 2013 das Signal zum Setzen der Richtkrone bei der Sanierung der Wohngebäude Zöllmener Straße 27 und 29 in Freital-Wurgwitz. Die Hausweihe soll künftigen Mietern Glück und Segen bringen. Rund 1,25 Millionen Euro investiert die WGF in das größte Bauprojekt des Jahres. „Warm eingepackt“ wurde im Jahr 2011 unter anderem das Haus Schillerstraße 11, das zudem sechs neue Balkone erhielt. An seinem ersten Arbeitstag als Oberbürgermeis- ter erhält Uwe Rumberg die Amtskette, den Rat- hausschlüssel und ein symbolisches Nummern- schild von seinem Vorgänger Klaus Mättig. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 19
Interview Von der Verwaltung zur Gestaltung Geschäftsführer Michael Heinzig leitet Jahre 2002 bezogen wir als erster Büro- mit der WGF ein Unternehmen, für das er mieter das Objekt Hüttenstraße 14. Und schon seit dessen Gründung vor 25 Jahren seit 2012 haben wir unseren Sitz im eins- gearbeitet hat. Wer könnte die Entwick- tigen Döhlener Rathaus, in dem 1921 die lung der Freitaler Wohnungsgesellschaft Gründung unserer Stadt Freital vollzogen also besser zusammenfassen? wurde. Wie begann alles für Sie vor 25 Jahren? Herr Heinzig, wie sehen Sie den Werde- gang von der Gründung bis zum jetzigen Am 3. Juni 1993 habe ich meinen Arbeits- Jubiläum? vertrag unterschrieben. Die WGF wurde am 22. Juni gegründet. Am 1. Juli war dann Ich würde die Zeit in drei Etappen ein- mein erster Arbeitstag. Als EDV-Organi- teilen: die 1990er Jahre, von der Jahrtau- sator hatte ich die technischen Voraus- sendwende bis ca. 2012 und von da bis setzungen zu schaffen, dass zum Beispiel heute. Der Zufall will es, dass sich diese die Bearbeitung der Anträge von damals Der heutige Geschäftsführer Zeiträume in etwa mit unseren drei Fir- 3.000 Wohnungssuchenden und die ge- Dipl.-Ing. Michael Heinzig arbeitet bereits seit der mensitzen decken. Es begann am Platz setzlichen Mieterhöhungen auf ein eini- Gründung der WGF im der Jugend in einem alten Rittergut, das germaßen kostendeckendes Niveau rei- Unternehmen. in einem sehr schlechten Zustand war. Im bungslos vonstattengingen. 20 In Freital leben - bei uns wohnen
Interview Sie wurden 1994 zusätzlich Leiter der Be- triebskostenabrechnung. So etwas kann- ten die Mieter aus DDR-Zeiten ja gar nicht. Was gab es da für Probleme? Für uns war es doppelt schwer. Es war die erste Abrechnung überhaupt nach gemes- senen Verbrauchswerten. Zudem mussten wir diese mit neuer EDV-Technik bewäl- tigen. Am 1. Dezember hatten wir es ge- schafft und rund 11.000 Abrechnungen verschickt. Aber auch für die Mieter war alles neu und deshalb zum Teil schwer nachvollziehbar. Es gab so viele Einsprü- che, dass bei uns alle Treppen und Flure voller Leute waren. Das war wirklich eine heiße Zeit. Was prägte Ihre Arbeit in den 1990er Jah- „An einem der dramatischen Flut-Tage kam Bereits als Prokurist arbeite- ren am meisten? plötzlich über Lautsprecher die Meldung, te Michael Heinzig mit dem WGF-Chef Uwe Rumberg die Staumauer der Talsperre Malter sei ge- eng zusammen. Hier sind Besonders die umfassenden Sanierungen. brochen. Während alle fluchtartig das Tal sie mit dem Bauplan vor der Dazu gehörten der Austausch der Öfen verließen, habe ich noch schnell die zwei Dresdner Str. 274, die renoviert gegen moderne Heizung, die Erneuerung Server der WGF ausgebaut und mir unter werden soll, zu sehen. von Fenstern und der Einbau moderner Bä- die Arme geklemmt, um die Daten zu ret- der und Toiletten. Als Administrator lernte ten. So bin ich auf sicherer Höhe der Leisni- ich alle Mitarbeiter kennen und bekam Ein- tz Herrn Rumberg auf seiner Kontrollfahrt blick in sämtliche Geschäftsprozesse. Zur begegnet.“ Vielleicht war dieses Verantwor- Jahrtausendwende hatte ich die Verant- tungsbewusstsein neben meiner bisheri- wortung, eine komplett neue wohnungs- gen fachlichen Arbeit der Anstoß, dass ich wirtschaftliche Software einzuführen. bald darauf als Prokurist berufen wurde. Wie begann dann der zweite Abschnitt? Und was war die Hauptaufgabe in der fol- genden Etappe? Ausgangspunkt war der Wechsel des kaufmännischen Geschäftsführers. Uwe Konsolidierung. Wir mussten dafür etwa Rumberg löste Ulrich Rudolph ab, der zur ein Viertel des Bestandes abreißen, um FREITALER STROM + GAS GMBH ging. Die den Leerstand auf rund sechs Prozent zu Voraussetzungen waren denkbar schlecht. senken. Dazu nutzten wir die Abrissför- Mit 29 Prozent hatten wir den höchs- derung aus dem Bund-Länder-Programm ten Leerstand und mit 56 Millionen Euro „Stadtumbau Ost“. Für die Sanierung den höchsten Schuldenstand unserer Ge- unseres Kernbestandes nutzten wir die schichte. Doch der wahre Tiefschlag war Aufwertungsförderung in den Stadtum- die Jahrhundertflut 2002, die uns rund baugebieten und sozielen Stadtgebieten. zehn Millionen Euro Schaden am Bestand Dann mussten wir unser Personal ca. auf bescherte. die Hälfte reduzieren, um Kosten zu sen- ken. Und wir mussten Schulden abbauen, Sie wurden durch die Flut in die Geschäfts- um Zinsen zu sparen. Es war eine harte leitung „gespült“? Wie kam es dazu? und schwere Zeit mit zum Teil schmerz- haften Einschnitten. Aber wir haben alle Sie spielen auf eine Episode an, die zumin- gesteckten Ziele erreicht, weil wir einfach dest im zeitlichen Zusammenhang steht. unsere Hausaufgaben gemacht haben. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 21
Interview Und dann folgte mit dem Einzug in Freitals fit für derartige Projekte. Die Basis dafür Gründungsrathaus der dritte Abschnitt… wurde in all den Jahren vorher geschaffen, dass möchte ich betonen. Nicht nur weil wir ein so geschichtsträch- tiges Gebäude erhalten und als Firmen- Wie geht es nach Ihrem Ausscheiden in sitz beziehen konnten, begann die „inno- den Ruhestand im Dezember 2018 weiter? vativste“ der drei Etappen. Denn sie ist der Übergang von der Verwaltung des Auch hier ist Kontinuität garantiert. Mit Bestandes zur Gestaltung des Bestandes. meinem Prokuristen, Henryk Eismann, der Das zeigt sich auch daran, dass wir unse- mein Amt übernehmen wird, bilde ich seit ren Bestand erstmals in der Geschichte drei Jahren ein gutes Gespann. Wir teilen der WGF erweitert haben. Unser erster in allen Bereichen übereinstimmende An- Neubau entstand 2016 an der Oststraße. sichten und haben stets alle Entscheidun- 2017 kauften wir die Ballsäle Coßmanns- gen gemeinsam getroffen. Ich wünsche dorf und das City-Center dazu. Es folgte ihm alles Gute und bin überzeugt, dass er die Dresdner Straße 288 und in 2018 die die WGF weiter in eine gute Richtung len- Dresdner Straße 178. ken wird, während ich diese Entwicklung sicher aus der Ferne mit Interesse weiter Weil Sie den „Sparfuchs“ Uwe Rumberg verfolgen werde. 2015 als Geschäftsführer abgelöst haben? Zum Abschluss möchte ich unbedingt er- Nein. Weil die Zeit reif dafür war. Ich habe wähnen, dass die Mitarbeiterinnen und den Weg, den wir beide über 13 Jahre ge- Mitarbeiter der WGF durch ihre engagier- meinsam gegangen sind, konsequent te Arbeit die anspruchsvollen Pläne und Geschäftsführer Michael weitergeführt. Wir bestreiten alle Investi- Beschlüsse der Geschäftsführung, des Heinzig und Prokurist Henryk Eismann blicken vom tionen aus Eigenmitteln, wie wir das seit Aufsichtsrates und des Gesellschafters Balkon einer Wohnung im 2000 erfolgreich tun. Nur so konnten wir umgesetzt haben. Dafür gilt allen mein City-Center über Freital. unseren Schuldenberg abtragen und sind herzlicher Dank. 22 In Freital leben - bei uns wohnen
Leben in Freital Leben in der Beletage Freitals Das Ehepaar Hauschild liebt seine Zauck- eroder Wohnung nicht nur wegen des Aus- blicks. Ungehindert schweift der Blick über die Dächer Freitals in Richtung Windberg. Der Lärm der Stadt dringt kaum noch bis hier hoch. „Ich kann die alberne Diskussion über die ‚Platte‘ nicht mehr hören“, sagt Wolf- ter denkt, gibt’s kaum etwas Besseres“, re- gang Hauschild. Seit 1981 wohnt er mit sei- sümiert er. ner Familie im 10. Stock eines Hochhauses Dass er damit nicht allein ist, zeigt der im einstigen DDR-Neubaugebiet Zauckero- Umstand, dass immer noch die komplette de. „Seither haben wir niemals über einen Urbesetzung in seiner Etage wohnt. Seit Wegzug auch nur nachgedacht“, sagt der 37 Jahren wohlgemerkt! „Unsere Hausge- 82-jährige Rentner heute. Die Versorgungs- meinschaft hat zwar nie große gemeinsa- lage sei schon zu Ost-Zeiten ideal gewesen. me Feste gefeiert“, sagt Hauschild. „Aber Kaufhalle, Poliklinik, Schule, Kindergarten, die Meisten haben auf Ordnung und Sau- Gaststätten, alles war in unmittelbarer berkeit geachtet. Jeder hat mitgezogen. Nähe vorhanden. Dazu kamen Fahrstuhl, Das ist bis heute so geblieben.“ Er würde Fernheizung, fließend Warmwasser und sich freuen, wenn sich neue Mieter beim Badezimmer – ein Luxus, den damals nur Einzug per Aushang ein bisschen vorstellen Neubauten boten. „Wir kamen aus einer würden. Dass man bei 40 Wohnungen im 2,5-Zimmer-Altbau-Wohnung ohne Bad Haus das nicht persönlich bei jedem ma- Vom obersten Balkon des und mit Toilette auf der halben Treppe.“ chen könne, sei klar. Hochhauses (Bild oben) blickt Wolfgang Hauschild über die Auch heute sei Zauckerode ein ideales Mit der WGF ist Wolfgang Hauschild im Stadt. Wohngebiet, sagt Wolfgang Hauschild. Großen und Ganzen sehr zufrieden. Schon Die Gesamtanlage sei sehr großzügig und zu DDR-Zeiten gab es kaum Probleme, be- Im Jahre 2016 feierten die Mieter der 10. Etage ihre habe viel Grün. „Die Verkehrsanbindung ist richtet er. Und nach der Wende sei immer 35-jährige Nachbarschaft mit gut. Ärzte, Apotheke und Einkaufsmöglich- wieder mit Sanierungsarbeiten die Wohn- einer kleinen Gartenparty. keiten sind in der Nähe. Wenn man ans Al- qualität verbessert worden. „Logischer- weise ging es da nicht immer reibungslos zu“, gesteht er. Wirklich hart seien aber nur die fünf Wochen Treppenlaufen gewesen, als der Fahrstuhl erneuert wurde und die Sanierung der Versorgungsschächte zwi- schen Bad und Küche erfolgte. Aber nun ist es eine echte Traumwohnung mit Traum- blick hoch über der Stadt. „Ich bin sehr froh, dass die Stadt die WGF nicht privatisiert hat“, schließt er. Das kom- munale Unternehmen beweise, dass man auch mit moderaten Mieten wirtschaftlich arbeiten könne. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 23
Abriss Grünflächen statt leerer Betonhüllen Die WGF senkt mittels Abriss den Leer- die WGF sanieren. Rund ein Dutzend Häu- stand und schafft attraktives Wohnum- ser, die nach der Flut leer gezogen wurden An der Glück-Auf-Straße in feld. und auf längere Sicht nicht mehr zu ver- Zauckerode fallen zwei Neu- mieten sind, werden abgerissen. Dadurch baublocks (gr. Foto). spart das Unternehmen nicht nur die Sa- Auch das ehemalige Hotel Oehme an der Ecke Dresdner/ Wird ein Haus abgerissen, ist es immer nierung, sondern baut auch Altschulden Oberpesterwitzer Straße muss ein Verlust. Doch nicht alle vom Hochwas- ab. weichen. ser 2002 beschädigten Wohnungen kann Doch auch wachsender Leerstand, be- dingt durch Abwanderung, Rückgang der Geburtenzahlen und veränderte Wohn- ansprüche, zwingen die WGF trotz negati- ver Schlagzeilen zum Abriss. Deshalb soll bis 2010 ein ehrgeiziges Abrissprogramm umgesetzt werden. Ziel ist es, bis dahin den Leerstand von knapp 30 auf acht Prozent zu senken. Um das zu erreichen, müssen jährlich 100 bis 150 Wohnungen abgerissen werden. Die Arbeiten werden aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ gefördert. Vor allem alte unbewohnte Häuser in schlechtem Zustand werden der Abriss- 24 In Freital leben - bei uns wohnen
Abriss birne geopfert. In Zauckerode fallen aber auch Wohnblöcke, zum Beispiel an der Glück-Auf-Straße. Die entstehenden Frei- flächen werden als Festplatz für Feierlich- keiten und Markttage ausgestattet. An der Oppelstraße entsteht ein Landschafts- garten mit wassergebundenen Wegen und einer Treppenanlage. Auch die rund einen Hektar große Abrissfläche zwischen Dresdner Straße und Albert-Schweit- zer-Straße wird für rund 150.000 Euro mit Laub- und Nadelbäumen bepflanzt sowie mit Brunnen, Wegen und Sitzmöglichkei- ten gestaltet. Die neuen Freiflächen stei- gern die Wohnqualität in den verbliebe- nen Häusern. 2012 erklärt die WGF das Abrissprogramm als abgeschlossen. Seit dem Jahr 2000 Das Haus Lutherstraße 20 sind insgesamt 1.108 Wohnungen im ge- steht nicht mehr. Im Hinter- grund sieht man das Deube- samten Stadtgebiet abgerissen worden. ner Rathaus, der heutige Sitz Weitere Objekte, wie das Huthaus, wur- der WGF. den verkauft und so vor dem Abriss be- Auf einer großen Abrissflä- wahrt. Das letzte große Abrissprojekt war che entstand der Stadtwald. die alte Bergbausiedlung an der Schacht- Ein Brunnen erinnert an die straße. Der Leerstand ist auf unter sieben von der Flut 2002 zerstörten Prozent gesunken. Häuser. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 25
Neuer Firmensitz Arbeiten, wo Freital geboren wurde Egal, aus welcher Richtung man kommt, gegliedertes Gebäude einfallen ließ. Be- das einstige Döhlener Rathaus ist ein Blick- sonders markant ist sein kupferbedachter fang. Am 1. Oktober 1921 wurde in diesem Turm aus acht Säulen, der den nordwestli- Gebäude der Beschluss gefasst, Potschap- chen Teil des Bauwerkes ziert. pel, Döhlen und Deuben zur Stadt Freital Die Auftaktsitzung im Ratssaal wurde mit zusammenzuschließen. Heute beherbergt einem bergmännischen „Glück auf!“ ein- es die Wohnungsgesellschaft Freital. gestimmt. Bald aber bestimmten mar- kige Töne die Ansprache von Gemeinde- vorstand Heinrich. „Der Bau des Döhlener Vor weit über hundert Jahren musste der Rathauses zeugt von der Schöpferkraft un- Gemeindevorstand des Dorfes Döhlen sei- seres Volkes, das auch in kriegerischen Zei- ne Amtsgeschäfte und Schreibarbeiten in ten ungebeugt seinen Weg in eine lichte einer Privatwohnung erledigen. Doch als Zukunft geht.“ Im selben Saal wurde am 1. der Ort mehr und mehr von der Industrie Oktober 1921 der Beschluss gefasst, die Ge- entdeckt wurde, führte der wirtschaftliche meinden Potschappel, Döhlen und Deu- Aufschwung auch zu einer Intensivierung ben zur Stadt Freital zu vereinen. Seitdem der Verwaltungstätigkeit. 25 Jahre lang be- diente es als Sitz der Stadtverwaltung. half man sich zunächst mit einem ange- Ab 1952 wurde das Haus Verwaltungssitz kauften hochbetagten Haus, das 1914/15 des Kreises Freital. In dieser Zeit nahm dem Neubau eines Rathauses weichen man einige Umbauten im Inneren vor. Der musste. Mit dem Entwurf wurde der re- Ratssaal bekam eine Zwischendecke. Auch nommierte Dresdner Architekt Rudolf Bit- die Bögen der großen Fenster wurden zu- zan beauftragt, der sich ein interessant gemauert. Nach der Wende quartierte 26 In Freital leben - bei uns wohnen
Neuer Firmensitz sich das Landratsamt Dippoldiswalde ein. retten, aufarbeiten und ergänzen. Sie zie- Aber nach der Kreisreform 1994 wurden ren nun wieder den Ratskeller. Ämter und Behörden ausgelagert. Von da an stand das traditionsreiche Gebäude Das Erscheinungsbild leer und verfiel zusehends. Die Fassade wurde anhand einer Postkarte Dass sich das einstige Schmuckstück von 1918 farblich nachempfunden. Vor der Döhlens heute wieder in einem fabelhaf- Rathauspforte steht wieder die ursprüng- ten Zustand befindet, ist der Stadt Freital lich von Bildhauer Arthur Winde geschaf- zu verdanken. Diese konnte es durch ein fene Brunnenfigur „Fröstelnder Jüngling“, Tauschgeschäft vom Landkreis zurück er- die in den 1930er Jahren auf NS-Anord- werben. Dies ermöglichte die Teilnahme nung als „entartete Kunst“ entfernt wur- an einem Förderprogramm für vor 1947 de. Auch Säulen, Zäune und Lampen sowie erbaute, stadtbildprägende Gebäude. Im Fensterläden sind wieder hergestellt. An Herbst 2010 begann die Sanierung. Die der Rückseite wurde ein späterer Anbau Baukosten beliefen sich auf rund 2,4 Milli- abgerissen. Dort stehen jetzt Parkplätze onen Euro, die durch das Programm „Städ- zur Verfügung. tebau-Ost“ nahezu vollständig gefördert wurden. Bedingung dafür war jedoch, dass Der Erbauer die Stadt das Gebäude nach Fertigstellung Das Gebäude wurde 1914/15 nach Plänen innerhalb von drei Monaten verkauft. des renommierten Dresdner Architekten Käufer war die WGF, die den Verkehrswert Rudolf Bitzan erbaut. Das Haus ist ein ar- von 688.000 Euro zahlte. Der Stadtrat chitektonisch anspruchsvolles Gebäude, stimmte dem zu. Der Kaufpreis floss kom- das Formen des Reformstils, Neoklassi- plett in die Städtebauförderung für den zismus und Jugendstils vereint. Die res- Stadtteil Döhlen. Damit wurden unter an- taurierte Gedenktafel unter den Rund- derem die Denkmalhalle und der Kinder- bögen an der Vorderseite erinnert an den garten Schachtstraße saniert. Durch die- Erbauer. sen Schachzug erhielt Freital seine Wiege zurück und die WGF einen attraktiven Ver- Die Bleiglasfenster waltungssitz. Bei der Sanierung hatte die Die alten Bleiglasfenster mit der Darstel- möglichst originalgetreue Wiederherstel- lung der zwölf Jahreszeiten im Treppen- lung oberste Priorität. So hat der Denkmal- haus waren noch vorhanden. Sie wurden schutz das Projekt intensiv begleitet. aufgearbeitet und mit einer Thermoglas- scheibe versehen. Aufsehen gab es um ei- Die Uhr nes der je rund 3000 Euro teuren Fenster. Das alte Zifferblatt der Uhr existierte nicht Im Herbst 2010 wurde der „November“ mehr - dafür aber der Antrieb und die gestohlen, aber wenig später bei eBay im Zeiger. Bestehendes wurde aufgearbei- Internet entdeckt. Er konnte sichergestellt tet, fehlende Teile neu nach historischem und wieder eingebaut werden. Vorbild angefertigt. Zweimal die Woche musste das Gewicht von Hand aufgezo- Der Ratssaal gen werden. Schließlich wurde die Uhr mit Vom Original war wenig übrig: Die Nazis einem Elektroantrieb ausgestattet. malten den Saal bunt aus, die Sozialisten zogen eine Zwischendecke mit Stuck ein. Der Ratskeller Jetzt ist der Zustand weitgehend wieder Außen schmückt ein neu angefertigtes hergestellt: die hohen Fenster, die Wand- Weinfass wieder den Eingang in den al- täfelung, Türen, die Empore, die Raum- ten Ratskeller. Innen sind die alten Bän- kubatur, die Farbgestaltung. Als Vorlage ke, überklebten Verkleidungen und über- dienten vor allem alte Fotos aus den städ- tünchten Dekore wieder hergestellt. Die tischen Sammlungen. Auch ein Original- Bleiglasfenster hatten die Projektleiter im gemälde – eine Stadtansicht vom Wind- Keller gefunden. Die Scheiben konnten sie berg aus – kehrte von dort zurück. 25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH 27
Sie können auch lesen