25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen

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25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
25 Jahre
  In Freital leben - bei uns wohnen
25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Editorial

    Das sind wir
    „In Freital leben – bei uns wohnen“, so lautet unser Motto. Wir, das ist die Wohnungsge-
    sellschaft Freital mbH, die als städtisches Wohnungsunternehmen nicht nur der größte
    Vermieter Freitals, sondern einer der größten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterz-
    gebirge ist.

    Seit nunmehr 25 Jahren sind wir Ihr kompetenter und serviceorientierter Ansprechpart-
    ner in Sachen Wohnen in Freital. Wir bieten in acht Freitaler Stadtteilen Wohnungen in
    den unterschiedlichsten Preissegmenten für alle Generationen. Dazu gehören ca. 3.500
    eigene Altbau-, Altneubau- und Neubauwohnungen in einem Wohnumfeld mit guten
    Nachbarschaften, wo sich Groß und Klein wohlfühlen können. Zu unserer sozialen Ver-
    antwortung gehört es, guten und bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschich-
    ten anzubieten. Deshalb reicht die Spanne unserer Mieten von 2,22 EUR/m2 für Azubis
    und Studenten bis 11,50 EUR/m2 in besonderen Wohnlagen und hochwertiger Ausstat-
    tung. Außerdem verwalten wir ca. 100 eigene Gewerbeeinheiten sowie rund 400 Woh-
    nungen für Dritte in Freital, Freital-Pesterwitz und Dresden-Altfranken.

    1993 wurden wir als Tochterunternehmen der Großen Kreisstadt Freital gegründet. Mit
    dieser Broschüre zu unserem 25-jährigen Jubiläum wollen wir voller Stolz zeigen, wie wir
    uns zu einem erfolgreichen kunden-, service- und marktorientierten Immobilien- und
    Dienstleistungsunternehmen entwickelt haben, aber auch, wie schwer dieser Weg zum
    Teil war. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen! Wir, das sind derzeit 31 Angestellte, 9 Haus-
    meister und 1 Azubi.

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25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Grußwort

Grußwort
Eine Wohnung ist ein Mittelpunkt und der       tur auf der Oststraße. Bei der WGF gibt es
ganz private Rückzugsort im Leben eines        Wohnraum für die unterschiedlichsten Le-
jeden Menschen. Und Freital ist ein guter      bensbedürfnisse.
und schöner Ort zum Wohnen. Landschaft-        Als einer der größten Vermieter im Land-
lich reizvoll im Döhlener Becken und nah       kreis ist das Unternehmen für die Stadt
an der Landeshauptstadt Dresden gelegen.       Freital ein enger und verlässlicher Partner
                                               im Bereich der Stadtentwicklung und für
Als vor 25 Jahren vom Stadtrat die Entschei-   die Verbesserung der Wohn- und Lebens-
dung zur Gründung der Wohnungsgesell-          qualität in unserer Stadt. Das Projekt Ci-
schaft Freital mbH, als hundertprozentige      ty-Center ist eines von vielen Beispielen
Tochter der Stadt, getroffen wurde, lagen      dafür, dass die WGF das Bild einer moder-
bereits einige „wilde“ Jahre nach der Wende    nen, sich wandelnden Stadt Freital mit
hinter der kommunalen Wohnungsverwal-          prägt.
tung, Gebäudewirtschaft und später der         Die WGF hat sich in den 25 Jahren ihres Be-
Privatisierungs- und Wohnungsbaugesell-        stehens jedoch nicht nur als erfolgreiches
schaft (priwo).                                sondern auch als sozial engagiertes Un-
Statt der vollständigen Privatisierung der     ternehmen erwiesen. Ob Nachbarschafts-
kommunalen Bestände stand nunmehr              feste, Kitas, Schulen oder Sportvereine – es
das Ziel vor Augen, eine am Wohl der Bür-      gab und gibt unzählige Einrichtungen und
ger der Stadt Freital orientierte kommunale    Projekte, die unterstützt wurden und wer-
Gesellschaft zur Verwaltung und Schaffung      den.
von Wohnraum zu etablieren. Das Erbe aus       Dieser Erfolg, den wir heute sehen, ist auch
40 Jahren DDR wog dabei schwer. Marode         den vielen engagierten Mitarbeitern zu
Altbestände und technisch bereits wieder       verdanken, die innerhalb der Gesellschaft
veraltete Plattenbauten mussten saniert        in den letzten 25 Jahren dafür gesorgt ha-         Uwe Rumberg,
werden, um zeitgemäße Wohnungen an-            ben, dass etwas geschaffen wurde, was bei       Oberbürgermeister
bieten zu können. Und privatisiert werden      unseren Freitaler Bürgerinnen und Bürgern         der Stadt Freital

musste trotzdem weiter. Angesichts der         weitgehend große Akzeptanz findet. Zu-
etwa 10.000 Wohnungen im eigenen Be-           gleich haben die Stadt als auch der Stadtrat
stand und in Verwaltung für die Stadt eine     der Großen Kreisstadt Freital durch nach-
Mammutaufgabe, die es zu lösen galt.           haltige Entscheidungen am Erfolg der WGF
Immer wieder waren neue Ideen gefragt          maßgeblich mitgewirkt.
und es bedurfte kluger und weitsichtiger       An dieser Stelle danke ich ganz herzlich der
Investitionen für Abriss, Sanierung und        Geschäftsführung sowie allen Mitarbeite-
Modernisierung, damit die Gebäude den          rinnen und Mitarbeitern der Wohnungsge-
Erfordernissen der Zeit gerecht und nicht      sellschaft Freital mbH für die geleistete Ar-
zuletzt den Bedürfnissen der Mieter ent-       beit und wünsche weiterhin viel Erfolg bei
sprachen.                                      der Bewältigung der an das Unternehmen
Auch 25 Jahre nach ihrer Gründung bleibt       gestellten Aufgaben.
die WGF ihrem Anliegen und kommunalen
Auftrag treu. Sie versorgt die Bürger Frei-    Ich freue mich auf eine weiterhin vertrau-
tals mit Wohnraum für jeden Geldbeutel.        ensvolle Zusammenarbeit.
Von Altbauten aus der Gründerzeit, entlang
der Dresdner Straße, Siedlungsbauten wie       Ihr
im Reichardgebiet oder auf dem Sauberg
bis hin zu den Plattenbauten in Deuben         Uwe Rumberg
und Zauckerode sowie moderner Architek-        Oberbürgermeister

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                            3
25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn

    Wie alles begann
                 Es war einmal… So fangen die meisten          zur Gründung des VEB Kommunale Woh-
                 Märchen an. Unsere Geschichte ist kein        nungsverwaltung, welcher dem Rat der
                 Märchen. Sie zeigt unsere Vergangenheit       Stadt unterstellt war.
                 mit all ihren Höhen und Tiefen und dem
                 Wandel der Zeit.                              „Graue Regenwolken jagten am Himmel,
                                                               als am 1. April 1958 ein Zimmermann den
                                                               Rucksack im Grundstück Platz der Welt-
                 Am Anfang der Schöpfungsgeschichte            jugend 1 von den Schultern nahm. Er ent-
                 in der Bibel war die Erde wüst und wirr.      nahm dem Rucksack einen Hammer und
                 So etwa war es auch, als kurz nach dem        suchte nach einem Nagel. Als er den Nagel
                 Kriegsende 1945 die KWU, ein Kommuna-         in die Holzwand der Scheune eingeschlagen
                 les Wirtschaftsunternehmen, gegründet         hatte, zog er seine Jacke aus und hängte sie
                 wurde. Mit fünf Angestellten und drei         an den Nagel. Dies war der erste Hammer-
                 Handwerkern versuchte man, die vorhan-        schlag in dem damals neu gegründeten
                 denen städtischen Wohnungen zu ver-           Betrieb der Stadt Freital, der Kommunalen
                 walten. 1951 kam es dann zur Gründung         Wohnungsverwaltung (KWV), im Volks-
                 der Städtischen Betriebe Freital mit insge-   mund kurz Bauhof genannt.“ So wurde die
                 samt zehn Angestellten und einem Lehr-        Gründung des städtischen Wohnungsun-
                 ling. Handwerker gab es nicht mehr. Zwei      ternehmens, aus dem wir im Jahr 1993 als
                 Jahre später erfolgte die Umbenennung         WGF hervorgingen, im Festprogramm „25
                 des Betriebes in Wohnungs- und Grund-         Jahre Gebäudewirtschaft Freital“ im Jahre
                 stücksverwaltung, der dem Rat der Stadt       1983 beschrieben.
                 Freital unterstellt war. Zwischen 1956
                 und 1958 war der Betrieb dann dem Rat         Aus dem ehemaligen Potschappler Rit-
                 der Stadt als Abteilung Grundstücksver-       tergut hatte sich nach 1945 über ein Kino,
                 waltung zugeordnet. Aufgrund zentraler        Betriebe, wie Wasserversorgung und Ab-
                 Beschlüsse des ZK der SED kam es dann         wasserbehandlung, Bestattungswesen,

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25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn

Straßenunterhaltung und Hygiene der         wurden für das Wechseln eines Ofens be-      Das Grundstück Platz der
größte Verwaltungs- und Bewirtschaf-        nötigt, wenn glücklicherweise mal Mate-      Weltjugend 1, später Platz der
                                                                                         Jugend, wurde 1958 Sitz der
tungsbetrieb von Wohngebäuden ent-          rial vorhanden war. Baustellen und Mieter
                                                                                         kommunalen Wohnungs-
wickelt. Das Grundstück Platz der Welt-     wurden mit dem Fahrrad und zu Fuß er-        verwaltung und blieb auch
jugend 1, später Platz der Jugend, blieb    reicht. Das erste KFZ, das der Bauhof er-    für die WGF Geschäftssitz bis
Geschäftssitz bis zum Dezember 2002.        hielt, war ein Opel 1,2 t. Zum Anschieben,   zum Dezember 2002.
Am 1. April 1958 nahmen drei Handwerker     damit er irgendwann ansprang, mussten
und sechs Wohnungsverwalter ihre Arbeit     jedes Mal vier bis sechs Mitarbeiter ran.
auf. Es begann mit zwei Arbeitszimmern      Am 1. Juni 1971 wurde aus der KWV schließ-
in der ersten Etage und einem Arbeits-      lich der VEB Gebäudewirtschaft Freital.
zimmer im Erdgeschoss. Ab 1959 begann       Diesem Betrieb wurden 1975 die Heizhäu-
nach und nach der Ausbau und die übri-
gen Betriebe und Wohnungen mussten
weichen. Den Anfang machte das Seiten-
gebäude, wo bis dato der Pferdestall un-
tergebracht war. Später wurden sämtliche
Schuppen und Ställe zu Lagern und Werk-
stätten umgebaut.
Die Handwerker transportierten Materia-
lien mit einem volkseigenen Handwagen
oder den beiden privaten Pferdegespan-
nen. So kam es, das vier Handwerker mor-
gens gegen sieben Uhr mit einem neuen
Ofen auf dem Handwagen in Richtung
Niederhäslich aufbrachen, diesen dort
wechselten und am Nachmittag wieder
im Betrieb waren. Rund 32 Arbeitsstunden

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                                 5
25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn

                             ser Zauckerode und Hainsberg zugeord-
                             net. Nun gab es hier 108 Beschäftigte. Bis
                             zum Jahr 1988 wuchs ihre Zahl schließlich
                             auf 246.
                             Ein Vermögen im Wert von 384 Millionen
                             DDR-Mark verwaltete der VEB am Ende.
                             Darunter befanden sich über 1.600 volks-
                             eigene Wohngebäude mit 10.969 Woh-
                             nungen und 2.721 Gewerbeeinheiten. Ma-
                             terialien wie Zaunlatten, Ziegel, Fenster,
                             Farben oder Bodenbelag waren Mangel-
                             ware, selbst eine Schneeschippe zu erha-
                             schen, war ein Glücksmoment. Es gab die
                             vielfältigsten Problemfälle zu lösen, zum
                             Beispiel für Sigrid Zboron, die ihre Erinne-
                             rungen an diese Zeit wie folgt festgehal-
                             ten hat:
    Poisentalstraße 24

                             Von der Friseuse zur
                             Materialbeschafferin

                             Ich fing am ersten September 1980 als Te-
                             lefonistin bei der Gebäudewirtschaft an.
                             Acht Wochen später wurde ich zu einem
                             Gespräch zum Betriebsdirektor und Herrn
                             Müller bestellt. Sie teilten mir mit, dass im
                             Betrieb ein Materialeinkäufer gesucht wird,
                             und fragten mich, ob ich Lust hätte, diesen
                             Posten zu übernehmen. „Wir würden Ihnen
                             das zutrauen. Telefonistin kann auch eine
                             Rentnerin machen, dafür sind Sie überqua-
    Dresdner Straße 217      lifiziert.“ Ich bekam zwei Tage Bedenkzeit
                             und sagte nach reichlicher Überlegung zu.
                             Für mich als gelernte Friseuse war das eine
                             Herausforderung. Ich bekam einen neuen
                             Arbeitsvertrag und einen guten Lohn. Ich
                             saß vor einer Schreibmaschine und musste
                             Verträge abschließen, mit Baufirmen ver-
                             handeln, zum Einkauf fahren und dafür
                             mit Schecks und Bargeld umgehen können.
                             Plötzlich hatte ich große Verantwortung.
                             Tonnenweise Sand, Kies und Zement waren
                             einzukaufen. Für Klempnermaterial sowie
                             Maurer- und Fliesenlegermaterial, Türen
                             und Fenster war ich verantwortlich.
                             Oft musste ich mit dem W50 und dem
                             „Ello“ zum Großhandel fahren. Damals war
                             Ware sehr knapp. Ich musste viel reden und
    Am Markt 3, Bienenhaus   verhandeln, oft auch betteln, um etwas

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25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Beginn

                                             Wilsdruffer Straße 65

zu bekommen. Man sagte mir nach: „Die
Kollegin kannst du vorn rauswerfen, die
kommt hinten wieder rein.“
Wir waren eine große Familie und alle
hielten zusammen. Unsere Abteilung Ma-
terialwirtschaft organisierte zweimal im
Jahr Wanderungen mit Kind und Kegel. Im-
mer waren alle dabei. Unterwegs gab es
Fettschnitten und Schnapspullchen, für die
Kinder kleine Überraschungen.

In Folge des unter Honecker beschlosse-
nen Wohnungsbauprogrammes entstan-
den zwischen 1974 und 1984 in Zauckero-
de und Deuben-Süd Plattenbauten mit
heißbegehrten Wohnungen, die Zentral-
heizung und moderne Bäder besaßen. Im-
posante Bürgerhäuser und ältere Ziegel-
bauten verfielen dagegen immer mehr.
Und dann kam die Wende!

                                             Zwischen 1974 und 1984
                                             entstand das Neubaugebiet
                                             Zauckerode.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                7
25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Übergang

    Zwischen zwei Welten
                                    Siegfried Kern war der „Übergangsdirek-      de einen neuen Materialwirtschaftler
                                    tor“ und führte die kommunale Woh-           brauchte, landete ich wieder in meiner
                                    nungsverwaltung durch die Wirren der         Heimatstadt“, erzählt Kern. „Die Freitaler
                                    Wendezeit.                                   hatten in ihrem Unternehmen einen re-
                                                                                 gelrechten Bauhof etabliert, um alles Nö-
                                    Mit dem DDR-Wirtschaftssystem hatte          tige selber zu machen. Da gab es großen
                                    Siegfried Kern so seine Schwierigkeiten.     Materialbedarf und ich hatte viel zu tun.“
                                    „Vom Ich zum Wir über Uns zum Aus“ fasst     Durch seine guten Beziehungen bis nach
                                    der heute 90-Jährige seine Laufbahn vom      Berlin konnte Siegfried Kern trotz Man-
                                    selbständigen Freitaler Handwerker im Be-    gelwirtschaft so manches abzweigen und
                                    reich Sanitär- und Haustechnik über die      nach Freital „umleiten“. „Als 1989 alles zu
                                    Stationen PGH, VEB und bezirksgeleitetes     bröckeln begann, ahnte mein Boss, dass er
                                    Kombinat zusammen. Das Aus kam für ihn       sowieso rausfliegt und schmiss hin“, be-
                                    1985, als er im Neubaugebiet von Nünchritz   richtet Kern. „Der damalige Bürgermeis-
    Zu Besuch im Ratssaal des       aufgrund hanebüchener Planwirtschaft ei-     ter Walter Daehn meinte, ich solle den Job
    Deubener Rathauses zeigt        nen unfertigen Wohnblock ohne Wannen         weitermachen, und gab mir einen Tag Zeit
    Siegfried Kern seinen Ar-       und Thermen übergeben sollte. Da er seine    zum Überlegen. Eigentlich wollte ich nicht,
    beitsvertrag als Direktor der
                                    Unterschrift verweigerte, wurde er von der   da ich das ‚Erbe‘ kannte und mich auch
    kommunalen Wohnungs-
    verwaltung Freital sowie das
                                    Kombinatsleitung sofort beurlaubt.           nicht befugt fühlte. Wenn überhaupt,
    Schreiben zur Beurlaubung       „Da ich in Freital gut verzweigt war und     dann nur, wenn die Bilanz von ’89 steht,
    und Absetzung als solcher.      die hiesige Wohnungsverwaltung gera-         forderte ich.“ Aber immer mehr Stimmen

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25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Der Übergang

wurden um ihn laut: „Mache das! Damit ja
kein Fremder kommt!“ Das setzte ihn mo-
ralisch unter Druck. „Und ein bisschen Ehr-
geiz war mir ja nicht fremd“, gesteht Kern
lächelnd. So wurde er am 14. Februar 1990
als Betriebsdirektor eingesetzt.
Der Bauhof musste in eine GmbH über-
geleitet werden. Das ganze Unternehmen
sollte auf wirtschaftliche Füße gestellt
werden. Gemeinsam mit Vertretern der
Stadt überlegte Kern, wie es gehen könn-
te, so wie ein westdeutsches Wohnungs-
unternehmen zu funktionieren. „Mein
Sohn wohnte damals in Stuttgart“, sagt
er. „Also nahmen wir Verbindung auf und
reisten dahin, um die Strukturen kennen
zu lernen. Und auch von dort kamen Mit-
arbeiter zu uns, um uns das ‚Laufen‘ zu
lehren.“ Mit Beschluss der Stadtverordne-
                                                  Wartburgstraße 32
tenversammlung vom 28.06.1990 sollte
der VEB Gebäudewirtschaft in einen Ei-
genbetrieb der der Stadt als „Kommunale
Wohnungsverwaltung Freital“ umgewan-
delt werden.
Doch als alles so langsam ins Rollen kam,
änderten sich die Bedingungen erneut
schlagartig. Aus dem siegreichen Wahl-
kampfteam Kurt Biedenkopfs tauchte ei-
nes Tages ein gewisser Johannes Viethen
auf und servierte sein sogenanntes „Freit-
aler Modell“. Das scheinbar einfache Kon-
zept sollte die Wohnungswirtschaft retten,
indem Mieter ihre Wohnungen preiswert
kaufen sollten. Selbst Bundesbauministe-
rin Irmgard Schwaetzer äußerte sich be-
geistert von der Idee. Und so lag es nahe,
dass auch der erste frei gewählte Bürger-
meister Freitals nach der Wende, Dietmar
Lumpe, dem Mann im wehenden Mantel
vertraute.
„Ich und mein Stellvertreter, wir wurden
eiskalt abserviert und beurlaubt“, sagt
Siegfried Kern – inzwischen ohne Gram. Er
war damals schon 63 und nutzte die Alter-
sübergangsregelung zur Frühverrentung.
„Alles andere wäre ein Kampf gegen Wind-
mühlenflügel geworden.“ Bis heute hat
Siegfried Kern Kontakt zu ehemaligen Kol-
legen. Auch an der Seniorenweihnachts-
feier der WGF nimmt er regelmäßig Teil.
Dass sich Viethen als Hochstapler entpupp-
te, sieht er als nachträgliche Rehabilitation.    Bad in Potschappel

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                              9
25 Jahre In Freital leben - bei uns wohnen
Wendezeiten

     Der „Hauptmann
     von Freital“
                   Der hochgepriesene Priwo-Chef ver-             sich herausstellte, hatte Herr Viethen aber
                   schwand samt Dienstauto und Kreditkarte        von „Tuten und Blasen“ keine Ahnung. An-
                   und landete im Knast.                          geblich war er Betriebswirt. Zeugnisse hatte
                                                                  er nicht, aber das Ziel, so schnell wie möglich
                   Es war nur eine kurze Episode. Aber sie        alle Häuser zu verkaufen. Viele TV-Sender ka-
                   erregte deutschlandweit Aufsehen und           men zu uns. Sein Modell sollte der Renner
                   blieb allen Beteiligten tief in Erinnerung.    werden. Er kaufte sich einen Firmenwagen
                   Das „Freitaler Modell“ sollte zum Muster-      mit Sprechfunk und einen Computer. Als
                   beispiel für die Wohnungswirtschaft in         er unser Geld immer mehr privat ausgab,
                   den neuen Bundesländern werden. Im Fe-         schaltete sich unsere Hauptbuchhalterin ein.
                   bruar 1991 übernahm die „Privatisierungs-,     Er hatte Unsummen, zum Beispiel für teure
                   Wohnungsbau- und Verwaltungsgesell-            Hotels, ausgegeben. Unser Betrieb bekam
                   schaft mbH (Priwo)“ mit Frontmann Jo-          alle Rechnungen. Eines Tages hieß es: Herr
                   hannes Viethen den Bestand der kommu-          Viethen wird von der Polizei gesucht. Als er
                   nalen Freitaler Wohnungswirtschaft.            hinter Gitter kam, atmeten wir alle auf, dass
                   Der aus Düren in der Eifel stammende,          der Albtraum vorbei war. Unsere Arbeit, für
                   27 Jahre alte Viethen kam aus der Wahl-        die Mieter da zu sein, ging unter neuer Füh-
                   kampfmannschaft von Kurt Biedenkopf            rung weiter.
                   und war damit zur damaligen Zeit nahe-
                   zu über jeden Zweifel erhaben. Dass er be-     Die Presse bezeichnete den Hochstapler
                   reits 1989 per Haftandrohung zur Abgabe        als „Hauptmann von Freital“. „Bei Herrn
                   einer eidesstattlichen Versicherung einbe-     Viethen stimmte weder das Konzept, den
                                  stellt wurde, ahnte hier nie-   gesamten Wohnungsbestand von Freital
                                   mand.                          zu privatisieren, noch war seine Geschäfts-
                                                                  führung als seriös zu bezeichnen“, schätzt
                                   Eine Mitarbeiterin erinnert    der spätere Geschäftsführer Uwe Kwiaton
                                   sich: Die Belegschaft soll-    gegenüber der Sächsischen Zeitung ein. Er
                                    te sich im Speisesaal ver-    hatte im Oktober 1991 die Geschäftsfüh-
                                    sammeln. Herein kamen         rung der Priwo von Friedrich Lösdau über-
                                   der Bürgermeister und ein      nommen, der Viethen im Mai gleichen Jah-
                                   Wessi im langen schwarzen      res abgelöst hatte.
                                   Mantel. Er wurde als neu-      Viethen war samt Dienstwagen und Kredit-
                                    er Firmenchef vorgestellt.    karte der Priwo verschwunden. Mitte März
                                     Der bisherige und einige     1994 griff ihn die Zerbster Polizei, weil er
                                     andere wurden abgesetzt.     unter falschem Namen Hotels und Pensio-
                                    Wir gingen wie begosse-       nen geprellt hatte und stellte fest, dass sie
                                      ne Pudel an unseren Ar-     es mit einer der „schillerndsten“ Persönlich-
                                      beitsplatz. Aus der Ge-     keiten der Nachwende zu tun hatte. Sechs
                                     bäudewirtschaft wurde        Staatsanwaltschaften suchten den Mann
                                     die Priwo. Wir bekamen       damals bundesweit. Die Vorwürfe lauteten
                                     neue Arbeitsverträge. Uns    unter anderem Veruntreuung, Hochsta-
                                     gingen dadurch alle Ar-      pelei und Wohnungsschiebereien, Mietbe-
                                     beitsjahre verloren. Wie     trug, Heiratsschwindelei und Scheckbetrug.

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Die Gründung

Freital bekam neue Tochter
„Freital hat seit gestern neue Wohnungs-           100-prozentige Übernah-
gesellschaft.“ Unter diesem Titel schrieb          me der Priwo-Mitarbeiter
die Freitaler Journalistin Jana Klameth am         wird es also nicht geben“,
23. Juni 1993 in der Sächsischen Zeitung über      sagt Krutzki. Mit einem
die Gründung der WGF. Weiter schreibt Sie:         Großteil wolle man aber
                                                   weiter zusammenarbei-
Gestern wurde die Gründung einer neuen             ten, verfügen die Leute
Wohnungsgesellschaft Freital mbH – eine            doch über Fachwissen.
100-prozentige Tochter der Stadt – notariell       Fest steht aber, dass
besiegelt. Gleichzeitig wurden dieser Gesell-      der jetzige Geschäfts-
schaft alle kommunalen Grundstücke, die            führer der Priwo, Uwe
die Priwo bisher verwaltete, übertragen.           Kwiaton, auch Chef der
„Der Paragraph 58 Umwandlungsgesetz er-            neuen Gesellschaft sein
möglicht es den Kommunen, das kommu-               wird. „Eventuell wird es
nale Eigentum als Paket und nicht aufwen-          einen zweiten Geschäftsführer geben,
dig grundstücksweise auf eine Gesellschaft         das werden wir sehen“, fügte der Bürger-
zu übertragen“, erklärte Bürgermeister             meister hinzu. An der Kompetenz Kwiatons,
Krutzki. Die Priwo jedoch war schon ein pri-       der ja bekanntlich aus einer anderen Be-
vatisierter Betrieb, dem konnte man nicht          rufsrichtung kommt, zweifelt Krutzki nicht.
das Eigentum übertragen. Es blieb nur die          „Er hat sich gut eingearbeitet, und gelernte
Möglichkeit, das Restvermögen des nicht            Volks- und Betriebswirte gibt es hier nun
mehr existenten VEB Gebäudewirtschaft              einmal kaum.“
umzuwandeln.                                       Priwo und die Wohnungsgesellschaft Freital
Ursprünglich war danach eine Verschmel-            mbH werden, so ist es vorgesehen, eine ge-
zung der neuen Gesellschaft mit der Pri-           wisse Zeit nebeneinander existieren. Später
wo vorgesehen. „Davon haben wir jetzt              wird die Priwo aufgelöst. Bringt das Kompli-
aber doch Abstand genommen“, informiert            kationen für die Bürger mit sich? Der Bür-
Krutzki. Seine Begründung: Mit der Woh-            germeister hofft, dass das nicht der Fall sein
nungsgesellschaft Freital mbH entsteht ein         wird. Die Priwo wird bestimmte Aufgaben
völlig neuer Betrieb mit anderen Struktu-          vor ihrer Auflösung beenden, so z.B. die Ne-
ren und Aufgaben. Die neue Gesellschaft            benkostenabrechnung und die Anpassung
wird ähnlich der Priwo die Wohnungen               der Mietstruktur für das kommende Jahr.
bewirtschaften, verwalten und betreuen.            Der große Vorteil der neuen Gesellschaft
Außerdem kann sie selbst Bauten in allen           besteht darin, dass sie den Grund und Bo-
Rechts- und Nutzungsformen, insbesondere           den der von ihr zu verwaltenden Gebäude
Miet- sowie Eigentumswohnungen und Ei-             besitzt und demnach auch belasten kann.
genheime, errichten.                               Mit den Krediten soll als erstes die Moder-
„Neben den neuen Aufgaben hat die Woh-             nisierung der Häuser angegangen werden.
nungsgesellschaft auch eine völlig andere          „Das wird neben den Reparaturen die wich-
Mitarbeiterstruktur“, hebt Krutzki hervor.         tigste Aufgabe der neuen Gesellschaft in
Die Zuständigkeit jedes einzelnen Beschäf-         der nächsten Zeit“, denkt der Bürgermeister.
tigten sei genau definiert, die Verantwort-        Er sieht rosige Zeiten für das Freitaler Bau-
lichkeiten klar abgesteckt und auch die Ta-        handwerk voraus. Denn immerhin wurden
rifeingruppierung von vornherein geklärt.          der Wohnungsgesellschaft 6.500 Wohnun-
Wer die Mitarbeiter sind, steht noch nicht         gen übertragen. 2.000 bis 2.500 davon sol-
fest, die Stellen sollen – eventuell zuerst pri-   len privatisiert werden, der Rest verbleibt
wointern – ausgeschrieben werden. „Eine            bei der Gesellschaft.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                          11
Erste Etappe

     Dieser Weg wird kein
     leichter sein

     Der Sanierungsbedarf in den   Die Liste der anstehenden Aufgaben für         kämpfen. In der Kartei waren noch 2.294
     Wohnungen der neu gegrün-     die junge Wohnungsgesellschaft scheint         Wohnungssuchende registriert. 1994 er-
     deten WGF war hoch.
                                   unendlich lang. Auf gesunde Füße kommt         folgte auch die erste Abrechnung der Be-
                                   man damit nicht unbedingt.                     triebskosten, die zum Beispiel aufgrund
                                                                                  fehlender Wasseruhren pauschal über das
                                   „Die Startbedingungen für die neu ge-          Wohnflächenverhältnis erfolgte.
                                   gründete WGF waren alles andere als ro-        Um Modernisierungen finanzieren zu
                                   sig“, sagt der damalige Geschäftsführer        können, mussten die Mieten angepasst
                                   Uwe Kwiaton. Da nach dem Reinfall mit          werden. Diese wurden entsprechend der
                                   dem Hochstapler aus dem Westen einer           Zweiten Grundmietenverordnung je nach
                                   von hier die Leitung übernehmen sollte, fiel   Beschaffenheit zu Anfang 1993 und 1994
                                   die Wahl auf den damaligen CDU-Stadt-          erhöht. Da war die Lauffreudigkeit der Mit-
                                   rat. Er sei sprichwörtlich ins kalte Wasser    arbeiter gefragt, denn nun hieß es, Dächer,
                                   gesprungen, erzählt er heute. Die wahren       Fassaden und Fenster zu begutachten.
                                   Probleme sollten sich mit der Zeit erst zu     Auch Mietminderungen aufgrund des In-
                                   erkennen geben.                                standhaltungsrückstaus galt es zu beach-
                                   Damals verwaltete die WGF rund 10.000          ten. Da gab es durchgefaulte Fußböden.
                                   Wohnungen, darunter 6.500 eigene. Für          Durch manche Fenster zog es wie Hecht-
                                   etwa 2.500 Wohnungen gab es Alteigen-          suppe. Undichte Dächer führten nicht sel-
                                   tümer. So mancher von ihnen witterte           ten zu erheblichen Nässeschäden in den
                                   das große Geld. Andere, die die DDR nicht      Wohnungen.
                                   kannten, waren erschüttert, was die Man-       Parallel liefen erste Modernisierungen
                                   gelwirtschaft aus ihrem Besitz gemacht         an. Da hieß es, alte Kastenfenster raus,
                                   hatte. Doch damit hatte auch die WGF zu        neue Kunststofffenster mit Schallschutz

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Erste Etappe

rein. Auch wurden, außer in Zauckerode,
die Kohleöfen schrittweise durch moder-
ne Zentralheizungen ersetzt. Viele Woh-
nungen erhielten erstmals Badezimmer.
Parallel mussten auch die sogenannten
Altschulden, die rein rechnerisch auf den
Bestand aus DDR-Zeiten ermittelt worden
waren, bedient und getilgt werden. Um
einen Teilerlass in Anspruch nehmen zu
können, sollten 15 Prozent des Bestandes
privatisiert werden. Mit dem Haus Dresd-
ner Straße 283 begann die Wohnungspri-
vatisierung. Verkauft wurde zunächst an
die Mieter.
1995 beruft der Stadtrat Ulrich Rudolph
zum 2. Geschäftsführer. Für rund 84 Pro-
zent der Mieter steigt die Miete je nach Be-
schaffenheit. Dies betrifft 5.697 Wohnun-
gen. Vier Prozent der Mieter stimmen der       keinen Bogen. Diesen Anforderungen hat              Dipl.-Ing. Uwe Kwiaton war
                                               sich auch die WGF zu stellen. In den ver-           der erste Geschäftsführer der
Erhöhung nicht zu. Ein Jahr später übergibt
                                                                                                   neu gegründeten Wohnungs-
die WGF 726 Wohneinheiten an die neu ge-       gangenen Jahren erfolgten umfangreiche
                                                                                                   gesellschaft Freital und blieb
gründete Genossenschaft Raschelberg. Die       Sanierungen und Modernisierungen des                bis 2002 im Amt. Bei einem
WGF hat damit ihre Quote ihrer Privatisie-     Wohnungsbestandes. (...) Damit wurden für           Besuch im heutigen Sitz der
rungspflicht nach dem Altschuldenhilfe-        jeden Einzelnen die Wohnverhältnisse den            WGF lässt er sich von der
gesetz erfüllt.                                derzeitigen Lebensvorstellungen angepasst           Marketingverantwortlichen
                                               und gleichzeitig das Stadtbild verschönert.         Ina Bruß die letzten Erfolge
„In all den Jahren haben sich unsere Mit-
                                                                                                   des Unternehmens zeigen.
arbeiter reingehängt, um alle Aufgaben zu      (…) Die Leistungen der vergangenen Jahre
erfüllen und sich ständig weiterzubilden“,     berechtigen jedoch nicht, davor die Augen
sagt Uwe Kwiaton. Aber am Personalabbau        zu verschließen, dass an vielen Stellen noch
kam er dennoch nicht vorbei. Zur Jahrtau-      dringender Sanierungsbedarf besteht.
sendwende zieht der damalige Geschäfts-        Es wird wichtig sein, in Zukunft gemeinsam
führer in der WGF-Mieterzeitung ein Resü-      mit den Mietern und den Möglichkeiten und
mee:                                           Erfordernissen des Marktes, diese Sanierun-
                                               gen und Modernisierungen fortzuführen.
Liebe Mieter, liebe Leserinnen, liebe Leser,   Ziel der Wohnungsgesellschaft Freital mbH
gegenwärtig bewirtschaftet die Wohnungs-       wird es sein, guten und bezahlbaren Wohn-
gesellschaft Freital mbH etwa 5.000 Woh-       raum für alle Schichten der Bevölkerung in
nungen. Im Vergleich zu 1990 sind das nur      allen Teilen Freitals bereit zu stellen. Wir füh-
noch 50 Prozent der damals in kommunaler       len uns dem Ziel des Gesamtverbandes der
Verantwortung befindlichen Wohnungen.          Wohnungswirtschaft „gut und sicher Woh-
Die Probleme von heute sind mit denen vor      nen“ verpflichtet.
zehn Jahren weder vergleichbar noch we-
niger geworden. Gab es 1990 noch erheb-        Im Januar 2000 wechselt Ulrich Rudolph
lichen Wohnungsbedarf bis hin zu den be-       zur FREITALER STROM+GAS GMBH und
kannten Dringlichkeitslisten, die wenigstens   wird dort neuer kaufmännischer Ge-
die ärgste Wohnungsnot lindern sollten, so     schäftsführer. Für ihn kommt einen Monat
haben wir heute ein Überangebot an Woh-        später Uwe Rumberg, der mit Uwe Kwia-
nungen.                                        ton das Unternehmen noch zwei Jahre als
Der schon vor Jahren eingeleitete Prozess      Doppelspitze führt. Nach dem Ausschei-
vom Vermieter zum Mietermarkt ist Realität     den Kwiatons führt er das Unternehmen               1995 wird Ulrich Rudolph
geworden. Der Strukturwandel in den neu-       ab 1. Juli 2002 als alleiniger Geschäftsfüh-        2. Geschäftsführer der WGF.
en Bundesländern macht auch um Freital         rer. Sechs Wochen später kommt die Flut.            2000 wechselt er zur FSG.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                                           13
Hochwasser 2002

     Die Fluten wüten
                                   Das Augusthochwasser 2002 verursacht     me, Brückenteile und anderer Schutt stei-
                                   Millionenschäden in Freital – auch bei   gern ihre Zerstörungskraft noch. Nach
                                   der WGF.                                 zwei Tagen ist das Wasser weg, aber der
                                                                            Albtraum geht weiter. Die Schäden sind
     Das Hochwasser der Weiße-
                                                                            verheerend.
     ritz zerstörte Straßen und
                                   Am 12. August 2002 verwandelt sich die   Die Wohnungsgesellschaft Freital steht
     Gebäude. Die Häuser an der
     überfluteten Dresdner Stra-   Weißeritz in einen reißenden Strom.      nach der Flutkatastrophe vor großen
     ße (kl. Foto) wurden später   Meterhoch strömen die Wassermassen       Herausforderungen. Die WGF verwal-
     abgerissen.                   durch die Stadt. Mitgespülte Baumstäm-   tet zu dieser Zeit fast 5.000 Wohnun-
                                                                            gen. Davon sind rund 35 Prozent vom
                                                                            Hochwasser mehr oder weniger be-
                                                                            schädigt worden. Ein Wohnhaus, die Al-
                                                                            bert-Schweitzer-Straße 36, ging komplett
                                                                            verloren. Auch den Firmensitz am Platz
                                                                            der Jugend hat es getroffen. Dort wur-
                                                                            de der Technik-Bereich im Erdgeschoss
                                                                            überflutet, Strom und Telefon fielen aus.
                                                                            Der für die Gesellschaft entstandene
                                                                            Schaden beträgt rund zehn Millionen
                                                                            Euro. Eine Elementarversicherung gibt es
                                                                            nicht.
                                                                            In den ersten Tagen steht die Notversor-
                                                                            gung an erster Stelle. Da geht es um die
                                                                            Sicherung der Medien, wie Strom, Wasser,

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Hochwasser 2002

Gas und Abwasser. Es werden Keller aus-     geben. Viele Mieter rücken zudem in der
gepumpt, Schlamm und Schutt beseitigt.      Not zusammen und helfen in Eigeniniti-
Auch stehen Reparaturen an Hausan-          ative, Schäden zu beseitigen.
schlüssen und Neuinstallationen an. Für     Die WGF wechselt im Dezember 2002 ih-
die Koordination der Arbeiten wird sofort   ren Standort und zieht in die Hüttenstra-
ein von früh bis spät ansprechbares Not-    ße 14 um. Die Geschäftsstelle im ehema-
büro in Zauckerode eingerichtet. Unbü-      ligen Rittergut Potschappel am Platz der    Das Wasser hinterlässt im-
rokratisch werden freie Wohnungen an        Jugend wurde vom Hochwasser zu sehr         mense Schäden und mensch-
die am stärksten betroffenen Mieter ver-    in Mitleidenschaft gezogen.                 liches Leid.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                            15
Interview

     Einfach kann jeder …
                                     Am 1. Februar 2000 meldete die Sächsische    le vakant wurde, fragte mich mein Chef,
                                     Zeitung: „Mit Schlips und Jackett nahm er    Eberhard Rausch, ob das nicht was für
                                     gestern Abschied von den Technischen         mich wäre. Im ersten Moment fürchtete
                                     Werken Freital. Heute tritt Uwe Rumberg      ich, er will mich loswerden, und fragte, ob
                                     seine Stelle als neuer kaufmännischer Ge-    man mit mir unzufrieden sei. Das vernein-
                                     schäftsführer der Wohnungsgesellschaft       te er Gott sei Dank. Nach reiflicher Überle-
                                     Freital (WGF) an. Der 41-Jährige löst dort   gung dachte ich mir: Mit Anfang 40 kann
                                     Ulrich Rudolph ab, der als kaufmännischer    man schon mal einen Neuanfang wagen!
                                     Geschäftsführer seit Jahresbeginn bei der    Nachdem ich vom Stadtrat bestätigt wur-
                                     FREITALER STROM+GAS GMBH arbeitet.“          de, erhielt ich vom damaligen Oberbürger-
                                     Über 15 Jahre leitete Rumberg die WGF, be-   meister Pollack einen Zweijahresvertrag.
                                     vor er im Sommer 2015 das Amt des Ober-
                                     bürgermeisters von Freital übernahm. Wir     Wie war die Situation, die Sie vorfanden?
                                     fragten ihn nach seinen wichtigsten Er-
                                     fahrungen dieser Zeit.                       Der Firma, die damals rund 5.000 Woh-
     Oberbürgermeister Uwe                                                        nungen im Bestand hatte, ging es wirt-
     Rumberg zu Besuch an seiner                                                  schaftlich ziemlich schlecht. Zuerst ver-
     alten Wirkungsstätte in der     Herr Rumberg, wie kamen Sie damals zur       schaffte ich mir einen Überblick über
     Chefetage der WGF. Die histo-   WGF?                                         aktuelle Bauvorhaben, bereits ausgelöste
     rische Ansicht des Potschapp-
                                                                                  Aufträge, die Liquidität und über den Per-
     ler Rathauses hat ihm damals
     vielleicht schon unbewusst
                                     Ich war damals bei den Technischen Wer-      sonalbestand. Überall gab es Handlungs-
     seinen weiteren Weg vorge-      ken Freital Leiter der Abteilung Gebäu-      bedarf. Und es standen unangenehme
     zeichnet.                       debetreuung. Als bei der WGF die Stel-       Entscheidungen ins Haus.

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Interview

Was war denn zu tun?

Wir verhängten überall einen Baustopp.
Natürlich kamen sofort die Firmen und
fragten, was los sei, und fürchteten um ihr
Geld. Noch schlimmer war, dass wir den
Personalbestand        „gesundschrumpfen“
mussten. Von den 52 Mitarbeitern muss-
ten wir rund 20 entlassen. Nicht immer
ging das einfach über Frühverrentung zu
lösen.

Wie nahe ging Ihnen das?

Solche Zeiten wünscht man niemandem.
Das hat auch bei mir persönlich Spuren                                                                                Seit über zehn Jahren werden
hinterlassen. Für jeden einzelnen, der be-               Waren Sie mit diesem Kurs erfolgreich?                       an den Wohnhäusern an der
                                                                                                                      Schachtstraße schrittweise
troffen war, ging es um existenzielle Fra-
                                                                                                                      Balkone angebaut.
gen. Aber wenn man die Verantwortung                     Nicht gleich. Kaum waren wir aus dem
für das Große und Ganze trägt, lassen sich               Gröbsten raus, kam 2002 das August-
solche Entscheidungen nicht vermeiden.                   hochwasser. Die verheerende Flut verur-
Wichtig für ein Unternehmen ist, dass                    sachte allein bei uns Schäden von rund
es immer liquide ist und ein Polster für                 zehn Millionen Euro. Und wie sich heraus-
schlechte Zeiten besitzt.                                stellte, besaß die WGF dafür keine Versi-

Bei der Übergabe des neuen Stadtteilplatzes (ehemals Glück-Auf-Straße 2-4) treffen sich der damalige WGF-Geschäftsführer Uwe Rumberg und die Abtei-
lungsleiterin Christine Gretschel mit Kindern der Kitas „Sonnenblume“ und „Zwergenland am Birkenwald“.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                                                             17
Interview

                                    cherung. Unser großes Glück damals war,      Das klingt alles ein bisschen wie: „Ein-
                                    dass gerade Bundestagswahlen ins Haus        fach kann jeder.“ Wie haben Sie all das ge-
                                    standen und Kanzler Schröder und Mi-         schafft?
                                    nisterpräsident Milbradt versprachen, es
                                    solle hinterher keinem schlechter gehen.     Das ging nur, weil wir eine Mannschaft
                                    So bekamen wir etwa acht Millionen re-       hatten, die in schwierigen Zeiten zusam-
                                    guliert. Den „Restbetrag“ haben wir selbst   mengehalten hat. Das wiederum führte
                                    erwirtschaftet.                              zu einem sehr guten Betriebsklima, das
                                                                                 bis heute auch für Außenstehende zu
                                    Und damit war die WGF dann gerettet?         spüren ist. Deshalb gilt mein Dank allen,
                                                                                 die diesen Weg mitgegangen sind. Und
                                    Noch lange nicht! Nach der Instandset-       wir haben uns so entwickelt, dass wir so-
                                    zung ging es weiter. Wir mussten unse-       gar wieder an Neubau denken konnten.
                                    ren Leerstand von rund 30 Prozent auf ein    Den Spatenstich für die Mehrfamilien-
                                    wirtschaftlich vernünftiges Maß senken.      häuser an der Oststraße habe ich noch
                                    Mit dem staatlich geförderten „Stadtum-      selber mitgemacht. Beim Richtfest war
     Im Jahr 2009 präsentieren      bau Ost“ haben wir über zehn Jahre etwa      ich dann schon Oberbürgermeister.
     Thomas Riedel, Abteilungs-     tausend Wohnungen abgerissen. Auch
     leiter Technik, und WGF-Ge-    dabei ging es nicht ohne problematische      Die WGF steht seit etlichen Jahren wirt-
     schäftsführer Uwe Rumberg
                                    Einzelschicksale. Und wir mussten den        schaftlich gut da. Warum ist der Kapitän
     CO2-bindende Ziegel, mit
     denen etliche Dächer auf den
                                    Service für unsere Mieter deutlich verbes-   da von Bord gegangen?
     Gebäuden der WGF gedeckt       sern – eine große Herausforderung für
     werden.                        unsere Mitarbeiter.                          Wir haben gemeinsam ein großes Ziel er-
                                                                                 reicht. Da konnte ich guten Gewissens ge-
                                                                                 hen. Aber glauben Sie mir, nach 15 Jahren
                                                                                 geht man nicht ohne Tränen. Auch wenn
                                                                                 die neue Aufgabe noch so reizvoll ist. Und
                                                                                 ich bin ja auch nicht aus der Welt. Die WGF
                                                                                 ist ein wichtiger Partner für die Stadt Frei-
                                                                                 tal. Inzwischen ist es uns gelungen, mit
                                                                                 allen kommunalen Unternehmen eine
                                                                                 Art Stadtfamiliengedanken zu entwickeln.
                                                                                 Das Knowhow jedes Einzelnen kommt al-
                                                                                 len zugute. Das macht richtig Spaß.

                                                                                 Sie sehen die Zukunft Freitals und der
                                                                                 WGF also positiv?

                                                                                 Ja, klar! Bis zum 100. Stadtgeburtstag im
                                                                                 Jahre 2021 soll der Ausgangspunkt für ein
                                                                                 funktionierendes Stadtzentrum geschaf-
                                                                                 fen sein. Die WGF ist daran mit der Sanie-
                                                                                 rung des City-Centers beteiligt. Und es
                                                                                 werden neben Technologiezentrum und
                                                                                 Industriepark sicher weitere Aufgaben
                                                                                 kommen, um für die Zukunft vorzubauen.
                                                                                 Schließlich wollen wir nicht Schlafstadt
                                                                                 für Dresden sein, auch wenn die Nähe
                                                                                 zur Landeshauptstadt in vielen Dingen
                                                                                 ein Segen ist. Wer bei uns gut wohnt, gut
                                                                                 arbeitet und gut lebt, wird ein Heimatge-
                                                                                 fühl entwickeln.

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Interview

                                            2015 wird im Hochhaus Ringstraße 1g/h die
                                            brandschutztechnische Sanierung der Haustech-
                                            nik fortgeführt. Die Fassade erhält ein Wär-
                                            me-Dämm-Verbundsystem, gepaart mit einem
                                            frischen Farbkonzept.

                                            Der Richtspruch des Poliers der Zimmerei Voigt
                                            gibt am 10. September 2013 das Signal zum
                                            Setzen der Richtkrone bei der Sanierung der
                                            Wohngebäude Zöllmener Straße 27 und 29 in
                                            Freital-Wurgwitz. Die Hausweihe soll künftigen
                                            Mietern Glück und Segen bringen. Rund 1,25
                                            Millionen Euro investiert die WGF in das größte
                                            Bauprojekt des Jahres.

                                            „Warm eingepackt“ wurde im Jahr 2011 unter
                                            anderem das Haus Schillerstraße 11, das zudem
                                            sechs neue Balkone erhielt.

                                            An seinem ersten Arbeitstag als Oberbürgermeis-
                                            ter erhält Uwe Rumberg die Amtskette, den Rat-
                                            hausschlüssel und ein symbolisches Nummern-
                                            schild von seinem Vorgänger Klaus Mättig.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                     19
Interview

     Von der Verwaltung
     zur Gestaltung
                                   Geschäftsführer Michael Heinzig leitet       Jahre 2002 bezogen wir als erster Büro-
                                   mit der WGF ein Unternehmen, für das er      mieter das Objekt Hüttenstraße 14. Und
                                   schon seit dessen Gründung vor 25 Jahren     seit 2012 haben wir unseren Sitz im eins-
                                   gearbeitet hat. Wer könnte die Entwick-      tigen Döhlener Rathaus, in dem 1921 die
                                   lung der Freitaler Wohnungsgesellschaft      Gründung unserer Stadt Freital vollzogen
                                   also besser zusammenfassen?                  wurde.

                                                                                Wie begann alles für Sie vor 25 Jahren?
                                   Herr Heinzig, wie sehen Sie den Werde-
                                   gang von der Gründung bis zum jetzigen       Am 3. Juni 1993 habe ich meinen Arbeits-
                                   Jubiläum?                                    vertrag unterschrieben. Die WGF wurde
                                                                                am 22. Juni gegründet. Am 1. Juli war dann
                                   Ich würde die Zeit in drei Etappen ein-      mein erster Arbeitstag. Als EDV-Organi-
                                   teilen: die 1990er Jahre, von der Jahrtau-   sator hatte ich die technischen Voraus-
                                   sendwende bis ca. 2012 und von da bis        setzungen zu schaffen, dass zum Beispiel
                                   heute. Der Zufall will es, dass sich diese   die Bearbeitung der Anträge von damals
     Der heutige Geschäftsführer
                                   Zeiträume in etwa mit unseren drei Fir-      3.000 Wohnungssuchenden und die ge-
     Dipl.-Ing. Michael Heinzig
     arbeitet bereits seit der
                                   mensitzen decken. Es begann am Platz         setzlichen Mieterhöhungen auf ein eini-
     Gründung der WGF im           der Jugend in einem alten Rittergut, das     germaßen kostendeckendes Niveau rei-
     Unternehmen.                  in einem sehr schlechten Zustand war. Im     bungslos vonstattengingen.

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Interview

Sie wurden 1994 zusätzlich Leiter der Be-
triebskostenabrechnung. So etwas kann-
ten die Mieter aus DDR-Zeiten ja gar nicht.
Was gab es da für Probleme?

Für uns war es doppelt schwer. Es war die
erste Abrechnung überhaupt nach gemes-
senen Verbrauchswerten. Zudem mussten
wir diese mit neuer EDV-Technik bewäl-
tigen. Am 1. Dezember hatten wir es ge-
schafft und rund 11.000 Abrechnungen
verschickt. Aber auch für die Mieter war
alles neu und deshalb zum Teil schwer
nachvollziehbar. Es gab so viele Einsprü-
che, dass bei uns alle Treppen und Flure
voller Leute waren. Das war wirklich eine
heiße Zeit.

Was prägte Ihre Arbeit in den 1990er Jah-     „An einem der dramatischen Flut-Tage kam        Bereits als Prokurist arbeite-
ren am meisten?                               plötzlich über Lautsprecher die Meldung,        te Michael Heinzig mit dem
                                                                                              WGF-Chef Uwe Rumberg
                                              die Staumauer der Talsperre Malter sei ge-
                                                                                              eng zusammen. Hier sind
Besonders die umfassenden Sanierungen.        brochen. Während alle fluchtartig das Tal       sie mit dem Bauplan vor der
Dazu gehörten der Austausch der Öfen          verließen, habe ich noch schnell die zwei       Dresdner Str. 274, die renoviert
gegen moderne Heizung, die Erneuerung         Server der WGF ausgebaut und mir unter          werden soll, zu sehen.
von Fenstern und der Einbau moderner Bä-      die Arme geklemmt, um die Daten zu ret-
der und Toiletten. Als Administrator lernte   ten. So bin ich auf sicherer Höhe der Leisni-
ich alle Mitarbeiter kennen und bekam Ein-    tz Herrn Rumberg auf seiner Kontrollfahrt
blick in sämtliche Geschäftsprozesse. Zur     begegnet.“ Vielleicht war dieses Verantwor-
Jahrtausendwende hatte ich die Verant-        tungsbewusstsein neben meiner bisheri-
wortung, eine komplett neue wohnungs-         gen fachlichen Arbeit der Anstoß, dass ich
wirtschaftliche Software einzuführen.         bald darauf als Prokurist berufen wurde.

Wie begann dann der zweite Abschnitt?         Und was war die Hauptaufgabe in der fol-
                                              genden Etappe?
Ausgangspunkt war der Wechsel des
kaufmännischen Geschäftsführers. Uwe          Konsolidierung. Wir mussten dafür etwa
Rumberg löste Ulrich Rudolph ab, der zur      ein Viertel des Bestandes abreißen, um
FREITALER STROM + GAS GMBH ging. Die          den Leerstand auf rund sechs Prozent zu
Voraussetzungen waren denkbar schlecht.       senken. Dazu nutzten wir die Abrissför-
Mit 29 Prozent hatten wir den höchs-          derung aus dem Bund-Länder-Programm
ten Leerstand und mit 56 Millionen Euro       „Stadtumbau Ost“. Für die Sanierung
den höchsten Schuldenstand unserer Ge-        unseres Kernbestandes nutzten wir die
schichte. Doch der wahre Tiefschlag war       Aufwertungsförderung in den Stadtum-
die Jahrhundertflut 2002, die uns rund        baugebieten und sozielen Stadtgebieten.
zehn Millionen Euro Schaden am Bestand        Dann mussten wir unser Personal ca. auf
bescherte.                                    die Hälfte reduzieren, um Kosten zu sen-
                                              ken. Und wir mussten Schulden abbauen,
Sie wurden durch die Flut in die Geschäfts-   um Zinsen zu sparen. Es war eine harte
leitung „gespült“? Wie kam es dazu?           und schwere Zeit mit zum Teil schmerz-
                                              haften Einschnitten. Aber wir haben alle
Sie spielen auf eine Episode an, die zumin-   gesteckten Ziele erreicht, weil wir einfach
dest im zeitlichen Zusammenhang steht.        unsere Hausaufgaben gemacht haben.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                                        21
Interview

                                  Und dann folgte mit dem Einzug in Freitals     fit für derartige Projekte. Die Basis dafür
                                  Gründungsrathaus der dritte Abschnitt…         wurde in all den Jahren vorher geschaffen,
                                                                                 dass möchte ich betonen.
                                  Nicht nur weil wir ein so geschichtsträch-
                                  tiges Gebäude erhalten und als Firmen-         Wie geht es nach Ihrem Ausscheiden in
                                  sitz beziehen konnten, begann die „inno-       den Ruhestand im Dezember 2018 weiter?
                                  vativste“ der drei Etappen. Denn sie ist
                                  der Übergang von der Verwaltung des            Auch hier ist Kontinuität garantiert. Mit
                                  Bestandes zur Gestaltung des Bestandes.        meinem Prokuristen, Henryk Eismann, der
                                  Das zeigt sich auch daran, dass wir unse-      mein Amt übernehmen wird, bilde ich seit
                                  ren Bestand erstmals in der Geschichte         drei Jahren ein gutes Gespann. Wir teilen
                                  der WGF erweitert haben. Unser erster          in allen Bereichen übereinstimmende An-
                                  Neubau entstand 2016 an der Oststraße.         sichten und haben stets alle Entscheidun-
                                  2017 kauften wir die Ballsäle Coßmanns-        gen gemeinsam getroffen. Ich wünsche
                                  dorf und das City-Center dazu. Es folgte       ihm alles Gute und bin überzeugt, dass er
                                  die Dresdner Straße 288 und in 2018 die        die WGF weiter in eine gute Richtung len-
                                  Dresdner Straße 178.                           ken wird, während ich diese Entwicklung
                                                                                 sicher aus der Ferne mit Interesse weiter
                                  Weil Sie den „Sparfuchs“ Uwe Rumberg           verfolgen werde.
                                  2015 als Geschäftsführer abgelöst haben?
                                                                                 Zum Abschluss möchte ich unbedingt er-
                                  Nein. Weil die Zeit reif dafür war. Ich habe   wähnen, dass die Mitarbeiterinnen und
                                  den Weg, den wir beide über 13 Jahre ge-       Mitarbeiter der WGF durch ihre engagier-
                                  meinsam gegangen sind, konsequent              te Arbeit die anspruchsvollen Pläne und
     Geschäftsführer Michael
                                  weitergeführt. Wir bestreiten alle Investi-    Beschlüsse der Geschäftsführung, des
     Heinzig und Prokurist
     Henryk Eismann blicken vom
                                  tionen aus Eigenmitteln, wie wir das seit      Aufsichtsrates und des Gesellschafters
     Balkon einer Wohnung im      2000 erfolgreich tun. Nur so konnten wir       umgesetzt haben. Dafür gilt allen mein
     City-Center über Freital.    unseren Schuldenberg abtragen und sind         herzlicher Dank.

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Leben in Freital

Leben in der
Beletage Freitals
                                Das Ehepaar Hauschild liebt seine Zauck-
                                eroder Wohnung nicht nur wegen des Aus-
                                blicks.

                                Ungehindert schweift der Blick über die
                                Dächer Freitals in Richtung Windberg. Der
                                Lärm der Stadt dringt kaum noch bis hier
                                hoch. „Ich kann die alberne Diskussion über
                                die ‚Platte‘ nicht mehr hören“, sagt Wolf-     ter denkt, gibt’s kaum etwas Besseres“, re-
                                gang Hauschild. Seit 1981 wohnt er mit sei-    sümiert er.
                                ner Familie im 10. Stock eines Hochhauses      Dass er damit nicht allein ist, zeigt der
                                im einstigen DDR-Neubaugebiet Zauckero-        Umstand, dass immer noch die komplette
                                de. „Seither haben wir niemals über einen      Urbesetzung in seiner Etage wohnt. Seit
                                Wegzug auch nur nachgedacht“, sagt der         37 Jahren wohlgemerkt! „Unsere Hausge-
                                82-jährige Rentner heute. Die Versorgungs-     meinschaft hat zwar nie große gemeinsa-
                                lage sei schon zu Ost-Zeiten ideal gewesen.    me Feste gefeiert“, sagt Hauschild. „Aber
                                Kaufhalle, Poliklinik, Schule, Kindergarten,   die Meisten haben auf Ordnung und Sau-
                                Gaststätten, alles war in unmittelbarer        berkeit geachtet. Jeder hat mitgezogen.
                                Nähe vorhanden. Dazu kamen Fahrstuhl,          Das ist bis heute so geblieben.“ Er würde
                                Fernheizung, fließend Warmwasser und           sich freuen, wenn sich neue Mieter beim
                                Badezimmer – ein Luxus, den damals nur         Einzug per Aushang ein bisschen vorstellen
                                Neubauten boten. „Wir kamen aus einer          würden. Dass man bei 40 Wohnungen im
                                2,5-Zimmer-Altbau-Wohnung ohne Bad             Haus das nicht persönlich bei jedem ma-
Vom obersten Balkon des
                                und mit Toilette auf der halben Treppe.“       chen könne, sei klar.
Hochhauses (Bild oben) blickt
Wolfgang Hauschild über die     Auch heute sei Zauckerode ein ideales          Mit der WGF ist Wolfgang Hauschild im
Stadt.                          Wohngebiet, sagt Wolfgang Hauschild.           Großen und Ganzen sehr zufrieden. Schon
                                Die Gesamtanlage sei sehr großzügig und        zu DDR-Zeiten gab es kaum Probleme, be-
Im Jahre 2016 feierten die
Mieter der 10. Etage ihre       habe viel Grün. „Die Verkehrsanbindung ist     richtet er. Und nach der Wende sei immer
35-jährige Nachbarschaft mit    gut. Ärzte, Apotheke und Einkaufsmöglich-      wieder mit Sanierungsarbeiten die Wohn-
einer kleinen Gartenparty.      keiten sind in der Nähe. Wenn man ans Al-      qualität verbessert worden. „Logischer-
                                                                               weise ging es da nicht immer reibungslos
                                                                               zu“, gesteht er. Wirklich hart seien aber nur
                                                                               die fünf Wochen Treppenlaufen gewesen,
                                                                               als der Fahrstuhl erneuert wurde und die
                                                                               Sanierung der Versorgungsschächte zwi-
                                                                               schen Bad und Küche erfolgte. Aber nun ist
                                                                               es eine echte Traumwohnung mit Traum-
                                                                               blick hoch über der Stadt.
                                                                               „Ich bin sehr froh, dass die Stadt die WGF
                                                                               nicht privatisiert hat“, schließt er. Das kom-
                                                                               munale Unternehmen beweise, dass man
                                                                               auch mit moderaten Mieten wirtschaftlich
                                                                               arbeiten könne.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                                       23
Abriss

     Grünflächen statt
     leerer Betonhüllen
                                    Die WGF senkt mittels Abriss den Leer-      die WGF sanieren. Rund ein Dutzend Häu-
                                    stand und schafft attraktives Wohnum-       ser, die nach der Flut leer gezogen wurden
     An der Glück-Auf-Straße in     feld.                                       und auf längere Sicht nicht mehr zu ver-
     Zauckerode fallen zwei Neu-                                                mieten sind, werden abgerissen. Dadurch
     baublocks (gr. Foto).
                                                                                spart das Unternehmen nicht nur die Sa-
     Auch das ehemalige Hotel
     Oehme an der Ecke Dresdner/
                                    Wird ein Haus abgerissen, ist es immer      nierung, sondern baut auch Altschulden
     Oberpesterwitzer Straße muss   ein Verlust. Doch nicht alle vom Hochwas-   ab.
     weichen.                       ser 2002 beschädigten Wohnungen kann        Doch auch wachsender Leerstand, be-
                                                                                dingt durch Abwanderung, Rückgang der
                                                                                Geburtenzahlen und veränderte Wohn-
                                                                                ansprüche, zwingen die WGF trotz negati-
                                                                                ver Schlagzeilen zum Abriss. Deshalb soll
                                                                                bis 2010 ein ehrgeiziges Abrissprogramm
                                                                                umgesetzt werden. Ziel ist es, bis dahin
                                                                                den Leerstand von knapp 30 auf acht
                                                                                Prozent zu senken. Um das zu erreichen,
                                                                                müssen jährlich 100 bis 150 Wohnungen
                                                                                abgerissen werden. Die Arbeiten werden
                                                                                aus dem Programm „Stadtumbau Ost“
                                                                                gefördert.
                                                                                Vor allem alte unbewohnte Häuser in
                                                                                schlechtem Zustand werden der Abriss-

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Abriss

birne geopfert. In Zauckerode fallen aber
auch Wohnblöcke, zum Beispiel an der
Glück-Auf-Straße. Die entstehenden Frei-
flächen werden als Festplatz für Feierlich-
keiten und Markttage ausgestattet. An
der Oppelstraße entsteht ein Landschafts-
garten mit wassergebundenen Wegen
und einer Treppenanlage. Auch die rund
einen Hektar große Abrissfläche zwischen
Dresdner Straße und Albert-Schweit-
zer-Straße wird für rund 150.000 Euro mit
Laub- und Nadelbäumen bepflanzt sowie
mit Brunnen, Wegen und Sitzmöglichkei-
ten gestaltet. Die neuen Freiflächen stei-
gern die Wohnqualität in den verbliebe-
nen Häusern.
2012 erklärt die WGF das Abrissprogramm
als abgeschlossen. Seit dem Jahr 2000         Das Haus Lutherstraße 20
sind insgesamt 1.108 Wohnungen im ge-         steht nicht mehr. Im Hinter-
                                              grund sieht man das Deube-
samten Stadtgebiet abgerissen worden.
                                              ner Rathaus, der heutige Sitz
Weitere Objekte, wie das Huthaus, wur-        der WGF.
den verkauft und so vor dem Abriss be-
                                              Auf einer großen Abrissflä-
wahrt. Das letzte große Abrissprojekt war
                                              che entstand der Stadtwald.
die alte Bergbausiedlung an der Schacht-      Ein Brunnen erinnert an die
straße. Der Leerstand ist auf unter sieben    von der Flut 2002 zerstörten
Prozent gesunken.                             Häuser.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                     25
Neuer Firmensitz

     Arbeiten, wo Freital
     geboren wurde
                        Egal, aus welcher Richtung man kommt,          gegliedertes Gebäude einfallen ließ. Be-
                        das einstige Döhlener Rathaus ist ein Blick-   sonders markant ist sein kupferbedachter
                        fang. Am 1. Oktober 1921 wurde in diesem       Turm aus acht Säulen, der den nordwestli-
                        Gebäude der Beschluss gefasst, Potschap-       chen Teil des Bauwerkes ziert.
                        pel, Döhlen und Deuben zur Stadt Freital       Die Auftaktsitzung im Ratssaal wurde mit
                        zusammenzuschließen. Heute beherbergt          einem bergmännischen „Glück auf!“ ein-
                        es die Wohnungsgesellschaft Freital.           gestimmt. Bald aber bestimmten mar-
                                                                       kige Töne die Ansprache von Gemeinde-
                                                                       vorstand Heinrich. „Der Bau des Döhlener
                        Vor weit über hundert Jahren musste der        Rathauses zeugt von der Schöpferkraft un-
                        Gemeindevorstand des Dorfes Döhlen sei-        seres Volkes, das auch in kriegerischen Zei-
                        ne Amtsgeschäfte und Schreibarbeiten in        ten ungebeugt seinen Weg in eine lichte
                        einer Privatwohnung erledigen. Doch als        Zukunft geht.“ Im selben Saal wurde am 1.
                        der Ort mehr und mehr von der Industrie        Oktober 1921 der Beschluss gefasst, die Ge-
                        entdeckt wurde, führte der wirtschaftliche     meinden Potschappel, Döhlen und Deu-
                        Aufschwung auch zu einer Intensivierung        ben zur Stadt Freital zu vereinen. Seitdem
                        der Verwaltungstätigkeit. 25 Jahre lang be-    diente es als Sitz der Stadtverwaltung.
                        half man sich zunächst mit einem ange-         Ab 1952 wurde das Haus Verwaltungssitz
                        kauften hochbetagten Haus, das 1914/15         des Kreises Freital. In dieser Zeit nahm
                        dem Neubau eines Rathauses weichen             man einige Umbauten im Inneren vor. Der
                        musste. Mit dem Entwurf wurde der re-          Ratssaal bekam eine Zwischendecke. Auch
                        nommierte Dresdner Architekt Rudolf Bit-       die Bögen der großen Fenster wurden zu-
                        zan beauftragt, der sich ein interessant       gemauert. Nach der Wende quartierte

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Neuer Firmensitz

sich das Landratsamt Dippoldiswalde ein.        retten, aufarbeiten und ergänzen. Sie zie-
Aber nach der Kreisreform 1994 wurden           ren nun wieder den Ratskeller.
Ämter und Behörden ausgelagert. Von da
an stand das traditionsreiche Gebäude           Das Erscheinungsbild
leer und verfiel zusehends.                     Die Fassade wurde anhand einer Postkarte
Dass sich das einstige Schmuckstück             von 1918 farblich nachempfunden. Vor der
Döhlens heute wieder in einem fabelhaf-         Rathauspforte steht wieder die ursprüng-
ten Zustand befindet, ist der Stadt Freital     lich von Bildhauer Arthur Winde geschaf-
zu verdanken. Diese konnte es durch ein         fene Brunnenfigur „Fröstelnder Jüngling“,
Tauschgeschäft vom Landkreis zurück er-         die in den 1930er Jahren auf NS-Anord-
werben. Dies ermöglichte die Teilnahme          nung als „entartete Kunst“ entfernt wur-
an einem Förderprogramm für vor 1947            de. Auch Säulen, Zäune und Lampen sowie
erbaute, stadtbildprägende Gebäude. Im          Fensterläden sind wieder hergestellt. An
Herbst 2010 begann die Sanierung. Die           der Rückseite wurde ein späterer Anbau
Baukosten beliefen sich auf rund 2,4 Milli-     abgerissen. Dort stehen jetzt Parkplätze
onen Euro, die durch das Programm „Städ-        zur Verfügung.
tebau-Ost“ nahezu vollständig gefördert
wurden. Bedingung dafür war jedoch, dass        Der Erbauer
die Stadt das Gebäude nach Fertigstellung       Das Gebäude wurde 1914/15 nach Plänen
innerhalb von drei Monaten verkauft.            des renommierten Dresdner Architekten
Käufer war die WGF, die den Verkehrswert        Rudolf Bitzan erbaut. Das Haus ist ein ar-
von 688.000 Euro zahlte. Der Stadtrat           chitektonisch anspruchsvolles Gebäude,
stimmte dem zu. Der Kaufpreis floss kom-        das Formen des Reformstils, Neoklassi-
plett in die Städtebauförderung für den         zismus und Jugendstils vereint. Die res-
Stadtteil Döhlen. Damit wurden unter an-        taurierte Gedenktafel unter den Rund-
derem die Denkmalhalle und der Kinder-          bögen an der Vorderseite erinnert an den
garten Schachtstraße saniert. Durch die-        Erbauer.
sen Schachzug erhielt Freital seine Wiege
zurück und die WGF einen attraktiven Ver-       Die Bleiglasfenster
waltungssitz. Bei der Sanierung hatte die       Die alten Bleiglasfenster mit der Darstel-
möglichst originalgetreue Wiederherstel-        lung der zwölf Jahreszeiten im Treppen-
lung oberste Priorität. So hat der Denkmal-     haus waren noch vorhanden. Sie wurden
schutz das Projekt intensiv begleitet.          aufgearbeitet und mit einer Thermoglas-
                                                scheibe versehen. Aufsehen gab es um ei-
Die Uhr                                         nes der je rund 3000 Euro teuren Fenster.
Das alte Zifferblatt der Uhr existierte nicht   Im Herbst 2010 wurde der „November“
mehr - dafür aber der Antrieb und die           gestohlen, aber wenig später bei eBay im
Zeiger. Bestehendes wurde aufgearbei-           Internet entdeckt. Er konnte sichergestellt
tet, fehlende Teile neu nach historischem       und wieder eingebaut werden.
Vorbild angefertigt. Zweimal die Woche
musste das Gewicht von Hand aufgezo-            Der Ratssaal
gen werden. Schließlich wurde die Uhr mit       Vom Original war wenig übrig: Die Nazis
einem Elektroantrieb ausgestattet.              malten den Saal bunt aus, die Sozialisten
                                                zogen eine Zwischendecke mit Stuck ein.
Der Ratskeller                                  Jetzt ist der Zustand weitgehend wieder
Außen schmückt ein neu angefertigtes            hergestellt: die hohen Fenster, die Wand-
Weinfass wieder den Eingang in den al-          täfelung, Türen, die Empore, die Raum-
ten Ratskeller. Innen sind die alten Bän-       kubatur, die Farbgestaltung. Als Vorlage
ke, überklebten Verkleidungen und über-         dienten vor allem alte Fotos aus den städ-
tünchten Dekore wieder hergestellt. Die         tischen Sammlungen. Auch ein Original-
Bleiglasfenster hatten die Projektleiter im     gemälde – eine Stadtansicht vom Wind-
Keller gefunden. Die Scheiben konnten sie       berg aus – kehrte von dort zurück.

25 Jahre Wohnungsgesellschaft Freital mbH                                                                        27
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