KRÄFTE VERSCHIEBUNG IM KFZ AFTERMARKET - Neue Kundenstruktur erfordert neue Vertriebsmethoden - Roland Berger
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Über uns Roland Berger, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit führenden Unternehmensberatungen mit deutscher Herkunft und europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 34 Ländern ist das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunter- nehmen ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 220 Partnern. HSH Nordbank steht als „Bank für Unternehmer“, für Menschen mit Weitsicht, Leidenschaft und Initiative. Insbesondere für mittelständische Unternehmer ist sie ein kompetenter Partner – und fokussiert auf die Branchen Energie & Infrastruktur, Handel & Ernährung, Industrie & Dienstleistungen sowie Gesundheit. Sie ist führend in der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Deutschland. In der maritimen Wirtschaft ist die Bank gut verankert und überzeugt Unternehmen weltweit.
VORWORT Der Kfz-Aftermarket ist im Umbruch. Zahlreiche Übernahmen verändern die Branche. In Verbindung mit dem Megatrend Digitalisierung ist diese Konsolidierung der Katalysator für einen tiefgreifenden Strukturwandel. Unsere Studienreihe analysiert die Rahmenbedingun- gen und Spielregeln der neuen Wettbewerbslandschaft. → Den Auftakt machte im April 2018 die Leitstudie „Konsolidierung im europäischen Kfz-Aftermarket“. Sie bietet einen Überblick, welche Trends die Branche aktuell bewegen. → Im Juni erschien die Publikation „Survival of the Fittest“. Darin standen Mergers & Acqui- sitions im Mittelpunkt. → Die vorliegende Teilstudie „Kräfteverschiebung im Kfz-Aftermarket“ stellt die Trends auf der Nachfrageseite des Kfz-Aftermarket in den Fokus und beschreibt die Veränderungen der Kundenlandschaft. → Anfang November wird die vierte – und vorerst letzte – Teilstudie erscheinen. Sie befasst sich detailliert mit den Entwicklungen im Reifenhandel. Um sich im Verdrängungswettbewerb des Independent Aftermarket (IAM) zu behaupten, ist eine konsequente Kundenorientierung entscheidend. Dabei müssen grundlegende Fragen geklärt werden: Wer sind unsere Hauptkunden – Werkstätten, Fahrzeugflotten oder Privat- leute? Welche Bedürfnisse haben sie? Und wie verändert der Strukturwandel der Branche diese Bedürfnisse? Auch die Gewichte auf der Nachfrageseite verschieben sich. Das Feeder-Business, also die Be- Coverfoto: kiri / Adobe Stock Fotos: Roland Berger GmbH, HSH Nordbank AG lieferung kleiner, regional agierender Teilegroßhändler durch große Branchen-Akteure, wird langfristig an Bedeutung einbüßen. Dagegen wächst die Relevanz von Intermediären wie Ver- sicherungen, Kfz-Schadensdienstleistern und Online-Serviceportalen. Der Teilegroßhandel steht vor der Herausforderung, diese neuen Akteure in das Geflecht seiner ohnehin schon heterogenen Kundenbeziehungen einzubinden durch eine stark indivi- dualisierte Ansprache. Der Schlüssel zum Erfolg liegt perspektivisch im Micromarketing und in differenzierten Vertriebsansätzen. Für die meisten Teilegroßhändler sind diese Strategien Neuland. Doch eine systematische Auswertung des Daten-Pools gibt – selbstverständlich im Rahmen einschlägiger Datenschutzbestimmungen – wertvolle Hinweise auf die Bedürfnisse und Präferenzen von Kundengruppen. Hier besteht zusätzliches Potenzial, durch Kooperatio- nen in Einkaufsverbänden die verfügbare Datenbasis zu erweitern und somit die Aussagekraft von Analysen zu schärfen. Alexander C. Brenner Patrick Heinemann Jens Thiele Julian-Kaya Bagbasi, MBA Roland Berger Roland Berger HSH Nordbank HSH Nordbank 3
NAHAUFNAHME: 1 DIE WICHTIGSTEN AKTEURE IN DER KUNDEN LANDSCHAFT Aktuell sind die Belieferung von Werkstätten und das Feeder-Business die wichtigsten Einnahmequellen für den Teilegroßhandel. Doch andere Kundengruppen werden wichtiger: Intermediäre wie Versicherungen, Leasing-Gesellschaften und Online-Serviceportale sowie private Teilekäufer sind gerade dabei, die Kräfteverhältnisse auf der Nachfrageseite des Kfz-Aftermarket zu verändern.
Nahaufnahme: Die wichtigsten Akteure in der Kundenlandschaft In der Wertschöpfungskette des Kfz-Aftermarket fällt für die Geschäftsaufgabe. Auch die demografische Ent- dem Teilegroßhandel eine wesentliche Rolle zu. Seine wicklung spielt eine Rolle. Der Sog der Ballungszentren Kernkompetenzen liegen in der Logistik, in der Sorti lässt die Bevölkerungszahl im ländlichen Raum zurück- mentspolitik sowie in der Belieferung und Beratung der gehen; entsprechend sinkt die Nachfrage nach Dienst- Werkstätten, die er durch lange Zahlungsziele indirekt leistungen. So grassiert das „Werkstattsterben“ gerade auch bei der Finanzierung unterstützt. Neben den in ländlichen Regionen. Werkstätten gibt es im mehrstufigen Vertriebssystem Anders als bei den freien Werkstätten soll die Zahl der des Independent Aftermarket weitere Akteure auf der OEM-Werkstätten bis 2020 geringfügig um 3–5% zu- Nachfrageseite, die von Teilegroßhändlern direkt oder nehmen. In dieser Prognose spiegelt sich die Strategie indirekt beliefert werden. der Autohersteller wider, ihre Kunden nach dem Fahr- Aus der Perspektive der großen (>400 Millionen Euro zeugkauf durch Serviceangebote langfristig zu binden. Umsatz) und mittleren Teilegroßhändler (mit 100–400 Voraussetzung dafür ist ein engmaschiges Netz marken- Millionen Euro Umsatz) zeigt Abbildung → A die ver- gebundener Werkstätten. schiedenen Spieler in der Kundenlandschaft. Aktuell Während in Europa die OEM-Werkstätten einen Anteil sind Werkstätten und kleine Teilegroßhändler die wich- von knapp 20% stellen, sind in Deutschland 35% aller tigsten Direkt-Abnehmer. Auch reine Online-Shops, die Kfz-Werkstätten markengebunden. Auch künftig wer- Werkstätten und private Endkunden zählen zu den den die deutschen OEM-Werkstätten ihren besonderen Kunden der großen Teilegroßhändler. Zwischen Inter Status behalten. Ein Grund dafür ist ein hoher Anteil mediären und Endkunden auf der einen und dem Teile an Premium-Marken im Fahrzeugbestand. Außerdem großhandel auf der anderen Seite bestehen derzeit sind viele Autohersteller am Standort Deutschland ver- kaum unmittelbare Geschäftsbeziehungen. Dies wird ankert, was sich am relativ dicht geknüpften Netz der sich jedoch perspektivisch verändern. Schon heute üben OEM-Werkstätten bemerkbar macht. Intermediäre und Endkunden mittelbar einen starken Typischerweise warten und reparieren OEM-Werkstät- Einfluss auf die Kräfteverhältnisse im Teilehandel aus. ten Fahrzeuge, die nicht älter als vier Jahre sind. Bis In diesem Kapitel beschreiben wir die wichtigsten Merk- zu dieser Marke sind für die Werkstattwahl häufig die male und Bedürfnisse der einzelnen Kundengruppen. Garantievereinbarungen und Servicepakete der Herstel- ler ausschlaggebend, die markenabhängige Werkstät- Werkstätten ten vorschreiben. So stehen bei herstellergebundenen Werkstätten grundsätzlich die Instandhaltung sowie der Betrachtet man die Gesamtzahl der Kfz-Werkstätten in Austausch von Originalteilen und komplexe Karosserie- 34 europäischen Ländern, zeigt sich seit 2013 ein leicht Arbeiten im Fokus. In der Klientel der freien IAM-Werk- rückläufiger Trend → B. Diese Entwicklung wird sich in stätten dominieren hingegen ältere Fahrzeuge. Das den nächsten Jahren fortsetzen, wobei deutliche Unter Leistungsspektrum reicht von kleineren Ausbesserungs- schiede zwischen Original Equipment Manufacturer arbeiten bis zu aufwendigen Reparaturen – je nach der (OEM)-Werkstätten und den unabhängig von Autoher- personellen und technischen Ausstattung eines Anbie- stellern agierenden Werkstätten bestehen. Zwischen ters. Abbildung → C gibt einen Überblick über das Leis- 2015 und 2020 wird die Zahl dieser freien Werkstätten tungsspektrum von Kfz-Werkstätten. voraussichtlich um rd. 7% von ca. 360.000 auf 336.000 Nach wie vor ist die Wettbewerbslandschaft im freien sinken. Dieser Trend hat Ursachen: Manche freien Werk- Kfz-Aftermarket in Deutschland stark fragmentiert. stätten schließen weil sich kein Nachfolger findet. In ei- Spieler mit geballter Marktmacht finden sich vor allem nigen Fällen ist auch mangelnde Profitabilität der Grund bei den Glas-Spezialisten und den Fast Fittern → D. 5
A Kundenlandschaft der großen und mittleren Teilegroßhändler → ↙→ Kontakt Direkt Online Shops Kleinere Werkstätten ↗ Teilegroßhändler Intermediäre 1, 2 Volumen → Zukünftige Bedeutung Indirekt ↗Niedrig Endkunden 1 Häufigkeit des Einkaufs Hoch 1 Aktuelle Volumen; Zusatzpotential ist nicht abgebildet 2 Umfasst Versicherungen, Leasingunternehmen und Service-Provider für Versicherer/Werkstätten und Online Service Portale Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank
B Entwicklungen der Werkstätten in Europa und Deutschland [Anzahl in Tsd.] Europa1 480 –2,0% +8,3% –5,0% 455 445 Werkstätten gesamt 421 425 400 –2,7% +10,3% –6,7% 370 360 IAM Werkstätten 320 336 336 Deutschland Werkstätten gesamt 2015 Reifenspezialisten 9% Sonstige 6% 240 Autoglaser 3% 35% OEM Fast Fitter 1% Karo/Lack 7% 49 160 39% Freie Werkstätten – Universal +0,4% 0,0% +3–5% OEM Werkstätten 80 89 85 85 85 49 0 2011 2013 2015 2020 1 34 europäische Länder inkl. Türkei Quelle: Wolk, Euromonitor, Roland Berger, HSH Nordbank
Kleine Teilegroßhändler vereinfacht es den Logistikaufwand der mittleren und größeren Teilegroßhändler. Diese müssen bei der Zustel- Für mittlere und große Teilegroßhändler stellen die klei- lung solcher Premiumartikel nicht einzelne Werkstätten neren Branchen-Akteure eine wichtige Kundengruppe anfahren, sondern können die Mühen der letzten Meile dar. Mit einem Jahresumsatz von in der Regel weniger den kleinen Teilegroßhändlern überlassen. als 100 Millionen EUR beschränkt sich ihr Aktions radius meist auf die Belieferung von Werkstätten oder Endkunden Endkunden in der jeweiligen Region. Um die Kosten für die Lagerhaltung möglichst gering Zwischen Teilegroßhändlern und den Haltern oder Nut- zu halten und gleichzeitig ein breites Produktspek- zern von Fahrzeugen als Endkunden bestehen in der trum anbieten zu können, lassen sich die kleinen Regel keine unmittelbaren Geschäftsbeziehungen. Den- von den großen Branchenakteuren beliefern. Mit noch haben die veränderten Bedürfnisse dieser Kunden- diesem sogenannten Feeder-Geschäft erwirtschaften gruppe mittelbar erheblichen Einfluss auf die Geschäfts- große Teilegroßhändler zwischen 15 und 30% ihres modelle des Teilegroßhandels. Gesamtgewinns. Ein großer Teilegroßhändler kann Die Endkunden, die den Teilekauf in Eigenregie bestrei- durch Branchen-Konsolidierung erwarten, dass das ten, bilden zwei Gruppen: zum einen die Do-it-yourself Feeder-Geschäft kurzfristig ein Umsatzplus von circa (DIY)-Kunden, zum anderen die Do-it-for-me (DIFM)- 5% einspielt. In einigen stark fragmentierten europä- Kunden. ischen Märkten ist dieses Potenzial sogar noch höher, Bei den DIY-Kunden lassen sich Profis und Amateure beispielsweise in Südeuropa. Auf lange Sicht hingegen unterschieden: Es gibt Mechaniker, die außerhalb ihrer wird die zunehmende Konzentration in der Branche zu Arbeitszeit gern am eigenen Fahrzeug herumschrauben. Rückgängen im Feeder-Geschäft führen. Dann gibt es die leidenschaftlichen Autodidakten un- Eine Erfolgsstrategie kleiner Teilegroßhändler besteht ter den DIY-Kunden, die in der Freizeit ihr Fahrzeug in in der Profilierung als „local champion“. Ein wichtiges Stand halten und in der Lage sind, kleinere Reparaturen Element dieser Strategie ist der Exklusiv-Vertrieb von durchzuführen. Premiumartikeln auch an kleine Werkstätten. Zugleich DIFM-Kunden kaufen zwar die Teile selbst, nehmen aber Reifenspezialisten Die Reifenspezialisten stellen an den Werkstätten im d eutschen Kfz-Aftermarket einen Anteil von 9%. In absoluten Zahlen heißt das: Über 4.400 Betriebe kümmern sich ausschließlich darum, Der Reifenmarkt ist zwar ein wichtiger Teil des Kfz-Aftermarket, dass PKW und N utzfahrzeuge auf den richtigen Rädern rollen. funktioniert jedoch anders als der Teilehandel. W ährend das Etwa 70% der auf Reifen spezialisierten Werkstätten gehören Gesamtspektrum an Ersatz- und Verschleißteilen ein sehr zu einer Kette. Dennoch ist der Markt für Reifenspezialisten frag- heterogenes Portfolio darstellt, sind Reifen weniger komplex. mentiert. In Deutschland bringen es die Top-4-Ketten zusammen Viele Endkunden bestellen die Reifen selbst und montieren auf einen Marktanteil von 24%. Zu diesem Spitzen-Quartett sie eigenhändig. Dementsprechend spielt das Online-Geschäft zählen HMI, Point S, Vergölst und Euromaster. im Reifenhandel eine große Rolle. Im Unterschied zu den an Im Detail werden die Akteure, Strukturen und Trends auf dem deren Segmenten des Kfz-Aftermarket hat im Reifenhandel der Reifenmarkt in der vierten Teilstudie vorgestellt, die im N ovember Direktvertrieb durch die Hersteller einen hohen Stellenwert. 2018 erscheint. 8
Nahaufnahme: Die wichtigsten Akteure in der Kundenlandschaft keinen Schraubenschlüssel in die Hand. Den Einbau der Teile übernehmen professionelle Kfz-Mechaniker, wobei Intermediäre schmälern es mehrere Spielarten gibt: Der private DIFM hat einen Freund, der ihm das Teil einbaut. Beim Werkstatt-DIFM die Marktmacht der bringt der Kunde die selbst organisierten Teile mit; die Profis in der Werkstatt berechnen nur die Arbeitsleis- traditionellen Akteure und tung. Beim Privater-Werkstatt-DIFM kaufen Werkstatt und Fahrzeugbesitzer die Teile gemeinsam online, der entwickeln sich zu einem Fahrzeugbesitzer bezahlt aber. Hierdurch umgeht die Werkstatt das Problem einer falschen Bestellung durch bedeutenden Segment im den Fahrzeugbesitzer. Den Einbau erledigt die Werkstatt, der Kunde bezahlt die Servicestunden. Beim Servicepor- B2B-Kundenspektrum. tal-DIFM wird die Reparatur über eine Online-Plattform gebucht. Was dann die Beschaffung der Teile anbelangt, existieren gemischte Optionen: Der Fahrzeugbesitzer kann die Teile selbst besorgen und in die Werkstatt mit- erungsinstanz treffen Intermediäre die Entscheidung, bringen, die Teile können über das Buchungsportal oder welche Werkstatt die Instandhaltung oder die Reparatur direkt von der Werkstatt beschafft werden. eines Fahrzeugs übernimmt. Auf diese Weise verändert Bei der Werkstattauswahl sind für den Endkunden ne- sich das Beziehungsgeflecht zwischen dem Teilegroß- ben dem Preis-Leistungsverhältnis Faktoren wie Freund- handel und den Endkunden. Intermediäre schmälern lichkeit des Personals und Beratungsqualität wichtig. die Marktmacht der traditionellen Akteure in der Wert- Dagegen spielen Marken und deren Bekanntheitsgrad schöpfungskette des Kfz-Aftermarket und entwickeln als Auswahlkriterien eine untergeordnete Rolle, wich- sich zu einem bedeutenden Segment im B2B-Kundens- tiger sind Erfahrungswerte und Empfehlungen. Die pektrum. 2015 wurde der Anteil des „steered value“ am Werkstattwahl ist offensichtlich vor allem Vertrauenssa- Volumen des Kfz-Aftermarket auf bis zu 20% geschätzt. che. Entscheidendes Kriterium für die Kundenbindung Bis 2030 wird der Marktanteil der von Intermediären ist bei freien Werkstätten in der Regel die langjährige gesteuerten Nachfrage basierend auf einer Analyse von Beziehung zwischen dem Inhaber bzw. Kfz-Meister und Roland Berger bei rund 40% liegen. dem Fahrzeugbesitzer. Abbildung → E zeigt, wie „Intermediaries“ die einzelnen Schritte eines typischen Serviceprozesses übernehmen – Intermediäre zum Missfallen der etablierten Spieler des Kfz-Aftermar- ket. „Da balgen sich immer mehr hungrige Katzen um den Auf der Nachfrageseite des Kfz-Aftermarket haben sich Milchtopf“, kommentierte der Bundesinnungsmeister in den letzten Jahren neue Akteure etabliert: die soge- des Kfz-Handwerks, Wilhelm Hülsdonk, das zunehmen- nannten Intermediäre („Intermediaries“). Zu ihnen de Engagement der Intermediäre im Werkstattgeschäft. gehören Versicherungen, Leasing- und Carsharing-An- Eine wesentliche Zutat zum Erfolgsrezept der Intermedi- bieter, Automobilclubs und Online-Serviceportale. So äre ist deren Fähigkeit, ihren Kunden individuell maßge- unterschiedlich diese Spieler auch sind, sie haben eine schneiderte Lösungen in einem komplexen Markt anzu- Gemeinsamkeit: Sie besetzen die Kundenschnittstelle bieten. Die Intermediäre lassen sich – leicht vereinfacht – in zwischen Teilegroßhandel auf der einen und Werkstät- verschiedene Gruppen unterteilen, deren Kundenfokus ten sowie Privatkunden auf der anderen Seite. Als Steu- und Geschäftsmodelle sich jeweils unterscheiden. 9
C Werkstatttypen und ausgewählte Beispiele Deutschland OEM IAM OEM Autoglaser / Karo-Lack / Reifen Freie eigene Werkstätten Andere Smart Repair Fast Fitter spezialisten Werkstätten Daimler Carglass Fivestar A.T.U Point S Auto-Profi Renault National Kwik Fit Euromaster Meisterhaft Fiat Windscreens Lienau Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank Quelle: XX D Das Angebot der Werkstätten Service und Wartung, Fehlerreparaturen, Unfallreparaturen MECH. BODY & PAINT SMART REPAIR QUICK-FIX REPARATUREN (KARO/LACK) & ANDERE → Spot Reparaturen → Inspektion → Komplexere Arbeiten: → Body Lackierungen → Dellenreparaturen → Basis Service, z.B. → Antriebsstrang → Body Teileaustausch (ohne Farbe) Ölwechsel, Reparaturen Wischwasserwechsel → Chassis Schweißen → Alufelgen Aufbereitung → Chassis Reparaturen → Check-ups, z.B. Winter → Chassis Ausrichten → Material für den Check → Komplexe Elektronik Innenraum und Reparaturen, z.B. Farbenanpassung → Bremsen Instandhaltung Austausch der Control Unit → Windschutz- → Austausch Batterie scheibenreparaturen → Auspuffersatz → Austausch Federungen → Klima Service Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank
Nahaufnahme: Die wichtigsten Akteure in der Kundenlandschaft Versicherungsgesellschaften gen über ein Netzwerk an Partnerwerkstätten und bie- und Leasing-Anbieter ten darüber hinaus Service-Pakete wie Fahrzeugverleih oder die Abholung kaputter Fahrzeuge an. Als Intermediäre haben Versicherer und Leasing-Unter Das Geschäftsmodell dieser Service-Provider gründet nehmen direkten Kontakt zum Endkunden. Die Werk- ebenfalls auf Skaleneffekten, da mit den Werkstätten stattwahl des Fahrzeugbesitzers steuern Versicherun- günstige Konditionen ausgehandelt werden können. gen durch die Gestaltung ihrer Tarife. Sie gewähren Eine wichtige Ertragsquelle für Service-Provider sind die beispielsweise Boni auf die Kaskoversicherung, wenn Entwicklung und Implementierung von Software, mit der Kunde im Schadensfall eine Partnerwerkstatt des deren Hilfe Versicherungen die Schadensabwicklung Versicherers ansteuert. Das Geschäftsmodell dieser optimieren können. Intermediäre basiert darauf, dass Versicherer mit ihren Partnerwerkstätten für Reparaturen fixe Preise mit rela- Service-Provider für Werkstätten tiv hohen Abschlägen aushandeln. Auf diese Konditio- nen lassen sich die Werkstätten ein, weil sie im Gegen- Dieser Typus des Intermediärs hat sich aus dem Kfz-Ge- zug die Perspektive auf eine hohe Auslastung haben. werbe heraus entwickelt. Ein Beispiel dafür ist die Euro- Analog gestaltet sich die Rolle von Leasing-Unterneh- garant AutoService AG, die auf Initiative des Zentralver- men: Im Schadensfall schicken sie den Leasing-Nehmer bands Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) gegründet zu einer Werkstatt, mit welcher der Leasing-Geber einen wurde. Die Grundidee ist auch hier, dem Kunden Zeit Rahmenvertrag abgeschlossen hat. Eine andere Variante und Mühe zu ersparen. Im Schadensfall kontaktiert der ist, dass das Leasing-Unternehmen an eine Werkstatt Fahrzeugbesitzer entweder direkt den Intermediär oder verweist, die zum Partner-Netzwerk seiner Versicherung eine Werkstatt. Die kümmert sich um das Abschleppen gehört. des liegengebliebenen Autos und informiert den In- Die Versicherer verfolgen mit dieser Strategie zum ei- termediär, der bei Bedarf einen Leihwagen bereitstellt. nen das Ziel, den eigenen Kunden einen guten Service Außerdem veranlasst der Intermediär – wie im Fall von zu bieten. Zum anderen geht es um Kostensenkung. Eurogarant – ein Gutachten eines unabhängigen Sach- Autoersatzteile sind zwischen Januar 2013 und August verständigen über die Schadenshöhe. Mit diesem Doku- 2017 durchschnittlich um ein Fünftel teurer geworden, ment holt er sich dann bei der Versicherung des Fahr- so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungs- zeughalters „grünes Licht“ für die Reparatur, die dann wirtschaft (GDV). 2013 schlug ein Pkw-Sachschaden im im Mitgliedsbetrieb ausgeführt wird. Durchschnitt mit 2.400 Euro zu Buche, 2017 mit circa Die tragende Säule dieses Geschäftsmodells ist das 2.700 Euro. Mit ihrer Rolle als Intermediäre wollen die eng geknüpfte und vertrauensvolle Beziehungsgeflecht Versicherer gegensteuern. zu Werkstätten. Die Ertragsquelle ist in der Regel eine Servicegebühr, die pro Schadensfall erhoben wird. Service-Provider für Versicherer Online-Serviceportale Diese Gruppe hat keinen unmittelbaren Kontakt zu Fahrzeugbesitzern, sondern fungiert als „Dienstleister“ Exemplarisch werden hier die Online-Portale Caroobi für Versicherungen. Diese lagern den Serviceprozess und Fairgarage beschrieben. Caroobi wurde 2015 ge- nach einem Schadensfall an Intermediäre aus. Beispie- gründet. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen rund le dafür sind die Kfz-Schadendienstleister Innovation 60 Mitarbeiter. In der letzten Finanzierungsrunde betei- Group und die riparo GmbH. Diese Unternehmen verfü- ligte sich BMWi Ventures an dem Berliner Unternehmen. 11
E Service-Wertschöpfungskette und neue Herausforderer Versicherungen Versicherungen Versicherungen und Leasing- und Leasing- und Leasing- anbieter anbieter anbieter Versicherungen und Leasing- Service-Provider Service-Provider Service-Provider anbieter für Versicherungen für Versicherungen für Versicherungen Service-Provider Service-Provider Service-Provider Service-Provider für Versicherungen für Werkstätten für Werkstätten für Werkstätten Service-Provider Service-Provider Online- Online- Online- für Werkstätten für Werkstätten Serviceportale Serviceportale Serviceportale Service / Werkstatt- Angebots Service / Reparatur Rechnungscheck Reparatur Steering erstellung Reparatur- und Bezahlung benachrichtigung Zustimmung Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank
Nahaufnahme: Die wichtigsten Akteure in der Kundenlandschaft Caroobi verspricht „garantierte Qualität zum Festpreis“. gen Preisen. Zu den Spezialisten, zählen beispielsweise Kunden können auf der Homepage verschiedene Dienst- rameder, scheibenwischer.de, motoroel-direkt, brem- leistungen rund ums Auto buchen, von A wie „Austausch sen.com oder reifen.de. Bei den Generalisten mit eige- Automatikgetriebe“ bis Z wie „Zylinderkopfdichtung“. ner Domain finden sich kfzteile24, ATP, autodoc oder Das Portal hat ein Netzwerk aus 750 Werkstätten in mister auto. Online-Plattformen hingegen bieten nur Deutschland und ist neuerdings auch im Teilehandel den Marktplatz und bringen Nachfrage und Angebot zu- aktiv. Auf Wunsch besorgt Caroobi generalüberholte sammen. Unter den Beispielen finden sich die Giganten oder gebrauchte Kfz-Aggregate wie Motoren, Getriebe des Internet-Handels wie amazon und ebay mit einem und Turbolader und liefert sie direkt in die mit dem Ein- Fokus auf den B2C Bereich, im B2B Bereich gibt es zum bau beauftragte Werkstatt. Beispiel tyre24. Das deutsche Werkstattportal Fairgarage wurde 2011 In Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH- vom Startup-Unternehmen United Vehicles gegründet Region) beträgt der Anteil der Online-Player am IAM- und 2013 mehrheitlich von der Deutschen Automobil Teilehandel ca. 15% (Teile und Reifen), in Großbritan- Treuhand übernommen. Nach eigenen Angaben ist nien rund 20% inklusive Reifen. Die Präferenz für den Fairgarage mit über 16.000 Betrieben das Portal mit den Online-Vertriebskanal ist unterschiedlich ausgeprägt. meisten gelisteten Werkstätten. Auch bei Fairgarage gibt Private Endkunden zieht es beim Teilekauf eher an die der Kunde sein Fahrzeugmodell, seinen Service-Wunsch virtuelle Ladentheke, DIY- und DIFM-Kunden nutzen im- und die Region ein; auf dieser Basis wird der Preis kal- mer stärker die reinen Online-Shops. Privatleute shoppen kuliert. Dass verbesserte Service-Angebote die Bindung im Internet vor allem Lowtech-Artikel wie Wischblätter, bestehender und die Gewinnung neuer Kunden fördert, Glühbirnen, Batterien und Filter, die leicht einzubauen haben auch Werkstattketten längst erkannt. Zum Bei- sind. Für komplexere Wartungs- und Reparaturarbeiten spiel bieten A.T.U und Pitstop ebenfalls die Möglichkeit, inkl. der Teilebestellung bringt der typische Endkunde Termine online zu buchen. Für solche Werkstattkon- sein Auto in die Werkstatt. Tendenziell nimmt jedoch im zepte sind diese Buchungsoptionen zusätzliche Kom- B2C-Geschäft die Bedeutung von Online-Shops zu. fort-Funktionen. Für Online-Serviceportale stellen sie In den Geschäftsbeziehungen zwischen Teilegroßhänd- dagegen den Kern ihres Geschäftsmodells dar. lern und Werkstätten spielen unabhängige Online-Platt- formen oder Online-Shops mit eigener Domain derzeit Online-Shops noch eine kleinere Rolle. Deren Expansion stößt im B2B-Segment auf Hindernisse, denn die Profi-Kund- Während Online-Serviceportale die Schnittstelle zwi- schaft hat spezielle Anforderungen, insbesondere an schen Endkunden und Werkstatt besetzen und deren Lieferfristen und Lieferfrequenz. Diese Service-Messlatte Dienstleistungen vermitteln, haben Online-Shops ein liegt für viele Online-Player (speziell die Online-Shops anderes Geschäftsmodell: Sie verkaufen über Inter- mit eigener Domain) noch zu hoch. Hinzu kommt, dass net-Portale Kfz-Teile an Werkstätten und Endkunden. viele Werkstätten eher dem Service-Versprechen ihres Etablierte Teilegroßhändler haben in der Regel eigene langjährigen Teilegroßhändlers vertrauen als einer Online Bestellsysteme für Ihre Kunden entwickelt, um nicht persönlich bekannten Online-Plattform oder ei- Online-Bestellungen zu ermöglichen. Ihre Wettbewer- nem Online-Shop. ber, hier als Online-Shops bezeichnet, sind dagegen Spannend bleibt zu beobachten, ob und wie die Gigan- ausschließlich als Online-Player aktiv. Als Spezialisten ten amazon oder ebay den Teilehandel im B2C- als auch oder Generalisten unter eigener Domain locken sie im B2B-Segment als interessant erachten und hier wei- die Kundschaft mit Transparenz und aggressiv niedri- ter Zeit und Geld investieren. 13
MACHTKÄMPFE: 2 VERÄNDERUNGEN IN DER KUNDENLAND SCHAFT Die Kundenlandschaft für Teilegroßhändler durchläuft einen Strukturwandel: Werkstätten reagieren auf den verschärften Wettbewerb, kleine Teilegroßhändler trotzen der Konsolidierungswelle, Intermediäre greifen als neue Spieler in den Markt ein, und Endkunden wollen sowohl günstige Preise als auch hochwertige Qualität.
Machtkämpfe: Veränderungen in der Kundenlandschaft Die Kräfteverhältnisse im Beziehungsgeflecht des Kfz-Aftermarket verschieben sich. Die Teilegroßhändler Diese Neu-Akzentuierung stehen vor der Herausforderung, ihren Platz in der neu- en Kundenlandschaft zu behaupten. Die hier skizzierten der Kundenwünsche Trends beeinflussen die Positionierung und die Markt- macht der einzelnen Akteure maßgeblich → F. bietet Chancen für den Werkstätten: Teilegroßhandel, wenn er Unter Druck sich als kompetenter und Die Zahl der Werkstätten geht zurück. Diese Entwicklung beschleunigt den Konzentrationsprozess und trägt zur verlässlicher Partner der Professionalisierung der im Markt verbleibenden An- bieter bei. Dabei sind die Werkstätten in einer unbeque- Werkstätten profiliert. men „Sandwichposition“, da sie verschiedene Trends im Kfz-Aftermarket zu spüren bekommen: Grundsätzlich steigt die Preissensitivität der Kunden; zugleich schrei- tet der Konsolidierungsprozess im Teilegroßhandel fort, und Intermediäre drängen in das Beziehungsgefüge zwi- schen Werkstätten und ihren Kunden. Diese Gemengelage verschärft den Wettbewerbsdruck unter den Werkstätten und fördert deren Tendenz, sich Der Teilegroßhandel selbst hat ebenfalls erfolgreiche Werkstattkonzepten anzuschließen. Solche Kooperatio- Werkstattkonzepte initiiert, unter anderem 1a Auto- nen werden von einem zentralen Dienstleister gesteuert. service (Coler, Knoll, Küblbeck, Lorch, WM SE/Trost), Der unterstützt die Werkstattpartner im „Überbau“ des Autofit (PV) und Meisterhaft (Handelskooperation ATR). operativen Betriebs, unter anderem mit IT-Lösungen, Mithilfe solcher Werkstattkonzepte fördert der Teile- Marketing-Hilfen sowie überbetrieblichen Aus- und großhandel die Professionalisierung der Werkstätten. Weiterbildungsmaßnahmen. Im Gegenzug verpflich- Unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Werkstatt- ten sich die Werkstätten zur Einhaltung von Qualitäts- system verändert die fortschreitende Professionalisie- standards und entrichten eine Systemgebühr. Nach der rung der IAM-Werkstätten deren Anforderungen an den Devise „gemeinsam sind wir stärker“ haben die Werk- Teilegroßhandel. Preis- und mengengetriebene Anforde- stattkonzepte mehr Gewicht, um Preise und Konditi- rungen sind nach wie vor wichtig, aber Faktoren wie fach- onen am Markt durchzusetzen. Auch gegenüber dem liche Unterstützung, Service und Qualität bekommen Teilegroßhandel sind Werkstattsysteme in einer besse- mehr Gewicht. Diese Neu-Akzentuierung der Kunden ren Verhandlungsposition als Einzelkämpfer. Offenbar wünsche bietet Chancen für den Teilegroßhandel, wenn überzeugen diese Vorteile: In Deutschland gehörten er sich als kompetenter und verlässlicher Partner der 2010 circa 60% der freien Werkstätten einem Werkstatt- Werkstätten profiliert. Im Zuge einer Professionalisie- konzept an; fünf Jahre später waren es bereits 80%. In rung sind häufig Anpassungen an technische Anforde- Europa gibt es über 800, teilweise multinational aktive, rungen sowie das Erreichen einer bestimmten Betriebs- Werkstattkonzepte mit insgesamt knapp 110.000 ange- größe erforderlich – und damit Investitionen. Aber vielen schlossenen Werkstätten. Werkstätten fehlen die notwendigen Mittel. Insofern 15
F Wertschöpfungskette IAM-Teilemarkt Schematische Darstellung (vereinfacht) HERSTELLER DISTRIBUTION WERKSTATT KUNDEN OEM OEM- OEM- Private Kunden (Original Equipment Netzwerk Werkstätten Manufacturer) Amateur OEM- „INTERMEDIARIES“ Händler DIY OEM (Do it yourself) Multimarken- Captives Händler DIFM Offline (Do it for me) IAM IAM- IAM- Versicherungen (Independent Netzwerk Werkstätten Aftermarket) Leasingfirmen Einkaufs- Ketten verbände Automobilclubs Freie Geschäfts- Großhändler Werkstätten Routing-Portale kunden Andere Flotten IAM-Spieler (>50 Fzg.) (z.B. Tankstellen) Firmen Autovermietung Online Online Online Fokuskanäle für diese Studie Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank
Machtkämpfe: Veränderungen in der Kundenlandschaft könnte aus Sicht des Teilegroßhandels die Unterstüt- Fehlerdiagnose zu betreiben, und können dann direkt zung der Werkstätten bei kapitalintensiven Anschaffun- eine Werkstatt empfehlen. Diese „digitale Nachrüstung“ gen ein Instrument der Kundenbindung darstellen. können die freien Werkstätten jedoch nicht im Allein- gang stemmen. Die Unterstützung seitens des Teilegroß- Schärfere Rivalität handels hätte deshalb großes Potenzial bei der Kunden- zwischen markengebundenen und bindung. Ein Beispiel liefert der Automobilzulieferer unabhängigen Werkstätten Bosch mit „Drivelog Connect“: Ein spezieller Stecker, der Drivelog Connector, wird in die OBD2-Diagnoseschnitt- Der Wettbewerb zwischen OEM- und IAM-Werkstätten stelle einer Fahrzeugs gesteckt. Via Bluetooth werden spitzt sich zu und wird teilweise mit harten Bandagen alle wichtigen Daten zum Zustand des Fahrzeugs an die ausgefochten. In einem Werbespot zeigte ein deutscher Drivelog Connect App auf dem Smartphone übertragen. Premium-Hersteller, wie eine Masse ölverschmierter Diese App meldet, wann der nächste Fahrzeug-Check Zombies ein Coupé jagt, das sich gerade noch hinter die fällig ist; auch Werkstatttermine können über diese An- Tore einer Markenwerkstatt retten kann. Die Botschaft: wendung gebucht werden. „Damit Ihr XXX nicht in falsche Hände gerät“. Im Gegen- zug attackierte die Kampagne einer Handelskooperati- Multi-Sourcing weit verbreitet on die OEM-Markenwerkstätten mit dem Claim „#Wir befreien Autofahrer“. In den Beziehungen zwischen Werkstätten und ihren Nicht nur mit Marketing-Maßnahmen bemühen sich Teilelieferanten ist das monogame Zeitalter vorbei. Autohersteller, die Fahrzeugbesitzer auf direktem Weg Multi-Sourcing hat sich als Standard etabliert; fast 90% in OEM-Werkstätten zu manövrieren. Komplexe Teile, der IAM-Werkstätten nutzen mehrere Quellen, um Teile deren Einbau OE-Werkzeuge erfordert, erschweren bzw. zu bestellen. In der Regel verteilt sich das Geschäft auf verhindern, dass IAM-Werkstätten Hand an die Autos zwei Hauptlieferanten sowie eine oder zwei weitere Be- legen. Außerdem fürchten Endkunden den Verfall der zugsquellen für spezielle oder besonders günstige Teile. Garantieansprüche, wenn Teile nicht korrekt eingebaut Haben sich Werkstätten für ihre Top-Lieferanten ent- werden. So bauen Autohersteller Hürden für die auto- schieden, ist die Wechselbereitschaft eher geringer. nome Werkstattwahl. Hinzu kommt die Rolle von Au- Wenn Teilegroßhändler ihren Status als Top-Lieferan- tohändlern mit angeschlossenem Werkstatt-Service: Ei- ten eingebüßt haben, liegt das vor allem an verzögerten nige gewähren ihren Kunden Rabatte auf den Kaufpreis, Lieferungen. Es ist extrem mühsam und kostspielig, ver- wenn sich der Besitzer verpflichtet, Wartung und Ser- lorenes Terrain zurückzuerobern. vice beim Verkäufer vornehmen zu lassen. Schließlich Neben der Zuverlässigkeit ist auch die Frequenz der tragen auch Konnektivitätslösungen der OEM dazu bei, Lieferung für die Festigung und den Ausbau der Kun- dass Autofahrer für Instandhaltungs- oder Reparaturar- denbeziehungen entscheidend. Kleine Werkstätten er- beiten direkt in die markengebundene Werkstatt gelotst warten auch in der Fläche die prompte Zustellung der werden. Hier versuchen die IAM-Werkstätten mit OBD- georderten Teile, um Aufträge schnell abarbeiten zu Dongles gegenzusteuern. können. Die Tourenfrequenz muss mindestens drei Mal Diese App-basierten Nachrüstlösungen verwandeln am Tag möglich sein. Der Großteil der Teilegroßhändler auch ältere Fahrzeuge in „smart cars“ und bereiten In- kann bis zu acht Mal täglich liefern. Größere Werkstät- formationen (etwa Benzinverbrauch, Batteriespannung, ten haben häufig kleine Lager, sodass sie bei regelmäßig Serviceintervalle) für die Darstellung auf Handy oder verwendeten Teilen nicht zwingend auf derart häufige Tablet nutzerfreundlich auf. Viele Apps sind in der Lage, Lieferfrequenzen angewiesen sind. 17
Die meisten Werkstätten zeigen sich durchaus preis- von Werkstatt-Profis erfordert. Zum anderen lässt die sensitiv. Dennoch ist der Preis allein kein ausschlagge- Begeisterung für Do-it-yourself-Reparaturen am Fahr- bender Grund, sich von einem Lieferanten zu trennen. zeug gerade in den jüngeren Generationen nach. Gleich- Stattdessen tendieren die meisten Werkstätten dazu, ihr zeitig fördern die im Online-Zeitalter größer gewordene Lieferantennetz um eine günstige Bezugsquelle zu erwei- Kostentransparenz und die zunehmende Preissensi tern. In einer Befragung, die Roland Berger unter rund tivität der Konsumenten deren Aufgeschlossenheit für 100 deutschen Werkstätten durchgeführt hat, erklärte DIFM-Modelle. Hinzu kommt, dass private Endkun- fast die Hälfte der Werkstätten, sie würden dann einen den nicht mehr so stark auf bestimmte Marken fokus- Wechsel ihrer Top-Lieferanten erwägen, wenn die Preise siert sind. des Konkurrenten mindestens 10% günstiger lägen. Bei der Ansprache von Endkunden spielen Online-Ver- triebskanäle eine Schlüsselrolle. Das Internet hat sich Kleine Teilegroßhändler: für Endkunden zu einer unverzichtbaren Recherche- Chancen als „local champions“ quelle entwickelt. Insbesondere DIY- und DIFM-Kunden nutzen immer häufiger Online-Plattformen, um sich Im Konzentrationsprozess der Branche laufen kleine über Service- und Reparaturarbeiten sowie deren Prei- Teilegroßhändler unterhalb einer Umsatzschwelle von se und Konditionen zu informieren. Etwa ein Drittel 100 Millionen Euro Gefahr, von größeren Wettbewer- dieser Kundengruppe ist bereit, online einen Termin bern aus dem Markt gedrängt zu werden. Um diesem in der Werkstatt zu vereinbaren. Künftig wird ein weite- Los zu entgehen, bleibt den kleinen Spielern vor allem rer Anstieg der Nutzerzahlen solcher Online-Angebote die Strategie, sich als „local champion“ zu profilieren. erwartet. Wer diese Rolle ausfüllen will, muss bei seiner regio- Aus diesen Trends ergeben sich Ansätze für den Teile- nalen Kundschaft höchste Anforderungen an Qualität, großhandel, die direkten Geschäftsbeziehungen zu den Zuverlässigkeit und Service erfüllen. Um in diesen Dis- Endkunden auszubauen. Optionen sind beispielsweise, ziplinen zu punkten, ist der kleine Teilegroßhandel auf die Entwicklung von Eigenmarkenkonzepten sowie der perfekt funktionierende Lieferketten angewiesen. Hier Einstieg ins Endkundenmarketing. ist der im Feeder-Business aktive Teilegroßhandel gefor- dert, der über seine Stärken in der Logistik langfristig Intermediäre: die Kundenbindung festigen kann. Wachsender Einfluss Es gibt auch kleine Teilegroßhändler, die eine Fusion mit einem größeren Akteur in Erwägung ziehen. Solche Intermediäre wie Versicherer werden die Kräftever- Pläne könnten sich als Chance für mittlere und größere hältnisse im Kfz-Aftermarket nachhaltig verändern. Es Teilegroßhändler darstellen, einen führenden Part in zeichnet sich ab, dass Intermediäre nicht nur indirekt der betreffenden Region einzunehmen. über Vorgaben zur Werkstattauswahl die Geschäfte des Teilegroßhandels beeinflussen. Einige Versicherer pla- Endkunden: Preisbewusst nen, den Teilekauf in Eigenregie zu übernehmen – sehr und online-affin zum Missfallen der Werkstätten. Der Zentralverband für Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) kritisierte Die Gruppe der Do-it-for-me-Kunden wird mittelfristig diese Taktik: „Die ertragsarme, aber know-how-inten- zunehmen. Diese Entwicklung hat mehrere Gründe: sive Reparatur-Dienstleistung an immer komplexer Zum einen wird der Einbau von Teilen immer komple- werdenden Fahrzeugkonzepten sollen die Werkstätten xer – was sowohl das Know-how als auch das Equipment zu den zu niedrig vereinbarten Stundenverrechnungs- 18
Machtkämpfe: Veränderungen in der Kundenlandschaft sätzen erbringen, während Versicherer den Zukauf von Ersatzteilen möglicherweise übernehmen möchten“, so Bei der Ansprache ZKF-Hauptgeschäftsführer Thomas Aukamm. Er warnte, dass damit ein weiterer überlebensnotwendiger Teil der von Endkunden spielen heutigen Erträge in den Karosserie- und Lackierfach betrieben wegbreche. Online-Vertriebskanäle Der Anteil der von Intermediären gesteuerten Nachfrage am Volumen des Kfz-Aftermarket wird in den nächsten eine Schlüsselrolle. Jahren deutlich zunehmen. Angesichts dieser wachsen- den Marktmacht sollten Teilegroßhändler die Aktivi- Das Internet hat sich für täten der Intermediäre sehr ernst nehmen und genau analysieren. Aufgrund hoher Volumina kann es überaus Endkunden zu einer un- lukrativ sein, einen Intermediär als Direkt-Abnehmer zu gewinnen. Andererseits stellen diese hohen Volumina verzichtbaren Recherche auch ein Risiko dar: Diese kann der Intermediär näm- lich nutzen, um seine Teile direkt beim Hersteller zu be- quelle entwickelt. ziehen. In diesem Fall geht der Teilegroßhandel leer aus. Online-Handel: Mehr Transparenz im Markt Neben den Intermediären beeinflusst der Online-Ver- ten liegt dieser Wert in Deutschland nur bei rund 20% – trieb die Kräfteverhältnisse und das Beziehungsgeflecht äufig sind diese aber auch Mitglied eines Konzepts. h zwischen den Akteuren des Kfz-Aftermarket. Das Inter- Grundsätzlich gewinnen B2B-Plattformen im Teilegroß- net als großes, globales Schaufenster verspricht, mehr handel an Bedeutung. Plattformen wie beispielsweise Klarheit in die unübersichtliche Gestaltung von Preisen Tyre24 bieten kleinen Teilegroßhändlern die Chance, und Konditionen zu bringen, die das mehrstufige Ver- ohne großen Aufwand im Online-Geschäft mitzu triebssystem im IAM prägen. mischen. Mit dieser neuen Übersichtlichkeit der Angebote und Den etablierten Teilegroßhändlern begegnen Online- Konditionen sorgt der Online-Handel für einen Kultur Shops in einer Doppelrolle, die Risiken und Chancen wandel im Teilevertrieb: Die Preissensitivität der Kunden bietet: Einerseits sind sie Wettbewerber, die Kunden auf steigt. Außerdem verändert sich die Wettbewerbsland- einen anderen Vertriebskanal locken. Andererseits sind schaft, weil Angebot und Nachfrage auf den virtuellen die reinen Online-Shops auch eine neue Kundengrup- Marktplätzen und in den Online-Shops nicht mehr regi- pe. Die meisten Online-Akteure beziehen nämlich Teile onal gebunden sind. Diese geografische Entkoppelung und Inventar vom Teilegroßhandel. Über diese Liefer schafft neue Auswahl-Optionen für Käufer. beziehung erschließt sich dem Teilegroßhandel die Je nach Werkstattgröße ist die Aufgeschlossenheit für Chance, indirekt am wachsenden Umsatz der Online- das Online-Shopping von Teilen unterschiedlich ausge- Plattformen zu partizipieren. prägt. Ein Drittel aller kleinen Werkstätten mit bis zu fünf Mitarbeitern nutzt Online-Anbieter, um Teile zu be- stellen. Bei Werkstätten mit mehr als zehn Beschäftig- 19
Exkurs EINBLICKE: DER MARKT FÜR WERKSTATT AUSRÜSTUNGEN Zum Kfz-Aftermarket gehört auch das Segment Werk- 2. OEM-Werkstätten sind auch die Zielgruppe von stattausrüstung mit der Hauptzielgruppe Geschäfts- Dienstleistern wie AMN Garage Services & Equipment. kunden. In den letzten Jahren haben immer mehr Tei- Unternehmen dieses Typs definieren sich als reine Ser- legroßhändler das Ausrüstungsgeschäft entdeckt. Zum vice-Anbieter mit nationalem Fokus. einen um den Werkstätten eine möglichst umfassende 3. Hersteller können über ihren Direktvertrieb eben- Betreuung zu bieten. Zum anderen sind bei der Werk- falls als Bezugsquelle für Werkstattausrüstung dienen. stattausrüstung in der Regel üppigere Margen zu erzie- Der Direktvertrieb ist jedoch eher die Ausnahme. len als im Teilegeschäft. 4. Überregional oder international agierende Teilegroß- Zum Markt für Werkstattausrüstungen gehören An- händler (unter anderem Stahlgruber, Groupauto inter- lagen und Gerätschaften für Arbeiten am Fahrzeug, national, WM, Autodistribution) sind ebenfalls im Ver- etwa Hebebühnen, Achsmessgeräte, Bremsprüfstände, trieb von Werkstattausrüstung aktiv. Ihr Schwerpunkt Reifenmontier- und Reifenwuchtmaschinen und Prüf- liegt in der Belieferung von IAM-Werkstätten, wobei die straßen. Ein weiterer Bereich sind Diagnose-Tools zur Produkte hauptsächlich aus dem mittleren und unteren Auswertung von Motor, Elektronik, Fahrverhalten etc. Preissegment stammen. Hier spielen Importe aus China Die Wertschöpfungskette im Segment Werkstattausrüs- eine zunehmend wichtigere Rolle. tung ist mit drei Stufen weniger komplex als im Teile- 5. Die sogenannten Preisbrecher haben in erster Linie verkauf → F, G. kleinere freie Werkstätten sowie Privatleute als Zielgrup- Bei den Herstellern lassen sich europäische (high-end) pen. Unternehmen wie Twin Busch, RP Tools, ATA und und chinesische (low-/medium-end) Anbieter unter- Fog Automotive importieren Werkstatt-Equipment aus scheiden. Letztere produzieren zum Teil auch „Private China. Label“-Artikel für Werkstattausrüster und den Teilegroß- Der Kauf neuer Werkstattausrüstung ist ein großer handel. Auf der Stufe der Vertriebsorganisation agieren Ausgabenposten und in der Regel eine langfristige In- verschiedene nationale und internationale Player, die vestition. Deshalb sind Entscheidungen über solche sich in fünf Gruppen unterteilen. Anschaffungen normalerweise „Chefsache“. Die meis- 1. Werkstattausrüster (zum Beispiel WHB Autohaus ten Teilegroßhändler haben gute, langjährig gewachse- Profi Service, Gemco Sales & Service, Uhl Werkstatt- ne Beziehungen zu Inhabern und Meistern von Werk Technik, Explora X) sind Spezialisten mit regionalem stätten. Solche Kontakte können sich als sehr wertvoll Fokus. Sie beziehen ihre Produkte von EU-Herstellern erweisen, wenn mittlere und große Teilegroßhändler und beliefern vor allem OEM-Werkstätten. ins Segment Werkstattausrüstung expandieren wollen.
G Wertschöpfungskette im Segment Werkstattausrüstung Schematische Darstellung (vereinfacht) HERSTELLER KUNDE Werkstatt ausrüster HIGH-/ OEM MEDIUM-END NETZWERK (EU) Dienstleister Teile- großhändler MEDIUM-/ IAM LOW-END NETZWERK (CHINA) Preisbrecher häufiger Verkauf gelegentlicher Verkauf Quelle: Roland Berger, HSH Nordbank 21
HANDLUNGS 3 FELDER: WAS JETZT ZU TUN IST In der alten Ordnung des Kfz-Aftermarket konnten sich mittlere und große Teilegroßhändler auf die Belieferung der Werkstätten und das Feeder-Business konzentrieren. Diese Zielgruppen waren ihnen bestens vertraut und lieferten den Großteil der Umsätze. Doch diese Berechenbarkeit ist passé. Die Kundenlandschaft heute ist weniger übersichtlich. Langfristig müssen die Teilegroßhändler die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Abnehmergruppen erfüllen. Dies erfordert ein Fine-Tuning in der Kundenansprache und die Bereitschaft zu einer Omni-Channel-Strategie.
Handlungsfelder: Was jetzt zu tun ist 1 2 Mehr Kunden Service-Partner erreichen durch der Kunden werden Omni-Channel-Vertrieb Mit der Komplexität der Fahrzeugtechnik und dem zu- nehmenden Konkurrenzdruck steigen die Anforderun- Das Kundenspektrum des Teilegroßhandels besteht gen der Werkstätten an Beratung und professionelle aus verschiedenen Akteuren, die jedoch alle einen re- Unterstützung. Diese Entwicklung kann der Teilegroß- levanten Beitrag zum Geschäftserfolg leisten. Nur eine handel nutzen, um die Kundenbindung zu stärken. Auch differenzierte Marketing- und Vertriebsstrategie kann markengebundene Werkstätten kommen als Abnehmer den Bedürfnissen einzelner Kundengruppen gerecht des IAM-Teilegroßhandels in Frage. Diese Zielgruppe werden. Die Neigung, Online-Kanäle zu nutzen, ist un- lässt sich zum Beispiel über die Teileversorgung für äl- terschiedlich ausgeprägt. Deshalb sollten mittlere und tere Fahrzeuge ansprechen; insbesondere Eigenmarken große Teilegroßhändler einen Omni-Channel-Ansatz haben hier Potenzial. Grundsätzlich gilt es, die Lieferan- wählen. So stellen sie sicher, über verschiedene Ver- tenbeziehung als Partnerschaft zu gestalten. Ein viel- triebskanäle das gesamte Kundenspektrum zu erreichen. versprechender Ansatz sind dabei Werkstattkonzepte, Die B2B-Kunden (Werkstätten, kleine Teilegroßhändler, um die Konsolidierung und Professionalisierung von Online-Shops) sowie die Endkunden sollten in die Lage IAM-Werkstätten zu fördern. versetzt werden, zwischen den verschiedenen Kanälen (online, mobil, Callcenter und gegebenenfalls auch Katalog) zu wählen. 23
3 4 Intermediäre als Privatkunden ins Kunden akzeptieren Visier nehmen – und und gezielt ansprechen online erreichen Die Intermediäre spielen eine zunehmend wichtige Der Teilegroßhandel sollte künftig stärker auf das Rolle im IAM. Gerade Versicherer bauen ihre Markt- B2C-Geschäft setzen. Die Endkunden haben sich zu ei- macht aus, weil sie an den Hebeln der Werkstattauswahl ner relevanten Kundengruppe im Kfz-Aftermarket entwi- sitzen und perspektivisch auch die Regie beim Teilekauf ckelt. Insofern tut der Teilegroßhandel gut daran, neue übernehmen wollen. Vor diesem Hintergrund sollte der Ideen zu entwickeln, wie er mit privaten Abnehmern di- Teilegroßhandel unbedingt den Beziehungsaufbau zu rekt ins Geschäft kommen könnte. Dieser unmittelbare dieser Kundengruppe forcieren. Dazu bedarf es zum ei- Kontakt brächte außerdem wertvolle Erkenntnisse über nen der Bereitschaft, sich auf das (noch) nicht vertraute die Präferenzen und Verhaltensweise der Endkunden. Parkett einer neuen Kundengruppe zu begeben. Zum Dieses Know-how würde auch frische Impulse für die anderen müssen die Vertriebsstrukturen entsprechend Geschäftsbeziehungen mit Werkstätten und kleinen angepasst werden. Während das Vertriebsnetz und die Teilegroßhändlern liefern. Immerhin beeinflussen die Kontaktpflege mit Werkstätten seit Jahrzehnten ein- Endkunden maßgeblich die Entwicklung dieser Akteure. gespielt sind, erfordert das Key-Account-Management Um direkte Geschäftskontakte mit dem B2C-Segment von Versicherungs- oder Leasinggesellschaften andere anzubahnen, gibt es für Teilegroßhändler verschiedene Herangehensweisen. Optionen. Der Online-Vertrieb ist der wichtigste Kanal, um die Endkunden anzusprechen. Dementsprechend führt ein vielversprechender Weg zum Endkunden über Service-Plattformen oder Online-Shops. Dabei bietet sich die Möglichkeit, durch Kooperation oder Akqui- sition in eine Service-Plattform einzusteigen oder in Eigenregie einen digitalen Vertriebskanal aufzubauen. Online-Shops bieten auch die Chance für Teilegroß- händler Eigenmarken an den Endkunden zu bringen, die höhere Margen garantieren und die Abhängigkeit von den traditionellen Zulieferern reduzieren. Somit kann auch eine Abwanderung zu den OEM-Werkstätten vermieden werden. Umgekehrt ist es für Online-Shops interessant durch den Aufbau eines stationären Ver- triebs am traditionellen Offline-Geschäft teilzunehmen. 24
Handlungsfelder: Was jetzt zu tun ist 5 6 Durch Big Data Kundenbedürfnisse versteckte analysieren und Ange- Potenziale nutzen bote maßschneidern Gerade kleine und mittlere Teilegroßhändler haben Vielen Teilegroßhändlern ist noch nicht klar, welche häufig nicht die personellen und materiellen Ressour- Schätze in ihren Datenarchiven verborgen sind. Aus cen, um das Kundenmanagement durch IT-Lösungen der Sammlung, Aufbereitung und Nutzung von Kun- und gezielte Marketing-Aktivitäten systematisch vor- dendaten lassen sich wesentliche Erkenntnisse für eine anzutreiben. So bleiben viele Chancen ungenutzt. Um gezielte, individualisierte Kundenansprache gewinnen. diese Potenziale zu heben, sollte die Kooperation in Die systematische Auswertung des Daten-Pools mit- Einkaufsverbänden über das Sourcing hinaus intensi- hilfe einer CRM-Software oder anderer IT-Instrumente viert werden. Die Entwicklung gemeinsamer Big-Data- kann die Bedürfnisse und Präferenzen verschiedener Lösungen ist dabei eine Option, auch eine gemeinsame Kundengruppen offenbaren. Auf dieser Basis lassen Kundenansprache ist eine Möglichkeit. sich maßgeschneiderte Angebote entwickeln, um eine Micromarketing-Strategie zu verwirklichen. Mögliche Maßnahmen sind individualisierte Rabatt-Angebote für häufig gekaufte Teile, besondere Lieferkonditionen, Newsletter mit individuell angepassten Inhalten etc. Bestenfalls lassen sich auf diesem Weg auch Pull-Effekte für Eigenmarken generieren. Wer die Bestellmuster sei- ner Kunden mittels Daten-Analyse entschlüsselt, kann beispielsweise die Routenplanung für Lieferungen ver- bessern. So ermöglicht die Auswertung der Kundenda- ten auch Rückschlüsse für die Optimierung interner Pro- zesse, beispielsweise in Hinblick auf Lagerhaltung und effiziente Logistikplanung. 25
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