Künstliche Ernährung im Alter

 
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Künstliche Ernährung im Alter
Künstliche
Ernährung im Alter
Eine Entscheidungshilfe für Angehörige ...

.... und alle, die privat oder beruflich als Pflegende,
Ärzte, Betreuer oder Therapeuten an der stellvertretenden
Entscheidung für einen alten Menschen im häuslichen
                                                            1
oder stationären Umfeld beteiligt sind.
Künstliche Ernährung im Alter
Impressum

Herausgeber:
AOK-Bundesverband
Stab Medizin
Rosenthaler Straße 31
10178 Berlin

Ansprechpartner:
Dr. med. Dipl.-Psych. Jörg Lauterberg
AOK-Bundesverband, Stab Medizin

Konzeption und Herstellung:
KomPart-Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Berlin
Redaktion: Bettina Nellen
Grafik: Sybilla Weidinger, Kerstin Conradi
Druck: Richter Druck- und Mediencenter GmbH & Co. KG, Elkenroth

Diese Entscheidungshilfe wurde von Claudia Dinand, MScN (Projektdurchführung), Prof. Dr. Sabine
Bartholomeyczik (Projektleitung), Department für Pflegewissenschaft, Universität Witten/Herdecke
und Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Witten, sowie
Dr. med. Ursula Becker, Alfter bei Bonn (Beratung), erstellt und vom AOK-Bundesverband im
Rahmen eines Forschungsprojektes gefördert und finanziert. Als Grundlage diente die von
Susan Mitchell und Mitarbeitern am Ottawa Health Research Institute, Kanada, entwickelte und
2008 überarbeitete Entscheidungshilfe „Making Choices: Long Term Feeding Tube Placement in
Elderly Patients“.
Mit erarbeitet wurde die hier vorliegende Entscheidungshilfe von einer Expertengruppe,
der angehörten: Diplom-Pflegewirt (FH) Christian Kolb, Nürnberg; Prof. Dr. phil. Martin W.
Schnell, Universität Witten/Herdecke; Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Volkert, Universität Erlangen-
Nürnberg; Dr. med. Rainer Wirth, St. Marienhospital Borken GmbH.
Besonderer Dank gilt den Angehörigen, Pflegenden und Ärzten, die sowohl bei der Textvalidierung
als auch dem abschließenden Audit wertvolle Anregungen für diesen Leitfaden geliefert haben.

Diese Entscheidungshilfe steht zudem als Download unter
www.aok.de/gesundheitsnavi → Entscheidungshilfen zur Verfügung.

Stand: April 2011
Künstliche Ernährung im Alter
Inhalt

Inhalt

Liebe Angehörige                                               4

Wie kommt es zu Ernährungsproblemen?                           7
1 Geringe Nahrungsaufnahme                                     7
2 Erhöhter Energie- und Nährstoffbedarf                        7
3 Grunderkrankungen                                            8
4 Mögliche Folgen eines Ernährungsproblems                     8
5 Erkennen eines Ernährungsproblems                            8

Was kann bei Ernährungsproblemen getan werden?                 10
1 Unterstützung der natürlichen Ernährung                      10
2 Unterstützung durch künstliche Ernährung                     11

Was bedeutet eine PEG für meinen Angehörigen?                  13
1 Wie erfolgt die Ernährung über eine Sonde?                   13
2 Ist normales Essen trotz Ernährungssonde möglich?            14
3 Was ist bei der Pflege der Sonde zu beachten?                15
4 Kann eine Ernährungssonde wieder entfernt werden?            15

Welche Fragen sollten vor einer Entscheidung geklärt werden?   17
1 Indikationen – wann ist eine Ernährungssonde sinnvoll?       17
2 Wie kann ich einen Nutzen feststellen?                       18
3 Welche Risiken sind von einer Ernährungssonde zu erwarten?   19

Wer entscheidet?                                               20
1 Was ist eine stellvertretende Entscheidung?                  20
2 Wie erkenne ich den mutmaßlichen Willen?                     20
3 Wie und mit wem kann ich mich austauschen?                   21

Wie würden Sie entscheiden? – Fallbeispiele                    23

Glossar                                                        26

Ausgewählte Literatur                                          27

Web-Links                                                      27

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Künstliche Ernährung im Alter
Künstliche Ernährung im Alter

        Liebe Angehörige

         Sie sollen jetzt oder vielleicht später stellvertretend für einen Ihnen nahestehenden
         Angehörigen eine Entscheidung für oder gegen eine künstliche Ernährung treffen.
         Wahrscheinlich fällt Ihnen diese Entscheidung nicht leicht. Entweder weil Sie
         nicht genau wissen, was unter einer künstlichen Ernährung zu verstehen ist,
         oder weil Sie nicht wissen, welche Konsequenzen damit verbunden sind. Vielleicht
         auch, weil Sie nicht genau wissen, wie Ihr Angehöriger entscheiden würde, wenn
         er oder sie sich selbst äußern könnte. Möglicherweise haben Sie auch das Gefühl,
         über Leben und Tod entscheiden zu müssen, und fühlen sich der Verantwortung
         nicht gewachsen, allein gelassen oder unter Druck gesetzt. Das geht vielen
         Angehörigen in Ihrer Situation ebenso.

         Die Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen, ist immer eine
         schwere Aufgabe. Diese Broschüre soll Ihnen dabei helfen, eine Entscheidung im
         Sinne Ihres Angehörigen treffen zu können, und sie soll Sie ermutigen, sich die
         Verantwortung mit anderen Beteiligten zu teilen. Die Abbildung rechts macht
         Ihnen die möglichen Fragen und Entscheidungswege deutlich.

         Sie erfahren in dieser Broschüre, was unter einer künstlichen Ernährung zu
         verstehen ist, welche Gründe es gibt, dass eine Ernährungssonde im Einzelfall
         notwendig sein kann, und welche dagegen sprechen. Die wichtigsten in dieser
         Broschüre verwendeten Fachbegriffe können Sie im Glossar nachschlagen.

         Wir haben versucht, ein möglichst vielfältiges Spektrum an Möglichkeiten
         aufzuzeigen. Deshalb wird nicht alles, was wir in dieser Broschüre beschreiben,
         auf Ihre persönliche Situation übertragbar sein. Nehmen Sie sich Zeit, diesen Leit-
         faden in Ruhe zu lesen. In der Mitte dieser Broschüre ist zu Ihrer Unterstützung
         auch ein Arbeitsbogen eingeheftet, den Sie durch Öffnen der mittleren Heftklammer
         herausnehmen können. Er soll Ihnen und eventuell anderen Beteiligten helfen, zu
         einer Entscheidung zu kommen. Diese wird aber subjektiv bleiben müssen. Überprü-
         fen Sie Ihre Entscheidung immer mit der Frage: Was hätte
         mein Angehöriger in dieser Situation gewollt? Wie hätte er sich entschieden?

         Wir hoffen, dass Ihnen die Broschüre weiterhilft.

         Claudia Dinand         Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik     Dr. med. Ursula Becker

4
Künstliche Ernährung im Alter
Ernährungsproblem

                      Welche Ursachen kommen infrage?
                    Können die Ursachen behoben werden?
                       Was könnte noch getan werden?
                                    (vgl. Seiten 7–11)

  Ursache behebbar, zum Beispiel
 durch angemessene Unter­stützung                    Ursache nicht behebbar,
     der natürlichen Ernährung                  Ernährungsproblem bleibt bestehen
           (vgl. Seiten 10–11)

        künstliche Ernährung                       künstliche Ernährung aus
aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll        medizinischer Sicht – unter Abwägen
   (keine Indikation zu einer PEG)            von Schaden und Nutzen – sinnvoll
           (vgl. Seiten 17–19)                             (vgl. Seiten 17–19)

                                                Klärung des aktuell geäußerten
       unterstützende Pflege
                                              oder schriftlich fixierten Willens des
      und palliative Versorgung
            (vgl. Seite 18–19)                Betroffenen zur künstlichen Ernährung
                                                            (vgl. Seiten 20–21)

                      Wille des Betroffenen                 Wille des Betroffenen
                          nicht bekannt                  bekannt, zum Beispiel durch
                       oder nicht erfahrbar               eine Patientenverfügung

                      Was würde mein                         Entspricht die in der
                    Angehöriger wollen,                      Patientenverfügung
                 wenn er sich äußern könnte?              beschriebene Situation der
                    (mutmaßlicher Wille)                     jetzt vorliegenden?

                      Gemeinsames Gespräch aller Beteiligten, zum Beispiel
                    in Form einer Fallbesprechung, Beantwortung der Fragen:

                          Welche Entscheidung wäre die bestmögliche
                                     für meinen Angehörigen?
                          Welche Informationen werden noch benötigt?
                       Wann soll die Entscheidung erneut überprüft werden?

Abbildung 1: Entscheidungswege zur künstlichen Ernährung

                                                                                       5
Künstliche Ernährung im Alter

                  Das Essen soll zuerst das Auge
                  erfreuen und dann den Magen.
                  Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter
Wie kommt es zu Ernährungsproblemen?

Wie kommt es zu
Ernährungsproblemen?

Situationen, in denen aus medizinischer    • Unfähigkeit zu zielgerichteten Hand-
Sicht eine künstliche Ernährung in Be-       lungen beim Essen (vor allem bei
tracht kommt, können ganz verschieden        Demenz)
sein. Allen gemeinsam ist eine proble-
matische Ernährungssituation.              Andere Gründe, warum es Menschen
                                           manchmal ablehnen zu essen:
                                           • unappetitlich angerichtete
1I Geringe Nahrungsaufnahme                  Speisen, ungewohnter Geschmack,
Bevor Sie eine Entscheidung über eine        zum Beispiel durch wenig gewürzte
künstliche Ernährung für Ihren Ange-         Speisen
hörigen treffen, sollten Sie sich verge-   • depressive Grundstimmung
wissern, ob wirklich alle Ursachen für     • abnehmendes Hunger- und
das vorliegende Ernährungsproblem            Durstempfinden
bedacht sind.                              • Ausdruck von Selbstbestimmung
                                           • Umgebungsfaktoren,
Ursachen können körperliche Beein-           zum Beispiel Geräuschkulisse,
trächtigungen sein, zum Beispiel:            Gerüche, inadäquate Hilfsmittel
• schlecht sitzende Zahnprothesen,         • Essensangebot entspricht nicht
  Mundtrockenheit, gereizte Schleim-         den Vorlieben, dem Geschmack oder
  häute, Schmerzen beim Kauen                dem gewohnten Tagesrhythmus
• zu wenig Kraft oder Beweglichkeit        • Angst vor Unverträglichkeiten
  der Arme und Hände, um das               • Abneigungen persönlicher,
  Besteck zu greifen, den Becher/            religiöser oder kultureller Art
  die Gabel zu halten oder das Brot
  oder anderes zu schneiden
• Veränderungen der Wahrnehmung,           2I Erhöhter Energie- und
  zum Beispiel durch Schwierigkeiten          Nährstoffbedarf
  beim Sehen, Riechen oder                 In bestimmten Fällen kann auch ein
  Schmecken                                erhöhter Kalorienverbrauch zu einem
• Schluckstörungen                         Ernährungsproblem führen, zum Bei-
• Müdigkeit beim Essen, zum Beispiel       spiel bei:
  durch Medikamente oder einen             • Krankheit (Infektion, Fieber, offene
  veränderten Schlaf-Wach-Rhythmus           Wunden, Durchfall und Erbrechen)
• Schmerzen beim Sitzen, schlechte         • Unruhe und ständigem Umherlaufen
  Lage (im Bett)                             bei Demenz

                                                                                        7
Künstliche Ernährung im Alter

         3I Grunderkrankungen                         und führen Sie ein Ernährungs-
         Es sind verschiedene Erkrankungen be-        tagebuch über Art und Menge der
         kannt, die zu Ernährungsproblemen füh-       verzehrten Nahrungsmittel. Notieren
         ren können. Eine Zusammenstellung            Sie eventuelle Lieblingsspeisen.
         zeigt Tabelle 1.                           • Tauschen Sie sich mit den
                                                      betreuenden Pflegekräften und
                                                      dem behandelnden Arzt über Ihre
                                                      Beobachtungen aus.
         „Bevor Sie eine Entscheidung
                                                    • Prüfen Sie beziehungsweise
       zu einer künstlichen Ernährung                 fragen Sie nach Veränderungen
       bei Ihrem Angehörigen treffen,                 des Gewichts. Zusammen mit
         sollten Sie sich vergewissern,               anderen Fragen zur Ernährungs-
      ob wirklich alle Ursachen für das               situation kann so zum Beispiel ein
      vorliegende Ernährungsproblem                   Risiko für die Entwicklung einer
                                                      Mangelernährung bestimmt wer-
                bedacht worden sind.“
                                                      den. Mit diesen Informationen
                                                      können Sie gezielte, auf Ihren
                                                      Angehörigen angepasste Schritte
         4I Mögliche Folgen eines                     einleiten, um eine solche Mangel-
            Ernährungsproblems                        ernährung zu verhindern.
         Isst ein Mensch zu wenig oder ernährt
         er sich einseitig, kann das dazu führen,   Zur Erfassung des Ernährungszustands
         dass ihm wichtige Nährstoffe fehlen. In    stehen verschiedene Methoden zur
         der Folge leidet er unter einer Mangel-    Ver fügung. Eine wichtige und oft ange-
         ernährung, die Muskelmasse nimmt ab.       wandte Kenngröße ist die Bestimmung
         Es kommt zu Gewichtsverlust. Dies kann     des Body-Mass-Index (BMI). Dabei wird
         wiederum führen zu:                        die Körpergröße mit dem Körpergewicht
         • einer Schwächung des                     in Beziehung gesetzt. Ein niedriger
           Allgemeinzustandes                       Wert kann Hinweise auf eine mögliche
         • allgemeiner Kraftlosigkeit               Mangelernährung geben. Bei alten und
         • einer Einschränkung der                  kranken Menschen kann es jedoch
           Alltagsfähigkeit                         auch zu einer Fehleinschätzung kom-
         • Sturzgefährdung                          men, zum Beispiel bei Wirbelsäulenver-
         • Infektionsanfälligkeit                   krümmung oder starken Wasserein-
                                                    lagerungen. Deshalb sollte der BMI
                                                    immer in Zusammenhang mit anderen
         5I Erkennen eines                          Parametern wie zum Beispiel Waden-
            Ernährungsproblems                      umfang, Hautfaltendicke oder Hüft-
         Um ein Ernährungsproblem rechtzeitig       Taillen-Umfang verwendet werden.
         zu erkennen, können Sie Folgendes tun:     Häufig wird bei älteren Menschen bei
         • Beobachten Sie Ihren Angehörigen         einem BMI von 20 kg/m2 und weniger

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Wie kommt es zu Ernährungsproblemen?

 Erkrankung                               Folge

 Neurologische Erkrankungen,              Schluckstörungen durch die
 zum Beispiel Schlaganfall,               Funktionsbeeinträchtigung von
 Multiple Sklerose, Parkinson,            Muskeln und Nerven. Dies kann eine
 Amyotrophe Lateralsklerose               Aspiration (Speichel oder Nahrungs-
 (ALS)                                    bestandteile gelangen in die Luftröhre
                                          oder Lunge) zur Folge haben.

 Tumore im Mund-, Rachen-                 mechanische Behinderung des
 oder Speiseröhrenbereich                 Speisewegs

 Demenz                                   • Kau- und Schluckstörungen
                                          • Vergessen von Hunger und Durst
                                          • Konzentrationsstörungen
                                          • Unfähigkeit, eine Handlung zu Ende
                                            zu führen

 Depression                               fehlender Appetit

Tabelle 1: Grunderkrankungen,
die zu Ernährungsproblemen führen können

eine mögliche Mangelernährung ange-         Messung ist aber eine schnelle, unbe-
nommen. Ein viel eindeutigerer Hinweis      absichtigte Abnahme des Gewichts, zum
auf ein hohes Risiko als eine einmalige     Beispiel fünf Prozent in einem Monat.

BMI = Gewicht (in Kilogramm) : Größe (in Metern mal 2)

Beispiel: Frau, 55 Kilogramm, 1,64 Meter

BMI = 55 kg : (1,64 m x 1,64 m) = 55 kg : 2,6896 m2 = 20,45 kg/m2
      Ergebnis: „grenzwertig“

Beispiel: Mann, 65 Kilogramm, 1,85 Meter

BMI = 65 kg : (1,85 m x 1,85 m) = 65 kg : 3,4225 m2 = 18,99 kg/m2
      Ergebnis: „Untergewicht“

                                                                                          9
Künstliche Ernährung im Alter

        Was kann bei Ernährungsproblemen
        getan werden?

         1I Unterstützung der                       • Einfluss- und Wahlmöglichkeiten bei
            natürlichen Ernährung                     der Essensgestaltung (zum Beispiel
         Essen und Trinken gehören zu den Grund-      was wird gegessen, wo wird
         bedürfnissen des Menschen. Was dem           gegessen, wann wird gegessen?)
         Einzelnen beim Essen wichtig ist, ist      • eine überschaubare und
         individuell sehr verschieden und von         familiäre Atmosphäre während
         der persönlichen Lebensgeschichte            des Essens
         und den individuellen Gewohnheiten         • sinnlich ansprechende und
         abhängig.                                    kontrastreich angerichtete,
                                                      stärker gewürzte Speisen
         Je mehr Sie über die Lebensgeschichte      • genügend Zeit beim Essen; auch
         eines Menschen wissen, desto eher            sollten gegebenenfalls außerhalb
         können Sie mithelfen, die Ernährungs-        der üblichen Essenszeiten kleine
         situation stabil zu halten. Positiv aus-     Speisen angeboten werden
         wirken können sich:
         • Mahlzeiten, die sich an den individu-    In besonderen Fällen kann es sinnvoll
           ellen Vorlieben (wichtig: Lieblings-     sein, hoch kalorische Nahrungszusätze
           speisen!) und der Lebensgeschichte       (meist geschmacksneutral und in Pulver-
           orientieren                              form erhältlich) oder Trinknahrung (in

         Abbildung 2: Ernährungssonde über die Nase (vorübergehend)

10
Was kann bei Ernährungsproblemen getan werden?

verschiedenen Geschmacksrichtungen          Vollernährung über Infusionen ist sehr
verfügbar) zusätzlich anzubieten.           selten.

Bei Schluckproblemen sollte eine Fach-      Eine solche Vollernährung kann über
person hinzugezogen werden, zum             die künstliche Ernährung mithilfe einer
Beispiel eine Logopädin, da diese über      Sonde über die Nase (nasogastral) oder
Kenntnisse rund um den Schluckakt           die Bauchdecke (perkutan) erfolgen.
verfügt. Sie kann Ihnen Tipps geben,
wie das Schlucken sinnvoll und unge-
fährlich unterstützt werden kann. In der    „Je mehr Sie über die Lebens-
Regel können angedickte Speisen bes-        geschichte eines Menschen
ser geschluckt werden als flüssige.         wissen, desto eher können Sie
                                            mithelfen, die Ernährungssituation
Unterstützung erhalten Sie auch bei
weiteren Fachkräften: Beruflich Pfle-       stabil zu halten.“
gende können Ihnen zeigen, wie die
Nahrung richtig anzureichen ist. Er-
nährungsberaterinnen können Ihnen           Sonden, die über die Nase in den Magen
wertvolle Informationen zur Zusam-          gelegt werden, werden durch ihre Lage
mensetzung der verschiedenen Mahl-          im Gesicht häufig als störend erlebt und
zeiten liefern.                             können bei längerfristiger Anwendung
                                            Druckgeschwüre in der Speiseröhre
                                            verursachen (Abbildung 2). Sie eignen
2I Unterstützung durch                      sich daher in erster Linie für eine kurz-
   künstliche Ernährung                     fristige Anwendung. Ist eine künstliche
Manchmal ist es notwendig, einen            Ernährung aus medizinischer Sicht
Menschen über einen gewissen                längerfristig notwendig, kann die Er-
Zeitraum künstlich zu ernähren. Das         nährung über eine PEG (= perkutane
kann – meist für einen überschaubaren       endoskopische Gastrostomie) sinnvoll
Zeitraum und nicht auf Dauer – über         sein.
Infusionen geschehen, um beispiels-
weise einen Flüssigkeitsmangel auszu-
gleichen.

Zur Verabreichung solcher Infusionen
sind in der Regel spezielle Zugänge/
Katheter notwendig. Infusionen können
bei einzelnen, meist akuten Erkrankun-
gen wie zum Beispiel Durchfall und Er-
brechen oder nach Operationen sinn-
voll und effektiv sein. Eine dauerhafte

                                                                                            11
Künstliche Ernährung im Alter

                  Es gibt kaum ein beglückenderes
                  Gefühl, als zu spüren, dass man für
                  andere Menschen etwas sein kann.
                  Dietrich Bonhoeffer, deutscher Theologe
Was bedeutet eine PEG für meinen Angehörigen?

Was bedeutet eine PEG für
meinen Angehörigen?

Für eine längerfristige künstliche Ernäh-    Kontinuierliche Gabe: Die Nahrung
rung wird eine sogenannte perkutane          wird über viele Stunden (etwa 16 Stun-
endoskopische Gastrostomie (PEG) vor-        den pro Tag) mithilfe der Schwerkraft
genommen. Es handelt sich dabei um           oder einer Pumpe verabreicht. Dieses
einen medizinischen Eingriff, für den in     Verfahren vermindert das Risiko eines
der Regel ein kurzer Krankenhausauf-         unbemerkten Hochlaufens der Nahrung
enthalt nötig ist.                           durch die Speiseröhre in die Luftröhre
                                             und damit die Aspirationsgefahr. Ein
Mithilfe einer Magenspiegelung wird          Nachteil ist, dass die Bewegungsfähig-
ein weicher Kunststoffschlauch durch         keit durch die ständige Ernährung
die Bauchwand in den Magen gelegt.           eingeschränkt ist. Das kann bei Ihrem
Dazu ist eine leichte Betäubung (keine       Angehörigen dazu führen, dass er sich
Vollnarkose) ausreichend. Im Magen           „angebunden“ fühlt und/oder dass
verhindert eine weiche Halteplatte das       Folgeprobleme wie zum Beispiel ein
Herausziehen (Abbildung 3 auf Seite          Druckgeschwür (Dekubitus) entstehen.
14). Dieser Vorgang dauert insgesamt
etwa 15 Minuten.                             Bolusgabe: Hierbei wird die Nahrung
                                             portionsweise zu den normalen Essens-
                                             zeiten gegeben. Diese Form entspricht
1I Wie erfolgt die Ernährung                 dem natürlichen Rhythmus einer Mahl-
   über eine Sonde?                          zeit mit Sättigungsgefühl und Appetit-
Flüssige Nahrung wird je nach Hersteller     phasen und schafft Pausen für Aktivitä-
aus einer Flasche oder einem Beutel          ten, setzt aber eine normale Magen-
durch einen Schlauch in den Magen ge-        Darm-Funktion voraus.
leitet. Die Sondennahrung wird indus-
triell hergestellt und ist so aufbereitet,   Welche Form der Gabe letztlich gewählt
dass sie vom Darm gut verwertet wer-         wird, muss im Einzelfall und nach Ver-
den kann. Sie enthält alle Nährstoffe,       träglichkeit entschieden werden. In bei-
die für Ihren Angehörigen nötig sind.        den Fällen ist eine Hochlagerung des
Um unterschiedlichen Bedarfssituatio-        Oberkörpers von mindestens 30 Grad
nen gerecht zu werden, gibt es verschie-     unbedingt notwendig, damit Nahrung
dene Produkte.                               nicht in die Luftröhre gelangt.

Man unterscheidet zwei Darreichungs-         Auch Wasser, Tee und Medikamente
formen:                                      (siehe auch Hinweise auf Seite 15 unter

                                                                                           13
Künstliche Ernährung im Alter

         „Was ist bei der Pflege der Sonde zu        diagnostik in regelmäßigen Abständen
         beachten?“) können durch die Ernäh-         von einem Spezialisten, zum Beispiel
         rungssonde gegeben werden.                  einem Logopäden, ausgetestet wird.

                                                     Bei ausgeprägter Schädigung von Mus-
         2I Ist normales Essen trotz                 keln und Nerven, die für den Schluckakt
            Ernährungssonde möglich?                 verantwortlich sind, muss manchmal
         Ja, wenn keine medizinischen Gründe         die Verabreichung jeglicher Nahrung
         dagegen sprechen. Generell sollte sogar     über den Mund unterbleiben. Es besteht
         so viel wie möglich weiter über den Mund    dann ein regelrechtes Schluckverbot. In
         gegessen werden. Die angebotene Men-        solchen Fällen gewinnt eine regelmäßige
         ge muss jedoch der Schluckfunktion und      und gründliche Mundpflege besonders
         dem Appetit angepasst sein.                 an Bedeutung. Sie wirkt dem Durstge-
                                                     fühl, das durch einen trockenen Mund
         Es ist wichtig, dass die Schluckfähigkeit   verursacht wird, entgegen. Zur Mund-
         im Rahmen einer sogenannten Schluck-        pflege eignen sich in Flüssigkeit ge-

         Abbildung 3: PEG-Ernährungssonde (dauerhaft)

14
Was bedeutet eine PEG für meinen Angehörigen?

tränkte Tupfer oder kleine Eiswürfel, die    schoben werden. In der Regel überprü-
sich im Mund auflösen. Sie können            fen Pflegekräfte die Funktionsfähigkeit
hierfür fast alle Flüssigkeiten benutzen,    der Sonde.
nicht nur Wasser und Tee, sondern
auch Säfte oder – wenn ansonsten             Die Ernährungssonde hält bei korrekter
nichts dagegen spricht – alkoholische        Bedienung und Pflege einige Jahre.
Getränke wie Wein und Bier.

                                             4I Kann eine Ernährungssonde
3I Was ist bei der Pflege der                   wieder entfernt werden?
   Sonde zu beachten?                        Ja, eine Sonde kann wieder entfernt wer-
Damit die Sonde lange funktionstüchtig       den, wenn die Gründe, die ursprünglich
bleibt, muss regelmäßig überprüft wer-
den, ob sie dicht ist, nicht verstopft und
ob die flüssige Nahrung korrekt einläuft.    „Die Sondenernährung muss in
In der Regel übernimmt eine erfahrene        regelmäßigen Abständen daraufhin
Fachkraft diese Aufgabe.
                                             überprüft werden, ob es noch gute
Die häufigste Ursache für eine Verstop-
                                             Gründe dafür gibt und das ange-
fung der Sonde sind Medikamenten-            strebte Ziel auch erreicht wird.“
reste, die die Sonde von innen verkleben.
Medikamente sollten daher grundsätz-
lich einzeln gegeben und mit etwas Was-      zu einer PEG-Anlage geführt haben,
ser nachgespült werden. Da nicht jedes       nicht mehr zutreffen. Das kann sein,
Medikament ohne Wirkungsverlust über         wenn Ihr Angehöriger
eine Sonde gegeben werden kann, wird         • wieder ausreichend essen und
der behandelnde Arzt die Medikation da-        trinken kann oder
raufhin überprüfen und gegebenenfalls        • nicht, wie erhofft, von der Sonde
auf geeignete Präparate oder andere Ver-       profitiert und das Therapieziel nicht
abreichungsformen umstellen.                   erreicht wird.

Wichtig bei der Versorgung und Pflege        Auf jeden Fall muss die Beibehaltung
einer PEG ist die Vermeidung von zu          einer Sondenernährung in regelmäßi-
starkem Zug, um zu verhindern, dass          gen Abständen auf ihre Gültigkeit über-
die Ernährungssonde unbeabsichtigt           prüft werden. Übersteigt der Schaden
entfernt wird. Andererseits muss auch        den möglichen Nutzen oder entspricht
darauf geachtet werden, dass sie nicht       die Maßnahme nicht mehr dem mutmaß-
in die Magenwand einwächst. Die Ein-         lichen Willen, gibt es keine ethischen
stichstelle in der Bauchdecke sollte         oder juristischen Gründe, die Sonde wei-
daher mehrmals pro Woche gesäubert,          ter einzusetzen. Ein hierzu wichtiges
der Hautzustand überprüft und die Son-       Urteil hat der Bundesgerichtshof gefällt
de vorsichtig drehend vor und zurückge-      (siehe unter Web-Links auf Seite 27).
                                                                                           15
Künstliche Ernährung im Alter

                  Der kürzeste Weg zwischen
                  zwei Menschen ist ein Lächeln.
                  Chinesisches Sprichwort
Welche Fragen sollten vor einer Entscheidung geklärt werden?

Welche Fragen sollten vor einer
Entscheidung geklärt werden?

Wichtig vor der Entscheidung für eine      oder weniger die an sie gestellten Er-
Ernährungssonde ist eine auf die indivi-   wartungen erfüllen. Man weiß jedoch,
duelle Situation ausgerichtete ärztliche   dass vor allem die Menschen davon pro-
Aussage zur medizinischen Notwendig-       fitieren, deren Allgemeinzustand allen-
keit und zu einem Therapieziel. Dabei      falls mäßig reduziert ist und die sich
ist zu unterscheiden, ob es sich um eine   nicht in der Endphase einer voranschrei-
vorübergehende Störung handelt, die        tenden chronischen Krankheit befinden.
mithilfe einer PEG überbrückt werden
kann, oder um eine nicht therapierbare     Medizinisch unstrittig ist die Anlage
fortschreitende Grunderkrankung. Wich-     einer PEG bei
tige Fragen, die Sie sich und anderen      • Menschen mit ausgeprägten
beteiligten Personen zum Beispiel im         Schluckstörungen, beispielsweise
Rahmen einer Fallbesprechung stellen         nach einem Schlaganfall. Hier wird
sollten, sind:                               die Ernährung mithilfe einer Sonde
• Was soll eine künstliche Ernährung         so früh wie möglich empfohlen.
   bewirken? Was erhoffe ich mir für         Innerhalb der ersten 14 Tage wird in
   meinen Angehörigen von der Anlage         der Regel über eine Nasensonde
   einer PEG?                                ernährt. Bei ausbleibender Besse-
• Kann die PEG diese Erwartungen             rung der Schluckstörung sollte dann
   erfüllen? Welcher Nutzen ist              nach 14 bis 28 Tagen auf eine
   tatsächlich erwartbar?                    PEG-Sonde gewechselt werden.
• Entspricht eine solche Maßnahme          • Menschen, bei denen tumorbedingt
   dem Willen meines Angehörigen?            der natürliche Speiseweg versperrt
   Wie würde er entscheiden, wenn            wird oder die vor und nach einer
   er sich äußern könnte?                    Chemotherapie keine Nahrung bei
• Wann und unter welchen Bedingun-           sich behalten können.
   gen sollte die Entscheidung erneut
   überprüft werden?                       In diesen Situationen hilft eine frühzeitige
                                           Ernährung über eine PEG, den Allge-
                                           mein- und Ernährungszustand zu stabili-
1I Indikationen – wann ist eine            sieren und damit zur Erholung und
   Ernährungssonde sinnvoll?               Wiedererlangung von Fähigkeiten bei-
Je nachdem, welche Ursache für das         zutragen, zum Beispiel am alltäglichen
Ernährungsproblem Ihres Angehörigen        Leben teilzunehmen und wieder selbst-
verantwortlich ist, kann eine PEG mehr     ständig essen und trinken zu können.

                                                                                               17
Künstliche Ernährung im Alter

         Bei Menschen mit chronisch verlaufen-        nicht nachgewiesen werden. Weder
         den neurologischen Erkrankungen wie          konnte die Lebenserwartung noch die
         Parkinson, Multipler Sklerose oder ALS       Lebensqualität gesteigert noch eine
         (Amyotrophe Lateralsklerose), die in         Aspiration oder das Entstehen von
         fortgeschrittenen Stadien mit einer          Druckgeschwüren dadurch vermieden
         Schluckstörung einhergehen können,           werden. Manche verwirrte Menschen
         kann eine Ernährungssonde ebenfalls          mussten sogar an den Händen fixiert
         Entlastung bringen und oft die Prognose      werden, damit sie sich die Sonde nicht
         verbessern. Hier bahnt sich eine Ent-        gewaltsam entfernen.
         scheidung für oder gegen eine Sonde
         langsam an. Sie können also in Ruhe          Menschen, die bereits vor Anlage einer
         entscheiden.                                 PEG pflegebedürftig waren, werden
                                                      wahrscheinlich auch mit einer PEG auf
         Für alte und pflegebedürftige Men-           Hilfe angewiesen bleiben.
         schen, insbesondere für Menschen mit
         Demenz, ist häufig ein langsam fort-         Menschen am Ende des Lebens profitie-
         schreitender, chronischer Gewichtsver-       ren in der Regel nicht mehr von der Er-
                                                      nährung über eine PEG. Menschen in
                                                      dieser Lebensphase verspüren oft wenig
                                                      oder keinen Hunger und Durst. Das Auf-
              „Entscheidungen für oder
                                                      drängen von Nahrung widerstrebt sogar
           gegen eine Magensonde sind
                                                      ihren Bedürfnissen. Andere Formen der
              immer für die individuelle              Förderung von Wohlbefinden, zum Bei-
                Situation abzuwägen.“                 spiel das Befeuchten des Mundes mit
                                                      getränkten Tupfern oder die Gabe von
                                                      Flüssigkeit in Form kleiner Eiswürfel zur
                                                      Durststillung oder bei Mundtrockenheit,
         lust der Auslöser, sich für eine Ernäh-      stehen hier im Vordergrund.
         rungssonde zu entscheiden. Hier ist ein
         Nutzen durch eine PEG nicht so eindeu-
         tig zu bestimmen. Prüfen Sie gemein-         2I Wie kann ich einen Nutzen
         sam möglichst mit Ihrem Angehörigen,            feststellen?
         mit den betreuenden Ärzten und Pflege-       Von einem Nutzen durch eine Ernäh-
         fachkräften, ob wirklich alle Ursachen er-   rungssonde wird gesprochen, wenn sie
         kannt und entsprechende Maßnahmen            sich positiv auf die Situation Ihres An-
         zur Stabilisierung der Ernährungssitua-      gehörigen auswirkt, indem sie
         tion ausgeschöpft wurden.                    • die Ernährungssituation stabilisiert
                                                        oder verbessert
         Für Menschen mit einer fortgeschritte-       • den Gesundheitsstatus positiv
         nen Demenz konnte ein Nutzen durch             beeinflusst oder weitere
         eine Ernährung über eine PEG bislang           Verschlechterungen verhindert

18
Welche Fragen sollten vor einer Entscheidung geklärt werden?

• die Lebensqualität steigert              Lungen- oder Bauchfellentzündung oder
• das Allgemeinbefinden verbessert         eine Verletzung des Darms.
• die Alltagsfähigkeiten erhält
  oder wiederherstellt                     Zu den Langzeitkomplikationen und Pro-
• die Lebenserwartung erhöht               blemen einer Ernährungssonde zählen
                                           beispielsweise die Lockerung, Undich-
Ein Nutzen liegt nicht oder nur einge-     tigkeit, Verstopfung oder das Einwach-
schränkt vor, wenn sich keine positiven    sen in die Bauchwand. Diese Kompli-
Effekte nachweisen lassen.                 kationen können durch gute Pflege
                                           vermieden werden.
Von einem Schaden kann gesprochen
werden, wenn sich die Ernährungssonde      Menschen, die vor einer PEG Nahrung
negativ auf die Situation Ihres Angehö-    aspiriert haben, tun dies meist auch nach
rigen auswirkt, indem sie                  der Sondenanlage. Selten, dann aber
• Schmerzen oder Komplikationen            besonders gefährlich ist die sogenannte
   verursacht                              stille Aspiration, weil sie unbemerkt ver-
• die Lebensqualität einschränkt           läuft. Dabei geraten Nahrungsbestand-
• Alltagsfähigkeiten reduziert             teile in die Atemwege und können nicht
• ein perspektivloses Leiden unnötig       wieder abgehustet werden. Dies kann
   verlängert                              zu einer Lungenentzündung führen.

                                           Viele der Aspekte, die es zu bedenken
3I Welche Risiken sind von einer           gilt, können nur subjektiv aus der Sicht
   Ernährungssonde zu erwarten?            Ihres Angehörigen eingeschätzt wer-
Die Anlage einer PEG ist im Vergleich      den. Nicht immer sind klare Antworten
mit anderen medizinischen Eingriffen       möglich. Entscheidungen für oder ge-
aus technischer Sicht eine einfache und    gen eine PEG sind immer für die indivi-
sichere Methode, um eine dauerhafte        duelle Situation abzuwägen. Eine Ent-
und ausgewogene Ernährung sicher-          lastung kann es sein zu wissen, dass es
zustellen. Die häufigste Komplikation      weitere Möglichkeiten gibt, mit denen
durch die Anlage selbst ist eine Wund-     Sie Ihrem Angehörigen Zuwendung und
infektion und kommt in etwa 15 von 100     Wohlbefinden vermitteln können. Beson-
Fällen vor. Weniger häufig sind Wund-      ders in Situationen, in denen Heilung
schmerzen oder Blutungen nach der          nicht mehr möglich ist, hilft eine gute
Anlage. Sie gelten als leichte Komplika-   palliative Versorgung. Sie umfasst die
tionen. Manchmal können auch Durch-        Linderung der Beschwerden, eine ein-
fälle oder Übelkeit und Erbrechen durch    fühlsame Begleitung und gute Kommu-
die künstliche Ernährung auftreten.        nikation aller Beteiligten untereinander.
                                           In besonderen Fällen können Sie auch
Schwere Komplikationen kommen sel-         eine spezialisierte ambulante Palliativ-
ten vor. Dazu gehören zum Beispiel eine    versorgung (SAPV) in Anspruch nehmen.

                                                                                             19
Künstliche Ernährung im Alter

         Wer entscheidet?

         Vor einer Entscheidung für oder gegen       die Beurteilung des mutmaßlichen Wil-
         eine PEG steht eine vom Arzt festge-        lens Aufgabe des gesetzlichen Vertre-
         stellte medizinische Indikation. Bei der    ters. Eine Entscheidung muss im gemein-
         Anlage selbst handelt es sich um einen      samen Gespräch getroffen werden.
         medizinischen Eingriff. Diesem muss
         Ihr Angehöriger oder gegebenenfalls         Bei Uneinigkeit zwischen verschiede-
         sein gesetzlicher Vertreter zustimmen,      nen beteiligten Personen, die nicht durch
         nachdem er über mögliche Folgen vom         wiederholte Gespräche geklärt werden
         behandelnden Arzt aufgeklärt wurde.         kann, kann das Betreuungsgericht ein-
         Ohne dieses Einverständnis ist ein sol-     geschaltet werden.
         cher Eingriff rechtswidrig.

                                                     1I Was ist eine stellvertretende
                                                        Entscheidung?
            „Es sind die Wünsche und
                                                     Unter einer stellvertretenden Entschei-
   Bedürfnisse Ihres Angehörigen, die                dung versteht man eine Entscheidung,
     respektiert werden müssen, auch                 die jemand in Vertretung eines Men-
      wenn Sie persönlich für sich viel-             schen trifft, der vorübergehend oder
  leicht anders entscheiden würden.“                 dauerhaft nicht in der Lage ist, dies selbst
                                                     zu tun. Um eine solche stellvertretende
                                                     Entscheidung zu treffen, muss jemand
                                                     dazu berechtigt werden. Dies ist zum
         Solange Ihr Angehöriger selbst ent-         Beispiel dann der Fall, wenn eine Person
         scheiden kann, also einwilligungsfähig      einem vertrauten Menschen eine Vor-
         ist, gilt sein aktuell geäußerter Wille.    sorgevollmacht erteilt hat, die auch den
         Auch bei bestehender gesetzlicher Be-       Bereich der Gesundheitsfürsorge um-
         treuung können gegebenenfalls einzelne      fasst. Das Gleiche gilt, wenn das Betreu-
         Fragen mit Ihrem Angehörigen bespro-        ungsgericht jemanden als gesetzlichen
         chen werden.                                Betreuer einsetzt. Weiterführende In-
                                                     formationen hierzu finden Sie unter
         Die meisten Menschen, bei denen die         „Ausgewählte Literatur“ auf Seite 27.
         Entscheidung für oder gegen eine Er-
         nährungssonde getroffen werden muss,
         können diese Einwilligung aufgrund Ihres    2I Wie erkenne ich den
         gesundheitlichen Zustandes nicht mehr          mutmaßlichen Willen?
         geben. Die Beurteilung der Einwilligungs-   Beobachten Sie Ihren Angehörigen
         fähigkeit ist primär Aufgabe des Arztes,    genau und bedenken Sie alles, was Sie

20
Wer entscheidet?

über seine Werte, seine ethischen und          Wenn Ihr Angehöriger nicht selbst
religiösen Überzeugungen und sonsti-           entscheiden kann, gilt – soweit er-
gen Wertvorstellungen wissen. Fragen           folgt – sein vorausverfügter Wille,
Sie andere Familienmitglieder, Freunde         der zu einem früheren Zeitpunkt als
oder gute Bekannte, die Ihren Angehö-          Patientenverfügung schriftlich fest-
rigen gut kennen, und überlegen Sie, ob        gelegt wurde, sofern er auf die jetzi-
er sich in dieser Situation der Krankheit      ge Situation anwendbar ist.
für oder gegen eine Ernährungssonde            Liegt keine Patientenverfügung vor,
entschieden hätte.                             muss nach dem mutmaßlichen
                                               Willen des Patienten gehandelt wer-
Bedenken Sie auch, dass das, was Ihr           den.
Angehöriger will, nicht immer das Glei-        Kann dieser nicht ermittelt werden,
che ist, was Sie für sich in der gleichen      so muss eine Entscheidung zum
Situation wollen. Es sind die Wünsche          Wohle Ihres Angehörigen von Drit-
Ihres Angehörigen, die respektiert wer-        ten getroffen werden.
den müssen, auch wenn Sie nicht damit          Bei Uneinigkeit zwischen den be-
einverstanden sind.                            teiligten Personen, die nicht durch
                                               wiederholte Gespräche oder zum
Je früher Sie diese Angelegenheiten            Beispiel eine Ethikberatung geklärt
mit Ihrem Angehörigen besprechen,              werden können, kann das Betreu-
desto besser und einfacher wird Ihnen          ungsgericht eingeschaltet werden.
die Entscheidung fallen und desto siche-
rer können Sie seine Wünsche berück-
sichtigen und auf die aktuelle Situation     de in solchen Situationen hat es sich als
übertragen.                                  sinnvoll erwiesen, wenn alle Beteiligten
                                             miteinander ins Gespräch kommen und
Hat Ihr Angehöriger eine Patientenver-       in Form einer Fallbesprechung ihre Be-
fügung verfasst, kann diese sehr hilfreich   obachtungen und Einschätzungen aus-
und entlastend sein, vorausgesetzt, sie      tauschen und die unterschiedlichen
ist auf die jetzige Situation anwendbar.     Sichtweisen zusammentragen. Dazu
                                             zählen Sie als Stellvertreter und/oder
                                             ein bestellter Betreuer, die betreuenden
3I Wie und mit wem kann ich                  Ärzte und Pflegekräfte und gegebenen-
   mich austauschen?                         falls auch andere Therapeuten, die in den
Viele Angehörige in Ihrer Situation füh-     Prozess einbezogen sind (Logopäden,
len sich unter Druck und durch die Ver-      Ernährungsberater, Seelsorger).
antwortung stark belastet. Gespräche
mit Pflegenden und Ärzten zeigen deut-       In besonders schwierigen Entschei-
lich, dass es auch den anderen beteilig-     dungssituationen hat es sich bewährt,
ten Personen manchmal schwerfällt,           eine Ethikberatung in Anspruch zu neh-
eine klare Entscheidung zu fällen. Gera-     men.

                                                                                            21
Künstliche Ernährung im Alter

                  Man weiß nie, was daraus wird,
                  wenn die Dinge verändert werden.
                  Aber weiß man denn, was daraus wird,
                  wenn sie nicht verändert werden?
                  Elias Canetti, Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger
Wie würden Sie entscheiden? – Fallbeispiele

Wie würden Sie entscheiden?

Im Folgenden stellen wir Ihnen drei Fall-    Ernährung, die er sich aber mehrfach
beispiele vor, die auf realen Gegeben-       herauszieht.
heiten beruhen und für diese Broschüre
angepasst wurden (siehe Borker 2002          Die Nachbarin ist wegen dieser Behand-
und Wirth 2009 unter „Ausgewählte            lungsform sehr skeptisch. Sie meint,
Literatur“ auf Seite 27). Sie sollen Ihnen   dass Herr Herrmann nicht mehr leben
zeigen, wie andere Menschen eine Ent-        will, wenn er sagt: „Mutter hilf, ich kann
scheidung getroffen haben. Die Bei-          nicht mehr.“ Eine Patientenverfügung
spiele beurteilen nicht, ob falsch oder      liegt nicht vor.
richtig entschieden wurde.
                                             Trotz der Bedenken der Nachbarin bes-
                                             sert sich der Gesundheitszustand von
Beispiel 1 – Herr Herrmann                   Herrn Herrmann zunächst durch die
Herr Herrmann ist 87 Jahre alt, kinderlos.   künstliche Ernährung. Er wirkt wacher
Seine Frau ist vor einigen Jahren ver-       und aufgeschlossener. Die Nachbarin
storben. Seit zwei Jahren lebt er auf        ist sehr erstaunt, wie gut es Herrn Herr-
eigenen Wunsch nach einem Sturz in           mann wieder geht. Die behandelnden
einem Altenheim. Die Verwirrtheit            Ärzte halten deshalb eine PEG für indi-
nimmt langsam zu. Die ehemalige Nach-        ziert und beantragen die Einrichtung
barin kümmert sich um ihn.                   einer Betreuung durch das Gericht.

Nach einem Krankenhausaufenthalt be-
ginnen Essprobleme. Herr Herrmann            Beispiel 2 – Frau Meyer
isst und trinkt fast nichts mehr und lehnt   Frau Meyer ist 92 Jahre alt und lebt in
das Essen ab. Eine Altenpflegerin sagt,      einem Altenheim. Seit drei Wochen
wenn man eindringlicher versuchte, das       liegt sie wegen eines Harnwegsinfekts,
Essen zu reichen, würde er aggressiv.        einer Lungenentzündung und weil sie zu
Eine einberufene Fallkonferenz mit dem       wenig isst im Krankenhaus. Frau Meyer
behandelnden Hausarzt, den Pflegen-          spricht wenig und reagiert selten auf
den und der Nachbarin ergibt keine be-       Fragen. Sie wirkt kraft- und teilnahmslos.
hebbaren Gründe dafür, warum er nicht        Nach wenigen Bissen möchte sie in der
essen mag. Der Hausarzt und ein Neu-         Regel nicht mehr weiter essen.
rologe veranlassen erneut eine Kranken-
hauseinweisung, um eine Infektion aus-       Die Tochter von Frau Meyer ist die vom
zuschließen. Herr Herrmann erhält zu-        Gericht bestellte Betreuerin. An ihrem
nächst eine Nasensonde zur künstlichen       92. Geburtstag hatte Frau Meyer noch

                                                                                              23
Künstliche Ernährung im Alter

         mit ihrer Familie Kaffee getrunken und        Pflegenden bestätigt aber ihren Ein-
         Torte gegessen, einen Monat später            druck. Auch sie sind der Ansicht, dass
         wurde sie ins Krankenhaus eingewie-           Frau Meyer keinen Hunger mehr ver-
         sen. Die Mutter lehne es ab zu essen.         spürt und dass sie einfach nicht mehr
         Zudem fiebere sie und sei unruhig. Es         kann und will. Insofern bleibt die Ent-
         wird eine Schilddrüsenüberfunktion            scheidung bestehen.
         festgestellt. Eine medikamentöse Be-
         handlung behebt die Unruhezustände,
         aber mit dem Essen klappt es nach wie         Beispiel 3 – Frau Schulze
         vor nicht. Es wird über eine künstliche       Frau Schulze ist 73 Jahre alt. Seit etwa
         Ernährung diskutiert.                         zehn Jahren leidet sie an einem Parkin-
                                                       son-Syndrom. Bis vor einem Monat
         Trotz bestehender Essprobleme wird            konnte sie sich in ihrer Wohnung noch
         Frau Meyer nach dem vierwöchigen              selbstständig fortbewegen. Seit drei
         Krankenhausaufenthalt ins Altenheim           Wochen ist sie jedoch vollständig bett-
         zurückverlegt. Nach einer Infektion ist       lägerig. Die Nahrungsaufnahme ist seit
         eine erneute Einweisung erforderlich          etwa drei Monaten deutlich reduziert,
         und eine künstliche Ernährung über eine       als sie in einem Krankenhaus stationär
         PEG soll erfolgen. Die Tochter ist dage-      aufgenommen wird. Aktuell ist sie nicht
         gen, will die Entscheidung jedoch nicht       mehr in der Lage, auch nur kleine Men-
         allein treffen und bespricht sich mit ihrer   gen an Nahrung oder Flüssigkeit zu sich
         Tochter, die Ärztin ist. Nach einem           zu nehmen. Daher gelingt auch die Ein-
         gemeinsamen Gespräch mit dem Arzt             nahme der Parkinson-Medikamente
         beschließen sie, keine PEG legen zu           nicht. Frau Schulze weist vielfältige
         lassen, da die Familie der Auffassung ist,    Druckgeschwüre an Rücken und Füßen
         Frau Meyer solle in Frieden sterben           und Wassereinlagerungen in den Bei-
         dürfen. Die Tochter sagt: „Auch früher        nen auf. Sie ist schläfrig und kommuni-
         schon, als meine Mutter noch zu Hause         kationsunfähig. Frau Schulze steht seit
         lebte, war sie unglücklich, weil sie viel     etwa einem Jahr unter amtlicher Betreu-
         allein war. Sie hatte keine Lust mehr zum     ung durch ihren Sohn und hat vor zwei
         Leben und (...) wollte am liebsten auf        Jahren eine Vorsorgevollmacht unter-
         den Friedhof. Sie hat immer gesagt, sie       schrieben, in der sie klar zum Ausdruck
         möchte nicht in ein Altenheim. Sie            bringt, dass sie künstliche Ernährung
         möchte aus ihrer Wohnung herausge-            nicht wünscht, sofern ein nicht behan-
         tragen werden. Das war ihr größter            delbarer Zustand erreicht ist.
         Wunsch (...) und das hat sie im Heim in
         letzter Zeit auch immer wieder betont.“       Die behandelnden Ärzte empfehlen zur
                                                       Therapie der Druckgeschwüre, der
         Dennoch haben die Angehörigen Angst,          Wassereinlagerungen und der parkin-
         eine falsche Entscheidung zu treffen.         sonbedingten Bewegungsunfähigkeit
         Eine Rücksprache mit den betreuenden          eine künstliche Ernährung, über die

24
Wie würden Sie entscheiden? – Fallbeispiele

auch die Verabreichung der Medika-           unfähig. Entsprechend der Therapie-
mente sichergestellt werden kann. Ob         vereinbarung werden die künstliche
sich der Zustand bessern wird, bleibt        Ernährung und die Parkinson-Therapie
angesichts des stark reduzierten Allge-      nach Ablauf der drei Wochen abge-
meinzustandes unsicher. Nach intensi-        brochen. Die Behandlung wird im Sinne
ver Beratung kommen behandelnde              einer rein palliativen, symptomorientier-
Ärzte und Sohn überein, den Behand-          ten Therapie verändert, die Ernährungs-
lungserfolg mit einer zunächst zeitlich      sonde entfernt. Die Familie des Sohnes
begrenzten künstlichen Ernährung zu          erklärt sich bereit, angesichts des über-
testen und nach drei Wochen zu über-         schaubaren Lebenshorizonts die Pati-
prüfen. Bessert sich der Zustand von         entin bei sich zu Hause aufzunehmen
Frau Schulze binnen dieser drei Wochen       und mithilfe eines palliativmedizinisch
hinsichtlich ihrer Mobilität und Kommu-      geschulten Pflegedienstes zu versor-
nikationsfähigkeit, so ist vereinbart, die   gen. Nach weiteren drei Wochen der
Therapie fortzuführen und auf eine           liebevollen häuslichen Pflege verstirbt
künstliche Ernährung mittels PEG zu          Frau Schulze. Der Sohn bringt gegen-
wechseln. Für den Fall, dass diese Ziele     über den behandelnden Ärzten zum
nicht erreicht werden, ist ein vollstän-     Ausdruck, dass er ein gutes Gefühl da-
diger Therapieabbruch vorgesehen.            bei habe, jede Therapiechance genutzt
Diese Vereinbarung wird in der Kranken-      zu haben, aber auch den verfügten Wil-
akte dokumentiert.                           len seiner Mutter respektiert und be-
                                             achtet zu haben.
Die Ernährungssonde durch die Nase
wird am zweiten Tag der stationären
Behandlung platziert und von Frau            Ihr persönlicher Arbeitsbogen
Schulze gut toleriert. Mit Anlage der        Nachdem Sie nun gelesen haben, wie
Sonde erhält Frau Schulze auch ihre          andere Bevollmächtigte/Betreuer ent-
medikamentöse Parkinson-Behandlung.          schieden haben, können Sie nun selbst
Der Kostaufbau gelingt rasch und kom-        mithilfe des Arbeitsbogens, der sich in
plikationslos. Bereits nach vier Tagen       der Mitte dieser Broschüre befindet und
wird sie auf diese Weise ausreichend         durch Öffnen der mittleren Klammer
ernährt. Im Verlauf der zweiten Woche        herauslösen lässt, schrittweise zu einer
bessert sich auch die Benommenheit,          Entscheidung kommen. Sie können den
und die Druckgeschwüre zeigen durch          Bogen auch dem behandelnden Arzt,
die zusätzliche Wundbehandlung und           dem Krankenhausteam oder anderen
konsequente Lagerungstherapie eine           betreuenden und an der Pflege betei-
deutliche Heilungstendenz. Die Bewe-         ligten Personen zeigen. Vielleicht werden
gungsstarre bessert sich jedoch nicht.       so noch offene Fragen, insbesondere
In der dritten Woche bessert sich der        zur Prognose Ihres Angehörigen, beant-
Zustand nicht weiter. Frau Schulze bleibt    wortet, bevor Sie ihn vollständig aus-
kommunikations- und bewegungs-               füllen können. Lassen Sie sich Zeit.

                                                                                              25
Künstliche Ernährung im Alter

         Glossar

         Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ·           Nasogastral · über die Nase in den
         unheilbare chronische Erkrankung             Magen
         des Nervensystems, bei der es zur
         Schwächung oder Lähmung sämtlicher           Mangelernährung · ein anhaltendes
         Muskelfunktionen kommen kann                 Defizit an Energie und/oder Nährstoffen
                                                      im Sinne einer negativen Bilanz zwischen
         Apathisch · teilnahmslos                     Aufnahme und Bedarf mit Konsequenzen
                                                      und Einbußen für Ernährungs- und
         Aspiration · versehentliches Eindringen      Gesundheitszustand
         körpereigener oder körperfremder
         flüssiger oder fester Bestandteile/Nahrung   Oral · über den Mund
         in die Luftröhre
                                                      Palliativmedizin · aktive, ganzheitliche
         Dekubitus · Druckgeschwür/                   Behandlung von Menschen mit einer
         Wundliegen                                   schweren, unheilbaren Erkrankung und
                                                      begrenzter Lebenserwartung. Ziel ist,
         Demenz · chronisch fortschreitende und       unter Beherrschung von Schmerzen und/
         bisher unheilbare Krankheit des Gehirns      oder anderer Beschwerden mithilfe von
         mit Einschränkungen des Gedächtnisses        psychologischer, sozialer und spiritueller
         und anderer höherer Gehirnfunktionen mit     Unterstützung ein Höchstmaß an
         Auswirkungen auf das Denken, Sprechen        Lebensqualität zu erreichen.
         und die Alltagsfähigkeit
                                                      Parkinson · chronische Erkrankung, bei
         Exsikkose · Austrocknung des Körpers         der das Absterben von Nervenzellen des
         infolge eines Flüssigkeitsmangels            Mittelhirns zu Bewegungsverlangsamung
                                                      bis hin zur Starre führen kann; geht häufig
         Gastral · den Magen betreffend               mit unwillkürlichem Zittern einher

         Indikation · der medizinische Grund für      Perkutane endoskopische Gastrostomie
         eine bestimmte Therapie oder Diagnostik      (PEG) · medizinischer Eingriff, bei dem
                                                      mithilfe eines Endoskops (= mehr oder
         Intravenös · in die Vene                     weniger flexibler Schlauch, der mit einer
                                                      Lichtquelle und einem optischen System
         Logopädie · Stimm-, Sprech- und              zur Lagekontrolle ausgestattet ist) ein
         Sprachheiltherapie                           Schnitt durch die Bauchdecke in den
                                                      Magen erfolgt, um einen Zugang für eine
         Multiple Sklerose · chronisch entzündliche   Ernährungssonde zu verankern; siehe
         Erkrankung des Rückenmarks mit               auch Abbildung 3 auf Seite 14
         vielfältigen Auswirkungen auf die
         Empfindungs- und Bewegungsfähigkeit

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Ausgewählte Literatur / Web-Links

Ausgewählte Literatur
Borker S (2002): Nahrungsverweigerung in der Pflege. Eine deskriptiv-analytische Studie.
Bern: Verlag Hans Huber
Bundesärztekammer (2010): Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen
Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und
Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis. Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 104, Heft 13
DNQP (Hrsg.) (2010): Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege:
Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen
Ernährung in der Pflege. Entwicklung – Konsentierung – Implementierung. Osnabrück:
Fachhochschule Osnabrück
Jox RJ, Heßler HJ, Borasio GD (2008): Entscheidungen am Lebensende,
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Nervenarzt, Jahrgang 79, Heft 6, 729–739
Schnell MW (2009): Patientenverfügung. Begleitung am Lebensende im Zeichen
des verfügten Patientenwillens – Kurzlehrbuch für die Palliative Care. Bern: Verlag Hans Huber
Wirth R (2009): Ethische Fragen bei der künstlichen Ernährung geriatrischer Patienten.
In: Weimann A, Körner U, Thiele F (Hrsg.). Künstliche Ernährung und Ethik. DGEM. Lengerich:
Pabst-Verlag, 101–113

Web-Links
www.aok.de
Den Forschungsbericht „Ablauf der Entscheidungsprozesse zur Anlage einer perkutanen
endoskopischen Gastrostomie (PEG)“ finden Sie unter: www.aok-forschungsberichte.de
www.bundesgerichtshof.de
Pressemitteilung „Abbruch lebenserhaltender Behandlung auf der Grundlage des Patientenwillens
ist nicht strafbar“ sowie Urteil: www.bundesgerichtshof.de → Entscheidungen → Entscheidungsdaten-
bank des Bundesgerichtshofs → Link „Zugang zur Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs“
→ unter „Dokumentsuche“ das Datum 25.06.2010 eingeben → für das Urteil Aktenzeichen
„2 StR 454/09“ anklicken
www.dgem.de
Enthält alle Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der
European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) zum Download
www.gesundheitsamt.bremen.de
„Enterale Ernährung in der stationären Altenpflege in Bremen: Hat sich die Prävalenz von
PEG-Sonden geändert? Ein Vergleich der Erhebungen 2003 und 2009 (Bericht 04/2010)“ und
„Enterale Ernährung über PEG-Sonden in der stationären Altenpflege“ (Bericht 09/2004);
www.gesundheitsamt.bremen.de → Veröffentlichungen → unter „2010“ und „2004“
www.nahrungsverweigerung.de
Umfangreiches Material inklusive Linksammlung als Entscheidungsgrundlage
bei Menschen mit Demenz
www.stmas.bayern.de
Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsversorgung. Leitfaden des Bayerischen Landespflege-
ausschusses (2008), Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen;
www.stmas.bayern.de → Publikationen → Pflege → bis zur Broschüre scrollen
www.tropenklinik.de/Archiv/PEG.pdf
Mitchell SL, Tetroe JM, O´Conner AM, Rostom A, Villeneuve C, Hall B (2008): Long Term Feeding
Tube Placement in Elderly. Deutsche Übersetzung von Mitarbeitern der Tropenklinik Paul-Lechler-
Krankenhaus, Tübingen: Ernährungssonde: Ja oder nein? – Eine Entscheidungshilfe

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