Kurzschaftprothesen für junge Patienten: Knochen-sparen ohne Risiko?
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FACHBEITRAG ATOS NEWS Kurzschaftprothesen für junge Patienten: Knochen- sparen ohne Risiko? Von Rudi G. Bitsch Keywords: Kurzschaftendoprothese, Gleitpaarung, Schenkelhalsteilerhaltung Aufgrund der höheren Lebenserwartung und des höheren Aktivitätsni- veaus jüngerer Patienten ist das Risiko für zukünftige Wechseloperatio- nen eines Hüftgelenksersatzes größer als bei älteren Patienten. Deshalb sind hier besondere Maßstäbe bei der Auswahl der Prothesenkomponen- ten anzulegen. Kurzschaftprothesen stellen bei sorgfältiger Indikations- stellung und korrekter technischer Anwendung eine gute Option Prof. Dr. Rudi G. Bitsch für jüngere Patienten dar. Insbesondere die Gleitpaarung, d. h. das schäfte gerade für junge Patienten mit Material der sich gegeneinander be- guter Knochenqualität interessant. wegenden Komponenten (Hüftkopf und Pfanneninsert), hat bei jüngeren Patien- Den erhofften Vorteilen der Kurzschaft- ten besondere Bedeutung. Spezielle prothesen stehen jedoch auch Bedenken Keramiken finden hier bevorzugt Verwen- gegenüber, die sich aus der kurzen Ver- dung, denn diese Gleitpaarung bietet ankerungsstrecke und den damit verbun- beste Voraussetzungen für ein abriebar- denen besonders hohen Anforderungen mes Verhalten über lange Zeiträume. an die Fixation im Knochen ergeben. Weiterhin spielt das Implantatmodell Kurzschaftprothesen müssen zudem als eine große Rolle für ein gutes Langzeiter- heterogene Prothesengruppe verstan- gebnis. Neben den seit Jahrzehnten den werden und können in schenkelhals- bewährten Hüftprothesen in normaler resezierend, -erhaltend und -teilerhal- Länge, die von fast allen Prothesenher- tend eingeteilt werden. Es bestehen un- stellern als Standard mit sehr guten terschiedliche biomechanische Kon- Standzeiten angeboten werden, wächst zepte mit mehr oder weniger Sicherheits- der Anteil der sogenannten Kurzschaft- reserven bezüglich der Verankerung. prothesen kontinuierlich. UNSER VORGEHEN Als Vorzüge dieses relativ neuen Prothe- Am Deutschen Gelenkzentrum in der senkonzeptes werden vor allem die ATOS Klinik Heidelberg werden aus- gelenknahe (metaphysäre) Knochenver- schließlich Implantate mit hervorragen- ankerung mit weniger Knochenverlust, den Langzeitdaten in den großen Im- die proximale Kraftübertragung und plantat-Registern verwendet. Es erfolgt damit die Vermeidung von Knochenab- eine individuelle Beratung und Nutzen- bau (Stress Shielding), die optimale Risiko-Abwägung bezüglich des zu Rekonstruktion der Gelenkgeometrie und verwendenden Implantatmodells und die Möglichkeit einer minimalinvasiven, der Gleitpaarung. Die Auswahl des opti- weichteilschonenden Implantationstech- malen Implantats erfolgt dabei nach nik genannt. Diese Vorteile machen Kurz- patientenindividuellen, medizinischen, 45
ATOS NEWS anatomischen, knochenqualitativen und endoprothetischen Faktoren. Jungen oder biologisch jung gebliebe- nen Patienten steht dabei auch ein meta- physär verankerndes, schenkelhalsteiler- haltendes, kalkargeführtes Kurzschaft- prothesenmodell (Optimys®-Schaft der Firma Mathys) zur Verfügung. GUTE REGISTERDATEN FÜR SCHENKELHALSTEILERHALTEN- DES IMPLANTAT Hierbei handelt es sich um eines der besten Hüftimplantate im Australischen Endoprothesenregister mit einer Revisi- onsrate von 0,9 % bzw. 1,3 % nach 3 Jah- ren bei 1.053 beobachteten Prothesen. Weiterhin besteht die 5A*-Bewertung des Orthopedic Data Evaluation Panel (ODEP). Diese guten Eigenschaften des Implantats (1) werden ebenfalls in ver- schiedenen Studien belegt: So bestehen Revisionsraten von 0 % zum Fünfjahres- zeitpunkt in einer Gruppe von 216 Pro- thesen und eine gesteigerte Knochen- dichte in den Gruen Zonen 2,3 und 5 bei stabilem CCD (Caput Collum Diaphysen-) Winkel in einer DEXA-Studie (2) (3). Verschiedene Designmerkmale dieses 1a Prothesensystems begünstigen ein „gutmütiges Verhalten“ und stellen Sicher- heitsreserven im Vergleich zu anderen Kurzschaftprothesen dar: Der gute Sitz entlang des Kalkars wird erreicht durch die anatomische Kurvatur des Implanta- tes. Dadurch kann der Schaft den indi viduellen Bedingungen des Patienten an- gepasst werden mit dem Ziel, die Ana- tomie optimal zu rekonstruieren. Ein Titan- Plasmaspray und eine Kalziumphosphat- Beschichtung begünstigen das Anwach sen des Knochens an den Schaft. Mithilfe rapieangebot für junge und/oder sport- Abb. 1a-1b: Röntgenaufnahmen des Optimys® Kurzschaftes in des ausgeprägten dreifach konischen lich aktive Patienten, das auch die 2 Ebenen. Gut zu erkennen ist links das konische Design (rot) Designs soll eine gute Primär- und Rota- simultane beidseitige Versorgung er- sowie unten die anatomische Kurvatur des Implantates am Kalkar (grün) und die distale Abstützung der Prothesenspitze im tionsstabilität erreicht werden. Weiterhin möglicht. sich verengenden Markkanal (lila). kann sich die polierte Spitze des Schaftes am sich verjüngenden Femur abstützen, KONTRAINDIKATIONEN BEACHTEN ohne dort selbst einzuwachsen, und da- Zum verantwortungsvollen Umgang mit 1b mit das Risiko von Absenkungen vor der dem Implantat gehört dabei allerdings Osteointegration minimieren (Abb. 1). auch die Beachtung mehrerer Kontrain- dikationen. Der Kurzschaft wird von mir Zusammen mit der praktizierten weich- nicht verwendet bei Vorliegen von Fakto- teilschonenden Operationsmethode ren, die eine stabile Verankerung des über den vorderen Zugang (AMIS-Zu- Implantats gefährden, wie z. B: ein nicht gang) unter Verwendung eines direkt zum Implantat passender Markkanal (z. B. vom Operateur steuerbaren Operations- erhöhte Antetorsion des Schenkelhalses, tisches (Rotex® Table der Firma Condor) CCD-Winkel 145°), Knochen- und einer abriebarmen Keramik-Keramik- defekte und -fehlformen des proximalen Gleitpaarung besteht ein optimales The- Femurs (z. B. posttraumatisch, nach Vor- 46 47
Literatur: 1. Australian Orthopaedic Association National Joint Replacement Registry ANNUAL REPORT 2019 2. Kutzner et al. Mid‑term results of a new‑generation: calcar‑guided short stem in THA: clinical and radiological 5‑year follow‑up of 216 cases. J Orthop operationen) oder Einschränkungen Prof. Dr. Rudi G. Bitsch Traumatol (2019) 20:31. https://doi. der Knochenqualität (z. B. Osteoporose, DEUTSCHES GELENKZENTRUM HEIDELBERG org/10.1186/s10195-019-0537-z ATOS Klinik Heidelberg Devaskularisation oder Zustand nach rudi.bitsch@atos.de Knochenbestrahlung) sowie ein BMI >35. 3. Hochreiter et al. Femoral bone remodeling after short-stem total hip FAZIT arthroplasty: a prospective densitomet‑ Bei richtiger Indikation und bei korrekter ric study. International Orthopaedics Anwendung ausgewählter Kurzschaft (SICOT) 44, 753–759 (2020). https://doi. prothesen gibt es eine gute Behand org/10.1007/s00264-020-04486-0. lungsstrategie für den Hüftgelenksersatz junger Patienten, die ein knochenspa rendes Vorgehen ohne erhöhtes Risiko ermöglicht. X-Ray by courtesy of Dr Bosson optimys®, Mathys Keramikkopf und RM Pressfit vitamys® Knochenerhaltend • Rekonstruktion der individuellen Anatomie und Biomechanik • RM Pressfit vitamys – beugt Stress-shielding und abriebbedingte Osteolyse vor • Hart-Weich-Paarungen mit hoher Bruchfestigkeit und niedriger Abriebrate Mathys Orthopädie GmbH • Seilfahrt 99 • 44809 Bochum • Deutschland • www.mathysmedical.com
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