"Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O" - De Gruyter
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Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2021; 22(3): 247–258 Das Gespräch Ottmar Edenhofer* „Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O“ Ein Gespräch mit Ottmar Edenhofer über die CO2-Bepreisung, das Klimaschutzgesetz, den europäischen Emissionshandel und den Vatikan https://doi.org/10.1515/pwp-2021-0033 einem sehr weitreichenden Urteil. Der Beschluss des Bun- desverfassungsgerichts ist daher vor allem ein Urteil über PWP: Herr Professor Edenhofer, im März hat das Bundes- die Notwendigkeit einer Selbstbindung der Politiker. Sie verfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen des können notwendige Maßnahmen nicht mehr einfach in die Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 verfassungs- ferne Zukunft verschieben. widrig sind. Was ist für Sie das Wichtigste an diesem Urteil? PWP: Trägt das Urteil der Möglichkeit Rechnung, dass Deutschlands Bemühungen um Klimaschutz vergeblich sind, Edenhofer: Durch das Urteil des Bundesverfassungs- weil andere Länder nicht mitziehen, und dass sich die Taktik gerichtes ist der Staat nach Art. 20a GG zum Klimaschutz bedingter Selbstbindung lohnen könnte, nach dem Motto: verpflichtet. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens haben Deutschland drosselt, wenn die anderen Länder es auch damit Verfassungsrang. Vor allem werden die intertempo- tun? ralen Freiheitsrechte gestärkt: Wird nämlich die Emis- sionsreduktion bis 2030 verzögert, steigen für die kom- Edenhofer: Das Urteil verlangt vom Staat international menden Generationen die Kosten das Klimaschutzes, und ausgerichtetes Handeln zum globalen Schutz des Klimas. damit wächst auch das Risiko, dass Emissionsminderun- Er soll damit all das unternehmen, was die globale Koope- gen nur um den Preis von schwerwiegenden Freiheitsein- ration fördert und stabilisiert, zum Beispiel auch bedingte bußen möglich werden. Das macht den Beschluss zu Zusagen oder Transferzahlungen an andere Staaten, um Anreize zur Kooperation zu schaffen.1 Er kann sich aber *Kontaktperson: Ottmar Edenhofer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Telegrafenberg, 14473 Potsdam, und Mercator Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), 1 Bauer, N., C. Bertram, A. Schultes, D. Klein, G. Luderer, E. Kriegler, Torgauer Straße 12–15, 10829 Berlin, A. Popp und O. Edenhofer (2020), Quantification of an efficiency-so- E-Mail: edenhofer@pik-potsdam.de vereignty trade-off in climate policy, Nature 588, S. 261–66.
248 Ottmar Edenhofer seinen Verpflichtungen nicht mit dem Hinweis auf die PWP: Lassen Sie uns erst einmal noch im deutschen Kontext Emissionen in anderen Staaten entziehen und passiv das bleiben. Nach meiner Erinnerung waren Sie mit dem alten kooperative Nirwana herbeiwünschen, um erst dann zu Klimaschutzgesetz nicht so ganz glücklich. Oder? handeln. Er muss daran arbeiten, dass globaler Klima- schutz gelingt. Edenhofer: Ich fand das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 richtig. PWP: Das heißt, Sie sind Sie mit der Ermahnung der Politik durch das Gericht sehr einverstanden? PWP: Aber den CO2-Einstiegspreis, der zunächst bei 10 Euro pro Tonne liegen sollte, fanden Sie viel zu niedrig. Hatten Sie Edenhofer: In dieser Interpretation schon. Die Bundes- kein Verständnis für die Angst der Bundesregierung, in regierung hat nach dem Urteil schnell beschlossen, das Deutschland so etwas loszutreten wie in Frankreich die Gelb- Ziel der Treibhausgasneutralität fünf Jahre vorzuziehen, westen-Proteste? und hat einen Minderungspfad für die Zeit nach 2030 fest- gelegt, um das Klimaschutzgesetz verfassungskonform zu Edenhofer: Doch, und dafür gab es ja dann eine Lösung: formulieren. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch der Man hat im Gegenzug durch die Senkung des Strompreises Politik nicht das Formulieren klimapolitischer Ziele abge- eine sichtbare Entlastung geschaffen und mit der Fern- nommen. Es hat nur gesagt: Wenn Ihr zum Zeitpunkt x pendlerpauschale Arbeitnehmer, die auf das Auto ange- treibhausgasneutral werden wollt, dürft Ihr den Karren wiesen sind, vor starken Belastungen bewahrt. Im Vermitt- nicht einfach bis 2030 laufen lassen und dann erst auf dem lungsausschuss wurde die Entlastung durch verringerte letzten Meter mit dem Reduzieren der Emissionen anfan- Strompreise nochmals angehoben – im Rahmen dieses gen, um ihn so in die richtige Richtung zu lenken. Das wäre Deals konnte man den Einstiegspreis immerhin auf 25 Euro destruktiv, das kann nicht funktionieren. Deswegen müsst anheben, ohne Geringverdiener damit mehr zu belasten.2 Ihr einen klaren Plan angeben, was nach 2030 kommen Was mich schon damals in der Tat gestört hat, war die soll. Ich finde das richtig. Es nervt mich schon lange, dass Unklarheit: Wie geht es nach 2026 weiter? Wie gesagt: die Politik immer auf kurze Sicht fährt und keinen lang- Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O. Ich fristigen Gesamtentwurf liefert. Dadurch fehlt es an Glaub- hätte auch mit einem Einstiegspreis von 10 Euro leben würdigkeit und an verlässlichen Signalen an Konsumen- können, wenn man zugleich ab 2026 klar gesagt hätte, wie ten und Investoren. im Emissionshandel die Preise freigegeben werden. Das war die eine Kritik. PWP: Wie steht es nach dem Nachbessern um die Glaubwür- digkeit? PWP: Und die andere? Edenhofer: Die Nachbesserung ist Folge des European Edenhofer: Die zweite Kritik bezog sich auf die Kompensa- Green Deal: Die Entscheidung der EU, die Treibhausgas- tion für die Bürgerinnen und Bürger. Man hat 75 Prozent Emissionen bis 2030 um 55 statt 40 Prozent unter das der Einnahmen verwendet, um den Klimaschutz über Aus- Niveau von 1990 zu senken, bedeutet für Deutschland gabenprogramme und steuerliche Förderung voranzubrin- höhere Minderungsverpflichtungen. Ohne das Verfas- gen – etwa durch öffentlichen Nahverkehr, Elektro-Ladein- sungsurteil hätte man den politischen Kraftakt dieser An- frastruktur und Gebäudesanierung. Und nur 25 Prozent für passung lieber der nächsten Bundesregierung überlassen. direkte Entlastungen via EEG-Umlage, Pendlerpauschale, Nicht das Nachbessern also ist zu kritisieren – sondern Wohngeld, Mobilitätsgeld und Mehrwertsteuer bei Bahnti- dass ständig von Zielen geredet, aber die Frage der Instru- ckets.3 Das ist für die Zukunft, wenn wir dann einmal 100 mente nicht angegangen wird. Gerade in der Debatte auf Euro je Tonne CO2 bezahlen müssen, keine Perspektive. der EU-Ebene sieht man im Moment sehr gut, dass die Klimapolitik einen fundamentalen Paradigmenwechsel benötigt: Ordnungsrecht und Technologiestandards sollen zurücktreten, die CO2-Bepreisung soll eine stärkere Rolle spielen. Das kann man nicht von heute auf morgen ma- 2 Siehe dazu Edenhofer, O., M. Kalkuhl und A. Ockenfels (2020), Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung: Eine Wende der deut- chen, das wäre unrealistisch. Aber es muss ein glaubwür- schen Klimapolitik?, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 21(1), S. 4–18. diger Pfad skizziert werden. Erst wenn dieser Paradigmen- 3 Knopf, B. (2020), Das deutsche Klima-Finanzpaket, MCC Commons wechsel auf europäischer Ebene vollzogen ist, kann die Blog vom 1. Juli, online verfügbar unter https://blog.mcc-berlin.net/ Klimapolitik tatsächlich Glaubwürdigkeit beanspruchen. post/article/das-deutsche-klima-finanzpaket.html.
„Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O“ 249 ment, um Innovationen und Lerneffekte anzuschieben,4 sie hätte aber zügiger mit einer substanziellen CO2-Beprei- sung kombiniert und von ihr abgelöst werden sollen, um eine Übersubventionierung zu vermeiden. Jetzt aber haben wir nun mal die EEG-Förderung und können die einge- gangenen Zahlungsverpflichtungen an die Investoren nicht ausblenden. Es wäre gut, diese Last aus dem Strom- bereich herauszubekommen. Bevor wir über komplexere Kompensationen nachdenken, sollte man das als Erstes machen. PWP: Und dann? Edenhofer: Dann sollten wir uns damit beschäftigen, wie wir eine Pro-Kopf-Pauschale einführen können, auch wenn noch nicht klar, wie das administrativ umgesetzt werden kann. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass CO2-Preise nur dann erfolgreich eingeführt werden können, wenn die Regierung den Bürgern erklärt, wie die Einnahmen verwendet werden sollen.5 Es ist nicht notwen- dig, dass alle Einnahmen direkt an die Bürger zurück- erstattet werden. Die Förderung von neuer Technologie oder Pilotprojekten kann die Akzeptanz erhöhen, wenn das verständlich kommuniziert wird. Jedenfalls dürfen die Einnahmen nicht in einem schwarzen Loch verschwinden. Was der Staat mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung macht, ist für deren Akzeptanz von fundamentaler Bedeu- Dann werden wir über großzügigere Kompensationen tung. nachdenken müssen. PWP: Wenn die Sichtbarkeit der Kompensation gewährleis- PWP: Wie gestaltet man solche Kompensationen am bes- tet ist, darf aber der mit ihr verbundene Einkommenseffekt ten? Sie müssen ja sichtbar sein, damit sie ihren politischen den Substitutionseffekt der Lenkungsabgabe nicht wieder Effekt erreichen und das Ungerechtigkeitsgefühl verschwin- zunichtemachen. Bekommt man das hin? den lassen. In der Schweiz gibt es zum Beispiel eine Rück- erstattung von zwei Dritteln des Aufkommens aus der CO2- Edenhofer: Empirische Studien zeigen, dass der Substitu- Abgabe an die Bürger über die Krankenkassenabrechnun- tionseffekt um ein Vielfaches größer ist als der Einkom- gen – nur ist sich dessen kaum jemand bewusst. menseffekt.6 Bei einer Steuer müsste der Einkommens- effekt bei der Festlegung des Steuersatzes antizipiert Edenhofer: In Deutschland würden wir kurzfristig davon werden, um die gewünschte Emissionsminderung ein- profitieren, erst einmal die gesamte EEG-Umlage nicht zuhalten. Hat man jedoch einen Emissionshandel, wird mehr über die privaten und betrieblichen Stromrechnun- der Einkommenseffekt automatisch korrigiert, da die gen zu finanzieren, sondern über die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Das hätte den Effekt, dass der Strompreis sinkt, dass er sich auf den Märkten freier bilden kann und 4 Kalkuhl, M., O. Edenhofer und K. Lessmann (2012), Learning or dass dann die Sektorkopplung funktioniert: Die Leute ha- lock-in: Optimal technology policies to support mitigation, Resource ben dann mehr Anreiz, zum Beispiel Elektroautos und and Energy Economics 34(1), S. 1–23. Wärmepumpen zu nutzen, aber auch in Speichertechnolo- 5 Klenert, D., L. Mattauch, E. Combet, O. Edenhofer, C. Hepburn, R. Rafaty und N. Stern (2018), Making carbon pricing work for citizens, gien zu investieren. Diesen Schritt sollten wir auf jeden Nature Climate Change 8, S. 669–77. Fall gehen. Wie man das konkret umsetzen kann, ist ein 6 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Teil des Vorschlages, an dem wir am MCC arbeiten. Die Entwicklung (2019), Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik, Sondergut- EEG-Umlage war zwar anfänglich ein legitimes Instru- achten, Wiesbaden, S. 115.
250 Ottmar Edenhofer Emissionsobergrenze eingehalten werden muss und der tung bleibt der Anreiz erhalten, mit der Heizung effizient CO2-Preis entsprechend ansteigt. Die Rückerstattung neu- umzugehen. Niemand kann seine Rückerstattung dadurch tralisiert daher den Substitutionseffekt nicht. Das ist ja erhöhen, dass er die Heizung stärker aufdreht – im Gegen- schon mal tröstlich. Bei Technologiestandards hingegen teil. Bei der Rückerstattung geht aber nicht nur um die wird der Effekt teilweise zunichtegemacht: Er zwingt zwar Frage von Reich und Arm, also um die vertikale Einkom- die Autohersteller zu weniger Emissionen pro Kilometer – mensverteilung, sondern auch um die Frage der horizonta- aber damit kann nicht verhindert werden, dass die Autos len Einkommensverteilung. Also darum, dass sich vom Ein- schwerer werden, mehr gefahren wird und so die Emissio- kommen her ähnliche Haushalte in ihrer CO2-Effizienz nen steigen. Verbindet man den Technologiestandard mit unterscheiden.8 Es gibt ja zum Beispiel Leute, die in einem CO2-Preis, so wird dieser „Rebound-Effekt“ wieder schlecht gedämmten Wohnungen leben, Ölheizungen be- neutralisiert, und die Emissionen sinken. Auch unter ver- sitzen, auf dem Land leben. Diese Unterschiede werden teilungspolitischen Aspekten schneidet der Technologie- durch eine pauschale Rückerstattung unzureichend er- standard schlechter ab als der CO2-Preis mit Rückerstat- fasst. Es bedarf eines differenzierteren Rückerstattungssys- tung. Er belastet nämlich die einkommensschwachen tems. Haushalte überproportional. Zwar fahren Leute mit gerin- gem Einkommen typischerweise eher Kleinwagen, doch PWP: Sie haben eine pauschale Kompensation auch für relativ zum Einkommen schlagen die Kosten von Effizienz- Deutschland vorgeschlagen. standards bei ihnen stärker zu Buche als bei Leuten mit hohen Einkommen, die mit einer Limousine fahren. So Edenhofer: Ja, aber gerade konservative Parteien wie die zeigen jüngste empirische Studien, dass das reichste Fünf- CSU hatten noch 2019 Schwierigkeiten damit, dass eine tel über ein gut 3,5-mal so hohes Einkommen verfügt wie Rückerstattung ohne Bedürftigkeitsprüfung möglich sein das ärmste Fünftel, aber nur einen um knapp 1 Prozent sollte. Für die CSU war der Gegensatz von Stadt und Land höheren Benzinverbrauch pro Kilometer hat. Zudem legen wichtiger; darum war sie damals für eine Anhebung der ärmere Haushalte weitaus weniger Distanz zurück als rei- Pendlerpauschale. Wer eine CO2-Bepreisung durchsetzen chere Haushalte, profitieren also deutlich geringer von der will, muss die horizontale und die vertikale Verteilung im höheren Energieeffizienz eines PKW. Im Gegensatz zum Blick haben, um Widerstände zu überwinden. Einerseits CO2-Preis entstehen bei der Einführung eines Technologie- wollen wir über die Einkommensgruppen hinweg eine pro- standards keine Einnahmen, mit denen die Verbraucher gressive Wirkung erzeugen und damit einen Anstieg der kompensiert werden können.7 vertikalen Ungleichheit verhindern, also die zwischen Arm und Reich. Andererseits gibt es aber eben auch innerhalb PWP: In der Schweiz gibt es tatsächlich für alle dieselbe der einzelnen Einkommensgruppen eine große Streuung Rückvergütung, vom Baby bis zum Greis. der Kostenbelastung, also eine horizontale Ungleichheit, und darum auch Widerstände. Wir versuchen am MCC Edenhofer: Eine solche Pauschalrückerstattung entfaltet gerade, das genauer zu beleuchten, denn daran muss man eine enorm progressive Wirkung. Denn der CO2-Fuß- unter Umständen politisch ansetzen. Ein Grundproblem ist abdruck einkommensstarker Haushalte ist größer als der dabei die richtige Erfassung dieser horizontalen Ungleich- von einkommensschwachen Haushalten, weil sie mehr heit: Wenn Politik kaum Informationen über die horizonta- konsumieren, in größeren Wohnungen leben und größere le Belastung der Haushalte hat und zielgenaue Kompensa- Autos fahren. Deshalb zahlen sie auch bei CO2-Bepreisung tionen nur mit hohem Aufwand einführen kann, können mehr. Wenn die Einnahmen dann gleichmäßig an die Bür- direkte Subventionen für Investitionen in CO2-arme Tech- ger zurückgegeben werden, machen jene, die weniger CO2 nologien sinnvoll sein, etwa zur Ersetzung von Ölheizun- verbraucht haben, unter dem Strich einen Gewinn. Wir gen. Möglicherweise kommt auch man um Härtefallfonds Ökonomen sprechen von nicht-homothetischen Präferen- nicht herum. Sicherlich stimmt es, dass ein so grobes In- zen, die dafür verantwortlich sind, dass ein CO2-Preis re- strument wie die pauschale Rückvergütung nicht ausrei- gressiv wirkt und durch eine Pro-Kopf-Rückerstattung zu chend ist, um alle relevanten Widerstände zu überwinden einem progressiven Instrument wird. Trotz der Rückerstat- und der horizontalen Gerechtigkeit gleichermaßen Rech- 7 Baldenius, T., T. Bernstein, M. Kalkuhl, M. Kleist-Retzow und 8 Hänsel, M. C., M. Franks, M. Kalkuhl und O. Edenhofer (2021), Opti- N. Koch (2021), Ordnungsrecht oder Preisinstrumente? Zur Vertei- mal carbon taxation and horizontal equity: A welfare-theoretic ap- lungswirkung von Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr, ifo-Schnell- proach with application to German household data, CESifo Working dienst 6, S. 6–10. Paper Nr. 8931.
„Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O“ 251 nung zu tragen. Hinzu kommt, dass Politiker oft über be- für Klimaneutralität 2045 notwendig ist, kann einem trächtlichen Erfindungsreichtum verfügen, drastische Här- schwindelig werden. Wenn man die Profis im Politik- tefälle zu kommunizieren. Die Empirie hat dann einen betrieb, denen ein solches Ziel locker über die Lippen schweren Stand gegenüber der anekdotischen Evidenz – kommt, jetzt damit konfrontiert, dass das auch ein ent- schließlich kennen viele Parlamentarier in ihren Wahlkrei- sprechendes Instrument voraussetzt und dass der CO2- sen Ölheizungsbesitzer, Pendler und Menschen, die in Preis dann auf weit über 150 Euro je Tonne steigen müss- schlecht gedämmten Häusern leben. Leider zieht der far- te – dann sagen die gleichen Leute: Auweia, das geht auf bige Einzelfall in Talkshows besser als die statistische Häu- keinen Fall! Das finde ich offen gesagt empörend. Als gäbe figkeit. es irgendwelche magischen Mittel, die uns die reale An- passungslast ersparen. Wenn es etwa heißt, man könne ja PWP: Im Mai hat die Bundesregierung das Klimaschutz- statt auf CO2-Bepreisung auf technische Vorgaben zur CO2- gesetz nun wie gesagt nachgebessert. Der Pfad zur Senkung Effizienz zurückgreifen, dann kann ich nur entgegnen: der Emissionen ist jetzt etwas konkreter beschrieben, auch Auch Technologiestandards kosten die privaten Haushalte für die Zeit nach 2030 und bis 2040. Was fehlt jetzt noch? Geld. Und sie belasten besonders die Einkommensschwa- chen. In der Vergangenheit hat die Klimapolitik tatsäch- Edenhofer: In der Landwirtschaft ist bislang im nationa- lich versucht, die Kosten der Transformation zu verste- len Emissionshandel nur der Verbrauch fossiler Brennstof- cken. Aber jetzt schauen alle genau hin. Und da wäre es fe erfasst, also die CO2-Emissionen, aber andere Treibhaus- angezeigt, der Bevölkerung offen zu sagen, dass unser gase wie Methan und Lachgas bleiben außen vor. Doch ambitioniertes Ziel nicht gratis zu haben ist. Energie wird auch sie bedürfen einer Regulierung. Zudem stellt sich die nie wieder so billig werden wie in den siebziger Jahren. Frage, wie die Landwirtschaft für den Aufbau von Kohlen- Dafür bekommen wir die Chance, die Klimakatastrophe stoffsenken und für Biodiversitätsdienstleistungen bezahlt abzuwehren. werden soll. Man darf nicht vergessen, wie heikel Refor- men hier sind, man denke nur an das jahrzehntelange PWP: Wie beurteilen sie denn die Chancen, dass das zweite Gezerre um die EU-Agrarsubventionen. Die Landwirtschaft Emissionshandelssystem auf europäischer Ebene tatsäch- wurde schon 2019 bei der CO2-Preisreform bewusst aus- lich kommt? geklammert – es war klar, dass man sonst den Einstieg in eine CO2-Bepreisung ganz hätte vergessen können. Wich- Edenhofer: Was soll die EU-Kommission denn sonst ma- tig ist in diesem Zusammenhang, was die EU mit Blick auf chen? Wenn sie es nicht einführt, muss sie die Lastenver- Gebäude, Wärme und Verkehr macht. Die im Brenn- teilungsverordnung anschärfen. Aber was, wenn ein Mit- stoffemissionshandelsgesetz bezifferte CO2-Bepreisung für gliedsstaat seine angeschärften Pflichten nicht erfüllt? diese Sektoren wirkt „upstream“: De facto bepreisen wir Dann muss er von einem anderen Staat das Recht kaufen, Kohle, Öl und Gas an der Stelle, an der diese in den Wirt- an seiner Stelle zu emittieren, es kommt also zu einem schaftskreislauf eintreten. Die Raffinerien zum Beispiel Handel zwischen den Staaten. Damit haben wir auf globa- überwälzen die Last auf die Unternehmen, und die schie- ler Ebene im Rahmen des Kyoto-Prozesses keine guten ben sie dann weiter zu den Konsumenten. Wenn jetzt die Erfahrungen gemacht. Auch beim Handel zwischen den EU tatsächlich den zweiten Emissionshandel für die Sekto- Mitgliedsstaaten gibt es keinen transparenten Markt. Kei- ren Gebäude, Wärme und Verkehr einführen sollte, würde ner weiß, wie teuer ein solches Recht tatsächlich ist, denn das bedeuten, dass wir unser nationales System europäi- es kommt da typischerweise zu „Package deals“ nach dem sieren könnten. Das wäre im Prinzip gut – aber die Frage Motto: Gebt Ihr uns Zertifikate, beim Preis schauen wir wäre, wie das dann ausgestaltet würde. nicht so genau hin, aber dafür helfen wir Euch dann bei anderen strittigen Themen. Um es auf einen drastischen PWP: Was macht Ihnen da Sorgen? Punkt zu bringen: Am Ende verhandeln wir wegen der Emissionszertifikate mit Polen über Konzessionen in Sa- Edenhofer: Aus der Umweltszene, auch von den Grünen, chen Rechtsstaatlichkeit. Das ist inakzeptabel. Und selbst hört man in letzter Zeit immer öfter eine Ablehnung der wenn das Verfahren für ein solches Geben und Nehmen Bepreisung, auch aus der Angst heraus, dass uns das der EU-Mitgliedstaaten transparent wäre: Wer garantiert sozial um die Ohren fliegen könnte. Man muss das vor dem uns, dass die Staaten das intern auch umsetzen, es also auf Hintergrund dessen sehen, wie ambitioniert unsere Ziele die Ebene der Unternehmen und der Verbraucher herun- sind: Bis 2045 treibhausgasneutral zu sein – das ist sehr terbrechen? Ein zweiter europäischer Emissionshandel für ehrgeizig! Angesichts des Transformationspfads, der jetzt Unternehmen wäre eindeutig die sinnvollere Lösung. Man
252 Ottmar Edenhofer hätte dann eine Entscheidung über eine gesamteuropäi- PWP: Aber sind durch den unterschiedlichen Preis nicht sche „Cap“, und sie würde da umgesetzt, wo es am kosten- zumindest vorübergehend allokative Verzerrungen zu erwar- günstigsten geht. ten? PWP: Wenn dann ein zweites Emissionshandelssystem kä- Edenhofer: Schon. Aber man muss realistisch sehen: Oh- me, das ETS II, dann stünde es unverbunden neben dem ne diese Zweigleisigkeit wird ein umfassendes System nie- ersten. Das heißt, es ergäben sich unterschiedliche Preise. mals kommen. Es wird anfangs in beiden Systemen einen politisch fixierten Preiskorridor geben, um extreme Preis- Edenhofer: Das ist politisch wohl kaum anders zu ma- sprünge zu vermeiden. Und dann werden die beiden unter- chen. Ein einheitlicher Emissionshandel für alle Sektoren schiedlichen Preise langsam und schrittweise zusammen- würde dazu führen, dass die Sektoren Strom und Industrie geführt. Natürlich hätte man theoretisch sagen können, es im Jahr 2030 rund 80 Prozent weniger CO2 emittieren müs- gibt nur ein einheitliches System, und man kompensiert sen als 2005 – hingegen wären es in den Sektoren Verkehr, den Stromsektor und die Industrie für die riesige Min- Gebäude, Landwirtschaft, wo die CO2-Minderung schwerer derungsleistung, die sie erbringen müssen. Aber bei einem zu realisieren ist, nur rund 30 Prozent weniger. Die ener- politisch kreierten Markt spielen die expliziten und impli- gieintensive Industrie müsste um ihre internationale Wett- ziten Verteilungsfragen nun einmal naturgemäß eine ent- bewerbsfähigkeit bangen. Zudem würde sich der Kohle- scheidende Rolle. Industrie und Stromsektor haben schon ausstieg etwa in Polen so sehr beschleunigen, dass es klargemacht, dass sie einen einheitlichen Emissionshan- erhebliche soziale Verwerfungen geben könnte. Wer auf del vor 2030 auf keinen Fall akzeptieren werden. Also ein solches Szenario setzt, riskiert die Zustimmung zum müssen wir mit zwei Systemen und zwei Preisen beginnen. European Green Deal. Wir werden zwei Emissionshandels- Das ist natürlich eine Verzerrung, aber wenn man dafür systeme mit zunächst unterschiedlichen Preisen benöti- langfristig einen einheitlichen Preis bekommt, ist das als gen. Allerdings könnte es sein, dass der Markt den Job Übergang doch ein akzeptabler Weg. übernimmt, den sich die Politik nicht zutraut: Marktteil- nehmer werden die Situation nach 2030 antizipieren und PWP: Die dem Zertifikatehandel zugrundeliegende Idee ist sich für das künftige ETS II schon vorausschauend mit den doch, dass man die Menge fixiert und den Preis sich durch vergleichsweise günstigen Zertifikaten aus dem ETS I ein- das Spiel von Angebot und Nachfrage auf dem Markt er- decken. Juristisch laufen die beiden Systeme dann neben- geben lässt, womit man eine effiziente Allokation erreicht. einander, aber durch Spekulation und Arbitrage ergibt Ein politisch festgesetzter, durch Steuern gelenkter CO2-Preis sich rasch ein einheitlicher Preis. Mit dem Ergebnis, dass oder Preiskorridor hingegen funktioniert laut Lehrbuch an- dann auch Energieversorger und Großindustrie noch sehr ders herum, es ist die Menge, die sich ergibt. Ist es nicht ein viel mehr reduzieren müssen. Widerspruch, beides zu kombinieren? PWP: Der Vorteil bestünde also darin, dass die Umstellung Edenhofer: Es stimmt: Wenn ich von einer CO2-Beprei- einfach nicht so abrupt käme. Die Erwartungsbildung allein sung rede, ist es mir nicht so wichtig, ob das durch einen wird das aber nicht schaffen, weshalb Ihre Kollegen und Sie Emissionshandel oder durch eine Steuer implementiert auch spezifische Instrumente vorgeschlagen haben, einen wird. Man kann beide Ansätze so ausgestalten, dass sie „Stabilizer“ und einen „Balancer“ 9. annähernd gleich wirken.10 Wenn Sie den CO2-Preis fest- setzen, haben Sie natürlich Unsicherheiten über die Men- Edenhofer: Dabei handelt es sich um Übergangsinstru- ge, zumal sich ja die primären Erdöl- und Erdgaspreise mente, die dafür sorgen, dass beispielsweise die Zertifikate und damit auch der CO2-Preis laufend ändern. Sie müssen aus dem einen System im anderen vermehrt angerechnet also über einen iterativen Lernprozess die Steuersätze so- werden können, sodass man einer Verbindung der beiden lange anpassen, bis Sie die gewünschte Menge haben. Systeme irgendwann einmal näherkommt und die Preise Umgekehrt haben Sie in einem Emissionshandelssystem freigeben kann – vielleicht schon im Jahr 2028, wenn man Unsicherheit über den Preis. Warum man beides in einem mal träumen darf. Hybridsystem kombinieren sollte, statt sich auf eines zu 10 Edenhofer, O., C. Flachsland, M. Kalkuhl, B. Knopf und M. Pahle 9 Edenhofer, O., M. Kosch, M. Pahle und G. Zachmann (2021), A (2019), Optionen für eine CO2-Preisreform, MCC-PIK-Expertise für den whole-economy carbon price for Europe and how to get there, Bruegel Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Policy Contribution 06/2021. Entwicklung, MCC Berlin.
„Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O“ 253 konzentrieren? Weil die Lehrbuchfälle nicht ganz realis- tisch sind. PWP: Inwiefern? Edenhofer: Die Lehrbücher gehen meistens davon aus, dass die „Cap“, die Mengenbeschränkung, ein für alle Mal festgelegt ist. Und dass auch der Staat über keine bessere Information verfügt als jenen Preis, der sich im Handel mit den erlaubten Mengen ergibt. Es gibt nur eine Schwierig- keit damit: Die Marktteilnehmer erwarten nicht wirklich, dass die Politik tatsächlich zu ihrer Mengenbeschränkung steht, wenn die Preise extrem hoch oder extrem niedrig werden. Das zieht nach sich, dass die Preise am Anfang zu niedrig sind und erst am Schluss rapide ansteigen – näm- lich wenn sich zeigt, dass die Beschränkung doch greift. Dann aber fangen die Lobbyisten an zu protestieren, es entsteht massiver politischer Druck auf die Cap. Der Emis- sionshandel ist so gesehen immer auch eine Art Wettbüro, Ende des Preisbandes für alle Marktteilnehmer klar er- wo Prognosen über politische Entscheidungen gehandelt sichtlich: Die Politik ist bereit, komplementäre Maßnah- werden.11 Das klammern die Lehrbücher aus. Weil das so men zu ergreifen, wenn der Preis eine bestimmte Höhe hat, ist, habe ich gemeinsam mit Axel Ockenfels12 immer dafür zum Beispiel eben doch temporäre Standards oder auch plädiert, einen Mindestpreis einzuführen. Technologiesubventionen. Nur so bekommt man den Pro- zess politisch hin. Es geht bei solchen Interventionen im PWP: Was leistet ein Mindestpreis? Kern um Glaubwürdigkeit und die Stabilisierung von Er- wartungen. Edenhofer: Ein Mindestpreis stabilisiert die Erwartungen und schafft einen Anreiz, schon heute Emissionen zu ver- PWP: Klaus Schmidt hat in seiner Thünen-Vorlesung13 auf meiden, auf dass die Aufgabe morgen nicht ganz so groß der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik 2020 gezeigt, ist. Es ist ein bisschen so, wie wenn Kinder sich auf eine dass es für den Erfolg von systematisch von Trittbrettfahrer- Schulprüfung vorbereiten müssen: Wenn sie faul sind und verhalten geprägten internationalen Klimakonferenzen hel- sagen, am letzten Tag vor der Prüfung würden sie dann fen kann, sich nicht mehr auf Mengenziele zu konzentrieren, ganz viel machen, dann ist das einfach nicht glaubwürdig. sondern gleich eine Einigung auf einen Mindestpreis an- Die Politik muss ein Minimum vorgeben. Und umgekehrt zustreben. Ist das auch aus Ihrer Sicht einfacher? muss sie auch eine Übertreibung in die entgegengesetzte Richtung verhindern. Edenhofer: Das Problem mit einer Einigung auf Mengen- ziele liegt darin, dass nicht so leicht Reziprozität zu errei- PWP: Warum? chen ist, weil sich Mengenziele nur schwer vergleichen lassen. Preise hingegen sind sehr gut vergleichbar. Sie Edenhofer: Wenn die Preise im Emissionshandel zu stark messen das Anstrengungsniveau, das das jeweilige Land steigen, bringen wir die Politiker in eine Situation, in der bereit ist zu erbringen. Ein Preis ist daher ein guter gemein- sie das gegenüber den Lobbyinteressen und auch gegen- samer Fokalpunkt, an dem sich alle ausrichten können. über den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr vertreten Wenn diese Niveaus auseinanderklaffen, ist es aber im- können. So wie der Mindestpreis verhindert, dass die Leute merhin möglich, ein Land, das nur einen niedrigeren Preis der Cap nicht glauben, macht der Höchstpreis am anderen akzeptiert, finanziell zu unterstützen, um es auf ein höhe- res Niveau zu bringen. 11 Koch, N., G. Grosjean, S. Fuss und O. Edenhofer (2016), Politics matters: Regulatory events as catalysts for price formation under cap-and-trade, Journal of Environmental Economics and Management 13 Schmidt, K. (2021), Das Design von Klimaschutzverhandlungen, 78, S. 121–39. Thünen-Vorlesung 2020, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 22(1), 12 Edenhofer, Kalkuhl und Ockenfels (2020). S. 4–16.
254 Ottmar Edenhofer PWP: Dieser Ansatz eignet sich gut für die EU, die man ja vor sonders die kleineren Länder in Südostasien, die noch stark dem Hintergrund ihres Green Deals als eine Art Klimaclub auf Kohlekraftwerke setzen, muss man durch konditionale bezeichnen könnte, in Übereinstimmung mit der Nordhaus- Transferzahlungen ins Boot zu holen versuchen. Idee14. PWP: Wie könnte man das konkret machen? Edenhofer: Ja, wobei meine Kollegen und ich diese Idee schon viel früher als Nordhaus15 ins Spiel gebracht haben. Edenhofer: Man könnte ihnen beispielsweise beim Aus- Schon vor gut zehn Jahren haben wir über zwei Varianten stieg aus der Kohle helfen, indem man ihnen etwas zahlt, von Klimaclubs nachgedacht: Die eine brummt allen Län- ihnen zinsverbilligte Kredite gibt oder die Anfangsinvesti- dern, die nicht teilnehmen, einen Zoll auf; die andere teilt tionen für erneuerbare Energien übernimmt. Dafür müss- Technologien, die Spillover-Effekte haben. Wir haben uns ten auch sie einen CO2-Preis einführen. Das Beispiel zeigt dann näher angeschaut, in welchem Ausmaß in diesen wieder, wie klasse dieses Instrument ist. Ein Land, das beiden Varianten die Kooperation zunimmt. Von dem Mo- einen CO2-Preis einführt, kann selber entscheiden, ob es dell, das Nordhaus zur Klärung dieser Frage heute ver- das über eine Steuer machen will oder über einen Emis- wendet, bin ich nicht überzeugt. Es hat spieltheoretisch sionshandel mit Mindestpreis. Und die Unterstützer müs- Schwächen, weil es unterstellt, dass innerhalb des Clubs sen nicht lange nachprüfen, welche Projekte genau mit das Kooperationsproblem schon gelöst ist: dass also die ihrem Geld gemacht werden. teilnehmenden Länder quasi eine Metamorphose in Rich- tung Kooperation durchgemacht und ihren Egoismus ab- PWP: Ein häufig erhobener Einwand gegen den Green Deal gelegt haben. Über differenziertere Modelle verfügen wir der EU bezieht sich auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirt- heute zum Glück durchaus.16 schaft. Andere hoffen allerdings auf eine „grüne Dividende“. PWP: So wie in der ersten Variante Ihres Modells schickt Edenhofer: Man muss da ehrlich sein. Wer über Treibhaus- sich die EU heute an, sich gegenüber Ländern, die nicht gasneutralität nachdenkt, darf nicht darauf setzen, dass die mitmachen, mit einer Grenzausgleichsabgabe abzuschotten. Energie billiger wird. Zwar sind die Gestehungskosten von Photovoltaik und Wind so dramatisch gesunken, wie wir es Edenhofer: Ja, und genau das ist mir ein Dorn im Auge. Ich uns noch vor ein paar Jahrzehnten nicht hätten vorstellen sähe es ungern, wenn uns die Klimapolitik am Ende in können. Aber grüner Wasserstoff als Energieträger der Zu- einen Handelskrieg führte. Sowohl das Nordhaus-Modell kunft, mit Infrastruktur und allem, was dazugehört, ist als auch unser eigenes enthält keine „Retaliation“, also nochmal ein Jahrhundertprojekt. Und wenn Sie syntheti- keine Vergeltung: Der Klimaclub darf auf andere draufhau- sche Kraftstoffe erzeugen wollen, dann benötigt man CO2. en, aber die vom Zoll Betroffenen reagieren nicht. Das ist Das darf natürlich nicht aus der Verbrennung von Kohle, Öl unrealistisch. Wir brauchen noch ausgeklügeltere Modelle, oder Gas kommen, sondern Sie müssen es direkt aus der die auch das explizit betrachten. Abgesehen davon halte Luft entziehen oder aus Biomasse gewinnen. ich es für wichtig, dass ein Klimaclub so angelegt ist, dass er wachsen kann, dass er andere zum Mitmachen motiviert. PWP: Das ist teuer. Und das erreicht man nicht mit Bestrafung allein. Einige Länder werden zwar schon deshalb mitmachen, weil sie Edenhofer: Eben. Vielleicht werden wir 2030 synthetische wissen, dass dann mehr vom globalen Gut Klimaschutz Kraftstoffe haben, die sich bei CO2-Preisen von 200 Euro bereitgestellt werden kann. Aber die anderen Länder, be- pro Tonne am Markt durchsetzen werden.17 Aber die Vor- stellung, es werde jetzt auf einmal alles schöner, besser und grüner, ist schlichtweg Quatsch. Mit Blick auf die 14 Nordhaus, W. D. (2015), Climate clubs: Overcoming free-riding in europäische Wettbewerbsfähigkeit wäre ich trotzdem international climate policy, American Economic Review 105(4), S. 1339–70. durchaus optimistisch. Die Vereinigten Staaten haben sich 15 Lessmann, K. und O. Edenhofer (2011), Research cooperation and inzwischen auf dieselben Ziele verpflichtet wie die Europä- international standards in a model of coalition stability, Resource and er. China hat sich mehr Zeit ausbedungen, bis 2060 wollen Energy Economics 33, S. 36–54; sowie Lessmann, K., R. Marschinski und O. Edenhofer (2009), The effects of tariffs on coalition formation in a dynamic global warming game, Economic Modelling 26, S. 641–49. 16 Kornek, U. und O. Edenhofer (2020), The strategic dimension of 17 Ueckerdt, F., C. Bauer, A. Dirnaichner, J. Everall, R. Sacchi und G. financing global public goods, European Economic Review 127, Luderer (2021), Potential and risks of hydrogen-based e-fuels in cli- 103423. mate change mitigation, Nature Climate Change 11, S. 384–93.
„Langfristigkeit ist in der Klimapolitik das A und O“ 255 sie CO2-neutral sein. Man mag den Zusagen Chinas miss- mit großer Verspätung in der Kirche ankommen. Die Kir- trauen, aber die gewaltigen Klimaschäden werden China che muss das Projekt der Moderne und ihre Rolle darin dazu bringen, eine stärkere internationale Kooperation zu noch einmal überdenken, und damit auch ihr Verhältnis suchen. Wenn es in dieser G3 – Amerika, China, EU – zu zu Rechtsstaat, Markt, Staat und Demokratie. einer strategischen Kooperation käme, wäre das sehr gut. Man könnte in einem solchen Kontext dann auch daran PWP: Worauf fußen nach Ihrer Sicht die Vorbehalte gegen denken, einen gemeinsamen Investitionsfonds aufzuset- die Moderne? zen, der den kleineren asiatischen Ländern beim Ausstieg aus der Kohle unter die Arme greift. So müsste es meiner Edenhofer: Die Moderne gilt in der Kirche als große Moral- Ansicht nach gehen. Klimapolitik ist ein Thema für einen zehrerin. In dieser Vorstellung saugen Institutionen wie kooperativen Multilateralismus. Markt, Demokratie und Bürokratie die intrinsische Motiva- tion der Menschen auf; die kleinen Einheiten, vor allem die PWP: Sie beraten unter anderem auch den Vatikan. Finden Familie, kommen unter beständigen Druck. Kaum ist der Ihre ökonomischen Argumente für eine effiziente Klimapoli- Mensch im Markt, wird er egoistisch, geizig und gierig. Die tik dort Gehör? Kirche hat große Angst davor, dass die moralischen Res- sourcen der Gesellschaft aufgebraucht und verschleudert Edenhofer: Mir scheint, dass Papst Franziskus – ich habe werden. Das ist nicht ganz falsch, aber es führt nicht weiter, zweimal mit ihm geredet – kein Spezialist für Klimaöko- wenn sie sich einem tugendethischen Refugium einrichtet, nomie ist. Aber er hat die enorme Bedeutung des Klima- anstatt sich an der öffentlichen Debatte zu beteiligen, wie problems als soziales Problem für die Menschheit erkannt. das Projekt der Moderne weiterentwickelt werden kann. In seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ aus dem Jahr 2015 Das macht es sehr schwer, sie für ökonomische Instrumente gibt es dabei durchaus Passagen, die eine aus meiner Sicht zu erwärmen. Es gibt aber dennoch positive Entwicklun- wenig nachvollziehbare Kritik an der Idee des Zertifikate- gen. Papst Franziskus will junge Unternehmerinnen för- handels enthalten. Die Kirche hat immer noch Vorbehalte dern, die nachhaltig wirtschaften wollen. Die Päpstliche gegen die Marktwirtschaft, aber sie warnt auch vor einem Akademie der Wissenschaft spricht mit großen institutio- zu großen Staat und betont die Bedeutung der Tugend- nellen Investoren über ethisches Investment. Manche Kir- ethik. Das ist nicht unbedingt falsch, aber ihr scheint das chen fragen, wie sie ihren Grund und Boden bewirtschaften Projekt der Moderne nicht ganz geheuer. Dabei wird die wollen, und schließlich werden die Finanzen zumindest Kirche in einer Weise mit den Ansprüchen der Moderne teilweise offengelegt. Und sie bewegt sich doch! Es gibt ja konfrontiert, die historisch ziemlich einzigartig sein dürfe. auch Unzulänglichkeiten auf der anderen Seite: Ich finde In den sechziger und siebziger Jahren war sie noch bereit, nicht hilfreich, wenn viele Ökonomen den Markt vor allem sich auf das Projekt ein Stück weit einzulassen, aber dann deshalb als Institution vergöttern und verteidigen, weil er bekam sie offenbar kalte Füße. Interessanterweise zwingt angeblich auch mit lauter bösen Menschen funktioniert. aktuell der Missbrauchsskandal die Kirche dazu, sich mit der Moderne in einer nie dagewesenen Weise auseinander- PWP: Das ist doch nur eine Heuristik. zusetzen. Edenhofer: Ja, aber die meisten Menschen sind empfäng- PWP: Wie meinen Sie das? lich dafür, wenn man an ihre bessere Seite appelliert. Die meisten Leute wollen nicht böse sein, sie wollen nur nicht Edenhofer: Dieses dramatische Kapitel Kirchengeschich- am Altruismus zugrunde gehen. Die Institutionenöko- te, das ja jetzt intensiv aufgearbeitet werden muss, macht nomik hat uns gelehrt, dass wir in unserem Handeln auf etwas sehr Grundsätzliches deutlich: Ihr eigenes Rechts- dem Markt nicht alles abschließend regeln können und system hat versagt, sie braucht Gewaltenteilung, Rechen- dass wir deshalb „incomplete contracts“ eingehen. Um schaftspflichten, Gleichberechtigung von Frau und Mann, diese abzusichern, braucht es auch die Tugend. Die Ver- Verträge wie andere Institutionen auch. Sie lernt gerade, haltensökonomie zeigt ja sehr schön, dass ökonomische dass ihre Institution mit den Mitteln der Psychologie, So- Instrumente wie der CO2-Preis diese „moralischen“ Ab- ziologie und Ökonomie analysiert und verändert werden sichten unterstützen.18 Aber zurück zur Kirche: Ich ver- muss, wenn sie ihrer Sendung treu bleiben will. Die Vor- stellung, die Kirche wirke ohne Macht und zugleich aus Vollmacht wie eine Monarchie, kann nicht mehr funktio- 18 Ockenfels, A., P. Werner und O. Edenhofer (2020), Pricing externa- nieren. Es sind Errungenschaften der Moderne, die jetzt lities and moral behavior, Nature Sustainability 3, S. 872–77.
256 Ottmar Edenhofer suche in Gesprächen, an diesem Punkt argumentativ an- gen rollen, wenn ich wieder mit meinem CO2-Preis komme. zusetzen. Ich habe dabei auch durchaus das Gefühl, dass Sie sagen dann, man müsse doch endlich mal richtig hin- man weiterkommt. langen, mit einem richtigen Verbot. Gerade weil ich der Letzte bin, der das Klimaproblem kleinreden will, sage ich: PWP: Als ehemaliges Mitglied des Jesuitenordens sprechen Wir können es uns nicht leisten, bei der Lösung das Inno- Sie immerhin die Sprache der Kirche. Das dürfte helfen. vationspotential von Märkten ungenutzt zu lassen. Und diese Märkte entstehen eben nicht von selbst, sondern wir Edenhofer: Ja, das hilft. Vor allem habe ich bei den Je- müssen sie in einem bewussten Akt politischer Gestaltung suiten gelernt, die Position des Gesprächspartners genau schaffen. Daran stören sich dann wieder Libertäre, auch zu verstehen, auch wenn man meint, sie oder er irre. Wir libertäre Katholiken, die vor allem in den USA nicht ohne wurden bei den Jesuiten trainiert, alle philosophischen Einfluss sind. Ich befinde mich da also wie so oft zwischen Positionen darzustellen, ohne Polemik und ohne die Tak- allen Stühlen. Aber ich habe gelernt, dass man auch da tik des gezielten Missverständnisses. Das hilft auch in den ganz gut sitzen kann. Gesprächen mit Theologen. Wenn ich das Kernproblem des Klimawandels erklären will, versuche ich immer, an die Grundfigur der universalen Widmung der Erdengüter anzuknüpfen, die bereits Thomas von Aquin entwickelt hat. Sie nimmt den Grundgedanken vorweg, den später Elinor Ostrom mit den Allmenden thematisiert hat. Tho- mas von Aquin hatte konzeptionell schon die globalen Allmenden im Blick, die globalen Gemeinschaftsgüter, und analysiert deren Beziehung zum Privateigentum. Für Theologen ist der Gedanke gewöhnungsbedürftig, dass man die globalen Gemeinschaftsgüter effizient und fair Mit Ottmar Edenhofer sprach Karen Horn. Ottmar Edenhofer durch CO2-Preise bewirtschaften kann. Aber darin unter- wurde von Matthias Lüdecke fotografiert, Karen Horn von scheiden sich Theologen nicht von meinen naturwissen- Beatríz Barragán. schaftlichen Kollegen am PIK, die manchmal mit den Au-
Ottmar Edenhofer: Klima, Kapitalismus, Kirche 257 Zur Person Ottmar Edenhofer: Klima, Kapitalismus, Kirche Karen Horn Ottmar Edenhofer, geboren 1961 im niederbayrischen Gangkofen, auf halber Strecke zwischen München und Passau, stammt aus einer Unternehmerfamilie. Der Vater besaß ein Landkaufhaus und zog später gemeinsam mit einem Partner einen Textildiskonter mit beinahe 80 Filia- len in ganz Bayern hoch. Die Eltern hofften, dass der Filius einmal ins Geschäft einsteigen würde, aber dieser hatte völlig andere Interessen. Auch mit der Schule konnte er, wie er sagt, lange nichts anfangen. Ihn faszinierten die ganz großen Fragen: die Evolution, die Unendlichkeit, Gott. Obschon keineswegs religiös erzogen, wurde er in der katholischen Kirche aktiv. Eine Spur hinterließ die Schule erst, als ihm eine Lehrerin ein Referat über die Arbeitswert- und Krisentheorie von Karl Marx aufgab: „Selbst im kon- servativen Niederbayern war man in den siebziger Jahren links – zumindest ein bisschen“. Der philosophische Zugang zum Nachdenken über ökonomischen Wert fesselte ihn. Die Auseinandersetzung mit Marx mag mit angestoßen haben, dass er im Alter von 18 Jahren ein Unternehmen gründete, eine nicht auf Ge- winnerzielung ausgelegte, „ausbeutungsfreie“ Sozialstati- on mit 30 angestellten Pflegekräften. Um deren Bestand auf Dauer zu sichern, koppelte er sie gleich an die katho- lische Kirchenstiftung an. Auf jeden Fall erleichterte es ihm diese Erfahrung, sich nach dem Abitur nicht nur auf furt St. Georgen. In dieser Zeit lernte er den damals Drängen des Vaters für ein Studium der Volkswirtschafts- 98-jährigen Nell-Breuning auch persönlich kennen. „Er war lehre in München zu entscheiden. Dort wurde Hans-Wer- sehr schroff, aber er hat mich sehr inspiriert.“ Schließlich ner Sinn für ihn eine prägende Figur. Bei ihm saß er in schickte ihn der Orden als humanitären Helfer für zwei allen Vorlesungen und allen Seminaren. „Er war unglaub- Jahre nach Kroatien und Bosnien, wo der Bürgerkrieg tobte. lich, ein intellektuell von seinem Fach besessener, zum „Die Erfahrungen dort haben mich sehr verstört“, gibt er zu Kämpfen aufgelegter Hardcore-Neoklassiker.“ Die mathe- Protokoll. Es war auch der Anfang vom Ende seines Ordens- matische Modellierung machte ihm Freude, aber es blieb lebens: 1993 trat er nach langem Ringen wieder aus. ein Gefühl der Unzufriedenheit: „Man kam damit nicht Nach einem Praktikum in der Wirtschaftsredaktion der ganz an die zentralen Fragen heran.“ Frankfurter Allgemeinen Zeitung nahm er das Angebot des Edenhofer entschied sich deshalb für ein religiöses Soziologen Carlo C. Jaeger von der Technischen Hoch- Leben. Weil ihm die Einstellungen des großen Theologen schule Darmstadt an, bei ihm als wissenschaftlicher Assis- und Sozialethikers Oswald von Nell-Breuning zu Markt- tent einzusteigen und in Ökonomie zu promovieren. Jaeger wirtschaft und Ethik gefielen, wählte auch er den Jesuiten- leitete zugleich auch die Abteilung Humanökologie an der orden. „Als ich das dann meinen Eltern offenbarte, sagte EAWAG, einer Forschungsanstalt des ETH-Bereichs in der mein ziemlich antiklerikaler Vater nur: ‚Jetzt brauche ich Schweiz. Das passte: „Umweltfragen im Verbund mit einen Cognac.‘“ Nach dem Noviziat studierte Edenhofer an Wachstum und Ressourcen haben mich immer interes- der Hochschule für Philosophie in München und in Frank- siert. Und das Klima war dabei immer präsent.“ Auch die
258 Ottmar Edenhofer Soziologie kam ihm gerade recht, weil ihn umtrieb, wie folgt in der Aufzählung Partha Dasgupta, unter dessen Gesellschaften funktionieren – und auch weil er von der Leitung kürzlich die „Dasgupta Review“23 erschienen ist, Volkswirtschaftslehre enttäuscht war: „So richtig kam die ein globaler Bericht über die Ökonomie der Biodiversität – Neoklassik mit den Umweltfragen ja doch nicht klar.“ Über der für Edenhofer ein großer Durchbruch ist. An dritter die Spieltheorie und die evolutionären Modelle, die er in Stelle nennt er Arthur C. Pigou, der die Idee einer Steuer seiner Doktorarbeit über soziale Konflikte und technologi- entwickelt hat, die Externalitäten internalisiert.24 schen Wandel nutzte, wandte er sich dann aber doch Umsichtig und gewinnend, ist Edenhofer neben seiner wieder verstärkt der Ökonomie zu. Forschungsarbeit ein gefragter Berater für Politik, öffent- Nach der Promotion ging er ans Potsdam-Institut für liche Institutionen, Unternehmen und Kirche. Die Liste Klimafolgenforschung (PIK), wo er zunächst stellvertreten- seiner Ämter und Engagements ist geradezu erschlagend der Leiter der Abteilung Soziale Systeme war, ab 2005 lang; nur einige seien herausgegriffen: Unter seiner Lei- Chefökonom sowie ab 2007 stellvertretender Direktor. Hier tung entstand 2014 der fünfte Sachstandsbericht des Welt- erhielt er die Möglichkeit, eine interdisziplinäre Abteilung klimarats (IPCC), der das wissenschaftliche Fundament für zu den Lösungsstrategien des Klimawandels aufzubauen. das Pariser Abkommen 2015 bildete.25 Seit 2018 ist er Mit- Im Herbst 2018 löste er gemeinsam mit Johan Rockström glied in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leo- den sich in den Ruhestand verabschiedenden Instituts- poldina, seit 2015 in der Deutschen Akademie der Technik- gründer und Direktor Hans Joachim Schellnhuber ab. Die wissenschaften acatech. Und neuerdings ist er nicht nur beiden haben die Forschung am PIK neu ausgerichtet, zugewähltes Mitglied im Zentralkomitee der deutschen sodass nun globale Gemeinschaftsgüter und die planetari- Katholiken, sondern darüber hinaus auch noch Berater schen Belastungsgrenzen im Zentrum stehen. einer der vom Papst mit der Leitung der römisch-katho- Seit 2008 hat Edenhofer eine Professur für die Öko- lischen Kirche beauftragten Zentralbehörden, des „Dikas- nomie des Klimawandels an der Technischen Universität teriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Ent- Berlin inne. Seit 2012 ist er darüber hinaus Gründungsdirek- wicklung des Menschen“. So vollendet sich ein Kreis. tor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. Am MCC widmet er sich der Frage, wie man wirtschafts- und sozialwissen- schaftliche Analysen mit einem strukturierten Ansatz an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik verbindet und wie wissenschaftliche Politikberatung zu leisten ist.19 Insbesondere hat er mit dem Zusammenhang von Un- gleichheit und den „Social Costs of Carbon“ beschäftigt,20 ebenso wie mit der politischen Ökonomie der Klimapoli- tik.21 Danach gefragt, welche Figuren aus der wissenschaft- lichen Literatur für ihn besonders prägend waren, nennt er an erster Stelle die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom we- tional cooperation and governance, in: L. Bernhard und W. Semmler (Hrsg.), The Oxford Handbook of the Macroeconomics of Global War- gen ihrer Arbeiten zu lokalen Gemeingütern; in seiner ming, Oxford, Oxford University Press, S. 260–96, sowie Kornek, U. Beschäftigung mit den Global Commons entwickelt er die- und O. Edenhofer (2020), The strategic dimension of financing global se Ansätze auch spieltheoretisch weiter.22 An zweiter Stelle public goods, European Economic Review 127, 103423. 23 Dasgupta, P. (2021), The Economics of Biodiversity: The Dasgupta Review, London, HM Treasury. 19 Vgl. Edenhofer, O. und M. Kowarsch (2015), Cartography of path- 24 Vgl. Edenhofer, O., M. Franks und M. Kalkuhl (2021), Pigou in the ways: A new model for environmental policy assessments, Environ- 21st Century: A tribute on the occasion of the 100th anniversary of the mental Science & Policy 51, S. 56–64. publication of The Economics of Welfare, International Tax and Public 20 Vgl. Kornek, U., D. Klenert, O. Edenhofer und M. Fleurbaey Finance, online verfügbar unter https://link.springer.com/article/10. (2021), The social cost of carbon and inequality: When local redis- 1007/s10797-020-09653-y. tribution shapes global carbon prices, Journal of Environmental Eco- 25 Edenhofer, O., R. Pichs-Madruga, Y. Sokona, E. Farahani, S. Kad- nomics and Management 107, 102450. ner, K. Seyboth, A. Adler, I. Baum, S. Brunner, P. Eickemeier, B. Krie- 21 Vgl. Kalkuhl, M., J.C. Steckel und O. Edenhofer (2020), All or mann, J. Savolainen, S. Schlömer, C. von Stechow, T. Zwickel und J. nothing: Climate policy when assets can become stranded, The Jour- C. Minx (Hrsg.)(2014), Climate Change 2014: Mitigation of Climate nal of Environmental Economics and Management 100, 102214. Change, Beitrag der Arbeitsgruppe III zum 5. Assessment Report des 22 Vgl. Edenhofer, O., C. Flachsland, M. Jakob und K. Lessmann Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Cambridge und (2015), The atmosphere as a global commons: Challenges for interna- New York, Cambridge University Press.
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