Langzeitmonitoring der Gelbbauchunkenpopulation im Steinbruch Blauberg (Lkr. Cham) mittels Fang-Wiederfang-Methode und digitaler Bildauswertung - LBV
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Langzeitmonitoring der Gelbbauchunkenpopulation im Steinbruch Blauberg (Lkr. Cham) mittels Fang-Wiederfang-Methode und digitaler Bildauswertung Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Tierökologie I vorgelegt von: Viktoria Lissek am 24.04.2020 Studiengang Biologie (B. Sc.) Betreuerinnen: Dr. Angelika Nelson (LBV Cham) Prof. Dr. Heike Feldhaar (Populationsökologie, Tierökologie I) Prüferin: Prof. Dr. Heike Feldhaar
Zusammenfassung Wegen des Bestandsrückgangs vieler Amphibienarten, die vor allem aufgrund ihrer zerstörten Lebensräume auf Sekundärhabitate angewiesen sind, initiierte der Landes- bund für Vogelschutz das Projekt „Management von FFH-relevanten Amphibienarten in Rohstoffgewinnungsstätten“. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchte Art ist die Gelbbauchunke Bombina variegata, welche im Steinbruch Blauberg in der Oberpfalz vorkommt. Ziel dieser Arbeit war es, sowohl die Populationsgröße als auch das Wanderverhalten zwischen den 20 Gewässern im Steinbruch Blauberg zu untersuchen. Dafür wurde die Fang-Wiederfang-Methode und eine computergestützte Bildanalyse zur Identifizierung von Gelbbauchunken anhand ihres Bauchfleckenmusters angewendet. Zur Bestim- mung der Populationsgröße wurden zwei mögliche Ergebnisse errechnet und anschlie- ßend diskutiert. Anhand des Anteils an Wiederfängen wurde für das Jahr 2019 die Po- pulationsgröße auf knapp unter 1000 Gelbbauchunken geschätzt. Die analysierten Wanderstrecken zeigten, dass Unken meist im selben oder in benachbarten Gewässern wieder gefangen wurden und somit nur kurze Mindeststrecken zurücklegten. Deshalb sollte bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen der Fokus auf die Verbesserung der Gewässer gelegt werden, welche sich in unmittelbarer Nähe von Gewässern mit vielen Unken befinden. Somit könnte eine bessere Gewässervernetzung dazu beitra- gen, die Population mithilfe von Trittsteinen auszubreiten und auch außerhalb des Steinbruches ein Biotop für Gelbbauchunken ohne Abbaubetrieb zu ermöglichen. 2
Summary Due to the decreasing number of many species of amphibians, which especially depend on secondary habitats because of destroyed natural habitats, the LBV has initiated the project „Management von FFH-relevanten Amphibienarten in Rohstoffgewinnungsstät- ten“. The species investigated in this study is the yellow-bellied toad Bombina variegata, which is found in the Blauberg quarry in Upper Palatinate. The goal of this study was to investigate the size of the population and the migration pattern between the 20 ponds in the Blauberg quarry. For this, the capture-recapture method and a computer-aided image analysis of ventral spot patterns were used to identify yellow-bellied toads. Two results for estimating the population size are presented and discussed in this study. Considering the numbers of recaptures, the size of the population can be estimated at about 1000 toads. The analysis of migration routes showed that most of the toads stayed in the same pond or were recaptured in a pond nearby, proving that they cover short minimum distances. When implementing nature conservation measures, the focus should be on the improvement of water bodies which are in close proximity to ponds with many toads. Thus, better water networks could help to expand the population and also provide habitats for yellow-bellied toads outside the quarry where quarrying does not take place. 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 1 Einleitung 5 Die Gelbbauchunke 5 Das Projekt 6 2 Material und Methoden 8 Die Kartierung 8 Die Fang-Wiederfang-Methode 15 Individuelle Identifikation der Gelbbauchunken 15 Berechnung der Populationsgröße 17 3 Ergebnisse 18 Entwicklung der Fang- und Wiederfangzahlen 18 Wiederfänge 20 Populationsgrößenabschätzung 21 Geschlechterverhältnis und Wanderungen 22 Auswertung der Parameter Gewässertiefe-, -temperatur und pH-Wert 27 4 Diskussion 30 Fänge und Wiederfänge 30 Populationsgrößenabschätzung 30 Wanderstrecken und Geschlechterverhältnis 31 Einfluss der Parameter Gewässertiefe-, -temperatur und pH-Wert 33 5 Fazit 34 6 Danksagung 36 7 Literaturverzeichnis 37 8 Anhang 41 Eidesstattliche Erklärung 47 4
1 Einleitung Die Gelbbauchunke Einer der wertvollsten ursprünglichen Lebensräume für Amphibien sind Wildflussauen (Morand & Joly 1995). Diese Landschaft bietet mit ihrer Dynamik und vielfältigen Struk- turen für viele Tiere und Pflanzen geeignete Biotope. Insbesondere viele Amphibienar- ten sind an solche Lebensräume angepasst, die sowohl Fließgewässer als auch seichte stille Gewässer aufweisen, wie sie beispielsweise auf einer überschwemmte Feucht- wiese entstehen können (Ackermann o. J.; Andrä et al. 2019; Barandun 2007; Zahn & Niedermeier 2004). Solche naturnahen Lebensräume sind vielfach aus unserer heuti- gen Kulturlandschaft verschwunden. Durch menschliche Eingriffe wurden Bäche und Flüsse begradigt und Feuchtwiesen trockengelegt, wodurch die natürliche Gewässer- dynamik verloren ging (Gollmann & Gollmann 2012). Die Gelbbauchunke ist eine Am- phibienart, die vom Verlust der ursprünglichen Habitate stark betroffen ist. Die Gelbbauchunke Bombina variegata (LINNAEUS, 1758) gehört zur Familie der Un- ken (Bombinatoridae) und zusammen mit den Fröschen und Kröten zur Ordnung der Froschlurche (Anura) (Glandt 2011). Da ihre Bestände in den letzten Jahrzehnten deut- lich zurückgegangen sind, ist sie auf der Roten Liste in Bayern und Deutschland als stark gefährdete Art eingestuft (Beutler & Rudolph 2003; Glandt 2018; Kühnel et al. 2009). Außerdem steht sie nach Anhang II und IV unter besonderem Schutz durch die FFH-Richtlinie, welche besagt (nach Anhang II), dass „für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“ (FFH-Richtline 1992; Glandt 2018). Vor- kommen von Tierarten des Anhang IV muss, wenn sie in keinem rechtmäßigen Natur- schutzgebiet vorkommen, Biotopschutz gewährleistet werden. Die Gelbbauchunke ist auf ephemere Kleingewässer, die gelegentlich trockenfallen können, sowie Strukturen für Laich und Versteckmöglichkeiten angewiesen. Deshalb finden wir diese Art heutzu- tage oft in Rohstoffgewinnungsstätten wie Kies- und Sandgruben, oder auch auf Trup- penübungsplätzen (Ackermann o. J.; Zahn & Niedermeier 2004). Das Vorkommen der Gelbbauchunke ist insbesondere in den letzten 30 Jahren stark zurückgegangen (Nationaler Bericht 2007 an die EU; Dick 2013). In den deutschen Mit- telgebirgen kommen vereinzelt zerstreute Populationen vor, wobei die nördliche Grenze im südlichen Niedersachsen verläuft. Im Nordosten Deutschlands wird sie von der nah verwandten Rotbauchunke (Bombina bombina) abgelöst (Gollmann 1996). Auf der Ver- 5
breitungskarte Deutschlands sind die Verbreitungsgebiete der Gelbbauchunke Richtung Süden weniger lückenhaft (Abb. 1a) (Landesamt für Umwelt 2018). Der Freistaat Bay- ern weist zwar noch viele Fundpunkte der Gelbbauchunke auf (Abb. 1b) (Andrä et al. 2019; Landesamt für Umwelt 2018), jedoch gibt es mittlerweile in Bayern mehrere Ver- breitungslücken, die eine mögliche Folge des Rückgangs sein könnten. Wahrscheinlich kam es auch zu Isolationen von Populationen (Ackermann o. J.; Andrä et al. 2019; Gollmann & Gollmann 2012), worunter insbesondere kleine isolierte Populationen lei- den. Diese reagieren anfälliger auf Schwankungen der Populationsgröße und können deshalb schneller lokal aussterben (v. Lindeiner 2015). a b Abb. 1: Verbreitungskarte der Gelbbauchunke a: in Deutschland (Bundesamt für Naturschutz 2013), b: in Bayern (Landesamt für Umwelt 2018). Das Untersuchungsgebiet liegt im Lkr. Cham (siehe blauen Pfeil). Das Projekt Das Projekt „Management von FFH-relevanten Amphibienarten in Rohstoffgewinnungs- stätten“ wurde 2016 durch den Landesbund für Vogelschutz e.V. (LBV) ins Leben geru- fen, um gefährdete Arten und deren Lebensraum in Abbaugebieten zu schützen, aber auch um zu zeigen, dass Artenschutz in noch aktiven Abbaugebieten möglich ist. Die dabei zu untersuchenden FFH-Arten sind Geburtshelferkröte, Gelbbauchunke, Knob- lauchkröte, Kreuzkröte, Wechselkröte, Kammmolch und Laubfrosch, die in Berichten der Bundesregierung eine eindeutige Verschlechterung des Erhaltungszustandes auf- 6
zeigten. Für das bayernweite Projekt wurden 100 Rohstoffgewinnungsstätten ausge- wählt. In diesen sollen exemplarisch amphibiengeeignete Laichgewässer sowie Struktu- ren für Sommer- und Überwinterungsquartiere im laufenden Abbaubetrieb geschaffen werden (Abb. 2). Die dabei beteiligten Verbände sind neben dem LBV der Bayerische Industrieverband Steine u. Erden e.V. (BIV) und die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau- und Mi- neralgewinnungsbetriebe (ABBM) (v. Lindeiner 2015). Abb. 2: Typisches Gelbbauchunkengewässer (Nr. 12) im Steinbruch Blauberg: flach, sonnenexponiert und mit geeigneten Strukturen für Laich- und Versteckmöglichkeiten (Foto: G. Merkel-Wallner, 12.06.2019). Die vorliegende Arbeit ist ein Bestandteil dieses überregionalen Projekts, in dessen Rahmen seit 2016 eine populationsökologische Untersuchung der Gelbbauchunken in einem Granitsteinbruch in der Oberpfalz durchgeführt wird. Es handelt sich um ein Ko- operationsprojekt zwischen der Firma Rädlinger in Runding und dem LBV Cham, wel- che die bedrohte Art fördern und unterstützen möchten. Für das Vorkommen der Gelb- bauchunkenpopulation in diesem Steinbruch gibt es schon seit 1985 Nachweise (M. Schmidberger mündlich 2020). 7
Ein Ziel dieser Arbeit war es, die Populationsgröße der Gelbbauchunke für das Jahr 2019 im Steinbruch Blauberg zu ermitteln und mit Daten der Jahre 2016 bis 2018 zu vergleichen. Dazu wurden von Mitte Juni bis Ende September (alle vier bis fünf Wo- chen) die 20 Gewässer im Steinbruch Blauberg hinsichtlich ihrer Besiedlung mit Gelb- bauchunken untersucht. Dabei wurden die Unken fotografiert und anhand ihres Bauchmusters identifiziert. Mit den Daten der Wiederfänge soll herausgefunden wer- den, in wieweit sich die Gelbbauchunken zwischen den Gewässern bewegten. Die Ergebnisse dieses Projekts sollen dazu dienen, dass Artenschutzmaßnahmen, ins- besondere die Neu- bzw. Ersatzanlage und die Optimierung von Laichgewässern, in Zukunft gezielter durchgeführt werden können. 2 Material und Methoden Die Kartierung Alle im Rahmen der vorliegenden Arbeit erhobenen Daten stammen aus dem Stein- bruch Blauberg in Runding. Es handelt sich hierbei um einen aktiv betriebenen Gra- nitsteinbruch, welcher nur ca. 5 km von der LBV-Umweltstation „Mensch und Natur“ entfernt liegt. Die direkte Umgebung des Steinbruchs ist bewaldet. Daran schließen sich mehrere landwirtschaftlich genutzte Felder und vereinzelte kleine Dörfer an. Der Steinbruch befindet sich auf einer Höhe von etwa. 480 m ü. NHN und wird seit 1888 für den Abbau von Granit genutzt. Im Steinbruch existieren 20 Gewässer, die im Rahmen dieses Gelbbauchunken-Pro- jekts untersucht wurden. Der Granitabbau erfolgt auf vier Etagen (0 bis III). Diese sind über Fahrwege auf sogenannten Rampen miteinander verbunden. Die Etagenhöhe be- trägt jeweils ca. 15 – 20 m. Auf allen vier Etagen befanden sich die untersuchten Ge- wässer. Auf der Karte (Abb. 3) sind die Nummern der Gewässer in den Farben der je- weiligen Etagen markiert (Etage 0 = rot, Etage I = orange, Etage II = grün, Etage III = blau). Auf der untersten Etage sind die meisten Gewässer zu finden, da sie zum internen Wassermanagement des Steinbruchs gehören und somit bereits vor Pro- jektbeginn vorhanden waren (Anhang 1). Bei Gewässerbezeichnungen mit Buchstaben (a oder b) handelt es sich um Ersatzgewässer, die für zerstörte Gewässer aus den vor- herigen Jahren an einer anderen Stelle im Steinbruch im Rahmen des Kooperations- projektes geschaffen wurden. Gewässer mit der Kennzeichnung „b“ sind also Ersatz- 8
15a = zerstörtes Gewässer 15 wurde seit August 2019 durch Gewässer 15a ersetzt. 20a 16 West Ost 17 19a West 14 Ost 2 3 13 12 7 8 1 9 18a 9 10 11 5b 4a 6a 15 Abb. 3: Lage der 20 untersuchten Gewässer im Steinbruch Blauberg (Firma Rädlinger) (Apple Karten, 01/2020) von Juni bis September 2019. Etage 0 = rot, Etage I = orange, Etage II = grün, Etage III = blau. Die Etagen sind an den Schatten im Luftbild zu erkennen. Gewässer mit der Kennzeichnung a sind Ersatzge- wässer für ein zerstörtes Gewässer, welches an einer neuen geeigneten Stelle im Steinbruch angelegt wurde. Die Gewässerkennzeichnung b entspricht dem nachfolgenden Ersatzgewässer für Gewässer a und befindet sich an einer anderen Stelle. Gewässer 14 und 17 bestehen aus zwei Teilgewässern (Ost bzw. West), die unmittelbar beieinander liegen.
gewässer für zerstörte Gewässer (a), welche an anderen geeigneten Stellen im Stein- bruch angelegt wurden. Für die Datenerhebung wurde jeweils ein Termin in den Monaten Juni bis September festgelegt. Die Voraussetzungen für die Durchführung des Fangtermins waren, dass es nicht regnete und ausreichend viele Helfer als Fänger zur Verfügung standen. In der Saison 2019 entfiel die Kartierung im Mai aufgrund zu starker Regenfälle. Um möglichst ungestört vom Abbbaubetrieb arbeiten zu können, wurden die Termine zumeist nach 17 Uhr angesetzt. Es standen immer sechs bis zehn ehrenamtliche FängerInnen des LBV zur Verfügung. Die Fänger wurden mit Keschern (ca. 25 cm breit, Maschengröße: ca. 2 mm; Taschen- tiefe: ca. 30 cm) und Transportboxen (Abb. 4), zur vorübergehenden Unterbringung der Unken, ausgestattet. ! Abb. 4: In einem Gewässer gefangene Gelbbauchunken wurden in Kunststoffboxen transportiert und vorübergehend gelagert (Foto: D. Renner, 10.09.2019). Vor Beginn des Abfangens eines Tümpels wurden die im jeweiligen Gewässer befindli- chen Unken gezählt, um anschließend möglichst alle gesichteten Individuen zu fangen. 10
Dabei wurden alle Unken im Wasser einschließlich des Ufers gezählt. Wenn Unken zu- fällig in ihren Tagesverstecken (z.B. unter großen Steinen) angetroffen wurden, flossen diese Sichtungen nicht in die Auswertung mit ein. Die Daten beinhalten also nur in den Gewässern gefangene Unken. Das Keschern erforderte Geschicklichkeit, da die Unken zwar an der Oberfläche reglos treiben, jedoch ruckartig untertauchen und den Untergrund aufwühlen können, wo sie aufgrund ihrer angepassten Rückenfärbung gut getarnt sind. Beim Fang musste auf- grund der kurzzeitig entstehenden Sauerstoffzehrung darauf geachtet werden, den Un- tergrund möglichst nicht aufzuwirbeln (Glandt 2011). Es wurde so lange gefangen, bis entweder die Anzahl gesichteter Unken erreicht wurde, oder aufgrund des Kescherns die Sicht durch Aufwirbelungen des Gewässerbodens zu stark eingeschränkt war. Da- bei ergab sich eine Differenz von null bis maximal fünf Unken. Trat der Fall ein, dass eine Unke abtauchte, so wurde auf das nächste Auftauchen der Unke gewartet. Der Zeitaufwand betrug pro Tümpel ca. 10-15 Minuten. Die 20 Gewässer (Anhang 1) wurden beginnend mit der Etage 0 nach oben hin abge- arbeitet (Abb. 3), wobei sich meist zwei oder drei kleinere Gruppen von drei bis vier Fängern auf die Tümpel verteilten. Die Unken wurden pro Gruppe und Tümpel in einer Transportbox gesammelt. Dieses Verfahren wurde seit Beginn des Projektes in jedem Jahr so durchgeführt. Für jede gefangene Unke wurden Geschlecht und Nummer des Fanggewässers doku- mentiert und das Bauchmuster fotografiert. Dazu wurden die Unken nacheinander in einer Petrischale (Polystyrol transparent, ∅: 90 mm, h: 15 mm, Greiner Bio-one) kurz- zeitig fixiert. In dieser befand sich ein passend zugeschnittenes Stück Schaumstoff (vgl. Abb. 5), welches das Positionieren der Unke erleichterte. Während eines Fangtermins wurden die Petrischalen zwei- bis dreimal gewechselt und nach jedem Kartierungstermin gereinigt. Um eine potentielle Übertragung des Pilzes Batrachochytrium dendrobatidis, welcher Amphibienpopulationen befallen kann, zu ver- hindern, sollten Petrischale und Schaumstoff jedoch öfter während und zwischen den Kartierungen ausgetauscht werden (Canestrelli et al. 2013). Die auffällige gelb-schwarze Musterung auf der Unterseite der Unken ist individuell und damit mit dem menschlichen Fingerabdruck vergleichbar. Kurz nach Vollendung der Metamorphose bleibt das Muster ein Leben lang unverändert und eignet sich somit zur Identifizierung der einzelnen Individuen (Gollmann & Gollmann 2012). Um Wiederfänge anhand der Fotos später erkennen zu können, sollte dabei die Bauchseite möglichst 11
gerade und frei von Schmutz sein. Die Bilder wurden an jedem Fangtermin mit unter- schiedlichen Kameras aufgenommen (Panasonic DMC-FZ150; DMC-TZ31; Olympus OM-D E-M1; Canon EOS 6D). Abb. 5: Die auffällige gelb-schwarze Bauchmusterung der gefangenen Gelbbauchunken wurden zur Identifizierung durch eine Petrischale hindurch, zusammen mit Hinweisen zu Geschlecht und Entwick- lungsstatus (Unke > 3 cm = adult, 1,7 - 3 cm = subadult), Gewässernummer und einem Maßstab fotogra- fiert (Foto: D. Renner, 10.09.2019). Für die Fotodokumentation wurden zusätzliche Informationen auf dem Protokollblatt (Anhang 2) vermerkt. Eine Notiz mit Geschlecht, Gewässernummer und Entwicklungs- status (adult, subadult) sowie ein Maßstab (vgl. Abb. 5) wurden mit jeder Unke mitfoto- grafiert. Der Maßstab diente der späteren Vermessung mit Hilfe des Computerpro- gramms AmphIdent (Rotbauchunken-Modul RUPatPlugin, Version 2.0, Maximilian Mat- thé, Dresden). Des Weiteren wurden auf dem Protokollblatt, neben der Anzahl der gesichteten und ge- fangenen Unken, auch weitere Arten, wie beispielsweise Prädatoren (z.B. Molche) fest- gehalten. Die Anzahl an Hüpferlingen (juvenile Unken bis 2 cm), wahrgenommene ru- fende Gelbbauchunken sowie Kaulquappen und vorhandener Laich wurden ebenfalls notiert. Zusätzlich wurden noch Informationen über den Gewässerzustand dokumen- 12
tiert. Dazu gehörten die geschätzte Gewässertiefe (3 Kategorien: 1-20 cm, 10-30 cm, > 30 cm), Wasserführung („gut“, „mittel“, „schlecht“, „ausgetrocknet“) und die Eignung als Fortpflanzungsgewässer („gut“, „schlecht“). Im August und September 2019 wurden darüberhinaus noch weitere chemische bzw. physikalische Parameter zu den Gewässer erhoben. Ziel dieser zusätzlichen Datener- hebung war es, eventuelle Korrelationen zwischen diesen Parametern und dem Vor- handen-sein von Unken zu finden. Die Gewässertiefe wurde mit einem Meterstab gemessen. Nach Sicht wurde der Meter- stab an die tiefste Stelle gehalten. Bei schlechter Sicht, was insbesondere bei starkem Algenwuchs manchmal der Fall war, wurde die Tiefe an mehreren Stellen gemessen und der höchste Wert notiert. Bei Gewässer 9 war es nicht möglich die tiefste Stelle zu messen, da es sich um ein Gewässer mit ca. 30 m Breite handelt. Hier wurde der vom Gewässerrand erreichbare tiefste Punkt ermittelt und als Mindestgewässertiefe notiert. Die Wassertemperatur wurde mit einem WTW Multi 350i Messgerät (WTW, Weilheim, Germany) bestimmt. Die pH-Werte der Gewässer wurden mit einem Farbindikator-Test (Model: visicolor ECO, Macherey-Nagel GmbH, Düren, Germany) nach Anleitung durchgeführt. Aufgrund eines Geräteausfalls konnten für September keine pH-Werte gemessen werden. Aufgrund der Datenlage konnte für den Monat August eine Korrelationsanalyse für Ge- wässertiefe, -temperatur, pH-Wert und Anzahl der vorhandenen Unken berechnet wer- den. Die Septemberdaten wurden auf eine Korrelation zwischen Gewässertiefe, -tem- peratur und Anzahl der vorhandenen Unken hin überprüft. Alle statistischen Tests der vorliegenden Arbeit wurden in R (R Core Team, Vienna, 2019, Version 3.6.1) durchgeführt, mit Ausnahme des Chi-Quadrat-Tests, welcher in Excel erfolgte. Diese sind dem Anhang 3 sowie dem elektronischen Anhang zu ent- nehmen. Bei der Berechnung wurden die überschwemmten Gewässer 5b, 6a und 9 nicht berücksichtigt, da sie aufgrund starker Regenfälle im August temporär ein Gewäs- ser bildeten. Die Temperatur-, Tiefen- sowie pH-Werte wurden an allen mit wasserge- füllten Tümpeln dokumentiert, auch wenn sich keine Unken darin befanden. Für die Bestimmung des Geschlechts wurden Männchen anhand des Vorhandenseins von Brunftschwielen erkannt (Buschmann et al. 2013). Dabei handelt es sich um einen braun gefärbten Fleck auf der Innenseite der Vorderextremitäten (Gollmann & Gollmann 2012; Abb. 6). 13
Die Brunftschwielen sind nur während der Paarungszeit eindeutig als dunkelbraune Flecken zu erkennen. Gegen Ende der Paarungszeit (August und September) hellen diese Flecken auf und sind dann nur noch schwer erkennbar (Glandt 2010). Daher kam es zum Ende der Paarungszeit manchmal zu Fehlbestimmungen des Geschlechts, die im nächsten Jahr bei einem Wiederfang zu Beginn der Paarungszeit nachträglich korri- giert wurden. Abb. 6: Männliche Gelbbauchunke mit bräunlich gefärbten Brunftschwielen an den Vorderextremitäten. (roter Pfeil). Anhand dieses Merkmals konnte während der Fortpflanzungszeit das Geschlecht der Unken bestimmt werden.(Foto: Merkel-Wallner, 12.06.2019). Die Einteilung nach dem Entwicklungsstatus erfolgte nach Jacob et al. (2009): Subadul- te haben demnach eine Kopf-Rumpf-Länge zwischen 1,7 und 3,0 cm. Als Adulti werden Gelbbauchunken mit einer Länge über 3 cm gewertet. Im Projekt, das der vorliegenden Arbeit zu Grunde liegt, werden Unken mit einer Kopf-Rumpf-Länge unter 2 cm nicht be- rücksichtigt, um juvenile Tiere sicher ausschließen zu können. Diese befinden sich in der Metamorphose, in der noch Veränderungen des Bauchmusters erfolgen können (Gollmann & Gollmann 2012). 14
Die Fang-Wiederfang-Methode Für die Bestandserfassung von Amphibien wurden schon verschiedenste Methoden verwendet. Eine davon ist z.B. die Verwendung von Reusen. Diese eignet sich jedoch nur für Molche und weniger für das Fangen von Unken (Schlüpmann & Kupfer 2009). Deshalb wurde für dieses Projekt die Fang-Wiederfang-Methode mit Keschern durchge- führt. Für die Bestimmung der Populationsgröße von Froschlurchen ist die Fang-Wie- derfang-Methode mit fotografischer Wiedererkennung am besten geeignet. Diese Me- thode gilt als am schonendsten für die Amphibien (Glandt 2011; Schlüpmann & Kupfer 2009) und ist bereits gut etabliert (Buschmann et al. 2013; Jehle 1997). Durch den technischen Fortschritt ist es möglich, mit Bildanalyseprogrammen wie z.B. AmphIdent größere Datensätze in relativ kurzer Zeit zu vergleichen. Vor der Entwicklung entspre- chender Software wurde zur Wiedererkennung von einzelnen Individuen die Phalan- genamputation angewendet. Hierbei wurden die Finger- und Zehenglieder bei jedem Tier in unterschiedlichen Kombinationen amputiert. Diese Methode wird heutzutage aus Tierschutzgründen fast nicht mehr angewendet. Der Vorteil dieses Verfahrens war, dass kein zeitintensiver Bauchmustervergleich nötig war (Glandt 2011; Jehle 1997). Individuelle Identifikation der Gelbbauchunken Auf Grund der relativ großen Anzahl an Gelbbauchunken war der händische Vergleich der Bauchmusterfotos nicht möglich. Deshalb wurde für die Auswertung der Bilder das Programm AmphIdent verwendet. Die gesammelten Fotos der Unkenbauchseiten wur- den in AmphIdent geladen, auf das Bauchmuster händisch zugeschnitten und in der programmeigenen Datenbank gespeichert (Abb. 7). Zu jedem Foto wurden Länge, Geschlecht, Gesundheitszustand (verletzt, unverletzt oder tot) sowie Fundort (Gewässernummer) der Unke eingegeben. Der neu gespeicher- te Bauchausschnitt wurde dann von AmphIdent mit allen in der Datenbank vorhande- nen Mustern abgeglichen. Anschließend wurden vom Programm mehrere ähnliche Bauchmuster ausgewählt und nebeneinander dargestellt. Vom Benutzer musste an- schließend eine visuelle Auswahl getroffen werden, ob und welches Bauchmuster dem gerade geladenen Bild entspricht. 15
a b Abb. 7: Benutzeroberfläche des Bildanalyseprogramms AmphIdent. a: Das Bauchmuster des aktuellen Tieres wird mit bereits abgespeicherten Mustern verglichen und, falls kein ähnliches Muster gefunden wurde, als neues Muster abgespeichert. b: In diesem Beispiel wird das Bauchmuster einer Rotbauchunke (Bombina bombina) händisch mit einem Rechteckwerkzeug ausgewählt (Foto: http://www.amphident.de/ pages/about.html) Um die Zuverlässigkeit des Programms zu überprüfen, wurden mehrere Bilder in die Testversion von AmphIdent geladen. Dabei handelte es sich um gefangene Unken ei- nes Fangtermins, bei dem mehrere Unken drei mal fotografiert wurden. Diese Bilder wurden in unterschiedlicher Bildqualität, Beleuchtung und Haltung der Unke aufge- nommen, sodass diese zum Testen der Wiedererkennung benutzt werden konnten. An- hand dieses Tests wurde festgestellt, dass trotz Unschärfe oder Bauchfalten, die richti- ge Unke immer als dasselbe (richtige) Individuum vom Programm erkannt wurde. Am- phIdent ist in der Lage zwei Muster mit hoher Sicherheit zu identifizieren, auch wenn Lage, Größe oder Lichtverhältnisse unterschiedlich sind (Matthé et al. 2008). Nach dem Laden der Bilder wurde von AmphIdent eine Tabelle erstellt, die sogenannte Tier-Bild-Verknüpfung, in welcher jedem Individuum eine Identifikationsnummer zuge- ordnet wurde. Aus diesen Daten konnte eine eigene Tabelle mit weiteren Informationen ergänzt werden. Beide Tabellen sind dem elektronischen Anhang zu entnehmen. Aus der erweiterten Tabelle lassen sich Informationen über Tiernamen (= Identifikations- nummer), Geschlecht, Kopf-Rumpf-Länge, Funddatum, Fundort (= Gewässernummer), Gesamtindividuenzahl und Anzahl der Fänge und Wiederfänge für die Jahre 2016 bis 2019 ablesen. 16
Für eine sichere Identifikation der Individuen sollte genau nach der Anleitung (www.am- phIdent.de) für das Programm vorgegangen werden. Die Fotografen sollten eine ent- sprechende Einweisung bekommen. Außerdem wäre es von Vorteil, wenn die Bilder möglichst von der gleichen Person bearbeitet und ausgewertet werden (vgl. Matthé et al. 2008). Hierzu ist für diese Arbeit anzumerken, dass seit Beginn des Projektes (2016) mehrere Personen an der Bildauswertung beteiligt waren. Berechnung der Populationsgröße Für die Berechnung der Populationsgröße wurde die Lincoln-Petersen-Methode mit der Korrektur nach Baily (Ortmann et al. 2005) angewandt, wie sie auch für die Auswertung von 2016 bis 2018 verwendet wurde. r(n+ 1) Die Formel 1 lautet: (1) ! = N (m + 1) Dabei entspricht N ! der geschätzten Populationsgröße (Anzahl Individuen), r! den foto- grafierten Tieren beim ersten Fangtermin, n ! ist die Anzahl der gefangenen Tiere beim zweiten Fangtermin und m ! ist die Anzahl der wiedergefangenen Tiere beim zweiten Fangtermin. Als Streuungsmaß wurde der Standardfehler (!SE) mit Formel 2 berechnet: r 2(n+ 1)(n− m) (2) ! SE = (m + 1)2(m + 2) Um einen wahrscheinlichen minimalen bzw. maximalen Wert für die Populationsgröße zu erhalten, wurde das 95%-Konfidenzintervall anhand folgender Formel 3 berechnet: (3) ! 95% = N ± 1,96*SE Cl Dieser Intervallbereich beschreibt den Bereich, in dem mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% die wahre Populationsgröße liegt (Ortmann et al. 2005). 17
3 Ergebnisse Entwicklung der Fang- und Wiederfangzahlen Seit Beginn des Projekts 2016 stieg die Anzahl der Fänge jährlich. Im Jahr 2018 wur- den mit 335 am meisten Unken gefangenen (Tabelle 1). 2019 konnten pro Monat 79 bis 141 Unken gefangen werden, wobei im Juli das Maximum erzielt wurde (Tabelle 2). Insgesamt handelte es sich um 322 Individuen, von denen 296 erstmals gefangen wur- den und 26 Wiederfänge aus früheren Jahren. Von den gefangenen Individuen war der Anteil an Männchen pro Jahr immer größer als der an Weibchen. Die meisten Männ- chen wurden 2018 mit 227 Individuen gefangen (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Übersicht der Daten aus den Jahren 2016 bis 2019. Alle Fangtermine eines Jahres wurden jeweils zusammengefaßt (m=männlich; w=weiblich; u=unbestimmt). Die Spalte „Wiederfänge aus dem Vorjahr“ enthält nur die Zahl an Individuen, die auch im jeweiligen Vorjahr gefangen wurde, da diese Zahl für die Berechnung der Populationsgröße verwendet wurde. Anzahl Wiederfänge neu gefangene Geschlecht Zeitraum Fänge aus dem Vorjahr Individuen m/w/u 2016 167 - 167 42 / 9 / 116 2017 199 19 180 84 / 23 / 92 2018 335 19 308 227 / 80 / 28 2019 322 18 296 179 / 79 / 64 Summe 1023 951 2016-2019 Tabelle 2: Übersicht der Fangdaten des Jahres 2019. Dabei wurden die Fangtermine Juni und Juli sowie August und September jeweils zusammengefasst (m=männlich; w=weiblich; u=unbestimmt). neu gefangene Geschlecht Monat Anzahl Fänge Wiederfänge Individuen m/w/u Jun und Jul 205 - 148 124 / 42 / 39 2019 Aug und Sep 148 31 174 73 / 48 / 27 2019 Summe 353 322 18
Im Laufe des Projekts wurden die meisten neuen Individuen 2018 mit 308 Individuen erfasst. Von 2016 bis 2019 konnten insgesamt 951 Individuen registriert werden. Die Zahl der Wiederfänge aus den Vorjahren steigt leicht an, wobei im Jahr 2019 insgesamt 26 Unken aus den Vorjahren (2016-2018) wiedergefangen wurden. Betrachtet man im Vergleich dazu die zusammengefassten Termine von 2019, wurden 31 Wiederfänge in- nerhalb eines Jahres erfasst. Im Juli wurden die höchsten Fangzahlen (in Klammern) in den Gewässern 10 (58), 7 (22), 2 (18) und 4a (13) erreicht. Betrachtet man die Verteilung der Fänge über das ganze Jahr pro Gewässer, wurden mit Abstand die meisten Gelbbauchunken in Ge- wässer 10 gefangen (Abb. 8). 160 140 120 100 Anzahl Unken 80 60 40 20 0 1 2 3 4a 5b 6a 7 8 9 10 11 12 13 14 15 15a 16 17 18a 19a 20a Gewässernummer Juni Juli August September Abb. 8: Die Verteilung der 2019 gefangenen Unken auf die 20 Gewässer pro Monat (blau: Juni, grün: Juli, gelb: August, rot: September). Da Gewässer 15 im Juli zerstört wurde, gab es ab August 2019 Daten für das neue Gewässer 15a und keine Daten mehr für Gewässer 15. Im Juli wurde ein Maximum von 58 Gelbbauchunken im Gewässer 10 erreicht. Danach sank die Zahl im darauffolgenden Monat auf 29 und schließlich auf 24 im September ab. Neben den hohen Fangzahlen in Gewässer 10 konnten auch in Gewässer 7 im Juli 19
mit 22 Fängen ein recht hoher Wert festgestellt werden. Außerdem wurden im August 19 Fänge in Gewässer 8, einem Rinnsal mit wenigen Zentimetern Tiefe, erfasst. Diese beiden Gewässer befanden sich in unmittelbarer Nähe zu Gewässer 10. In den allermeisten Gewässern nahmen die Zahlen zum Ende der Paarungszeit im September ab. Eine Ausnahme bildeten die Gewässer 7, 14 und 15a. Hier konnte eine Zunahme der Fänge dokumentiert werden. Es gab auch Tümpel, in welchen wenige oder über die gesamte Fangsaison 2019 gar keine Unken nachgewiesen wurden. Vor allem auf den Etagen I bis III befanden sich drei Gewässer, die 2019 nie besetzt waren (Gewässer 16, 17, 18a). Zwei andere Gewässer (19a, 20a) waren nur einmal mit je- weils einer bzw. drei Unken besetzt. Auf Etage 0 waren die meisten Gewässer über die gesamte Fangsaison besetzt. Gewässer 5b und 6a stellten hier insofern eine Ausnah- men dar, dass sie 2019 bei jeweils nur einem Fangtermin besetzt waren. Wiederfänge Im Jahr 2019 erfolgten 26 Wiederfänge aus den Jahren 2016 bis 2018. Die meisten dieser Tiere (16) waren im Vorjahr, also 2018, das erste mal gefangen worden (Abb. 9). 20 16 Anzahl Wiederfänge 12 8 4 0 2016 2017 2018 Jahr des Erstfangs Abb. 9: Jahr des Erstfangs der 2019 wiedergefangenen Unken. 20
Im Jahr 2019 konnten auch 46 neue Individuen erfasst werden, die noch im gleichen Jahr mindestens einmal wiedergefangen wurden. Wiederfänge aus den Vorjahren und innerhalb des Jahres 2019 wurden zu 84 % (61 von 73) wieder im selben Gewässer angetroffen. 48 % der Wiederfänge (35 von 73) wurden in Gewässer 10 mehrmals wie- dergefangen. Populationsgrößenabschätzung Mit Formel 1 (siehe S. 17) erfolgte die Berechnung der geschätzten Populationsgröße nach Lincoln-Petersen. Hierbei wurde die Populationsgröße eines Jahres in Beziehung zur Populationsgröße des darauffolgenden Jahres gesetzt. Daraus ergab sich eine Schätzung von 1670 Unken für 2016/2017, 3343 für 2017/2018 und 5695 Unken für 2018/2019 (Tabelle 3). Berechnet man jedoch die Populationsgröße anhand der Wiederfänge innerhalb eines Jahres erhält man für das Jahr 2019 mit 955 Unken einen deutlich kleineren Wert für die geschätzte Populationgröße. Für diese Berechnung wurden die Monate Juni und Juli sowie August und September jeweils zusammengefasst, sodass zwei Fangzahlen in die Formel (1) eingesetzt werden konnten. Als Wiederfänge wurden die im August/ September wiedergefangenen Unken, die erstmals im Juni/Juli erfasst wurden, gezählt. Anhand des Standardfehlers wurden jeweils die Konfidenzintervalle der Schätzungen berechnet. Diese geben die Bereiche an, in denen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % die echten Populationsgrößen lagen (siehe Tabellen 3 & 4). Für das Jahr 2019 lag die echte Populationsgröße danach in einem Bereich von 666 bis 1243 Gelbbauchun- ken. 21
Tabelle 3: Populationsgrößenschätzung (N) nach Petersen für die Jahre 2016 und 2017, für 2017 und 2018 sowie 2018 und 2019, mit den berechneten Standardfehlern und 95%-Konfidenzintervallen (Cl95%). Um einen Vergleich der Entwicklung über mehrere Jahre machen zu können, wurden nur die Wiederfän- ge aus dem jeweiligen Vorjahr für die Berechnung herangezogen. Zeitraum Wiederfänge N SE Cl95% 2016 und 2017 19 1670 346 992-2348 2017 und 2018 19 3343 708 1956-4730 2018 und 2019 18 5695 1235 3274-8116 Tabelle 4: Populationsgrößenschätzung (N) nach Petersen, mit den berechneten Standardfehlern und 95%-Konfidenzintervallen (Cl95%). Dabei wurden die Fangzahlen der Monate Mai bis Juli sowie August und September zusammengefasst, wobei für 2019 der Monat Mai entfallen war. Zeitraum Wiederfänge N SE Cl95% 2016 2 1541 736 99-2984 2017 7 608 170 275-940 2018 25 1040 174 699-1380 2019 31 955 147 666-1243 Geschlechterverhältnis und Wanderungen Das Geschlechterverhältnis der Fänge des Jahrs 2019 war nicht ausgewogen. Der An- teil an Männchen war mit 55,6 % Männchen hoch signifikant größer als der Anteil an Weibchen mit 24,5 % (Z-Test, N=258; 2 = 63,38; FG = 1; p < 0,0001). Bei 19,9 % der gefangenen Tiere lies sich das Geschlecht nicht bestimmen. Auch bei den Unken, die 2019 als Wiederfänge (aus Vorjahren und aus 2019) registriert wurden, war der Anteil an wiedergefangenen Männchen signifikant höher als der Anteil 22
an Weibchen (Z-Test; N=62; 2 = 12,36; FG = 1; p < 0,001) und zwar in einem ganz ähnlichen Geschlechterverhältnis (Männchen: 58 %, Weibchen: 27 %), wie bei den Fängen des Jahrs 2019 insgesamt. Der Anteil der 73 gefangenen Unken im Jahr 2019, die das Gewässern während der gesamten Projektlaufzeit gewechselt hatten, war mit 16 % eher gering, wohingegen 84 % der Wiederfänge (61 Unken) im selben Gewässer gefangen wurden, in dem sie beim vorherigen Fangtermin erfasst wurden. Um herauszufinden, ob männliche und weibliche Gelbbauchunken unterschiedlich häu- fig wanderten, wurde der jeweilige Anteil der Geschlechter an den Wiederfängen aus dem Jahr 2019, die das Gewässer gewechselt hatten – also wanderten – miteinander verglichen. Von den wiedergefangenen Unken (42 Männchen, 20 Weibchen) wurden 13 (7 Männchen, 4 Weibchen) in anderen Gewässern wiedergefangen als bei ihrem vorhe- rigen Fang. Es konnten keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Unken hinsichtlich einer Wanderung bzw. dem Wechseln zwischen den Gewässern festgestellt werden ( 2 = 0,02; FG = 2; p = 0,99). Die dabei von den wenigen Unken, die überhaupt das Gewässer wechselten, zurückge- legten Mindestwanderstrecken (Luftlinie zwischen den Gewässern) unterschieden sich nicht signifikant zwischen Männchen und Weibchen (Mann-Whitney Test; N=11; W=15, p = 0.6981). Der Median betrug für die Männchen 55 m und 90 m für die Weibchen. Die maximal gelaufenen Mindeststrecken lagen sowohl für Männchen als auch für Weib- chen bei 195 m (Abb. 10). Um eine bessere Übersicht darüber zu bekommen, welche Mindeststrecken die Unken überhaupt innerhalb des Steinbruchs zurücklegen konnten, wurde eine Matrix mit den Entfernungen zwischen den 20 Gewässern des Jahres 2019 erstellt (Anhang 4). Be- trachtet man die Verteilung der Gewässerentfernungen, sind darunter auch sehr weite Entfernungen von bis zu 600 m zu finden (Abb. 11). Viele Strecken liegen im Bereich zwischen 200 bis 400 m. Weder die Gewässerentfernungen noch die Mindestwander- strecken der Unken waren normalverteilt (Shapiro-Wilk Test: Gewässerentfernungen: W = 0,97, p < 0,001; Wanderstrecken der Unken: W = 0,82, p < 0,01). Die Wanderstre- cken der Unken waren deutlich kürzer als die möglichen Entfernungen zwischen den 23
Entfernung [m] ♂ ♀ unbestimmt Geschlecht Abb. 10: Mindestwanderstrecken von gewässerwechselnden Unken. Von 73 Individuen aus 2019, wel- che in den Jahren 2016-2019 mehrmals gefangen wurden, wanderten insgesamt nur 13 Unken: 7 Männ- chen; 4 Weibchen und 2 unbestimmte. Es konnten keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Unken hinsichtlich ihrer Wanderstrecken festgestellt werden (Chi-Quadrat-Test: 2 = 0,02; FG = 2; p = 0,99). Gewässern im Steinbruch (Mann-Whitney Test: W = 2425, p < 0,0001) (Anhang 3). Die wandernden Unken haben sich also nicht zufällig verteilt, sondern suchten bevorzugt benachbarte Gewässer auf. Die Abstände zwischen Erst- und Wiederfanggewässern betrugen ca. 30 bis knapp 200 m (Abb. 11). 24
40 Gewässer ♂ ♀ unbest. 30 Häufigkeit 10 20 0 0 200 400 600 Entfernungen [m] Abb. 11: Die Verteilungen der Entfernungen zwischen den Gewässern (beige) bzw. der mindestens zu- rückgelegten Strecken der männlichen (blau), weiblichen (rot) und unbestimmten Gelbbauchunken (grün) in 2019. Die wandernden Gelbbauchunken bevorzugten beim Wechsel Tümpel, die in kürzerer Entfer- nung (zwischen 30 bis 200 m) zu Gewässern lagen, in denen sie das erste mal gefangen wurden. Die Verteilung der Wanderstrecken unterschied sich hoch signifikant von der Verteilung der Gewässerentfer- nungen ( 2 = 58,9; NGewässer = 190; NUnken = 15; FG = 7; p
ber konnten bereits 13 Individuen im Ersatzgewässer erfasst werden, wovon vier schon im August dort gefangen wurden. Dieses Gewässer liegt auf Etage III am äußersten Randbereich des Steinbruches direkt am Waldrand. Eine Unke (RU00056) legte mit 365 m die insgesamt längste Mindestwanderstrecke zurück. Sie wurde in drei verschiedenen Gewässern (2, 3, 7) gefangen, wobei sie ein- mal 2016 und dreimal 2019 gefunden wurde. Eine ebenfalls sehr wanderfreudige Unke (RU000334) wurde 2017 in Gewässer 12 und 9 je einmal gefangen. Im Jahr 2018 blieb sie in Gewässer 9 und wanderte 2019 zu Gewässer 6a. Insgesamt muss sie mindes- tens 180 m zurückgelegt haben. 26
Auswertung der Parameter Gewässertiefe-, -temperatur und pH-Wert Um die Anforderungen, die Gelbbauchunken an Gewässer haben, besser abschätzen zu können, wurden im August 2019 für alle 20 Gewässer im Steinbruch Messwerte für Gewässertiefe, Wassertemperatur und pH-Wert (Tabelle 5) aufgenommen. Aufgrund eines Geräteausfalls konnte im September der pH-Wert leider nicht gemessen werden. Tabelle 5: Die im August und September 2019 gemessenen Gewässer-Parameter (Gewässertiefe, Was- sertemperatur und pH-Wert). Für September fehlen die pH-Messwerte aufgrund eines Geräteausfalls. August September Gewässer- Anzahl Anzahl nummer Tiefe [cm] Temp. [°C] pH Tiefe [cm] Temp. [°C] Unken Unken 1 2 18,5 19 9 0 3,5 19,1 2 1 44,5 24,8 8 6 27 21,1 3 1 29,5 23,9 8,5 2 25,5 21,1 4a 4 33,5 16,8 7,5 6 24,5 15,5 5b 0 158,0 19 7,5 0 13,5 17,4 6a 0 158,0 21,6 7,5 3 25 17,1 7 3 14,5 24 9 11 31 20,4 8 19 12,5 18,6 7,5 3 8,5 16,3 9 0 158,0 22 7,5 3 60 19,3 10 29 154,5 22,8 8,5 24 37 18,6 11 2 6,5 16,2 8 1 14 17,5 12 0 10,0 20,4 7,5 2 38 16,4 13 5 38,0 22,4 8 4 27 19,3 14 Ost - - - - - - - 14 West 7 24,5 22,3 8 9 28 19,2 15a 5 45,0 23,5 8,5 13 31,5 19,1 16 0 2,5 29,9 8 0 0 - 17 Ost 0 5,5 23 0 16,5 27,5 8,5 17 West - - - 18a 0 7,0 18,5 7,5 0 0 - 19a 1 27,0 20,4 7 0 0 - 20a 0 22,0 20,4 8 0 12,5 16,7 Im August korrelierte die Gewässertiefe mit der Anzahl der im Gewässer befindlichen Unken (cor = 0,76; p < 0,001). Auffällig war hier das Gewässer 10 mit einer Tiefe von mehr als 150 cm und der größten Anzahl an Unken (29). 27
Im September ergab sich ebenfalls eine signifikante Korrelation zwischen der Tiefe und der Anzahl der Unken (cor = 0,52; p = 0,01816). Betrachtet man die Korrelation ohne die ausgetrockneten Gewässer, so deutet sich immer noch ein Trend an (cor = 0,44; p = 0,07558). Die Unken bevorzugten es, eher tiefere Gewässer als flache mit wenigen Zentimetern zu besetzen. Für die anderen Parametern im August und September konn- ten keine Korrelationen festgestellt werden. Der Tabelle 6 sind alle weiteren Daten zu entnehmen. Tabelle 6: Ergebnisse der Korrelationsberechnungen (Anhang 3) zwischen den Parametern Tiefe in cm, Temperatur in °C und pH-Wert mit der Anzahl der Unken im jeweiligen Gewässer für die Monate August und September 2019. Monat Parameter n cor p r2 Steigung Tiefe 17 0,76 0,0003979 0,5778 3,39 August Temperatur 17 -0,1 0,6921 0,0108 -0,05 pH-Wert 17 0,08 0,768 0,006 0,005 September Tiefe 20 0,52 0,01816 0,2728 1,35 September (ohne ausge- Tiefe 17 0,44 0,07558 0,1955 0,99 trocknete Ge- wässer) September Temperatur 17 0,08 0,7553 0,0067 0,03 Betrachtet man im Allgemeinen die Verteilung der Gewässer im Steinbruch, befinden sich in der untersten Etage die meisten Tümpel, die auch das ganze Jahr über weitest- gehend mit Wasser gefüllt waren. Im Gegensatz dazu waren in den Etagen I bis III viele ausgetrocknete Tümpel aufzufinden (Tabelle 7). In Gewässer 18a (Etage II), waren zu viele heranwachsende junge Erlen. Da die Vegetation zu dicht war, reduzierte sich die Wasserverfügbarkeit im Tümpel. Deshalb konnte nur nach starken Regenfällen im Mo- nat August ein Wasserstand vermerkt werden. 28
Tabelle 7: Zustand der Gewässer im Steinbruch Blauberg 2019. Für Juni bis September 2019 sind aus- getrocknete Gewässer gelb und mit Wasser gefüllte Gewässer blau markiert. Die Gewässernummern sind entsprechend ihrer Lage auf den Etagen mit verschiedenen Farben hinterlegt (rot = Etage 0, orange = Etage I, grün = Etage II, blau = Etage III). Die Gewässer der tieferen Etagen tendierten weniger zum Austrocknen. In der letzten Spalte wird angezeigt, welche Gewässer 2019 besetzt waren. Gewässer 15 wurde im Juli zerstört und im August durch 15a ersetzt; Gewässer 14 und 17 bestehen jeweils aus zwei kleineren, direkt nebeneinander liegenden Tümpeln (Ost bzw. West; vgl. Abb. 3). Gewässernr. Juni Juli August September Unke vorhanden 1 Wasser ausgetrocknet Wasser ja 2 Wasser ja 3 Wasser ja 4a Wasser ja 5b Wasser ausgetrocknet Wasser ja 6a Wasser ausgetrocknet Wasser ja 7 Wasser ja 8 Wasser ja 9 Wasser ja 10 Wasser ja 11 Wasser ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet ja 12 Wasser ja 13 Wasser ja 14 (Ost) Wasser ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet nein 14 (West) ausgetrocknet Wasser Wasser Wasser ja 15 Wasser zerstört ja 15a noch nicht vorhanden Wasser ja 16 ausgetrocknet ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet nein 17 (Ost) ausgetrocknet ausgetrocknet Wasser nein 17 (West) ausgetrocknet ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet nein 18a ausgetrocknet ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet nein 19a ausgetrocknet ausgetrocknet Wasser ausgetrocknet ja 20a Wasser ausgetrocknet Wasser ja 29
4 Diskussion Fänge und Wiederfänge Im Rahmen des Projekts „Management von FFH-relevanten Amphibienarten in Roh- stoffgewinnungsstätten“ wurden im Zeitraum 2016 bis 2019 insgesamt 951 Individuen registriert. Im Jahr 2019 wurden 322 Individuen aufgenommen. Davon waren 26 Wie- derfänge aus den Vorjahren. Die maximale Anzahl an gefangenen Gelbbauchunken wurde im Juli 2019 erreicht. Es konnten sogar fünf wiedergefangene Gelbbauchunken im Jahr 2019 mit einem Erst- fang von 2016 identifiziert werden. Dies deutet die Ortstreue von Gelbbauchunken über mehrere Jahre an, wie sie auch schon früher gezeigt werden konnte (Heusser 1958). Betrachtet man die Verteilung der Anzahl der Unken pro Tümpel, sieht man, dass im zentralgelegenen Gewässer 10 bei jedem Termin die meisten Fänge erzielt wurden. Weitere beliebte Gewässer mit hohen Fangzahlen waren Gewässer 2, 4a, 7 und 8, die alle in Etage 0 liegen. Hier könnte durch die große Anzahl an rufenden Unken ihren Art- genossen in den höheren Etagen ein gutes Aufenthalts- und Laichgewässer signalisiert worden sein. Die Funktion des Unkenrufes ist noch nicht abschließend geklärt. Er scheint nicht die Weibchen anzulocken, sondern vielmehr der territorialen Abgrenzung zu dienen (Gollmann & Gollmann 2012). Populationsgrößenabschätzung Eine Möglichkeit die Population abzuschätzen ist, die Fang- bzw. Wiederfangzahlen zwischen zwei Jahren für die Berechnung heranzuziehen. Legt man die Zahlen von 2018/2019 zugrunde, ergibt sich für das Jahr 2019 eine geschätzte Populationsgröße von 5695 Gelbbauchunken. Die relativ groß geschätzte Population ist eine Folge der kleinen Wiederfangzahlen. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass sich ein Großteil der Population nicht in den Gewässern des Steinbruchs aufhält. Auch andere Studien haben gezeigt, dass sich Amphibien oft versteckt halten, aber dennoch sehr mobil sind (vgl. Abschnitt Wander- strecken S. 30). In einer Studie konnte gezeigt werden, dass nur ein Drittel der adulten Tiere im Gewässer anzutreffen sind (nach Möller 1992; vgl. Andrä et al. 2019). 30
Allerdings deuten die relativ wenigen Wiederfänge im Jahr 2019 von Tieren, die erst- mals 2016 oder 2017 gefangen wurden, im Vergleich zu denen aus 2018, darauf hin, dass das Durchschnittsalter der Population eher niedrig ist. Eine hohe Austauschrate der Unkenpopulation wäre also auch eine mögliche Ursache für die relativ niedrigen Wiederfangzahlen und hätte eine deutliche Überschätzung der Populationsgröße zur Folge. Eine weitere Möglichkeit ist es, für die Populationsgrößenabschätzung die Zahlen in- nerhalb eines Jahres zugrunde zu legen. Um nicht insgesamt zu niedrige Zahlen zu be- kommen, die zu großen Ungenauigkeiten bei der Schätzung führen würden (Ortmann et al. 2005), wurden jeweils die Fänge von drei bzw. zwei Monaten zusammengefasst. Die Unkenpopulation lag bei dieser Schätzung mit 955 Unken für das Jahr 2019 deut- lich niedriger und kommt wahrscheinlich der echten Populationsgröße näher, da außer- halb des Steinbruches im Landkreis Cham keine weiteren Vorkommen von Gelbbau- chunken bekannt sind (M. Schmidberger mündlich 2019). Ob die Maßnahmen der Gewässeroptimierung die Population erfolgreich fördern, ließe sich am Populationstrend im Laufe der Jahre erkennen. Da sich die Konfidenzintervalle für die Abschätzungen jedoch überlappen, lässt sich bisher noch kein eindeutigen Trend feststellen. Das Projekt wird noch bis 2021 laufen (v. Lindeiner 2015), was eine gute Voraussetzung für das Erkennen eines eventuellen Populationstrends ist. Wanderstrecken und Geschlechterverhältnis Während des gesamten Projekts überwog der Anteil an männlichen Individuen unter den gefangenen Unken. Beshkov & Jameson (1980) erfassten auch einen größeren Anteil an Männchen (Verhältnis M:W 2,3:1). Im Allgemeinen weisen Gelbbauchunken- populationen in den meisten Fällen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Männchen und Weibchen auf (nach Kapfberger 1984; vgl. Gollmann & Gollmann 2012). Der hohe Anteil an Männchen lässt sich wahrscheinlich damit erklären, dass sie länger im Ge- wässer verweilen. Im Gegensatz dazu suchen die Weibchen sofort nach dem Ablaichen andere Gewässer auf oder ziehen sich in terrestrische Lebensräume zurück (Gollmann & Gollmann 2012). 31
Das Geschlechterverhältnis ist anscheinend davon abhängig, wo, wann und wie oft nach Unken gesucht wird. Niekisch (1990) fand im Frühjahr sowohl an Land als auch im Wasser mehr Weibchen. Im Sommer hingegen wurden mehr Männchen im Gewäs- ser dokumentiert. Insgesamt war das Verhältnis von beiden Geschlechtern, unabhängig vom Ort, mit einem Verhältnis von 1,1:1 fast ausgeglichen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde kein geschlechtsspezifischer Unterschied von wan- dernden Gelbbauchunken gefunden. Männchen wechselten also mit keiner höheren Wahrscheinlichkeit das Gewässer während der Fortpflanzungszeit als Weibchen. Dass sich hier kein Unterschied feststellen ließ, kann aber auch auf die sehr kleine Stichpro- benzahl, insbesondere bei den Weibchen, zurückzuführen sein. In mehreren anderen Studien konnte ebenfalls kein Unterschied zwischen den Wanderstrecken der beiden Geschlechter festgestellt werden (Hartel 2008; Jacob et al. 2009). Unken laufen im Vergleich zu Kröten und Fröschen deutlich geringere Distanzen, wenn sie zu ihren Laichgewässern wandern und gelten deshalb im Allgemeinen als Kurzstre- ckenwanderer (Glandt 1986). Es finden sich aber auch Beispiele für weit zurückgelegte Strecken von über 1 km (vgl. Gollmann & Gollmann 2012). Der Auslöser für Extrem- wanderungen sind insbesondere Umwelt- oder Habitatveränderungen (Jacob et al. 2009), z.B. ein zerstörtes Gewässer. In dieser Untersuchung wurden von den wandernden Unken bevorzugt kürzere Stre- cken zurückgelegt. Wechselten Unken während der Fortpflanzungszeit das Gewässer, lag dieses maximal 200 m entfernt. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Untersuchun- gen von Hartel (2008) und Jacob et al. (2009). Im Steinbruch Blauberg beträgt die maximale Entfernung zwischen zwei Gewässern ca. 600 m. Die häufigsten Entfernungen, die zwischen Gewässern möglich sind, liegen im Bereich von ca. 200 m. Von den wandernden Unken wurden jedoch meist nur deutlich kürzere Strecken überwunden. Die größte zurückgelegte Strecke erfolgte zum neu angelegten Gewässer 15a im Au- gust. Dieses Gewässer musste innerhalb eines Monats aufgesucht worden sein, da es erst nach der Kartierung im Juli ersetzt wurde. Neue Gewässer, die sich für die Repro- duktion eignen, werden schnell besiedelt (Hartel et al. 2007). Falls dieses Gewässer im nächsten Jahr Laich aufweist, wäre dies eine schöne Bestätigung für diese Aussage Gewässerwechselnde Unken suchten Gewässer in einem Abstand von 30 bis maximal 200 m Entfernung auf, wobei die zurückgelegten Wanderstrecken dabei deutlich größer 32
gewesen sein können und somit unterschätzt worden sind (Marsh & Trenham 2001; Porter & Dooley 1993). Die hier untersuchten Wanderstrecken sind also nur als Min- deststrecke zu betrachten (Jacob et al. 2009). Über die Hälfte der wiedergefangenen Unken wanderten jedoch zwischen den Fang- terminen überhaupt nicht, sondern wurden erneut im selben Gewässer wie zuvor ge- funden. Dieser hohe Anteil an stationären Unken deutet darauf hin, dass es sich bei der Gelbbauchunke um eine eher ortstreue Tierart handelt. Hartel (2008) zeigte eine signifi- kante Abnahme der Wanderaktivität mit zunehmender Distanz zwischen den Gewäs- sern. Insgesamt wurden im Rahmen dieser Arbeit nur zwei Gelbbauchunken dokumen- tiert, die eine Etagenstufe überwunden haben mussten. Die steilen Stufen und die dar- aus resultierende Distanz zwischen den Etagen und ihren jeweiligen Gewässern, könn- te also ein Grund für den hohen Anteil an ortstreuen Tieren im Steinbruch Blauberg darstellen. Zum anderen bietet die hohe Gewässerdichte der untersten Etage keinen Anlass für Wanderungen in andere Etagen. Allgemein wandern Gelbbauchunken aber wohl eher wenig und sind oft über mehrere Jahre hinweg immer im selben Gewässer wieder zu finden (Heusser 1958). Einfluss der Parameter Gewässertiefe-, -temperatur und pH-Wert Die Gelbbauchunke sucht sich, je nach Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen, einen für den jeweiligen Lebenszyklus passenden Platz aus. Sie sind insbesondere an natürlich schwankende Wasserstände von Tümpeln und Pfützen angepasst, die auch gelegentlich trockenfallen können (Ackermann o. J.; Zahn & Niedermeier 2004). Des- halb wurden die Parameter Gewässertiefe-, -temperatur und pH-Wert aufgenommen. Es wurde keine Korrelation zwischen Anzahl der Unken und Gewässertemperatur bzw. pH-Wert gefunden. Nur die Gewässertiefe korrelierte mit der Anzahl an Unken. Die Tümpel der Etagen I bis III trockneten häufig aus, was ein Grund dafür sein könnte, warum die Gewässer kaum angenommen wurden. In Etage 0 war die Wasserverfüg- barkeit immer gegeben. Dies scheint ein entscheidender Punkt für das Vorkommen der Unken zu sein. Gelbbauchunken sind bevorzugt an seichten, besonnten Gewässern mit wenig Vegetation zu finden, da die Larvalentwicklung von der Temperatur abhängig ist (Gollmann & Gollmann 2012). Die Entwicklung und das Wachstum läuft mit steigender Temperatur schneller ab (Denver 1997; Dittrich et al. 2016; Gollmann & Gollmann 2012; 33
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