Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...

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Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
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Lebensraum mit
Modellcharakter
Seit zwei Jahrzehnten ist das Entlebuch ein UNESCO-
Biosphärenreservat. Wie es dazu kam und was die Ideen
für die Zukunft sind, verraten Theo Schnider und Petra
Wey – zwei Personen, die für die Biosphäre prägend sind.
Text: Robert Bösiger

N         atürli!» Gleich zu Beginn unseres
Gesprächs im heimeligen Esszimmer des
                                                                                             Schlacht im Tal die Ernüchterung breit-
                                                                                             gemacht hat: «Im Entlebuch, das mit über
Hospizes Heiligkreuz ist das die Antwort                                                     100 Mooren und 26 Prozent der Land-
von Theo Schnider auf die Frage, ob er –                                                     fläche das grösste Moorvorkommen des
wie auf diversen Prospekten abgebildet –                                                     Landes hat, ist massiver Widerstand auf-
tatsächlich auch schon den Alpsegen prak-                                                    gekommen.»
tiziert habe. Er sei auf der Alp Silwängen                                                          Es ist nachvollziehbar, dass der
unterhalb der Schrattenfluh aufgewachsen,                                                    Moorschutz in der damals strukturschwa-
erklärt Schnider, und da hätten alle in der                                                  chen Region als Hemmnis für die Entwick-
Familie den Alpsegen gerufen. Auch sonst      Theo Schnider und Petra Wey beim               lung angesehen wird. Auch er sei damals
                                              echt-Gespräch im Hospiz Heiligkreuz.
sei er stark verbunden mit Traditionen und                                                   gegen die sogenannte Rothenthurm-Initia-
Brauchtum. «Ich war einige Jahre im Vor-                                                     tive eingestanden, gibt Schnider zu. Allein
stand des Zentralschweizer Jodlerverban-      Wobei: Auf sein Betreiben hin wurde der        die Gemeinde Flühli – die mit einer Flä-
des und Obmann der Alphornbläser.»            Begriff «Reservat» schon zwei Jahre nach       che von über 108 km2 grösste Kommune
Zudem fungiere er ab und zu als Regisseur     Erhalt des UNESCO-Labels ersatzlos ge-         auf Kantonsgebiet – wäre mit einem Mal
für den Jodlerklub Echo Sörenberg.            strichen. Seither spricht man von der          zu zwei Dritteln geschützte Fläche gewor-
       Regisseur. Dieser Begriff passt aus-   UNESCO Biosphäre Entlebuch (UBE).              den. Schnider: «Tourismus in Sörenberg,
gezeichnet für diesen Mann, der mit                                                          das zu Flühli gehört, wäre nicht mehr mög-
seiner schier unglaublichen Energie und       Rothenthurm-Initiative als Schock              lich gewesen. Es gab Verlautbarungen aus
seiner Überzeugungskraft stets an vorders-                                                   Bern, wonach wir sämtliche Skilifte hätten
ter Front dazu beigetragen hat, dass aus      Theo Schnider ist Tourismusdirektor von        abbauen müssen.»
dem «Armenhaus Entlebuch» innert drei         Sörenberg, als am Sankt-Nikolaus-Tag                  Weil Theo Schnider damals etwas
Jahrzehnten nicht nur ein UNESCO-             1987 die Volksinitiative «Rettet die letzten   ändern mochte, aber bei Medien und Po-
Biosphärenreservat geworden ist, sondern      Moorlandschaften!» mit fast 58 Prozent         litikern kaum Gehör findet, setzt er auf
eine prosperierende Vorzeigeregion und        vom Schweizervolk angenommen wird. Er          Provokation: Verkleidet als Indianer reist
ein Modell, das weltweit Beachtung findet.    erinnert sich, wie sich nach geschlagener      er nach Luzern, um bei der Kantonsregie-

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Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
Bild: Seite 12: Christian Roth | Seite 13: Martin Mägli / zVg

                                                                                         Der «wilde Westen» von Luzern:
                                                                                            Im Entlebuch treffen karstige
                                                                                     Bergwelten auf sanfte Landschaften
                                                                                          wie hier auf der Schrattenfluh.
                                                                                        Die landschaftliche Schönheit ist
                                                                                       der grosse Reichtum der Gegend.

                                                                echt – Sommer 2021                                          11
Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
YAKU
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                                                                                                                                                                                               Sie Fre ken
                                                                                                                                                                                            Näh       ude!
                                                                                                                                                                                                re Inform
                                                                                                                                                                                                          a
                                                                                                                                                                                                zu unse tionen
                                                                                                                                                                                            Gutsch      ren
                                                                                                                                                                                                   e
                                                                                                                                                                                           www.v inen unter
                                                                                                                                                                                                 itznaue
      BY CANESSA                                                                                                                                                                                         rhof.ch

      PERU, ST. MORITZ, VITZNAU
      12. Juni bis 31. Oktober 2021
  Fr –Di Lunch     12.00 –14.00 Uhr
 Mo –Di Abendessen 18.00–21.00 Uhr
       Die Peruanische Starköchin
 Claudia Canessa und ihr Team bringen
 ihre spektakulären Kreationen diesen
  Sommer an den Vierwaldstättersee.
  Erleben Sie eine bunte Geschmacks-
 explosion mit Zutaten aus der Region,
     internationalen Einflüssen und
 ganz viel Peru! Selbstverständlich auch
     in diesem Jahr wieder mit dem
        populären Boat Drive-in.
Hotel Vitznauerhof Seestrasse 80 6354 Vitznau
   +41 41 399 77 77 www.vitznauerhof.ch

                                                                                                                                                                       WINNER
                                                                                                                                                              GERMAN CAMERA AWARD
                                                                                                                                                                   DOCUMENTARY 2020

                                                                                                                                                                OFFICIAL SELECTION
                                                                                                                                                               ZU RICH FI LM FESTIVAL
                                                                                                                                                                 FOCUS COMPETITION 2020

                                                                                                                                                                    NO
                                                                                                                                                                     O MIN
                                                                                                                                                                       M ATIO
                                                                                                                                                                            ON
                                                                                                                                                               SWISS FILM
                                                                                                                                                                     FI M AWAARD 2021
                                                                                                                                                                  BEST CINEE MATOGR APHY
                                                                                                                                                                    BEST FILM SCORE

                                                                    RECK Film p resents
                                                                                     ts a film by PA SCAL HOFMA
                                                                                                          HOFMANN
                                                                                                                NN
                                       Director of Photography BENNY JABERG – Recording & Sound Design CHRISTOPH BRÜNGGEL – Editing PASCAL HOFMANN & BERNHARD LEHNER
                           Picture Design UELI NÜESCH – Music MARCEL VAID – Sound Mix MAURIZIUS STAERKLE DRUX – Producer FRANZISKA RECK – Written and directed by PASCAL HOFMANN
                                   A RECK FILMPRODUCTION ZURICH in co-production with SRF, RSI and RTS – With the support of BUNDESAMT für KULTUR (EDI) – ZÜRCHER FILMSTIFTUNG
                             AARGAUER KURATORIUM – TELEPRODUKTIONS-FONDS GMBH – SUCCÈS PASSAGE ANTENNE SRG SSR – SWISSLOS & KULTURFÖRDERUNG KANTON GRAUBÜNDEN
                                             MIGROS KULTURPROZENT – BATA SCHUHSTIFTUNG – CORPORAZIUN ENERGIA ENGIADINA – STIFTUNG DR. VALENTIN MALAMOUD
                                                                 STIFTUNG STAVROS S. NIARCHOS CHUR – FONDATION SUISA – ERNST GÖHNER STIFTUNG
Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
LEBEN

                       rung aufzutreten und zu fragen: «Sollen
                       die Einheimischen in einem Reservat le-
                       ben?» Dieser Husarenritt zeigte Wirkung
                       und fortan sprach man auch vom Nützen,
                       nicht mehr nur vom Schützen. Seither
                       trägt der Rebell aus dem Entlebuch einen
                       Rossschwanz.

                       Kühne Vision, grosse Bedenken

                       Theo Schnider wurde damals bewusst,
                       dass das Entlebuch die Folgen der unge-
                       liebten Moorschutz-Initiative nutzen soll-
                       te. Vor seinem geistigen Auge sah er zu-
                       sammen mit dem damaligen Luzerner
                       Regierungsrat Paul Huber ein Moorkom-
                       petenzzentrum und erkannte, dass das
                                                                        Zwei engagierte Persönlichkeiten: Theo Schnider und Petra Wey.
                       Entlebuch auch mit den anderen exklusi-
                       ven Gegebenheiten – Karstlandschaft der
                       Schrattenfluh, Jagd- und Wildschutzgebiet        Mit Kopf und Herz fürs Entlebuch
                       am Rothorn – würde punkten können.
                                                                        Petra Wey-Hofstetter, geboren 1972, wuchs auf einem Bauernhof mit Alpbe-
                              Er erinnert sich: «Wir haben nach
                                                                        trieb im Entlebuch auf. Sie ist dipl. Kauffrau BVS und Lehrlingsbetreuerin. Sie
                       einem Instrument gesucht, um alle diese
                                                                        gehörte in den ersten Jahren zum engen Zirkel um Biosphäreninitiator Theo
                       Vorteile unter einen Hut zu bringen, und
                                                                        Schnider. 2004 bis 2012 war sie Gemeinderätin von Entlebuch und trieb das
                       sind zusammen mit dem regionalen
                                                                        Projekt Energiestadt Entlebuch voran. Heute präsidiert sie die Pflegschaft
                       Raumplaner auf die Biosphärenreservate
                                                                        Heiligkreuz, die Stiftung Pro Heiligkreuz sowie die Theatergesellschaft/Ope-
                       der UNESCO gestossen. Wir haben uns
                                                                        rette Entlebuch. Petra Wey ist verheiratet und Mutter zweier Töchter. Sie lebt
                       die Reservate Rhön (im Dreiländereck
                                                                        in Entlebuch.
                       Bayern, Hessen und Thüringen) und in
                       Berchtesgaden angesehen und sind zur             Theo Schnider, geboren 1957, aufgewachsen auf einer Alp unter der Schrat-
                       Einsicht gelangt, dass so was auch bei uns       tenfluh, hat sich nach einer kaufmännischen Ausbildung in den Bereichen
                       möglich wäre – vielleicht sogar noch bes-        Medien und Kommunikation, Wirtschaft, Marketing und Tourismus, Umwelt
                       ser.» Denn, so Schnider: «Ein Biosphären-        und Nachhaltigkeit weiterbilden lassen. Er war 21 Jahre Kurdirektor in
                       reservat soll sich nicht nur um Natur und        Sörenberg und ist seit 2001 Direktor der UNESCO Biosphäre Entlebuch, die
                       Umwelt kümmern, sondern auch um die              er auch initiiert hat. Schnider präsidiert den Verwaltungsrat der Bergbahnen
                       Wirtschaft, die Menschen, die Gesell-            Sörenberg AG, den Förderverein Golfplatz Flühli, sitzt im Verwaltungsrat der
                       schaft.»                                         Biosphäre Markt AG und war OK-Präsident ungezählter Veranstaltungen. Seit
                              Schnider räumt ein, dass es anfäng-       2016 ist er Mitglied der Beratungskommission Landwirtschaftspolitik des
                       lich sehr harzig gewesen sei, den Men-           Bundesrates. In seiner Freizeit ist der verheiratete Theo Schnider (drei Kin-
                       schen Sinn und Zweck eines solchen Re-           der) Regisseur für den Jodlerklub Echo Sörenberg; zudem fährt er gerne Ski,
                       servats beliebt zu machen: «Viele dachten:       bläst mit Sohn Christian Alphorn und betreibt als Ausgleich Kraftsport.
                       Jetzt gibt es dann keine Freiheit mehr und
                       wir Bauern müssen alle auf Bio umstel-
                       len.» Er erinnert sich an jene Zeit, als die         Spätestens zu diesem Zeitpunkt war    gen mitbestimmen können. Schnider und
                       ersten Berichte über die Vision erschie-       klar: Die Entlebucher Bevölkerung muss      seine Getreuen legten sich mit voller Kraft
                       nen. Die «Luzerner Zeitung» illustrierte       nicht nur überzeugt werden von der Idee,    ins Zeug. Sie waren wahre Wanderpredi-
                       einen Artikel mit einem denkwürdigen           sie muss sie mittragen und leben. Und sie   ger. «Wir waren praktisch Tag und Nacht
                       Bild: «Darauf war in Wolhusen ein Kas-         muss darüber abstimmen können. Dies,        unterwegs in der Region, bei Gemeinden,
Bild: Christian Roth

                       senhüttli zu sehen, wo man den Eintritt        so Schnider, sei im Verbund der rund 700    Vereinen, Organisationen – überall. Um
                       ins Entlebuch entrichten sollte, davor ein     Biosphärenreservate auf der Welt einzig-    vorzutragen, zu diskutieren und vor allem
                       Bild mit dem Spruch: Achtung, Einheimi-        artig gewesen: Nirgendwo sonst habe die     um zu überzeugen.» An den sehr gut be-
                       sche bitte nicht füttern!»                     Bevölkerung an einem solchen Unterfan-      suchten Gemeindeversammlungen aller

                       echt – Sommer 2021                                                                                                                 13
Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
LEBEN

Entlebucher Gemeinden konnten die Ein-     Gemeinden hinter die Vision und setzten      2001 anerkannte die Sonderorganisation
wohnerinnen und Einwohner schliesslich     so den Grundstein. Schnider und sein         der Vereinten Nationen das Entlebuch als
darüber befinden, ob sie während einer     Team, verstärkt durch den Gemeindever-       erstes Biosphärenreservat der Schweiz
zehnjährigen Betriebsphase je vier Fran-   band der sieben Entlebucher Gemeinden        und erstes Biopsphärenreservat der Welt,
ken pro Kopf und Jahr für die Unterstüt-   sowie den Verein «Freunde der Biosphä-       das in einem partizipativen Prozess ent-
zung des Biosphärenreservats aufbringen    re», konnten die nötigen Vorarbeiten leis-   standen ist.
möchten. Und tatsächlich: Mit einem Ja-    ten, um die Bewerbung bei der UNESCO                Die Bereitschaft zur Veränderung,
Anteil von 94 Prozent stellten sich alle   zu deponieren. Bereits im September          das sei die grösste Herausforderung gewe-
                                                                                        sen, glaubt Theo Schnider: «Nur ein Baby
                                                                                        in nassen Windeln sehnt sich nach Verän-
                                                                                        derung…» Petra Wey, die in den Anfangs-
                                                                                        zeiten als junge Frau und später als Ge-
                                                                                        meinderätin von Entlebuch im Team von
                                                                                        Schnider mithalf, bestätigt diese Einschät-
                                                                                        zung und sagt: «Der Weg war beschwer-
                                                                                        lich, und nur langsam haben die Menschen
                                                                                        erkannt, dass ein Biosphärenreservat auch
                                                                                        Chancen bietet. Damals war ich 15 Jahre
                                                                                        jung. Ich erinnere mich gut an die Zeit des
                                                                                        Kampfes und der Angst. Auch der Begriff
                                                                                        Bio löste Ängste vor möglichen Vorgaben
                                                                                        aus.»

                                                                                        Ein Volk mit Sinn für Nützliches

  Strebt eine nachhaltige Entwicklung an: Wallfahrtsort Heiligkreuz.
                                                                                        Die Entlebucher sind ein besonderer
                                                                                        Menschenschlag. «Liebenswürdig, zuver-
  Wallfahrtsort, Aussicht und Hotel                                                     lässig, witzig, kritisch, heimatverbunden,
                                                                                        ein guter Gastgeber mit ausgeprägtem
  HEILIGKREUZ. Seit Jahrhunderten          cher Immobilieninvestors. Pläne für
                                                                                        Sinn für Nützliches. Wenn er sieht, dass
  ist Heiligkreuz ein Wallfahrtsort. Die   eine Schweizer Koch-Akademie
                                                                                        es ihm etwas bringt, so ist er dabei und
  Legende besagt, hierhin sei einst        («Magglingen für Köche») scheiterten
                                                                                        zieht mit.» Sagt Theo Schnider und fügt
  ein Stück des Kreuzes Jesu gebracht      jedoch. Nun haben die Pflegschaft
                                                                                        mit einem verschmitzten Lächeln an:
  worden, worauf man zunächst ein          Heiligkreuz und die Hospitality
                                                                                        «Zudem ist er gemäss historischen Quel-
  Bethäuschen, später eine Kapelle         Heiligkreuz AG einen Kooperations-
                                                                                        len von kräftiger Statur und besonderer
  und ein Eremitenhaus errichtete.         vertrag abgeschlossen, um die
                                                                                        Schönheit.» Petra Wey nickt und sagt:
  Anno 1588 wurde die heutige Kirche       nachhaltige Ortsentwicklung sicher-
                                                                                        «Der Entlebucher ist vorsichtig und
  in ihrer Urform erbaut; das Gottes-      zustellen und einen gemeinsamen
                                                                                        schaut sicher zweimal hin, bevor er Ja
  haus in seiner barocken Form geht        Gastbetrieb aufzubauen.
                                                                                        sagt. Aber er ist durchaus offen, wenn er
  zurück ins Jahr 1753.                    Petra Wey, Präsidentin der Pfleg-            vom Sinn einer Sache überzeugt ist und
  Weil Heiligkreuz oft über dem Ne-        schaft Heiligkreuz, sagt zu diesem           selber eine Chance sieht.»
  belmeer liegt und eine schöne Aus-       Vorhaben: «Unter dem Motto Begeg-                   Heute, im Jahre 20 nach dem Start
  sicht bietet, kamen früh schon Pilger    nen-Erleben-Aneignen streben wir             ins Biosphärenabenteuer, hat die Entle-
  und Ausflügler hierher. Der kirchli-     einen für Heiligkreuz stimmigen              bucher Bevölkerung mit dem «Revervat»
  chen Stiftung «Pflegschaft Heilig-       Betrieb im Bereich Hotellerie, Gas-          leben gelernt. Und sie erkennt inzwischen
  kreuz» gehören die Gebäude des           tronomie und Bildung an. Und zwar            auch seinen wirtschaftlichen Nutzen. So
  historischen Ensembles – inklusive       durchwegs Biosphären-authentisch:            spricht heute niemand mehr vom «Ar-
  des 1985 erbauten Hotels Kurhaus.        mit Holz von hier, Handwerkern von           menhaus der Schweiz»; man ist stolz dar-
  Das ehemalige Ferienheim der In-         hier, Personal von hier und Regio-           auf, als Vorzeige- und Modellregion für die
  genbohler Schwestern kam vor ein         nalprodukten von hier.»                      Welt zu gelten.
  paar Jahren in den Besitz eines Zür-     heiligkreuz-entlebuch.ch                            Die wirtschaftlichen Aspekte seien
                                                                                        wichtig, räumt Theo Schnider ein, «weil es

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Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
LEBEN

              Ohne die Entlebucher Bevölkerung und deren tatkräftiges Mittun gäbe es keine UNESCO Biosphäre Entlebuch.

              letztlich ums Überleben geht». Dennoch       schaftete Mittel (zum Beispiel aus den       wir Spitzenreiter werden. Beim nachhalti-
              suchen er und sein Team des Biosphären-      Bereichen Bildung, Tourismus und For-        gen Tourismus ebenso wie bei der nach-
              zentrums in Schüpfheim stets die Balance     schung) als wichtiger Anteil des Haushalts   haltigen Entwicklung und den Regional-
              zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Na-    hinzugekommen. Das Budget beträgt            produkten.» Von entscheidender Bedeu-
              tur. Und allem liege die Idealvorstellung    knapp drei Millionen Franken.                tung sei es, dass die gelebte Philosophie
              der Nachhaltigkeit zugrunde. Diese müs-                                                   über Generationen aufrechterhalten wer-
              se als Leitprinzip verstanden, gelebt und    Auch künftig glaubwürdig bleiben             den könne. «Die grossartige Idee darf nicht
              erlebt werden, sonst tauge der Begriff                                                    einschlafen. Wir müssen über die Region
              nichts, so Schnider.                         Stellt sich die Frage: Kann sich die         hinaus den Ton angeben! Sonst vergisst
                     Das Biosphärenzentrum und das         UNESCO Biosphäre Entlebuch noch wei-         man uns.»
              Biosphärenmanagement unter Leitung           terentwickeln? Wenn ja, in welche Rich-             Eine geographische Ausweitung
              von Theo Schnider und dem Präsidenten        tung? Geht es nach den Vorstellungen von     sieht Petra Wey weniger. Wichtiger ist für
              Fritz Lötscher sind mittlerweile eine        Theo Schnider, so könnte die UBE in          sie, dass die Produkte und Angebote «ab-
              schlagkräftige Organisation mit 13 Mitar-    ferner Zukunft einen etwas grösseren         solut glaubwürdig» seien. Dazu gibt sie ein
              beitenden. Der politischen Trägerschaft,     Perimeter umfassen: «Wir haben in ver-       Beispiel: «Wer ein Naturtrekking anbietet,
              dem Gemeindeverband, gehören 40 Dele-        schiedenen Bereichen eine eher kritische     schenkt anschliessend keinen spanischen
              gierte aus allen Biosphärengemeinden an.     Grösse. Auch neue Gemeinden müssten          Wein aus.» Jeder Entlebucher müsse hin-
              Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen die    aber die Philosopie mittragen und den        ter der UBE stehen und sie verstehen.
              verschiedenen eigenständigen Foren (un-      Ausgleich suchen zwischen Wirtschaft,               Bleibt zum Schluss die Frage: Was
              ter anderem zu Energie, Bildung, Touris-     Gesellschaft und Umwelt. Sonst sind wir      sind die ganz persönlichen Herzensorte
              mus, Holz, Landwirtschaft).                  nicht mehr glaubwürdig.» Auf keinen Fall     von Petra Wey und Theo Schnider im
                     Heute liegt der jährliche Pro-Kopf-   dürfe die UBE durch eine Öffnung ge-         schönen Entlebuch? Für Petra Wey ist es
              Beitrag der Gemeinden bei 20 Franken.        schwächt werden. «Man soll weiterhin         – neben dem Heiligkreuz – das Metteli-
              Zusammen mit Beiträgen des Bundes und        spüren, dass die Welt anders tickt, wenn     moos in Entlebuch. Und Theo Schniders
              des Kantons sowie von Stiftungen kann das    man ins Entlebuch kommt.»                    Herzensort liegt «da, wo ich meine
Bilder: zVg

              Biosphärenzentrum das Budget stemmen.              Schnider setzt die Messlatte hoch:     Wurzeln habe: am Fuss der Schratten-
              In den letzten Jahren sind selbsterwirt-     «In allen unseren Kompetenzen müssen         fluh».

              echt – Sommer 2021                                                                                                                15
Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ... Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ... Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ... Lebensraum mit Modellcharakter - UNESCO Biosphäre ...
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