Leitfaden Ko-Kreation: Urbane Transformationen mit Urban Design Thinking Elke Pahl-Weber Marcus Jeutner Kilian Flade Greta Gabsch
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Leitfaden Ko-Kreation: Urbane Transformationen mit Urban Design Thinking Elke Pahl-Weber Marcus Jeutner Kilian Flade Greta Gabsch Universitätsverlag der TU Berlin
Elke Pahl-Weber | Marcus Jeutner | Kilian Flade Greta Gabsch Leitfaden Ko-Kreation: Urbane Transformationen mit Urban Design Thinking
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „Migrants4Cities – Umsetzung, Verstetigung, Transfer“ im Rahmen der Strate- gie „Forschung für Nachhaltigkeit“ (FONA) www.fona.de im Förderschwerpunkt Sozialökologische Forschung unter dem Förderkennzeichen 01UR1905A-C. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor:innen.
Leitfaden Ko-Kreation: Urbane Transformationen mit Urban Design Thinking Autor:innen: Elke Pahl-Weber Marcus Jeutner Kilian Flade Greta Gabsch Universitätsverlag der TU Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Universitätsverlag der TU Berlin, 2022 https://verlag.tu-berlin.de/ Fasanenstr. 88, 10623 Berlin Tel.: +49 (0)30 314 76131 / Fax: -76133 E-Mail: publikationen@ub.tu-berlin.de Diese Veröffentlichung – ausgenommen Zitate uns anderweitig gekennzeichnete Teile – ist unter der CC-Lizenz CC BY lizenziert. Lizenzvertrag: Creative Commons Namensnennung 4.0 International http://creativecommons.org/licenses/by/4.0 Umschlagfoto: Marcus Jeutner Umschlaggestaltung: Greta Gabsch Satz/Layout: Greta Gabsch ISBN 978-3-7983-3249-2 (online) Zugleich online veröffentlicht auf dem institutionellen Repositorium der Technischen Universität Berlin: DOI 10.14279/depositonce-12852 http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-12852
INHALT 5 INHALT 1. VORBEMERKUNG 5. HOW TO UDT: RAHMENBEDIN- GUNGEN EINES UDT-PROZESSES S. 38 Eine Frage der Zeit: S. 8 Das Prozessdesign S. 39 Einfach zu verstehen und für alle gleich: Die Grundregeln S. 42 2. EINFÜHRUNG Offen, integrierend, URBANE TRANS- strategisch steuernd: FORMATIONEN Das Projektteam DURCH KO-KREATION S. 45 UND DIE METHODE Neutraler Boden: URBAN DESIGN Der Arbeitsraum THINKING S. 11 S. 47 3. ÜBUNG 6. HOW TO UDT: DER UDT-SCHNELL- ERWARTUNGEN DURCHLAUF UND UMGANG MIT DEN LÖSUNGEN S. 50 Erwartungsmanage- S. 18 ment S. 50 Der Umgang mit den entwickelten Lösungen S. 52 4. DIE IDEEN DES PROJEKTS „MIGRANTS4CITIES“ DAS WICHTIGSTE IN MANNHEIM 7. MACHEN SIE IN KÜRZE MIT! S. 6 S. 27 S. 58
6 DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE DE „Urbane Ko-Kreation“ ist in aller Munde. Doch wie lässt sich diese im Stadtplanungsall- tag praktisch erreichen? Sie erfordert Methoden, die der Komplexität von Städten und ihrer Entwicklung Rechenschaft tragen und die zugleich so angelegt sind, dass jeder Mensch mitarbeiten kann. Die Methode Urban Design Thinking (UDT) vermag es, im Rahmen ko-kreativer Stadtplanung und -entwicklung die Bedarfe von Nutzer:innen in die Entwick- lung ihrer Stadt einzubeziehen und somit Ideen für komplexe städtische Herausforderun- gen zu finden. Konzipiert wurde sie ab 2015 vom Fachgebiet Bestandsentwicklung und Erneuerung von Siedlungseinheiten an der Technischen Universität Berlin, ausgehend von der Design Thinking Methode der Standford University. Angewendet wurde UDT bereits in einer Vielzahl von Studien- und Forschungsprojekten, so auch in dem Forschungsprojekt „Migrants4Cities“, das die TU Berlin gemeinsam mit der Stadt Mannheim und inter3 – Insti- tut für Ressourcenmanagement durchführte. Dieser Leitfaden gibt anhand der Projekterfahrungen aus „Migrants4Cities“ einen praxis- orientierten Überblick der Anwendungsweisen und -möglichkeiten von UDT. In ihm wird u.a. die Methode in den Kontext von Ko-Kreation in der Stadtentwicklung eingeordnet. Vorge- stellt werden die nötigen Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen UDT-Prozess sowie die möglichen Herausforderungen in dessen Durchführung. Einblicke in die UDT-Praxis liefern ein Überblick der im Projekt entwickelten Lösungsansätze sowie ein interaktiver UDT-Schnelldurchlauf, der zum selbst Ausprobieren einlädt.
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE 7 EN “Urban co-creation“ is en vogue. But how can it be achieved in planning practice? It requires methods that take the complexity of cities and their development into account and that, at the same time, have a low threshold for everyone to participate. The Urban Design Thinking (UDT) method is capable to include the needs of users in the development of their city within the framework of co-creative urban development and thus enables the ge- neration of ideas for complex urban challenges. It was developed in 2015 by the Chair of Urban Renewal and Sustainable Development at the Technical University of Berlin, based on Stanford University’s Design Thinking method. UDT has already been applied in a va- riety of study and research projects, including the research project „Migrants4Cities“, which TU Berlin carried out together with the City of Mannheim and inter3 – Insitut für Ressourcen- management. This guide provides a practical overview of the application of UDT based on the pro- ject experiences of „Migrants4Cities“. It places the method in the context of co-creation in urban development. The necessary framework for a successful UDT process as well as the potential challenges are presented. Insights into UDT practice are provided by an overview of the ideas developed in the project „Migrants4Cities“ as well as an interactive UDT quick run-through, which, invites readers to try it out for themselves.
8 VORBEMERKUNG 1. VORBEMERKUNG „Wer macht die Stadt?“ fragte im Jahr ten in Zusammenarbeit unterschiedlicher 2014 die Ausstellung „Weltstadt: Who Produzent:innen „gemacht“ wird. creates the City?“ im Deutschen Architek- Interdisziplinäres Arbeiten allein ist für turzentrum in Berlin . Sie trug damit der Er- 1 die Stadtplanung allerdings kein beson- kenntnis Rechnung, dass Städte weltweit ders bemerkenswerter Vorgang, findet längst nicht mehr allein durch Planende sie doch seit jeher statt um, vor allem die und klassische Organe der Stadtentwick- bestehende Stadt weiterzuentwickeln. So lung aus Politik und Verwaltung gemacht arbeiten bspw. auch öffentliche Verwal- wird, sondern von einer immer diverser tung, die bei der Planung das Interesse werdenden Landschaft aus Akteur:innen, des Gemeinwohls verfolgt und die Inves- die nicht immer einen – im Sinne einer Aus- tor:innen, die ihre Projekte rentabel entwi- bildung – dezidiert professionellen planeri- ckeln wollen, zusammen. Je nach Projekt schen Hintergrund haben. Vielmehr zeigt sind auch die Nutzer:innen dabei, deren die Ausstellung, wie Menschen sich aus Mitwirkung immer wichtiger wird, wenn einer bestimmten persönlichen Motivation Projekte die Erweiterung bestehender heraus engagieren, einbringen, Lösungen Städte zum Ziel haben, sei es durch die für konkrete Herausforderungen entwi- Entwicklung von neuen Stadtteilen an den ckeln und zum Teil auch umsetzen. Diese Randbereichen bestehender städtischer Beobachtung geht weit darüber hinaus, Räume oder durch den Umbau von Flä- was in Deutschland – und anderswo – im chen in bestehenden Stadtteilen. In jedem klassischen Sinne unter der Beteiligung Fall sind Menschen, die in der Stadt leben, von Akteur:innen und Betroffenen verstan- Teil dieser Prozesse, denn ihre Lebens- den wird. „Urbane Ko-Kreation“ ist ein ho- bedingungen verändern sich durch diese her Anspruch, wenn darunter verstanden Eingriffe, mal mehr mal weniger stark. wird, dass die Stadt in all ihren Einzelhei- 1 http://derarchitektbda.de/wer-macht-die-stadt/
VORBEMERKUNG 9 Dennoch ist ihre aktive gestalterische diesen Prozess in verschiedenen Konstel- Mitwirkung am Planungsprozess bis heute lationen über fünf Jahre durchlaufen. Die wenig etabliert. Als normativer Begriff wird Ergebnisse sind in enger Verknüpfung mit „Beteiligung“ im Rahmen formeller Plan- der Praxis in der Stadt entstanden und verfahren im Baugesetzbuch (BauGB) werden dort weiterentwickelt. Die Aktivitä- verwendet. Zudem existiert die im beson- ten stießen in Mannheim und darüber hin- deren Städtebaurecht die Mitwirkungs- aus auf reges Interesse. So kam es immer pflicht. Aber eine pro-aktive Einbindung wieder zu Anfragen – von Investor:innen zur Orientierung von Planung an spezi- und Unternehmen, von Kommunal- und fischen Bedarfen von Menschen ist nicht Landesverwaltungen, Bundesbehörden – etabliert. Genau das verstehen wir unter zu erfahren, wie das Projekt und seine Urbaner Ko-Kreation. Die Bedarfe von Akteur:innen genau vorgehen. Dieses Nutzer:innen in die Entwicklung der Stadt Know-How legen wir hier gerne offen und einzubeziehen – die Menschen, die in der verstehen diesen Praxisleitfaden als einen Stadt leben, die Verwaltung, die Politik, die Aufschlag, sich Möglichkeiten der urbanen planenden Disziplinen und die Investor:in- Ko-Kreation zu nähern, die mehr sind als nen. Dabei wird Kreation so verstanden, „mitnehmen“ oder „beteiligen“ an Ideen, dass die vielfältigen schöpferischen Mög- die längst produziert sind. So ist dieser lichkeiten bei der Weiterentwicklung von Praxisleitfaden als ein Angebot gedacht, Städten angesprochen werden, auf deren selbst Möglichkeiten der Zusammenarbeit Grundlage dann eine Ko-Produktion fol- und Kollaboration an der Entwicklung gen kann. Die Methode verknüpft damit unserer Städte auszuprobieren. die Entwicklung und deren Umsetzung als Empathie und Engagement sind dafür gesellschaftliches Produkt. eine Grundvoraussetzung, denn gemein- Dies allerdings ist ein hoher Anspruch same Entwicklung ist kein notwendiges an die Kommunikation und Vergemein- Übel, bei dem viel geredet und gestritten schaftung von Zielen und Strategien. In wird und am Ende wenig zu sehen ist. der Forschung wurde für die Gestaltung Vielmehr soll mit Freude, Wissensdurst ko-kreativer Entwicklungsprozesses das und Aufgeschlossenheit für eine urbane „Urban Design Thinking“ entwickelt. Das Zukunft gearbeitet werden. Wie genau Projekt „Migrants4Cities“ in Mannheim hat diese wirklich aussehen wird, lässt sich
10 VORBEMERKUNG mit mannigfaltigen Möglichkeiten be- und nicht zuletzt den Erfahrungen der antworten. Und das macht den Reiz der Wahrnehmung des öffentlichen Raumes Planung mit Unsicherheiten aus. Dass es in der Pandemie wachsen dynamisch. gerade wegen der Unbestimmtheit von Nicht zuletzt die heutigen Informations- zukünftigen Entwicklungen notwendig ist und Kommunikationstechnologien helfen gemeinsam zu agieren und sichtbare (Zwi- uns dabei zu erkennen, wie verflochten schen-) Ergebnisse zu schaffen, wissen alle Themen miteinander sind und dass wir nicht erst in der jüngeren Zeit. Zahlrei- bei allen Interventionen Zielkonflikte vor- che Autor:innen haben sich diesem The- programmiert sind. Es braucht daher Mit- ma seit etwa 50 Jahren gewidmet. Doch tel und Wege einer urbanen Ko-Kreation, eines macht es heute erforderlich, wirklich die sich dieser hohen Komplexität stellen vom Überlegen und Diskutieren ins Tun und zugleich so niedrigschwellig arbeiten, zu kommen: Die scheinbar immer weiter dass jeder Mensch mitwirken kann. Dies steigende Komplexität aus Anforderungen erfordert auch, dass Erfahrungen aus der und Interessen. Seien es die immer neu- Stadtforschung in Strategien übersetzt en – und alten – Erkenntnisse zum Klima- werden, die ko-kreative Arbeitsformate wandel und zum demografischen Wandel, in der Stadtentwicklungspraxis handhab- den sich rasant entwickelnden neuen bar und anwendbar machen. Diesem Ziel Technologien und deren Folgewirkungen verschreibt sich der hier vorliegende Leit- faden. ABB.1: TESTING AM CLIGNETPLATZ
EINFÜHRUNG 11 2. EINFÜHRUNG URBANE TRANSFORMATIONEN DURCH KO-KREATION UND DIE METHODE URBAN DESIGN THINKING (UDT) Klimawandelanpassung, Mobilitäts- zielgruppen-, problem-, bedarfs- und orts- wende, Digitalisierung von Verwaltungen, bezogenen Lösungen und nicht um die Innenstadtentwicklung und öffentlicher Replikation allgemeingültiger Blaupausen Raum, Smart Cities, u.v.m. – Die Liste der Nachhaltigkeitsentwicklung. aktueller Transformationsaufgaben in Wie dies in den letzten Jahren nicht ge- Städten ist lang und sie haben eine ein- lungen ist, lässt sich im Zusammenhang deutige Schnittmenge. Als grundsätz- mit den global geführten Debatten um liche Zukunftsaufgaben durchdringen die Entwicklung von Smart Cities unter- sie Alltagsroutinen von Individuen. Ihre suchen. Hier ist deutlich geworden, dass Lösung ist nicht allein durch planerische technologische Innovation erhebliche oder technologische Antworten möglich Potenziale freisetzen können, aber nicht und der Erfolg im Hohen Maße von der allein auf diese gesetzt werden kann. Als Einbindung in individuelles Handeln ab- ein zunächst unternehmenszentrierter An- hängig. Damit gemeint ist ggf. auch eine satz fanden sich in den Lösungsportfolios Veränderung des Handelns bestimmter größtenteils vorgefertigte Projekte als Ant- Personengruppen – sei es im professio- wort auf generische Bedarfe, welche durch nellen oder privaten Kontext. Allein mit die anbietenden Unternehmen identifiziert der oft geforderten Steigerung von Akzep- wurden, sich aber oftmals nicht mit den tanz von gefundenen Lösungen können Bedarfen der vorgesehenen Anwender:in- solche großen Transformationsaufgaben nen deckten (Gourville, 2004, S. 10) oder nicht bewältigt werden. Es geht vielmehr nach der Umsetzung nicht wie vorgese- um die Entwicklung und Umsetzung von hen genutzt wurden (Castelnovo, 2016, S.
12 EINFÜHRUNG schenzentrierten Ansatz können ko-krea- tive Projekte in die Lage versetzt werden, Schnittmengen zwischen individuellen Bedarfen, technischer Machbarkeit, wirt- schaftlicher Tragfähigkeit und den lokalen urbanen Rahmenbedingungen zu bilden. Unternehmen gehen hier seit langem neue Wege, um die Bedarfe ihrer Kund:in- nen zu erfahren. So bspw. die in den 1990er Jahren an der Stanford University entwickelt Design-Thinking-Methode, ein ABB. 2: HUMAN-CENTERED INNOVATION methodischer Ansatz, den inzwischen un- 102, nach Jeutner, 2020, S. 27). Auf diese zählige Unternehmen und Verwaltungs- Weise verfehlten viele Smart-City-Projek- einheiten benutzen, um zielgruppenspe- te ihre ursprünglich ausgegebenen Ziele. zifische Produkte und Dienstleistungen Dieses Beispiel zeigt das Potential und die zu entwickeln. Sie verbindet durch einen Herausforderung ko-kreativer Prozessan- lösungsoffenen Ansatz und ein struktu- sätze. Sie vermögen es, spezifische Be- riertes, iteratives Vorgehen verschiedene darfe von Personengruppen und Orten analytische und gestalterische Arbeitswei- offenzulegen, in kollaborativer Arbeit Ziel- sen und mündet in die haptische Visuali- konflikte zu adressieren und passgenaue sierung von konkreten Lösungsoptionen. Lösungen hervorzubringen, die der nach- Zudem werden stets der Fokus auf kon- haltigen Entwicklung eines Raumes die- krete Zielgruppenbedarfe und ein Arbeits- nen. Die Herausforderung dabei ist, dass ethos des „Machens“ hochgehalten, was es hierfür Methoden und Routinen bedarf, den produktiven Charakter dieser Metho- die der Komplexität einer solchen Aufgabe de unterstreicht. Nicht zuletzt durch den gerecht werden und die es ermöglichen, gezielten Einsatz von Prototypen macht eine hohe Akteur:innen- und Interessen- Design Thinking das Experimentieren komplexität als Chance zu begreifen und zum inhärenten Teil der Arbeit und leis- als Kompetenzquelle gewinnbringend tet durch das bewusste, frühe Scheitern verfügbar zu machen. Durch einen men- einen Beitrag zur Entwicklung einer posi-
EINFÜHRUNG 13 Wie sieht die Situation heute aus? Wir müssen etwas tun! Gibt es ein Problem? Was ist das Problemfeld? Was ist das eigentliche Problem? Ideenwerkstatt, Laborformate, Cizizen Science, Onlineplattformen, enstellung fgab Befragungen, Interviews private Sensoren, Nutzerdaten, Aunlass und Ziel Beobachtungen, Interviews, A A Mapping Wie wollen wir erreichen? Er Was ist der Lösungsraum? nahebu Ideenwerkstatt, Monitor alua ng lys ngen n, tio Laborformate, Betrieb, Ev ibu e Onlineplattformen Fortschre Interne Planungs- und ing Entwicklungsprozesse unter Vision Leitbild formeller Beteiligung von Trägern Funktioniert die Lösung öffentlicher Belange und wie gedacht? Gibt es unerwünschte Bürger*innen ng ung Nebeneffekte? En ate e tzuntier Cizizen Science, Onlineplattformen, Str z tw gi Ko private Sensoren, Nutzerdaten, ur seeme f Wie sieht die Lösung aus? n Beobachtungen, Interviews, pl pte, Ideenwerkstatt, Mapping Im m U Laborformate, Se T ktorkonzept eilkonzepte Prototyping Was ist meine Rolle? Welche Einzelschritte sind zu gehen? Was kann ich beitragen? Ideenwerkstatt, Laborformate, 1:1-Prototyping, kollaborative Betreibermodelle, 1:1-Prototyping, Betreibermodelle, Crowdfunding Experimente ABB. 3: INDUKTIVE ELEMENTE IN KO-KREATIVEN FORMATEN tiven Fehlerkultur, die Projekte voranbringt hat das Fachgebiet Bestandsentwicklung und nicht unbedingt zurückwirft. und Erneuerung von Siedlungseinheiten Design Thinking bietet vielfache Ansät- an der TU Berlin daher diese Methode ze, die eine Übertragung auf städtische in mehreren Forschungsprojekten zum Themen und Räume sinnvoll erscheinen „Urban Design Thinking“ (UDT) weiter- lassen. Darum finden sich Teile dieses entwickelt und angewandt. Da das Labor Methodenansatzes in zahlreichen aktu- für eine solche Forschung nur der Stadt- ellen und zurückliegenden Stadtentwick- raum selbst sein kann, stellt dieser Schritt lungsprojekten wieder. Um sie jedoch als Grundlagenforschung mit einem hohen strukturierte Methode nutzbar und in der Anwendungsbezug im urbanen Raum gegebenen Zielgruppen- und Akteur:in- dar. nenvielfalt operationalisierbar zu machen, Nutzer:innen und Zielgruppen wer- ist eine größere Übertragungsleistung den im Urban Design Thinking nicht als notwendig. Ausgehend von Projekten mit „Kund:innen“ gesehen, sondern als Ge- Masterstudierenden in der Lehre ab 2015 staltende. Denn das sind sie in den Städ-
14 EINFÜHRUNG ten, alle Räume haben einen humanen im Rahmen von Workshops grundsätzlich Gestaltungsanteil. „So wie die Humanwis- den Phasen des klassischen Design Thin- senschaften den Raum als Bestandteil ei- king der Produktentwicklung. Zunächst nes analytischen Diskurses aufbauen und erarbeiten alle am Prozess Beteiligten ein dabei den sozialen, humanen, kulturellen einheitliches Problemverständnis („Un- Prozessen einen Ort zuordnen, kann für derstand“). Was bedeutet Mobilität? Wel- die Stadtentwicklung und Stadtplanung che Ebenen betrachten wir? Sprechen wir als Raumwissenschaft der Prozess so von individueller oder geteilter Mobilität? verstanden werden, dass den physischen Wer bewegt sich wie fort? Welche Orte Elementen des Ortes die humane Kons- scheinen hier besonders relevant zu sein? tituierung hinzugefügt wird“. (Pahl-Weber, Auf diese Weise wird der Betrachtungs- 2020, S. 41) Die diesem Leitfaden zugrun- filter geschärft, sodass das Thema weiter de gelegten Ergebnisse des Projektes eingegrenzt wird und die Teilnehmer:in- „Migrants4Cities“ in Mannheim zeigen, nen ein möglichst gleiches Aufgabenver- dass die Bereitschaft von Menschen, an ständnis haben. In der folgenden Phase einem Prozess der räumlichen Entwick- gilt es die getroffenen Annahmen zu spie- lung mitzuwirken, gegeben ist. geln und zu verifizieren („Empathize“). Ist die grundsätzliche inhaltliche Frage- Hierzu geht es raus, dahin wo Probleme stellung bekannt – bspw. „Wie kann nach- auftreten: In die Stadt. Mit Hilfe von Inter- haltige Quartiersmobilität gestaltet wer- views, Beobachtungen, Mapping-Übun- den?“ –, folgt das Urban Design Thinking gen, Selbstversuchen, etc. erarbeiten die ABB. 4: DER ITERATIVE ABLAUF VON UDT-PROZESSEN
EINFÜHRUNG 15 Teilnehmer:innen eine immer feinere Vor- stellung eines Problems und den entspre- chenden Zielgruppen. Hi, ich bin Eva, Der nächste Schritt stellt einen der bin 12 Jahre kritischsten Punkte im Prozess dar. Hier alt und ich werden alle Diskussionen, Beobachtun- brauche ... gen, Interviewergebnisse usw. herunter- gebrochen, Zielgruppen definiert und ABB. 5: BEISPIEL EINER PERSONA deren spezifischen Probleme benannt lösenden Probleme nicht aus den Augen („Define“). Hierzu werden zunächst Per- zu verlieren. Mit Hilfe der Persona kann sonengruppen herausgefiltert, die von im weiteren Prozess immer wieder refe- einem Problem besonders betroffen zu renziert werden, ob man sich noch in die sein scheinen. Dies kann in Form von richtige Richtung bewegt und ob die ent- generischen Gruppen (Besucher:innen, wickelte Lösung der Persona wirklich hilft. Anwohnende, Schulkinder, Gewerbetrei- Am Ende der Phase Define steht ein bende usw.) oder anhand konkreter Per- klarer Handlungsauftrag: Löse ein spezi- sonen erfolgen, die man getroffen hat und fisches Problem einer konkreten Zielgrup- die einen allgemeinen Bedarf besonders pe. Zusammengefasst wird dies in einem pointiert abbilden. Dieser Personengrup- sogenannten „Point of view“, einem vor- pe wird nun mit Hilfe einer sogenannten strukturierten Erkenntnistext: „Persona“ ein Gesicht gegeben. Sie er- hält einen Namen, eine kleine Biographie sowie Charaktereigenschaften, die sie Wir trafen … (Persona) unverwechselbar machen. Außerdem Wir waren erstaunt festzustellen … schreibt man dieser Persona spezifische (Was war spannend, überraschend, Bedarfe zu, welche in der Personengrup- widersprüchlich?) pe identifiziert wurden, welche die Per- Es wäre hilfreich, wenn … sona repräsentieren soll. Dieser Schritt (Was könnte der Zielgruppe hefen. scheint trivial und verspielt, jedoch helfen Achtung: Hier darf noch keine Name und Gesicht einer Person, die fol- Lösung stehen!) genden Schritte zu fokussieren und die zu
16 EINFÜHRUNG Von nun an schwenkt der Arbeits- vertiefen. Auf diese Weise werden erste charakter von der Problemorientierung Ideen zu immer konkreteren Lösungen zur Lösungsorientierung. Die Phase der weiterentwickelt. Ideenfindung („Ideate“) beginnt mit der Diese zu überprüfen und dabei weiter Formulierung einer Brainstormingfrage, zuzuspitzen erfolgt durch das Experimen- die sich meist direkt aus dem Schluss- tieren („Prototyping“). Prototypen – ob satz des Point of View ableiten lässt und als einfache Pappmodelle oder ausgereif- die mit den Worten „Wie können wir…“ te, klickbare Benutzeroberflächen – helfen beginnt. Mit Hilfe verschiedener Brainstor- dabei, sich auf den Kern einer Idee zu mingtechniken gilt es nun Lösungsräume konzentrieren, ihn zu visualisieren und aufzuspannen und Stück für Stück zu zu kommunizieren und Funktionsweisen ABB. 6: COACH VOR EINER POST-IT-WAND
EINFÜHRUNG 17 und Wirkungen auszuprobieren. Auf diese rausforderung und Zeitbudget kombiniert Weise werden in einem frühen Stadium werden. Sie sind so angeordnet, dass Schwachstellen offengelegt, behoben in einem iterativen Prozess gearbeitet und bisher nicht berücksichtigte Aspekte werden kann, aus Fehlern gelernt und hinzugefügt. neue Ansätze verfügbar gemacht werden Das begleitende Ausprobieren („Tes- können. Ein kontinuierliches Erwartungs- ting“) der Lösungen ermöglicht die direk- management ist hierbei wichtig, damit die te Rückkoppelung mit den identifizierten zusammenarbeitenden Menschen und In- Zielgruppen. Diese werden eingeladen, stitutionen stets wissen, wofür sie ihre Zeit die entwickelten Ideen und Lösungen investieren. auszuprobieren und Feedback zu ge- Dem konkreteren Verständnis vom Ab- ben. Was funktioniert besonders gut und lauf eines Urban-Design-Thinking-Prozes- was nicht? Was wirft weitere Fragen auf ses dient der folgende Schnelldurchlauf. und gibt es weitere Aspekte, die man der ABB. 7 (OBEN) UND ABB. 8 (UNTEN): EVOLUTION VON PROTOTYPEN Lösung hinzufügen könnte? Das gesam- melte Feedback wird anschließend in die Lösung eingearbeitet. Schließlich gilt es die erarbeiteten Er- gebnisse für deren Umsetzung und Be- trieb vorzubereiten. Dazu werden erste Geschäftsmodelle („Business Model“) erarbeitet, die Übertragbarkeit auf andere Kontexte geprüft („Dissemination“) und die Wirkung einer umzusetzenden Lösung beobachtet („Monitoring“). Der Prozess scheint von außen zu- nächst abstrakt. Ihn mit Leben zu füllen und das Ziel nicht aus dem Blick zu ver- lieren ist Aufgabe einer intensiven und unmittelbaren Prozessbegleitung. Die einzelnen Bausteine können je nach He-
18 ÜBUNG 3. ÜBUNG DER UDT-SCHNELLDURCHLAUF Eine Methode wie UDT kann man ver- Diese drei Seiten des Leitfadens die- suchen in vielen Worten zu erklären – oder nen als Arbeitsblatt für den Schnelldurch- in einem Schnelldurchlauf selbst aus- lauf. Drucken Sie sich die beiden Seiten probieren. Der Schnelldurchlauf wurde aus oder schreiben Sie entsprechend auf vom Team der Technischen Universität einem Blatt Papier mit. Das Video begrüßt Berlin entwickelt, um die Kernaspekte des Sie zum Schnelldurchlauf und führt Sie UDT-Prozesses niedrigschwellig vermit- durch die einzelnen Schritte. Exempla- teln zu können. Erprobt wurde er bereits risch werden wir im Schnelldurchlauf mit mehrfach in Transferveranstaltungen. Er der folgenden Herausforderung arbeiten: dauert rund 35 Minuten und Sie benötigen nichts weiter als diesen Leitfaden, etwas Büromaterial wie Stifte, Papier und Kle- bestreifen sowie das Video zum Schnell- durchlauf, welches Sie unter folgendem Link finden: http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-15005
ÜBUNG 19 HERAUSFORDERUNG: Wie können wir das Problem von überhitzten Städten lösen? 1. ERSTE IDEE: Schreiben Sie Ihre erste Idee, wie man die Herausforde- rung lösen könnte hier in das Feld. (3 Minuten) 2. INTERVIEW 1: Wir fragen nach! Bitte notieren Sie sich die spannendsten Zitate des Interviews. (3 Minuten) 3. INTERVIEW 2: Wir graben tiefer! Bitte notieren Sie sich die spannendsten Zitate des Interviews. (3 Minuten)
20 ÜBUNG 4. GOLDSTÜCKE FINDEN: Unterstreichen Sie die spannendsten Zitate, die Sie in Ihren Interviews herausgefunden haben. Was hat Sie besonders überrascht? Was interessiert Sie besonders? Worauf wären Sie selbst nie gekommen? (3 Minuten) 5. EIN GOLDSTÜCK AUSWÄHLEN: Wählen Sie eines Ihrer Goldstücke aus, das eine neue oder besonders spannende Erkenntnis für Sie war. Schreiben Sie es hier auf: (3 Minuten) 6. FORMULIEREN SIE FOLGENDEN SATZ: (3 Minuten) PERSON: ERKENNTNIS/ LÖSUNGSRAUM: Ich traf ... BEDÜRFNIS: Und es wäre hilf- Ich war erstaunt reich für diese festzustellen, Person, wenn ... dass ...
ÜBUNG 21 7. IDEEN: Zeichnen Sie vier radikale Ideen auf, die eine Lösung für das Bedürfnis unserer Person sein könnten. (5 Minuten) 8. BASTELN: Welche Ihrer Ideen gefällt Ihnen am besten und stellt für Sie einen neuen oder besonders spannenden Lösungsansatz dar? Wählen Sie diese aus und basteln Sie sie in Form eines Prototypen, aus dem Büromaterial, das Sie zur Hand haben. (5 Minuten)
22 ÜBUNG AUSWERTUNG DES und nehmen Sie das Feedback der Per- son an. Denn im UDT wird mit Feedback, SCHNELLDURCHLAUFS wie mit einem Geschenk umgegangen. Sie nehmen es zunächst einmal an und entscheiden dann im Anschluss, wie Sie damit umgehen wollen. Können Sie mit Bitte lesen Sie diesen Textteil erst, dem Feedback etwas anfangen und hal- wenn Sie den Schnelldurchlauf selbst ten es für gerechtfertigt? Dann sollte es in durchgeführt haben. die Weiterentwicklung der Idee mit einflie- ßen. Wenn Sie gerade jedoch niemanden Sie haben nun hoffentlich einen Proto- zum Ausprobieren Ihres Prototyps parat typ vor sich stehen, aus Karton, Papier haben, dann dürfen Sie diesen Schritt oder Zeitungen gebastelt. Dieser muss auch überspringen. nicht schön sein und stellt auch noch nicht den Endzustand einer Idee dar. Der Pro- ABB. 9: PAPP-PROTOTYP VOM URBANLAB#1 totyp ermöglicht es aber, dass Sie Ihre Idee oder einzelne Aspekte dieser Idee anderen Personen einfacher verständ- lich machen können, denn Sie können sie tatsächlich zeigen. So können andere Ihre Idee vermutlich leichter begreifen und auch ausprobieren. Dieser Schritt ist das sogenannte Testing. Gerne können Sie Ih- ren gebastelten Prototyp nun einmal einer bekannten Person zeigen, Partner:in oder Kolleg:in. Halten Sie sich dabei mit allzu vielen Erklärungen zurück und lassen Sie die Person den Prototyp tatsächlich aus- probieren, ganz nach dem Motto: Zeigen, nicht erklären, nicht verkaufen. Halten Sie sich auch mit Rechtfertigungen zurück
Auswertung 23 Wir haben nun einen sehr kompakten Schnelldurchlauf der Methode erlebt. In der Realität stünde uns für einen Kom- plettdurchlauf aller Phasen mindestens ein Tag zur Verfügung. Um jedoch mehr Zeit für einzelne Schritte zu haben und mehr Tiefe erreichen zu können, wird der Prozess meist mehrtägig angelegt. Eben- so arbeiten wir in einem realen UDT-Pro- ABB. 10: TESTING DER PROTOTYPEN IN ORIGINALGRÖßE BEIM URBANLAB#3 zess immer gemeinsam in einem inter- disziplinären Team und entwickeln Ideen Dies alles können wir in dem Schnell- nicht allein, um möglichst viele Perspek- durchlauf nicht abbilden. Einige spannen- tiven einfließen lassen zu können. Das de Erkenntnisse lassen sich aber allemal Feedback zu gefundenen Bedarfen und auch aus einem solch reduzierten Ver- Ideen wird in einem realen UDT-Prozess such ableiten. Sehen Sie sich dafür doch direkt eingebaut und bspw. verbesserte noch einmal Ihre erste Idee an, die Sie im Lösungen dann erneut getestet. Insbe- ersten Schritt entwickelt haben. Wir haben sondere das Testing findet unmittelbar an Sie hier tatsächlich etwas hinters Licht ge- dem Ort statt, für den die Idee auch ent- führt, denn dieser erste Schritt ist nicht Teil wickelt wurde. Anschließend werden in des UDT-Prozesses, sondern ein „Fehl- dem UDT-Prozess im Team Umsetzungs- start“. In diesem ersten Schritt haben wir strukturen entwickelt, um die Idee auch Sie den klassischen Ansatz für die Lösung wirklich in die Realität bringen zu können. einer Herausforderung ausprobieren las- Auch der Maßstab des Prototyps ist ein sen, nämlich dass man den größten Teil anderer. Zwar beginnen wir oft mit kleinen der Zeit damit verbringt, direkt an eine Prototypen aus Pappe, später im Prozess mögliche Lösung zu denken. Vermutlich werden gefundene Ideen aber in Original- haben Sie die drei Minuten eher damit ver- größe und am Bestimmungsort der Ideen bracht, eine mögliche Lösung zu beschrei- getestet. ben und sich dabei nach bestem Wissen und Gewissen Ihrer individuellen Erfah- rungen bedient. Jedoch haben Sie sich
24 ÜBUNG sehr wahrscheinlich zunächst nicht mit der ausforderung beschäftigt und insbesonde- Herausforderung auseinandergesetzt. Wir re damit, wer diese eigentlich in welchen sind es gewohnt, so unsere Probleme zu Situationen wie genau erlebt. Sie haben lösen – und in vielen Fällen ist das auch unserer Stadtbewohnerin aufmerksam gut so. Wenn eine Glühbirne nicht mehr zugehört und die Herausforderung durch funktioniert, ist die offensichtliche und Ih- ihre Augen betrachtet. Sie steht im Mittel- nen bereits bekannte Lösung vermutlich punkt unserer Beschäftigung mit dem Pro- die richtige, nämlich, dass die Glühbirne blem. In einem realen UDT-Prozess steht kaputt gegangen ist und ersetzt werden natürlich nicht nur eine Person und deren muss. Nun ist die Herausforderung von Bedarfe im Vordergrund, sondern eine überhitzten Städten aber eben kein so Vielzahl von befragten Personen sowie einfaches Problem wie eine Glühbirne, Beobachtungen und Analysen vor Ort. die nicht mehr leuchtet. Die Herausforde- Erst im siebten Schritt durften Sie dann rung ist komplex und je nach Blickwinkel tatsächlich Ideen zur Lösung formulieren. erscheint sie anders. Kaum vorstellbar, Und auch hier haben wir uns noch nicht dass in unserem aktuellen Wissensschatz auf eine Lösung festgelegt, sondern sind ad hoc genau die passende Lösung dafür erst einmal in die Breite gegangen. Sie existiert. Denken wir direkt an eine spezi- hatten zur Aufgabe vier mögliche Lösun- fische Lösung, dann fallen uns meist nur gen aufzeigen, die radikal und ungewöhn- offensichtliche oder generische Ansätze lich sein sollten. Denn im UDT wissen ein. Viele Herausforderungen erfordern wir, dass radikale, vielleicht unmöglich aber ein Denken um die Ecke, das sich erscheinende Ideen das Sprungbrett zu genau mit den tatsächlichen Gegebenhei- einer machbaren und innovativen Lösung ten auseinandersetzt – genau dies kann sein können, auf die wir sonst vielleicht nie ein UDT-Prozess ermöglichen. gekommen wären. Von den vier Ideen ha- Ab Schritt zwei begann also der eigent- ben Sie sich anschließend Ihre Lieblings- liche UDT-Prozess und Ihnen fällt nun idee ausgesucht, diese gebastelt und da- rückblickend sicher auf, dass wir noch mit Ihren ersten UDT Prototyp geschaffen. längst nicht an Lösungen gedacht haben. Was zeigt uns dieser Schnelldurchlauf Von Schritt zwei bis sechs haben Sie sich nun? Neben den oben genannten Punk- zunächst einmal ausführlich mit der Her- ten möchten wir auf den Mehrwert der Er-
Auswertung 25 gebnisoffenheit hinweisen. Die Challenge jedoch kann der Fokus frei gewählt wer- war offen formuliert und Sie konnten Ihren den, was meist diversere und kreativere Fokus mit Hilfe des Interviews mit einer Lösungen hervorbringt. potenziell betroffenen Stadtbewohnerin In unserer Erfahrung mit dem Schnell- justieren. Der Lösungskorridor war damit durchlauf haben wir erlebt, dass sich nicht eng vorgegeben und konnte von Ih- verschiedene Personen auf ganz unter- nen mit Blick auf die individuellen Bedarfe schiedliche Aussagen eines gleichen der Stadtbewohnerin aufgespannt wer- Interviews fokussierten und anschließend den. Im übertragenen Sinn haben wir Sie auch unterschiedliche Ideen entwickelten, also nicht konkret gebeten eine Vase zu ohne dabei jedoch die individuellen Her- zeichnen, denn da wären vermutlich bei ausforderungen aus dem Blick zu verlie- verschiedenen Personen sehr ähnliche ren. Bei verschiedenen Teilnehmer:innen Lösungen herausgekommen. Stattdes- entstehen also nicht verschiedene Vasen, sen haben wir Sie gebeten eine Idee zu sondern ganz unterschiedliche Präsenta- entwickeln, wie man Blumen präsentieren tionsmöglichkeiten für Blumen. kann. Die Herausforderung ist dieselbe, ABB. 11: LÖSUNGSVIELFALT ALS MEHRWERT DER ERGEBNISOFFENHEIT: BLUMENVASE VS. EINE MÖGLICHKEIT BLUMEN ZU PRÄSENTIEREN Zeichnen Sie eine Blumenvase: Zeichnen Sie eine Möglichkeit, Blumen zu präsentieren:
26 ÜBUNG Ebenso fiel auf, dass bei den we- nigsten Teilnehmer:innen der Prototyp exakt dieselbe Idee darstellte, wie die ur- sprüngliche, im Fehlstart genannte Idee. Der Prozess kann also dafür sorgen, die Perspektive zu öffnen, über den eigenen Wissens-Tellerrand hinauszuschauen und eine Idee zu entwickeln, auf die man ohne den Prozess nicht gekommen wäre. Hoffentlich konnte der UDT-Schnell- durchlauf Ihnen die Methode näherbrin- gen. Welche Ideen nun während des Pro- jektes „Migrants4Cities“ entstanden sind, wie diese sich weiterentwickelt haben und welches Feedback das Testing gebracht hat, erfahren Sie nun im nächsten Kapitel.
DIE IDEEN 27 4. DIE IDEEN DES PROJEKTS „MIGRANTS4CITIES“ IN MANNHEIM Best-Practice-Lösungen für Städte Probleme, mitsamt den dahinterstecken- und deren Nutzer:innen funktionieren häu- den Bedarfen, zu lösen. Die Tatsache, fig nicht wie vorgesehen, wenn diese aus dass Ergebnisoffenheit UDT-Prozessen ihrem originalen Entstehungskontext ko- inhärent ist, bringt auf der einen Seite eine piert und in einem ganz anderen Kontext gewisse Spannung, auf der anderen Seite in einem anderen Stadtteil oder gar einer jedoch auch eine ab und zu auftauchen- anderen Stadt eingefügt werden. Nicht de Unsicherheit mit sich, nicht nur auf der verwunderlich, denn an jeden Raum exis- Seite der Organisation, sondern auch für tieren unterschiedliche Bedarfe und auch einige Teilnehmer:innen während der ver- die räumlichen und zeitlichen Gegeben- schiedenen Prozessschritte. Deshalb ist heiten weichen voneinander ab. Erfolgrei- es während der Ideenentwicklung essen- che Lösungen waren also meist deshalb ziell mit Unsicherheiten offen umzugehen. erfolgreich, weil sie an einem bestimmten Dabei hilft zum einen Vertrauen in den Ort, mit Blick auf spezifische Bedarfe und Prozess zu haben und zum anderen Un- unter bestimmten Rahmenbedingungen sicherheiten als Chance zu sehen, denn entwickelt und umgesetzt wurden. Diese erst dadurch lassen sich gemeinsam Erkenntnis bildet eine der Grundannah- neue, noch unbekannte Wege beschrei- men von UDT-Prozessen, weshalb diese ten. zuallererst bei der Problemorientierung Welche Ideen letztendlich entstehen, starten und erst dann zur Lösungsorien- hängt vor allem von der übergeordneten tierung übergehen. Auch deshalb lassen Herausforderung, welche entweder abs- sich die Ideen auch „Lösungen“ nennen, trakt oder bereits konkret sein kann, sowie da diese immer das Ziel haben erkannte den ermittelten Bedarfen zu Beginn ab. In
28 DIE IDEEN Mannheim gab die Herausforderung einen Die folgenden Seiten geben einen bereits sehr konkreten Rahmen vor: „Kli- Überblick über die Ideen, die dahinter- maresilienz und Aufenthaltsqualität im öf- stehenden Bedarfe, Zielkonflikte, Entwick- fentlichen Raum in der Neckarstadt-Ost“. lungen und die ersten Schritte in Richtung Vor allem mit dem Begriff Aufenthaltsquali- Umsetzung. Einen kurzen Einblick in das tät konnten die meisten Teilnehmer:innen Testing der Ideen erhalten Sie hier: und Befragten etwas anfangen, Bedarfe http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-15006 nennen und damit weiterarbeiten. Auch die vorherige Festlegung des Stadtteiles ermöglichte es, konkrete Räume in der Neckarstadt-Ost zu identifizieren und für diese maßgeschneiderte Ideen zu ent- wickeln. Doch egal wie abstrakt oder konkret die Ideen sind, sie müssen in der Lage sein mit Zielkonflikten umgehen zu können, da Probleme in der Stadt durch das Aufeinandertreffen von Themen und Bedarfen immer eine gewisse Komplexität mit sich bringen. Die Überarbeitung und Anpassung der Ideen an neue Erkennt- nisse ist deshalb umso wichtiger. Das ist einer der Gründe, weshalb auch das Tes- ting eine wichtige Rolle in UDT-Prozes- sen spielt, denn dabei können mögliche Herausforderungen und eventuell noch unbeachtete Zielkonflikte bezüglich der unterschiedlichen Interessen und Bedarfe aufgedeckt werden.
Die Lange Rötterstraße 29 DIE LANGE RÖTTERSTRASSE Vom Ort zum Erledigen zum Ort zum Flanieren: Enge, Hektik und ein hoher Lautstärkepegel – wer will da schon an einem hei- ßen Sommertag herumschlendern? Und überhaupt, wo soll man sich bitte zum Eis essen hinsetzen? Dabei bietet die wahre Lebensader der Neckarstadt-Ost so viel ungenutztes Potenzial! Bänke unter den schattenspendenden Plata- nen und mehr Platz für Fußgänger:innen und Fahrradfahrende könnten ent- spanntes Flanieren in der Lange Rötterstraße wieder möglich machen. BEDARFE Eine angespannte Verkehrssituation ist auf der Lange Rötterstraße Alltag. Das macht es für alle Beteiligten schwer: Fußgänger:innnen, welche die Straße nur schwer über- queren können, Fahrradfahrende, die auf dem Gehweg nicht willkommen sind und Au- tofahrende, die aus Not auf den Baumscheiben der alten Platanen oder in der zweiten Reihe parken. Hinzu kommen die vielen Geschäfte, welche vor allem die südliche Seite der Straße säumen. Kund:innen gelangen mit dem Auto nur schwer an die Geschäfte und Lieferant:innen schimpfen, dass sie kaum Platz haben die Waren anzuliefern. Die Lange Rötterstraße wird geprägt von vielen Nutzer:innen und ganz unterschiedlichen Nutzungen. Das Hauptproblem ist jedoch die gegenwärtige Organisation des Verkehrs mit seiner Autozentriertheit. Diese gilt es nachhaltig so zu gestalten, dass Flanieren in der wunderschönen Kiezstraße wieder möglich ist, Kinder sicher unterwegs sein kön- nen, der Verkehr für alle überschaubar und damit sicher ist und auch Kund:innen ohne Probleme zu den Geschäften kommen können. Die Lösungsansätze orientieren sich des- halb an den Bedarfen der Nutzer:innen an Verweilorte, die Verkehrssituation und den ruhenden Verkehr.
30 DIE IDEEN Ich betreibe einen kleines Geschäft für Geschenke in der Lange Rötterstraße. Einige meiner Kund:innen beschweren sich, dass sie die Straße zu meinem Laden nur schwer über- queren können. Und die Lieferant:innen schimpfen darü- ber, dass sie in der zweiten Reihe parken müssen. Ich denke es würde sich viel bessern, wenn hier weniger Autoverkehr wäre. Angst, dass ich dadurch Kund:innen verliere, habe Astrid ich nicht. 42 Jahre alt, betreibt einen Geschenkladen in der Lange Rötterstraße Ich bin die Großmutter von Merle. Wir wohnen bei- de in einem Haus in der Lange Rötterstraße. An zwei Nachmittagen pro Woche betreue ich die Kleine. Im Sommer gehen wir immer zum „Adria“. Ich muss sa- gen, dass ich die Verkehrssituation hier in der Lange Rötterstraße an vielen Stellen unübersichtlich finde. Die vielen parkenden Autos machen es zudem schwer die Straße sicher zu überqueren. Von den Fahrrad- fahrenden auf dem Gehweg werde ich regelmäßig Roswita erschreckt. 72 Jahre alt, wohnt in der Lange Rötterstraße Ich wohne mit meiner Oma in der Lange Rötterstraße. Zweimal die Woche bin ich bei ihr. Das beste ist der Som- mer: Da gehen wir immer zum „Adria“ Eis essen! Aber Oma würde mich da nie alleine hingehen lassen, weil sie meint, dass der Verkehr hier viel zu gefährlich ist. Außerdem will Oma, dass ich immer an ihre Hand kom- me, wenn wir über die Straße gehen. Außerdem sind die Autos hier so unglaublich laut. Oma findet es blöd, dass Merle es hier in der Straße nirgendwo etwas zum Sitzen gibt, 9 Jahre alt, wohnt in der wo man sein Eis essen kann. Lange Rötterstraße
Die Lange Rötterstraße 31 ENTWICKLUNG DER IDEEN Um all die Bedarfe der Nutzer:innen erfüllen zu können, bedarf es mehr als nur einer Möblierung des Raumes. Vielmehr sind die Teilnehmer:innen nach der Erfassung der Bedarfe zu der Erkenntnis gekommen, dass der Straßenraum grundsätzlich neu aufge- teilt werden muss, um den Bedarfen der Nutzer:innen und der Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Deshalb wurden zunächst mehrere Varianten von denkbaren Straßenquer- schnitten entworfen. Der West- und Ostteil wurden aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit in zwei verschiede- nen Plänen realisiert, wobei jedoch beide der Grundidee folgten. Viele Ideen wurden bereits nach dem Feedback der anderen Gruppen oder nach weiteren Erkenntnissen und Recherche im UrbanLab#2 angepasst. So wurde aus einem separaten Fahrradweg eine Fahrradstraße, aus der Begrünung von Querungshilfen grüne Inseln in den Park- buchten und aus der mäandrierenden Straße die Aktivierung von straßenbegleitenden Parkplätzen. In Vorbereitung für das Testing stellte sich das Ziel einer Fahrradstraße als Herausforderung heraus, sodass sich dafür eingesetzt wurde zumindest einen tem- porären Schutzstreifen für Fahrradfahrende zu errichten, obwohl dies eigentlich nicht der ursprünglichen Idee der Gruppe entsprach und auch von anderen Seiten kritisch betrachtet wurde. Jedoch wurde dieser temporäre Schutzstreifen von der Verwaltung abgelehnt. Andere Ideen, wie das Errichten von Verweilorten durch Parklets oder die grünen Oasen unter den Platanen durch im Kreis aufgestellte Klappstühle konnten hin- gegen getestet werden. Die Ideen wurden sehr zustimmend aufgenommen, vor allem direkte Anwohnen- de begrüßten die Idee der Parklets. Jedoch wurden ebenso einige Interessenkonflik- te angesprochen, wie die Reduktion der Stellplätze oder möglicher zusätzlicher Lärm durch die neuen Verweilorte direkt neben den Wohnhäusern. Bei dem Projektabschluss- treffen wurde festgehalten, dass auch schon kleine Veränderungen wie Bänke oder Pflanz- kübel sich lohnende Veränderungen sind, wobei auch der Gedanke von konsumfreien Räumen nicht vergessen werden soll. Ledig- lich die Frage des Radverkehrs stellt noch ein offenes Feld dar. Dabei wurden die Ideen zur Neugestaltung des Verkehrsraumes bereits in verschiedenen Anträgen der Fraktionen des Gemeinderats berücksichtigt und miteinbezo- gen, so auch die Umwidmung der Lange Röt- terstraße in eine Fahrradstraße. ABB. 14: PARKLET IN DER LANGE RÖTTERSTRAßE
32 DIE IDEEN DAS WOHNUMFELD NECKARSTADT-OST Vielfältige Begegnungsorte, die zum Verweilen einladen: Autos wohin man blickt. Hitze und die Sonnenstrahlen werden von den Karosserien zusätzlich reflektiert. Mehr Grün und weniger Autos würden die lokale Hitzeinsel wieder etwas abkühlen, neue Treffpunkte für Jung und Alt schaffen und gleichzeitig den Verkehr sicherer machen. BEDARFE Rund um die Straßen südlich der Lange Rötterstraße leiden die Straßenräume unter der Vielzahl der parkenden Autos, schlechter Luft und den immer höheren Tempera- turen im Sommer. Das macht den Aufenthalt in diesem Raum an heißen Tagen fast zu einer Qual. Die vielen Autos machen die Straße ebenso für viele Kinder unsicher, denn sie können die die Straßen nur schwer einsehen. Doch nicht nur die Verkehrssituation ist unbefriedigend. Zudem hat die Zahl an Geschäften und anderen Nachbarschaftsbe- gegnungen abgenommen. Der Mangel an Grünflächen, Verweilorten und Sitzgelegen- heiten für alle Generationen wurde von der Gruppe klar identifiziert, sodass sich bei der Überlegung von Lösungen vor allem auf das Schaffen von Bepflanzung, Treffpunkten und Begegnungsorten fokussiert wurde.
Das Wohnumfeld Neckarstadt-Ost 33 Ich wohne schon seit mehr als 40 Jahren in der Neckar- stadt-Ost. Seit dem Tod meines Mannes wohne ich alleine, aber meine Tochter besucht mich einmal in der Woche. Ich fühle mich wohl in der Neckarstadt-Ost und könnte mir nicht vorstellen woanders zu wohnen. Ich finde es sehr schön meinen Nachbar:innen zu begegnen und mich mit ihnen zu unterhalten. Mir ist aufgefallen, dass in den letz- ten Jahren immer mehr kleine Läden verschwunden sind. Gertrude: 60+ Jahre alt, lebt Dadurch sehe ich meine lieben Nachbar:innen viel seltener. seit 40 Jahren in der Neckarstadt-Ost Ich bin Nicki und gehe gerade in die dritte Klasse der Uhlandschule. Jeden Tag fahre ich alleine mit dem Fahrrad zur Schule. Meine Eltern finden das leider nicht so toll und machen sich deshalb Sorgen. Nach der Schule spiele ich mit meinen Freunden gerne draußen. Das Problem ist nur, dass ich mich etwas Nicki: vergessen fühle und wir meistens nicht wissen, wo 9 Jahre alt, geht in die wir überhaupt spielen können. 3. Klasse der Uhland- schule ABB. 17: ERSTER PROTOTYP AUS DEM URBANLAB#1 FÜR DIE EICHENDORFFSTRAßE ENTWICKLUNG DER IDEEN Nach der Ermittlung der Bedarfe wurden drei ver- schiedene Orte in der Nachbarschaft südlich der Lan- ge Rötterstraße festgelegt, für welche Prototypen entwickelt wurden. Diese widmeten sich einer poten- ziellen neuen Grünfläche inmitten der Häuser, dem einseitigen Parken in der Lenaustraße mit einem neu angelegten zum Verweilen einladenden Grünstreifen mitsamt Fahrradweg und dem Öffnen der Eichen- dorffstraße für Fußgänger:innen und damit der Öff- nung des Parks in der Mitte des Clignetplatzes mit neuen Sitzplätzen.
34 DIE IDEEN Über den Zeitraum der Ideenentwicklung haben sich zwei räumliche Schwerpunkte ent- wickelt: Zum einen der zentrale und bereits begrünte Clignetplatz, und zum anderen eine der Nachbarschaftsstraßen. Der Fokus wur- de für das Testing nicht auf die Lenaustraße, sondern auf die zu dem Clignetplatz führen- de Eichendorffstraße gelegt, sodass beide Testingräume räumlich verbunden waren. ABB. 18: HOCHBEETE IN DER EICHENDORFSTRASSE Ebenso wurde durch weitere Recherche klar, dass der Platz für einen separaten Fahrradweg nicht ausreicht, sodass stattdessen die Einrichtung einer Spielstraße oder Einbahnstraße in Betracht gezogen wurde, welche aber im Rahmen des Testings nicht eingerichtet werden konnte. Auf die neue öffent- liche Grünfläche musste am Testingwochenende ebenso verzichtet werden. Jedoch ist es gelungen das „Mobile Grüne Zimmer“®2 für zwei Wochen am Clignetplatz bereits vor dem Testing aufzustellen und so den gewünschten grünen Treffpunkt zu schaffen. Inwieweit die Idee der Einbahnstraße mit Grünstreifen die Bedarfe der Anwohnenden erfüllt, konnte durch das Testing nicht wirklich festgestellt werden, da das Einrichten eines Parklets und Aufstellen von Hochbeeten nur bedingt die kritischen Funktionen testen konnte. Die an den Clignetplatz angrenzende für Autos gesperrte Eichendorffstraße war das Highlight und die intensive Nutzung des Rau- mes zeigte deutlich, dass der ermittelte Be- darf nach mehr Treff- und Verweilorten durch diese Idee erfüllt werden konnte. Nur die Bar- rierefreiheit wurde kritisch betrachtet, da vor allem die Bordsteine für viele ein Hindernis darstellten. Viele weitere Anregungen u.a. zu Sitzmöglichkeiten und Müllentsorgung konn- ABB: 19: VERGRÖSSERTER CLIGNETPLATZ ten für diesen Raum gesammelt werden. Für die weitere Bearbeitung der Ideen braucht es ein noch detaillierteres Konzept, um all die wichtigen Anregungen einzuarbeiten. Dabei dürfen allerdings die Themen Sicherheit für Kinder und der Fahrradverkehr nicht vergessen werden. Für die Umge- staltung des Clignetplatzes und der Eichendorffstraße wurde bereits mit der Verkehrs- planung in Verbindung getreten, um mögliche temporäre und langfristige Optionen zu besprechen. 2 Das „Mobile Grüne Zimmer“® ist ein offener Container, welcher mit Sitzflächen und bepflanzten Wänden im Stadt- raum aufgestellt wird. Damit sorgt es für mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und macht gleichzeitig auf die notwendige Anpassung an die Folgen des Klimawandels aufmerksam. Mehr Informationen: https://www.mannheim.de/ de/nachrichten/mobiles-gruenes-zimmerr-in-der-neckarstadt
Der Platz an der Uhlandschule 35 DER PLATZ AN DER UHLANDSCHULE Ein moderner Platz mit Freizeitmöglichkeiten für verschiedene Generationen: Querbeetparken findet man in Mannheim wohl in der reinsten Form auf dem Parkplatz vor der Uhlandschule. Tagtäglich schlängeln sich sowohl Senior:in- nen als auch Schüler:innen durch den Auto-Dschungel. Eine neue Gestaltung des wunderschön gelegenen Platzes verspricht Hoffnung auf Besserung. BEDARFE Am Platz vor der Uhlandschule gibt es nicht nur unzählige parkende Autos, sondern ebenso unzählige (potenzielle) Nutzer:innen: Eine Schule, eine Kita, ein Gemeindezen- trum und einen Kiosk. Hinzu kommt, dass der Platz eigentlich Teil des Grünzugs aus Richtung des Herzogenriedparks ist. Die Aufgabe besteht also darin die Bedarfe der Nutzer:innen an diesem Ort mit der Aufgabe des Raumes als Grünzug zu vereinen. Das fällt leicht, da einer der Bedarfe der Wunsch nach schattigen, grünen und gemütlichen Aufenthaltsräumen ist – mehr Grün und Bäume sind da der perfekte Ausgangspunkt. Nicht nur Schüler:innen, sondern auch Lehrer:innen haben diesen Bedarf geäußert, so- dass neue Verweilorte für verschiedene Generationen konzipiert und ebenso nicht an Konsum gebunden sein sollte. Ein weiterer festgestellter Bedarf ist die Verkehrssicher- heit, vor allem für Kinder und Fahrradfahrende, welche durch das aktuell herrschende Chaos auf dem Parkplatz und der angrenzenden Lange Rötterstraße nicht gegeben ist.
36 DIE IDEEN Ich unterrichte Sachkunde und Musik an der Uhlandschule. Jeden Tag fah- re ich rund 20 Minuten mit dem Auto zur Schule. Mit der Bahn würde das 40 Minuten dauern, so viel Zeit habe ich aber früh nicht. Ich würde mich selbst als kommunikativ, empahisch und freundlich beschreiben. Die Anliegen meiner Schüler:innen liegen mir sehr Herr Brioni am Herzen. In meiner Mittagspause 38 Jahre alt, Lehrer an der Uhlandschule würde ich am liebsten vor der Schule mein mitgebrachtes Mittagessen ver- speisen. Aber der Platz ist auch ein wichtiger Parkplatz für viele. Hallo, ich bin Eva und gehe gerade in die sechste Klasse der Uhlandschule. Mit meinem kleinen Bruder fahre ich jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schu- le. Nach der Schule kaufe ich mir oft ein paar Süßigkeiten in dem Kiosk vor unserer Schule und verbringe noch etwas Zeit mit meinen Freund:innen. Meistens sind wir auch auf dem Park- platz vor unserer Schule, obwohl da Eva: viele Autos sind. Außerdem gibt es 12 Jahre alt, 6. Klasse, keinen Platz, wo wir unsere Fahrräder wohnt in der Nürburg- abstellen können. straße
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