Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis

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Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATION                                                                                                                                       413

Leitlinienorientierte Diagnostik und
Therapie unipolarer Depressionen in
der Hausarztpraxis
Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar
Depressions in Family Medicine
Paul Delker1, Caroline Jung-Sievers1,2, Wilhelm Niebling3, Florian Wolf4, Tom Bschor5, Martin Hautzinger6,
Christine Kühner7, Jürgen Matzat8, Henning Schauenburg9, Frank Schneider10, Mathias Berger11,
Holger Schulz12, Martin Härter12, Jochen Gensichen1

Hintergrund                                                                             Background
Unipolare Depressionen stellen einen der häufigsten Beratungs-                          Unipolar depression is one of the most common consultati-
anlässe in der Hausarztpraxis dar. Die Erarbeitung von Leitlinien hat                   ons in family practices, the development of guidelines ap-
aufgrund der hohen Prävalenz eine große Relevanz für eine gute                          pears to be very important for effective treatment of the po-
Behandlung der Bevölkerung.                                                             pulation.
Suchmethodik                                                                            Search method
Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie von unipolarer                            Guideline-based diagnosis and treatment of unipolar depres-
Depression entsprechend der aktuellen Nationalen Versor-                                sion in line with the current National Health Care Guideline
gungsleitlinie (NVL) für Hausärzte.                                                     (NVL) for primary care physicians.
Wichtigste Botschaften                                                                  Main messages
Die genaue Erfassung von Haupt- und Zusatzsymptomen für ei-                             The exact recording of major and secondary symptoms is es-
ne richtige Klassifikation nach ICD-10 ist essenziell. Bei jedem Pa-                    sential for a correct classification according to ICD-10. In
tienten mit einer depressiven Störung sollte Suizidalität regelmä-                      each patient with a depressive disorder, suicidality should be
ßig, bei jedem Patientenkontakt klinisch eingeschätzt und ggf.                          assessed on a regular basis and explored if necessary. It is ad-
exploriert werden. Es ist ratsam, eine psychosomatische Grund-                          visable to implement basic psychosomatic care in family
versorgung in der Hausarztpraxis umzusetzen. Die alleinige Psy-                         practice. Psychotherapy alone without psychopharmacologi-
chotherapie ohne psychopharmakologische Therapie sollte nur                             cal therapy should only be recommended for mild and mod-
bei leichten und mittelgradigen Episoden empfohlen werden.                              erate episodes. In severe episodes and chronic courses, com-
Bei schweren Episoden und chronischen Verläufen ist die kombi-                          bined therapy is superior to psychotherapy alone.
nierte Therapie der alleinigen Psychotherapie überlegen. Die                            The choice of antidepressant should be individualized based
Wahl des Antidepressivums sollte individualisiert anhand des Ne-                        on the side effect profile, the patient’s preferences and the
benwirkungsprofils, der Patientenpräferenzen und der Erfahrung                          family physician’s experience. ECG and laboratory control
des Hausarztes erfolgen. Eine EKG- und Laborkontrolle ist gege-                         may be necessary at baseline and during the course. Regular
benenfalls zu Therapiebeginn und im Verlauf notwendig. Ein re-                          therapy monitoring of adherence and treatment effects at
gelmäßiges Therapiemonitoring von Adhärenz und Behand-                                  fixed intervals is essential. In order to reduce the likelihood of
lungseffekten in fest vereinbarten Intervallen ist essenziell. Zur                      recurrence, the minimum therapy duration and necessity of
Verminderung der Rezidivhäufigkeit sollten Mindesttherapiedau-                          maintenance and recurrence prevention in psycho- and
er und Notwendigkeit von Erhaltungs- und Rezidivprophylaxe                              pharmacotherapy should be considered.
bei Psycho- und Pharmakotherapie beachtet werden.                                       Conclusions
Schlussfolgerungen                                                                      Due to the long-term doctor-patient relationship, the family
Aufgrund der langjährigen Arzt-Patient-Beziehung kommt                                  physician has a major role in the diagnosis and treatment of de-
dem Hausarzt* eine Schlüsselrolle bei der Diagnose und Thera-                           pression in the health care sector.
pie der Depression im gestuften Gesundheitswesen zu.                                    Keywords
Schlüsselwörter                                                                         Primary health care; depressive disorder; evidence-based
Allgemeinmedizin; Depression; evidenzbasierte Leitlinie                                 guideline

* Die Nennung der männlichen Form schließt weibliche Kolleginnen sowie Patientinnen ein und wurde aufgrund der einfacheren Lesbarkeit gewählt.
1 Klinikum der Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, 2 Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung, Pettenkofer School of Public Health, Lud-

wig-Maximilians-Universität (LMU) München, 3 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, 4 Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemein-
medizin 5 Schlosspark-Klinik Berlin, Abteilung für Psychiatrie, 6 Eberhard Karls Universität Tübingen, Fachbereich Psychologie, 7 Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
(ZI) Mannheim, 8 Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V., 9 Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik,
10 Universitätsklinikum Düsseldorf, 11 Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie ,12 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut

und Poliklinik für Medizinische Psychologie
DOI 10.3238/zfa.2019.0413–0418

                                                                                              © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
Delker et al.:
      Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
414   Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar Depressions in Family Medicine

      Hintergrund
      Depressionen zählen zu den häufigs-
      ten Erkrankungen. Die Zwölf-Monats-
      prävalenz in der Allgemeinbevölke-
      rung ist 7,7 %, die Lebenszeitpräva-
      lenz liegt national wie international
      bei ca. 16–20 % [1]. Die Erarbeitung
      von Leitlinien hat bei einer so hohen
      Prävalenz große Relevanz für eine gute
      Behandlung der Bevölkerung. Die Be-
      deutung des Themas „Psychische Ge-
      sundheit“ in Deutschland reflektiert
      auch die Debatte im Rahmen des
      Deutschen Ärztetags 2018 in Erfurt
      [2]. Unipolare Depressionen stellen ei-
      nen häufigen Beratungsanlass in der
      Hausarztpraxis dar. Allein durch den
      Hausarzt werden 59 % der Diagnosen
      und gemeinsam mit einen Fachspezia-
      listen bzw. Psychotherapeuten weitere
      15 % der Diagnosen gestellt. Die All-
      gemeinmedizin spielt somit eine
      Schlüsselrolle in der Versorgung de-
      pressiver Patienten [3].

      Suchmethodik
      Ziel des Artikels ist eine Aufbereitung
      der leitlinienorientierten Diagnostik
      und Therapie von unipolarer Depres-
      sion entsprechend der aktuellen Na-
      tionalen Versorgungsleitlinie (NVL)
      „Unipolare Depression“ zur Anwen-
      dung im hausärztlichen Setting.
      Wenn nicht anders gekennzeichnet,
      wird auf die Leitlinie Bezug genom-
      men [1]. In dieser ist eine systemati-
      sche Evidenzrecherche erfolgt. Im                             Abbildung 1 Diagnosestellung und Einteilung depressiver Episoden nach Schweregrad
      Konsensusverfahren einigten sich die                          erfolgen anhand von Haupt- und Zusatzsymptomen. Der Schweregrad wird nach Inter-
      beteiligten 31 Fachgesellschaften,                            national Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) einge-
                                                                    teilt. Entnommen aus [1].
      Verbände und Patientenvertreter auf
      die Empfehlungen.
                                                                    Freudlosigkeit, schnellerer Ermüdbar-           oder schwerer (Fxx.2 und Fxx.3) de-
      Antworten auf häufige                                         keit sowie unterschiedlich stark aus-           pressiver Störung unterschieden.
      Fragen                                                        geprägten Zusatzsymptomen.                      Die Einteilung nach Schweregrad
                                                                        Für die Diagnose einer unipolaren           erfolgt anhand der Anzahl der
      1. Wie erfolgen Diagnose-                                     Depression (unipolare Episode) muss             Haupt- und Zusatzsymptome. Diese
      stellung und Klassifikation                                   eine Symptomdauer von mehr als                  müssen, wie in Abbildung 1 dar-
      nach ICD-10?                                                  zwei Wochen bestehen, bei schweren              gestellt, erfasst und beurteilt wer-
      Die unipolare depressive Störung wird                         Episoden können auch kürzere Ver-               den. Anpassungsstörungen (F43.x)
      nach International statistical classificati-                  läufe berücksichtig werden. Im Ver-             oder Probleme mit Bezug auf
      on of diseases and related health pro-                        lauf können depressive Störungen                Schwierigkeiten bei der Lebens-
      blems (ICD-10) von bipolaren, mani-                           voll oder nur teilweise remittieren             bewältigung, wie Burn-out, (Z73)
      schen, gemischten und der Zyklothy-                           oder chronisch verlaufen. Wenn es               werden davon abgegrenzt.
      mie als anhaltenden affektiven Stö-                           zu wiederholten Episoden kommt,                     Zur unipolaren Depression zählt
      rungen abgegrenzt.                                            spricht man von einer rezidivieren-             auch die Dysthymie (F34.1), diese
          Eine unipolare Depression (uni-                           den depressiven Störung (F33.xx).               zeichnet sich durch über mindestens
      polare Episode) ist charakterisiert                           Die monophasischen Verläufe wer-                zwei Jahre andauernde depressive
      durch gedrückte, depressive Stim-                             den unter F32.xx aufgeführt.                    Verstimmungen aus. Eine Unterschei-
      mung. Abhängig vom Schweregrad                                    Nach ICD-10 wird zwischen leich-            dung nach der Schwere ist nicht vor-
      mit    starkem      Interessensverlust,                       ter (Fxx.0), mittelgradiger (Fxx.1)             gesehen, weil sie sich gerade dadurch

      © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
Delker et al.:
Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar Depressions in Family Medicine                                                                      415

auszeichnet, dass sie die Kriterien       bevölkerung. Deshalb sollte Suizida-                   Bei erneuten Symptomen (Episo-
bzw. die Symptomanzahl selbst für ei-     lität regelmäßig bei jedem Patienten-              de) nach vollständiger Genesung
ne leichte depressive Episode nicht       kontakt klinisch eingeschätzt und                  wird dies als Rezidiv bezeichnet.
erfüllt.                                  gegebenenfalls exploriert werden.                      Symptome können durch gezielte
                                          Bei der aktiven Exploration sollen                 Fragen oder Fragebögen, wie z.B. den
2. Welche diagnostischen                  suizidale Gedanken, Impulse und                    bereits erwähnten PHQ-D, im Verlauf
Hilfsmittel gibt es?                      Pläne erfragt werden. Wenn eine                    festgehalten werden.
Zum Screening auf Depression kön-         akute Suizidgefährdung vorliegt und
nen zwei Fragen verwendet werden          eine Absprachefähigkeit bis zum                    7. Welche Therapiegrundsätze
(Sensitivität 96 %, Spezifität 57 %):     nächsten Termin nicht gegeben ist,                 gibt es für die Akutbehandlung?
• „Fühlten Sie sich im letzten Monat      sollte notfallmäßig in eine psychi-                In der Akuttherapie können vier ver-
  häufig niedergeschlagen, traurig,       atrische, gegebenenfalls stationäre                schiedene Behandlungspfade unter-
  bedrückt oder hoffnungslos?“            Behandlung überwiesen werden.                      schieden werden. Es kann ein aktiv
• „Hatten Sie im letzten Monat deut-                                                         abwartendes Begleiten, eine medika-
  lich weniger Lust und Freude an         5. Welche allgemeinen                              mentöse Therapie, eine psychothera-
  Dingen, die Sie sonst gerne tun?“       Therapiegrundsätze gibt es?                        peutische Behandlung sowie eine
                                          Die Therapie sollte partizipativ gestal-           Kombinationstherapie      empfohlen
Diese Fragen sollten z.B. bei neuen       tet werden, der Patient soll über die              werden. Als nicht medikamentöses
Patienten oder bei Patienten mit          Diagnose und Erkrankung informiert                 somatisches Verfahren sollte körperli-
chronischen körperlichen Erkran-          und in den Entscheidungsprozess über               ches Training, wenn keine Kontra-
kungen regelmäßig gestellt werden.        Therapiemöglichkeiten eingebunden                  indikationen bestehen, in Form von
Die Diagnostik in der Hausarztpra-        werden. Dies gilt auch, das Patienten-             strukturierten und supervidierten
xis kann ebenfalls durch Fragebögen       einverständnis vorausgesetzt, für die              körperlichen Übungen empfohlen
erleichtert werden, die von Patien-       Angehörigen. Das Therapieziel ist die              werden.
ten gut akzeptiert werden. Ein Bei-       vollständige Remission und damit ver-
spiel hierfür ist der „Gesundheitsfra-    bundene Wiederherstellung der beruf-               8. Wie kann die psycho-
gebogen für Patienten“ (englisch:         lichen und psychosozialen Leistungs-               somatische Grundversorgung
patient health questionnaire – depres-    fähigkeit und Teilhabe. Des Weiteren               in der Hausarztpraxis erfolgen?
sion (PHQ-D)).                            sollen die Mortalität durch Suizide                In der Hausarztpraxis kann die Basis-
                                          und die Wahrscheinlichkeit eines                   behandlung bei allen Patienten mit
3. Welche Differenzialdiagnosen           Rückfalls reduziert werden.                        Depression gut umgesetzt werden, da
kommen in Frage?                                                                             in der Regel ein Vertrauensverhältnis
Bei unterschiedlichen psychischen Stö-    6. Welche Behandlungsphasen                        bereits besteht.
rungen können depressive Symptome         gibt es in der Therapie?                               Grundlage jeder Basisbehandlung
auftreten bzw. als Komorbidität vorlie-   Die Therapie wird entsprechend des                 sollten die Entwicklung und die Auf-
gen. Differenzialdiagnostisch sollte an   Schweregrads der Episode festgelegt.               rechterhaltung einer tragfähigen the-
Angst- und Panikstörungen, Substanz-      Dabei werden die Behandlungspha-                   rapeutischen Beziehung sein, deren
missbrauch, Ess- oder Persönlichkeits-    sen in Akuttherapie, Erhaltungsthe-                Qualität in der Regel zum Behand-
störungen, aber auch an somatoforme       rapie und Rezidivprophylaxe unter-                 lungserfolg beiträgt.
Störungen gedacht werden.                 schieden.                                              Die psychiatrisch-psychothera-
    Außerdem sollten bei Verdacht             Zur besseren Unterteilung werden               peutische Basisbehandlung beinhal-
mögliche organische Ursachen für          verschiedene Symptomveränderun-                    tet insbesondere:
die depressive Störung, wie z.B. Hy-      gen definiert. Eine Symptomredukti-                • aktives flexibles und stützendes Vor-
pothyreose, Schlaganfall oder Multi-      on um mehr als 50 % wird als Re-                     gehen, Vermittlung von Ermuti-
ple Sklerose ausgeschlossen werden.       sponse (Ansprechen) bezeichnet. Re-                  gung und Hoffnung
    Des Weiteren sollte differenzial-     mission bedeutet eine vollständige                 • empathische        Kontaktaufnahme,
diagnostisch eine Trauerreaktion ab-      Wiederherstellung des Ausgangs-                      Aufbau einer vertrauensvollen Be-
gegrenzt werden. Trauerreaktionen         zustands, also nahezu Symptomfrei-                   ziehung
verlaufen typischerweise ohne vege-       heit nach durchgeführter Akutthera-                • regelmäßige (wöchentliche, 14-tägi-
tative Symptome, die Schwingungs-         pie. Die Erhaltungstherapie schließt                 ge) Termine
fähigkeit bleibt erhalten. Trauerre-      sich nach der Erreichung einer Re-                 • Exploration des subjektiven Krank-
aktionen lassen üblicherweise inner-      mission an.                                          heitsmodelles, Klärung aktueller
halb von zwei Monaten nach dem für            Wenn während der Erhaltungs-                     Motivationen und der Therapie-
die Trauer ursächlichen Verlust nach.     therapie erneut depressive Symptome                  erwartungen des Patienten
                                          im Sinne einer Episode auftreten,                  • Vermittlung eines Verständnisses
4. Wie sollte mit Suizidalität            spricht man von einem Rückfall. Erst                 der Symptome, ihrer Behandelbar-
umgegangen werden?                        wenn sechs Monate nach Remission                     keit und ihrer Prognose, Vermitt-
Bei Patienten mit einer depressiven       keine erneuten Symptome aufgetre-                    lung eines „biopsychosozialen
Störung ist das Suizidrisiko bis zu       ten sind, kann von einer vollständi-                 Krankheitsmodelles“ zur Entlas-
30-mal höher als in der Allgemein-        gen Genesung gesprochen werden.                      tung des Patienten von Schuldge-

                                                                     © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
Delker et al.:
      Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
416   Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar Depressions in Family Medicine

          fühlen, Selbstvorwürfen und Ver-                          chern oder Online-Programmen. An-        deren Interventionen. Patienten mit
          sagensgefühlen                                            geleitete Selbsthilfe stellt mehr als    mittelgradiger depressiver Störung
      •   Klärung aktueller äußerer Problem-                        das Aushändigen von Literatur dar.       soll eine Therapie mit einem Antide-
          situationen, Entlastung von zurzeit                       Der Patient nutzt unter Begleitung       pressivum oder eine Psychotherapie
          überfordernden Pflichten und An-                          durch einen Arzt oder psychologi-        angeboten werden.
          sprüchen am Arbeitsplatz und in                           schen Psychotherapeuten Selbsthil-
          der familiären Situation                                  fematerialien. Dabei unterstützt der     13. Welche Aspekte sind bei der
      •   Verhinderung depressionsbedingter                         Behandler den Einsatz, führt ein Mo-     Auswahl des Antidepressivums
          Wünsche nach überstürzter Ver-                            nitoring durch und überprüft die Er-     zu beachten?
          änderung der Lebenssituation, Un-                         gebnisse. Ein Beispiel hierfür ist das   Generell ist bei der Auswahl des pas-
          terstützung beim Formulieren und                          „iFightDepression“-Tool der Stiftung     senden Antidepressivums eine an
          Erreichen konkreter, erreichbarer                         Deutsche Depressionshilfe [4] oder       den Patienten und den behandeln-
          Ziele zum Wiedergewinnen von Er-                          das Online-Therapieprogramm „De-         den Arzt angepasste Entscheidung zu
          folgserlebnissen (positive Verstärker)                    prexis24“ [5].                           treffen. So sollte berücksichtigt wer-
      •   Vermittlung von Einsicht in die in-                                                                den, welche Anwendungserfahrun-
          dividuelle Notwendigkeit adäquater                        11. Wann ist Psychotherapie              gen der behandelnde Arzt hat und
          Therapien (z.B. Antidepressiva,                           eine Behandlungsoption?                  welche Medikamente beim Patien-
          Richtlinien-Psychotherapie)                               Wenn die eingesetzten Behand-            ten in eventuellen früheren Krank-
      •   Einbezug von Angehörigen, Stärken                         lungsmöglichkeiten nicht zur Besse-      heitsepisoden angesprochen haben.
          der Ressourcen                                            rung der Symptomatik geführt ha-             Ein weiteres wichtiges Auswahlkri-
      •   Ansprechen von Suizidgedanken                             ben, sollen dem Patienten spezi-         terium ist die Verträglichkeit. Selektive
          und -impulsen, Erarbeitung eines                          fische Therapieverfahren angeboten       Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
          Krisenmanagements.                                        werden. Diese werden durch ärzt-         (SSRI) haben im Vergleich zu trizykli-
                                                                    liche oder psychologische Psycho-        schen Antidepressiva (TZA) ein ande-
      9. Wie erfolgt die Therapie                                   therapeuten durchgeführt. Von den        res Nebenwirkungsprofil. Bei TZA
      leichter und mittelgradiger                                   Gesetzlichen Krankenversicherun-         kommt es häufiger zu schweren Ne-
      depressiver Episoden?                                         gen (GKV) werden als Behandlungs-        benwirkungen wie kardialen Block-
      In der Akutbehandlung leichter de-                            formen die Verhaltenstherapie, psy-      bildungen und Rhythmusstörungen,
      pressiver Episoden kann durch eine                            choanalytisch begründete Verfah-         Harnverhalt oder einem Delir. Außer-
      aktiv abwartende Begleitung (s.o.)                            ren sowie nach Neuaufnahme die           dem sollte beachtet werden, dass ei-
      von einer depressionsspezifischen                             systemische Therapie erstattet [6].      ne Wochenration TZA letal sein
      Behandlung zunächst abgesehen                                     Zur Stabilisierung des Therapie-     kann. Bei suizidalen Patienten soll-
      werden, wenn angenommen wer-                                  erfolgs sowie zur Senkung des Rück-      ten im ambulanten Bereich deshalb
      den kann, dass die Symptomatik                                fallrisikos soll im Anschluss an eine    nur kleine Packungsgrößen verord-
      auch ohne depressionsspezifische                              Akutbehandlung eine angemessene          net werden.
      Behandlung abklingt.                                          psychotherapeutische Nachbehand-             Bei der Verordnung von Antide-
         Hält eine leichte depressive Episo-                        lung (Erhaltungstherapie) angebo-        pressiva sollte außerdem die Hand-
      de länger als 14 Tage an, sollte mit                          ten werden.                              habbarkeit bedacht werden. So ver-
      dem Patienten über eine Intensivie-                               Längerfristige     stabilisierende   langen TZA eher eine individuelle
      rung der Behandlung gesprochen                                Psychotherapie (Rezidivprophylaxe)       Titrierung und Kontrolle (schrittwei-
      werden.                                                       soll Patienten mit einem erhöhten        ses Aufdosieren und EKG-Kontrol-
                                                                    Risiko für ein Rezidiv angeboten         len) als SSRI oder neuere Antidepres-
      10. Welche niederschwelligen                                  werden.                                  siva. Des Weiteren sollte bei der
      Angebote gibt es?                                                                                      Auswahl stets auf Komorbiditäten
      Bei leichten depressiven Episoden                             12. Wann ist pharmakologische            und Arzneimittelinteraktionen ge-
      können niederschwellige Angebote                              Therapie eine Behandlungs-               achtet werden. Für weitere Informa-
      an Patienten adressiert werden, falls                         option?                                  tionen ist eine Tabelle aus der Leitli-
      die psychosomatische Grundversor-                             Die Pharmakotherapie in der Akut-        nie über Neben- und Wechselwir-
      gung nicht ausreicht und gleichzei-                           phase ist vor allem bei mittleren und    kungen als Supplement 1 elektro-
      tig eine Richtlinienpsychotherapie                            schweren depressiven Episoden emp-       nisch aufrufbar.
      noch nicht in Frage kommt oder                                fohlen. Bei leichten depressiven Epi-        Wenn bei leichten oder mittelgra-
      nicht gewünscht wird.                                         soden sollten Antidepressiva nur         digen Depressionen eine medikamen-
          Der Patient sollte über weitere                           nach kritischer Abwägung Verwen-         töse Therapie erwogen wird, kann ein
      Hilfsangebote wie lokale Anlaufstel-                          dung finden. Für die Anwendung           Therapieversuch mit Johanniskraut
      len, Vereine, Selbsthilfegruppen und                          spricht ein entsprechender Patienten-    unternommen werden. Bei Einnah-
      Sozialberatungsstellen     informiert                         wunsch, gutes Ansprechen in der Ver-     me sollen die Patienten über die un-
      werden.                                                       gangenheit, Episoden mittelgradiger      terschiedliche Wirkstärke der verfüg-
          Außerdem besteht die Möglich-                             oder schwerer Depressionen in der        baren Zubereitungen und die sich da-
      keit der qualifizierten angeleiteten                          Vorgeschichte des Patienten oder das     raus ergebenden Unsicherheiten in-
      Selbsthilfe z.B. mit Selbsthilfebü-                           Fortbestehen der Symptome nach an-       formiert werden. Eine Aufklärung soll

      © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
Delker et al.:
Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar Depressions in Family Medicine                                                                    417

ebenfalls über mögliche schwere          der Patient ausreichend mitarbeitet               in gleicher Höhe wie bei der Akut-
Wechselwirkungen von Johannis-           und die angemessene Dosis zuverläs-               therapie gewählt werden. Patienten
kraut mit anderen Medikamenten           sig einnimmt (Adhärenz). Eine Se-                 sollten auf die Möglichkeit des Auf-
(einschließlich oralen Kontrazeptiva,    rumspiegelbestimmung kann zum                     tretens von Symptomen beim Abset-
Antikoagulantien und Antiepileptika)     Therapiemonitoring bei Nichtanspre-               zen hingewiesen werden.
erfolgen.                                chen hilfreich sein. Bei zu niedrigem
                                         Serumspiegel sollte eine Dosisanpas-              17. Was ist in der Therapie von
14. Welche Besonderheiten                sung entsprechend der Hersteller-                 schweren depressiven
sind bei Therapiebeginn zu               angaben erfolgen. Dies gilt jedoch                Episoden zu beachten?
beachten?                                nicht für SSRI.                                   Bei schweren depressiven Episoden
Die Therapie sollte bei TZA oder se-         Wenn ein adäquater Serumspie-                 soll eine Kombinationsbehandlung
dierenden Antidepressiva mit einer       gel vorliegt, kann bei weiterem                   von Psychotherapie und Pharmako-
sog. Anfangsdosis gestartet werden       Nichtansprechen eine Augmentati-                  therapie angeboten werden. Wenn
und langsam unter Beachtung der                                                            bei einer schweren Episode ein allei-
Wirkung und Nebenwirkungen ge-                                                             niges Behandlungsverfahren in Be-
steigert werden. Bei SSRI wie z.B. Ci-                                                     tracht gezogen wird, soll bei ambu-
talopram ist eine Anfangsdosis nicht                                                       lant behandelbaren Patienten eine
notwendig. Eine Halbierung der An-                                                         alleinige Psychotherapie gleichwer-
fangsdosis bei älteren Patienten ist                                                       tig zu einer alleinigen medikamentö-
nur bei Gabe von TZA notwendig.                                                            sen Therapie angeboten werden.
Erst ab Erreichen der Standarddosis                                                            Bei schweren depressiven Episo-
sollte vier Wochen, bei älteren Pa-                                                        den ist eine Überweisung zur Weiter-
tienten sechs Wochen, abgewartet                                                           oder Mitbehandlung an einen fach-
und im Anschluss evaluiert werden,                                                         spezifischen Arzt bzw. Psychothera-
ob ein Ansprechen erfolgt ist. Eine                                                        peuten empfohlen.
                                         Paul Delker …
Übersichtstabelle zu Wirkstoffen
                                         … ist Arzt in Weiterbildung und seit
und Therapieempfehlungen aus der
                                         2018 Teilnehmer des LMU Führungs-
                                                                                           Schlussfolgerungen
Leitlinie ist als Supplement 2 elek-     kräfteprogramms Weiterbildung All-                Dem Hausarzt kommt eine besondere
tronisch aufrufbar.                      gemeinmedizin „Hausarzt 360°“ am                  Rolle als erstem Ansprechpartner in
    Vor Beginn einer Therapie mit        Klinikum der Universität München.                 der Versorgung depressiver Störungen
Antidepressiva sollten das Blutbild                                                        zu. Vor allem in der Akut- und Erhal-
und die Transaminasen bestimmt                                                             tungstherapie von monophasischen
werden. Wegen der Effekte auf die                                                          leichten und mittelgradigen depressi-
Reizleitung von TZA mit der Gefahr       on mit Lithium oder Antipsychoti-                 ven Störungen können Hausärzte ei-
von Blockbildungen und Arrhyth-          ka erwogen werden, hierfür emp-                   genständig therapieren.
mien sowie wegen des Risikos der         fiehlt sich die Überweisung an ei-                    Eine Überweisung zur Weiter-
QTc-Zeit-Verlängerung unter SSRI         nen Facharzt für Psychiatrie und                  oder Mitbehandlung an einen Fach-
(insbesondere in höheren Dosierun-       Psychotherapie bzw. Nervenheil-                   spezialisten bzw. Psychotherapeuten
gen) sind EKG-Kontrollen notwendig.      kunde.                                            wird empfohlen bei schweren depres-
Diese sollten vor Behandlungs-                                                             siven Störungen, Rückfall, Therapie-
beginn, nach Aufdosierung und ab-        16. Wie erfolgen pharmako-                        resistenz, Suizidalität oder verkompli-
hängig von der Dosierung auch im         logische Erhaltungstherapie                       zierenden Komorbiditäten.
Verlauf durchgeführt werden.             und Rezidivprophylaxe?                                Durch das häufig über Jahre ge-
    Ein Therapiemonitoring sollte in     Nach Remission soll die Dosierung                 wachsene Arzt-Patienten-Verhältnis
den ersten vier Wochen wöchentlich       des Antidepressivums als Erhal-                   ist die Hausarztpraxis oft der Ort,
erfolgen. Bei einem Ansprechen sollte    tungstherapie vier bis neun Monate                an welchem Patienten als Erstes
die Medikation bis zur Remission         fortgesetzt werden, um das Rückfall-              Hilfe suchen und auch die notwen-
fortgesetzt werden, die Monitoring-      risiko zu vermindern. Eine Dosisre-               dige, auf der gegenwärtig besten ex-
intervalle können schrittweise auf       duktion impliziert ein erhöhtes                   ternen Evidenz beruhende und
zwei bis vier Wochen und nach drei       Rückfallrisiko, weshalb die antide-               gleichzeitig individuell angepasste
Monaten auf längere Intervalle ge-       pressive Therapie schrittweise über               Hilfe finden.
steigert werden.                         einen Zeitraum von vier Wochen re-
                                         duziert werden sollte. Patienten,
                                                                                           Interessenkonflikte:
15. Wie sollte mit dem                   welche mindestens zwei depressive                 C. Jung-Sievers: Erstattung von Kongress-
Nichtansprechen auf die                  Episoden mit bedeutsamen Ein-                     kosten und Vortragshonorare durch die
Pharmakotherapie                         schränkungen in der jüngeren Ver-                 Firma Pfizer
umgegangen werden?                       gangenheit erlebten, sollte eine Re-              M. Hautzinger: Beteiligung an der Ent-
Bei Non-Response sollte überprüft        zidivprophylaxe angeboten werden.                 wicklung des Online-Angebots „depre-
werden, ob konkrete Ursachen dafür       Diese ist für mindestens zwei Jahre               xis24“, in diesem Zusammenhang
vorliegen. Abgeklärt werden sollte, ob   durchzuführen. Die Dosierung sollte               mehrfache Einladungen zu Fortbildungs-

                                                                   © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
Delker et al.:
      Leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie unipolarer Depressionen in der Hausarztpraxis
418   Guideline Based Diagnosis and Treatment of Unipolar Depressions in Family Medicine

      veranstaltungen, die von der Firma Ser-                       Literatur                                        to mild depression. BMC Psychiatry
      vier gesponsert waren. Forschungsför-                                                                          2017; 17: 143
                                                                    1. DGPPN B, KBV, AWMF (Hrsg.). Für
      derung durch die Deutsche Forschungs-
                                                                       die Leitliniengruppe Unipolare De-        5. Klein JP, Berger T, Schröder J, et al. Ef-
      gemeinschaft und das Bundesministeri-
      um für Bildung und Forschung. Berater-                           pression. S3-Leitlinie/Nationale Ver-        fects of a psychological internet inter-
      tätigkeit bei der KBV (Entwicklung DMP-                          sorgungsLeitlinie Unipolare Depressi-        vention in the treatment of mild to mo-
      Depression)                                                      on – Langfassung, 2. Auflage. Version        derate depressive symptoms: results of
                                                                       5, 2015. www.leitlinien.de/nvl/depres        the EVIDENT study, a randomized con-
      Alle weiteren Autoren erklären keine Inte-                       sion (letzter Zugriff am 10.04.2019)         trolled trial. Psychother Psychosom
      ressenkonflikte.                                                                                              2016; 85: 218–228
                                                                    2. Bühring P. Deutscher Ärztetag in Er-
                                                                       furt: Mehr Aufmerksamkeit für psy-        6. Gemeinsamer Bundesausschuss. Pres-
      Zusatzmaterial im Internet                                       chische Erkrankungen. Dtsch Arztebl          semitteilung 40: Nutzen und medizi-
      (www.online-zfa.de/)                                             International 2018; 115: 812–814             nische Notwendigkeit der systemi-
                                                                                                                    schen Therapie anerkannt. 2018.
      • eSupplement 1 S3-Leitlinie/NVL                              3. Melchior H, Schulz H, Härter M, Wal-         www.g-ba.de/presse/pressemitteilun
        Unipolare Depression: Antidepressi-                            ker J, Ganninger M. Faktencheck Ge-          gen/775/ (letzter Zugriff am
        vagruppen mit unerwünschten Arz-                               sundheit – Regionale Unterschiede in         10.04.2019)
        neimittelwirkungen, Wechselwir-                                der Diagnostik und Behandlung von
                                                                       Depressionen. 1. Auflage. Gütersloh:
        kungen und Kontraindikation
                                                                       Bertelsmann Stiftung 2014:67              Korrespondenzadresse
      • eSupplement 2 S3-Leitlinie/NVL
                                                                    4. Justicia A, Elices M, Cebria AI, et al.   Paul Delker
        Unipolare Depression: Antidepressi-
                                                                       Rationale and methods of the iFight-      Institut für Allgemeinmedizin
        va – Wirkstoffe gegliedert nach
                                                                       Depression study: a double-blind,         Klinikum der Ludwig-Maximilians-
        Wirkstoffgruppen mit Angaben zu                                randomized controlled trial evalua-       Universität München
        Dosierung, Plasmaspiegel und Mo-                               ting the efficacy of an internet-based    Pettenkoferstr. 8a, 80336 München
        nitoring                                                       self-management tool for moderate         paul.delker@med.uni-muenchen.de

                                                                         Save the Date
                          Mitgliederversammlung 2019 und Seminar Lehre und Didaktik in Dresden:
                                                  15./16. November 2019

                                                       GHA-Botschafter*innentreffen in Hannover:
                                                                    25. Januar 2020

                                                               45. GHA-Symposium in Baierbrunn:
                                                                        16./17. Mai 2020

                             Mitgliederversammlung 2020 und Seminar Lehre und Didaktik in Halle:
                                                    20./21. November 2020

      © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2019; 95 (10)
S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

Anhang 4           Antidepressivagruppen mit unerwünschten
                   Arzneimittelwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikation
(mod. nach [478] und dort zitierten Quellen)
Siehe Kapitel 3.4: Pharmakotherapie

 Unerwünschte                           Interaktionen/Arzneimittel-           Kontraindikation (KI)
 Arzneimittelwirkungen (UAW)            Wechselwirkungen (WW)
Tri- und tetrazyklische Antidepressiva (TZA) – Nichtselektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren
(NSMRI)
 Aufgrund der Vielzahl der Neben-       Verstärkung der anticholinergen       Akute Intoxikationen mit zentral
 wirkungen und ihrer Variabilität       und/oder sedierenden Effekte bei      dämpfenden Stoffen inkl. Alkohol.
 zwischen den einzelnen Stoffen         Kombination mit anderen Anticho-      Unbehandeltes Engwinkelglau-
 werden hier nur für die Wirkstoff-     linergika oder zentral-dämpfenden     kom. Akute Harnverhaltung, Py-
 gruppe typische UAW aufgeführt.        Stoffen: Antihistaminika, Parkin-     lorusstenose, paralytischer Ileus.
 Näheres siehe Fachinformationen        sonmittel, Hypnotika/Sedativa/        Schwere Herz-Kreislauf-Erkran-
 oder spezielle Übersichtsliteratur.    Tranquilizer, Neuroleptika, Anäs-     kungen. Vorsicht bei Prostatahy-
 Anticholinerge Effekte: Mundtro-       thetika, Alkohol (pharmakodyna-       pertrophie, intestinalen Stenosie-
 ckenheit, Miktions- und Akkommo-       mische Interaktionen (pd)); ver-      rungen, schweren Leberschäden,
 dationsstörungen, Obstipation,         minderte antihypertensive Wirkung     erhöhter zerbraler Krampfbereit-
 Hypohidrose, Ileus, Glaukomanfall;     von Methyldopa oder Clonidin          schaft, Störung der Blutbildung,
 Gewichtszunahme; Sedierung;            (pd); Wirkungsverstärkung von         zerebrovaskulären Störungen und
 Orthostase-Reaktionen: Blut-           Sympathikomimetika (z. B. Blut-       kardialer Vorschädigung, insbe-
 druckabfall, Tachykardie, Schwin-      druckkrisen oder Arrhythmien bei      sondere Reizleitungsstörungen
 del; kardiale Erregungsleitungsstö-    sympathomimetikahaltigen Lokal-       (Vorsicht bei Patienten mit vorbe-
 rungen; Ödeme; Blutbildungsstö-        anästhetika) (pd); Kombination mit    stehendem Schenkelblock). Stren-
 rungen; Leberwerterhöhung.             nichtselektiven MAO-Hemmern           ge Indikation vorausgesetzt, ist
                                        (Tranylcypromin) vermeiden (hy-       Schwangerschaft, insbesondere
                                        pertone Krisen, Hyperpyrexie,         nach dem 1. Trimenon, keine ab-
                                        Krampfanfälle) (pd), Wirkungsver-     solute KI. In der Stillzeit sollen TZA
                                        stärkung von oralen Antikoagulan-     nicht genommen werden.
                                        tien (pharmakokinetische Interakti-
                                        onen (pk)); Wirkungsverstärkung
                                        durch die SSRI Fluoxetin, Fluvo-
                                        xamin, Paroxetin, einige Antipsy-
                                        chotika (Levomepromazin, Melpe-
                                        ron, Thioridazin), Cimetidin (pk);
                                        Wirkungsabschwächung (Enzym-
                                        induktion) durch Antiepileptika
                                        (Phenytoin, Carbamazepin, Bar-
                                        biturate), Rifampicin, Johannis-
                                        kraut (pk), orale Kontrazeptiva
                                        bzw. Zigarettenrauchen möglich.
                                        Clomipramin: Eine Kombination
                                        auch mit reversiblen MAO-Hem-
                                        mern vermeiden (lebensgefährli-
                                        ches serotonerges Syndrom).

 ©                    2015                                                                                       181
S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

 Unerwünschte                           Interaktionen/Arzneimittel-           Kontraindikation (KI)
 Arzneimittelwirkungen (UAW)            Wechselwirkungen (WW)
 Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI)
 Häufig gastrointestinale (Übelkeit,    Bei gleichzeitiger Verordnung von     Kombination mit MAO-
 Erbrechen) sowie exzitatorische        SSRI und anderen Medikamenten         Hemmstoffen (s. links). Akute Al-
 (Unruhe und Schlafstörungen)           ist vorherige genaue Information      kohol-, Schlafmittel-, Analgetika-
 UAW; Kopfschmerzen. Häufig             über potentiell gefährliche WW        und Psychopharmakavergiftungen.
 Störungen der Sexualfunktion,          notwendig (Fachinformation)! Die      Schwere Leber- oder Nierenfunkti-
 insbesondere verzögerte Ejakula-       CYP-inhibierende Wirkung von          onsstörungen, erhöhte Krampfbe-
 tion sowie Orgasmusstörungen bei       Sertralin, Escitalopram und Ci-       reitschaft. Zumindest im 1. Tri-
 beiden Geschlechtern. Reversible       talopram ist deutlich schwächer als   menon der Schwangerschaft soll-
 Beeinträchtigung der Spermien-         die von Fluoxetin, Fluvoxamin und     ten SSRI nicht eingenommen wer-
 qualität. Blutungsneigung kann         Paroxetin, die von Vortioxetin ist    den, wenngleich neuere Studien
 erhöht sein. Gelegentlich Haut-        vernachlässigbar. Kombination mit     kein erhöhtes teratogenes Risiko
 ausschläge (absetzen, wenn Fie-        MAO-Hemmern ist kontraindiziert,      unter Fluvoxamin, Fluoxetin, Paro-
 ber und immunallergische Symp-         Vorsicht bei Kombination mit Tra-     xetin und Sertralin berichtet haben.
 tome hinzutreten!). Hyponatriämie,     madol: serotonerges Syndrom           Besondere Vorsicht bei long-QT-
 SIADH. Dosisabhängige Verlänge-        (Bauchkrämpfe, Kleinhirnzeichen,      Syndrom.
 rung der QTc-Zeit im EKG mit           Myoklonus, Verwirrtheit, Schwit-
 Risiko potentiell lebensbedrohli-      zen, Tachykardie, Hypertonie),
 cher Herzrhythmusstörungen, ins-       auch Serotonin-Präkursoren (Tryp-
 besondere bei Fluoxetin, Ci-           tophan, Oxitriptan) oder Carbama-
 talopram und Escitalopram [489].       zepin meiden (pd). Nebenwir-
 Selten extrapyramidalmotorische        kungsverstärkung auch bei Kom-
 Störungen. Gelegentlich Sinus-         bination mit Johanniskraut. Lithi-
 bradykardie. Im Vergleich zu TZA       um: Verstärkung serotonerger
 sehr viel geringere anticholinerge,    Wirkungen möglich (pd). Verstär-
 adrenolytische, antihistaminerge       kung der Blutungsneigung durch
 und kardiotrope UAW. Citalopram:       Azetylsalizylsäure, NSAR und
 Kumulationsgefahr bei alten Pati-      orale Antikoagulanzien (Gerin-
 enten und Leberinsuffizienz. Alle      nungsparameter) (pk). Risiko für
 SSRI außer Fluoxetin: Entzugs-         QTc-Zeit-Verlängerung im EKG
 symptome bei abruptem Absetzen;        und Gefahr potentiell letaler Herz-
 bei Niereninsuffizienz (Serum-         rhythmusstörungen steigt bei Ko-
 Kreatinin > 2,7 mg/dl) oder schwe-     medikation mit anderen QTc-Zeit-
 rer Leberinsuffizienz Dosis redu-      verlängernden Pharmaka. Fluoxe-
 zieren. Sertralin: Dosisreduktion      tin und Paroxetin hemmen den
 bei Leberinsuffizienz.                 CYP2D6-abhängigen Metabolis-
                                        mus einiger anderer Arzneistoffe
                                        (z. B. trizyklische Antidepressiva,
                                        Antipsychotika vom Phenothiazin-
                                        Typ, Metoprolol, Klasse-Ic-
                                        Antiarrhythmika, Codein u. a.),
                                        Fluvoxamin den CYP1A2-
                                        abhängigen Metabolismus von
                                        Arzneistoffen (z. B. einige TZA,
                                        Clozapin, Melatonin, Theophyllin,
                                        Zotepin) bei denen Dosisreduktio-
                                        nen erforderlich sind (pk). Enzym-
                                        induktoren (Phenytoin, Rifampicin,
                                        Phenobarbital) können den Abbau
                                        von SSRI beschleunigen (pk).

 ©                    2015                                                                                      182
S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

 Unerwünschte                           Interaktionen/Arzneimittel-            Kontraindikation (KI)
 Arzneimittelwirkungen (UAW)            Wechselwirkungen (WW)
 Monoaminoxidase (MAO)-Inhibitoren
 Schwindelgefühl, Kopfschmerzen,        Keine Kombination mit serotoner-       Akute Alkohol-, Schlafmittel-,
 gel. gastrointestinale Störungen,      gen Substanzen: SSRI, Clomipra-        Analgetika- und Psychopharmaka-
 Schlafstörungen, Unruhe. Bei Diät-     min, Tryptophan, Triptanen, Si-        vergiftung. Phäochromozytom
 fehler (Konsum größerer Mengen         butramin, Selegilin, Duloxetin oder    oder Thyreotoxikose. Möglichst
 von Tyramin) unter Tranylcypro-        Venlafaxin (pd). Die Wirkung von       nicht einsetzen bei Suizidalität
 min-Medikation Gefahr potentiell       Sympathikomimetika (direkten           oder erhöhter Krampfbereitschaft.
 lebensbedrohlicher Bluthoch-           oder indirekten) kann verstärkt        Keine Kombination mit Opioiden
 druckkrisen.                           werden. Tyraminhaltige Nah-            oder serotonergen Antidepressiva.
                                        rungsmittel (z. B. gealterten Käse,    Nicht-Einhaltung der tyraminarmen
                                        Sauerkraut, überreife Bananen,         Diät bei Tranylcypromin-
                                        Hefeextrakte; s. Fachinfo) müssen      Behandlung.
                                        unter einer Tranylcypromin-
                                        Medikation streng gemieden wer-
                                        den. Moclobemid verstärkt die
                                        Wirkung von Opioiden (pd). Mo-
                                        clobemid hemmt den CYP2D6-
                                        und den CYP2C19-abhängigen
                                        Metabolismus einiger anderer Arz-
                                        neistoffe (z. B. TZA, Antipsychoti-
                                        ka vom Phenothiazin-Typ, Me-
                                        toprolol, Klasse-Ic-Antiarrhythmika,
                                        Codein u. a.), bei denen Dosisre-
                                        duktionen erforderlich sind (pk).
 Selektive Serotonin-/ Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSNRI)
 Venlafaxin: ähnlich wie SSRI,          Venlafaxin: Konzentrationserhö-        Ähnlich wie SSRI.
 Übelkeit, Obstipation, Mundtro-        hung und vermehrte Nebenwir-
 ckenheit, Unruhe, Schlaflosigkeit;     kungen mit Fluoxetin oder Paroxe-
 dosisabhängige Blutdrucksteige-        tin (pk u. pd).
 rung – regelmäßige Kontrolle; Hy-      Duloxetin: s. Fachinformation.
 ponatriämie.
 Duloxetin: ähnlich wie SSRI, Übel-
 keit, Mundtrockenheit, Diarrhoe,
 Obstipation, Harnverhalt, Schlaflo-
 sigkeit, Schwindel, Müdigkeit,
 Blutdruckkontrolle angeraten.
 Alpha-2-Rezeptor-Antagonisten (Mirtazapin, Mianserin)
 Sedierung, Benommenheit, Ge-           Verstärkung der zentral dämpfen-       Schwere Leber- oder Niereninsuf-
 wichtszunahme, Mundtrockenheit,        den Wirkung anderer Arzneimittel       fizienz, kardiale Erkrankungen.
 Orthostase, Ödeme; cave: poten-        (z. B. Benzodiazepinen) bzw. von
 ziell Induktion von Agranulozytose;    Alkohol (pd). Keine gleichzeitige
 Leberfunktionsstörungen.               Therapie mit MAO-Inhibitoren,
                                        Sibutramin, Triptanen (pd). Wir-
                                        kungsverminderung von
                                        Mirtazapin durch Enzyminduktoren
                                        (z. B. Carbamazepin, Phenytoin,
                                        Rifampicin); Wirkungsverstärkung
                                        durch Enzyminhibitoren (z. B. HIV-
                                        Proteasehemmer, Azol-
                                        Antimykotika, Erythromycin, Cla-
                                        rithromycin) (pk).

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S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

 Unerwünschte                            Interaktionen/Arzneimittel-            Kontraindikation (KI)
 Arzneimittelwirkungen (UAW)             Wechselwirkungen (WW)
 Selektiver Noradrenalin-Dopamin-Rückaufnahme-Inhibitor (Bupropion)
 Überempfindlichkeitsreaktionen          Keine Kombination mit MAO-             Krampfleiden, ZNS-Tumore, Be-
 der Haut, Mundtrockenheit, Übel-        Hemmern. Erhöhte Plasmaspiegel         handlung mit weiteren Bupropion-
 keit, Erbrechen, Appetitlosigkeit,      von Desipramin, Imipramin, Rispe-      haltigen Medikamenten (z. B. zur
 Bauchschmerzen, Verstopfung,            ridon, Thioridazin, Metoprolol,        Raucherentwöhnung), Alkohol-
 Schlaflosigkeit, Agitiertheit, Angst,   Propafenon und Flecainid, wenn         oder Benzodiazepinentzug,
 Zittern, Schwindel, Geschmacks-         diese Substanzen gleichzeitig mit      schwere Leberzirrhose, Bulimie,
 störungen, Sehstörungen, Tinni-         Bupropion verabreicht werden.          Anorexia nervosa.
 tus, erhöhter arterieller Blutdruck,
 Kopfschmerzen, Fieber und Brust-
 schmerzen, epileptische Anfälle.
 Melatonin-Rezeptor-Agonist und Serotonin-2C-Rezeptor-Antagonist (Agomelatin)
 Transaminasen-Erhöhung (regel-          Keine Kombination mit CYP1A2-          Demenz, eingeschränkte Leber-
 mäßige Kontrolluntersuchungen           Inhibitoren Fluvoxamin und Cipro-      funktion oder erhöhte Transamina-
 erforderlich, s. Fachinformation),      floxacin, die den Abbau von            senwerte um mehr als das 3-fache
 Übelkeit, Schwindel, Kopfschmer-        Agomelatin hemmen (kontraindi-         des oberen Normbereichs.
 zen und Migräne, Schläfrigkeit          ziert). Bei gleichzeitiger Anwen-      Gleichzeitige Anwendung mit star-
 oder Schlaflosigkeit, Diarrhö und       dung von Agomelatin mit mäßigen        ken CYP1A2-Inhibitoren (z. B.
 Obstipation, Übelkeit, vermehrtes       CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Propra-      Ciprofloxacin, Fluvoxamin).
 Schwitzen, Rückenschmerzen,             nolol, Grepafloxacin, Enoxacin) ist
 Angst.                                  Vorsicht geboten, da dies zu einer
                                         erhöhten Agomelatin-Exposition
                                         führen könnte, ebenso Östrogene.
 Nichtklassifizierte Antidepressiva (Trazodon)
 Müdigkeit, Schwindel, gastrointes-      Verstärkung der hypotensiven           Akute Alkohol-, Schlafmittel-,
 tinale Beschwerden, Mundtro-            Wirkung durch Phenothiazine            Analgetika- und Psychopharmaka-
 ckenheit, Blutdruckabfall, Herz-        (z. B. Chlorpromazin, Fluphenazin,     vergiftungen.
 rhythmusstörungen, Priapismus.          Levomepromazin, Perphenazin)
                                         (pd).
 Lithiumsalze
 Siehe Anhang 8 „Anwendungsempfehlungen: Lithiumtherapie“
 Phytopharmaka (Johanniskraut)
 Phototoxische und allergische           Wirkungsverminderung (Enzymin-         Schwere depressive Episoden,
 Hautreaktionen, gastrointestinale       duktion) von oralen Antikoagulan-      bekannte Lichtüberempfindlichkeit,
 Beschwerden, Müdigkeit, Unruhe.         tien (Phenprocoumon), Antide-          besondere Vorsicht bei Multimedi-
                                         pressiva (Amitriptylin, Paroxetin,     kation und Komedikation mit ge-
                                         Sertralin), Antiepileptika (Phenyto-   ringer therapeutischer Breite.
                                         in, Carbamazepin, Phenobarbital),
                                         Alprazolam, oralen Kontrazeptiva,
                                         Ciclosporin, Digoxin, Theophyllin,
                                         Proteaseinhibitoren (z. B. Indina-
                                         vir), Methadon, evtl. auch anderen
                                         HIV-Medikamenten (Efavirenz,
                                         Nevirapin), (pk); serotonerges
                                         Syndrom bei Kombination mit
                                         SSRI, Triptanen möglich (pd).

 ©                    2015                                                                                      184
S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

Anhang 2            Antidepressiva – Wirkstoffe gegliedert nach Wirkstoffgruppen mit
                    Angaben zu Dosierung, Plasmaspiegel und Monitoring
(mod. n. [478] und dort zitierten Quellen und [595])
Siehe Kapitel 3.4: Pharmakotherapie

 Wirkstoff                   Dosierung                      Plasmaspiegel              Therapeutisches Drug
 (Wirkstoffgruppe)                                                                     Monitoring (TDM)

                             Anfangs-    Standard-          Serumkonzentration (Tal-   Empfehlungsgrad für
                             dosis       Tagesdosis         spiegel vor Medikamen-     TDM
                             [mg/Tag]    [mg/Tag]           teneinnahme) [ng/ml]

 Tri- und tetrazyklische Antidepressiva (TZA) – nichtselektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren
 (NSMRI)

 Amitriptylin                25-50          75-300           80-200*                   stark empfohlen

 Amitriptylinoxid            30-60          75-300           --                        --

 Clomipramin                 25-50          75-250           230-450*                  stark empfohlen

 Desipramin                  25-50          75-250           100-300                   empfohlen

 Doxepin                     25-50          75-300           50-150*                   empfohlen

 Imipramin                   25-50          75-300           175-300*                  stark empfohlen

 Maprotilin                  25-50          75-225           75-130                    empfohlen

 Nortriptylin                25-50          50-200           70-170                    stark empfohlen

 Trimipramin                 25-50          75-300           150-300                   empfohlen

 Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI)

 Citalopram                  20             20-40            50-110                    empfohlen

 Escitalopram                10             10-20 (bei       15-80                     empfohlen
                                            Patienten >
                                            65 Jahre: 10)

 Fluoxetin                   20             20-40            120-500*                  empfohlen

 Fluvoxamin                  50             100-250          60-230                    empfohlen

 Paroxetin                   20             20-40            30-120                    hilfreich

 Sertralin                   50             50-100           10-150                    empfohlen

 Vortioxetin**               10             10 (5-20)        noch nicht verfügbar      keine Empfehlung

 Monoaminoxidase (MAO)-Inhibitoren

 Moclobemid                  150            300-600          300-1000                  hilfreich

 Tranylcypromin              10             20-40            ≤50                       möglicherweise hilfreich

 ©                    2015                                                                                    178
S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression
Langfassung
2. Auflage, Version 5

 Wirkstoff                   Dosierung                          Plasmaspiegel                     Therapeutisches Drug
 (Wirkstoffgruppe)                                                                                Monitoring (TDM)

                             Anfangs-        Standard-          Serumkonzentration (Tal-          Empfehlungsgrad für
                             dosis           Tagesdosis         spiegel vor Medikamen-            TDM
                             [mg/Tag]        [mg/Tag]           teneinnahme) [ng/ml]

 Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSNRI)

 Venlafaxin                  37,5-75            75-225            100-400*                        empfohlen

 Duloxetin                   30-60              60                30-120                          empfohlen

 Alpha2-Rezeptor-Antagonisten

 Mianserin                   30                 60-120            15-70                           hilfreich

 Mirtazapin                  15                 15-45             30-80                           empfohlen

 Selektiver Noradrenalin- und Dopamin-Rückaufnahme-Hemmer

 Bupropion                   150                150-300           225-1500*                       hilfreich

 Melatonin-Rezeptor-Agonist und Serotonin-5-HT2C-Rezeptor-Antagonist

 Agomelatin                  25                 25-50             7-300 (50 ng/ml 1-2 Std.        möglicherweise hilfreich
                                                                  nach letzter Einnahme)

 Serotonin-Wiederaufnahme-Verstärker

 Tianeptin                   37,5               37,5              keine Angabe                    keine Empfehlung

 *: Antidepressivum mit antidepressiv wirksamem ersten Metaboliten. Die Angabe zur empfohlenen Serumkonzentration be-
    zieht sich auf die Summe aus Wirkstoff und erstem Metaboliten.
 **: Vortioxetin ist ein SSRI mit zusätzlicher Aktivität an postsynaptischen Serotonin-Rezeptoren (5-HT-Rez.): agonistisch an 5-
    HT1A-Rez., partialagonistisch an 5-HT1B-Rez., antagonistisch an 5-HT1D-, 5-HT3- und 5-HT7-Rezeptoren.

 ©                    2015                                                                                                   179
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