Post-Covid-Management - Kliniken erfolgreich positionieren - LESE-PROBE - KU Gesundheitsmanagement
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Post-Covid-Management Kliniken erfolgreich positionieren Dr. Christian Stoffers · Dr. Nicolas Krämer LESE- PROBE
Post-Covid-Management Kliniken erfolgreich positionieren Dr. Christian Stoffers und Dr. Nicolas Krämer
Gewidmet allen Pflegekräften, die in der Corona-Krise Großartiges leisten. 1. Auflage 2021 © 2021 Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach Das Werk einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sind unzulässig und strafbar. www.ku-gesundheitsmanagement.de Titelbild: © hxdyl – stock.adobe.com ISBN (E-Book/PDF): 978-3-96474-491-3
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Positionierung nach Corona. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Post-Covid-Management. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Stellung des Marketings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.3 Vom klassischen zum agilen Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4 First Mover im Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5 Post-Covid-Management organisieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2 Grundlagen der Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.1 Basiswissen für das Klinikmarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2 Relevante Rahmenbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.3 Funktionen von Marken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.4 Corporate Identity als Rahmenbedingung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3 Planung der Positionierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.1 Kernbereiche der strategischen Planung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.2 Definition der Geschäftstätigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.3 Abgrenzung der strategischen Geschäftsfelder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.4 Festlegung der Aufgabenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.5 Relevanter Markt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.6 Ableiten von Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4 Operationalisierung der Positionierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.1 Ausgestaltung der Instrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.2 Markenpolitik für medizinische Leistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4.3 Ergebnisqualität von medizinischen Leistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4.4 Internes Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4.5 Überwindung der Krise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 5 Controlling bei der Markenführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.1 Kontrolle und Steuerung der Marke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.2 Steuerung operativer Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 5.3 Kennzahlen der Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5.4 Agilität beim Marketing-Controlling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 6 Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Vorwort Vorwort Der Patient als Dreh- und Angelpunkt im Krankenhaus. Für ihn braucht es einen Per- sonenkreis, der sich um seine Belange kümmert und mit Vehemenz dessen Interessen vertritt. Angehörige der Marketingabteilungen in den Kliniken gehören regelmäßig nicht dazu. Sie haben sich durch allerlei Fehlentwicklungen eher zum Gegner denn zum Freund der Patienten gemacht. Die dramatischen Folgen offenbaren sich gerade jetzt in der Coronakrise. Dabei waren die Ansätze doch ehrbar. Als wir beiden Autoren dieses Buchs vor nunmehr zwanzig Jahren unsere jeweiligen „Projekte“ im Krankenhaussektor starteten, galt es die Heilanstalt aufzumischen und dem „Tempel der Götter in Weiß“ zu entweihen. Die Organisation sollte nahbar werden, und das alles durch eine patientenorientierte Kran- kenhausführung. Die klassischen vier P’s gehörten dazu und wurden nach und nach auf die sieben des Dienstleistungsmarketings erweitert. Tolle Managementkongresse wurden seitdem organisiert. Doch irgendwie lief es dann so, wie es der Kommentator einer der letzten „sauberen“ Tour de France in den Endneuzigern bei einem Fahrersturz lakonisch kommentierte: Erst verlor er das Talent, dann die Straße. Patient als Dreh- und Angelpunkt? Marktorientiertes oder besser patientenorientiertes Handeln in Krankenhäusern, sofern es denn je von den Talenten im Management umgesetzt wurde, befindet sich in einer Nische. Patient als Dreh- und Angelpunkt? Sicher suggerieren das die schicken Werbebro- schüren und tollen Internetseiten. Doch handelt es sich vielmehr um die Rationalisierung der Kommunikation. Der Patient wird dort abgeholt, wo der Manager glaubt, dass er sich dort befindet. Der Schwerkranke wird als unfähig betrachtet, längere Textpassagen über seine mitunter tödliche Erkrankung zu lesen. Großflächige Bilder sind da die Empfehlung des Marketers. Ach ja: Das, was von ihm als Digitalisierung der Prozesse verkauft wird, reicht dann oft nicht, mit einem Jugendzimmer pubertierender Teenager Schritt zu halten. Das Management kann daran nichts ändern – und es ist ihm wohl auch völlig „schnup- pe“. Aber die Ziele waren doch, wie geschrieben, Anfang der 2000er überaus ehrbar. Wie konnte das Thema so entgleiten? Es war ein elementarer Fehler, die patientenorientierte Krankenhausführung einzupferchen. Das hätte nie passieren dürfen. Denn Krankenhäu- ser, die beispielsweise ihr Marketing in eine Abteilung sperren, verlieren an Anpassungs- dynamik. Sie befinden sich dann schnell wieder in der Ausgangssituation, nur hat sich 5
Post-Covid-Management die Welt weiter gedreht. Die klassische Heilanstalt ist nicht mehr gefragt. Die aktuelle Pandemie treibt sie an den Rand des Leistbarens. Das größte Defizit resultiert aus einem Mangel an Zusammenarbeit. Anstatt in Abteilung- segoismen zu denken und zu handeln, sollten sich die Akteure die Bälle wechselseitig zuspielen. Wie oft wird die vermeintliche Marketingabteilung erst dann informiert, wenn es um die Vorbereitung eines PR-Termins geht? Patienten verlangen Satisfaktion Es gilt, dass gutes Management patientenorientiert denkt und auch so im Marketing agiert. Stattdessen labern Werbende die Patienten voll, ballern sie mit platten Botschaften zu. Schamlos wird ein selbst kreiertes Zentrum mit Werbeversprechen geschönt. Ja. Es wird gelogen bis sich die Balken biegen. Dreist spielt man mit den Ängsten, vermittelt eine nicht vorhandene Expertise und bietet nutzlosen 08/15-Content an. Kaum wird eine neue Sau vom Nachbarkrankenhaus durchs Dorf getrieben, startet das andere mit einer Replik. Das Management zerstört damit die Reputation der Krankenhäuser. Wer seine Patienen schätzt, der sollte sie nicht verärgern. Sonst drohen nicht nur deren Abwanderung, sondern auch Reputationsschäden als Revanche. Bemerken sie nämlich die Mogelpackung eines vermeintlichen Zentrums, verlangen sie Satisfaktion. Selbst - bildlich gesprochen - Leichen, die vor Jahren „verbuddelt“ wurden, liegen dann auf dem Seziertisch der Öffentlichkeit. Vertrauen ist nachhaltig zerstört. Und zwar in einer Branche, in der dieses essentiell für den Behandlungserfolg ist. Viele Manager haben sich den Patienten völlig entfremdet. Sie lassen es durchgehen, dass Fotos für Imagezwecke von professionellen Fotostudios mit Models geknipst oder Fotodatenbanken bemüht werden. Nicht selten gibt es nur in Ausnahmefällen einen Patientenkontakt. Vielmehr werden Teilnehmerzahlen erfasst und Dokumentationen für das Qualitätsmanagement angelegt. Doch ist das Verhalten der Patienten nicht so klar, wie fälschlich angenommen; Sichtbarkeitsindices in Suchmaschinen haben nur eine be- schränkte Aussagekraft. Und was nützt die beste SEO-Maßnahme, wenn zwar die ganze Welt sich die Seite anschaut, sie jedoch völlig am regionalen Geschehen vorbeigeht? Analytik frisst Empathie – und das Individuum wird aus den Augen verloren. Jeder ist einzigartig. Ein Gottesgeschöpf. Keine Nullen und Einsen. Wie kommt das Krankenhaus da wieder heraus? Um den Patienten zu erreichen, ja sein Herz zu berühren, muss sich das Management mit sozialer Intelligenz und Menschlich- keit verbinden. Es gilt, nach vorne zu schauen und Vertrauen wiederzugewinnen. Das ist 6
Vorwort auch die ganz große Chance des Post-Covid-Managements, das sich nach Corona wieder (er-)finden muss; das tatsächlich noch sein Ende abwenden kann. Das ist auch die große Hoffnung der Autoren für das dritte Jahrzehnt eines hoffentlich patientenorientierten Marketings in deutschen Krankenhäusern. Wir widmen dieses Buch allen Pflegekräften, die in der Corona-Krise Großartiges leisten. Ihnen gilt unser tief empfundener Respekt. Siegen/Neuss im Juni 2021 Dr. Christian Stoffers Dr. Nicolas Krämer 7
1 Positionierung nach Corona 1 Positionierung nach Corona 1.1 Post-Covid-Management in Krankenhäusern Corona verursacht Brüche und ruft neben der Gesundheitskrise ein Wechselbad der Ge- fühle hervor: Stellten sich alle im Spätsommer 2020 auf ein Ausplätschern der Pandemie ein, so rückte spätestens im November diese in einer zweiten Welle mit voller Wucht vor und vertrieb die Aussicht auf schnelle Rückkehr zur Normalität. Am Jahresende wurde dann mit der Impfstoffzulassung wieder Hoffnung geschöpft, damit diese dann mit dem Ruckelstart beim Verimpfen und dem fortgesetzten Lockdown zerstoben wurde. Das Post-Covid-Management sieht sich vor große Herausforderungen gestellt. Denn mit dem Davor scheint gebrochen, und es wird genötigt, mit zahlreichen Unsicherheiten umzugehen – das gilt privat wie beruflich. Sicher ist einzig, dass es auch 2021 ff. einen Zugang zum Patienten finden muss. Sicher ist auch, dass ein anderes Verständnis ge- genüber dem Personal entdeckt werden muss. Das Fortschreiben bewährter Konzepte aus der „alten Normalität“ greifen dabei nicht mehr; sie sind vielmehr zu hinterfragen. Auch muss mit Brüchen anderer umgegangen werden: Der Medizin-Star vor der Krise kann nicht mehr an das Vor-Corona-Niveau anknüpfen. Andere Mediziner in der Regi- on haben ihm mitunter durch beherztes Zupacken und umsichtiges handeln den Rang abgelaufen. Brüche sind jedoch nicht nur auf menschlicher Ebene zu sehen. Sie können auch in der Vermittlung von Inhalten entstanden sein. So funktionieren klassische Formate nicht mehr, da Patienten längst andere Informationswege erschlossen haben. Oder ein mühsam entwickeltes Alleinstellungsmerkmal greift nicht mehr, weil es nun mehr auf ein Gemeinsam ankommt. Bei aller Unsicherheit und allen Brüchen lassen sich hier Trends erkennen, wie nach oder mit einem Dauer-Corona Patienten erreicht werden können. Kliniken haben sich in der akuten Corona-Krise, deren zweite und dritte Welle durchs Land branden, vorrangig auf den Betrieb unter Pandemiebedingungen fokussiert. Patien- tenorientierung als Triebfeder des Marketings ist dem schlichten Funktionieren gewichen. Der einzelne Patient mit seinem Bedürfnis nach Nähe ist dabei etwas aus dem Fokus ge- raten, was sie jedoch – zumindest in der Hochphase der Pandemie – längst verziehen ha- ben. Kliniken wurden mit ihren Helden aus Medizin und Pflege als wertvoller Bestandteil der Daseinsversorge empfunden. Es lässt sich klar erkennen: In Zeiten der Ungewissheit wenden sich die Menschen Institutionen zu, die als stabilisierend empfunden werden. Sie belohnen dabei diejenigen, die mit Menschlichkeit, Authentizität und Sinnhaftigkeit elementare Bedürfnisse sicherstellen. Krankenhäuser gehören dazu. 9
Post-Covid-Management Krisenbewältigung ist für diese nun angesagt. Dabei gilt es auch die in den vergangenen Monaten neu oder wieder zugeschriebenen Eigenschaften, zumindest zu einem bedeu- tenden Teil, in die zukünftige Normalität zu überführen. Gelingt dies der jeweiligen Klinik, so resultiert hieraus eine Positionierung, die es ihr gestattet, erfolgreich in ihrem Umfeld zu agieren. Der Wettbewerb ist also nicht mit Corona abhandengekommen, er findet vielmehr schlicht auf einer anderen Ebene statt. Marketers haben dabei Sorge zu tragen, dass eine patientenorientierte Unternehmensphilosophie sich wieder im Krankenhaus verfestigt; eine Controlling-basierte Philosophie aus den ersten zwei Jahrzehnten des neuen Jahrtausends verfängt hier hingegen genauso wenig wie ein Fortschreiben der Alarmstimmung nach Abflauen der akuten Bedrohung. Folgende Entwicklungslinien drängen sich dabei auf, berücksichtigt zu werden: • Gelebte Authentizität: Der Klinik wird seit der Krise eine neue Daseinsberechtigung zugeschrieben. Spielte die Optionsnachfrage bis dahin nur eine untergeordnete Rolle und galt die Einrichtung vielerorts als reiner Kostenfaktor, so wird nun deren grund- sätzliche Relevanz nicht (mehr) in Frage gestellt. Dringliche Rationalisierungsbemü- hungen und Strukturanpassungen stehen aktuell nicht mehr oben auf der politischen Agenda und sind auch nur schwer durchsetzbar – freilich schwebt das Auslaufen des Rettungsschirms als Damoklesschwert über vielen Kliniken. Der in den vergangenen Monaten herausgebildete Charakter trägt über die akute Krise jedoch nur dann hi- naus, wenn weiter authentisch gelebt und gehandelt wird – ein zentrales Thema für das Personalmarketing. Kliniken ist daher zu raten, nicht in alte Verhaltensmuster zu- rück zu gleiten, die sie als zu ökonomisch ausgerichtet erscheinen lassen. Gleichwohl hat die einzelne Klinik sich auch als aktiver Part zu positionieren, der von sich aus Veränderungen anstößt. Das Post-Covid-Management hat dies zu berücksichtigen. • Agilität im Handeln: Reaktionsschnelligkeit und proaktives Engagement schaffen die Fähigkeit, sich auf die rasant ändernde Umwelt einzustellen. Was gestern noch galt, das kann heute überholt sein. Agilität wird elementar wichtig sein angesichts der Erwartungen der Patienten, die sich im Zuge der Pandemie tiefgreifend verändert haben. Es ist also weniger die Politik denn die Patienten, die den Veränderungsdruck aufbauen. Deren Wertschätzung hinsichtlich digitaler Technologien, verbunden mit einer gewissen Abhängigkeit, macht es für Kliniken wichtiger denn je, Investitionen in diesem Bereich zu forcieren. Denn diese ermöglichen es ihnen, Patienten in der vermutlich noch länger währenden Ausnahmesituation eine wertvolle Handreichung zu bieten. Das sind dann eben auch digital vorgezeichnete Pfade über eine APP. Möglich wird das durch eine agile Arbeitsweise, bei der das eigene Tun in einem iterativen Prozess weiterentwickelt wird. Sicher ist, dass hier noch ein Kulturwandel 10
1 Positionierung nach Corona erfolgen muss, da der Krisenmodus Brüche erzeugt und auch für Ermüdungserschei- nungen gesorgt hat. Agilität war überdies nicht das Prädikat, das man Kliniken vor der Krise zugeschrieben hat. Genauso sicher hilft es wenig, sich Agilität auf die Fahne zu schreiben und dabei die gelebte Authentizität unberücksichtigt zu lassen. • Neue Spielregeln erkennen: Ein entscheidendes Defizit der digitalen Welt „post coronam“ besteht darin, dass Menschen immer mehr in ihren durch Algorithmen definierten Blasen leben, zunehmend von anderen und abweichenden Meinungen isoliert werden und emotional unerfüllt sind; ein digitales Patientenseminar schafft eben keinen unmittelbaren Austausch mit Mitpatienten. Gleichzeitig gilt natürlich, dass auch Berührungsängste durch die digitale Distanz wegfallen, was jenseits der enthemmten Querdenker-Diskussion durchaus erwünscht ist. Auf diese Änderung der Spielregeln des Einzelnen müssen Kliniken Antworten finden, wenn sie lange nach der medizinischen Krise relevant bleiben wollen. Zentral ist dabei für Marketers, Daten und Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Werte und Vorstellungen die Pa- tienten auch im digitalen Raum haben. Auch die soziale und ökologische Dimension sind dabei zu berücksichtigen. Das bedeutet etwa, dass zu der digitalen Variante eben jenes Patientenseminar sich noch ein „Nachfassen“ zugesellen muss, damit die Adressaten der Veranstaltung nicht verloren gehen. Oder der persönliche Chat nach dem Seminar angeboten wird. Digitale Instrumente sind daher also nur vordergrün- dig eine preiswerte Alternative zur klassischen Informationsvermittlung. Wird dies nicht berücksichtigt, so ist die Klinik austauschbar, und es fehlt ihm das Unverwech- selbare; von Sinnhaftigkeit und Authentizität ganz zu schweigen. Und gerade hieraus konstituiert sich die neu zu entwickelnde Marke, die sich ständig weiterentwickeln muss. • Vertrauen ist alles: Um in diesen bewegten Zeiten das Vertrauen der Patienten zu gewinnen, bedarf es für die eigentlich Klinik nicht viel. Noch nicht einmal eines Mar- ketings. Doch mit Blick auf die Zeit danach muss sichergestellt werden, dass die in den vergangenen Monaten artikulierten Versprechen im Einklang stehen mit der Fä- higkeit, diese auch einzulösen. Corona rückt die Beziehung zwischen Klinik und Ver- trauen in den Mittelpunkt. Das heißt, die Wahrnehmung einer Klinik wird durch die Verbindung zwischen dem bestimmt, was artikuliert und dem, was „geliefert“ wird. Wenn hier eine Diskrepanz besteht – manche Klinik kann sich als Heilsbringer sehen und ihre Fähigkeiten überschätzen –, verfliegt das Vertrauen, das Patienten in eine Klinik haben, genauso rasch wie der warme Applaus zu Beginn der Krise. Das bedeu- tet, dass nach der zweiten oder gar dritten, mutationsgesteuerten Welle die eine oder andere „Marketingblase“ entsorgt werden muss. Die vielen aufgebauten, eigentlich leeren Versprechungen diverser Zentrumsfirmierungen der Vergangenheit können da 11
Post-Covid-Management den Anfang bilden; dicht gefolgt von allem Hochglanz, dem das tatsächliche Äquiva- lent im klinischen Alltag fehlt. Der Bruch kann dann auch ein sinnvoller Abbruch sein. • Neues Alleinstellungsmerkmal schaffen: Um dem Veränderungstempo zu begeg- nen, das sich seit Ausbruch der Pandemie massiv beschleunigt hat, muss das Post- Covid-Management immer die Mitarbeitenden im Blick haben. Das bedeutet, dass insbesondere in die interne Kommunikation investiert werden muss; Agilität ist sonst nicht denkbar. Es geht im Kern darum, deren Qualifikation herauszustellen und auch deren Leistungen zu würdigen. Denn sie sind das wertvollste „Asset“ einer Klinik, wobei hier auch patientenferne Bereiche unbedingt einzubeziehen sind – auch die Logistik und Beschaffung hat massiv zum Erfolg beigetragen. Ein neues Wirgefühl überträgt sich dann auch auf die Leistung, die eine Klinik erbringt. Denn hieraus ma- nifestiert sich schließlich die Güte der unmittelbar personenbezogenen medizinisch- pflegerische Dienstleistung. Es stiftet dann auch das neue Alleinstellungsmerkmal einer Klinik vor Ort und gestattet dessen nachhaltige und erfolgreiche Positionierung. Corona hat also viele Brüche erzeugt, zugleich jedoch den Grundstein dafür gelegt vieles neu zu denken. Das Management sollte deshalb die zurückliegenden Monate mehr als Lehr- denn als Krisenjahr betrachten. Dabei ist eine zentrale Lehre, dass ihre Kliniken nur dann ganz vorne stehen werden, wenn sie die neuen Spielregeln in ihrem Post-Covid- Management verinnerlichen und Achtsamkeit, Authentizität sowie Agilität als „3 As“ für das weitere Handeln berücksichtigen. Dann haben die Brüche etwas bewirkt, für sie scheinen die Entwicklungslinien fast selbstverständlich. Der jeweilige Erfolg resultiert dann aus dem Geschick, diese 3 As in der eigenen Klinik zu realisieren. Das ist jedoch „gesunder“ Wettbewerb und vielleicht der Start in eine neue Epoche des respektvollen Umgangs untereinander – bei den eigenen Mitarbeitenden und bei den „Konkurrenten“. 12
1 Positionierung nach Corona 1.2 Stellung des Marketings In dem Maße, wie das Marketing im Krankenhaus sich die 3 As zu eigen macht, hat es die Chance aus dem Schattendasein der Zeit „ante coronam“ herauszutreten und sich zu ei- nem Kernbereich der strategischen Planung zu entwickeln. Es bietet einen systematischen Ansatz, um Entscheidungen markt- und kundenorientiert treffen zu können. Dabei wird unter strategischem Marketing die langfristige Konzipierung der Marketingaktivitäten mit den Kardinalfunktionen Segmentierung des Marktes („Segmentation“), Auswahl eines Zielmarktes („Targeting“) und Positionierung („Positioning“) mit dem Ziel, die Wünsche der Kunden im anvisierten Zielmarkt – beispielsweise im Markt für geburtshilfliche Leis- tungen – zu befriedigen, subsummiert. In Krankenhäusern war die Bedeutung des Marketings häufig noch nicht erkannt, und die mit der Implementierung eines strategischen Marketings verbundenen Fragestellun- gen mit Hinblick auf die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sind nur rudimentär beantwortet worden. Dies wird offenkundig, wenn man die Investitionen betrachtet, die Krankenhäuser in diesem Bereich tätigen. Sie erscheinen oft, verglichen mit dem Gesamtbudget, als homöopathisches Mittel im Klinikmanagement. Der Glaube, etwas mit verschwindend geringem Ressourceneinsatz erreichen zu können, macht dabei die Instrumente des Marketings nicht wirksamer. Darüber hinaus bestehen in den Krankenhäusern oft sehr unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Stellung und Integration des strategischen Marketings in die Prozesse der Planung und Ausrichtung des Unternehmens – zwar sehen die Manager in den Kran- kenhäuser die wachsende Bedeutung des Marketings, doch wird dem Marketing noch nicht die Bedeutung eingeräumt, die es in anderen Branchen unbestritten hat. Die Folge hiervon sind hohe Transaktionskosten innerhalb des Krankenhauses und Schwächen in der strategischen Positionierung. Agilität ist unter diesen Bedingungen nicht zu realisieren. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die wachsenden Anforderungen die Krankenhäuser dazu veranlassen, ein strategisches Marketing einzuführen und dieses mit anderen Themen, wie beispielsweise dem „Risk Management“, zu verknüpfen. Das Marketing erhält „post coronam“ die Chance für einen Neustart. Krankenhäuser, die bislang sehr oft nach messbaren und nachprüfbaren Größen handelten, sehen sich mit der Situation konfrontiert, Strukturen zu rationalisieren und Verfahren zu optimieren, ohne hierbei die klassischen Instrumente nutzen zu können. Dass aber die Marktstellung entscheidend über Image- und Markenmanagement beeinflusst wird, blenden sie aus. Die Konsequenz ist: Krankenhäusern, deren Leistungen aufgrund 13
Post-Covid-Management des hohen Komplexitätsgrades für den Patienten naturgemäß schwer zu durchschauen und zu vergleichen sind, fehlt es an Authentizität, Unverwechselbarkeit und Identität. Wettbewerbsvorteile erzielen Vor dem oben beschriebenen Hintergrund kann subsummiert werden, dass Marketing unter Berücksichtigung von Achtsamkeit, Authentizität sowie Agilität darauf zielt, dau- erhafte Wettbewerbsvorteile für das Krankenhaus zu erschließen. Strategische Wettbe- werbsvorteile sind dann anzutreffen, wenn es dem Krankenhaus gelingt, seinen Patienten mit den angebotenen medizinischen Leistungen einen höheren Nutzen im Vergleich zu anderen Marktbeteiligten zu stiften; bei einem einzigartigen, dem Wettbewerb überle- genen Konkurrenzvorteil spricht man von „unique selling proposition“ oder kurz: USP. Dazu gehört vor allem das Verständnis, dass sich Patienten mehr und mehr als Kunden begreifen. Und als solche möchten sie frei wählen, in welches Bett sie sich legen. Mar- keting kann daher nicht mit der Erstellung hochwertiger und teurer Broschüren oder der Entwicklung einer Internetpräsenz samt Social Media-Anwendung enden. Vielmehr bietet Marketing der Institution „Krankenhaus“ einen systematischen und strategischen Ansatz, um seine Entscheidungen markt- und kundenorientiert treffen zu können. Bei der Entwicklung einer ganzheitlichen Marketingstrategie auf der Basis der eigenen Wettbewerbsposition bei einem durch die Corona-Pandemie völlig verändertem Umfeld ist ein iteratives Vorgehen unverzichtbar – der Agilität kommt damit eine zentrale Be- deutung zu. Schließlich wird unter Marketingstrategie die langfristige Ausrichtung eines Krankenhauses in Hinblick auf seine patienten- und wettbewerbsbezogene Entwicklung und dem darauf abgestimmten Rahmen für Maßnahmen zur Erreichung der Unterneh- mens- und Marketingzielen begriffen; si ist dabei nicht in Stein gemeißelt, sondern lässt Korrekturen zu. Die so verstandene Marketingstrategie hat eine Lenkungsfunktion inne und ist damit eine Grundsatzregelung im Krankenhaus, mit der erst ein geordneter, effek- tiver und betriebswirtschaftlich vertretbarer Einsatz der Marketinginstrumente möglich ist. Das Vorhandensein eines strategischen Wettbewerbsvorteils setzt spezifische Fähigkeiten und Ressourcen eines Krankenhauses voraus, die im Rahmen eines strategischen Mar- ketingprozesses zu berücksichtigen und zu realisieren sind. Der Marketingprozess kon- stituiert sich aus der Analyse von Chancen und Zielmärkten. Ist der Zielmarkt bestimmt beinhaltet er weiter die Entwicklung einer Marketingstrategie und der Planung eines Marketingprogramms. Sodann ist im Prozess die Organisation, Umsetzung und Kontrolle der Marketinganstrengungen festzulegen. 14
1 Positionierung nach Corona Der Erfolg eines Krankenhauses ist in hohem Maße von seiner öffentlichen Positionierung abhängig. Bislang zahlte die Tradition in die Positionierung sehr stark ein, doch hat sie mit der Corona-Pandemie stark an Bedeutung verloren. Das Verhalten der Krankenhäuser in dieser Pandemie ist Startpunkt für eine neue Positionierung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die komplexen Leistungen eines Krankenhauses zumeist individuell in ihrem Ergebnis erbracht werden – jeder Patient ist einzigartig und benötigt eine individuelle Zusammenstellung der Leistungen. Eine Standardisierung ist daher allenfalls mit Hinblick auf die Prozesse, beispielsweise mithilfe von Behandlungspfaden, denkbar. Diese Tatsache erschwert es dem medizinischen Laien, die erbrachten Leistungen zu vergleichen und zu bewerten. Es kommt daher auf Achtsamkeit, Authentizität und Agilität des Krankenhauses an. Bei der Ausgestaltung des gesamten Prozesses wird primär darum gehen, attraktive, weitgehend standardisierte Leistungspakete zu identifizieren und diese unter Maßgabe der 3 As mit dem Charakter einer Marke zu versehen und sich gegenüber den Kran- kenkassen, Einweisern sowie Patienten und Angehörigen, und nicht zuletzt gegenüber anderen Marktakteuren zu positionieren. Praxisbeispiel für Aufklärung gegen Fake-News: In Zeiten der Unsicherheit und einer Pandemie, mit einem Virus, den es vorher noch nicht gab, kursieren viele Gerüchte und Halbwissen. Mit animierten Info-Clips hat das Städtische Klinikum Braunschweig auf niedrigschwellige Art, einer leicht verständlichen Bildersprache und für alle zugänglich – Angehörige, Patienten, Mitarbeiter und Bürger der Region, Aufklärungsarbeit betrieben. Über die sozialen Medien des Klinikums wurden in einer Videoreihe kontinuierlich Themen, wie z. B. „Wie werde ich getestet“, „Was passiert in der Quarantäne“ erläutert. Regionale Radiosender und die lokalen Medien haben über die Aufklärungsarbeit des Klinikums berichtet. Vertrauen und Expertise wurden durch dieses Projekt ausgestrahlt und das positive Image des Klinikums weiter gefestigt. Austauschbarkeit der Leistungen Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise erscheinen die offerierten Leistungen des Kran- kenhauses für den Patienten bis zu einem gewissen Grad austauschbar: Die Kernleis- tungen des Krankenhauses sind in den Jahren 2020 und 2021 ein Stück weit aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Und auch sonst reduziert der Patient als 15
Post-Covid-Management potenzielle Kunde des Krankenhauses die erhebliche Komplexität seiner individuellen Ausgangslage dadurch, dass er für sich persönlich relevante „Qualitätsextrakte“ – etwa aus individuellen Erfahrungsberichten aus seinem Bekanntenkreis, der Empfehlung seines Hausarztes oder aus anderen Quellen – herausfiltert und sich dadurch für ihn persön- lich die Auswahlentscheidung erleichtert. (Mayer 2005, S. 120) Ist die Bewertung der Primärqualität „medizinische Leistung“ nicht möglich – dies wird der Standardfall sein –, so wird der Patient geneigt sein, von leichter erfassbaren Merkmalsausprägungen, wie die Art der Unterbringung, die Freundlichkeit des Personals oder die in Medien wiedergegebene öffentliche Meinung, Rückschlüsse auf die Qualität der medizinischen Leistung zu ziehen. Das Verhalten in der Corona-Krise zahlt daher besonders ein, da die Krankenhäuser hier besonders präsent waren. Demzufolge können Krankenhäuser in Ergänzung zu ihren anspruchsvollen Kernleistungen auf ihrem Markt mit zusätzlichen Angeboten und der Darstellung ihres Selbstverständnisses als unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge Flagge zeigen sowie sich in der Wahrnehmung ihrer Zielgruppen als authentische Unternehmensmarke „Krankenhaus“ positionieren und profilieren. Die nachdrückliche Ausrichtung eines Krankenhauses am Markt für medizinische Leistungen macht es erforderlich, eine insich konsistente Marketingkonzeption zu erarbeiten und dann zu implementieren. Sie stellt das Resultat eines an Nachfragern, Konkurrenten und den Ressourcen der Einrichtung ausgerichteten Planungsprozesses dar. Alternative A Umsetzung Alternative B Entscheidung Alternative C iterative Kontrolle Abb. 1: Planungsprozess des Klinik-Marketings Zwei Ziele sind bei der Entwicklung des Planungsprozesses (Abb. 1) zu berücksichtigen: • Die umfassende Abbildung der entscheidungsrelevanten Tatbestände und Alternati- ven der Akteure bei der Marketingplanung und 16
1 Positionierung nach Corona • die Fassung der bei der empirischen Untersuchung des Erfolgs von Marketingstrate- gien zu evaluierenden Sachverhalte. Achtsamkeit im Marketing Achtsamkeit klingt vor diesem Hintergrund noch sehr abstrakt. Wird jedoch der Slogan „Dafür stehe ich mit meinem Namen“ bemüht, so wird schnell ersichtlich, dass der Kunde nicht überhöht als „König“ betrachtet kann, vielmehr ist er „Mitmensch und Partner“; für das Verhalten gegenüber dem Co-Produzenten des Guts Gesundheit ist diese Geisteshal- tung im Marketing sicher konsequent. Achtsamkeit entsteht dann, wenn man loslässt und einige Schritte zurücktritt, innehält, um sich selbst im Verhältnis zur Welt zu betrachten – und zu bewegen. Achtsamkeit bedeutet, Handlungen wieder konsequent an das Denken, Botschaften an das Verstehen und Leistungen an den Patientennutzen zu binden. Für diese Koppelung ist ein hoher Grad an Empathie der Akteure im Krankenhausmarketing nötig, um Emotionen, Motive und Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen – und um danach zu handeln. Dazu sind längst nicht alle Krankenhäuser nach der Zeit der Abschottung in der Lage, vielmehr waren sie es bereits vor der Corona-Pandemie gewohnt, ihre Botschaften mit wirklichkeitsfremden Hochglanzbroschüren vorzugeben. Gekoppelt mit notwendiger Au- thentizität und der Digitalisierung als äußerer Einfluss dürfte dies viele Krankenhäuser vor neue Herausforderungen stellen. Da Achtsamkeit und Empathie immanente Teile der Kultur eines Krankenhauses sind, erfordert eine erfolgreiche Profilierung meist eine grundlegende Transformation der Organisation von innen heraus. Eine Investition, die sich in der Zukunft auszahlen wird. Anspruchsgruppen identifizieren Bei der Positionierung der Marke „Krankenhaus“ muss sowohl den Anforderungen der unterschiedlichen Sachwalter und Zielgruppen – Gruppen sind der Stadtrat bei einer kommunalen Einrichtung, die einweisenden Ärzte, die Patienten, die Krankenversicherun- gen, die Geschäftspartner etc. – entsprochen als auch eine Abgrenzung zum relevanten Wettbewerb herbeigeführt werden. (Enneker, Pietrowski 2009, S. 16 ff.) Dabei gilt zu berücksichtigen, dass, analog zu den Marken beim klassischen Konsumgütermarketing, der Nutzen des Patienten auch bei der Marke „Krankenhaus“ nicht nur aus dem eigent- lichen, jedoch vermeintlich austauschbaren Basisnutzen resultiert; vielmehr entscheidet 17
Post-Covid-Management oftmals der empfundene beziehungsweise erwartete Zusatznutzen über die Nachfrage nach den Serviceleistungen eines Krankenhauses. (Esch 2003, S. 86) Der Zusatznutzen folgt aus dem erweiterten Leistungsversprechen, dem größeren Vertrauen, der gestiege- nen Sicherheit, der höheren Zuverlässigkeit und der stärkeren Serviceorientierung. Acht- samkeit, Authentizität sowie Agilität zahlen hier besonders ein. Für das Krankenhaus gilt es also, sich vom reinen Gesundheitsexperten, der „nur“ die medizinischen Behandlung sicherstellt, hin zum Experten mit ausgesprochener Problem- lösungskompetenz zu entwickeln, der die Zufriedenheit der Patienten durch ganzheitliche Betrachtung seiner Interessen herstellen kann – oder es zumindest glaubhaft versucht. Gelingt es dem Krankenhaus, sich mit einem authentischen, achtsamen und unverwech- selbaren „Gesicht“ in der Vielzahl der Einrichtungen in Position zu bringen und seinen Zielgruppen stetig mehr zu bieten als herausragende Qualität der medizinischen Versor- gung, sind Patienten mitunter sogar bereit, größere räumliche Distanzen zurückzulegen. Um sich dauerhaft von der Konkurrenz zu differenzieren, erscheint die Einführung neuer Verfahren, die von überlegenen Technologien begleitet sind, erforderlich. Deren Einführung setzt Interdisziplinarität des Teams voraus und ist ganz sicher von einem iterativen Prozess geprägt. Hieraus lässt sich bereits die Notwendigkeit von Agilität ableiten. Trotz ethischer und moralischer Restriktionen ist auch die Kostenorientierung bedeutsam, da sie die Freiheitsgrade bei den Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen und somit die kompetitiven Eigenschaften des Angebots entscheidend beeinflusst. Die deutschen Krankenhäuser – vor Corona in der beruhigenden Gewissheit mehr oder weniger sicherer Einnahmen – kommen dem Wunsch der Kunden erst schleppend nach und mimen den reinen Gesundheitsexperten vergangener Tage, obgleich gerade in der Anfangsphase der Pandemie große Schwierigkeiten auftraten, der Pandemie Herr zu werden. Und über ein Jahr nach Beginn der Krise manifestiert sich die Fehlplanung ver- gangener Jahre in Engpässen beispielsweise auf den Intensivstationen. Eine konsequente Digitalisierungsstrategie ist noch zu selten in den Krankenhäusern anzutreffen. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass es letztendlich nicht mehr ausschließlich dar- um gehen darf, als staatlich bezuschusster Reparaturbetrieb die Gesundheit des Kunden wiederherzustellen, sondern im Rahmen eines Komplettangebots dessen Gesamtnutzen sowie den seiner Besucher zu steigern. Das Krankenhaus hat sich dabei vom Gesund- heits- zum Problemlösungsexperten zu wandeln – die ehrwürdige Krankenanstalt wird über Achtsamkeit, Authentizität sowie Agilität zur Marke. Die Liste der Möglichkeiten zur Flankierung der individuellen Positionierung des Krankenhauses auf dem Markt ist 18
1 Positionierung nach Corona nahezu unbegrenzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Implementierung einer Stabs- stelle „Marketing“ oder die Beauftragung einer Agentur allein bei weitem nicht ausreicht. Insbesondere das Management muss hinter der Markenbildung stehen, und die Potenzi- ale der Einrichtung müssen sich in der Marke „Krankenhaus“ gebündelt widerspiegeln. Eine neue Denkhaltung in den Köpfen des Managements und in den Köpfen der Mitarbei- ter entlang der postulierten 3 As ist notwendig. Sie müssen stets an die Customer Journey denken: Der Customer-Journey-Ansatz lässt sich klassisch in die Phasen Aufmerksamkeit, Überzeugung und Auswahlentscheidung einteilen. Das greift jedoch zu kurz: Moderner gedacht ist ein solcher „Vertriebstrichter“ umzudrehen; der Kunde schwört auf sein Kran- kenhaus und gibt dies in seinem Netzwerk weiter. Er ist wird zum Multiplikator. Daneben gewinnt auch das Customer Relationship Management stark an Relevanz, wenn es darum geht, Einweiser langfristig an das Krankenhaus zu binden. Die Kontaktpunkte von Kunden unterliegen in Zeiten der digitalen Transformation jedoch einem ständigen Wandel – die Customer Journey verändert sich (rasant). War vor zwanzig Jahren die Klinikhomepage ein zusätzlicher Kontaktpunkt, so kamen vor zehn Jahren die Social-Media-Präsenz und APPs hinzu. Heute beginnt die Reise schon mit dem Anlegen der Smartwatch am Handgelenk. Damit Krankenhäuser diesen Wandel begleiten, Mar- ketingbudgets effizient einsetzen und die Kundenkontaktpunkte managen können, muss die Customer Journey im Unternehmen abgebildet werden. Am Projektanfang einer Digitalisierungsoffensive sind für die Abbildung der Customer Journey folgende Kriterien heranzuziehen: • Identifikation der Adressaten (Wer und wann?) • Eingesetzte Analysetools (Wie und weshalb? • Messung der Kontaktpunkte (Was und wo? • Umgang mit Big Data (Wie viel und wie oft?) Die Anzahl der vom Analysetool evaluierten Kontaktpunkte ist dabei regelmäßig von entscheidender Bedeutung. Nur wenn hinreichend viele von ihnen mit einem geeigneten „Attributionsmodell“ gemessen werden, kann festgestellt werden, welche von ihnen auf der Customer Journey förderlich sind und welche nicht. Schließlich stellt die Nutzung der gewonnenen Daten für das Krankenhaus eine enorme Herausforderung dar. Sie sollten nicht nur in einer zentralen Datenbank erfasst und auf Zuruf von einem IT-Mitarbeiter ausgewertet werden können, sondern auch Marketer mit einem geeigneten Visualisie- rungstool anschaulich zugänglich gemacht werden. Aus den gewonnenen Erkenntnissen 19
Post-Covid-Management lassen sich dann bestehende Kontaktpunkte optimieren und neue „Einstiege“ identifi- zieren. Das Management muss bei der Entwicklung von neuen Services stets den Kunden vor Augen haben: Was denkt und will der Patient? Welche Wünsche trägt der Gast in sich, mit deren Realisierung er nicht unbedingt rechnet und die er deshalb nur indirekt kommuniziert? Über welche zusätzlichen Angebote freut er sich und ist dafür auch bereit, eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen? Vor diesem Hintergrund vermag das Krankenhaus eine Marke als patientenorientierter Dienstleister aufbauen, was sich bereits mittelfristig zu einem wesentlichen Auswahlkri- terium der Patienten herausbilden kann. Praxisbeispiel für Patientenzufriedenheit: Der niederländische Verbund Bergman Clinics legt großen Wert auf die Patientenzufriedenheit, auch wenn bei Bergman Clinics bewusst nicht vom Patienten spricht. Denn dieser ist, wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt, derjenige, der etwas zu erdulden hat. Der Kunde hingegen ist König. Da der Kundenbegriff im Gesundheitswesen häufig als Sinnbild einer medizinethisch zweifelhaften ausufernden Ökonomisierung angesehen wird, spricht man bei den Niederländern von Klienten. Diesen einen Zusatznutzen zugute kommen zu lassen, implizieren das Versprechen kurzer Wartezeiten, das über diverse Prozessoptimierungen und gruppenweit standardisierte Abläufe gehalten werden soll, sowie das Angebot einer besonderen Wohlfühlatmosphäre („Look & Feel“) auch für GKV-Patienten, die durch einen hotelähnlichen Charakter der Kliniken und ihrer Einrichtung gewährleistet wird. (Abb. 2) Auf seiner Homepage stellt Bergman Clinics transparent nach den verschiedenen Leistungen sortierte Qualitätsberichte , in denen die Behandlungsergebnisse aggregiert und benutzerfreundlich zusammengefasst werden. Auch die Klientenzufriedenheit wird systematisch abgefragt und online gestellt. (Abb. 3). Ähnlich wie man es in Deutschland von Bewertungsportalen wie Jameda und klinikbewertungen.de sowie von Google und Facebook kennt, werden sämtliche Zufriedenheitsbewertungen auf www.bergmanclinics. de veröffentlicht. Diese stammen ursprünglich vom unabhängigen Portal Zorgkaart Nederland und enthalten Kommentare und eine Bewertung zwischen 0 und 10 Punkten. Der Mittelwert der Bewertung je Fachabteilung wird über alle Kliniken hinweg angezeigt. Per Mausklick hat der User die Möglichkeit, sich jede einzelne Bewertung detailliert anzusehen 20
1 Positionierung nach Corona Abb. 2: Hotelähnliches Interieur bei Bergman Clinics Abb. 3: Zufriedenheitsbewertungen auf der Homepage bergmanclinics.nl 21
BESTELLEN SIE JETZT Ja, ich bestelle ___ Expl. Post-Covid-Management PDF, 2021 ISBN 978-3-96474-491-3 39,95 Euro Widerrufsrecht: Sie können Ihre Bestellung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform oder – wenn die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Ware widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser schriftlichen Belehrung, jedoch nicht, bevor Ihnen eine schriftliche Auftragsbestätigung vorliegt. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Die Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG verarbeitet Ihre personenbezogenen Daten im Rahmen des Vertragsverhältnisses gem. Art. 6 Abs. 1 lit. b. EU-DS-GVO. Detaillierte Informationen zum Datenschutz finden Sie unter https://shop.mgo-fachverlage.de/datenschutz Unser Bestellservice Name / Vorname 09221 / 949-389 09221 / 949-377 Straße / Hausnummer ku-gesundheitsmanagement.de PLZ / Ort oder Bestellung einfach rechts E-Mail eintragen und abschicken. Telefonnummer Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG E.-C.-Baumann-Str. 5 · 95326 Kulmbach Datum / Unterschrift
Dr. Christian Stoffers Referatsleiter der Marien Gesellschaft Siegen Dr. Nicolas Krämer Klinikgeschäftsführer der Hospital Management Group Post-Covid-Management: Achtsam, authentisch und agil handeln Das Management in Kliniken sieht sich vor große Herausforderungen und Unsicherheiten gestellt. Sicher ist ganz gewiss, dass sie auch künftig einen Zugang zum Patienten finden müssen. Sicher ist zudem, dass ein anderes Verständnis gegenüber dem Personal, den Helden der Krise aus Pflege und Medizin, gefunden werden muss. Das Fortschreiben bewährter Konzepte aus der „alten Normalität“ greifen nicht mehr. Gleichzeitig sind Krisenbewältigung und ein Übergang in die „neue Normalität“ angesagt. Gelingt dies der jeweiligen Klinik, so resultiert hieraus eine Positionierung, die es ihr gestattet, erfolgreich in ihrem Umfeld zu agieren. Das Buch, geschrieben von zwei erfahrenen Krankenhausexperten von Rang, möchte Kliniken aufzeigen, wie sie diesen Prozess der Neupositionierung anstoßen können. Dabei wird postuliert, dass sie nur dann ganz vorne stehen werden, wenn sie die neuen Spielregeln verinnerlichen und Achtsamkeit, Authentizität sowie Agilität als „3 As“ für das weitere Handeln berücksichtigen. Das Buch unterstützt Leserinnen und Leser dabei, hierauf aufbauend eine Strategie für ihre Klinik zu entwickeln. Der Erfolg des Post-Covid-Managements resultiert hierbei aus dem Geschick, wie es die 3 As in der eigenen Klinik kombiniert. www.ku-gesundheitsmanagement.de
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