LOKALE INTEGRIERTE LÄNDLICHE ENTWICKLUNGSSTRATEGIE (LILE) DER REGION WESTERWALD-SIEG 2023-2029
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LOKALE INTEGRIERTE LÄNDLICHE
ENTWICKLUNGSSTRATEGIE (LILE)
DER REGION WESTERWALD-SIEG
2023–2029
INHALTSVERZEICHNIS
1 Zusammenfassung 4 10 Einbindung der örtlichen Gemeinschaft 45
2 Die Region Westerwald-Sieg 6 10.1 Einbindung bei der LILE-Erstellung 45
3 Abgrenzung des LEADER-Aktionsgebietes 7 10.2 Zukünftiges Beteiligungskonzept 48
3.1 Gebietskulisse und Veränderung 7 11 Die Lokale Aktionsgruppe (LAG) 48
3.2 Homogenität aus mehreren Perspektiven 9 11.1 Struktur der LAG 49
4 Beschreibung der Ausgangslage 10 11.2 Zusammensetzung der LAG und Kompetenzen 50
4.1 Raum und Siedlungsstruktur 10 12 Regionalmanagement 51
4.2 Mobilität 11 13 Förderbedingungen 52
4.3 Bevölkerungsstruktur und demografische Entwicklung 12 14 Verfahren der Vorhabenauswahl 53
4.4 Soziale Infrastruktur und Daseinsvorsorge 14 15 Darstellungen zur Kooperation mit anderen Programmen und Gebieten 59
4.5 Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 16 16 Finanzplan 60
4.6 Forst- und Landwirtschaft 17 17 Begleitung und Evaluierung der Förderperiode 2023–2027 (+2) 63
4.7 Tourismus und Kulturlandschaft 19
4.8 Kultur, ehrenamtliches Engagement und Vereinsleben 21 18. Anlagen 65
4.9 Klimaschutz, Energie und Resilienz 21 Anlage 1 – Karte der Gebietskulisse 66
4.10 Digitalisierung 22 Anlage 2 – LOIs zu den angedachten Kooperationen 67
4.11 Übergeordnete Planungen 23 Anlage 3 – Output-Indikatoren je Handlungsfeld und Handlungsfeldzielen 68
5 Gebietsanalyse: SWOT- und Bedarfsanalyse 24 Anlage 4 – Weitere Projektideen je Handlungsfeld aus dem Beteiligungsprozess 71
5.1 Ableitung der Stärken und Schwächen sowie der Chancen und Risiken 24 Anlage 5 – Liste der Interviewpartner (Expertengespräche) 74
5.2 Bedarfsanalyse 29 Anlage 6 – Übersicht Beschlussfassungen zur Bereitstellung der unabhängigen
6 Vorerfahrungen aus der vorangehenden Förderperiode (LEADER) 31 öffentlichen Mittel 75
7 Ergebnisse der Ex-ante-Evaluierung 31 Anlage 7 – Entwurf der Geschäftsordnung 76
7.1 Prozess der Ex-ante-Evaluierung 31
7.2 Grundlegende Bewertungen des bisherigen Prozesses 32
7.3 Empfehlungen für die verbleibende und eine mögliche neue Förderlaufzeit 33
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
8 Leitbild und Entwicklungsstrategie 34 ADD Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz
8.1 Leitidee und Handlungsfelder 34 AK Altenkirchen
8.2 Entwicklungsstrategie und Zielsetzungen 35 HF Handlungsfelder
8.3 Priorisierung der Handlungsfelder und Verteilung der Fördermittel 39 LAG Lokale Aktionsgruppe
LEP Landesentwicklungsprogramm
9 Aktionsplan 39
LILE Lokale Integrierte Ländliche Entwicklungsstrategie
9.1 Startmaßnahmen 39
LK Landkreis
9.2 Angedachte Kooperationen 43
LOI Letter of Intent
9.3 Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit 43
RLP Rheinland-Pfalz
9.4 Aktions- und Meilensteinplanung 44 StaLa Statistisches Landesamt
VG Verbandsgemeinde
Hinweis zur Schreibweise: Der besseren Lesbarkeit verwenden wir im folgenden Text vorwiegend die männliche
Schreibweise, gleichwohl Frauen stets mitgemeint sind.
1. ZUSAMMENFASSUNG
DIE REGION WESTERWALD-SIEG Wirtschaft: Das produzierende Gewerbe ist der domi- REGIONALE STRATEGIE Westerwald-Sieg stellt mit dem Leitsatz „Gemeinsam die
Die Region Westerwald-Sieg ist ein Zusammenschluss der nierende Wirtschaftszweig der Region, die Mobilisierung Die LEADER-Neubewerbung betrachtet die Region als Region generationengerecht, nachhaltig, lebenswert
sechs Verbandsgemeinden (VG) Altenkirchen-Flammers- von Arbeitskräften in und für die Region wird zunehmend Chance, die Erfahrungen aus der laufenden Förderpe- und vielfältig gestalten!“ die Säulen für ihren Entwick-
feld, Betzdorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf, Hamm wichtiger. Land- und Forstwirtschaft prägen das Erschei- riode zu nutzen und zukünftig in deutlich stärkerem Maße lungsansatz auf. Sie leitet aus den Handlungsbedarfen
(Sieg), Kirchen (Sieg) und Wissen, die mit insgesamt 93 Ein- nungsbild der Region, die Erschließung neuer Wertschöp- interkommunal zusammenzuarbeiten und gemeinsa- drei Handlungsfelder ab, die sie mit 15 Handlungsfeldzielen
zelgemeinden im Landkreis Altenkirchen liegen. Über die fungsansätze und ein gelingender Waldaufbau stellen me Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Die Region und sechs Querschnittszielen untersetzt.
Kreisverwaltung, bei der die Lokale Aktionsgruppe (LAG) zu- Zukunftsaufgaben für die Region dar. Die Begegnung der
künftig weiter angesiedelt werden soll, ist der Kreis ebenso Herausforderungen durch Transformationsprozesse, Kli-
in die Region eingebunden. Die Zusammenarbeit hat ihren mawandel und Digitalisierung sind wesentliche Aufgaben
HANDLUNGSFELD 1: HANDLUNGSFELD 2: HANDLUNGSFELD 3:
Ursprung im Jahr 2015 durch die Bewerbung als LEADER-Re- für die heimischen Betriebe.
Wohnstandort Wirtschaftsstandort Kulturstandort
gion für die Förderperiode 2014–2020. Der Name der Regi-
Besondere Naturräume, Naherholung und Tourismus: Westerwald-Sieg: Lebenswert Westerwald-Sieg: Westerwald-Sieg:
on begründet sich über die nördliche Lage im Westerwald,
Natur- und Kulturlandschaft bieten Potenziale für einen und generationengerecht Innovativ und nachhaltig Vielfältig und attraktiv
wobei das durch die „Sieg“ eingeschnittene Tal den Über-
weiteren Ausbau der Naherholung und eine Erhöhung der
gang vom Westerwald zum Siegerland darstellt. In der um
Wertschöpfung, vor allem aber auch im Hinblick auf eine Handlungsfeldziele
die ehemalige VG Gebhardshain (heute VG Betzdorf-Geb-
Erhöhung der Freizeitangebote für die hier lebenden Men-
hardshain) erweiterten Region leben 116.947 Menschen auf
schen und eine stärkere Identifizierung mit den Besonder- 1.1 Schaffung bzw. Sicherung von 2.1 Unterstützung der Fachkräftesicherung 3.1 Sicherung, Aufbereitung und In-
einer Fläche von rund 570 km2. Verflechtungen bestehen
heiten der Region. Verbindungslinien sind innerhalb der lebendigen Ortmitten durch der regionalen Betriebe durch Kommunika- wertsetzung des kulturellen Erbes mit
über institutionalisierte Kooperationen wie die Branchen-
Region, aber auch in die benachbarte Naturregion Sieg zu barrierefreie Freiraumgestaltung, tion des Wohn-, Freizeit- und Arbeitsstand- seinen regionalen Besonderheiten zur
initiative Metall, dem Westerwald-Touristik-Service, die
schaffen. neue Wohnkonzepte sowie von ortes, Netzwerke sowie spezielle zielgrup- Identitätsstärkung und Bildung eines
Naturregion Sieg oder dem Klimaschutzmanagement auf
Kreisebene. Seit 2015 arbeiten die Verbandsgemeinden Ressourcen- und Klimaschutz: Die Region ist über ver- Begegnungsräumen penspezifische Maßnahmen regionalen Geschichtsbewusstseins
und der Kreis (noch ohne Gebhardshain) über die LEADER- schiedene Maßnahmen der öffentlichen Hand im Bereich
Förderung zusammen. Klimaschutz gut aufgestellt, Ansätze im Bereich der Elek- 1.2 Aufbau von Strukturen und 2.2 Förderung von neuen Arbeitsformen 3.2 Stärkung des Ehrenamts in Ver-
tromobilität sind vorhanden. Eine weitere Sensibilisierung Ausbau der Angebote, um gut und Innovation für und durch Gründungs- einen und Initiativen durch neue
für die Themen Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz im Wohnort alt zu werden, von initiativen, Existenzgründungen, Betriebs- Begleitungsmodelle sowie von Klein-
BETEILIGUNG
auch bei den Bürgerinnen und Bürgern bietet die Chan- jugend- und familienspezifischen erweiterungen projektförderprogrammen für die
Die Erstellung der LEADER-Bewerbung basiert auf breit an-
ce, einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine sowie generationsübergreifenden Vereinsarbeit
gelegten Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen der
resiliente Aufstellung auch im Hinblick auf zukünftige Pla- Freizeitformaten
Region: Drei offene themenbezogene Workshops, 17 Exper-
teninterviews, zwei LAG-Sitzungen, die Einrichtung einer nungen steht im Fokus.
1.3 Sicherung und Anpassung der 2.3 Weiterentwicklung und Qualitätsstei- 3.3 Förderung einer vielfältigen, mo-
digitalen Beteiligungsplattform inklusive eines Extra-Fo-
Verkehr und Mobilität: Insgesamt ist eine gute Anbin- lokalen und regionalen Versor- gerung touristischer Angebote und Infra- dernen, erlebbaren und teilhabeori-
rums für Jugendliche und ein Abschlussforum gestalteten
dung durch den ÖPNV und die Anbindung über die Bahn gungsangebote, insbesondere strukturen mit dem Fokus „Outdoorregion“ entierten Soziokultur, insbesondere in
den Beteiligungsprozess. Für die zukünftige Umsetzung der
gegeben, aber der ÖPNV als klimafreundlicher Mobilitäts- in den Bereichen Handel und sowie Inwertsetzung der Themen Bergbau, den Bereichen Musik, Theater, (inter-)
LILE soll die Bürgerbeteiligung fortgesetzt, beziehungswei-
ansatz noch unzureichend genutzt. Auch fehlt es an ver- Gesundheit Grubenwelten und bekannter Persönlich- kulturelle und politische Bildung
se um neue Formate auch speziell zur Einbindung junger
kehrssicheren Anbindungen im Fahrradverkehr. Eine Akti- keiten
Menschen, ausgeweitet werden.
vierung dieser Potenziale steht daher künftig im Fokus.
1.4 Ausbau nachhaltiger Mobili- 2.4 Digitale Transformation in den Sek- 3.4 Förderung von nachhaltiger
SWOT-ANALYSE UND ABGELEITETE Kommunalentwicklung: Mögliche Lücken in der medi-
tätslösungen und Infrastruktur im toren Tourismus, Handel und Handwerk Bildung in den Bereichen Kultur und
HANDLUNGSBEDARFE zinischen Versorgung und der Gesundheitsfürsorge, die
Bereich ergänzende Mobilitätsan- durch Beratung, Qualifizierung sowie Kunst, Ökologie und nachhaltige
sich durch die aktuellen Alterstrukturen der Hausärzte und
gebote, innerörtliche wie regionale Investitionen in Verbundmaßnahmen in Kommunalentwicklung
Bevölkerung und Demografie: Die Entwicklung der Ein- Fachkräftemangel ergeben können, sind zu vermeiden,
Radverkehre, E-Mobilität sowie ver- Vertrieb, Buchung und Marketing
wohnerzahlen ist in der Gesamtregion in den letzten zehn intelligente Nahversorgungssysteme zu sichern. Ansprü-
netze Mobilität mit dem ÖPNV
Jahren rückläufig, die Wanderungssalden sind v.a. in der che an Wohnformen auch für junge Menschen, neue Be-
Altersgruppe der 18-24-Jährigen hoch. Die demografische gegnungsräume für Alle und eine resiliente Aufstellung der 1.5 Förderung der Klimaneutralität 2.5 Förderung von Diversifizierungen in 3.5 Stärkung von Naturschutz und
Entwicklung und die aus ihr resultierenden Problemlagen Region sind weitere Themen, die in der Region bearbeitet und -anpassung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Landschaftspflege
bringen Herausforderungen in Bezug auf veränderte An- werden müssen. Energiewende und der Infrastruk- damit verbundenen verarbeitenden und
sprüche und Ausstattung an die gesundheitliche und an
Kulturelles Leben: Das Vereinsleben ist in der Region stark tur sowie der Ressourceneinspa- vermarktenden Betriebe, insbesondere
die Nahversorgung sowie an das gesellschaftliche und
ausgeprägt und gestaltet das Freizeit- und Kulturange- rung entlang der Wertschöpfungsketten in der
soziale Leben in der Region mit sich.
bot maßgeblich mit. Angesichts der Herausforderungen ländlichen Bioökonomie
in Vereinen und Ehrenamt, wie Mitgliederschwund oder
formale Vorgaben, sind Maßnahmen notwendig, die ein Querschnittsziele
attraktives gesellschaftliches Leben mit entsprechenden Imagestärkung und Profilierung • Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Resilienz • Demografiesensible
Kultur- und Freizeitangeboten sicherstellen. Entwicklung • Digitalisierung • Wissensaustausch • Chancengleichheit
4 5
3. ABGRENZUNG DES LEADER-AKTIONSGEBIETES
3.1 GEBIETSKULISSE UND VERÄNDERUNG
UMSETZUNG Das Gebiet der LEADER-Region Westerwald-Sieg umfasst und VG Betzdorf-Gebhardshain. Mit der Erweiterung um
Startmaßnahmen und Prozess: Im Rahmen der Erstel- in der laufenden Förderperiode 2014–2020 (+2) die Ver- die Gemeinden der ehemaligen VG Gebhardshain um-
lung der LILE sind über 50 Projektideen zu den aufgestellten bandsgemeinde (VG) Altenkirchen (heute: Teil der VG Al- fasst die neue Region Westerwald-Sieg 93 Einzelgemein-
Handlungsfeldern von Akteuren aus der Region eingegan- tenkirchen-Flammersfeld), die VG Daaden-Herdorf, die VG den. Alle Verbandsgemeinden liegen im Landkreis Altenkir-
gen. Davon sind neun Startmaßnahmen ausgearbeitet, Hamm (Sieg), die VG Wissen, die VG Kirchen (Sieg) sowie chen. Mit dieser Gebietskulisse wird erneut eine Ausnahme
die in den Jahren 2023–2024 initiiert werden können. Die die ehemalige VG Betzdorf (heute: Teil der VG Betzdorf- von der geforderten Vorgabe gemacht, nach der Gemein-
Umsetzung dieser Maßnahmen, die Anbahnung der ge- Gebhardshain). Die Aufstellung der Region umfasste bei den aus mindestens zwei Landkreisen eingebunden sein
planten drei Kooperationen sowie Maßnahmen zum Pro- der Bewerbung insgesamt 80 Gemeinden. Im Jahr 2017 er- müssen. Dieser Umstand war bereits für die Förderperiode
zessmanagement sind im Aktionsplan aufgegriffen und folgte eine Ergänzung des Gebietes um die ehemalige VG 2014-2020 gegeben, wurde mit dem Ministerium diskutiert
mit einer Meilensteinplanung versehen. Die Organisation Herdorf aufgrund der Fusion der VGn Daaden und Herdorf. und die damals beteiligten Verbandsgemeinden der Regi-
von Monitoring und Evaluierungsmaßnahmen betrach- on Westerwald-Sieg wurden schließlich als LEADER-Region
tet die Region als eine wichtige Steuerungsaufgabe im Gebietskulisse für die Förderperiode 2023–2029: Mit der ausgewählt und anerkannt. Damals wie heute gilt als Be-
Prozess. Verschiedene Beteiligungsformate stellen auch Erweiterung der Region wird nun die gesamte VG Betzdorf- gründung für diese Ausnahme: Der Landkreis Altenkirchen
zukünftig die Einbindung der Menschen aus der Region Gebhardshain zur Gebietskulisse gezählt. Die ehemals ist der am nördlichsten gelegene Landkreis in Rheinland-
sicher. Jugendliche werden über eigene Formate einbe- eigenständige Verbandsgemeinde Gebhardshain steht, Pfalz und sowohl nach Norden wie Osten hin durch die
zogen. nicht zuletzt durch die erfolgte Fusion mit Betzdorf, gegen- Landesgrenze eingefasst, die direkt an Nordrhein-Westfa-
wärtig bereits in engem Bezug zur aktuellen LEADER-Re- len angrenzt. Benachbarte Landkreise sind dort der Rhein-
Lokale Aktionsgruppe (LAG): Die Zusammensetzung der Projektauswahl: Die Auswahl und Priorisierung der Pro- gion. Ohne eine Eingliederung würden der Gemeinde auf- Sieg-Kreis, der Oberbergische Kreis, der Kreis Olpe und der
LAG wurde mit den Schwerpunkten der Strategie abge- jekte erfolgt mit Hilfe der in der Entwicklungsstrategie auf- grund der mangelnden Möglichkeiten der Zuordnung zu Kreis Siegen-Wittgenstein. Südlich und westlich benach-
stimmt und 15 Akteure aus der Region haben ihre Bereit- gestellten Projektbewertungsmatrix. Diese beruht auf einer anderen LEADER-Regionen die Chancen genommen, die bart in Rheinland-Pfalz liegen der Westerwaldkreis und der
schaft zur Mitarbeit erklärt. Der Anteil der Wirtschafts- und Kriterienliste mit 18 Kriterien, die auf die Ziele der Strategie das LEADER-Programm zu bieten hat. Vor dem Hintergrund, Landkreis Neuwied. Deren angrenzend liegende Kommu-
Sozialpartner liegt bei 67 %, der Frauenanteil bei 40 %. ausgerichtet sind und eine transparente Auswahl der dass die Gemeinden der ehemaligen VG Flammersfeld nen waren und sind jedoch bereits in andere LEADER-Ku-
Förderprojekte erlauben. Die LAG entscheidet auf dieser in der aktuellen LEADER-Förderperiode (2014–2020) so- lissen eingebunden. Mit den entsprechend benachbarten
Regionalmanagement: Der Landkreis richtet eine Ge- Grundlage über die Förderwürdigkeit der Projekte. wie in der Erstellung der neuen LILE als Neubewerbung für LAGn „Westerwald“ und „Raiffeisen-Region“ bestehen vor
schäftsstelle ein, die mit 1,5 Arbeitskräften ausgestattet 2023–2029 bereits Teil der benachbarten LEADER-Region allem in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung einige
wird. Neben der Beratung und Unterstützung der Projekt- Finanzierung: Ausgangsbasis für die Finanztabellen ist Raiffeisen-Region sind und sich historisch bedingt und in Gemeinsamkeiten, sodass bereits in der aktuellen För-
träger wird eine wesentliche Aufgabe des Regionalma- die voraussichtlich zur Verfügung gestellte Summe von 2,2 sozialer Orientierung nach Neuwied ausrichten, wird die derperiode in Projekten zusammengearbeitet wird. Eine
nagements sein, die Zusammenarbeit der Akteure in der Mio. Euro LEADER-Fördermittel. Die Verbandsgemeinden fusionierte VG Altenkirchen-Flammersfeld exklusive dieser Fortführung dieser Kooperationen, erweitert um die Zu-
Region und gebietsüberschreitende Kooperationen zu un- und der Kreis haben für die Bereitstellung der erforderli- Gemeinden Teil der LEADER-Region Westerwald-Sieg sein. sammenarbeit mit allen dem geografischen Westerwald
terstützen. Öffentlichkeitsarbeit ist als dauerhaft und kon- chen Summe zur Kofinanzierung in Höhe von 220.000 Euro zugehörigen Regionen, wurde im Rahmen der LILE-Erstel-
tinuierlich zu leistende Arbeit angelegt, um Ziele, Projekte entsprechende Beschlüsse gefasst. Die geplante LEADER-Region stellt somit erneut einen lung bereits abgestimmt (siehe Anlage 2). In der kommen-
und Beteiligungsansätze zu kommunizieren. Zusammenschluss von sechs Verbandsgemeinden den Förderphase möchte die Region darüber hinaus auch
(VG) dar: VG Altenkirchen-Flammersfeld (exklusive der verstärkt länderübergreifend arbeiten. Eine Zusammen-
Gemeinden der ehemaligen VG Flammersfeld), VG Hamm arbeit mit der in NRW liegenden, benachbarten LAG „Vom
(Sieg), VG Wissen, VG Kirchen (Sieg), VG Daaden-Herdorf Bergischen zur Sieg“ sowie eine internationale Kooperation
2. DIE REGION WESTERWALD-SIEG mit einer LAG in Belgien sind bereits konkret geplant.
Abbildung 1: Gebietskulisse der
Region Westerwald-Sieg 2023–
Die Region „Westerwald-Sieg“ ist in der aktuell laufenden Nach wie vor liegt der Regionsname darin begründet, dass
2029 (Darstellung: neuland+) –
LEADER-Förderperiode 2014–2020 als LEADER-Region aner- die Gebietskulisse in ihrer Gestalt dem nördlichen Teil des
siehe Anlage 1 (Seite 66)
kannt worden und stellt sich mit der vorliegenden Strate- Westerwaldes entspricht und hierbei das durch die „Sieg“
gie für die neue Förderperiode mit einer leicht veränderten eingeschnittene Tal den Übergang vom Westerwald zum
Gebietskulisse auf. Siegerland darstellt.
6 7
3.2 HOMOGENITÄT AUS MEHREREN
PERSPEKTIVEN
Natur- und strukturräumliche Lage: Die 93 Einzelge- ten und offenlandbetonten Mosaiklandschaft, der Fluss- (Natur-)räumliche Homogenität: Der Landkreis Alten-
meinden der Gebietskulisse wurden im Rahmen der Kom- landschaft in der Ebene (Sieg) und der Tallandschaft der kirchen liegt im rechtsrheinischen Teil des Rheinischen
munal- und Verwaltungsreform zu Verbandsgemeinden Kleinflüsse und Bäche im Mittelgebirge. Schiefergebirges. Die Sieg formt die Teillandschaft der
zusammengefasst. Die Gebietskulisse entspricht dem Kleinflüsse und Bäche in der typischen Mittelgebirgsland-
nördlichen Teil des Westerwaldes und das durch die Sieg Bevölkerungszahl und Entwicklung: Insgesamt leben schaft. Sie windet sich mit ihren Nebenflüssen in den Aus-
geprägte Tal bildet den Übergang vom Westerwald zum 116.947 Menschen in der neu geplanten LEADER-Region läufern des Rothaargebirges und gilt als „Lebensader der
Siegerland. Nach dem Landesentwicklungsplan (LEP) be- Westerwald-Sieg (Stand 2020). Bezogen auf die Gesamt- Region“. Der in der Vergangenheit strukturbestimmende
inhaltet die Region die Landschaftstypen der waldbeton- fläche von 568,45 km2 ergibt sich eine durchschnittliche Erzbergbau, insbesondere im Bereich der VGn Wissen und
Einwohnerdichte von 205,73 Einwohnern je km2. Hamm, ist zum Erliegen gekommen, jedoch haben die
Gruben ihre Spuren im Landschaftsbild hinterlassen. Der
Südosten des Kreises weist Hochflächencharakter auf. Soziale und kulturelle Homogenität: Parallel zum natur-
Region Westerwald-Sieg Einwohner (2020) Fläche in km2 Einwohner/km2 räumlichen Übergang in der Region besteht auch ein Über-
Prägendes und flächendeckendes Landschaftselement
der geplanten LEADER-Region ist der hohe Anteil an forst- gang der historischen Kulturlandschaft des Westerwaldes
VG Altenkirchen-Flammersfeld 23.176* 155,07 149,5
wirtschaftlich und landwirtschaftlich genutzter Fläche, im Süden zu der des Bergisch-Sauerländischen Gebirges
VG Betzdorf-Gebhardshain 26.064 73,5 354,6 welcher eine waldbetonte Mosaiklandschaft im Norden im Norden. Die Region ist geprägt durch ihre Geschichte.
und eine offenlandbetonte Mosaiklandschaft am südli- Insbesondere zu nennen sind die verbindenden Themen
VG Daaden-Herdorf 17.407 79,05 220,2 Bergbau/Erzbergbau, die dem Begriff des „Erzberglandes“
chen Rand der Region bedingt. Zusammengefasst bilden
die Verbandsgemeinden der Region Westwald-Sieg na- gerecht werden, die Eisenbahnerschließung, die Hau-
VG Hamm (Sieg) 12.719 42,28 300,8
turräumlich den sichtbaren Übergang vom Westerwald bergswirtschaft und die Wasserwirtschaft. Des Weiteren
VG Kirchen (Sieg) 22.806 127,07 179,5 zum Siegerland. Laut Landesentwicklungsplan (LEP) IV 1 ist haben bekannte Persönlichkeiten wie Friedrich Wilhelm
die Region Westerwald-Sieg als verdichteter Bereich bzw. Raiffeisen und August Sander die Region geprägt. Dieses
VG Wissen 14.775 91,49 161,5 kulturelle Erbe wirkt heute in die Brauchtumspflege, in Be-
die VG Altenkirchen-Flammersfeld als ländlicher Bereich
LEADER-Region 116.947 568,45* 205,73 mit disperser Siedlungsstruktur einzuordnen. wirtschaftungsstrukturen und in touristische Angebote hin-
ein. Kulturell kennzeichnend sind außerdem die zahlreichen
Tabelle 1: Bevölkerung nach Verbandsgemeinden im Jahr 2020 (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz) Wirtschaftliche Homogenität: In der Region besitzt das Musik- und Schützenvereine sowie Chöre. Bis auf die VG
produzierende Gewerbe einen hohen Stellenwert, der Fo- Altenkirchen-Flammersfeld sind alle Verbandsgemeinden
kus liegt insbesondere auf der Branche Metallverarbeitung von einer negativen Bevölkerungsentwicklung geprägt und
Verkehrslage und -anbindung: Über die Bahnlinie ent- die nächstgelegene Autobahn die A3, im Osten die A45
und Maschinenbau. Neben diesem Wirtschaftsprofil zei- dies wird auch für die Zukunft prognostiziert. Auch weitere
lang der Sieg ist ein Anschluss an die Städte Köln, Bonn und im Norden die A4. Ein dichtes Netz an Bundes- und
gen weitere ökonomische Kennziffern und Eigenschaften demografische Indikatoren, beispielsweise die vom de-
und Siegen gegeben sowie ebenso an die großräumi- Landstraßen gewährleisten die Zufahrt zu diesen. Inner-
der Verbandsgemeinden und deren Entwicklung ein ho- mografischen Wandel gekennzeichneten Altersstrukturen,
gen Schienennetzverbindungen mit ICE-Haltepunkten bei halb der Region besteht ein ausgebautes Kreisstraßen-
hes Maß an Kohärenz, beispielsweise die positive Arbeits- sind in den Verbandsgemeinden vergleichbar.
Montabaur und Siegburg. In der Region Westerwald-Sieg netz von über 400 Kilometern Länge.
besteht keine direkte Autobahnanbindung. Im Westen ist platzentwicklung, der herausfordernde Fachkräftemangel,
die hohe Bildungswanderung oder die durchschnittliche Institutionelle Zusammenarbeit: Es bestehen vielfälti-
Kaufkraft. Vereinzelt stechen Ausbrüche der Kennziffern ge und gewachsene Kooperationen und Vernetzungen
Abbildung 2: Schematische Karte des einzelner Orte/Verbandsgemeinden aufgrund individu- zwischen den Kommunen sowie öffentlichen und sozialen
überregionalen Straßenverkehrsnetz eller Faktoren hervor, wie die Kreisstadt Altenkirchen als Trägern (z. B. die Initiative „Anschluss Zukunft“, Jugend-
(Quelle: LK Altenkirchen) arbeitskreise, Zusammenarbeit von Bildungsträgern und
Mittelzentrum mit entsprechend positiven wirtschaftlichen
Kennzahlen. touristischen Sehenswürdigkeiten, Nahwärmeverbund
Glockenspitze, Zweckverband Stegskopf). Dazu bestehen
Touristisch gilt die Region aufgrund des Naturraums als
auf regionaler Ebene institutionalisierte Kooperationen,
Naherholungsgebiet und Ziel für Tagestouristen, gefragt
beispielsweise die Brancheninitiative Metall, der Wester-
sind insbesondere die Rad- und Wanderwege der bereits
wald Touristik-Service, die Naturregion Sieg oder das Kli-
teilpositionierten „Outdoor“-Region.
maschutzmanagement auf Kreisebene. Alle VGn sind in die
Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald eingebun-
den. Durch die landkreisbezogene Lage der Region nimmt
die Kreisverwaltung eine bedeutende Stellung ein, die eine
enge Verbindung zu den Verbandsgemeinden pflegt.
* Berechnung: Daten abzüglich der Daten der 1
Quelle: Ministerium des Inneren und für Sport (2021): RaumInfo.
Gemeinden der „Alt“-VG Flammersfeld RLP Landesentwicklungsprogramm 2008 (LEP IV)
8 9
4. BESCHREIBUNG DER AUSGANGSLAGE
4.2 MOBILITÄT
Die folgenden Angaben zur sozioökonomischen und infra- Im Folgenden werden einige Angaben auf Landkreisebene Über die Bahnlinie entlang der Sieg ist ein Anschluss Vor allem in Bezug auf die Erreichbarkeit von Oberzentren
strukturellen Situation basieren auf den Daten des Statisti- statt auf regionaler Ebene gemacht. Grund dafür ist der an die großräumigen Schienennetzverbindungen mit liegt der Wert deutlich über dem landesweiten Durch-
schen Landesamtes Rheinland-Pfalz, weiteren regionalen geografische Zuschnitt der verfügbaren Daten des Statis- ICE-Haltepunkten bei Montabaur und Siegburg möglich. schnitt.
und überregionalen Quellen wie z. B. des Thünen-Instituts tischen Landesamtes gegenüber der Regionskulisse, die Vor allem Pendler nutzen die sogenannte Siegstrecke für
sowie den geführten Expertengesprächen. nur einen Teil der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flam- eine Anbindung nach Köln bzw. Aachen. Durch diese Ver- Durch die Planungen beim Schienenverkehr („RLP Takt
mersfeld einschließt (s. Kapitel 3.1). bindung sind insbesondere die Städte Betzdorf, Kirchen 2015“) und hier insbesondere das ÖPNV-Konzept Nord in
und Wissen gut angeschlossen. Werktags besteht tags- Rheinland-Pfalz entstand 2017 ein neuer Nahverkehrs-
über von dort aus etwa alle 30 Minuten die Möglichkeit, plan für den gesamten Landkreis Altenkirchen. Dieser ent-
4.1 RAUM UND SIEDLUNGSSTRUKTUR
Richtung Siegburg und Köln zu fahren. Neben der Orien- hält die 50 bestehenden Buslinien im Kreis, darunter auch
tierung nach Montabaur, Köln und Aachen hat auch der neu integrierte RegioBusse und 30 Linienbündel. Ergänzt
Die Verbandsgemeinden Kirchen, Wissen, Hamm, Betz- des Thünen-Instituts (2021). Abgesehen der etwas höheren
Bereich Siegen für das Pendeln einen hohen Stellenwert. wurde das Angebot um Nachtfahrten sowie eine Erhö-
dorf-Gebhardshain und Daaden-Herdorf sind verdichte- Siedlungsdichte sind die Index bildenden Parameter kenn-
Auch weitere Gemeinden, die keinen unmittelbaren Bahn- hung der Wochenendfahrten. Kernelement des Plans stel-
te Bereiche mit disperser Siedlungsstruktur, zum Großteil zeichnend für die Region.
anschluss haben, profitieren von der Bahnanbindung. So len sogenannte Knotenpunkte dar, so wie der Busbahnhof
gelten diese Bereiche als Schwerpunktentwicklungsräu-
nutzen zahlreiche Menschen täglich aus dem gesamten in Betzdorf und der Bahnhof in Kirchen, um einen entspre-
me. Eine solche disperse Siedlungsstruktur liegt ebenfalls Landesplanerisch gelten Wissen, Betzdorf, Kirchen und Al-
Kreis und sogar dem Westerwald den nur fünf Autominu- chenden Anschluss an andere Buslinien zu ermöglichen.
im ländlich geprägten Bereich in der Verbandsgemeinde tenkirchen als Mittelzentren. Herdorf, Daaden, Hamm und
ten von Hamm liegenden benachbarten Bahnhof Au/Sieg Daneben kommen auch Anruf-Linien-Fahrten (ALF) zum
Altenkirchen-Flammersfeld vor. Die untenstehende Karte Gebhardshain sind Grundzentren. An die Region südlich
(NRW). Weniger gut angeschlossen sind Daaden, Herdorf Einsatz. Außerdem wurde der Anteil der Niederflurbusse
zeigt mittels des Index der Ländlichkeit des Thünen-In- angrenzend liegt das Mittelzentrum Hachenburg, angren-
und Altenkirchen. Zur Erreichung eines Oberzentrums ist kontinuierlich erhöht mit dem Ziel, einen 100 %-Anteil des
stituts visuell die Abstufungen der überdurchschnittlich zend im Osten das Oberzentrum Siegen.
stets ein Umstieg notwendig. Die VG Daaden sowie Betz- barrierefreien Ein- und Ausstiegs zu erreichen. Trotz be-
ländlichen Bereiche (Stand 2016). „Die Ländlichkeit ist ten- Laut qualitativen Aussagen gibt es aktuell wenig Leer-
dorf sind über die Daadetalbahn an die Siegschiene an- darfsgerechter Planungen stellt sich die Auslastung eini-
denziell umso ausgeprägter, je geringer die Siedlungs- stände zu verzeichnen. Im Rahmen der Experteninterviews
gebunden. Die Hellertalbahn (Betreibergemeinschaft) ger Buslinien gering und der private PKW nach wie vor als
dichte, je höher der Anteil land- und forstwirtschaftlicher wurde als einer der möglichen Hauptgründe hierfür die
und auch die Hessische Landesbahn führen von Herdorf das primär genutzte Verkehrsmittel dar. Laut Aussagen
Fläche, je höher der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, gute bis sehr gute Bahnanbindung einzelner Kommunen/
nach Dillenburg. aus den thematischen Workshops ist dies v.a. auf (noch)
je geringer das Bevölkerungspotenzial und je schlechter Orte der Region genannt (s. Kap. 4.2) sowie die positiven
nicht ausreichend vorhandene Kenntnis über das ÖPNV-
die Erreichbarkeit großer Zentren ist.“, so die Begründung Wanderungssalden (s. Kap. 4.3).
In der Region Westerwald-Sieg besteht keine direkte Angebot bei den (potenziellen) Nutzern zurückzuführen.
Autobahnanbindung, was eine Herausforderung für den
überregionalen PKW- und LKW-Verkehr darstellt. Im Wes- Durch den Regionalflughafen Siegerland werden vor
ten ist die nächstgelegene Autobahn die A3, im Osten die allem der Landkreis Altenkirchen und der Westerwaldkreis
A45 und im Norden die A4. Ein dichtes Netz an Bundes- und an den regionalen Luftverkehr angebunden. Die nächst-
Landstraßen gewährleistet die Zufahrt zu den Autobahnen. gelegenen internationalen Flughäfen sind Frankfurt, Köln/
Innerhalb des Kreisgebietes sorgt ein ausgebautes Kreis- Bonn und Düsseldorf. Die Wegezeiten betragen von der
straßennetz von über 400 Kilometern Länge für einen flie- Stadt Altenkirchen zum Flughafen Köln/Bonn 50 Min. (ca. 56
ßenden Verkehr. Den Bundesstraßen (B8, B62, B256 und km), zum Flughafen Frankfurt etwa 1 h 20 Min. (ca. 120 km)
B414) kommt unter Mobilitätsaspekten eine besondere Be- und 1 h 40 Min. bis zum Flughafen in Düsseldorf (ca. 129 km).
deutung zu. Beim Thema der Elektromobilität hat der Landkreis Al-
tenkirchen frühzeitig eine Vorbildfunktion eingenommen.
Die Erreichbarkeiten zentraler Knotenpunkte in der Regi- So wurde bereits 2014 ein E-Carsharing zur Sensibilisierung
on sind wie folgt (Mittel der Wegezeit in Min. gerundet per angeboten, ein Elektromobilitätstag initiiert, E-Fahrzeuge
PKW)2: in den eigenen Fuhrpark integriert und ein Solar-Car-Port
mit Batteriespeicher errichtet. Im bundesweiten Ladenetz-
• ÖPNV-Haltestellen: 2 bis 5 Min.
Ranking der Kreise nach sogenanntem A-Wert liegt der
(durchschnittliche Wegezeit in RLP: 4 Min.)
Landkreis Altenkirchen nur auf Platz 377 von 399, sodass,
• Zughaltestellen: 2 bis 9 Min.
lässt man den Anteil des privaten Ladens außer Acht, die
(durchschnittliche Wegezeit in RLP: 7,7 Min.)
Region hier wenig attraktiv für die Nutzung von E-Autos
• Supermärkte und Discounter: 1 bis 5 Min.
erscheint (Stand 2021, Quelle: Verband der Automobilin-
(durchschnittliche Wegezeit in RLP: 4,2 Min.)
dustrie e. V. (VDA), online).
• Mittelzentren: 1 bis 13 Min.
(durchschnittliche Wegezeit in RLP: 7,6 Min.)
• Oberzentren: 15 Min. bis 47 Min.
(Stand durchschnittliche Wegezeit in RLP: 23,7 Min.)
Abbildung 3: Raum und Siedlungsstruktur in der LEADER-Region Westerwald-Sieg und Umgebung in RLP und NRW.
Index der Ländlichkeit: Wert Null (0) entspricht dem Durchschnitt der Ländlichkeit aller Kreisregionen bzw. Gemeindeverbände
in Deutschland. Werte größer als 0 sind dann überdurchschnittlich ländlich, Werte kleiner als 0 unterdurchschnittlich ländlich.
2
Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Thünen-Landatlas
Quelle: Ministerium des Inneren und für Sport (2021): RaumInfo.RLP Landesentwicklungsprogramm 2008 (LEP IV) (2014, 2017, 2018)
10 11
Die Wirtschaftsförderung des LK Altenkirchen startete im Im Jahr 2020 wurden im Rahmen eines LEADER-Projektes Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen kann in der leicht unter dem Landesdurchschnitt (Stand 2020: 9,7 %).
Jahr 2021 mit Partnern das Projekt „AzubiMobil“, über das insgesamt 65 „Westerwälder Mitfahrerbänke“ an ausge- geplanten LEADER-Region Westerwald-Sieg insgesamt als Die Wanderungssalden im Durchschnitt der Jahre 2016 bis
der Landkreis aktuell drei Firmen und deren 23 Auszubil- wählten Standorten platziert. Dieses Angebot ergänzt als ausgeglichen beschrieben werden, Frauen sind geringfü- 2019 zeigen eine negative Dynamik, vor allem bei den 18-
denden fünf E-Mobile zur Verfügung stellt. Die Gemein- kostenloser Baustein das bestehende Mobilitätsangebot. gig in der Mehrzahl. Der Anteil international Zugewander- bis 24-Jährigen.
schaftsinitiative „Wir Westerwälder“ verfolgt ebenfalls das Durch die COVID-19-Pandemie werden die Bänke bisher ter liegt im Landkreis Altenkirchen bei ca. 8 % und damit
Thema Elektromobilität und alternative Mobilitätslösungen jedoch nur wenig genutzt.
(z. B. Roadshow Elektromobilität 2020 im Rahmen des ge-
förderten Projekts „Elektromobilität im ländlichen Raum“;
Mitfahrer-App „goFLUX“).
-16,6 VG Wissen
-16,8 VG Betzdorf-Gebhardshain
4.3 BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR UND DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG -17,7 VG Kirchen (Sieg)
-18,7 VG Hamm (Sieg)
Die Verbandsgemeinden in der Region Westerwald-Sieg hat die Bevölkerung deutlich stärker abgenommen als
sind mit Ausnahme von Altenkirchen-Flammersfeld von im gesamten Landkreis Altenkirchen (-2,2 %). Nur Altenkir- -20,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld
einer negativen Bevölkerungsentwicklung in den vergan- chen-Flammersfeld folgt mit einem Bevölkerungszuwachs
-32,3 VG Daaden-Herdorf
genen zehn Jahren gekennzeichnet. Insbesondere in den von 1,4 % der zunehmenden Entwicklung in Rheinland-Pfalz
Gemeinden Daaden-Herdorf (-5,4 %) und Kirchen (-5,3 %) (+2,4 %). -20,3 LK Altenkirchen
-35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0
Wanderungssaldo je 1.000 Personen der 18- bis 24-Jährigen
4
2,4
Bevölkerungsentwicklung in %
2 1,4
Abbildung 5: Wanderungssaldo der 18- bis 24-Jährigen 2016–2019 im LK Altenkirchen (Quelle: StaLa RLP)
0
Auch die Bevölkerungsprognose für den gesamten Land- Die Entwicklung der Altersstrukturen zeigt, dass der de-
-2 -0,9 kreis Altenkirchen (Stand 2020) sagt eine deutliche Ab- mografische Wandel im Landkreis Altenkirchen in vollem
-2 -2,2 nahme der Bevölkerungszahl für die kommenden Jahr- Gange ist und nach der Prognose der Altersstruktur für
-4 -2,6
zehnte voraus. Laut der Vorausberechnung einer mittleren 2040 auch zukünftig voranschreiten wird: So verlagerte
Variante leben 2070 voraussichtlich 104.312 Personen im0,5 sich die Altersklassenstruktur bezüglich der prozentualen
-6
-5,4 -5,3 Landkreis. Dies wäre eine Reduktion von rund 19 % des Be- Anteile an der Gesamtbevölkerung zwischen 1990 und
-8 völkerungsstandes zum Jahr 2020 mit 129.087 Personen. 2020 im Landkreis Altenkirchen in Richtung der älteren Be-
Dieser Prognose stehen allerdings positive Wanderungs- völkerungsgruppen. Die Altersklasse der unter 35-Jährigen
salden aus dem Jahr 2020 gegenüber. Diese zeigen für ist von 46,1 44,1
% im Jahr 1990 auf 35,3 % im Jahr 2020 gesun-
fast alle Verbandsgemeinden – mit Ausnahme von Wis- ken. Der Anteil der Personen über 65 Jahren ist von 15,8
55,3
sen – positive Werte. Positive Wanderungssalden liegen % im Jahr 1990 auf 22,8 % im Jahr 2020 gestiegen, womit
in der VG Altenkirchen-Flammersfeld mit 11 Zuzügen je der Anteil dieser Personen an der Gesamtbevölkerung bei
1000 Einwohnern und der VG Hamm mit 12,8 Zuzügen je über einem Fünftel liegt. Die Bevölkerungsvorausberech-
1000 Einwohnern (Stand 2020) vor. Diese sind höher als nung (mittlere Variante, Basisjahr 2017) zeigt eine weite-
die Wanderungssalden des gesamten Landkreises Alten- re Verschiebung der Altersklassenstruktur hin zu weniger
kirchen (5,7 Zuzüge je 1000 Einwohner in 2020) und auch Personen unter 34 und mehr Menschen über 65 Jahren.
von Rheinland-Pfalz (4,2 Zuzüge je 1000 Einwohner) (Quelle:
StaLa RLP). Laut Sparkasse Westerwald-Sieg ist außerdem Die Zunahme des Anteils der lebensälteren Menschen be-
Altersstruktur ärztl. Versorgung
Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung der VGn der Region Westerwald-Sieg, des LK Altenkirchen und Rheinland-Pfalz von 2010 ein zunehmend angespannter Wohnungsmarkt in der Re- deutet einen wachsenden Bedarf an Gesundheits- und
bis 2020 in % (Quelle: StaLa RLP) gion zu verzeichnen. Eine Bestätigung der Prognose einer Pflegedienstleistungen sowie veränderte Ansprüche im
100%
drastischen Bevölkerungsabnahme bleibt demnach noch Bereich der Grund- und Daseinsvorsoge sowie der Wohn-
Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor
80% abzuwarten. formen. Der barrierefreie Ausbau zur Ermöglichung von
Teilhabe ist im öffentlichen Raum teilweise noch unzurei-
60% chend. Der Bedarf an neuen Wohnformen für Alt und Jung
wie z. B. Mehrgenerationenwohnen ist zu prüfen.
40% 13
12
20%
4.4 SOZIALE INFRASTRUKTUR UND DASEINSVORSORGE
Medizinische Versorgung: In der Region gibt es insge- Bei den Hausärzten besteht im „Worst-Case-Szenario“ ein Pflegebedürftigkeit: Die Infrastrukturausstattung mit
samt noch zwei Krankenhäuser, eines in Kirchen (Sieg) und altersbedingter Nachbesetzungsbedarf bis 2025 von 62 %, Wohnangeboten für ältere Menschen (Pflegeheime, be-
eines in Altenkirchen. Allerdings wurde eine Zusammenle- was 53 Hausärzten entspricht. Bei den Fachärzten besteht treutes Wohnen) ist als gut einzustufen. Über die letzten
gung der beiden Krankenhausstandorte Altenkirchen und ein altersbedingter Nachbesetzungsbedarf bis 2025 von Jahre ist zu beobachten, dass die Pflege zwar nach wie
Hachenburg in einem Neubau beschlossen und wird in den 58 %, was 45 Fachärzten entspricht. Ohne diese Nachbe- vor auch innerhalb der Familie geleistet, aber vermehrt
kommenden Jahren an einem neuen Standort etwa elf km setzung oder alternative Angebote ist die ärztliche Versor- auf professionelle Pflege zurückgegriffen wird.
östlich von Altenkirchen in Müschenbach im Westerwald- gung in der Region nicht mehr sichergestellt.
kreis umgesetzt. Darüber hinaus verfügt die Region in Wis- Im Bereich Fachkräftegewinnung ist der Landkreis mit dem
4
sen über eine Fachklinik für Psychiatrie. Des Weiteren gibt Der Landkreis Altenkirchen hat diese 2,4
Problematik in den Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes bereits ak-
Bevölkerungsentwicklung in %
es Krankenhäuser nahe2 des Landkreises in Hachenburg, 1,4
vergangenen Jahren bereits aufgegriffen und verfolgt tiv geworden. 2021 wurde das gemeinsame Projekt „Pfle-
Siegen, Asbach sowie in Waldbreitbach, Dierdorf, Sieg- verschiedene Ansätze zur Gewinnung von Ärzten für die ge! deine Zukunft“ mit dem Integrationspreis des Landes
0
burg, Eitorf und Waldbröl. Im Landkreis Altenkirchen be- Region über die Nachwuchsgewinnung und Mediziner- ausgezeichnet, bei dem Menschen mit Migrations- und
trägt die durchschnittliche Entfernung zur nächstgelege- camps sowie Mitgliedschaften in überregionalen Verbün- Fluchthintergrund für den Pflegeberuf begeistert werden
nen Hausarzt-Praxis-22 km und liegt damit leicht über dem den wie-0,9
der „Gesundheitsregion Köln/Bonn e. V.“. Im Bereich sollen. Aktuell gibt es im Landkreis 20 Pflegedienste mit 608
-2 Jugend, Familienförderung und soziale Treffpunkte:
Landesschnitt in Rheinland-Pfalz von aktuell 1,6 km.
-2,6Derzeit Telemedizin -2,2
besteht eine Zusammenarbeit der Universität Pflegekräften, 55 Kräfte mehr als zwei Jahre zuvor, sowie 19
-4 Im Jahr 2018 wurde mittels einer LEADER-Förderung eine
besteht ein bedarfsgerechter Versorgungsgrad bzw. ein Siegen mit den regionsansässigen Praxen und erste Erfah- Pflegeheime mit rund 1.300 Beschäftigten. Die Suche nach
Jugendbefragung in der Region von der Universität Trier
hoher Versorgungsgrad bei den meisten Facharztgrup- rungen durch das Projekt „Digitalisierung und Delegation Pflegekräften für die Region bleibt angesichts der demo-
-6 durchgeführt. Insgesamt gaben 2.763 Jugendliche per
pen, z. B. Psychotherapeuten, -5,4Augen--5,3
oder Frauenärzten. – Ausweitung der Tätigkeiten nicht-ärztlicher Praxisas- grafischen Entwicklung jedoch eine zu bewältigende Auf-
Fragebogen Auskunft mit dem Ergebnis, dass die Region
Demgegenüber besteht-8 eine (drohende) Unterversorgung sistenten/Praxisassistentinnen zur Sicherstellung der Ge- gabe.
Westerwald-Sieg für die befragten Jugendlichen aus der
bei Hausärzten, Nervenärzten und Kinder- und Jugend- sundheitsversorgung im Kreis Altenkirchen3“. Bei dem Vor-
LEADER-Region noch große Attraktivität besitzt, jedoch
psychiatern. Qualitative Expertenaussagen betonen den haben geht es um zukunftsfähige Lösungsansätze für die Bildung und berufliche Qualifikation: Der Landkreis Al-
ist die generelle Bindungskraft aufgrund gesamtgesell-
kritischen Versorgungsgrad von HNO- und Dermatologie- Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in ländlichen tenkirchen verfügt über eine vielfältige Schullandschaft,
schaftlicher Individualisierungsprozesse und Bildungs-
Praxen. In den letzten Jahren ist es zu einer deutlichen Al- Regionen. Angesichts der demografischen Entwicklung in der alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen
möglichkeiten gesunken. Zentrale Verbesserungsvor-
terung vor allem bei den Hausärzten gekommen (Stand sowie der Entwicklungen bei der Ärzteversorgung besteht zu finden sind. Es gibt insgesamt 28 Grundschulen und 17
schläge der Jugendlichen betreffen den öffentlichen
2021, Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz). Bedarf und Potenzial für den weiteren Ausbau von Tele- weiterbildende Schulen. Die berufsbildenden Schulen mit
Personennahverkehr und die Freizeiteinrichtungen für Ju-
medizin als ergänzende medizinische Versorgungslösung. den Standorten in Betzdorf-Kirchen (Fachrichtung Tech-
gendliche in Wohnortnähe. Motive für einen Fortzug sind
nik) und in Wissen (Fachrichtung Wirtschaft) bieten ein dif-
hauptsächlich der Umzug in eine eigene Wohnung, ge-
ferenziertes Bildungsangebot. Es umfasst die Schulformen
folgt vom Studium oder einer Ausbildung sowie den man-
Berufsschule (einschließlich Berufsvorbereitungsjahr), Be-
gelnden Zukunftsaussichten4.
rufsfachschule, Berufsoberschule, duale Berufsoberschu-
Altersstruktur ärztl. Versorgung le, berufliches Gymnasium und Fachschule. Förderschulen
Im Bereich der Familienförderung hat das Jugendamt Al-
100% und Schwerpunktschulen sind ebenfalls Bestandteil der
tenkirchen gemeinsam mit zahlreichen Partnerorganisa-
Schullandschaft. An vielen Schulen wird die Nachmittags-
tionen in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen
80% betreuung durch ein Ganztagsangebot gewährleistet. Für
implementiert. Darunter sind bundesweit namhafte Pro-
die Weiterbildung im Erwachsenenalter stehen im Land-
60% gramme, die in der „Altenkirchener Präventionskette“ ge-
kreis Altenkirchen zahlreiche Weiterbildungseinrichtungen
bündelt wurden. Jede Verbandsgemeinde verfügt über
zur Verfügung. Die in diesem Bereich tätigen Organisatio-
40% ein Jugendzentrum, welche teils auch Ferienbetreuung
nen haben sich in dem Beirat Weiterbildung im Landkreis
anbieten. Darüber hinaus gibt es weitere Begegnungsor-
zusammengeschlossen (z. B. Kreisvolkshochschule Alten-
20% te, bspw. das Haus Felsenkeller des Vereins Soziokulturelles
kirchen, Deutscher Gewerkschaftsbund). Zusammen mit
Zentrum e. V. Weitere Angebote des Landkreises in den Be-
0% dem Caritasverband Altenkirchen und dem Diakonischen
reichen Jugendarbeit, Jugendschutz und Familienbildung
Hausärzte Fachärzte Psychotherapeuten Werk bietet der Landkreis den Treffpunkt „Bildungspunkt“
bestehen z. B. über den „Bildungsplan 2021“ mit über 130
an, bei dem es u. a. um die Förderung des Selbstlernens
Einzelaktionen. Von Seiten des Jugendamtes wurden wei-
30 bis 39 Jahre 40 bis 44 45 bis 49 50 bis 54 und die Berufsberatung geht. Ebenso ist der Geopark
tere Bedarfe für die dauerhafte Etablierung einer erfolgrei-
Westwald-Lahn-Taunus zu erwähnen, der in seinen Ange-
55 bis 59 60 bis 64 65 bis 69 Über 70 chen Präventionskette benannt wie die Gründung weiterer
boten insbesondere einem Bildungsauftrag nachkommt.
Standorte im Kreis für Präventionsmaßnahmen, eine An-
In der Region gibt es keine Hochschule. Die nächsten aka- werbe- und Qualifizierungsoffensive für zertifizierte Trainer
demischen Bildungsmöglichkeiten können u. a. in Siegen, und Trainerinnen oder die Reduzierung von Zugangsbar-
VG Wissen Koblenz, Köln und Bonn in Anspruch genommen werden. rieren für bildungsferne und benachteiligte Familien.
-7,6
Abbildung 6: Prozentualer Anteil der Altersklassen nach Ärztegruppen. Stand 2021 (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung RLP)
-8,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld
3
als Teil des umfassenden Vorhabens „Digitale Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ des
VGForschungskollegs
Daaden-Herdorf Siegen 4
Jacob, R., Kopp, J. (2018): Jugend im Kreis Altenkirchen. Befragung 2018. (exkl. des Gebiets der ehemaligen VG Flammersfeld; durchfüh-
-12
rende Organisation: Universität Trier)
14 15
-15,1 VG Betzdorf-Gebhardshain
0
Bevölkerungsentwickl
-2 -0,9
-2 -2,2
-4 -2,6
-6
-5,4 -5,3
-8
4.5 WIRTSCHAFTLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT
Im Landkreis Altenkirchen ist der Anteil des produzieren- Die Arbeitslosenquote ist mit 4,2 % als niedrig einzustufen Um die Chancen rund um das Thema „Neues Arbeiten“ kraft je Haushalt (Nettoeinkommen) liegt im Landkreis im
den Gewerbes an der Bruttowertschöpfung mit 41,7 % hoch und damit leicht geringer als in Rheinland-Pfalz (4,3 %, zukünftig nutzen zu können, hat die Wirtschaftsförderung Jahr 2019 bei 49.684 € und damit geringfügig höher als in
(Stand 2019), der Fokus liegt auf der Branche „Metallver- Stand 2019). des Landkreises 2021 eine Bedarfsanalyse5 zum Thema Rheinland-Pfalz (49.011 €).
arbeitung -16,6 und Maschinenbau“. VG Wissen Der Anteil der Beschäftig- Die Arbeitsplatzentwicklung in den Jahren 2015 bis 2019 ist Coworking durchgeführt, deren Ergebnis einen entspre-
ten in diesem Sektor liegt
-16,8
dementsprechend 2019 bei über
VG Betzdorf-Gebhardshain
mit 13,3 % im LK Altenkirchen von einem überdurchschnitt- chenden Bedarf für die Schaffung von Coworking-Ange- Der lokale Einzelhandel steht weiter zunehmend in Kon-
-17,7 VG Kirchen (Sieg)
44,1 -18,7
% und ist seit 2009 um nur ein Prozent gesunken. Der
VG Hamm (Sieg)
lich starken Wachstum gekennzeichnet (RLP: 10,5 %), wobei boten für die Region ausweist. Die Region sieht hierin die kurrenz zum weltweiten Online-Handel. Das Projekt „Wäller
Stellenwert
-20,8 dieses Sektors wird durch den landesweiten
VG Altenkirchen-Flammersfeld die VG Altenkirchen-Flammersfeld (21,5 %) und die VG Wis- große Chance, vor allem für Berufs(aus-)pendler flexiblere Markt eG – Digitaler Marktplatz Westerwald“ bietet allen
-32,3 Vergleich (RLP: 30,8 %) unterstrichen. Umgekehrt verhält
VG Daaden-Herdorf sen (18,9 %) mit einer besonders positiven Dynamik hervor- Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, lange Arbeitswege zu heimischen Einzelhändlern und Erzeugern die Chance,
es -20,3
sich mit den Beschäftigten LK Altenkirchen
des tertiären Sektors, de- stechen. vermeiden und damit die Standortattraktivität zu erhöhen. ebenso vom wachsenden Trend zum Onlineeinkauf zu
profitieren. Darüber hinaus stellt sich für die Standortsi-
-35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0
ren Anteil (55,3 %) im Vergleich zu Rheinland-Pfalz (68,2 %)
Wanderungssaldo je 1.000 Personen der 18- bis 24-Jährigen
Laut Wirtschaftsförderung des Kreises bekommen die
deutlich niedriger ist. Altersstruktur ärztl. Versorgung
Unternehmen die Verknappung von Fachkräften zuneh-
Bezüglich der Kaufkraft hat der Landkreis bis 2017 im Lan- cherung des lokalen Einzelhandels die Herausforderung,
desvergleich stark aufgeholt, danach folgt die Entwicklung neue Konzepte aufzustellen, die generell die Innenstädte
mend zu spüren. Daher bestehen verschiedene Ansätze,
100% dem stagnierenden, leicht abfallenden Trend. Die Kauf- beleben und damit auch mehr Menschen zum Einkauf vor
mit denen auf die Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten
Ort zu animieren.
vor Ort aufmerksam gemacht wird, wie die „Ausbildungsfi-
80% 0,5
bel 2021“ oder der „Schnuppertag für Ausbildungsberufe in
Primärer Sektor
der Metall- und Elektrobranche“. Mit der Initiative „Wester-
60% 44,1
Sekundärer Sektor wälder Naturtalente“ arbeitet der Landkreis mit den Land- 4.6 FORST- UND LANDWIRTSCHAFT
55,3
kreisen Neuwied und dem Westerwaldkreis zusammen,
40% Tertiärer Sektor
Der Naturraum in der Gebietskulisse ist durch die Land- Landwirtschaft: Der Anteil der landwirtschaftlich genutz-
um Fachkräfte für die Region zu gewinnen. Die Anzahl der
Existenzgründungen ist im Landkreis Altenkirchen in den und Forstwirtschaft geprägt. Über 82 % der Flächen wer- ten Fläche liegt im Durchschnitt bei etwa 31 %, in der VG Al-
20% den land- und forstwirtschaftlich genutzt. tenkirchen-Flammersfeld sogar bei etwa 46 %. Von 1991 bis
Jahren 2017 bis 2019 im Vergleich zu Rheinland-Pfalz ge-
ringfügig unterdurchschnittlich. Das Pendlersaldo im LK Al- 2010 ist die Zahl der aktiven landwirtschaftlichen Betriebe
0% Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor
Primärer Sektor
Forstwirtschaft: Der Flächenanteil des Waldes in Rhein-
tenkirchen ist negativ: 14,4 % der Berufstätigen im erwerbs- der Region um mehr als 60 % zurückgegangen, dagegen
Abbildung 7: Anteil der Beschäftigten nach Sektoren
Hausärzte im LK Al-
Fachärzte Psychotherapeuten land-Pfalz liegt bei ca. 41 %, der des Landkreises Altenkir- hat die Flächennutzung je Betrieb deutlich zugenommen.
fähigen Alter pendeln aus der Region aus. Das stärkste
tenkirchen 2019 (Quelle: StaLa RLP)
negative Pendlersaldo weist die VG Hamm (-29,5 %) auf, chen liegt mit 51 % deutlich über diesem Landesschnitt. Zum Stand 2020 gab es im Landkreis Altenkirchen noch
30 bis 39 Jahre 40 bis 44 45 bisden
49 geringsten50negativen
bis 54 Pendlersaldo die VG Altenkir- Die Waldwirtschaft der Region ist teils sehr kleinstrukturiert rund 500 Landwirtschaftsbetriebe, in den 1970er Jahren
chen-Flammersfeld (-8,8 %). mit einem hohen Anteil an Privatwald, der u. a. durch Hau- waren es noch rund 2.600. Etwa 100 Betriebe sind über 50
55 bis 59 60 bis 64 65 bis 69 Über 70 bergsgenossenschaften bewirtschaftet wird. ha groß, die beiden größten Betriebe besitzen ca. 350 ha.
Bei den Betrieben im Unterkreis (VG Wissen, Hamm, Alten-
Klimawandel, Waldkalamität und Borkenkäfer stellen vor kirchen-Flammersfeld) handelt es sich hauptsächlich um
allem in den letzten zwei bis drei Jahren die von Fichten- Grünland und Ackerbau, im Oberkreis (VG Kirchen, Betz-
-7,6 VG Wissen kulturen geprägte Forstwirtschaft der Region vor große dorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf) um Grünland (Mut-
Herausforderungen. So ist einerseits die Wiederbewal- terkuhhaltung, Milcherzeugung).
-8,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld dung zu leisten, für den Walderhalt aber auch ein kosten-
deckender Absatz des Holzes zu erzielen. Da aktuell mit
-12 VG Daaden-Herdorf dem Borkenkäferholz kaum Gewinn zu erzielen ist, besteht
die Gefahr, dass Privatwaldbesitzer die Forstbewirtschaf-
-15,1 VG Betzdorf-Gebhardshain tung aufgeben.
-20,2 VG Kirchen (Sieg)
-29,5 VG Hamm (Sieg)
-14,4 LK Altenkirchen
-35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0
Pendlersaldo in % an der Bevölkerung (15–64 Jahre)
5
Quelle: Potenzialanalyse Coworking Spaces in Altenkirchen,
Abbildung 8: Pendlersaldo 2019 im Landkreis Altenkirchen (Quelle: StaLa RLP) Dezember 2021
16 17
Ländliche Bodenordnung/Wegebau Wichtigste Form der Landwirtschaft ist die Rinderhaltung, Das Projekt soll auch dazu dienen, die Zukunft der regio-
Die Landwirtschaft leistet in der Region Westerwald-Sieg dass auch Maßnahmen der ländlichen Bodenordnung jedoch ist die Zahl der Rinderhaltung und der Milchbetrie- nalen Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Klima-
einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der attraktiven Kultur- und des Wirtschaftswegebaues außerhalb des LEADER- be rückläufig. Im Jahr 2020 bestanden im Landkreis Alten- schutz und Gesellschaft zu beleuchten und erforderliche
landschaft. Als Wirtschaftsfaktor geht ihre Rolle über die Ansatzes mit einem erhöhten Fördersatz gefördert wer- kirchen rund 330 Betriebe, darunter 70 Milchbetriebe sowie Veränderungsprozesse zu konzipieren und anzustoßen.
Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln hinaus, sie den, wenn diese Maßnahmen in besonderem Maße die Mutterkuhbetriebe, Mastbetriebe und die Hobbyhaltung. Ansätze zur gemeinschaftlichen Vermarktung regionaler
ist ein unerlässlicher Teil regionaler Wertschöpfungsket- Ziele der Umsetzung der LILE unterstützen. Die gilt ana- Nach Angaben des Kreises ist ein klarer positiver Trend bei Produkte finden sich u. a. über das umgesetzte LEADER-
ten. Die Umsetzung nachhaltiger Konzepte und die Unter- log auch für weitere Investitionen in kleine Infrastrukturen der Tieranmeldung im Bereich der Geflügelhaltung zu er- Projekt einer Broschüre, die über Angebote zur Direktver-
stützung der Agrarstrukturverbesserung tragen daher zur (bspw. Radwege), mit denen die Region entwickelt und die kennen. marktung in der Region informiert, die „Westerwald-Box“
ländlichen Entwicklung in der Region bei. Dazu gehören Lebensqualität für die Bevölkerung verbessert werden. Die der Initiative „Wir Westerwälder e. V.“ oder einen Regional-
neben agrarstrukturellen Maßnahmen, wie Bodenordnung LAG wird in ihren Regeln zur Auswahl von Vorhaben hierfür Seit 2021 ist das Gemeinschaftsprojekt „Der Landwirtschaft laden wie das „Unikum“ in Altenkirchen, der Produkte aus
und Wirtschaftswegebau, auch Maßnahmen zur Diversi- spezifische Verfahren festgelegen, um auf Antrag außer- ein Gesicht geben“ von Landwirten aus den LEADER-Regi- der Region anbietet. Weitere Ausbauoptionen von Regio-
fizierung, zur Direktvermarktung oder der Umstellung auf halb des LEADER-Ansatzes eine um 10 Prozentpunkte er- onen Raiffeisen-Region, Rhein-Wied und Westerwald-Sieg nalvermarktungsansätzen sind zu prüfen. Wie bereits in
besondere Produktionsformen. Daher wird angestrebt, höhte Förderung zu ermöglichen. in Umsetzung, um über eine Kampagne und Dialogveran- der vorausgehenden LILE festgestellt, mangelt es weiterhin
staltungen den Wert der heimischen Landwirtschaft auch an Verarbeitungsmöglichkeiten land- und forstwirtschaft-
im Hinblick auf die regionale Identität deutlich zu machen. licher Produkte in der Region, die zu einer Erhöhung der
Wertschöpfung beitragen können.
100
75
4.7 TOURISMUS UND KULTURLANDSCHAFT
Anteil in %
36,9
50 59,8 39,2 55,6
52,4 70
Die Kulturlandschaft der Region Westerwald-Sieg ist ge- Als historische Besonderheiten der Region sind vor allem
25 46,3
35,5 prägt durch das tief eingeschnittene Tal des Siegverlaufs der Bergbau und die Grubenwelten zu nennen, die damit
21,9 21,8 28,4
15,5 sowie weitere Fluss- und Bachläufe, durch die landwirt- einhergehende Industriekultur sowie bekannte Persönlich-
0
schaftlich genutzten Flächen und durch die dem Wester- keiten wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen oder August Sander,
wald typischen und namensgebenden Waldbestände. Der die bislang jedoch nur wenig herausgestellt und in Wert
weit über die Region hinaus bekannte Begriff „Westerwald“ gesetzt sind.
steht für Wald, Erholung und Ruhe. Entlang des Flusslaufes
bestehen teils steile Felsgruppen. Besonders prominent ist Die Region Westerwald-Sieg gehört zu den Tourismusdes-
Landwirtschaftsfläche Waldfläche
der Druidenstein als Teil des Geoparks Westerwald-Lahn- tinationen „Naturregion Sieg“ und „Westerwald“. Durch die
Taunus. Touristisches Kapital der Region sind Wander- und übergeordneten Organisationen werden folgende The-
Radwege, die durch die Landschaft, entlang von Natur- men und Zielgruppen angesprochen:
Abbildung 9: Prozentualer Anteil Landwirtschafts- und Waldflächen nach VG, Stand: 31.12.2019 (Quelle: StaLa RLP) denkmälern und der Sieg führen.
NATURREGION SIEG WESTERWALD
800 45
Flächennutzung je Betrieb in ha
Anzahl landwirtsch. Betriebe
700 40
35
Zielgruppe • Aktive Naturgenießer • Wanderer
600 • Familien • Aktive Naturgenießer
500
30
• Kurzurlauber • Vielseitig Aktive
400
25 • Tagesausflügler
20
300
15 Themen • Wandern Leitthemen: Ergänzende Themen:
200 10 • Radfahren • Wandern • Genuss & Kulinarik
100 5 • Wasseraktivitäten • Radfahrer • Kunst & Kultur
0 0 • Camping • Wellness
1999 2001 2003 2005 2007 2010 2016 • Tradition
Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe
Tabelle 2: Fokussierung zentraler Themen und Zielgruppen durch die übergeordneten Tourismusorganisationen. Eigene Dar-
Flächennutzung je landwirtschaftlichen Betriebs in ha
stellung nach Seiz, A., Helleisz, L. (2021): Produktentwicklung und Tourismusstrukturen im LK Altenkirchen.
Abbildung 10: Entwicklung der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe und der Flächengrößen 1999–2016 im LK AK (Quelle: StaLa RLP)
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