LOKALE INTEGRIERTE LÄNDLICHE ENTWICKLUNGSSTRATEGIE (LILE) DER REGION WESTERWALD-SIEG 2023-2029
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IMPRESSUM Landkreis Altenkirchen Der Landrat Parkstr. 1 57610 Altenkirchen Bearbeitung Susanne Neumann und Karolina Düthorn Tourismus-, Standort- und Regionalentwicklung GmbH & Co KG Esbach 6, 88326 Aulendorf info@neulandplus.de www.neulandplus.de In Zusammenarbeit mit der Lokalen Aktionsgruppe Westerwald-Sieg und unter breiter Beteiligung von regionalen Akteuren, Expert/innen und Bewohner/innen Gestaltung Fouad Vollmer Werbeagentur Bilder Fouad Vollmer Werbeagentur, Dominik Ketz Die Erstellung der LILE wurde gefördert durch Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Hier investiert Europa. Dieses Angebot wird im Rahmen des Entwicklungsprogramms EULLE unter Beteiligung der Europäischen Union und des Landes Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministe- rium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten unterstützt.
INHALTSVERZEICHNIS 1 Zusammenfassung 4 2 Die Region Westerwald-Sieg 6 3 Abgrenzung des LEADER-Aktionsgebietes 7 3.1 Gebietskulisse und Veränderung 7 3.2 Homogenität aus mehreren Perspektiven 9 4 Beschreibung der Ausgangslage 10 4.1 Raum und Siedlungsstruktur 10 4.2 Mobilität 11 4.3 Bevölkerungsstruktur und demografische Entwicklung 12 4.4 Soziale Infrastruktur und Daseinsvorsorge 14 4.5 Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 16 4.6 Forst- und Landwirtschaft 17 4.7 Tourismus und Kulturlandschaft 19 4.8 Kultur, ehrenamtliches Engagement und Vereinsleben 21 4.9 Klimaschutz, Energie und Resilienz 21 4.10 Digitalisierung 22 4.11 Übergeordnete Planungen 23 5 Gebietsanalyse: SWOT- und Bedarfsanalyse 24 5.1 Ableitung der Stärken und Schwächen sowie der Chancen und Risiken 24 5.2 Bedarfsanalyse 29 6 Vorerfahrungen aus der vorangehenden Förderperiode (LEADER) 31 7 Ergebnisse der Ex-ante-Evaluierung 31 7.1 Prozess der Ex-ante-Evaluierung 31 7.2 Grundlegende Bewertungen des bisherigen Prozesses 32 7.3 Empfehlungen für die verbleibende und eine mögliche neue Förderlaufzeit 33 8 Leitbild und Entwicklungsstrategie 34 8.1 Leitidee und Handlungsfelder 34 8.2 Entwicklungsstrategie und Zielsetzungen 35 8.3 Priorisierung der Handlungsfelder und Verteilung der Fördermittel 39 9 Aktionsplan 39 9.1 Startmaßnahmen 39 9.2 Angedachte Kooperationen 43 9.3 Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit 43 9.4 Aktions- und Meilensteinplanung 44
10 Einbindung der örtlichen Gemeinschaft 45 10.1 Einbindung bei der LILE-Erstellung 45 10.2 Zukünftiges Beteiligungskonzept 48 11 Die Lokale Aktionsgruppe (LAG) 48 11.1 Struktur der LAG 49 11.2 Zusammensetzung der LAG und Kompetenzen 50 12 Regionalmanagement 51 13 Förderbedingungen 52 14 Verfahren der Vorhabenauswahl 53 15 Darstellungen zur Kooperation mit anderen Programmen und Gebieten 59 16 Finanzplan 60 17 Begleitung und Evaluierung der Förderperiode 2023–2027 (+2) 63 18. Anlagen 65 Anlage 1 – Karte der Gebietskulisse 66 Anlage 2 – LOIs zu den angedachten Kooperationen 67 Anlage 3 – Output-Indikatoren je Handlungsfeld und Handlungsfeldzielen 68 Anlage 4 – Weitere Projektideen je Handlungsfeld aus dem Beteiligungsprozess 71 Anlage 5 – Liste der Interviewpartner (Expertengespräche) 74 Anlage 6 – Übersicht Beschlussfassungen zur Bereitstellung der unabhängigen öffentlichen Mittel 75 Anlage 7 – Entwurf der Geschäftsordnung 76 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ADD Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz AK Altenkirchen HF Handlungsfelder LAG Lokale Aktionsgruppe LEP Landesentwicklungsprogramm LILE Lokale Integrierte Ländliche Entwicklungsstrategie LK Landkreis LOI Letter of Intent RLP Rheinland-Pfalz StaLa Statistisches Landesamt VG Verbandsgemeinde Hinweis zur Schreibweise: Der besseren Lesbarkeit verwenden wir im folgenden Text vorwiegend die männliche Schreibweise, gleichwohl Frauen stets mitgemeint sind.
1. ZUSAMMENFASSUNG DIE REGION WESTERWALD-SIEG Wirtschaft: Das produzierende Gewerbe ist der domi- Die Region Westerwald-Sieg ist ein Zusammenschluss der nierende Wirtschaftszweig der Region, die Mobilisierung sechs Verbandsgemeinden (VG) Altenkirchen-Flammers- von Arbeitskräften in und für die Region wird zunehmend feld, Betzdorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf, Hamm wichtiger. Land- und Forstwirtschaft prägen das Erschei- (Sieg), Kirchen (Sieg) und Wissen, die mit insgesamt 93 Ein- nungsbild der Region, die Erschließung neuer Wertschöp- zelgemeinden im Landkreis Altenkirchen liegen. Über die fungsansätze und ein gelingender Waldaufbau stellen Kreisverwaltung, bei der die Lokale Aktionsgruppe (LAG) zu- Zukunftsaufgaben für die Region dar. Die Begegnung der künftig weiter angesiedelt werden soll, ist der Kreis ebenso Herausforderungen durch Transformationsprozesse, Kli- in die Region eingebunden. Die Zusammenarbeit hat ihren mawandel und Digitalisierung sind wesentliche Aufgaben Ursprung im Jahr 2015 durch die Bewerbung als LEADER-Re- für die heimischen Betriebe. gion für die Förderperiode 2014–2020. Der Name der Regi- Besondere Naturräume, Naherholung und Tourismus: on begründet sich über die nördliche Lage im Westerwald, Natur- und Kulturlandschaft bieten Potenziale für einen wobei das durch die „Sieg“ eingeschnittene Tal den Über- weiteren Ausbau der Naherholung und eine Erhöhung der gang vom Westerwald zum Siegerland darstellt. In der um Wertschöpfung, vor allem aber auch im Hinblick auf eine die ehemalige VG Gebhardshain (heute VG Betzdorf-Geb- Erhöhung der Freizeitangebote für die hier lebenden Men- hardshain) erweiterten Region leben 116.947 Menschen auf schen und eine stärkere Identifizierung mit den Besonder- einer Fläche von rund 570 km2. Verflechtungen bestehen heiten der Region. Verbindungslinien sind innerhalb der über institutionalisierte Kooperationen wie die Branchen- Region, aber auch in die benachbarte Naturregion Sieg zu initiative Metall, dem Westerwald-Touristik-Service, die schaffen. Naturregion Sieg oder dem Klimaschutzmanagement auf Kreisebene. Seit 2015 arbeiten die Verbandsgemeinden Ressourcen- und Klimaschutz: Die Region ist über ver- und der Kreis (noch ohne Gebhardshain) über die LEADER- schiedene Maßnahmen der öffentlichen Hand im Bereich Förderung zusammen. Klimaschutz gut aufgestellt, Ansätze im Bereich der Elek- tromobilität sind vorhanden. Eine weitere Sensibilisierung BETEILIGUNG für die Themen Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz Die Erstellung der LEADER-Bewerbung basiert auf breit an- auch bei den Bürgerinnen und Bürgern bietet die Chan- gelegten Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen der ce, einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine Region: Drei offene themenbezogene Workshops, 17 Exper- resiliente Aufstellung auch im Hinblick auf zukünftige Pla- teninterviews, zwei LAG-Sitzungen, die Einrichtung einer nungen steht im Fokus. digitalen Beteiligungsplattform inklusive eines Extra-Fo- Verkehr und Mobilität: Insgesamt ist eine gute Anbin- rums für Jugendliche und ein Abschlussforum gestalteten dung durch den ÖPNV und die Anbindung über die Bahn den Beteiligungsprozess. Für die zukünftige Umsetzung der gegeben, aber der ÖPNV als klimafreundlicher Mobilitäts- LILE soll die Bürgerbeteiligung fortgesetzt, beziehungswei- ansatz noch unzureichend genutzt. Auch fehlt es an ver- se um neue Formate auch speziell zur Einbindung junger kehrssicheren Anbindungen im Fahrradverkehr. Eine Akti- Menschen, ausgeweitet werden. vierung dieser Potenziale steht daher künftig im Fokus. SWOT-ANALYSE UND ABGELEITETE Kommunalentwicklung: Mögliche Lücken in der medi- HANDLUNGSBEDARFE zinischen Versorgung und der Gesundheitsfürsorge, die sich durch die aktuellen Alterstrukturen der Hausärzte und Bevölkerung und Demografie: Die Entwicklung der Fachkräftemangel ergeben können, sind zu vermeiden, Einwohnerzahlen ist in der Gesamtregion in den letzten intelligente Nahversorgungssysteme zu sichern. Ansprü- zehn Jahren rückläufig, die Wanderungssalden sind v.a. che an Wohnformen auch für junge Menschen, neue Be- in der Altersgruppe der 18-24-Jährigen hoch. Die demo- gegnungsräume für Alle und eine resiliente Aufstellung der grafische Entwicklung und die aus ihr resultierenden Pro- Region sind weitere Themen, die in der Region bearbeitet blemlagen bringen Herausforderungen in Bezug auf werden müssen. veränderte Ansprüche und Ausstattung an die gesund- heitliche und an die Nahversorgung sowie an das Kulturelles Leben: Das Vereinsleben ist in der Region stark gesellschaftliche und soziale Leben in der Region mit ausgeprägt und gestaltet das Freizeit- und Kulturange- sich. bot maßgeblich mit. Angesichts der Herausforderungen in Vereinen und Ehrenamt, wie Mitgliederschwund oder formale Vorgaben, sind Maßnahmen notwendig, die ein attraktives gesellschaftliches Leben mit entsprechenden Kultur- und Freizeitangeboten sicherstellen. 4
REGIONALE STRATEGIE Westerwald-Sieg stellt mit dem Leitsatz „Gemeinsam die Die LEADER-Neubewerbung betrachtet die Region als Region generationengerecht, nachhaltig, lebenswert Chance, die Erfahrungen aus der laufenden Förderpe- und vielfältig gestalten!“ die Säulen für ihren Entwick- riode zu nutzen und zukünftig in deutlich stärkerem Maße lungsansatz auf. Sie leitet aus den Handlungsbedarfen interkommunal zusammenzuarbeiten und gemeinsa- drei Handlungsfelder ab, die sie mit 15 Handlungsfeldzielen me Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Die Region und sechs Querschnittszielen untersetzt. HANDLUNGSFELD 1: HANDLUNGSFELD 2: HANDLUNGSFELD 3: Wohnstandort Wirtschaftsstandort Kulturstandort Westerwald-Sieg: Lebenswert Westerwald-Sieg: Westerwald-Sieg: und generationengerecht Innovativ und nachhaltig Vielfältig und attraktiv Handlungsfeldziele 1.1 Schaffung bzw. Sicherung von 2.1 Unterstützung der Fachkräftesicherung 3.1 Sicherung, Aufbereitung und In- lebendigen Ortmitten durch der regionalen Betriebe durch Kommunika- wertsetzung des kulturellen Erbes mit barrierefreie Freiraumgestaltung, tion des Wohn-, Freizeit- und Arbeitsstand- seinen regionalen Besonderheiten zur neue Wohnkonzepte sowie von ortes, Netzwerke sowie spezielle zielgrup- Identitätsstärkung und Bildung eines Begegnungsräumen penspezifische Maßnahmen regionalen Geschichtsbewusstseins 1.2 Aufbau von Strukturen und 2.2 Förderung von neuen Arbeitsformen 3.2 Stärkung des Ehrenamts in Ver- Ausbau der Angebote, um gut und Innovation für und durch Gründungs- einen und Initiativen durch neue im Wohnort alt zu werden, von initiativen, Existenzgründungen, Betriebs- Begleitungsmodelle sowie von Klein- jugend- und familienspezifischen erweiterungen projektförderprogrammen für die sowie generationsübergreifenden Vereinsarbeit Freizeitformaten 1.3 Sicherung und Anpassung der 2.3 Weiterentwicklung und Qualitätsstei- 3.3 Förderung einer vielfältigen, mo- lokalen und regionalen Versor- gerung touristischer Angebote und Infra- dernen, erlebbaren und teilhabeori- gungsangebote, insbesondere strukturen mit dem Fokus „Outdoorregion“ entierten Soziokultur, insbesondere in in den Bereichen Handel und sowie Inwertsetzung der Themen Bergbau, den Bereichen Musik, Theater, (inter-) Gesundheit Grubenwelten und bekannter Persönlich- kulturelle und politische Bildung keiten 1.4 Ausbau nachhaltiger Mobili- 2.4 Digitale Transformation in den Sek- 3.4 Förderung von nachhaltiger tätslösungen und Infrastruktur im toren Tourismus, Handel und Handwerk Bildung in den Bereichen Kultur und Bereich ergänzende Mobilitätsan- durch Beratung, Qualifizierung sowie Kunst, Ökologie und nachhaltige gebote, innerörtliche wie regionale Investitionen in Verbundmaßnahmen in Kommunalentwicklung Radverkehre, E-Mobilität sowie ver- Vertrieb, Buchung und Marketing netze Mobilität mit dem ÖPNV 1.5 Förderung der Klimaneutralität 2.5 Förderung von Diversifizierungen in 3.5 Stärkung von Naturschutz und und -anpassung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Landschaftspflege Energiewende und der Infrastruk- damit verbundenen verarbeitenden und tur sowie der Ressourceneinspa- vermarktenden Betriebe, insbesondere rung entlang der Wertschöpfungsketten in der ländlichen Bioökonomie Querschnittsziele Imagestärkung und Profilierung • Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Resilienz • Demografiesensible Entwicklung • Digitalisierung • Wissensaustausch • Chancengleichheit 5
UMSETZUNG Startmaßnahmen und Prozess: Im Rahmen der Erstel- lung der LILE sind über 50 Projektideen zu den aufgestellten Handlungsfeldern von Akteuren aus der Region eingegan- gen. Davon sind neun Startmaßnahmen ausgearbeitet, die in den Jahren 2023–2024 initiiert werden können. Die Umsetzung dieser Maßnahmen, die Anbahnung der ge- planten drei Kooperationen sowie Maßnahmen zum Pro- zessmanagement sind im Aktionsplan aufgegriffen und mit einer Meilensteinplanung versehen. Die Organisation von Monitoring und Evaluierungsmaßnahmen betrach- tet die Region als eine wichtige Steuerungsaufgabe im Prozess. Verschiedene Beteiligungsformate stellen auch zukünftig die Einbindung der Menschen aus der Region sicher. Jugendliche werden über eigene Formate einbe- zogen. Lokale Aktionsgruppe (LAG): Die Zusammensetzung der Projektauswahl: Die Auswahl und Priorisierung der Pro- LAG wurde mit den Schwerpunkten der Strategie abge- jekte erfolgt mit Hilfe der in der Entwicklungsstrategie auf- stimmt und 15 Akteure aus der Region haben ihre Bereit- gestellten Projektbewertungsmatrix. Diese beruht auf einer schaft zur Mitarbeit erklärt. Der Anteil der Wirtschafts- und Kriterienliste mit 18 Kriterien, die auf die Ziele der Strategie Sozialpartner liegt bei 67 %, der Frauenanteil bei 40 %. ausgerichtet sind und eine transparente Auswahl der Förderprojekte erlauben. Die LAG entscheidet auf dieser Regionalmanagement: Der Landkreis richtet eine Ge- Grundlage über die Förderwürdigkeit der Projekte. schäftsstelle ein, die mit 1,5 Arbeitskräften ausgestattet wird. Neben der Beratung und Unterstützung der Projekt- Finanzierung: Ausgangsbasis für die Finanztabellen ist träger wird eine wesentliche Aufgabe des Regionalma- die voraussichtlich zur Verfügung gestellte Summe von 2,2 nagements sein, die Zusammenarbeit der Akteure in der Mio. Euro LEADER-Fördermittel. Die Verbandsgemeinden Region und gebietsüberschreitende Kooperationen zu un- und der Kreis haben für die Bereitstellung der erforderli- terstützen. Öffentlichkeitsarbeit ist als dauerhaft und kon- chen Summe zur Kofinanzierung in Höhe von 220.000 Euro tinuierlich zu leistende Arbeit angelegt, um Ziele, Projekte entsprechende Beschlüsse gefasst. und Beteiligungsansätze zu kommunizieren. 2. DIE REGION WESTERWALD-SIEG Die Region „Westerwald-Sieg“ ist in der aktuell laufenden Nach wie vor liegt der Regionsname darin begründet, dass LEADER-Förderperiode 2014–2020 als LEADER-Region aner- die Gebietskulisse in ihrer Gestalt dem nördlichen Teil des kannt worden und stellt sich mit der vorliegenden Strate- Westerwaldes entspricht und hierbei das durch die „Sieg“ gie für die neue Förderperiode mit einer leicht veränderten eingeschnittene Tal den Übergang vom Westerwald zum Gebietskulisse auf. Siegerland darstellt. 6
3. ABGRENZUNG DES LEADER-AKTIONSGEBIETES 3.1 GEBIETSKULISSE UND VERÄNDERUNG Das Gebiet der LEADER-Region Westerwald-Sieg umfasst und VG Betzdorf-Gebhardshain. Mit der Erweiterung um in der laufenden Förderperiode 2014–2020 (+2) die Ver- die Gemeinden der ehemaligen VG Gebhardshain um- bandsgemeinde (VG) Altenkirchen (heute: Teil der VG Al- fasst die neue Region Westerwald-Sieg 93 Einzelgemein- tenkirchen-Flammersfeld), die VG Daaden-Herdorf, die VG den. Alle Verbandsgemeinden liegen im Landkreis Altenkir- Hamm (Sieg), die VG Wissen, die VG Kirchen (Sieg) sowie chen. Mit dieser Gebietskulisse wird erneut eine Ausnahme die ehemalige VG Betzdorf (heute: Teil der VG Betzdorf- von der geforderten Vorgabe gemacht, nach der Gemein- Gebhardshain). Die Aufstellung der Region umfasste bei den aus mindestens zwei Landkreisen eingebunden sein der Bewerbung insgesamt 80 Gemeinden. Im Jahr 2017 er- müssen. Dieser Umstand war bereits für die Förderperiode folgte eine Ergänzung des Gebietes um die ehemalige VG 2014-2020 gegeben, wurde mit dem Ministerium diskutiert Herdorf aufgrund der Fusion der VGn Daaden und Herdorf. und die damals beteiligten Verbandsgemeinden der Regi- on Westerwald-Sieg wurden schließlich als LEADER-Region Gebietskulisse für die Förderperiode 2023–2029: Mit der ausgewählt und anerkannt. Damals wie heute gilt als Be- Erweiterung der Region wird nun die gesamte VG Betzdorf- gründung für diese Ausnahme: Der Landkreis Altenkirchen Gebhardshain zur Gebietskulisse gezählt. Die ehemals ist der am nördlichsten gelegene Landkreis in Rheinland- eigenständige Verbandsgemeinde Gebhardshain steht, Pfalz und sowohl nach Norden wie Osten hin durch die nicht zuletzt durch die erfolgte Fusion mit Betzdorf, gegen- Landesgrenze eingefasst, die direkt an Nordrhein-Westfa- wärtig bereits in engem Bezug zur aktuellen LEADER-Re- len angrenzt. Benachbarte Landkreise sind dort der Rhein- gion. Ohne eine Eingliederung würden der Gemeinde auf- Sieg-Kreis, der Oberbergische Kreis, der Kreis Olpe und der grund der mangelnden Möglichkeiten der Zuordnung zu Kreis Siegen-Wittgenstein. Südlich und westlich benach- anderen LEADER-Regionen die Chancen genommen, die bart in Rheinland-Pfalz liegen der Westerwaldkreis und der das LEADER-Programm zu bieten hat. Vor dem Hintergrund, Landkreis Neuwied. Deren angrenzend liegende Kommu- dass die Gemeinden der ehemaligen VG Flammersfeld nen waren und sind jedoch bereits in andere LEADER-Ku- in der aktuellen LEADER-Förderperiode (2014–2020) so- lissen eingebunden. Mit den entsprechend benachbarten wie in der Erstellung der neuen LILE als Neubewerbung für LAGn „Westerwald“ und „Raiffeisen-Region“ bestehen vor 2023–2029 bereits Teil der benachbarten LEADER-Region allem in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung einige Raiffeisen-Region sind und sich historisch bedingt und in Gemeinsamkeiten, sodass bereits in der aktuellen För- sozialer Orientierung nach Neuwied ausrichten, wird die derperiode in Projekten zusammengearbeitet wird. Eine fusionierte VG Altenkirchen-Flammersfeld exklusive dieser Fortführung dieser Kooperationen, erweitert um die Zu- Gemeinden Teil der LEADER-Region Westerwald-Sieg sein. sammenarbeit mit allen dem geografischen Westerwald zugehörigen Regionen, wurde im Rahmen der LILE-Erstel- Die geplante LEADER-Region stellt somit erneut einen lung bereits abgestimmt (siehe Anlage 2). In der kommen- Zusammenschluss von sechs Verbandsgemeinden den Förderphase möchte die Region darüber hinaus auch (VG) dar: VG Altenkirchen-Flammersfeld (exklusive der verstärkt länderübergreifend arbeiten. Eine Zusammen- Gemeinden der ehemaligen VG Flammersfeld), VG Hamm arbeit mit der in NRW liegenden, benachbarten LAG „Vom (Sieg), VG Wissen, VG Kirchen (Sieg), VG Daaden-Herdorf Bergischen zur Sieg“ sowie eine internationale Kooperation mit einer LAG in Belgien sind bereits konkret geplant. Abbildung 1: Gebietskulisse der Region Westerwald-Sieg 2023– 2029 (Darstellung: neuland+) – siehe Anlage 1 (Seite 66) 7
Natur- und strukturräumliche Lage: Die 93 Einzelge- ten und offenlandbetonten Mosaiklandschaft, der Fluss- meinden der Gebietskulisse wurden im Rahmen der Kom- landschaft in der Ebene (Sieg) und der Tallandschaft der munal- und Verwaltungsreform zu Verbandsgemeinden Kleinflüsse und Bäche im Mittelgebirge. zusammengefasst. Die Gebietskulisse entspricht dem nördlichen Teil des Westerwaldes und das durch die Sieg Bevölkerungszahl und Entwicklung: Insgesamt leben geprägte Tal bildet den Übergang vom Westerwald zum 116.947 Menschen in der neu geplanten LEADER-Region Siegerland. Nach dem Landesentwicklungsplan (LEP) be- Westerwald-Sieg (Stand 2020). Bezogen auf die Gesamt- inhaltet die Region die Landschaftstypen der waldbeton- fläche von 568,45 km2 ergibt sich eine durchschnittliche Einwohnerdichte von 205,73 Einwohnern je km2. Region Westerwald-Sieg Einwohner (2020) Fläche in km2 Einwohner/km2 VG Altenkirchen-Flammersfeld 23.176* 155,07 149,5 VG Betzdorf-Gebhardshain 26.064 73,5 354,6 VG Daaden-Herdorf 17.407 79,05 220,2 VG Hamm (Sieg) 12.719 42,28 300,8 VG Kirchen (Sieg) 22.806 127,07 179,5 VG Wissen 14.775 91,49 161,5 LEADER-Region 116.947 568,45* 205,73 Tabelle 1: Bevölkerung nach Verbandsgemeinden im Jahr 2020 (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz) Verkehrslage und -anbindung: Über die Bahnlinie ent- die nächstgelegene Autobahn die A3, im Osten die A45 lang der Sieg ist ein Anschluss an die Städte Köln, Bonn und im Norden die A4. Ein dichtes Netz an Bundes- und und Siegen gegeben sowie ebenso an die großräumi- Landstraßen gewährleisten die Zufahrt zu diesen. Inner- gen Schienennetzverbindungen mit ICE-Haltepunkten bei halb der Region besteht ein ausgebautes Kreisstraßen- Montabaur und Siegburg. In der Region Westerwald-Sieg netz von über 400 Kilometern Länge. besteht keine direkte Autobahnanbindung. Im Westen ist Abbildung 2: Schematische Karte des überregionalen Straßenverkehrsnetz (Quelle: LK Altenkirchen) * Berechnung: Daten abzüglich der Daten der Gemeinden der „Alt“-VG Flammersfeld 8
3.2 HOMOGENITÄT AUS MEHREREN PERSPEKTIVEN (Natur-)räumliche Homogenität: Der Landkreis Alten- kirchen liegt im rechtsrheinischen Teil des Rheinischen Schiefergebirges. Die Sieg formt die Teillandschaft der Kleinflüsse und Bäche in der typischen Mittelgebirgsland- schaft. Sie windet sich mit ihren Nebenflüssen in den Aus- läufern des Rothaargebirges und gilt als „Lebensader der Region“. Der in der Vergangenheit strukturbestimmende Erzbergbau, insbesondere im Bereich der VGn Wissen und Hamm, ist zum Erliegen gekommen, jedoch haben die Gruben ihre Spuren im Landschaftsbild hinterlassen. Der Südosten des Kreises weist Hochflächencharakter auf. Soziale und kulturelle Homogenität: Parallel zum natur- Prägendes und flächendeckendes Landschaftselement räumlichen Übergang in der Region besteht auch ein Über- der geplanten LEADER-Region ist der hohe Anteil an forst- gang der historischen Kulturlandschaft des Westerwaldes wirtschaftlich und landwirtschaftlich genutzter Fläche, im Süden zu der des Bergisch-Sauerländischen Gebirges welcher eine waldbetonte Mosaiklandschaft im Norden im Norden. Die Region ist geprägt durch ihre Geschichte. und eine offenlandbetonte Mosaiklandschaft am südli- Insbesondere zu nennen sind die verbindenden Themen chen Rand der Region bedingt. Zusammengefasst bilden Bergbau/Erzbergbau, die dem Begriff des „Erzberglandes“ die Verbandsgemeinden der Region Westwald-Sieg na- gerecht werden, die Eisenbahnerschließung, die Hau- turräumlich den sichtbaren Übergang vom Westerwald bergswirtschaft und die Wasserwirtschaft. Des Weiteren zum Siegerland. Laut Landesentwicklungsplan (LEP) IV 1 ist haben bekannte Persönlichkeiten wie Friedrich Wilhelm die Region Westerwald-Sieg als verdichteter Bereich bzw. Raiffeisen und August Sander die Region geprägt. Dieses die VG Altenkirchen-Flammersfeld als ländlicher Bereich kulturelle Erbe wirkt heute in die Brauchtumspflege, in Be- mit disperser Siedlungsstruktur einzuordnen. wirtschaftungsstrukturen und in touristische Angebote hin- ein. Kulturell kennzeichnend sind außerdem die zahlreichen Wirtschaftliche Homogenität: In der Region besitzt das Musik- und Schützenvereine sowie Chöre. Bis auf die VG produzierende Gewerbe einen hohen Stellenwert, der Fo- Altenkirchen-Flammersfeld sind alle Verbandsgemeinden kus liegt insbesondere auf der Branche Metallverarbeitung von einer negativen Bevölkerungsentwicklung geprägt und und Maschinenbau. Neben diesem Wirtschaftsprofil zei- dies wird auch für die Zukunft prognostiziert. Auch weitere gen weitere ökonomische Kennziffern und Eigenschaften demografische Indikatoren, beispielsweise die vom de- der Verbandsgemeinden und deren Entwicklung ein ho- mografischen Wandel gekennzeichneten Altersstrukturen, hes Maß an Kohärenz, beispielsweise die positive Arbeits- sind in den Verbandsgemeinden vergleichbar. platzentwicklung, der herausfordernde Fachkräftemangel, die hohe Bildungswanderung oder die durchschnittliche Institutionelle Zusammenarbeit: Es bestehen vielfälti- Kaufkraft. Vereinzelt stechen Ausbrüche der Kennziffern ge und gewachsene Kooperationen und Vernetzungen einzelner Orte/Verbandsgemeinden aufgrund individu- zwischen den Kommunen sowie öffentlichen und sozialen eller Faktoren hervor, wie die Kreisstadt Altenkirchen als Trägern (z. B. die Initiative „Anschluss Zukunft“, Jugend- Mittelzentrum mit entsprechend positiven wirtschaftlichen arbeitskreise, Zusammenarbeit von Bildungsträgern und Kennzahlen. touristischen Sehenswürdigkeiten, Nahwärmeverbund Glockenspitze, Zweckverband Stegskopf). Dazu bestehen Touristisch gilt die Region aufgrund des Naturraums als auf regionaler Ebene institutionalisierte Kooperationen, Naherholungsgebiet und Ziel für Tagestouristen, gefragt beispielsweise die Brancheninitiative Metall, der Wester- sind insbesondere die Rad- und Wanderwege der bereits wald Touristik-Service, die Naturregion Sieg oder das Kli- teilpositionierten „Outdoor“-Region. maschutzmanagement auf Kreisebene. Alle VGn sind in die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald eingebun- den. Durch die landkreisbezogene Lage der Region nimmt die Kreisverwaltung eine bedeutende Stellung ein, die eine enge Verbindung zu den Verbandsgemeinden pflegt. 1 Quelle: Ministerium des Inneren und für Sport (2021): RaumInfo. RLP Landesentwicklungsprogramm 2008 (LEP IV) 9
4. BESCHREIBUNG DER AUSGANGSLAGE Die folgenden Angaben zur sozioökonomischen und infra- Im Folgenden werden einige Angaben auf Landkreisebene strukturellen Situation basieren auf den Daten des Statisti- statt auf regionaler Ebene gemacht. Grund dafür ist der schen Landesamtes Rheinland-Pfalz, weiteren regionalen geografische Zuschnitt der verfügbaren Daten des Statis- und überregionalen Quellen wie z. B. des Thünen-Instituts tischen Landesamtes gegenüber der Regionskulisse, die sowie den geführten Expertengesprächen. nur einen Teil der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flam- mersfeld einschließt (s. Kapitel 3.1). 4.1 RAUM UND SIEDLUNGSSTRUKTUR Die Verbandsgemeinden Kirchen, Wissen, Hamm, Betz- des Thünen-Instituts (2021). Abgesehen der etwas höheren dorf-Gebhardshain und Daaden-Herdorf sind verdichte- Siedlungsdichte sind die Index bildenden Parameter kenn- te Bereiche mit disperser Siedlungsstruktur, zum Großteil zeichnend für die Region. gelten diese Bereiche als Schwerpunktentwicklungsräu- me. Eine solche disperse Siedlungsstruktur liegt ebenfalls Landesplanerisch gelten Wissen, Betzdorf, Kirchen und Al- im ländlich geprägten Bereich in der Verbandsgemeinde tenkirchen als Mittelzentren. Herdorf, Daaden, Hamm und Altenkirchen-Flammersfeld vor. Die untenstehende Karte Gebhardshain sind Grundzentren. An die Region südlich zeigt mittels des Index der Ländlichkeit des Thünen-In- angrenzend liegt das Mittelzentrum Hachenburg, angren- stituts visuell die Abstufungen der überdurchschnittlich zend im Osten das Oberzentrum Siegen. ländlichen Bereiche (Stand 2016). „Die Ländlichkeit ist ten- Laut qualitativen Aussagen gibt es aktuell wenig Leer- denziell umso ausgeprägter, je geringer die Siedlungs- stände zu verzeichnen. Im Rahmen der Experteninterviews dichte, je höher der Anteil land- und forstwirtschaftlicher wurde als einer der möglichen Hauptgründe hierfür die Fläche, je höher der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, gute bis sehr gute Bahnanbindung einzelner Kommunen/ je geringer das Bevölkerungspotenzial und je schlechter Orte der Region genannt (s. Kap. 4.2) sowie die positiven die Erreichbarkeit großer Zentren ist.“, so die Begründung Wanderungssalden (s. Kap. 4.3). Abbildung 3: Raum und Siedlungsstruktur in der LEADER-Region Westerwald-Sieg und Umgebung in RLP und NRW. Index der Ländlichkeit: Wert Null (0) entspricht dem Durchschnitt der Ländlichkeit aller Kreisregionen bzw. Gemeindeverbände in Deutschland. Werte größer als 0 sind dann überdurchschnittlich ländlich, Werte kleiner als 0 unterdurchschnittlich ländlich. Quelle: Ministerium des Inneren und für Sport (2021): RaumInfo.RLP Landesentwicklungsprogramm 2008 (LEP IV) 10
4.2 MOBILITÄT Über die Bahnlinie entlang der Sieg ist ein Anschluss Vor allem in Bezug auf die Erreichbarkeit von Oberzentren an die großräumigen Schienennetzverbindungen mit liegt der Wert deutlich über dem landesweiten Durch- ICE-Haltepunkten bei Montabaur und Siegburg möglich. schnitt. Vor allem Pendler nutzen die sogenannte Siegstrecke für eine Anbindung nach Köln bzw. Aachen. Durch diese Ver- Durch die Planungen beim Schienenverkehr („RLP Takt bindung sind insbesondere die Städte Betzdorf, Kirchen 2015“) und hier insbesondere das ÖPNV-Konzept Nord in und Wissen gut angeschlossen. Werktags besteht tags- Rheinland-Pfalz entstand 2017 ein neuer Nahverkehrs- über von dort aus etwa alle 30 Minuten die Möglichkeit, plan für den gesamten Landkreis Altenkirchen. Dieser ent- Richtung Siegburg und Köln zu fahren. Neben der Orien- hält die 50 bestehenden Buslinien im Kreis, darunter auch tierung nach Montabaur, Köln und Aachen hat auch der neu integrierte RegioBusse und 30 Linienbündel. Ergänzt Bereich Siegen für das Pendeln einen hohen Stellenwert. wurde das Angebot um Nachtfahrten sowie eine Erhö- Auch weitere Gemeinden, die keinen unmittelbaren Bahn- hung der Wochenendfahrten. Kernelement des Plans stel- anschluss haben, profitieren von der Bahnanbindung. So len sogenannte Knotenpunkte dar, so wie der Busbahnhof nutzen zahlreiche Menschen täglich aus dem gesamten in Betzdorf und der Bahnhof in Kirchen, um einen entspre- Kreis und sogar dem Westerwald den nur fünf Autominu- chenden Anschluss an andere Buslinien zu ermöglichen. ten von Hamm liegenden benachbarten Bahnhof Au/Sieg Daneben kommen auch Anruf-Linien-Fahrten (ALF) zum (NRW). Weniger gut angeschlossen sind Daaden, Herdorf Einsatz. Außerdem wurde der Anteil der Niederflurbusse und Altenkirchen. Zur Erreichung eines Oberzentrums ist kontinuierlich erhöht mit dem Ziel, einen 100 %-Anteil des stets ein Umstieg notwendig. Die VG Daaden sowie Betz- barrierefreien Ein- und Ausstiegs zu erreichen. Trotz be- dorf sind über die Daadetalbahn an die Siegschiene an- darfsgerechter Planungen stellt sich die Auslastung eini- gebunden. Die Hellertalbahn (Betreibergemeinschaft) ger Buslinien gering und der private PKW nach wie vor als und auch die Hessische Landesbahn führen von Herdorf das primär genutzte Verkehrsmittel dar. Laut Aussagen nach Dillenburg. aus den thematischen Workshops ist dies v.a. auf (noch) nicht ausreichend vorhandene Kenntnis über das ÖPNV- In der Region Westerwald-Sieg besteht keine direkte Angebot bei den (potenziellen) Nutzern zurückzuführen. Autobahnanbindung, was eine Herausforderung für den überregionalen PKW- und LKW-Verkehr darstellt. Im Wes- Durch den Regionalflughafen Siegerland werden vor ten ist die nächstgelegene Autobahn die A3, im Osten die allem der Landkreis Altenkirchen und der Westerwaldkreis A45 und im Norden die A4. Ein dichtes Netz an Bundes- und an den regionalen Luftverkehr angebunden. Die nächst- Landstraßen gewährleistet die Zufahrt zu den Autobahnen. gelegenen internationalen Flughäfen sind Frankfurt, Köln/ Innerhalb des Kreisgebietes sorgt ein ausgebautes Kreis- Bonn und Düsseldorf. Die Wegezeiten betragen von der straßennetz von über 400 Kilometern Länge für einen flie- Stadt Altenkirchen zum Flughafen Köln/Bonn 50 Min. (ca. 56 ßenden Verkehr. Den Bundesstraßen (B8, B62, B256 und km), zum Flughafen Frankfurt etwa 1 h 20 Min. (ca. 120 km) B414) kommt unter Mobilitätsaspekten eine besondere Be- und 1 h 40 Min. bis zum Flughafen in Düsseldorf (ca. 129 km). deutung zu. Beim Thema der Elektromobilität hat der Landkreis Al- tenkirchen frühzeitig eine Vorbildfunktion eingenommen. Die Erreichbarkeiten zentraler Knotenpunkte in der Regi- So wurde bereits 2014 ein E-Carsharing zur Sensibilisierung on sind wie folgt (Mittel der Wegezeit in Min. gerundet per angeboten, ein Elektromobilitätstag initiiert, E-Fahrzeuge PKW)2: in den eigenen Fuhrpark integriert und ein Solar-Car-Port mit Batteriespeicher errichtet. Im bundesweiten Ladenetz- • ÖPNV-Haltestellen: 2 bis 5 Min. Ranking der Kreise nach sogenanntem A-Wert liegt der (durchschnittliche Wegezeit in RLP: 4 Min.) Landkreis Altenkirchen nur auf Platz 377 von 399, sodass, • Zughaltestellen: 2 bis 9 Min. lässt man den Anteil des privaten Ladens außer Acht, die (durchschnittliche Wegezeit in RLP: 7,7 Min.) Region hier wenig attraktiv für die Nutzung von E-Autos • Supermärkte und Discounter: 1 bis 5 Min. erscheint (Stand 2021, Quelle: Verband der Automobilin- (durchschnittliche Wegezeit in RLP: 4,2 Min.) dustrie e. V. (VDA), online). • Mittelzentren: 1 bis 13 Min. (durchschnittliche Wegezeit in RLP: 7,6 Min.) • Oberzentren: 15 Min. bis 47 Min. (Stand durchschnittliche Wegezeit in RLP: 23,7 Min.) 2 Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Thünen-Landatlas (2014, 2017, 2018) 11
Die Wirtschaftsförderung des LK Altenkirchen startete im Im Jahr 2020 wurden im Rahmen eines LEADER-Projektes Jahr 2021 mit Partnern das Projekt „AzubiMobil“, über das insgesamt 65 „Westerwälder Mitfahrerbänke“ an ausge- der Landkreis aktuell drei Firmen und deren 23 Auszubil- wählten Standorten platziert. Dieses Angebot ergänzt als denden fünf E-Mobile zur Verfügung stellt. Die Gemein- kostenloser Baustein das bestehende Mobilitätsangebot. schaftsinitiative „Wir Westerwälder“ verfolgt ebenfalls das Durch die COVID-19-Pandemie werden die Bänke bisher Thema Elektromobilität und alternative Mobilitätslösungen jedoch nur wenig genutzt. (z. B. Roadshow Elektromobilität 2020 im Rahmen des ge- förderten Projekts „Elektromobilität im ländlichen Raum“; Mitfahrer-App „goFLUX“). 4.3 BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR UND DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG Die Verbandsgemeinden in der Region Westerwald-Sieg hat die Bevölkerung deutlich stärker abgenommen als sind mit Ausnahme von Altenkirchen-Flammersfeld von im gesamten Landkreis Altenkirchen (-2,2 %). Nur Altenkir- einer negativen Bevölkerungsentwicklung in den vergan- chen-Flammersfeld folgt mit einem Bevölkerungszuwachs genen zehn Jahren gekennzeichnet. Insbesondere in den von 1,4 % der zunehmenden Entwicklung in Rheinland-Pfalz Gemeinden Daaden-Herdorf (-5,4 %) und Kirchen (-5,3 %) (+2,4 %). 4 2,4 Bevölkerungsentwicklung in % 2 1,4 0 -2 -0,9 -2 -2,2 -4 -2,6 -6 -5,4 -5,3 -8 Altersstruktur ärztl. Versorgung Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung der VGn der Region Westerwald-Sieg, des LK Altenkirchen und Rheinland-Pfalz von 2010 bis 2020 in % (Quelle: StaLa RLP) 100% 80% 60% 40% 12 20%
Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen kann in der leicht unter dem Landesdurchschnitt (Stand 2020: 9,7 %). geplanten LEADER-Region Westerwald-Sieg insgesamt als Die Wanderungssalden im Durchschnitt der Jahre 2016 bis ausgeglichen beschrieben werden, Frauen sind geringfü- 2019 zeigen eine negative Dynamik, vor allem bei den 18- gig in der Mehrzahl. Der Anteil international Zugewander- bis 24-Jährigen. ter liegt im Landkreis Altenkirchen bei ca. 8 % und damit -16,6 VG Wissen -16,8 VG Betzdorf-Gebhardshain -17,7 VG Kirchen (Sieg) -18,7 VG Hamm (Sieg) -20,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld -32,3 VG Daaden-Herdorf -20,3 LK Altenkirchen -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 Wanderungssaldo je 1.000 Personen der 18- bis 24-Jährigen Abbildung 5: Wanderungssaldo der 18- bis 24-Jährigen 2016–2019 im LK Altenkirchen (Quelle: StaLa RLP) Auch die Bevölkerungsprognose für den gesamten Land- Die Entwicklung der Altersstrukturen zeigt, dass der de- kreis Altenkirchen (Stand 2020) sagt eine deutliche Ab- mografische Wandel im Landkreis Altenkirchen in vollem nahme der Bevölkerungszahl für die kommenden Jahr- Gange ist und nach der Prognose der Altersstruktur für zehnte voraus. Laut der Vorausberechnung einer mittleren 2040 auch zukünftig voranschreiten wird: So verlagerte Variante leben 2070 voraussichtlich 104.312 Personen im0,5 sich die Altersklassenstruktur bezüglich der prozentualen Landkreis. Dies wäre eine Reduktion von rund 19 % des Be- Anteile an der Gesamtbevölkerung zwischen 1990 und völkerungsstandes zum Jahr 2020 mit 129.087 Personen. 2020 im Landkreis Altenkirchen in Richtung der älteren Be- Dieser Prognose stehen allerdings positive Wanderungs- völkerungsgruppen. Die Altersklasse der unter 35-Jährigen salden aus dem Jahr 2020 gegenüber. Diese zeigen für ist von 46,1 44,1 % im Jahr 1990 auf 35,3 % im Jahr 2020 gesun- fast alle Verbandsgemeinden – mit Ausnahme von Wis- ken. Der Anteil der Personen über 65 Jahren ist von 15,8 55,3 sen – positive Werte. Positive Wanderungssalden liegen % im Jahr 1990 auf 22,8 % im Jahr 2020 gestiegen, womit in der VG Altenkirchen-Flammersfeld mit 11 Zuzügen je der Anteil dieser Personen an der Gesamtbevölkerung bei 1000 Einwohnern und der VG Hamm mit 12,8 Zuzügen je über einem Fünftel liegt. Die Bevölkerungsvorausberech- 1000 Einwohnern (Stand 2020) vor. Diese sind höher als nung (mittlere Variante, Basisjahr 2017) zeigt eine weite- die Wanderungssalden des gesamten Landkreises Alten- re Verschiebung der Altersklassenstruktur hin zu weniger kirchen (5,7 Zuzüge je 1000 Einwohner in 2020) und auch Personen unter 34 und mehr Menschen über 65 Jahren. von Rheinland-Pfalz (4,2 Zuzüge je 1000 Einwohner) (Quelle: StaLa RLP). Laut Sparkasse Westerwald-Sieg ist außerdem Die Zunahme des Anteils der lebensälteren Menschen be- ein zunehmend angespannter Wohnungsmarkt in der Re- deutet einen wachsenden Bedarf an Gesundheits- und gion zu verzeichnen. Eine Bestätigung der Prognose einer Pflegedienstleistungen sowie veränderte Ansprüche im drastischen Bevölkerungsabnahme bleibt demnach noch Bereich der Grund- und Daseinsvorsoge sowie der Wohn- Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor abzuwarten. formen. Der barrierefreie Ausbau zur Ermöglichung von Teilhabe ist im öffentlichen Raum teilweise noch unzurei- chend. Der Bedarf an neuen Wohnformen für Alt und Jung wie z. B. Mehrgenerationenwohnen ist zu prüfen. 13
4.4 SOZIALE INFRASTRUKTUR UND DASEINSVORSORGE Medizinische Versorgung: In der Region gibt es insge- Bei den Hausärzten besteht im „Worst-Case-Szenario“ ein samt noch zwei Krankenhäuser, eines in Kirchen (Sieg) und altersbedingter Nachbesetzungsbedarf bis 2025 von 62 %, eines in Altenkirchen. Allerdings wurde eine Zusammenle- was 53 Hausärzten entspricht. Bei den Fachärzten besteht gung der beiden Krankenhausstandorte Altenkirchen und ein altersbedingter Nachbesetzungsbedarf bis 2025 von Hachenburg in einem Neubau beschlossen und wird in den 58 %, was 45 Fachärzten entspricht. Ohne diese Nachbe- kommenden Jahren an einem neuen Standort etwa elf km setzung oder alternative Angebote ist die ärztliche Versor- östlich von Altenkirchen in Müschenbach im Westerwald- gung in der Region nicht mehr sichergestellt. kreis umgesetzt. Darüber hinaus verfügt die Region in Wis- 4 sen über eine Fachklinik für Psychiatrie. Des Weiteren gibt Der Landkreis Altenkirchen hat diese 2,4 Problematik in den Bevölkerungsentwicklung in % es Krankenhäuser nahe2 des Landkreises in Hachenburg, 1,4 vergangenen Jahren bereits aufgegriffen und verfolgt Siegen, Asbach sowie in Waldbreitbach, Dierdorf, Sieg- verschiedene Ansätze zur Gewinnung von Ärzten für die 0 burg, Eitorf und Waldbröl. Im Landkreis Altenkirchen be- Region über die Nachwuchsgewinnung und Mediziner- trägt die durchschnittliche Entfernung zur nächstgelege- camps sowie Mitgliedschaften in überregionalen Verbün- nen Hausarzt-Praxis-22 km und liegt damit leicht über dem den wie-0,9 der „Gesundheitsregion Köln/Bonn e. V.“. Im Bereich Landesschnitt in Rheinland-Pfalz von aktuell 1,6 km. -2 Telemedizin -2,2 besteht eine Zusammenarbeit der Universität -4 -2,6Derzeit besteht ein bedarfsgerechter Versorgungsgrad bzw. ein Siegen mit den regionsansässigen Praxen und erste Erfah- hoher Versorgungsgrad bei den meisten Facharztgrup- rungen durch das Projekt „Digitalisierung und Delegation -6 pen, z. B. Psychotherapeuten, -5,4Augen--5,3 oder Frauenärzten. – Ausweitung der Tätigkeiten nicht-ärztlicher Praxisas- Demgegenüber besteht-8 eine (drohende) Unterversorgung sistenten/Praxisassistentinnen zur Sicherstellung der Ge- bei Hausärzten, Nervenärzten und Kinder- und Jugend- sundheitsversorgung im Kreis Altenkirchen3“. Bei dem Vor- psychiatern. Qualitative Expertenaussagen betonen den haben geht es um zukunftsfähige Lösungsansätze für die kritischen Versorgungsgrad von HNO- und Dermatologie- Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in ländlichen Praxen. In den letzten Jahren ist es zu einer deutlichen Al- Regionen. Angesichts der demografischen Entwicklung terung vor allem bei den Hausärzten gekommen (Stand sowie der Entwicklungen bei der Ärzteversorgung besteht 2021, Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz). Bedarf und Potenzial für den weiteren Ausbau von Tele- medizin als ergänzende medizinische Versorgungslösung. Altersstruktur ärztl. Versorgung 100% 80% 60% 40% 20% 0% Hausärzte Fachärzte Psychotherapeuten 30 bis 39 Jahre 40 bis 44 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 65 bis 69 Über 70 -7,6 Abbildung 6: Prozentualer Anteil der Altersklassen nach Ärztegruppen. VG Wissen Stand 2021 (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung RLP) -8,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld 3 als Teil des umfassenden Vorhabens „Digitale Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ des VGForschungskollegs Daaden-Herdorf Siegen -12 14 -15,1 VG Betzdorf-Gebhardshain
Pflegebedürftigkeit: Die Infrastrukturausstattung mit Wohnangeboten für ältere Menschen (Pflegeheime, be- treutes Wohnen) ist als gut einzustufen. Über die letzten Jahre ist zu beobachten, dass die Pflege zwar nach wie vor auch innerhalb der Familie geleistet, aber vermehrt auf professionelle Pflege zurückgegriffen wird. Im Bereich Fachkräftegewinnung ist der Landkreis mit dem Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes bereits ak- tiv geworden. 2021 wurde das gemeinsame Projekt „Pfle- ge! deine Zukunft“ mit dem Integrationspreis des Landes ausgezeichnet, bei dem Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund für den Pflegeberuf begeistert werden sollen. Aktuell gibt es im Landkreis 20 Pflegedienste mit 608 Jugend, Familienförderung und soziale Treffpunkte: Pflegekräften, 55 Kräfte mehr als zwei Jahre zuvor, sowie 19 Im Jahr 2018 wurde mittels einer LEADER-Förderung eine Pflegeheime mit rund 1.300 Beschäftigten. Die Suche nach Jugendbefragung in der Region von der Universität Trier Pflegekräften für die Region bleibt angesichts der demo- durchgeführt. Insgesamt gaben 2.763 Jugendliche per grafischen Entwicklung jedoch eine zu bewältigende Auf- Fragebogen Auskunft mit dem Ergebnis, dass die Region gabe. Westerwald-Sieg für die befragten Jugendlichen aus der LEADER-Region noch große Attraktivität besitzt, jedoch Bildung und berufliche Qualifikation: Der Landkreis Al- ist die generelle Bindungskraft aufgrund gesamtgesell- tenkirchen verfügt über eine vielfältige Schullandschaft, schaftlicher Individualisierungsprozesse und Bildungs- in der alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen möglichkeiten gesunken. Zentrale Verbesserungsvor- zu finden sind. Es gibt insgesamt 28 Grundschulen und 17 schläge der Jugendlichen betreffen den öffentlichen weiterbildende Schulen. Die berufsbildenden Schulen mit Personennahverkehr und die Freizeiteinrichtungen für Ju- den Standorten in Betzdorf-Kirchen (Fachrichtung Tech- gendliche in Wohnortnähe. Motive für einen Fortzug sind nik) und in Wissen (Fachrichtung Wirtschaft) bieten ein dif- hauptsächlich der Umzug in eine eigene Wohnung, ge- ferenziertes Bildungsangebot. Es umfasst die Schulformen folgt vom Studium oder einer Ausbildung sowie den man- Berufsschule (einschließlich Berufsvorbereitungsjahr), Be- gelnden Zukunftsaussichten4. rufsfachschule, Berufsoberschule, duale Berufsoberschu- le, berufliches Gymnasium und Fachschule. Förderschulen Im Bereich der Familienförderung hat das Jugendamt Al- und Schwerpunktschulen sind ebenfalls Bestandteil der tenkirchen gemeinsam mit zahlreichen Partnerorganisa- Schullandschaft. An vielen Schulen wird die Nachmittags- tionen in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen betreuung durch ein Ganztagsangebot gewährleistet. Für implementiert. Darunter sind bundesweit namhafte Pro- die Weiterbildung im Erwachsenenalter stehen im Land- gramme, die in der „Altenkirchener Präventionskette“ ge- kreis Altenkirchen zahlreiche Weiterbildungseinrichtungen bündelt wurden. Jede Verbandsgemeinde verfügt über zur Verfügung. Die in diesem Bereich tätigen Organisatio- ein Jugendzentrum, welche teils auch Ferienbetreuung nen haben sich in dem Beirat Weiterbildung im Landkreis anbieten. Darüber hinaus gibt es weitere Begegnungsor- zusammengeschlossen (z. B. Kreisvolkshochschule Alten- te, bspw. das Haus Felsenkeller des Vereins Soziokulturelles kirchen, Deutscher Gewerkschaftsbund). Zusammen mit Zentrum e. V. Weitere Angebote des Landkreises in den Be- dem Caritasverband Altenkirchen und dem Diakonischen reichen Jugendarbeit, Jugendschutz und Familienbildung Werk bietet der Landkreis den Treffpunkt „Bildungspunkt“ bestehen z. B. über den „Bildungsplan 2021“ mit über 130 an, bei dem es u. a. um die Förderung des Selbstlernens Einzelaktionen. Von Seiten des Jugendamtes wurden wei- und die Berufsberatung geht. Ebenso ist der Geopark tere Bedarfe für die dauerhafte Etablierung einer erfolgrei- Westwald-Lahn-Taunus zu erwähnen, der in seinen Ange- chen Präventionskette benannt wie die Gründung weiterer boten insbesondere einem Bildungsauftrag nachkommt. Standorte im Kreis für Präventionsmaßnahmen, eine An- In der Region gibt es keine Hochschule. Die nächsten aka- werbe- und Qualifizierungsoffensive für zertifizierte Trainer demischen Bildungsmöglichkeiten können u. a. in Siegen, und Trainerinnen oder die Reduzierung von Zugangsbar- Koblenz, Köln und Bonn in Anspruch genommen werden. rieren für bildungsferne und benachteiligte Familien. 4 Jacob, R., Kopp, J. (2018): Jugend im Kreis Altenkirchen. Befragung 2018. (exkl. des Gebiets der ehemaligen VG Flammersfeld; durchfüh- rende Organisation: Universität Trier) 15
-2 -0,9 Bevölkerungsent -2 -2,2 -4 -2,6 -6 -5,4 -5,3 -8 4.5 WIRTSCHAFTLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT Im Landkreis Altenkirchen ist der Anteil des produzieren- Die Arbeitsplatzentwicklung in den Jahren 2015 bis 2019 ist den Gewerbes an der Bruttowertschöpfung mit 41,7 % hoch mit 13,3 % im LK Altenkirchen von einem überdurchschnitt- (Stand 2019), der Fokus liegt auf der Branche „Metallver- lich starken Wachstum gekennzeichnet (RLP: 10,5 %), wobei arbeitung -16,6 und Maschinenbau“. VG Wissen Der Anteil der Beschäftig- die VG Altenkirchen-Flammersfeld (21,5 %) und die VG Wis- ten in diesem Sektor liegt -16,8 dementsprechend 2019 bei über VG Betzdorf-Gebhardshain sen (18,9 %) mit einer besonders positiven Dynamik hervor- -17,7 VG Kirchen (Sieg) 44,1 -18,7 % und ist seit 2009 um nur ein Prozent gesunken. Der VG Hamm (Sieg) stechen. Stellenwert -20,8 dieses Sektors wird durch den landesweiten VG Altenkirchen-Flammersfeld -32,3 Vergleich (RLP: 30,8 %) unterstrichen. Umgekehrt verhält VG Daaden-Herdorf Laut Wirtschaftsförderung des Kreises bekommen die es -20,3 sich mit den Beschäftigten Altersstruktur ärztl. Versorgung des tertiären Sektors, de- Unternehmen die Verknappung von Fachkräften zuneh- LK Altenkirchen -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 ren Anteil (55,3 %) im Vergleich Wanderungssaldo je 1.000 Personen der 18- bis 24-Jährigen zu Rheinland-Pfalz (68,2 %) mend zu spüren. Daher bestehen verschiedene Ansätze, deutlich 100% niedriger ist. mit denen auf die Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten vor Ort aufmerksam gemacht wird, wie die „Ausbildungsfi- 80% bel 2021“ oder der „Schnuppertag für Ausbildungsberufe in der Metall- und Elektrobranche“. Mit der Initiative „Wester- 60% 0,5 wälder Naturtalente“ arbeitet der Landkreis mit den Land- Primärer Sektor kreisen Neuwied und dem Westerwaldkreis zusammen, 40% 44,1 um Fachkräfte für die Region zu gewinnen. Die Anzahl der Sekundärer Sektor 55,3 Existenzgründungen ist im Landkreis Altenkirchen in den 20% Tertiärer Sektor Jahren 2017 bis 2019 im Vergleich zu Rheinland-Pfalz ge- ringfügig unterdurchschnittlich. Das Pendlersaldo im LK Al- 0% tenkirchen ist negativ: 14,4 % der Berufstätigen im erwerbs- fähigen Alter pendeln aus der Region aus. Das stärkste Hausärzte Fachärzte Psychotherapeuten Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor negative Pendlersaldo weist die VG Hamm (-29,5 %) auf, Abbildung 7: Anteil der Beschäftigten nach Sektoren im LK Al- den geringsten negativen Pendlersaldo die VG Altenkir- 30 bis 39 Jahre 40 bis 44 45 bis 49 50 bis 54 tenkirchen 2019 (Quelle: StaLa RLP) chen-Flammersfeld (-8,8 %). 55 bis 59 60 bis 64 65 bis 69 Über 70 -7,6 VG Wissen -8,8 VG Altenkirchen-Flammersfeld -12 VG Daaden-Herdorf -15,1 VG Betzdorf-Gebhardshain -20,2 VG Kirchen (Sieg) -29,5 VG Hamm (Sieg) -14,4 LK Altenkirchen -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 Pendlersaldo in % an der Bevölkerung (15–64 Jahre) Abbildung 8: Pendlersaldo 2019 im Landkreis Altenkirchen (Quelle: StaLa RLP) 16
Um die Chancen rund um das Thema „Neues Arbeiten“ kraft je Haushalt (Nettoeinkommen) liegt im Landkreis im zukünftig nutzen zu können, hat die Wirtschaftsförderung Jahr 2019 bei 49.684 € und damit geringfügig höher als in des Landkreises 2021 eine Bedarfsanalyse5 zum Thema Rheinland-Pfalz (49.011 €). Coworking durchgeführt, deren Ergebnis einen entspre- chenden Bedarf für die Schaffung von Coworking-Ange- Der lokale Einzelhandel steht weiter zunehmend in Kon- boten für die Region ausweist. Die Region sieht hierin die kurrenz zum weltweiten Online-Handel. Das Projekt „Wäller große Chance, vor allem für Berufs(aus-)pendler flexiblere Markt eG – Digitaler Marktplatz Westerwald“ bietet allen Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, lange Arbeitswege zu heimischen Einzelhändlern und Erzeugern die Chance, vermeiden und damit die Standortattraktivität zu erhöhen. ebenso vom wachsenden Trend zum Onlineeinkauf zu profitieren. Darüber hinaus stellt sich für die Standortsi- Bezüglich der Kaufkraft hat der Landkreis bis 2017 im Lan- cherung des lokalen Einzelhandels die Herausforderung, desvergleich stark aufgeholt, danach folgt die Entwicklung neue Konzepte aufzustellen, die generell die Innenstädte dem stagnierenden, leicht abfallenden Trend. Die Kauf- beleben und damit auch mehr Menschen zum Einkauf vor Ort zu animieren. 4.6 FORST- UND LANDWIRTSCHAFT Der Naturraum in der Gebietskulisse ist durch die Land- Landwirtschaft: Der Anteil der landwirtschaftlich genutz- und Forstwirtschaft geprägt. Über 82 % der Flächen wer- ten Fläche liegt im Durchschnitt bei etwa 31 %, in der VG Al- den land- und forstwirtschaftlich genutzt. tenkirchen-Flammersfeld sogar bei etwa 46 %. Von 1991 bis 2010 ist die Zahl der aktiven landwirtschaftlichen Betriebe Forstwirtschaft: Der Flächenanteil des Waldes in Rhein- der Region um mehr als 60 % zurückgegangen, dagegen land-Pfalz liegt bei ca. 41 %, der des Landkreises Altenkir- hat die Flächennutzung je Betrieb deutlich zugenommen. chen liegt mit 51 % deutlich über diesem Landesschnitt. Zum Stand 2020 gab es im Landkreis Altenkirchen noch Die Waldwirtschaft der Region ist teils sehr kleinstrukturiert rund 500 Landwirtschaftsbetriebe, in den 1970er Jahren mit einem hohen Anteil an Privatwald, der u. a. durch Hau- waren es noch rund 2.600. Etwa 100 Betriebe sind über 50 bergsgenossenschaften bewirtschaftet wird. ha groß, die beiden größten Betriebe besitzen ca. 350 ha. Bei den Betrieben im Unterkreis (VG Wissen, Hamm, Alten- Klimawandel, Waldkalamität und Borkenkäfer stellen vor kirchen-Flammersfeld) handelt es sich hauptsächlich um allem in den letzten zwei bis drei Jahren die von Fichten- Grünland und Ackerbau, im Oberkreis (VG Kirchen, Betz- kulturen geprägte Forstwirtschaft der Region vor große dorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf) um Grünland (Mut- Herausforderungen. So ist einerseits die Wiederbewal- terkuhhaltung, Milcherzeugung). dung zu leisten, für den Walderhalt aber auch ein kosten- deckender Absatz des Holzes zu erzielen. Da aktuell mit dem Borkenkäferholz kaum Gewinn zu erzielen ist, besteht die Gefahr, dass Privatwaldbesitzer die Forstbewirtschaf- tung aufgeben. 5 Quelle: Potenzialanalyse Coworking Spaces in Altenkirchen, Dezember 2021 17
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