MAAT NACHRICHTEN AUS DEM STAATLICHEN MUSEUM ÄGYPTISCHER KUNST MÜNCHEN - Ausgabe 05|2017
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MAAT NACHRICHTEN AUS DEM STAATLICHEN MUSEUM ÄGYPTISCHER KUNST MÜNCHEN Ausgabe 05| 2 017 Kunstareal-Fest Fakten Gemeinsam MZAW Inschriften Lehre Sudantag Erwerbung Von der Donau… Kunst im Sudan Schmuseum Medienstation Instawalk Reisenotizen www.smaek.de
MAAT AUSGABE 05 04 KUNSTAREAL-FEST SYLVIA SCHOSKE 06 FAKTEN CARSTEN GERHARD 08 GEMEINSAM FRIEDHELM HOFFMANN 09 MZAW FRIEDHELM HOFFMANN 10 INSCHRIFTEN ROBERTO DÍAZ 14 LEHRE ARNULF SCHLÜTER 15 MUDIRA ARNULF SCHLÜTER 16 GEMMEN SONIA FOCKE 18 SUDANTAG ARNULF SCHLÜTER 20 KOOPERATIONSREIHE ARNULF SCHLÜTER 21 ERWERBUNG NADJA BÖCKLER 24 VON DER DONAU AN DEN NIL MICHAEL H. ZACH 28 MODERNE KUNST IM SUDAN DIETRICH WILDUNG 30 SCHMUSEUM ROXANE BICKER 32 MEDIENSTATION JAN DAHMS 36 HOLZ DIETRICH WILDUNG 38 INSTAWALK ROXANE BICKER 40 REISENOTIZEN ARNULF SCHLÜTER 46 AUTOREN | IMPRESSUM
MAAT 05 Verehrte Leserschaft, die Welt ist zu Gast im Ägyptischen Museum. Besucher aus nahezu hundert verschiedenen Ländern haben auf die freundliche Bitte des Kassenperso- nals Angaben zu ihrer Herkunft gemacht, und so berichtet die Statistik im vorliegenden Heft, dass aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mehr Gäste den Weg zu den alten Ägyptern in München gesucht und gefunden haben als Bundesbürger aus Mecklenburg-Vorpommern und dass die Berliner Besucher nicht einmal die Hälfte der Chinesen ausmachen. Offen- bar hat das Ägyptische Museum am neuen Standort im Kunstareal seinen festen Platz im Kulturprogramm der Münchenbesucher. Nicht weniger interessant ist der Stellenwert des Museums im Lehr – und Forschungsbetrieb. Die Berichte über die verschiedenen Ebenen der Kooperation des Museums mit dem Ägyptologischen Institut der Ludwig- Maximilians-Universität zeigen, welche Konzentration ägyptologischer und sudanologischer Kompetenz sich in München aufgebaut hat. Sie dient nicht nur der Forschung, sondern bietet mit dem Programmangebot des Muse- ums allen an Ägypten und dem Sudan Interessierten eine im Vergleich mit anderen Städten einmalige Vielfalt und Qualität populärwissenschaftlicher Information. MAAT eröffnet auch im neuen Heft Einblicke in die aktuelle Arbeit des Mu- seums, läßt Leserinnen und Leser an der Arbeit des Teams des Museums teilnehmen und trägt damit zu einem vertieften Verständnis der alten Kul- turen des Niltals und vielleicht auch des heutigen Ägypten und des Sudan bei. MAAT Im Zentrum altägyptischer Wertvorstellungen steht der Begriff Maat, der je nach Kontext Wahrheit und Gerechtigkeit, aber auch Weltordnung bedeuten kann. Der Mensch soll nach den Regeln der Maat leben, aber auch die Welt sich im Zustand 03 der Maat befinden, wofür der König verantwortlich ist. Als Garant der Maat muss er diese stets aufs Neue verwirklichen, dieser Begriff ist daher auch Bestandteil zahlreicher Königsnamen. Die ägyptische Kunst hat für diese zentrale Rolle der Maat ein schlüssiges Bild ge- funden: Beim Totengericht, in dem sich der Verstorbene vor dem Jenseitsrichter Osiris für sein Leben verantworten muss, wird sein Herz aufgewogen gegen die Maat, die als kleine hockende Figur mit einer Feder als Kopfputz dargestellt wird. Diese Feder ist gleichzeitig das Schriftzeichen für Maat, ihre Namenshieroglyphe.
KUNSTAREAL-FEST erkennen kann. Und an den Beteuerungen beim Verlas- sen, man werde demnächst „mit der ganzen Familie“ SYLVIA SCHOSKE wiederkommen. Also eine durchaus sinnvolle (Werbe-) Veranstaltung auch fürs eigene Haus. Es ist eine gelungene Mischung aus Event und klassi- Am Samstag dann zunächst der Auftakt des eigentlichen schen Formaten, aus Bürgerfest und Avantgarde: Alle Programmes mit mehreren thematischen Workshops zwei Jahre laden die Museen und Kulturinstitutionen für für Kinder: „In der Schreiberschule“ ist mittlerweile ein Wochenende zum Kunstareal-Fest in der Maxvor- ein Klassiker, „Strich, Schleife, Kaulquappe“ bietet eine stadt ein – diesmal zu 130 (kostenfreien) Veranstaltungen Einführung in die altägyptische Mathematik – der Titel an 32 (Spiel-)Orten. Zehntausende strömten an einem zählt einige Hieroglyphen auf, die Zahlzeichen darstellen. Wochenende im Juni in die Museen und Institute, beleb- Und schließlich konnten sich die jungen Besucher noch ten die Freiflächen und flanierten auf der für den Verkehr auf eine „Reise in die Ewigkeit“ begeben und die altägyp- gesperrten Gabelsbergerstraße. Damit ist das Fest der tischen Jenseitsvorstellungen kennenlernen. Um ein sichtbarste Ausdruck des ansonsten immer noch etwas lebhaftes Interesse an diesen Angeboten brauchten wir abstrakten Projektes „Kunstareal“. uns keine Sorge zu machen. In diesem Jahr fand die Eröffnung für geladene Gäste Am Nachmittag dann stand ich jedoch kurz vor 15 Uhr zu- zum Auftakt am Freitagabend im Ägyptischen Muse- sammen mit der Künstlerin noch ziemlich allein auf weiter um statt. Für diesen Anlass hatten wir die Ausstellung Flur – ihre Ausstellung sollte nun fürs Publikum mit einer „Begegnungen – Skulpturen von Isolde Frepoli“ termi- kurzen Einführung noch einmal eröffnet werden. Eine niert – und so konnte Minister Spaenle nicht nur das Durchsage im Museum brachte dann ein kleines Grüpp- Fest, sondern auch gleich die Ausstellung eröffnen. Für chen zusammen, ich wollte schon beginnen – und auf viele Gäste – Vertreter der Sponsoren, Kollegen aus einmal strömten die Besucher ins Haus, es wurden mehr anderen Häusern, Mitglieder des Stadtrates, Vertreter und mehr, gut 130 waren es schließlich und damit viel der Freundeskreise anderer Museen – war es wohl der mehr, als wir erwartet hatten! Eine interessante Erfah- erste Besuch bei den Ägyptern, was man unschwer an rung, die zur Überlegung führt, Eröffnungen fürs normale den Reaktionen schon beim Betreten des Museums Publikum anzubieten und nicht nur für geladene Gäste! 04 Ausstellung „Begegnungen – Skulpturen von Isolde Frepoli“ Minister Spaenle
MAAT 05 Den Abschluss des samstäglichen Programmes bildete Projekt mit Mitwirkenden aus Pakistan und Indien, Kairo eine sogenannte „Doppelführung“ mit einem Kollegen und München, initiiert vom Mode- und Social Designer aus einem anderen Haus, ein Format, das wir schon fürs Miro und kuratiert von Sara-Duania Meyer, eine Mi- erste Kunstarealfest entwickelt hatten und seitdem zu schung aus Tanz, Musik, Schauspiel und Mode. bestimmten Anlässen mit neuen Inhalten wieder aufle- Und im Sonderausstellungsraum hatten wir, übrigens gen, da es stets auf lebhaftes Interesse stößt. Diesmal bereits zum zweiten Mal, die Performancegruppe „abArt“ war der Start in der Neuen Pinakothek, wo zunächst (Regie Ruth Geiersberger) zu Gast, die mit ihren Roll- Ludwig I. anhand mehrerer Gemälde vorgestellt wurde, stühlen die 400 Quadratmeter voll ausnutzten und die anschließend wurden im Ägyptischen Museum seine Zuschauer in ihre Vorführung mit einbezogen. Am Ende Erwerbungen altägyptischer Objekte erläutert. blieb offen, wer den größeren Spaß hatte… Am Sonntag dann ein banger Blick zum Himmel: Nach- Für den „seriösen“ Teil der Vermittlung von Inhalten sorg- dem an den Tagen zuvor eine fast tropische Hitze ge- ten am Sonntag in bewährter Manier unsere „Uschebtis“ herrscht hatte, waren nun dicke Regenwolken aufge- – Mitarbeiter und Führungskräfte, die den ganzen Tag zogen. Und so erschien es ratsam, die ersten Auftritte Kurzführungen anboten und den Besuchern als „Ant- der Gruppe Six, Alps & Jazz, eigentlich für die Frei- worter“ auf deren Fragen in allen Museumsräumen zur treppe geplant, ins Innere des Museums zu verlegen Verfügung standen. Und die Museumswerkstatt bot den – Alphörner sind nicht unbedingt wasserkompatibel… jungen Besuchern ein kreatives Programm unter dem Jazz und Alpenmusik, Jodeln in Altägypten – die Musi- Titel „Von Künstlern, Handwerkern und Schreibern“ an – ker zogen durchs ganze Museum, und das Publikum lebhaft genutzt bis zur Schließung des Museums! zog mit. Nachmittags konnte man dann doch vor der A propos Schließung: Nachdem der Auftakt am Morgen Portalwand auftreten, die Zuhörer auf der Freitreppe bei bislang allen Festen immer etwas zäh verlief, am wurden immer mehr, alle(s) groovte(n), es gab Zugabe Abend dann jedoch die Besucher gerne noch länger um Zugabe – und nach jedem Auftritt strömten die Gäs- geblieben wären, überlegen wir uns jetzt, das ganze Pro- . te ins Museum, Plan aufgegangen! gramm beim nächsten Mal zeitversetzt anzubieten. Der Zwischen den Auftritten der Musiker wurde die Freitrep- Münchner ist eben, zumal am Sonntag, nicht unbedingt pe zum Spielort von OverXCome, einem interkulturellen ein Frühaufsteher… 05 Six, Alps & Jazz OverXCome Performancegruppe „abArt“
ERHEBUNGEN VON tung des Museumsbesuchs: 2008 wie 2014 gaben mehr als 90% der Befragten an, das Museum habe BESUCHERDATEN ihnen „gut“ oder gar „sehr gut“ gefallen. Im Bereich CARSTEN GERHARD der Mediennutzung zeichnet sich der digitale Wandel deutlich ab – die Information über klassische Tages- Wer sind die Besucherinnen und Besucher des Staat- zeitungen nimmt ab, die Nutzung von Onlineangeboten lichen Museums Ägyptischer Kunst? Woher kommen deutlich zu. Wichtigstes Werbemittel ist nach wie vor sie, was bewegt sie und wie erreicht man sie am bes- die persönliche Weiterempfehlung durch die Besucher- ten? Seit rund zehn Jahren geht das Museum diesen innen und Besucher. Fragen mithilfe systematischer Datenerhebungen nach. Eine erste Besucherbefragung erfolgte im Jahr DIE POSTLEITZAHLENERHEBUNG 2008 in Vorbereitung auf den Umzug in den Museums- Wo sind die Besucherinnen und Besucher des Mu- neubau. Im Jahr 2014 fand erneut eine Besucher- seums zuhause? Seit 2013 fragen die Kassenkräfte befragung statt, ein Jahr nach Eröffnung des neuen beim Kauf einer Eintrittskarte freundlich nach der Standorts. Seit der Eröffnung des Museums in der Herkunft und der Postleitzahl der Museumsgäste. Gabelsbergerstraße im Jahr 2013 werden zudem an Dabei signalisieren sie: Auch keine Angabe zu ma- der Museumskasse die Herkunftsorte der Besucher- chen, ist in Ordnung. Ein Großteil der BesucherInnen innen und Besucher über eine Postleitzahlenabfrage aber gibt Grunddaten wie Herkunftsland und Postleit- systematisch erfasst. All diese Daten helfen dabei, zahl bereitwillig an. Abgefragt werden die Daten der Veränderungen der Besucherstruktur, die Herkunft erwachsenen Einzelbesucher. Das hilft dem Museum der Besucher und ihre Interessen kennenzulernen und zum Beispiel dabei, Werbemaßnahmen wie Plakatie- die Werbemaßnahmen des Museums darauf abzustim- rungsaktionen an den Herkunftsorten zu orientieren, men: Werbung platziert man schließlich am besten Flyer in bestimmten Sprachen zu drucken oder Inhalte dort, wo sich die Zielgruppen des Museums aufhalten. auf den TabletGuides in verschiedenen Sprachen be- reitzustellen. DIE BESUCHERBEFRAGUNGEN 2008 UND 2014 Die Hälfte aller Museumsbesucher kommt demnach Die Besucherbefragung im Jahr 2008 führte das aus Bayern. Weitere 10 % bis 15 % sind Gäste aus den Museum über einen Zeitraum von einem Jahr hinweg anderen deutschen Bundesländern, vorneweg das be- mithilfe von Museumskräften und Freiwilligen aus nachbarte Baden-Württemberg. Die übrigen Besucher dem Freundeskreis durch. Die Umfrage im Jahr 2014 stammen aus dem Ausland. Wie ein vergleichender fand in Kooperation mit der Hochschule für Ange- Blick in die Besucherstatistiken der benachbarten wandte Wissenschaften München statt – Studentinnen Häuser (Pinakotheken, Lenbachhaus) zeigt, entspre- und Studenten befragten rund eine Woche lang die chen diese Zahlen weitestgehend den Verhältnissen in Gäste des Museums im Rahmen einer Kursveranstal- den anderen Kunstmuseen im Kunstareal. tung. Der Vergleich der Daten – der freilich wegen der Im Hinblick auf die ausländischen Gäste, die im Jahres- unterschiedlichen Befragungszeiträume und Befra- durchschnitt etwa 30 % der Besucher ausmachen gungsteilnehmer nur begrenzte Aussagekraft hat (im Juli steigt der Wert kurzzeitig auf knapp 40 % an), – zeigt, welche Parameter nach dem Umzug konstant spiegeln sich in wesentlichen Punkten die Touris- geblieben sind und welche sich verändert haben. Nach muszahlen der Landeshauptstadt München wieder. 06 wie vor ist die Besucherklientel leicht weiblich domi- Diese führen bei den ausländischen Gästen die USA niert: Sowohl 2008 als auch 2014 waren 55 Prozent an – so auch im Ägyptischen Museum. Auf den Top- der Museumsgäste weiblich. Beim Mittelwert der Platzierungen sind es die Italiener, Russen, Schweizer, Altersangabe ist seit dem Umzug eine leichte Verjün- Österreicher, Spanier und Franzosen, die sowohl im gung festzustellen von 53,1 auf 51,8 Jahre. Deutlich Ägyptischen Museum als auch als Gäste der Landes- gestiegen ist dagegen die durchschnittliche Besuchs- hauptstadt München die Liste der ausländischen Gäste dauer: 111,1 Minuten hielten sich die Befragten 2014 im anführen. Nur in einem Punkt weicht die Besuchersta- Mittelwert im Museum auf – 2008 waren es nur 95,7 tistik des Museums von den Besucherzahlen Mün- Minuten gewesen. Erfreulich konstant ist die Bewer- chens deutlich ab – bei den Gästen aus den arabischen
MAAT 05 Golfstaaten. Während diese Besuchergruppe unter den ausländischen München-Touristen die zweit- Inland Ausland stärkste Gruppe (nach den USA) darstellt, finden diese BB 111 Vereinigte Ara- Irak 5 Besucher in keiner nennenswerten Zahl den Weg ins BE 299 bische Emirate 61 Iran 11 BW 5.002 Albanien 4 Island 9 Museum – obgleich sich das Museum mit arabischen BY 37.527 Armenien 6 Italien 1.824 HB 41 Argentinien 28 Jordanien 1 Ausgaben von Werbemitteln explizit an diese Zielgrup- HE 574 Österreich 646 Japan 250 pe wendet und das heutige Ägypten von der arabischen HH 161 Australien 146 Republik Korea 35 MV 34 Bosnien / Kuwait 15 Kultur geprägt ist. NI 476 Herzegowina 9 Kasachstan 1 NW 1.433 Bangladesch 2 Libanon 2 RP 527 Belgien 181 Liechtenstein 11 Und sonst? Nicht nur Gäste aus Deutschland, den SH 159 Bulgarien 67 Litauen 8 SL 84 Bolivien 2 Luxemburg 45 USA und den Kernstaaten Europas finden den Weg ins SN 195 Brasilien 159 Lettland 6 Museum. Immer wieder Seitekommen 3 von 3 auch BesucherInnen ST 100 Belarus 6 Marokko 3 TH 253 Kanada 126 Montenegro 1 aus exotischer Ferne ins Museum in der Gabelsber- Zentralafrikani- Myanmar 3 Summe 46.976 sche Republik 25 Mongolei 1 gerstraße: Armenier, Usbeken, Mongolen, Malayen Schweiz 811 Mexiko 95 oder Gäste aus dem Jemen stehen in der Besucher- Chile 40 Malaysia 4 China 677 Nigeria 2 statistik. Und wenn sich Europäer von karibischen Kolumbien 10 Niederlande 221 Norwegen 40 Stränden angezogen fühlen, so entsendet auch die Costa Rica 10 Neuseeland 10 Kuba 12 . Karibik ihre Delegationen zum Gegenbesuch: 2016 Zypern 3 Peru 14 Postleitzahlenabrechnung Besucher pro Bundesland vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 Tschechische Philippinen 13Seite 3 von 3 besuchten immerhin zehn Gäste aus Costa Rica das Republik 163 Pakistan 6 Ägyptische Museum… 2016 Dänemark 60 Polen 169 Algerien 1 Portugal 85 Ausland Südafrika 17 17 Ecuador 3 Katar 7 and Estland 12 Rumänien 116 Simbabwe 1 1 Ägypten 114 Russische Summe 13832 13832 Spanien 971 Föderation 1.036 6 Finnland 91 Saudi-Arabien Sudan 5 unbekannt keine Eingabe 25106 25106 Frankreich 869 BY 61,7% Vereinigtes Schweden 52 Summe 25106 25106 Königreich 967 Singapur 27 Ausland 22,7% Georgien 14 Slowenien 45 BW Gesamtergebnis 8,2% 85914 85914 Griechenland 273 Slowakei 16 Serbien 53 NW 2,4% Hongkong 9 Syrien 12 Honduras 1 Sonstige 5,0% Besucher pro Bundesland Kroatien 76 Tschad 2 Französische Summe: 100,0% Ungarn 90 Gebietskörper- Indonesien 12 Irland 38 schaften 16 Sonstige NW Israel 86 Thailand 12 Indien 125 Tunesien 6 BY Türkei 61,7% BW Ausland 110 22,7% 16 Taiwan BWUkraine 8,2% 75 USA 2.287 NWUruguay 2,4% 9 Sonstige Venezuela 5,0% 8 Vietnam 2 Summe: Südafrika 100,0% 17 Simbabwe 1 Summe 13.832 unbekannt / 07 keine Eingabe 25.106 Ausland Summe 25.106 Gesamtergebnis 85.914 BY Postleitzahlenabrechnung Besucher pro Bundesland vom 01.01.2016 bis 31.12.2016
ZUR KOOPERATION VON Beide Münchner ägyptologischen Institutionen sind Mitglieder des ArchaeoBioCenters (ABC) der LMU und ÄGYPTISCHEM MUSEUM des Münchner Zentrums für antike Welten (MZAW). Hier UND ÄGYPTOLOGISCHEM wird sich das Museum an Forschungen an der Schnitt- stelle von archäologischen und naturwissenschaft- INSTITUT IN MÜNCHEN lichen Disziplinen bzw. im Bereich der Altertumswis- senschaften beteiligen. FRIEDHELM HOFFMANN Begonnen haben wir mit der koordinierten Digitalisie- rung der Diabestände von Museum und Institut. Beide Im Jahr 2011, kurz nach seinem Amtsantritt als Vorstand Fördervereine unterstützen uns dabei finanziell. Die des Ägyptologischen Instituts der Ludwig-Maximilians- insgesamt größere Bildermenge verschafft uns einen Universität München hat Professor Dr. Friedhelm Hoffmann größeren Rabatt bei der Firma, die das Scannen durch- seine Vorstellungen künftiger Zusammenarbeit mit dem führt. Die von der Universität entwickelte „Artemis“– Ägyptischen Museum formuliert. Was damals eine Vision Bilddatenbank wird als Speicher- und Zugangsplatt- war, ist heute – wie die vorliegende Ausgabe 5 von MAAT form genutzt werden können. zeigt – längst Realität. Gerade unter diesem Aspekt ist es Vom 14. bis 16. September 2012 werden Museum und interessant, noch einmal zurückzublicken und Friedhelm Institut zusammen sowohl in den Räumen des Muse- Hoffmanns Text im Originalwortlaut von 2011 zu veröf- ums als auch des Instituts eine Tagung veranstalten, fentlichen. auf der sich eine internationale Expertenschar den München besitzt mit dem Ägyptologischen Institut der Königen mit den Namen Sesostris und Scheschonq und Ludwig-Maximilians-Universität und mit dem Staat- ihrer Rezeption bis in den griechischen Sesonchosis- lichen Museum Ägyptischer Kunst eine große ägyp- Roman widmen wird. tologische Kompetenz. Beide Institutionen ergänzen Das erste wirklich große wissenschaftliche Gemein- sich in vielfacher Hinsicht. Dieses Potenzial zu nutzen, schaftsprojekt wird im Rahmen eines umfassenden erschien mir bei meiner Berufung auf den Münchener Bestandskataloges die Bearbeitung aller altägypti- Lehrstuhl als eine reizvolle und wichtige Aufgabe. Mit schen Texte in München sein. Das sind nicht nur die hie- großer Freude fand ich beim Ägyptischen Museum ratischen, demotischen und koptischen Texte auf Papyri große Bereitschaft, diese Zusammenarbeit gemeinsam und Ostraka, sondern genauso alle hieroglyphischen zu gestalten. Nach einvernehmlichen Gesprächen über Inschriften auf Stelen, Statuen, Kleinfunden usw. die Inhalte der künftigen Zusammenarbeit konnte am Auch im Bereich der Studentenausbildung werden Mu- 29. Juni 2010 durch die Unterzeichnung einer Koopera- seum und Institut von der neuen Qualität der Koopera- tionsvereinbarung der entscheidende formale Schritt tion Gewinn haben: Die Einbeziehung der Objekte des getan werden. Ägyptischen Museums in den akademischen Unterricht Wir streben damit an, die je spezifischen Stärken des ist schon längst Realität und wird nicht zuletzt auch Museums und des Instituts zu beiderseitigem Nutzen durch die künftige größere räumliche Nähe beider Insti- zu kombinieren. Es ist absolut zwingend, dass die bei- tutionen noch weiter intensiviert werden können. Durch den ägyptologischen Einrichtungen Münchens an einem die verstärkte Heranführung der Studierenden an die Strang ziehen. Wie kann das im Einzelnen aussehen? Originale wird nicht nur die Objektkenntnis verbessert Ich möchte einige der ins Auge gefassten bzw. schon in werden; die Münchner Objekte bieten auch ein breites 08 Angriff genommenen Projekte kurz skizzieren. Spektrum von Themen für Abschlussarbeiten. Das Schon vom 23. bis 25. Oktober 2011 haben Museum Museum wird von der voranschreitenden Aufarbeitung und Institut bei den Münchner Wissenschaftstagen, die seiner Bestände profitieren. dem Thema „Gesundheit“ gewidmet waren, gemeinsam Unser gemeinsames Ziel ist es, München als besonders einen Stand betrieben, an dem der Jahreszeit entspre- aktiven und kompetenten ägyptologischen Standort chend ägyptische Hustenrezepte im Mittelpunkt stan- nachhaltig im Bewusstsein der inner- und außerfachli- . den. Die Besucher konnten selbst einige ausprobieren. chen Öffentlichkeit zu verankern. Ich freue mich auf die Den Abschluss bildete ein Doppelvortrag zum Heilen in Zusammenarbeit und wünsche, dass sie sich weiter gut Ägypten. entwickelt
MAAT 05 MÜNCHNER ZENTRUM den Aufgaben der Stelleninhaberin bzw. des Stellen- inhabers gehört die Durchführung je eines Dokto- FÜR ANTIKE WELTEN randenseminars und die Abhaltung jeweils zweier öffentlicher Vorträge pro Semester. Die Münchner FRIEDHELM HOFFMANN Vorlesungen von zwei der MZAW-Gastprofessoren (J. Bremmer und H.-J. Gehrke) sind inzwischen übrigens Hinter der Abkürzung „MZAW“ verbirgt sich das in der eigens begründeten Reihe „Münchner Vorle- „Münchner Zentrum für Antike Welten“ der Ludwig- sungen zu Antiken Welten“ als Bücher erschienen. Im Maximilians-Universität. Insgesamt 25 Lehrstühle akademischen Jahr 2019/20 wird der Oxforder Ägypto- bzw. Institute aus acht Fakultäten sowie fünf aus- loge John Baines Gastprofessor am MZAW sein. seruniversitäre Einrichtungen sind in diesem 2008 Sodann ist das Promotionsprogramm Altertumswis- gegründeten Verbund zusammengeschlossen – senschaften (PAW) zu nennen. Aktuell werden 18 Dok- darunter das Institut für Ägyptologie und Koptologie torandinnen und Doktoranden betreut, natürlich nicht sowie das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst. Laut nur von der Gastprofessorin bzw. dem Gastprofessor, Statuten ist das MZAW „eine Arbeitsgemeinschaft sondern auch durch die verschiedenen Fachvertreter- von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus innen und Fachvertreter und durch die Gewährung den mit antiken Kulturen befassten Fächern. Das kleinerer finanzieller Zuschüsse. Außerdem veran- MZAW fördert interdisziplinäre Kooperationen sei- staltet das MZAW immer wieder Tagungen, Workshops ner Mitglieder in Forschung und Lehre. Dies erfolgt und Kolloquien und regt so den fachlichen und inter- insbesondere durch das Bündeln bestehender und disziplinären Austausch an. das Initiieren, Planen und Organisieren neuer Arbeits- gruppen und Forschungsprojekte; die Unterstützung Das MZAW arbeitet eng mit der Graduate School „Dis- der Einwerbung von Drittmitteln; durch die Kooperati- tant Worlds“ (GS DW) zusammen. Während das MZAW on mit anderen Fächern oder Forschungsverbünden im wesentlichen über die Gastprofessur verfügt, kann innerhalb und außerhalb der LMU; durch Unterstüt- die GS DW, deren Finanzierung allerdings im jetzigen zung der Fakultäten bei Konzeption, Koordination und Umfang nur bis zum Ende des Jahres 2018 läuft, Sti- Ausbau von Studiengängen und Lehrangeboten; die pendien für Promovierende und Postdocs vergeben; Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses; die unter diesen befinden sich auch Ägyptologinnen und Organisation von gemeinsamen wissenschaftlichen Ägyptologen. MZAW und GS DW schreiben aktuell Veranstaltungen. Das MZAW fördert die koordinier- zusammen am Antrag für einen altertumswissen- te Außendarstellung der Aktivitäten der Mitglieder, schaftlichen Exzellenzcluster „Homo Faber“. Beide insbesondere durch gemeinsame Veranstaltungshin- Einrichtungen informieren seit dem Sommersemester weise, die Zusammenarbeit mit außeruniversitären 2013 semesterweise in einem auch online gestellten Institutionen (Museen, Deutsches Archäologisches gemeinsamen Newsletter über ihre Aktivitäten. Institut) sowie mit vergleichbaren Einrichtungen des In- und Auslandes.“ Nähere Informationen zum MZAW, zu seinen Veran- staltungen, den an ihm beteiligten Institutionen und Das MZAW verfügt über verschiedene Möglichkeiten, Personen, dem Promotionsprogramm, den Statuten, . seine Ziele zu verfolgen: Kontaktmöglichkeiten und mehr bietet die Homepage An erster Stelle ist die MZAW-Gastprofessur, eine des MZAW unter 09 Dauerstelle, zu nennen, mit der verschiedene al- http://www.mzaw.uni-muenchen.de tertumswissenschaftliche Disziplinen verklammert werden sollen: In jährlichem Wechsel wird für jeweils zwei Semester eine Professorin oder ein Professor Prof. Dr. Friedhelm Hoffmann aus Deutschland oder dem Ausland geholt, die / der Vorstand des Instituts für zu weiten Bereichen der altertumswissenschaftlichen Ägyptologie und Koptologie und Fächer forscht. Mit der Gastprofessur ist eine die stellvertretender Sprecher des MZAW Disziplinen verklammernde Funktion verbunden. Zu
PUBLIKATION DES GESAMTKORPUS DER HIEROGLYPHISCHEN INSCHRIFTEN ROBERTO A. DÍAZ HERNÁNDEZ Seit den ersten Erwerbungen ägyptischer Objekte durch die Bayerische Akademie der Wissenschaf- ten und den Kronprinz Ludwig im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden die hieroglyphischen Inschriften in München stiefmütterlich behandelt. Erst am Anfang des 20. Jahrhunderts befassten sich Wilhelm Spiegelberg, Karl Dyroff und Baltha- sar Pörtner mit der Erforschung und Erfassung der hieroglyphischen Stelen, die in der Glyptothek und im Antiquarium der Münchner Residenz auf- bewahrt wurden. 1904 wurden sie im zweiten Band der „Ägyptischen Grabsteine und Denksteine aus süddeutschen Sammlungen“ veröffentlicht, der bis- lang die einzige Forschungsarbeit über eine Grup- pe hieroglyphischer Inschriften in der Münchner Sammlung darstellt. Nach der Neueröffnung des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst München 2013 setzte sich seine Direktorin das Ziel, unter Berücksichtigung der neue- ren wissenschaftlichen Erkenntnisse alle hierogly- phischen Inschriften des Museums nach aktuellen wissenschaftlichen Standards zu bearbeiten und in einem Katalog zu publizieren. Einer der Ausgangspunkte für dieses ehrgeizige Projekt ist die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Museum und dem Institut für Ägyptologie und Koptologie der Ludwig-Maximilians-Universität Mün- chen. Im April 2017 bildete eine Sitzung im Staat- lichen Museum Ägyptischer Kunst, an der Sylvia Schoske, Friedhelm Hoffmann, Arnulf Schlüter, Dietrich Wildung und der Verfasser teilnahmen, den offiziellen Start des Projekts. Bei der Sitzung 10 wurde intensiv über die Herangehensweise bei der Publikation der hieroglyphischen Inschriften des Museums diskutiert. Dafür wurden relevante Werke über ägyptische Inschriften in anderen Museen mit- einander verglichen, z. B. „Aegyptische Inschriften aus den Königlichen / Staatlichen Museen zu Ber- lin“ (1901 / 1924), „Hieroglyphic Inscriptions from Egyptian Stelae in the British Museum“ (1910 – 1961), „Corpus of Egyptian Inscriptions in the Brooklyn
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Museum“ (1974) und mehrere Bände aus der Rei- Programm über 10.000 hieroglyphische Zeichen he „Corpus Antiquitatum Aegyptiacarum (CA A)“ verwenden und dazu auch ganz neue erstellen kann, (1975 ff.). Bei der Diskussion wurde der Entschluss lässt sich jeder Text getreu dem Original wieder- gefasst, dass der Münchner Katalog nicht nur die geben. Als Beispiel steht hier die Inschrift auf der hieroglyphischen Texte mit vollständiger Transli- Vorderseite der Würfelstatue des Hohepriesters im teration und Übersetzung enthalten soll, sondern Tempel des Amuns Bekenchons. auch archäologische und kunstwissenschaftliche Er- läuterungen, da bei altägyptischen Objekten Text und Auf der Grundlage der bereits geleisteten Arbeit Textträger eine unauflösbare Einheit bilden. soll nun bei verschiedenen Stiftungen ein Antrag Wir einigten uns als ersten Arbeitsschritt auf die auf Beihilfe gestellt werden, um die Finanzierung Erstellung einer Excel-Tabelle, die alle beschrifteten des anspruchsvollen Projekts sicherzustellen und Statuen, Stelen und Relieffragmente enthält. Nach seine Realisierung zügig voranzubringen. Zum ers- ihrer Fertigstellung verzeichnet die Tabelle 70 Sta- ten Mal nach 200 Jahren Sammlungsgeschichte (!) tuen, 60 Stelen und 100 Relieffragmente. das Gesamtkorpus hieroglyphischer Inschriften in Darüber hinaus stellte sich auch die Frage nach München in einem Katalog vorzulegen, ist ein wich- dem passenden Computer-Programm zur Erstel- tiger Schritt für die Fachwelt, sind doch zahlreiche lung von Hieroglyphenzeichen. Auch wenn die Frage Inschriften bislang völlig unveröffentlicht. Aber auch . noch offen ist, wird aufgrund der feinen Linien der für die Museumsbesucher bedeutet diese Publikation Hieroglyphenzeichen einstweilen die neuere Version einen vertieften Einblick in die Geschichte, Kultur von Visualglyph bevorzugt, die Günther Lapp an der und Religion des alten Ägypten Universität Basel entwickelt hat. Da man mit diesem 1. Htp-D-nsw Imn-Ro-Itm-"r-#X.t| b# &n(.|) p.t\ onX m M#o.t oxm Hr(.|)-|b-w&|\#=f Mw.t wr.t &Hr(.t)\-tp-&t#\(.w|) %nÈ nfr-H&tp D=s\n 2. rn=| mn(.w) &m\ w#s.&t\ Dd.w n-Xt n&HH\ n k# n(.|) (|)r(.|)-po(.t) H#t(.|)-o &(|)m(.|)-rA-Hm(.w)\-nTr n(.|) nTr(.w) nb(.w) Hm-nTr-&tp(.|)-n\(.|)-Im&n m\ &|\p(w).t &s.(w)t\ 3. B#k-&n(.|)-Xns\ [m#o-Xrw] &D\d=f | Hm(.w)-nTr |t|(.w)-nTr [wob(.w)]-n.(|)w-AImn |m on(.w) n xn.t{w} qbH n D.t=| |n&k\ [Hm] 4. #X n nb=f gr mtr m#o.t hr Hr m#o.t m&s\D&D\ |sf &s:o#\ [s]Xr nTr=f Hm-nTr-tp-n(.|)-AImn B#k-n(|)- Xns [m#o-Xrw] 1. Ein Königsopfer des Amun-Re-Atum-Harachte, des Widders des Himmels, der von der Maat lebt, 1. E in Königsopfer des Amun-Re-Atum-Harachte, des Widders des Himmels, der von der Maat lebt, des des Götterbildes, Götterbildes,dasdasininder derMitte Mitte seiner seiner Barke Barke ist, ist, der der Mut, derObersten Mut, der Oberstender derbeiden beidenLänder Länderund und desdes 12 Chonsu, Chonsu, der derananFrieden Friedenvollkommen vollkommenist, ist,damit damitsie sieveranlassen, veranlassen, 2. dass mein Name in Theben bleibt und durch die Ewigkeit dauert, für den Ka des Regenten, Gaufürsten, 2. Vorstehers dass meinder Name in Theben Priester bleibt aller Götter, und durch des Hohepriesters die Amun Ewigkeit dauert, für den Ka des Regenten, in Karnak Gaufürsten, Vorstehers der Priester aller Götter, Hohepriesters des Amun inund 3. B ak-en-chons, [den Gerechtfertigten]; er sagt: „O (ihr) Priester, Gottesväter Karnak [Wab-Priester] des Amun-Tempels, gebt meiner Statue Lebenssträuße und meinem Leib eine Wasserspende. (Denn) ich bin 4. e in nützlicher Diener seines Herrn, einer, der schweigt, der die Maat bezeugt, der über die Maat zu- frieden ist, der das Böse hasst und der den Ratschluß seines Gottes großmacht, der Hohepriester des Amun, Bak-en-chons, [der Gerechtfertigte].“
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LEHRVERANSTALTUNG Möglichkeit tatsächlich hinter die Kulissen des Mu- seums zu blicken und so einmal die Restaurierungs- MUSEUMSPRAXIS werkstatt zu besuchen oder einen Blick in die Magazine des Museums zu werfen. Wo es sich anbietet berichten ARNULF SCHLÜTER die verschiedenen Mitarbeiter des Museums aus den Dem Münchner Ägyptischen Museum ist es seit Bereichen Museumspädagogik, Restaurierung oder jeher ein Anliegen, dass sich das Studium von und an Öffentlichkeitsarbeit aus erster Hand und stehen für Originalen als fester Bestandteil der akademischen fachliche Fragen, aber auch z. B. für Fragen zum indi- Ausbildung etabliert. So finden seit mehreren Jahren viduellen beruflichen Werdegang zur Verfügung. und mit steter Regelmäßigkeit Lehrveranstaltungen Die Studierenden bringen sich durch eigene Kurzre- und Übungen des Instituts für Ägyptologie der LMU ferate und praktische Übungen in das Seminar ein München, aber auch anderer Einrichtungen im Muse- und haben die Möglichkeit, die Inhalte der Übung auf um vor den altägyptischen Werken in der Daueraus- Grund ihrer eigenen Interessensschwerpunkte mit stellung oder auch im Magazin statt. Das Museum zu gestalten. Auch wenn die Teilnehmerzahl in den selbst trägt mit einem, seit 2013 im Jahresturnus letzten Übungen auf Grund der überschaubaren Zah- stattfindenden Seminar „Museumspraxis“ einen Teil len an Ägyptologie-Studenten im Master-Studiengang . dazu bei, dass Studenten der Ägyptologie frühzeitig in gering war, so kam auf Grund der um so intensiveren das Berufsbild des „Museumsägyptologen“ hinein- Diskussionsbereitsschaft der Teilnehmer immer ein schnuppern und erfahren können, was neben aka- interessantes Seminar zustande demischen Fragestellungen zu den täglichen Her- ausforderungen im Museum gehört. In der Übung wird die Planung des im Juni 2013 eröffneten Ägyptischen Museums in allen Facetten von der Konzeptentwicklung über den didaktischen Ansatz und die Umsetzung der Vitrinen- und Sockel- gestaltung bis hin zu den Ausstellungstexten und den medialen Anwendungen thematisiert. Neben den Grundlagen der Museumsarbeit (Sammeln, Bewah- ren, Ausstellen, Forschen und Vermitteln) werden die Geschichte und die Definition des Museumsbe- griffs sowie die ethischen Richtlinien eines Museums behandelt. Zudem wird im Seminar ein Einblick in die unterschiedlichsten Bereiche der praktischen Museumsarbeit gegeben: Schwerpunkte bilden die Themenkomplexe Dokumentation, Inventarisierung und digitales Museumsdokumentationssystem, Erschließung, Restaurierung, Depotplanung und –verwaltung, Anfragen und Gutachten sowie die Planung und Organisation von Sonderausstellungen 14 zusammen mit der Abwicklung des Leihverkehrs. Da- neben werden auch die Aufgaben einer zeitgemäßen Museumspädagogik vorgestellt sowie die Möglich- keiten des Einsatzes moderner Medien am konkreten Beispiel des MedienGuides und der Medienstationen im Ägyptischen Museum besprochen. Besonderer Wert wird darauf gelegt, die theoretischen Einfüh- rungen im Museum an praktischen Fallbeispielen zu illustrieren. Das gibt den Studierenden auch die
MAAT 05 MUNICH DIGITAL arbeiter des Museums, das Lehrpersonal des In- stituts und die Münchner Ägyptologie-Studenten RESEARCH ARCHIVES beschränkt, die so für Forschung und Lehre, Vor- träge und Präsentationen auf einen reichen Fundus ARNULF SCHLÜTER zurückgreifen können. Die darüber hinausgehende MUDIRA (MUnich DIgital Research Archives: http:// Nutzung der Bilder (Druck, Vervielfältigung, Wieder- mudira.gwi.uni-muenchen.de) ist eines von zahl- gabe in elektronischen Medien etc.) ist auf Grund des reichen Gemeinschaftsprojekten des Museums mit dem Copyrights natürlich genehmigungs- und in der Regel Institut für Ägyptologie der LMU München. Ziel dieses kostenpflichtig. Jedes Bild verfügt über die entspre- Digitalisierungsprojektes ist es, die umfangreichen chende Angabe „Ansprechpartner Copyright“. Bildbestände beider Institutionen zu Altägypten Die Datenbank wird laufend erweitert, und das Projekt zu bewahren und für die Forschung zugänglich zu geht weiter voran: Die nächsten 15.000 Dias wer- machen. Bisher wurden bereits knapp 42.000 Origi- den derzeit digitalisiert. Künftig sollen auch die am nalaufnahmen aus Ägypten und ägyptischen Museen Institut aufbewahrten Großbildaufnahmen und die in der durch die IT-Gruppe Geisteswissenschaf- Sammlung alter Glasplatten in die Datenbank inte- ten der Universität München erstellten Datenbank griert werden. Das Museum hat einen Fundus von online präsentiert. Die professionell digitalisierten historischen Aufnahmen vornehmlich aus der zweiten Kleinbild-Diapositive aus den Diatheken von Museum Hälfte des 19. Jahrhunderts geschenkt bekommen – und Institut bilden den größten Teil des Bestandes, ebenfalls ein Fall für MUDIRA. werden inzwischen aber durch private Fotoarchive Finanziell getragen wird MUDIRA auch von den ergänzt, die für das Projekt zur Verfügung gestellt Fördervereinen von Institut und Museum sowie von wurden. Auch knapp 6.000 Dias des Uni Dia Verlags privaten Spendern. Als Reaktion auf den Spenden- sind bereits integriert worden. aufruf des Museums sind bisher Spenden in Höhe In der Datenbank wird jedes Bild inhaltlich erschlos- von ca. 8.500,- Euro eingegangen. Wir danken allen sen und mit einer Reihe von Metadaten versehen, Unterstützern sehr herzlich für die großzügige För- so dass umfangreiche Suchoptionen zur Verfügung derung. Weitere Spenden zur dauerhaften Sicherung . stehen. Auch nicht angemeldete Nutzer haben Zugriff der wertvollen Bild-Bestände sind unter dem Stich- auf sämtliche Datensätze und alle Suchfunktionen. wort „MUDIRA“ auf das Konto des Freundeskreises Der Download von Bildern ist allerdings auf die Mit- herzlich willkommen! 15
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MAAT 05 THE CAMPBELL BONNER MAGICAL GEMS PROJECT SONIA FOCKE Ende 2016 wurde das Museum vom Campbell Bonner Magical Gems Project mit Sitz im Museum of Fine Arts, Budapest, kontaktiert. Das Projekt ist eine Datenbank für Gemmen, kleine, meist oval geschlif- fene Halbedelsteine mit magischen Darstellungen und Wörtern aus dem gesamten römischen Raum vom 1. Jh. vor Chr. bis zum 4. Jh. nach Chr. Benannt nach Campbell Bonner, einem Amerikaner, der 1950 das erste Werk über Gemmen publizierte (Studies on Magical Amulets), verfolgt das Magical Gems Project das Ziel, alle bekannten Gemmen in dieser Datenbank einzutragen und so öffentlich zugänglich zu machen. Die Datenbank bietet zu jeder Gemme Bilder, Grunddaten, Beschreibung und Bibliographie. Es besteht außerdem die Möglichkeit, Kommentare zum Stück aus der eigenen Forschung einzutragen. Zusätzlich plant das Projekt, das Werk von Campbell Bonner nochmals mit Annotationen und neueren Forschungsergebnissen online zu publizieren. . Das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst beteiligt sich mit Bildern und Daten zu 19 Gemmen aus seiner Sammlung Das Projekt: http://www2.szepmuveszeti.hu/ talismans/visitatori_salutem Die SMÄK-Gemmen: http://classics.mfab.hu/ talismans/object/search?collection=416 17 Gemme mit Darstellung eines hahnenköpfigen Schlangenfüßlers, Amethyst, ÄS5966
SUDANTAG 2017 Budka und Martina Ullmann vom Institut für Ägypto- logie der LMU München. Frau Budka präsentierte mit ARNULF SCHLÜTER ihrem Vortrag zur Entdeckung des Grabes des Gold- schmiedemeisters Chnummose aus dem Neuen Reich Am Samstag, den 29. Juli 2017, fand der im jährlichen auf der Nil-Insel Sai im Norden des Sudan die span- Rhythmus veranstaltete Thementag zur Sudanarchä- nenden Grabungsergebnisse ihrer Frühjahrskampag- ologie und zum Naga-Projekt statt. Das Grußwort des ne 2017, und Frau Ullmann stellte eindrucksvoll unter eigens angereisten sudanesischen Botschafters S. E. Beweis, dass langjährige Forschungen in Archiven zu Badreldin Abdalla bekräftigte einmal mehr die exzel- neuen Überlegungen zu lange vergessen geglaubten lente Kooperation zwischen der Republik Sudan und Heiligtümern, im konkreten Fall zum Tempel Ramses’ den archäologischen Unternehmungen im Sudan. Diet- II. in Gerf Hussein, führen können. Karla Kröper stellte rich Wildung stellte in seinem Beitrag „Common Aims unter dem Titel „Alte Töpfe und Hightech“ den Ein- Reloaded“ die Aktivitäten deutscher Grabungen im Su- satz modernster Technik bei der Dokumentation der dan vor und betonte, dass die einzelnen Projekte einen Keramikbestände von Naga vor und verglich die antike wichtigen Beitrag auch zur Stärkung der kulturellen Produktion mit der noch heute von den sudanesischen Identität der sudanesischen Bevölkerung leisten. Bewohnern von Naga hergestellten Keramik. Chris- Zu erleben gab es dann „Archäologie hautnah“: Das tian Perzlmeier und Arnulf Schlüter präsentierten Projekt-Team aus dem Ägyptischen Museum berich- die Naga-Homepage und stellten die neu entwickelte tete über den aktuellen Stand der Naga-Grabung und Datenbank des Naga-Projektes in einer Live-Vorfüh- die wissenschaftliche Erschließung der ehemaligen rung vor. Zum Schluss gab Arnulf Schlüter unter dem Königsstadt. Christian Perzlmeier präsentierte erste verheißungsvollen Titel „Neue Tempel, neues Glück?“ Überlegungen zur Rekonstruktion von Tempel 1200, einen Ausblick auf die kommenden Grabungs-Kam- einem Tempelbau mit bisher singulärer Architektur, pagnen und die weiteren Projektziele. der nach Ausweis des Reliefprogramms dem Löwen- Die Teilnehmerzahl am Sudan-Tag, die Gespräche in gott Apedemak gewidmet war. Dietrich Wildung be- den Pausen und die positiven Rückmeldungen durch schäftigte sich in einem weiteren Beitrag mit der die Gäste haben wieder einmal gezeigt, dass auch die meroitischen Skulptur, deren Bestand gerade durch intensive Beschäftigung mit aktuellen Grabungs- und . die Grabungsergebnisse des Naga-Projektes in den Forschungsergebnissen – richtig verpackt – beim Mu- letzten Jahren entscheidend erweitert wurde. Zwei seumspublikum ankommt. Der Sudantag wird sicher Berichte zu aktuellen Forschungen lieferten Julia auch Teil des Veranstaltungskalenders 2018 sein! 18 Botschafter S. E. Badreldin Abdalla
MAAT 05 Welcome Speech at the Sudan Day in Munich S. E. Badreldin Abdalla, Ambassador to the Sudan Embassy in Berlin Munich, 29. July 2017 Dear Professor Wildung, the great friend of Sudan, Dear Dr. Schoske, Director General of Munich Egyptian Museum, Ladies and Gentlemen, I am deeply honored to participate once again in this day, the Day of the Sudan, which is hosted, orga- nized and sponsored by the Munich Egyptian Museum in collaboration with Prof. Wildung. We appre- ciate very much their efforts on this regard. I would like, also, to thank you all for availing precious hours of your weekend to share with us these moments. Ladies and Gentlemen, You may not believe that the relation between Germany and Sudan on archaeology is descending back to the mid of 19 th century – it is really amazing to know that the first ever scientific documentation and ex- pedition of the Sudanese archaeological sites had been achieved by the German researcher Karl Richard Lepsius (1842 – 1845). That wonderful work was followed later by consistent German archaeological efforts, among others. The most sound of which was linked to Prof. Hinkel, who devoted almost half of his life and more than 40 years of his carrier to Sudan and Sudan’s ancient history and civilization. Now around 11 German archaeological teams are digging in very remote and different parts of Sudan to uncover our ancient history and civilization. I avail myself of this opportunity to thank them all. Special thanks and appreciation to our friend Prof. Wildung, who contributes immensely on both unco- vering and documenting of Sudan ancient history in general and Muserat and Naga Sites in particular, for the last two decades. Despite the importance of the uncovering of Sudan’s civilization as one of the oldest in the world in general and Africa in particular, it is as well very essential and significant in the process of building of our nations and identity as Africans. In the last few years the archaeological work in Sudan witnessed remarkable increase in the new discoveries which shed more lights on Sudan’s hidden treasuries of human ancient history - thanks to the generous Qatari Fund which provided funds for more than 40 archaeological teams from all over the world. Inspite of the Qatari fund we are looking forward for more support from the German government and relevant German institutions in terms of finance, technical know-how and capacity building. Ladies and Gentlemen Once again I would like to thank you all for your interest in Sudan and Sudan ancient history, and 19 hence I would like to assure you – you are very much welcomed to the Sudan as tourists to enjoy more than 200 of very unique pyramids and archaeological sites, among other very interesting touristic destinations. So I encourage you to consider Sudan in your future travel plans as a new destination in a very friendly environment. I wish you a successful Sudan Day and thank you so much. Grußwort des Botschafters
KOOPERATIONSREIHE roitischen vermittelte Claude Rilly den Zuhörern das Privileg, unmittelbar an seinen aktuellen Forschungen ZUR SUDANARCHÄOLOGIE teilzunehmen, die er trotz der extremen Schwierigkeit des Sujets sehr anschaulich darzustellen verstand. ARNULF SCHLÜTER Über die seit 2009 laufenden Arbeiten seines Teams Gemeinsam mit Prof. Julia Budka vom Institut für in der meroitischen Königsstadt Wad Ben Naga Ägyptologie der LMU veranstaltet das Ägyptische berichtete Pavel Onderka vom Nationalmuseum in Museum eine Vortrags-Reihe zur Sudanarchäologie: Prag (siehe hierzu auch den Beitrag in MAAT Ausgabe „THE SOUTH GATE TO THE ANCIENT WORLD – Neue 04 / 2017): Die Grabungen haben im Westen der Stadt Forschungen zur Archäologie und Geschichte Nubi- einen der Göttin Mut geweihten Tempel freigelegt. ens und des antiken Sudan“ ist der Titel der Reihe, die Gerade für das Münchner Publikum sind außerdem international renommierte Forscher aus dem Bereich die aktuellen Arbeiten am Palast von Wad Ben Naga der Sudanforschung nach München bringt. Eröffnet von besonderem Interesse: Der Palast wurde von wurde sie von Dr. Julie Anderson vom British Muse- Königin Amanishakheto erbaut, deren Goldschatz das um, die unter dem Titel „Sacred Rams, Royal Statues Highlight des Sudan-Raumes des Münchner Museums and a Pyramid“ über ihr Grabungsprojekt in Dangeil bildet. Als Nebeneffekt des Vortrags vereinbarte das berichtete. Im dortigen Tempel für den Gott Amun, der Museum eine engere Kooperation mit dem Prager aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammt, wurden mehre- Projekt. re Fragmente von königlichen Statuen gefunden, da- Wenn diese Ausgabe von MAAT im Druck vorliegt, wird runter auch solche von Pharao Taharqa. Diese und in einem vierten Vortrag in dieser Reihe Prof. Michael weitere Funde von Altären, Widderfiguren und be- Zach aus Wien von den Reisen zahlreicher Österrei- malten Architekturfragmenten sowie die Entdeckung cher berichtet haben, die im 19. Jahrhundert – sei es eines Pyramidenfriedhofes führen zu Überlegungen in offiziellem Auftrag oder als Missionare, Diplomaten zur Rekonstruktion einer antiken Kultlandschaft, die oder Abenteurer – den Sudan bereist hatten (s. Bericht im Vortrag vorgestellt wurden. S. 24). Am 2. November 2017 wird dann unser War- 20 Dr. Claude Rilly vom Centre National de la Recherche schauer Kollege Prof. Włodzimierz Godlewski über Scientifique in Paris, der gleichzeitig auch die Grabun- die neuesten Grabungsergebnisse in Alt-Dongola, gen in Sedeinga leitet, gab Einblicke in die aktuellen der Hauptstadt des nubisch-christlichen Reiches von Bemühungen um die Übersetzung meroitischer Texte. Makuria, referieren. Obwohl die einzelnen Zeichen der meroitischen Schrift Die Reihe wird auch 2018 in Zusammenarbeit mit dem bereits seit über einem Jahrhundert lesbar sind, kön- Institut für Ägyptologie der Ludwig-Maximilians-Uni- . nen gerade längere Texte mit Ausnahme von einigen versität München im Rahmen des Forschungsschwer- Wörtern, Ausdrücken und Namen bisher nicht über- punkts, Across Borders, Adele Hartmann-Programm setzt werden. Als der weltweit beste Kenner des Me- Prof. Julia Budka fortgesetzt
MAAT 05 DIE GEDENKSTELE OBJEKTGESCHICHTE Während viele Stücke, die aus dem Kunsthandel kom- DES PBEKIS men, nur den Hinweis „Fundort unbekannt“ tragen, ist NADJA BÖCKLER bei dieser Grabstele eine lückenlose Dokumentation von der Grabung bis zum heutigen Verbleib möglich. Eines der neueren Erwerbungsprojekte des Ägypti- Nach seiner Entdeckung ging das Stück über die schen Museums war 2013 eine Grabstele aus Dendera – Fundteilung zunächst in die Sammlung des Metropo- ein Objekt, das in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes litan Museum of Art, New York über und erhielt die darstellt. Die Sandstein-Stele (Höhe 34,3 cm, Breite Inventarnummer MMA 98.4.62. Später wird die Stele 24,1 cm) trägt die Inventarnummer ÄS 7918. verkauft, gelangt zunächst in die Sammlung Kovics in New York (1956) und schließlich in den Harer Family HERKUNFT Trust. In dieser Zeit war die Stele regelmäßig in ver- 1898 grub Sir William Matthew Flinders Petrie mit schiedenen Ausstellungen zu sehen, zuletzt im Robert seinem Team in Dendera. Nicht etwa an dem be- Frances Fullerton Museum an der California State rühmten Hathortempel, einer der größten Touristen- University San Bernandino (bis 2000). 2013 erwarb das attraktionen in Ägypten überhaupt, sondern – wie sich Staatliche Museum Ägyptischer Kunst München das zeigen sollte – an einem „archäologischen Juwel“. Objekt und zeigt es seitdem in der Dauerausstellung Petrie schenkte zum ersten Mal in der Geschichte der im Raum „Schrift und Text“. ägyptologischen Feldforschung einer Siedlung und In seiner Bearbeitung der demotischen Stelen aus der damit verbundenen Nekropole das Interesse eines Dendera (2008 mit anschließenden Addenda) konnte systematisch arbeitenden Archäologen. Petrie selbst Moje mittels einer Analyse der Ikonographie feststel- beschreibt seine Ausgrabungsfläche als „a promising len, dass es verschiedene Typen von Grabstelen gege- site for historical study“ (PETRIE, S. 1) und er sollte ben haben muss. Die Homogenität ist dabei so auffal- Recht behalten. lend, dass er für die Verwendung einen recht kurzen Die Nekropole von Dendera umfasst sowohl Mastaba- Zeitraum ansetzen möchte. Das Korpus dieser Stelen Gräber und Grubengräber aus der Zeit der 4. bis ist mit 22 Exemplaren recht gering, doch vermutlich 11. Dynastie als auch ein ptolemäisches und früh- vollständig, da die Nekropole von Petrie ungestört römerzeitliches Gräberareal mit über 100 Bestattun- vorgefunden wurde. gen. Die Funde aus diesem Areal reichen von Kera- In der aktuellsten Version der Addenda zur Bearbei- mik bis hin zu Statuen. Von besonderem Interesse ist tung der Stele des Pbekis führt Moje noch an, dass jedoch der Fund von 17 Grabstelen mit demotischer ihm der heutige Aufbewahrungsort der Stele nicht Inschrift. Grabstelen sind für das alte Ägypten häufig bekannt ist, er verweist jedoch auf den Verkauf der und bereits sehr früh belegt. Standardmäßig sind Harer Family Trust Collection bei Christie’s New York. diese mit Hieroglyphen beschriftet und zeigen im Dementsprechend ist es erfreulich, den heutigen Ver- Bildteil den Verstorbenen. Demotische Stelen sind – bleib dieses Stückes aktualisieren zu können. selbst für die Römerzeit – eine Seltenheit. Die Grab- stelen stammen direkt aus den jeweiligen Gräbern BILDTEIL und standen in unmittelbarer Nähe zur Mumie des Die Stele ist in zwei Bereiche geteilt, die jedoch nicht Verstorbenen. Sie ermöglichen somit eine genaue durch eine Trennlinie separiert sind. Identifikation des Verstorbenen. Dies ist vor allem Das in Flachrelief ausgeführte Bildfeld im oberen Teil 21 deshalb von Bedeutung, weil es in Dendera Zweit- der Stele zeigt im Zentrum den Verstorbenen mumifi- bestattungen gab. Nach Jan Moje, der diese Stelen ziert auf einer Löwenbahre liegen. Links und rechts in einer grundlegenden Untersuchung (MOJE, S. 32) der Bahre kniet jeweils eine Frau, die Hand im Klage- bearbeitet hat, waren die Stelen eine Art Äquivalent gestus vor das Gesicht haltend. Die beiden Frauen zu den Mumienschildern: kein Verstorbener taucht lassen sich als Isis und Nephthys identifizieren. Ihre namentlich sowohl auf einem Mumienschild als auch Körper, der Körper des Verstorbenen und ein Tuch, auf einer Grabstele auf. das um den „Hals“ der Löwenbahre gebunden ist, wei- sen noch Reste ockerfarbener Bemalung auf.
(1) m - bAH w s i r [n] w (n) - n f r pA nTr aA (2) pA- bik sA pa-VyS (3) pA anv pA iry -aA pr-Hr in Ägypten eingeführt. Die letzte demotische Inschrift, (1) Vor Osiris [des] Onnophris, dem großen Gott. in das Jahr 452 n. Chr. datiert, findet sich im Isis-Tempel von Philae. Die Entzifferung des Demotischen gelang (2) Pbekis, Sohn des Pachois, 1855 Heinrich Brugsch. (3) der Parfümeur, der Pastophor des Per-Her. Der demotische Text der Münchner Stele nennt die Titel des Verstorbenen sowie seinen Namen und seine Herkunft. Die frührömische Datierung durch Moje lässt sich TEXTTEIL besonders gut auch anhand der Paläographie bestä- Das Textfeld besteht aus drei Zeilen, die in demoti- tigen: m - bAH und der Artikel pA weisen die typischen scher Schrift und Sprache eingraviert sind. „Demo- römischen Varianten auf. Besonders deutlich erkennt tisch“ bezeichnet zweierlei: Man unterscheidet zwi- man auch das einteilige, „römische“ Gottesdetermi- schen demotischer Schrift und demotischer Sprache. nativ (im Gegensatz zum ptolemäischen Gottesdeter- Die demotische Schrift ist eine Kursivschrift, die von minativ, das zweiteilig geschrieben ist). rechts nach links geschrieben wird und sich vor allem Ferner lässt sich die frührömische Datierung sehr gut durch Ligaturen, durch die Verschmelzung mehrerer mit den Belegzeiten der Namen verbinden. Pachois Schriftzeichen zu einem „Kürzel“ auszeichnet. Sie als Name des Vaters ist vor allem in der ptolemäischen wird im alten Ägypten etwa von 650 v. Chr. bis 450 n. Zeit beliebt; im römischen Sprachgebrauch wird Pachois Chr. ver wendet und hat sich nach aktuellem Er- deutlich seltener. Beim Namen des Sohnes Pbekis ver- kenntnisstand aus dem Hieratischen entwickelt. Über hält es sich umgekehrt: in der Ptolemäerzeit ist er diesen langen Zeitraum lassen sich im Demotischen höchst selten belegt und wird in der Römerzeit we- verschiedene Schriftepochen feststellen, die sich vor sentlich gängiger. allem durch das Schriftbild deutlich unterscheiden. Gleich in der ersten Textzeile weist die Inschrift eine Das Demotische wird parallel zum Hieroglyphischen Besonderheit auf. Die Namensform Osiris Onnophris verwendet – jede Schrift in ihrem „eigenen“ Bereich: (ws i r w n - n f r) ist vor allem in altägyptischen Funerär- Während das Hieroglyphische traditionsgemäß haupt- texten nicht ungewöhnlich, doch gibt es im Stelen- sächlich für religiöse Texte verwendet wird, wird die text gleich zwei Abweichungen von der eigentlichen demotische Schrift die Schrift des Alltags. Dieser Namensgebung. w n - n f r ist nicht mit der typischen Gebrauch ist für unseren heutigen Sprachgebrauch w n-Gruppe geschrieben, sondern lediglich mit einem namensgebend: Herodot bezeichnet das Demotische w. In frührömischen demotischen Onomastica aus als δημοτιϰός „volkstümlich“. Oberägypten ist dies jedoch – worauf mich Prof. F. Die demotische Sprache ist eine eigene Sprachstufe Hoffmann (LMU München) hingewiesen hat – eben- im Altägyptischen. Sie entstand etwa im 7. Jahrhun- falls zu finden. Des Weiteren erfolgt der Anschluss dert vor Christus und bildet den grammatikalischen in der Regel direkt: ws i r w n - n f r Osiris Onnophris und Übergang vom Neuägyptischen zum Koptischen. Das nicht über eine explizite Angabe des Genitivs w s i r n Demotische kennt zum Beispiel den Gebrauch von wn - n f r Osiris des Onnophris, eine Form, die an das in Artikeln oder Hilfskonjugationen für gewisse Tempora demotischen Funerärtexten verbreitete Osiris des NN wie im Neuägyptischen, aber die Regel zur Anbindung (w s i r n NN) erinnert. des direkten Objektes ist wesentlich näher am Kopti- Die zweite Textzeile ist wesentlich kürzer als die an- 22 schen. deren beiden und endet direkt hinter dem Namen. Moje In der Römerzeit nimmt die Verwendung des Demo- vermutet, dies liege an der Abnutzung des Steins. tischen aufgrund seiner Schwierigkeit vor allem in Somit würde es sich bei dieser Abnutzung um eine der Verwaltung immer mehr ab. Administrative Texte primäre handeln, also um eine Abnutzung vor Be- werden fortan in Griechisch, private und religiöse Tex- schriftung der Stele. Vor allem in Zeile 2 lassen sich te weiterhin in Demotisch verfasst. Unter Verwendung noch sehr gut rote Farbreste in der Inschrift erkennen des griechischen Alphabets und der Hinzunahme von (am besten im pA – direkt am Zeilenbeginn). sechs demotischen Zeichen (die spezielle Laute wie- Das Ende von Zeile 3 hatte Moje in seiner Edition zu- dergeben) wurde im 3. und 4. Jh. n. Chr. das Koptische nächst pA s (n) Pr- pA-Hr gelesen und mit „der Mann
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