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Heft 2018/2019 Maschinenbau und Produktion Kolloquium bei NORD DRIVESYSTEMS Hamburg: Geschichte der HAW Shape your ideas: 3D-space für alle Erfolgreiche Ingenieurausbildung: Prof. Dr.-Ing. Eckart Kottkamp Zeitschrift des Freundeskreises Maschinenbau und Produktion Berliner Tor e.V.
Inhalt 4 Aktuelles aus dem Department 22 Digitale Produktion - Die Zukunft 36 Die Welt in Bewegung setzen der Fertigungstechnik Studium und Ausbildung 5 Einfach mal umformen beim Antriebspezialisten 24 Methode der NORD DRIVESYSTEMS 6 Prof. Dr.-Ing. Eckart Kottkamp - grenzwertorientierten Kennzahlen erfolgreicher Einsatz für die Ingenieurausbildung 26 FunDay 2018 am Berliner Tor 9 1970 - 2020: 50 Jahre FH / HAW 27 Die Tribologie Hamburg - Eine kleine Geschichte Themengebiet mit hoher Relevanz der Ingenieurausbildung in Hamburg für die zukünftige Ausbildung 18 3Dspace 28 Norddeutsches-Kolloquium- Schrauben-Verbindungen 2018 19 Neues aus dem Heinrich-Blasius Institut 30 Rückblick auf ein bewegtes Jahr 38 Messe: all about automation im Freundeskreis hamburg 2019 31 Freundeskreis mit modernem 40 Werner-Baensch Preis / Logo und neuer Werbung Franz-Herbert-Spitz-Preis / Herbert-Rehn-Preis 32 Ihre zukünftigen Ingenieure kennenlernen - fördern - ausbilden 40 Impressum 33 Macio 41 Studieren und Praktikum 20 Einblick in VWs größtes Neues Mitglied im Freundeskreis im Ausland / Neu Getriebewerk in Deutschland 34 29. Kolloquium des 42 Im Ruhestand / Verstorben 21 Der Maschinenbau und die Freundeskreises bei Energie Getriebebau NORD 43 Das Letzte Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Editorial Digitalisierung und Industrie 4.0, Prof. Dr. Ulrich Stein Redaktion Freundeskreiszeitung ulrich.stein@haw-hamburg.de das Thema hatten wir in den letzten Ausga- So viel zur Zukunft des Maschinenbaus, Thema ‚Ethik und Technik‘, initiiert von ben der Zeitschrift schon öfter. wobei wir nur einen geringen Teil der Akti- Dipl.-Ing. Klaus Beck, einem langjährigen vitäten am Department M+P zu Digitalisie- Mitglied im Vorstand des Freundeskreises Bei einem Treffen mit Prof. Dr.-Ing. Eckart rung und Industrie 4.0 darstellen können. und bis zu seiner Pensionierung Leiter des Kottkamp, dem Vorsitzenden des Hoch- Wir werden in Zukunft sicher noch viel Technikzentrums der TÜV NORD Sys- schulrats der HAW, wurde im Sommer darüber zu berichten haben. tems GmbH & Co. KG. 2018 auch dies ausführlich erörtert. Im Heft finden sie an zentraler Stelle eine Im Heft finden Sie aber auch einen Das Kolloquium des Freundeskreises fand Zusammenfassung des Gesprächs und eine Rückblick, eine Zusammenfassung der in diesem Jahr bei der Firma Getriebe- Würdigung der Leistungen von Prof. Kott- Geschichte der Ingenieurausbildung in bau Nord in Bargteheide statt. Auch dazu kamp, der den Freundeskreis Maschinen- Hamburg. Dazu den Verweis auf eine finden Sie einen Beitrag im Heft. Wann bau und Produktion seit seiner Gründung Internet-Seite mit Dokumenten, die ich im und wo im Jahr 2019 das Kolloquium statt- tatkräftig unterstützt. Laufe der Jahre gesammelt und z.T. einge- finden wird, ist noch nicht geklärt. Bitte scannt habe. schauen Sie dazu auf die Homepage des Zum Thema Digitalisierung gehört eben- Freundeskreises. Diese Seite wurde im falls der 3D-Druck. Am Berliner Tor wurde Dies ist mein Abschiedsbeitrag, denn das Jahr 2018 ebenfalls neu gestaltet: am 17. April 2018 am Department M+P der aktuelle Heft ist das letzte, das ich gestalte. 3Dspace eingeweiht. Studenten der HAW Im Jahr 2003 hatte ich diese Aufgabe vom www.Freundeskreis-BerlinerTor.de können hier den 3D-Druck kennen lernen damaligen Dekan des Fachbereichs, Prof. und studienbezogene Objekte drucken. Dr. Jürgen Dankert, übernommen. Die Dort finden Sie auch den Link zu unserer Arbeit hat mir viel Spaß gemacht. Da ich XING-Gruppe. Als weiterer Schwerpunkt bei M+P im jedoch in nicht allzu ferner Zeit in Ruhe- Rahmen von Industrie 4.0 und digitaler stand gehe, mache ich Platz für meine Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Produktion wurde im Herbst 2018 im Nachfolger. Ich bedanke mich herzlich bei Labor für Fertigungstechnik ein Teil des allen Personen, die mich in den 15 Jahren Projekts „Virtuelle Werkzeugmaschine“ unterstützten und mich mit Beiträgen ver- abgeschlossen. Dies dient dazu, Studenten sorgten. mit den Zukunftstrends der Fertigungs- technik vertraut zu machen. Im Freundeskreis herrschte im vergan- genen Jahr eine gewisse Aufbruchs- Digitalisierung und Industrie 4.0 war natür- stimmung. Dipl.-Ing. Christian Gerlach lich auch Thema auf der Fachtagung zur berichtet in einem Beitrag über sein erstes Umformtechnik FormUm@Nortec. Prof. Jahr als erster Vorsitzender im Vorstand. Dr. Enno Stöver und Prof. Dr. Thomas Es wurden eine Reihe neuer Projekte ange- Frischgesell stellten dort die Aktivitäten stoßen. Geplant ist u.a. ein Workshop zum bei M+P vor, z.B. Ideen zur Weiterent- wicklung des Umformtechnik-Labors zu einem „Lernort Digitale Umformtechnik“ und das interdisziplinäre Projekt „Smart Production @ HAW Hamburg“. Maschinenbau und Produktion 2018/2019 3
Department Aktuelles aus dem Department Wenn Sie demnächst unser traditions- terstützung werden die Themen „Industrie führung unserer drei Bachelorstudiengän- reiches Gebäude Berliner Tor 21 besu- 4.0“, „Vernetzung von Maschinen“, „Auto- ge zu einem einzigen Bachelorstudiengang chen, dann bleiben Sie ruhig einmal vor matisierung“ und „agiles Projektmanage- „Maschinenbau und Produktion“ sinnvoll dem Eingang stehen und betrachten das ment“ immer sichtbarer in den Forschungs- erscheint. Dies bietet dann die Möglich- blaue Schild, das links vom Eingang die themen der Kolleginnen und Kollegen und keit einer stärkeren Differenzierung der Geschichte dieses Fritz-Schumacher-Baus der inhaltlichen Ausrichtung der Module. Fachgebiete in den Studienrichtungen des beschreibt. Dieses ist immer mit dem Ziel verbunden, Hauptstudiums mit größeren Wahlmög- unseren Studierenden die bestmögliche, lichkeiten für die Studierenden zur Un- Nicht nur Studierende und Lehrende der In- praxisnahe Vorbereitung auf ihr späteres terstützung aktueller, praxisnaher Lehrin- genieurwissenschaften gehen hier ein und Berufsleben zu geben. So wird das Projekt halte. Der Prozess ist angestoßen und soll aus, auch Architektur- und Bauinteressier- „Smart Production @ HAW Hamburg“, mit dem Sommersemester 2020 in einen te kommen ganz gezielt hierher, um sich das Digitalisierungs- und Vernetzungsan- neuen Maschinenbau-Studiengang mün- das denkmalgeschützte Gebäude anzuse- sätze über die verschiedenen Fachgruppen den, der weiterhin auch dual mit einem zu- hen. Betreten Sie dann sätzlichen Praxisseme- das Gebäude, werden ster angeboten wird. Sie feststellen, dass sich schon eine Menge getan Ein besonderer Dank hat, aber auch noch eine gilt Prof. Dr. Wolfgang Menge Arbeiten ge- Schulz, der vier Jahre schehen. Die Brand- zusammen mit Prof. schutzsanierung, wegen Dr. Thomas Frisch- derer wir nun in meh- gesell das Depart- reren Jahren teilweise ment Maschinenbau oder komplett ausgezo- und Produktion gelei- gen sind, ist nahezu ab- tet hat. Seine Amtszeit geschlossen und viele endete im Dezember Flure erstrahlen richtig 2017. Sein Nachfolger im neuen Glanz. Das be- als stellvertretender deutete in den letzten Jahren einen erheb- des Departments und departmentsübergrei- Departmentsleiter ist seit Januar 2018 Prof. lichen Aufwand für alle Kolleginnen und fend zusammenknüpft, weiterentwickelt Dr. Enno Stöver. Seit September 2018 ist Kollegen – der sich aber gelohnt hat, wenn zu einer inzwischen zertifizierten Testum- das Department im Dekanat TI durch Prof. man die neugestrichenen Flure sieht sowie gebung Industrie 4.0 für KMUs. Unterneh- Dr. Anna Usbeck als Prodekanin für For- die veränderte Darstellung mit Vitrinen, men können im Rahmen eines Förderpro- schung vertreten. die zum Teil Sitzbänke integriert haben. Im gramms Anträge für die Umsetzung von Foyer und Eingangsbereich bleibt es aller- Industrie 4.0-Themen stellen, bei denen Inhaltlich und personell entwickelt sich das dings noch ein wenig Baustelle – die Re- die HAW Hamburg als Testumgebung und Department Maschinenbau und Produkti- staurierungsarbeiten, auch unter Berück- Partner zur Verfügung steht. Instituts- und on weiter und das auf der traditionsreichen sichtigung des Denkmalschutzes, sind departmentsübergreifend wurde inzwi- Historie, die uns mit unserem Gebäude noch nicht abgeschlossen. Danach sollte schen eine Anlage für metallischen 3D- Berliner Tor 21 jeden Tag ins Auge fällt. unser Gebäude uns wieder als wertvoller Druck am Institut für Werkstoffkunde und und traditionsreicher Lehr- und Lernort zur Schweißtechnik aufgebaut. Und der 3D Verfügung stehen. So manches Fundstück Space am Berliner Tor 21 steht allen Stu- aus der Vergangen- dierenden für den Druck ihrer Projekte im heit wird sicher nicht Rahmen der Lehre zur Verfügung – ein Be- mehr integriert. reich, der mit und für die Studierenden ge- staltet und geführt wird. So alt und traditi- onsreich das Ge- Im nächsten Schritt liegt dann nach erfolg- bäude auch sein reicher Akkreditierung der Studiengän- mag, so modern ge eine curriculare Weiterentwicklung des sind die Themen der Lehre Maschinenbau-Studiums vor uns. Die An- Prof. Dr. Thomas Frischgesell (r), und Forschung des Departments. Neben forderungen aus der Industrie, aber auch Prof. Dr. Enno Stöver (l), einem zunehmenden Einsatz der Digitali- die Entwicklung der Bewerberzahlen, Leitung des Departments Maschinenbau sierung in der Lehre zur methodischen Un- geben uns Hinweise, dass die Zusammen- und Produktion 4 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department Einfach mal umformen den Austausch der Firmen der Metropol- Die Weiterentwicklung des Umformtech- region Hamburg im Bereich Umformtech- nik-Labors zu dem „Lernort Digitale Um- nik. Auf der nächsten NORTEC 2020 soll formtechnik“ bildet den zweiten thema- dann das 2. FormUM@Nortec stattfinden, tischen Schwerpunkt. In der Vision stellt im Frühjahr des kommenden Jahres lädt der „Lernort Digitale Umformtechnik“ das Institut für Produktionstechnik dann an einen physischen Raum und eine virtu- die HAW Hamburg ein. elle Plattform dar, für die Lehrenden und die Studierenden der HAW Hamburg, wie Mit dem agilen, modularen Werkzeug- auch für Unternehmen der Metropolregi- bau hat Prof. Dr. Enno Stöver einen der on Hamburg, zum Themenbereich Indus- Schwerpunkte im Fachgebiet der Umform- trie 4.0 und Digitalisierung im Bereich der technik der HAW Hamburg vorgestellt. Im Umformtechnik. Anwendungsbezogene Rahmen einer Bachelorarbeit wurde ein er- Lösungen werden hier ausprobiert und ste- Prof. Dr. Enno Stöver auf dem ster Ansatz für die Nutzung agiler Metho- hen zum gemeinsamen kompetenzorien- FormUm@Nortec (Benjamin Remmers, den im Bereich der Entwicklung von Um- tierten, forschungsbasierten und digital un- CC-BY-ND 3.0) formwerkzeugen aufgezeigt. Hierbei steht terstütztem Lernen bereit. Neue Lösungen im Mittelpunkt, die Optimierungsschlei- werden gemeinsam im Zusammenspiel Zum ersten Mal fand im Januar 2018 im fen in der Werkzeugentwicklung zu sy- Praxis und Lehre entwickelt. Dabei geht es Rahmen der Produktionstechnik-Messe stematisieren und schneller als bisher mit darum, Digitalisierungs- und Vernetzungs- NORTEC eine Fachtagung zur Umform- einem Produkt auf den Markt zu kommen, lösungen im Umformtechnik-Labor umzu- technik unter dem Titel FormUm@Nortec und damit auch Feedback aus dem Seri- setzen und im täglichen Betrieb des Labors statt. Über 70 Teilnehmer informierten sich enprozess und von den Nutzern / Kunden selbst durch Studierende und Lehrende an- über neueste Entwicklungen im Bereich zu erhalten. Dieser Ansatz wird zurzeit zuwenden. Ein erstes Beispiel ist die Dar- der Servoantriebstechnik von Umformma- im Rahmen studentischer Projekte weiter- stellung des Geschäftsprozesses „Ferti- schinen, vorgestellt durch Klaus Berglar- entwickelt und mit Industriepartnern dis- gungstechnik-Labor“, dessen Umsetzung Bartsch (Schuler Pressen GmbH), und die kutiert und ausprobiert, um die Praxist- in einer PLM-Software und damit ver- Entwicklung einer mobilen Werkzeugma- auglichkeit nachzuweisen. An der HAW bunden die Digitalisierung des Freigabe- schine mit Blick auf Instandsetzungpro- Hamburg nutzen Studierende im Rahmen prozesses der Laborprotokolle. Außerdem zesse im Werkzeugbau, vorgestellt durch sogenannter Sprints diesen Ansatz zur Ent- wird untersucht, inwieweit Smart Glasses Dr. Dominik Brouwer (Picum MT GmbH). wicklung eines Stanzwerkzeuges. Dieses die Lehre durch Bereitstellung von An- Ein weiterer Schwerpunkt galt der The- soll am Ende den ersten Prozessschritt zur leitungen unterstützen können. Weiterhin matik Industrie 4.0 in der Umformtech- Herstellung eines von Studierenden des werden Informationen zu Werkzeugma- nik. Florian Haug (TruConnect Consul- 2. Semesters ausgewählten Referenzbau- schinen und Werkzeugen per QR-Code zur ting, Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH) teils „Handyhalter“ (Fixierung des Smart- Verfügung gestellt. Im Rahmen einer Ba- präsentierte Umsetzungbeispiele in der phones während des Ladevorgangs) dar- chelorarbeit wird nun das Lehr-Lern-Kon- Vernetzung der Produktion blechverarbei- stellen (siehe Abbildung). Die zusammen zept für den Lernort Digitale Umform- tender Betriebe. Prof. Dr. Thomas Frisch- mit den Studierenden gemachten Erfah- technik zusammen mit der Arbeitsstelle gesell stellte das interdisziplinäre Projekt rungen fließen ebenfalls in die Weiterent- Studium und Didaktik der HAW Hamburg „Smart Production @ HAW Hamburg“ wicklung des Konzepts „Modularer Werk- entwickelt. Pilot ist das Modul Umform- vor, in dem die Themen der Digitalisierung zeugbau“ ein. technik im Studiengang Produktionstech- in den Laboren der HAW Hamburg erleb- nik und -management. bar gemacht werden. Dr. Roald Lingbeek (Autoliv B. V. & Co. KG) gab einen Im- Kontakt: puls zur Notwendigkeit des systemganz- HAW Hamburg – heitlichen Ansatzes in der Entwicklung Institut für Produktionstechnik, komplexer Umformprozesse unter Berück- Berliner Tor 21, 20099 Hamburg sichtigung der geforderten Bauteileigen- schaften. Prof. Dr. Enno Stöver führte in Prof. Dr. Enno Stöver ein Konzept zur Nutzung des aus der Soft- Tel.: 040 42875 8621, ware-Entwicklung bekannten agilen Pro- enno.stoever@haw-hamburg.de jektmanagements in der modularen Werk- zeugentwicklung für Umformprozesse vor. Benjamin Remmers Diese erste Fachtagung war ein großer Er- Handyhalter für den Aufladevorgang Tel.: 030 42875 8628, folg und unterstützte die Vernetzung und benjamin.remmers@haw-hamburg.de Maschinenbau und Produktion 2018/2019 5
Department Prof. Dr.-Ing. Eckart Kottkamp - erfolgreicher Einsatz für die Ingenieurausbildung Im Jahr 1974 wurde Prof. Dr.-Ing. Eckart Die Ingenieurausbildung steht vor groß- Der VDMA gab deshalb im Jahr 2017 zu- Kottkamp Mitglied der Projektleitung des en Herausforderungen. Stichworte sind In- sammen mit der IMPULS-Stiftung die europäischen Raumfahrtprojektes Space- dustrie 4.0, Digitalisierung und eine wei- Studie „Ingenieure für Industrie 4.0“ in lab, bei VFW-Fokker ERNO in Bremen. tergehende Akademisierung des Studiums, Auftrag. Eckart Kottkamp ist als VDMA- Dies war das erste europäische Projekt für wie die Stärkung der praxisnahen For- Sprecher für Ingenieurausbildung maßgeb- die bemannte Raumfahrt, ein Beitrag der schung und die Möglichkeit von Promo- lich daran beteiligt. Im Gespräch erläuterte europäischen Raumfahrtbehörde ESA zum tionen an Fachhochschulen, wie der HAW er u.a. wichtige Anregungen aus der ersten NASA Shuttle-Programm. Hamburg. Interviewphase dieser noch laufenden Stu- die. Für Eckart Kottkamp war das eine beson- Hier gibt es bereits gute Ansatzpunkte, in ders nachhaltige berufliche Erfahrung mit Hamburg zum Beispiel die Einrichtung des Da wahrscheinlich nicht alle Leser mit den mannigfaltigen Herausforderungen, wie Kompetenzzentrums CC4E, die Koopera- neuen Begriffen vertraut sind, wurde auf der Beschäftigung mit dem Konfigurati- tionen mit Fraunhofer Aninstituten und die der nächsten Seite eine Begriffserklärung onsmanagement der parallelen Entwick- Aktivitäten der Initiative Maschinenhaus angefügt. lungs-, Versuchs- und Fertigungsarbeiten, des VDMA, deren erster Preis in diesem dem System-Engineering beim Einsatz Jahr an die HAW Hamburg ging. Die Studie lieferte zu Beginn die Erkennt- neuester Technologien und bei der inter- nis, dass es aktuell keine „Lehrbuchdefi- nationalen Zusammenarbeit. Viele dieser Dabei darf auch die Lehre nicht aus dem nition“ von Industrie 4.0 gibt. Grob kann Vorgehensweisen, mit denen er bereits vor Blickfeld geraten. Hier ist es wichtig, Qua- man die wichtigsten Elemente von Digi- über 40 Jahren konfrontiert wurde, sind litätsstandards festzulegen und deren Ein- talisierung / Industrie 4.0 wie folgt umrei- auch heute noch bei der Einführung von haltung zu überprüfen. Ein Weg dazu ßen: Industrie 4.0 relevant. ist der Ausbau des Qualitätssystems der Hochschulen, an der HAW Hamburg bei- zz Smart Factory („intelligente Fabrik“): Hier, im Hauptartikel, wollen wir jedoch spielsweise der Übergang von der Pro- dezentrale und hochautomatisierte Pro- nach vorne schauen, auf die Zukunft der gramm- zur Systemakkreditierung. duktion, Werkstücke mit Sensorik, Ingenieurausbildung und speziell die des Department M+P. Einen Blick zurück, zu Ein weiteres Ziel neben der Qualität der zz Smart Products: Ausstattung des Pro- den Verdiensten von Prof. Dr. Eckart Kott- Lehre ist es, die Abbruchquoten in den In- dukts mit IKT-Komponenten, das Pro- kamp, finden Sie in der nebenstehenden genieurdisziplinen zu senken. Dies gilt dukt denkt mit, Vita. umso mehr, da davon auszugehen ist, dass in Zukunft die Zahl der Studieninteressen- zz Smart Operations: flexible Produkti- Grundlage für diesen Artikel bildet ein Ge- ten sinken wird. Um einem Ingenieurman- onsplanung und -steuerung in der Smart spräch, das wir mit Herrn Kottkamp im Juli gel vorzubeugen, muss das Studium attrak- Factory durch selbst steuernde Werk- 2018 geführt haben. Die hier vorgestellten tiver werden. stücke, Ideen stammen aus diesem Gespräch und wurden zum Teil erweitert durch erste An- Dies und das Thema Industrie 4.0 (I4.0) zz Data-driven Services: die Vernetzung regungen der aktuell noch laufenden IM- wird eine Neustrukturierung der Curricula von Produkt, Hersteller und Kunde PULS-Studie „Ingenieure für Industrie der Ingenieurstudiengänge erfordern. eröffnet neue Märkte für Dienstlei- 4.0“, an der Herr Kottkamp als Sprecher stungen. des Arbeitskreises „Ingenieurausbildung“ maßgeblich beteiligt ist. 6 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department Prof. Dr.-Ing. Eckart Kottkamp hat in seinem Leben so viel geleistet und er- reicht, dass eine ausführliche Würdi- gung seiner Verdienste dieses Format sprengen würde. Deshalb seien hier nur die wichtigsten Stationen seines Lebens erwähnt. Gründungsmitglieder des Freundeskreises 1987, Eckart Kottkamp, 1. von links. Geboren wurde Eckart Kottkamp im Jahr 1939. Nach einem Studium der Re- gelungs- und Nachrichtentechnik an anstaltungen wurden im Werk Norderstedt Seine Hochschulaktivitäten beschränk- der RWTH Aachen von 1961-66, mit der Jungheinrich AG durchgeführt. Sie ten sich jedoch nicht auf die HAW. Er dem Abschluss Dipl.-Ing., arbeitete er verbanden Vorlesungen und Übungen mit war Gründungsmitglied der „Hambur- als Versuchsingenieur bei der Boden- dem direkten Einblick in aktuelle Projekte. ger Gespräche“ der TUHH und ist Vor- versuchsanstalt VFW-Fokker, Bremen. Für seine Verdienste verlieh ihm die Hoch- sitzender des Industriebeirats des NIT 1974 wechselte er in die Projektleitung schule 1996 die Ehrenprofessur. und Mitglied des Freundeskreises der des europäischen Raumfahrtprojektes Helmut-Schmidt-Universität. Spacelab, bei VFW-Fokker ERNO in 1996 wurde Prof. Dr. Eckart Kottkamp Bremen. Parallel dazu promovierte er an Vorsitzender der Geschäftsführung der Ein weiterer Schwerpunkt ist seine Mit- der TH Hannover zum Dr.-Ing. Claas KGaA. Von 2001 bis 2006 war er arbeit beim VDMA, u.a. war er viele Alleingeschäftsführer der Hako Holding Jahre Mitglied im engeren Vorstand. Er 1979 wurde er Geschäftsleiter der Ge- GmbH & Co, KG. ist Mitglied des F&E-Ausschusses und schäftsbereiche K3 bei der Robert Bosch Sprecher der VDMA-Initiative „Ingeni- GmbH. Ab 1983 bis 1995 war er in der Im Jahr 2003 berief ihn die Behörde für eurausbildung“. Im Hanseatischen Inge- Geschäftsführung der Firma Junghein- Wissenschaft in den ersten Hochschulrat nieursclub leitet er Projekte zum Thema rich in Hamburg, ab Herbst 1988 als der HAW. Seit 2008 ist er dessen Vorsit- Technik und Gesellschaft. deren Vorsitzender. zender. Er war Mitglied in der Findungs- kommission für den neuen Präsidenten und Auch heute noch besitzt Eckart Kott- In dieser Zeit begann sein Engagement Mitglied der Arbeitsgruppe, die einen Vor- kamp aktive Aufsichtsratsmandate: bei an der FH Hamburg. Im Jahr 1987 war schlag für die Neufassung der Grundord- der Firma Basler AG Ahrensburg, als er beteiligt an der Gründung des Freun- nung erarbeitete. Er engagierte sich bei stellvertretender Vorsitzender, und bei deskreises Maschinenbau Berliner Tor der Entwicklung des Verständnisses und Kromi Logistik AG Hamburg. e.V. (nach Integration von Produkti- Selbstverständnisses zwischen den Gre- onstechnik und -management umbe- mien der HAW, Hochschulrat und Hoch- nannt in Freundeskreis Maschinenbau schulsenat, unter Beachtung des Prinzips und Produktion Berliner Tor e.V.), den des Checks and Balances als Strukturmerk- er auch heute noch ideell und finanziell mal des Konzepts der autonomen Hoch- unterstützt. schule. In diesem Zusammenhang erfolgte auch die Benennung von Paten aus dem Von 1988 bis 1996 war er an der Hoch- Hochschulrat für die Fakultäten und die schule Lehrbeauftragter für Projektma- Einrichtung eines Finanzausschusses, in nagement und Logistik. Die Lehrver- dem auch ein Vertreter des Hochschulse- nats vertreten ist. Maschinenbau und Produktion 2018/2019 7
Department Aus dem Umbau der Produktion nach Ein- Begriffserklärungen führung von Industrie 4.0 leiten sich erwei- terte Anforderungen an die Ingenieuraus- Hier folgt die Erklärung einiger Be- Hochschulrat: Der Hochschulrat be- bildung ab: griffe, die im Artikel verwendet wurden. steht aus neun Personen, von denen je- Zum Teil stammen die Definitionen aus weils vier von der HAW Hamburg und zz Auch in Zukunft ist ein solides Funda- der IMPULS-Studie. vier von der Behörde für Wissenschaft, ment in einer technischen Kerndisziplin Forschung und Gleichstellung (BWFG) notwendig, z.B. im Maschinenbau oder Algorithmen: eindeutige Handlungs- bestimmt werden. Das neunte Mitglied in der Elektrotechnik. vorschriften zur Lösung von Problemen, wählt der Hochschulrat selbst hinzu. entweder als manuell ausführbare Ope- Der Hochschulrat nimmt zentrale Steu- zz Wichtig wird deshalb die Vermittlung rationen oder in einem Computerpro- erungsaufgaben der Hochschule wahr methodischer Grundlagen für eine ver- gramm implementiert. und ist an der Wahl des Präsidenten und netzte Produktion und letztlich die Ver- des Kanzlers der Hochschule beteiligt. netzung aller Wertschöpfungsstufen des Big Data: große (digitale) Datenmen- Geschäftsprozesses. Dies verlangt ver- gen (Massendaten), die mittels digitaler Hochschulsenat: Die Mitglieder der stärkt Kompetenzen im Prozess- und Technologien verarbeitet werden kön- Hochschule wählen den Hochschulse- Systemdenken. nen. nat. Jede Statusgruppe (Professoren, Studierende, akademische Mitarbei- zz Ein Ingenieur benötigt außerdem wei- Data Mining („Daten schürfen“): An- ter, technisches Personal und Verwal- tergehende, querliegende fachliche wendung computergestützter, statisti- tungspersonal) entsendet eigene Vertre- Qualifikationen, insbesondere in Infor- scher Methoden, z.B. spezielle Algo- terinnen und Vertreter in den Senat. Der matik, aber auch zu ethischen Fragen rithmen, auf große Datenbestände (Big Hochschulsenat beschließt die Grund- und zu sozialen Problemstellungen, die Data), um Strukturen und Zusammen- ordnung der HAW und wirkt bei grund- im industriellen Alltag mit der Einfüh- hänge zu erkennen. legenden Selbstverwaltungsangelegen- rung der Digitalisierung auftreten wer- heiten der HAW mit. den. Data-driven Services: Die physischen Produkte werden mit physischer IT aus- IKT: Informations- und Kommunika- zz Im Studium muss es deshalb depart- gestattet, damit sie für betriebliche Pro- tionstechnik. mentsübergreifende Lehrangebote zesse notwendige Informationen senden, geben, bei denen die Nutzung der IT, empfangen oder verarbeiten können. Die IT: Informationstechnik, d.h. Informa- z.B. über die Integration von Embedded Vernetzung von Produkt, Hersteller und tions- und Datenverarbeitung. Systems, KI und die Analyse von Big Kunde erlaubt die Auswertung und Ana- Data, vermittelt wird. lyse der aufgenommenen Daten und er- Sensorik: Verwendung von Sensoren öffnet neue Märkte für Dienstleistungen zur Messung und Kontrolle von Verän- Die Studie stellt Anregungen für die Neu- (Services). derungen von Systemen. gestaltung der Curricula zur Diskussion: Digitale Assets: intelligente Werk- Smart Factory („intelligente Fabrik“): zz Zu Beginn ein 1-2 Semester dauerndes, stücke, die den Fertigungsprozess steu- dezentrale und hochautomatisierte Pro- allgemeines Studium für alle tech- ern und überwachen und sich eigenstän- duktion, Vernetzung der physischen und nischen Studiengänge, dann erst die dig durch die Fertigung lenken. virtuellen Welt, Assets mit Sensorik aus- Spezialisierung, z.B. in Maschinenbau, gestattet und vernetzt, für eine erhöhte bei einer Dauer des Bachelors von 8 Se- Digitalisierung: Umwandlung von ana- Transparenz und erweiterte Planungsfä- mestern. logen in digitale Daten und Einordnung higkeit. in Datenstrukturen bzw. Datenformate, zz Die immer schneller stattfindenden Ver- die dann mit digitalen Technologien be- Smart Operations: flexible Produkti- änderungen erfordern ein lebenslanges arbeitet und analysiert werden können. onsplanung und -steuerung in der Smart Lernen und dazu eine allgemeine Aus- Factory durch selbst steuernde Werk- bildung. „Das Lernen lernen“, die An- E-Learning: electronic learning (elek- stücke. leitung zur Eigenständigkeit, z.B. mit tronisch unterstütztes Lernen), d.h. Ver- E-Learning, ist wichtiger als eine zu wendung von elektronischen und digi- Smart Products: Ausstattung des Pro- starke Spezialisierung. talen Medien bei der Vermittlung von dukts mit IKT-Komponenten (z.B. Sen- Lehrstoff. soren, RFID). Das Produkt denkt mit Das Gespräch mit Prof. Dr. Eckart und steht auch nach dem Verkauf mit Kottkamp führte Prof. Dr. Ulrich Stein. dem Hersteller in Verbindung. 8 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department 1970 – 2020: 50 Jahre FH / HAW Hamburg Eine kleine Geschichte der Ingenieurausbildung in Hamburg Im April 2020 ist Geburtstag: 50 Jahre Der Bedarf an Ingenieuren war groß, be- dernen Strömungslehre. Aus dieser Ko- zuvor, am 1. April 1970, wurde die Fach- engt jedoch der Platz für eine „Ingenieur- operation entstanden bahnbrechende Ar- hochschule Hamburg gegründet. Die FH schule“ in den Räumen des heutigen Mu- beiten zum Verständnis von Strömungen Hamburg, die seit 2001 den Namen Hoch- seums für Kunst und Gewerbe. an Grenzschichten, auch heute noch die schule für Angewandte Wissen- Grundlage der schaften (HAW) trägt. Im nächsten Aerodynamik Jahr wird die HAW dieses Jubilä- von Autos und um gebührend feiern. Flugzeugen. Und auch wir wollen uns schon Im Jahr 1912 vorab an die Jahre erinnern. An entschied sich Denkwürdiges, an Fortschritte in Heinrich Bla- Forschung und Lehre. An neue An- sius bewusst sätze, die zum Teil gegen erheb- gegen einen liche Widerstände durchgesetzt weiteren Ver- werden mussten. Und auch an ei- bleib in der nige Kuriositäten. Schumacher-Bau am Berliner Tor (um 1930) Dr. Heinrich Blasius Hochschul- forschung und Ingenieurschule Hamburg Am 4. Mai 1910 genehmigte die Bürger- wurde aus Überzeugung Lehrer an den schaft der Freien und Hansestadt Hamburg Technischen Staatslehranstalten in Ham- Aber lassen Sie uns noch etwas früher be- den Entwurf von Oberbaudirektor Fritz burg. Ein paar Jahre später holte er auch ginnen. Im Jahr 1893, zum Zeitpunkt des Schumacher für den Neubau des Techni- Dr. Karl Hiemenz, einen ehemaligen Kol- Beginns der Maschinenbau-Ingenieur- kums auf dem Lübeckertorfeld am Berliner legen bei Prandtl, nach Hamburg ans Ber- Ausbildung in Hamburg. Damals startete Tor. Im Sommer 1911 begannen die Arbei- liner Tor. das „Staatliche Technikum“ mit einer „Hö- ten und am 8. April 1914 wurde der Neu- heren Maschinenbauschule“ als Teil der bau fertiggestellt. Blasius war eine herausragende Persön- Allgemeinen Gewerbeschule. Gut zehn lichkeit, ein vielseitig interessierter Hu- Jahre später, am 1. April 1905, wurde das Fritz Schumacher prägte in den Jahren um manist. Näheres zu Heinrich Blasius und Technikum aus der Gewerbeschule ausge- 1910 maßgeblich die städtebauliche Ent- Links zu seinen Schriften, z.B. zu sei- gliedert. wicklung der Hansestadt, besonders durch nen „Kulturphilosophischen Vorträgen zu seine Backstein-Architektur. Bedeutende einem STUDIUM GENERALE“ aus dem Bauten aus dieser Zeit sind, neben denen Jahr 1959, finden Sie unter: am Berliner Tor, u.a. das Holthusenbad, die www.stein-ulrich.de/Blasius/ Davidwache und das Museum für Hambur- gische Geschichte. Doch so weit sind wir jetzt noch nicht. Ein paar Monate nach Fertigstellung des Schu- Im Jahr 1912 erfolgte die Umbenennung macher-Baus am Berliner Tor begann der der fünf Fachschulen des Technikums in 1. Weltkrieg. Im August 1915 wurde der „Technische Staatslehranstalten Ham- Unterrichtsbetrieb unterbrochen und der burg“. Damit verbunden war eine Ausdeh- Schumacher-Bau ein Reservelazarett. nung des Studiums von vier auf fünf Se- Absolventen-Jahrgang 1910 (Foto aus dem mester. Das technische Wissen, das ein Nachlass von Ing. Heinrich Schlieckau) Ingenieur parat haben musste, hatte in den vorhergegangenen Jahren enorm zuge- Dies war der Beginn einer eigenstän- nommen. Außerdem wurde der praktische digen Ingenieur-Ausbildung in Hamburg. Unterricht in den Laboratorien erweitert. Ab 1907 erhielten alle akademisch ausge- bildeten „Oberlehrer“ am Technikum den Und auch die Qualität des Lehrpersonals Titel „Professor“. Für die „Höheren Fach- erhöhte sich: 1912 kam Dr. Heinrich Blasi- schulen“ lautete der Bildungsauftrag im us zum Technikum. Blasius hatte von 1902 Jahr 1910: Bildet die Mitte zwischen den bis 1906 Physik studiert. Danach wurde er Technischen Hochschulen und den Gewer- in Göttingen einer der ersten Doktoranden beschulen. von Ludwig Prandtl, dem Vater der mo- Lazarett im 1. Weltkrieg Maschinenbau und Produktion 2018/2019 9
Department Nach Kriegende ging die Ausbildung am Berliner Tor weiter. Mit der Gründung der Universität im Jahr 1919 entstand in Hamburg eine weitere akademische Aus- bildungsstätte - für die eine „Ingenieur- schule“ natürlich kein gleichwertiger Kon- kurrent sein konnte. Im Jahr 1922 wurden die „Technischen Staatslehranstalten“ mit der „Höheren Schule für Hoch- und Tiefbau“ zu den „Staatlichen Technischen Schulen“ zusam- mengefasst. Dem Direktor wurde weiter- hin der Titel Professor verliehen. Bei den „Rückansicht am Lübeckerthorfeld“ (aus der Festschrift von 1931) Dozenten entfiel jedoch der Professorenti- tel, wahrscheinlich ein Zugeständnis an die Im Jahr 1928 erfolgte die Rückbenen- Dennoch schaffte noch im Jahr 1943 einer neue Universität. Bis zum 31. März 1923 nung in „Technische Staatslehranstalten“, der berühmtesten Absolventen der Inge- war der Direktor in Personalunion auch jetzt mit den Abteilungen: „Höhere Schu- nieurschule seinen Abschluss: Georg von Leiter der einzelnen Abteilungen. Nach der le für Maschinenbau, Schiffsmaschinen- Tiesenhausen. Zusammenfassung bekamen die einzelnen bau, Elektrotechnik und Schiffbau“, „Hö- Bereiche (Maschinenbau, Elektrotechnik, here Schule für Hoch- und Tiefbau“ und Schiffbau, Flugzeugbau) einen eigenen „Schiffsingenieur- und Seemaschinisten- „Schulleiter“ (später „Abteilungsleiter“), schule“. der vom Lehrkörper und einem Beirat für jeweils drei Jahre gewählt wurde. Und 1931 wurden die „Vereinigten Ma- schinenbauschulen Altona“ in die Tech- Und es wurde von der Behörde erlaubt, nischen Staatslehranstalten aufgenommen. die „Schüler“ nun „Studierende“ zu nen- nen. Begründung in der Festschrift aus Ab 1935 gab es auch eine Abteilung dem Jahr 1955: „Ältere, etwa dreißigjäh- „Leichtbau“ mit Flugzeugbau und Kraft- rige, verheiratete Kriegsteilnehmer konn- fahrzeugbau - nicht zu verwechseln mit der ten schlechterdings nicht mehr als ‚Schü- „Wagenbauschule“, die separat existierte ler‘ bezeichnet werden.“ und erst 1970 Teil der Fachhochschule Hamburg wurde. 1938 brachte er- neut eine Verän- derung: Die Bau- Georg von Tiesenhausen schule wurde ausgegliedert und Unmittelbar nach dem Examen wurde von der restliche Teil Tiesenhausen in das Raketen-Entwick- der Staatslehran- lungszentrum Peenemünde abkomman- stalten erhielt den diert, wo er bis Kriegsende arbeitete. Seine Namen „Ingenieur- große Karriere begann jedoch erst eini- schule“, eine An- ge Zeit nach dem Krieg. 1953 folgte von gleichung an die Tiesenhausen einem Ruf in die USA, in Namensgebung im die Raketen-Entwicklungsabteilung unter gesamten Deut- Leitung von Wernher von Braun. Im Welt- Neubauten 1923 / 1931 schen Reich. raumprogramm der NASA war er unter anderem für den Haltemechanismus der In den Folgejahren wurde wieder viel ge- Am 1. September 1939 begann mit Hitlers Mondrakete Saturn V und für das Mondau- baut am Berliner Tor: 1923 und 1931 ent- Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. to Lunar Rover zuständig. 33 Jahre arbeite- standen neue Laborgebäude hinter dem Die Ausbildung am Berliner Tor wurde te Georg von Tiesenhausen für die NASA. Schumacher-Bau, die bis auf das Kessel- nun schwieriger, da etliche Dozenten für Über seine Ausbildung an der Ingenieur- haus auch heute noch erhalten sind und ge- den Krieg eingezogen wurden. schule Hamburg sagte er später: „Meine nutzt werden. damaligen Dozenten halte ich in hohen 10 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department Ehren, da ich ihnen fast alles verdanke, was ich zu tun in der Lage war.“ Die Klasse von Georg von Tiesenhausen war jedoch die letzte am Berliner Tor. Da- nach war Schluss: Der Schumacher-Bau wurde am 27. Juli 1943 bei einem Luft- angriff von Bomben getroffen und brann- te vollständig aus. Heinrich Blasius war in dieser Nacht als Wache eingeteilt und be- richtete ein halbes Jahr später schriftlich über den Brand (siehe Link am Ende die- ses Beitrags). Prof. Dr. Heinz Enneking - Foucaultsches Pendel (1961) trieb entwickelt werden, der die Reibungs- Lang ist es her - Prof. Walter Kaspar-Si- verluste kompensiert und die Schwin- ckermann am Bedienpult des Reaktors gungsebene stabilisiert, um so durch eine SUR-100 lange Laufzeit die Drehung der Erde zu demonstrieren. Der Antrieb des Pendels Außerdem wurde 1965 in Bergedorf die wurde in den Folgejahren maßgeblich von „Ingenieurschule für Produktions- und Prof. Dr. Heinz Enneking entwickelt. Verfahrenstechnik“ gegründet, eine Erwei- terung des „Tabak Technikums“ von Kurt Heinrich Blasius l., 1950 In den 1960er Jahren wurde der Platz im A. Körber auf dem Gelände der Hauni Ma- Hauptgebäude langsam knapp. Es gab erste schinenbau AG, heute Teil der HAW-Fa- Doch gleich nach Kriegsende begann der Überlegungen zu einem Erweiterungsbau kultät Life Sciences. Wiederaufbau. Heinrich Blasius, seit 1945 der Ingenieurschule. 1962 legte der Archi- Abteilungsleiter der Ingenieurschule, war tekt W. Kallmorgen ein Baugutachten vor, Mitte der 1960er Jahre waren die Kriegs- maßgeblich am Neubeginn beteiligt. Be- das detailliert auf die Bedürfnisse der In- schäden an den Gebäuden am Berliner Tor reits im Wintersemester 1945/46 konnte genieurschule einging. Am 16./17. Febru- mehr oder minder beseitigt. Aber eine an- der Unterricht in provisorischen Gebäu- ar 1962 kam es jedoch in Hamburg zur dere Kriegslast gab es noch: Ein Kollege den auf dem Lübeckertorfeld wieder auf- Sturmflut. Städtische Gelder benötigte man verklagte den Direktor der Ingenieurschu- genommen werden. jetzt dringend anderweitig und der Neubau le, Dr. Werner Krone, wegen rechtsextre- der Ingenieurschule wurde gestoppt. mer Äußerungen. Dieser trat daraufhin In den folgenden Jahren normalisierte sich zurück. Neuer Direktor wurde 1967 Dipl.- der Unterrichtsbetrieb. 1949 gab es das „Ing. (grad.)“ (graduierter Ingenieur) - im Ing. Karl Röthlein. erste Kolloquium des Physiklabors, im Jahr 1965 wurde dieser neue Abschluss für Jahr 2001 geändert in „Kolloquium am Absolventen der Ingenieurschule Hamburg Fachhochschule (FH) Berliner Tor“. 1951 wurde das Studium auf eingeführt, basierend auf einem KMK-Be- sechs Semester verlängert. schluss von 1964. Am 1. April 1970 wurde die „Fachhoch- schule Hamburg“ gegründet. Die ehema- Und im Jahr 1955 konnte die Ingenieur- Und im selben Jahr hielt der „Fortschritt“ lige Ingenieurschule am Berliner Tor ging schule stolz ein Jubiläum feiern: „50 Jahre gleich zweimal Einzug am Berliner Tor: in der FH auf, mit den technischen Fach- Ingenieurschule Hamburg“. Zu diesem Er- Für Leichtbau-Berechnungen wurde ein bereichen Maschinenbau und Chemiein- eignis erschien eine Festschrift, die im In- Elektronenrechner „Zuse Z 23“ ange- genieurtechnik (später umbenannt in Che- ternet zu finden ist, s.u. schafft und für die Ausbildung in Kern- mieingenieurwesen), Elektrotechnik und technik ein Siemens-Unterrichtsreaktor Schiffsbetriebstechnik. Dazu kam als wei- In der letzten Phase des Wiederaufbaus des vom Typ „SUR-100“, den bis zu seinem terer Fachbereich die Fahrzeugtechnik, als Hauptgebäudes am Berliner Tor wurde im Abriss im Jahr 1999 Prof. Walter Kaspar- Zusammenfassung der „Wagenbauschu- dritten Stock ein Foucaultsches Pendel in- Sickermann betreute. le von 1896“ mit der Abteilung Flugzeug- stalliert. Nach dem Vorbild des Pendels in und Kraftfahrzeugbau der Ingenieurschule. der UNO in New York sollte ein Pendelan- Maschinenbau und Produktion 2018/2019 11
Department als Teil des Instituts für Werkstoffkunde und Schweißtechnik (IWS) im Department M+P. Auf Röthlein folgten als Sprecher 1972 Dipl.-Ing. Manfred Skowronek und 1973 Dipl.-Ing. Walter Kaspar-Sickermann. 1973 entstand eine weitere technische Hochschule in Ham- burg: die „Universi- tät der Bundeswehr Hamburg“, 2003 um- benannt in „Helmut- Schmidt-Universität“ Dr. Rolf Dalheimer und Erhard Wiebe (HSU). (Festschrift 1980) Sieben Jahre nach Beides Ingenieure, die aber auch immer dem Rücktritt des Di- ein offenes Ohr für die Probleme der rest- rektors der Ingenieur- lichen, nicht-technischen Fachbereiche Weitere Fachbereiche der FH waren über schule erwischte es 1973 auch den ersten hatten. Erhard Wiebe, ein begeisterter Ver- ganz Hamburg verstreut, z.B. die FB Ar- Präsidenten der FH, Dr. H. Dietrich Haak: fechter eines Studium-Generale: die Erzie- chitektur, Bauingenieurwesen und Ver- Zum Verhängnis wurde ihm die gefälsch- hung zum allgemein gebildeten Menschen, messung in der City Nord, die FB Bio- te Abrechnung einer großen Modenschau- die er aus eigener Erfahrung während sei- Ingenieurwesen, Produktionstechnik und Veranstaltung. Nach einer gerichtlichen nes Studiums in Berlin erleben durfte. Und Verfahrenstechnik und der FB Ernährung Verurteilung, die zur Bewährung ausge- der Präsident, der gerne auch Ideen des und Hauswirtschaft in Bergedorf, der FB setzt wurde, trat Dr. Haak als Präsident der Sprechers des FB MCh aufgriff. Später, Seefahrt in Altona, der FB Sozialpädago- FH zurück und schied freiwillig aus dem bei nachfolgenden Präsidenten, war das gik in Barmbek, der FB Bibliothekswesen Staatsdienst aus. Verhältnis zwischen dem größten Fachbe- am Grindelhof und der FB Gestaltung in reich der FH und dem Präsidium nie mehr der Armgartstraße. Die Startphase der FH war also recht auf- so eng, was nicht selten zu Reibungsver- regend und turbulent. Wie würde es wei- lusten führte. Durch den Übergang zur FH änderte sich tergehen? organisatorisch einiges: An Stelle der Di- In den folgenden Jahren kam es zu einer rektorial-Verwaltung der Ingenieurschu- 1974 wurde Dipl.-Ing. Erhard Wiebe zum Reihe von wichtigen Veränderungen. le trat jetzt die Akademische Selbstver- ersten Mal zum Sprecher des FB MCh ge- waltung. Erster Präsident der FH wurde wählt. Und ein Jahr später bekam die FH 1974 wurden die Zugangsvoraussetzungen Dr. H. Dietrich Haak. Die Leiter der Fach- Hamburg einen neuen Präsidenten: Dr. für ein Studium an der FH angehoben: bereiche wurden in den ersten Jahren der Rolf Dalheimer. Dieser war bereits seit Notwendig war jetzt Abitur, FH-Reife FH als Sprecher bezeichnet, die für jeweils 1974 als Vize-Präsident im Amt, nachdem oder eine gleichwertige Vorbildung. Vor- zwei Jahre vom Fachbereichsrat gewählt Dr. Haak zurückgetreten war. her konnte man auch mit Mittlerer Reife, wurden. Lehre und Berufserfahrung an der FH an- Dalheimer und Wiebe, ein kongeniales fangen. Dieser Anstieg des Niveaus zeigte Erster Sprecher des FB Maschinenbau und Team, das in den Folgejahren viel an der sich auch in der Prüfungsordnung 1974 Chemieingenieurtechnik (MCh) wurde der FH umsetzte. Sie genossen beide ein sehr von MCh, die den Übergang von der Inge- ehemalige Direktor der Ingenieurschu- großes Ansehen und wurden über 20 Jahre nieurschul-Ausbildung zum akademischen le, Dipl.-Ing Karl Röthlein. Während sei- lang immer wieder in ihren Ämtern bestä- Studium einläutete. ner Amtszeit kam 1971 das Staatliche Ma- tigt. terialprüfamt und die Schweißtechnische 1974 kam es auch zur Gründung des „In- Lehr- und Versuchsanstalt zum FB, heute tegrierten Studiengangs Wirtschaftsingeni- 12 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department eur“ (heute HWI) zwischen der Universi- Stattdessen kam es im Jahr 1978 zur Grün- in Ermangelung einer anderen, passenden tät und der FH Hamburg und später auch dung der „Technischen Universität Ham- Besoldungsgruppe als „Baurat“ bzw. der TU-HH. burg-Harburg“, zuerst einmal nicht als „Oberbaurat“ geführt. Im Gegenzug war grundständige Hochschule gedacht, son- für eine Berufung zum Professor nun ein Eine weitere Steigerung der Qualität der dern eingerichtet zum Zweck der For- abgeschlossenes Studium und eine minde- Ausbildung erfolgte 1977 mit der Einfüh- schung und zur zusätzlichen Qualifikation stens 5-jährige Berufspraxis die Vorausset- rung des Praktischen Studiensemesters, von Studenten in einem höheren Seme- zung. durchgesetzt gegen zuerst sehr starke Wi- ster. Nach einigen Querelen wurden an der derstände von allen Seiten. Erhard Wiebe, TU-HH ab 1982 aber auch Erstsemester Zwei Jahre später kam eine weitere Anpas- im Vorfeld von den Studenten als „Büt- zugelassen und ein vollständiger Lehrbe- sung: 1982 wurden die Professoren der FH tel des Kapitalismus“ beschimpft, erinnert trieb installiert. durch einen Beirat beurteilt. Sie konnten sich: dann bei ausreichender Qualifikation - be- „Das in den Unternehmen bestehende, ne- Auch an der FH gab es 1979 ein neues Stu- wertet nach einem Punktesystem, das z.B. gativ besetzte Studentenbild jener Tage dienangebot: das 10-semestrige Abendstu- Promotion, wissenschaftliche Veröffentli- veränderte sich mit der Einführung des dium in den FB Maschinenbau und Elek- chungen, etc. berücksichtigte - von der Be- Praktischen Studiensemesters zum Posi- trotechnik. Bis 1999 wurden Praktikern soldungsgruppe C2 nach C3 hochgestuft tiven, schließlich handelte es sich bei den aus der Industrie damit die Möglichkeit werden. Studenten nicht um Störenfriede, die vor geboten, neben der Berufstätigkeit einen dem Werkstor Flugblätter verteilen und da- Hochschulabschluss zu erlangen. Die Idee 1980 gab es wieder ein Jubiläum: 75 Jahre hinter die Belegschaft aufwiegeln. Und die zu solch einer Veranstaltung war nicht Ingenieurausbildung in Hamburg wur- ablehnende Haltung der Studenten kehrte ganz neu. Bereits ab dem Jahr 1910 gab den gefeiert. Auch diesmal erschien, wie sich in ihr Gegenteil um, sie erkannten die es am Technikum das „Technische Abend- bei der 50-Jahr-Feier, eine Festschrift, die Chance, ihr künftiges Berufsfeld kennen zu vorlesungswesen“ als „Fortbildungswesen maßgeblich von Erhard Wiebe gestaltet lernen und nutzten sie.“ für bereits in der Praxis stehende Techni- wurde. ker“. Ab 1979 schloss das Abendstudiums Es waren Zeiten des Umbruchs und der jedoch mit der Verleihung des „Dipl.-Ing.“ Mit der Prüfungsordnung 1985 wurde das Veränderungen. Nichts wurde jedoch aus ab. FH-Studium bei MCh noch anspruchs- einer Idee der Hamburger SPD, dort eine voller. Es umfasste nun 8 Semester, in die Zeit lang vorangetrieben vom Wissen- ein Programmierpraktikum am Computer schaftssenator Prof. Dr. Hansjörg Sinn: Die integriert war. Pläne für eine Gesamthochschule Ham- burg, aus Fachhochschule und Universität, Im selben Jahr wurde MCh international: sie wurden im Jahr 1978 aufgegeben. Ein gemeinsamer Studiengang mit der USST Shanghai entstand, das Joint Col- lege, das seither Ingenieure für China aus- bildet. Lerngruppe im Abendstudium mit den späteren Freundeskreis-Vorstandsmit- gliedern Thorsten Quast (m) und Franz Niedermeier (r) Denn das Jahr 1979 brachte eine weitere Prof. Dr. Michael S. Wald (l) mit Wissen- Akademisierung der FH: Als Studienab- schaftlern aus Shanghai schluss wurde der Diplom-Titel (Dipl.- Ing.) eingeführt, nach einem inzwischen Doch auch zuhause, im Großraum Ham- 6-semestrigen Studium. burg, wurde der FB MCh aktiv: Am 3. Juni 1987 gründete sich der Freundeskreis Ma- Und die Anforderungen an das Lehrper- schinenbau Berliner Tor e.V., als Schnitt- Senator Prof. Dr. Hansjörg Sinn (aus der sonal wuchsen ebenfalls. 1980 bekamen stelle zwischen Industrie und Hochschu- Festschrift zu 75 Jahren Ingenieurausbil- die Dozenten der FH den Titel „Profes- le. Dies war zudem die Geburtsstunde der dung in Hamburg) sor“ (C2). In den Jahren vorher wurden sie Zeitschrift des Freundeskreises, die Prof. Maschinenbau und Produktion 2018/2019 13
Department Erhard Wiebe bis 1998 redaktionell gestal- Es war eine schwierige Zeit für M+P. Die noch am Berliner Tor „die FH“ beheimatet tete und prägte. Zahl der Studenten war stark rückläufig. ist. „HAW“, das waren doch die „Hambur- Kaum jemand wollte noch Maschinen- ger Aluminium Werke“. Die nächste Prüfungsordnung bei MCh bau studieren. Maschinenbau, das verban- gab es 1993. Schwerpunkte waren die Ein- den die jungen Leute mit Öl, Schmutz und Hochschule für Angewandte führung von CAD in der Konstruktion an Lärm. Wissenschaften (HAW) Stelle der Zeichenbretter und eine mehr- semestrige Informatik-Ausbildung für alle Dankert und seine Kollegen bei M+P in- Ein neuer Name und auch ein neues Ver- Studenten. tensivierten die Öffentlichkeitsarbeit. Man waltungszentrum - 1970 verteilte man die ging auf Messen und schaltete Werbung in FH auf sieben Standorte plus der Verwal- 1996 ging eine der U-Bahn, um das Bild des Ingenieurs tung, die am Winterhuder Weg residierte. Ära zu Ende: in der Öffentlichkeit zu verbessern. Dabei Prof. Erhard half auch der neu eingerichtete Auftritt von Das Berliner Tor sollte jetzt zum Zentrum Wiebe trat in M+P im Internet. An der Fachhochschule werden. Im Jahr 2000 wurde für den Bau den Ruhestand. Hamburg waren dies übrigens die ersten des neuen Verwaltungsgebäudes das alte Sein Nachfolger Internet-Seiten überhaupt. Kesselhaus der Maschinenbauer abgeris- bei M+P, Prof. sen. Dr. Peter Arndt, Zur Öffentlichkeitsarbeit gehörte auch die bekam auch Mitarbeit im Freundeskreis, der sich nach Nach einigen Problemen wurde 2002 der Prof. Erhard Wiebe gleich eine neue der Umwandlung in M+P jetzt Freundes- Neubau am Berliner Tor 5, das „Blaue Bezeichnung: kreis Maschinenbau und Produktion Berli- Haus“, eingeweiht. Die Präsidialverwal- nicht mehr Sprecher, sondern Dekan des ner Tor e.V. nannte. Jürgen Dankert über- tung (aus dem Winterhuder Weg) und die Fachbereichs. nahm bei seinem Amtsantritt von Erhard Fachbereiche Wirtschaft (aus Altona) und Wiebe die Redaktion der Freundeskreiszei- Bibliothek und Information (vom Grindel- Seit 1970 bestand der FB MCh aus den tung. Und wie sein Vorgänger bemühte er hof) fanden am Berliner Tor eine neue Hei- beiden Studiengängen Maschinenbau und mat, zusammen mit den bereits seit langem Chemieingenieurwesen. Ab dem Jahr 1995 dort angesiedelten technischen Fachbe- kam es zu einer größeren Umgestaltung an reichen. der FH: Der Bereich Produktionstechnik, der bisher in Bergedorf angesiedelt war, wurde 1996 ans Berliner Tor verlegt. Die Chemiker zogen vom Berliner Tor nach Bergedorf. Der Fachbereich MCh wurde dadurch zum Fachbereich Maschinenbau und Produktion (M+P). Der Studiengang Chemieingenieurwesen nahm im Winter- semester 1997/1998 die letzten Studenten auf. Danach wurde dieser Studiengang ge- schlossen. Prof. Dr. Jürgen Dankert, 2005 bei der Feier zu 100 Jahre Ingenieurausbildung Im Juni 2001 stürzte die Decke über dem In die Amtszeit von Prof. Arndt fiel die in Hamburg Eingangsbereich des Neubaus ein. Frau M+P-Prüfungsordnung 1997, die nicht Prof. Dr. Helga Dankert von M+P nutzte alle Kollegen zufrieden stellte. Einer der sich um einen guten Kontakt zur Industrie. die Situation für eine „Exkursion“ mit schärfsten Kritiker war Prof. Dr. habil. Jür- Im Jahr 2000, ging Wiebes Partner, Präsi- Studenten zum Thema „Zug- und Druck- gen Dankert. Dankert sammelte Mitstreiter dent Prof. Dr. Rolf Dalheimer in den Ruhe- bereiche in Kragplatten und gestützten für eine Veränderung und wurde im Jahr stand. Sein Nachfolger wurde der Histori- Platten“. 1998 als Nachfolger von Arndt zum Dekan ker Dr. Hans-Gerhard Husung. von M+P gewählt. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Prä- Und auch die Zeit der „Fachhochschule“ sidenten der HAW, Dr. Hans-Gerhard Hu- Und im Jahr 2001 gab es bereits die näch- ging zu Ende. 2001 nannte sich die FH um sung, erwies sich als schwierig. Nach ste Prüfungsordnung, mit einer stärkeren in HAW Hamburg: Hochschule für Ange- monatelangem internen Streit über den Berücksichtigung der „mathematischen“ wandte Wissenschaften. Für manche klingt künftigen Kurs der Hochschule eskalierte Fächer und mit dem neuen Studiengang der neue Name gewichtiger, besonders die im Jahr 2004 die Situation. Der Hoch- „MaschinenbauInformatik“. englische Version „University of Applied schulsenat der HAW lehnte ein Reform- Sciences“ - wenngleich in weiten Teilen konzept Husungs ab. Der Präsident hatte der Hamburger Öffentlichkeit auch heute vorgeschlagen, in den Bereichen Technik, 14 Maschinenbau und Produktion 2018/2019
Department Naturwissenschaften und Bauen Einspa- 100 Jahre Ingenieurausbildung in Ham- rungen vorzunehmen und hier 20 Profes- burg - im Jahr 2005 war dieses Jubiläum. sorenstellen zu streichen. Im Hochschulse- Jürgen Dankert hatte die Feier noch wäh- nat kam es auf Antrag von Jürgen Dankert rend seiner Amtszeit als Dekan vorbereitet. zu einem Abwahlantrag gegen Husung, der Er hatte Kontakt aufgenommen zum VDI, im Großen Senat jedoch knapp scheiterte. zum VDMA, zur Handelskammer, zur Be- Das Verhältnis zwischen Präsidium und hörde für Wissenschaft und Gesundheit der Selbstverwaltung der HAW war zerrüt- und zu den anderen Hochschulen in Ham- tet. Husung erklärte daraufhin selbst seinen burg mit technischen Studiengängen, wie Rücktritt. TU-HH und HSU. Und er hatte Referenten Senatsempfang im Rathaus zu 100 Jahre aus der Industrie für Vorträge gewonnen. Ingenieurausbildung Nachfolger als Präsident der HAW wurde Es sollte das „große Rad“ sein, das ge- im Jahr 2004 der Mathematiker Prof. Dr. dreht wird - Jürgen Dankert hatte dies sei- Am Ende der Veranstaltung gratulierten Michael Stawicki. nen Mitstreitern immer wieder eingebläut. Staatsrat Dr. Salchow und Prof. Dr. Dan- kert den Herren Dipl.-Ing. Gerhard Hell- Und 2004 gab es auch eine Änderung in Am 2. und 3. Juni 2005 war es dann so mann und Dipl.-Ing. Erich Hildebrandt der Leitung von M+P. Nach sechs Jah- weit: Schirmherr der Veranstaltung, die zum besonderen Anlass des 65-jährigen ren ging die „Ära Dankert“ zu Ende. Sein über zwei Tage lief, war Bürgermeister Examensjubiläums. Nachfolger als Dekan von M+P wurde Ole von Beust. An beiden Tagen gab es ein Prof. Dr. Bernd Sankol. Die Redaktion der Symposium mit Vorträgen und einer Aus- Das Jahr 2006 brachte wieder einiges an Freundeskreiszeitung hatte Jürgen Dankert stellung im Schumacher-Bau am Berliner Veränderungen: Durch die Gründung der bereits im Jahr 2003 an Prof. Dr. Ulrich Tor. Der erste Tag hatte als Schwerpunkt HafenCity Universität (HCU) verlor die Stein übergeben. die Ausbildung der Ingenieure, am zweiten HAW die Fachbereiche Bauingenieurwe- Tag ging es um die Anwendung des Inge- sen und Geomatik, die der HCU zugeschla- Bereits vorher, im Jahr 2003, wurde in nieurwissens in der Industrie. gen wurden. Hamburg das Gesetz zur Umsetzung des Bologna-Beschlusses verabschiedet, mit Und am Freitag, der Einführung von Bachelor und Master dem 13. Oktober und der Bildung von Fakultäten an allen 2006 verabschie- Hamburger Hochschulen. Die Fachbe- dete das Depart- reiche wurden in Departments umgewan- ment M+P seinen delt als Teil der neugeschaffenen Fakul- früheren Dekan täten. Dies geschah auf Empfehlung der Jürgen Dankert in sogenannten „Dohnanyi-Kommission“ den Ruhestand. (benannt nach dem ehemaligen Hambur- ger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi). Nach einer län- Initiator war der Wissenschaftssenator Jörg geren, intensiven Dräger, Ph.D., Sohn des Alt-Kollegen Prof. Vo r b e r e i t u n g s - Hansjürgen Dräger. zeit konnte zum Wi n t e r s e m e s t e r 2005 wurde das Gesetz an der HAW um- Abendveranstaltung bei LHT 2006/07 bei M+P gesetzt: Aus dem Fachbereich M+P wurde die Umstellung der das Department M+P in der Fakultät Tech- Am Abend des ersten Tages waren die Studiengänge auf die Abschlüsse Bache- nik und Informatik (TI), mit den weiteren Hochschulen Gast bei Lufthansa Technik, lor und Master realisiert werden. Das Ba- Departments Fahrzeugtechnik und Flug- in der Flugzeughalle „Hangar 7“ unter den chelor-Studium bei M+P betrug nun sie- zeugbau (F+F), Informations- und Elek- Flügeln der Jumbos. ben Semester und durch die Mitarbeit trotechnik (I+E) und Informatik (I). Der einer Vielzahl an Personen gelang es, einen ehemalige Fachbereich Elektrotechnik/In- Den Abschluss der Feiern bildete am 3. großen Teil der alten 8-semestrigen Dipl.- formatik hatte sich vorher in die beiden Juni ein Senatsempfang im Großen Fest- Ing.-Ausbildung in den Bachelor zu retten. Departments I+E und I aufgespalten. saal des Hamburger Rathauses. Jürgen Dank an dieser Stelle besonders dem Leiter Dankert zog in der abschließenden Rede des M+P-Studienreformausschusses, Prof. Die vormaligen Dekane der Fachbereiche ein Fazit aus 100 Jahren Ingenieurausbil- Dr. Randolf Isenberg. wurden zu Departmentsleitern mit einer re- dung, einem Jahr Vorbereitung und zwei duzierten Verwaltung und mit weniger Ein- Tagen mit Festveranstaltungen. fluss - was später noch zu Problemen füh- ren sollte. Maschinenbau und Produktion 2018/2019 15
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