Matsch Ein Stück vom Glück - Alpenverein Südtirol
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FSC zertifiziert Dieses Papier stammt aus verantwortungsvollen Quellen. www.fsc.org Die Initiative „Bergsteigerdörfer” ist ein Projekt des Österreichischen Alpenvereins, Deutschen Alpenvereins, des Alpenverein Südtirol, des Slowenischen Alpenvereins (Planinska Zveza Slovenije) und des Italienischen Alpenvereins (Club Alpino Italiano).
Inhalt Bergsteigerdörfer und Alpenkonvention 04 Vorworte06 Matsch – Ein Stück vom Glück 08 Geschichtliches10 Besonderheiten15 Tourentipps Sommer 22 Tourentipps Winter 35 Alternativen für weniger gutes Wetter 42 Anreise und Mobilität vor Ort 44 Partnerbetriebe45 AVS-Schutzhütte47 Karten & Führer 48 Wichtige Adressen 49 Impressum, Literatur, Bildnachweis 50 Druck gefördert durch die Marktgemeinde Mals 2. aktualisierte Auflage 2020
4 Bergsteigerdörfer. Mosaiksteine einer gelebten Alpenkonvention ! Legend Augsburg ! Linz ! ! Wien National border München GERMANY ! Perimeter Alpine Convention Freiburg ! ! City River Kempten ! Salzburg ! Lake Basel ! Bregenz Leoben Glaciated area (> 3000 m) ! ! Zürich ! Innsbruck S WI TZ E R LAN D Vaduz ! AUST RIA ! Graz Luzern ! Bern ! ! LIECHTENSTEIN Thun ! Villach Klagenfurt Maribor ! ! ! Lausanne ! Bolzano Jesenice ! ! Kranj Genève ! ! Ljubljana Trento ! ! Nova Gorica Annecy ! Zagreb ! Lyon ! SLOVENIA ! Bérgamo Trieste Chambéry ! ! ! Bréscia Milano Novara Pádova ! Venézia ! ! Verona Rijeka ! ! ! ! Grenoble ! Torino ! Parma ITALY ! FRANCE Bologna ! Génova ! La Spézia ! Nice Firenze ! ! MONACO Marseille O Scale: 1 : 3,300,000 ! 0 25 50 100 150 200 km Anwendungsbereich der Alpenkonvention; Quelle: 2. Alpenzustandsbericht der Alpenkonvention – Wasser, 2008; Autor: Umweltbundesamt Austria. Die Alpenkonvention – ein völkerrechtlicher Es gilt, die Protokolle der Alpenkonvention Vertrag der acht Alpenstaaten und der Euro- wo auch immer möglich anzuwenden, nicht päischen Gemeinschaft; eine Vereinbarung nur im Rahmen von Genehmigungsverfah- mit höchsten Zielsetzungen für die nach- ren, sondern insbesondere im Hinblick auf haltige Entwicklung im alpinen Raum, ein innovative Ideen für eine nachhaltige wirt- Meilenstein in der Geschichte des Umwelt- schaftliche Entwicklung auf lokaler Ebene. schutzes ... möchte man meinen. Ganz so ist Der Österreichische Alpenverein war maß- es aber leider nicht. geblich am Zustandekommen der Alpen- Seit den 1950er Jahren, in denen die Idee konvention mit ihren Protokollen beteiligt. zur Alpenkonvention erstmals in den Grün- Seit jeher versucht er, die Alpenkonvention dungsdokumenten der internationalen für die breite Öffentlichkeit fassbar zu ma- Alpenschutzkommission CIPRA aufscheint, chen, sie von dem – zugegebenermaßen bis zum Inkrafttreten 1995 und bis zum Be- zum Teil sehr komplizierten Juristenlatein ginn der Umsetzung 2002 war und ist es ein – loszulösen und in ganz konkreten Pro- langer Weg. Aber gerade jetzt, wo die sozia- jekten mit der Bevölkerung umzusetzen. len Probleme der Welt jeden Umweltschutz- Eines dieser Beispiele ist die Initiative „Berg- gedanken mehr denn je in den Hintergrund steigerdörfer”. Im mittlerweile internationa- drängen, gewinnt die Alpenkonvention als len Projekt legen die Alpenvereine bereits Entwicklungsinstrument neue Bedeutung. bei der Auswahl der Bergsteigerdörfer in
5 Österreich, Deutschland, Italien und Slowenien dem Programm. Auch abseits des Bergsports besonderes Augenmerk auf die Geschichte ist einiges geboten: Mit geführten geologi- der Gemeinden, auf ihre Entscheidungen in schen oder ornithologischen Wanderungen, der Vergangenheit und ganz besonders auf Besuchen von Bergwerksstollen, Museen ihre zukünftigen Entwicklungsziele. und alten Werkstätten gibt es eine Vielzahl Denn nicht jedes Bergsteigerdorf aus den von Möglichkeiten. Oft reichen aber auch Anfangsjahren des Alpintourismus ist bis schon ein warmes, trockenes Plätzchen am heute ein solches geblieben. Viele Gemein- Ofen, eine Tasse Tee und ein gutes Buch, zum den haben sich ganz dem Wintertourismus Beispiel über die Alpingeschichte der Region, verschrieben, haben die Berghänge planiert, um einen verregneten Nachmittag zu genie- entwässert, Speicherseen gegraben, ge- ßen. sprengt, Seilbahnen errichtet, Hotelburgen Kurzum, die Bergsteigerdörfer sollen eine gebaut – „alles für den Gast". Für die ortsan- Gästeschicht ansprechen, die sich Urlaubs- sässige Bevölkerung resultiert daraus die orte aussucht, in denen es noch einiger- Abhängigkeit von einem sich immer schnel- maßen „normal” zugeht. Gäste, die einen ler drehenden Erschließungs-Kapital-Krei- Aktivurlaub in der Natur erleben wollen, die sels, dessen Höhepunkt noch nicht erreicht Eigenverantwortung und Umweltbewusst- scheint. sein mitbringen oder zumindest sehr offen Mit den Bergsteigerdörfern nehmen sich dafür sind. Und mit dem Besuch in einem die projekttragenden Alpenvereine mit den der Bergsteigerdörfer entsteht eine echte Sektionen und dem Ständigen Sekretariat Symbiose: Denn während der Gast endlich der Alpenkonvention sowie mit Hilfe ande- den Alltag hinter sich lassen kann, werden rer Partner aus öffentlicher Verwaltung und in den Gemeinden Arbeitsplätze gehalten, Tourismus jenen Gemeinden an, die sich können kleine Gastronomiebetriebe ihr Aus- bewusst für eine nachhaltige, eigenständige kommen finden, werden Nächtigungen auf und selbstbewusste Entwicklung entschie- Schutzhütten gebucht, findet das regionale, den haben. kulinarische Angebot seine Abnehmer – und Merkmale aller Bergsteigerdörfer sind ihre genau DAS entspricht einer gelebten Umset- Kleinheit und Ruhe, ihre Lage im Alpenraum zung der „Alpenkonvention” – die Balance mit einer entsprechenden Reliefenergie, ihr zwischen Schutz der Gebirgsregionen und harmonisches Ortsbild, ihre alpine Geschich- einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. te, ihre gelebten Traditionen und ihre starke Oberstes Ziel ist es, die Wertschöpfung in der Alpinkompetenz. Zusammen mit den Sek- Region zu halten und nicht an regionsfremde tionen des Alpenvereins wird an einer um- Investoren abzugeben. fangreichen Angebotspalette an Aktivitäten, Die Zeit wird zeigen, ob sich Geduld und die ohne technische Hilfsmittel auskommen, Fleiß auszahlen, aber wir – das internationale gearbeitet. Je nach Charakter des Bergstei- Projektteam Bergsteigerdörfer – sind davon gerdorfes kann sich der Gast in einer wei- überzeugt: Die Bergsteigerdörfer können eine testgehend unverbrauchten Landschaft ak- echte Vorreiterrolle für die Umsetzung der tiv erholen: Wandern, Bergsteigen, Klettern, Alpenkonvention im Alpenraum einnehmen. Bouldern, Skitourengehen, Schneeschuh- wandern, Langlaufen und Rodeln stehen auf
6 Herzlich willkommen in Matsch! Im Namen der Matscher Fraktionsver- In den letzten Jahren hat sich die Initiative waltung, die für die Bewirtschaftung der Bergsteigerdorf in unserer Fraktion Matsch Wälder und einen Großteil der Almen und bewährt und etabliert. Das zeigt uns, dass Weiden verantwortlich ist, freut es mich, der eingeschlagene Weg der richtige ist. Sie mit der vorliegenden Broschüre in un- Als Bürgermeister der Gemeinde Mals ser Tal einzuladen. freut mich das besonders und wir sind Dass in den vergangenen hundert Jahren in stolz, die Matscher auf ihrem Weg beglei- Matsch nicht ständig den Trends und Groß- ten zu dürfen. projekten der Tourismus- und Wirtschafts- In unserer schnelllebigen Zeit braucht es branche nachgeeifert wurde, erweist sich für Mut und Überzeugung, sich für Nachhal- uns heute als seltene Chance. Matsch ist ein tigkeit und Regionalität einzusetzen. Dies Juwel geblieben, obwohl Armut, Entbehrun- leistet das Matscher Tal mit einem sanften gen und harte Arbeit die Einwohner und mit Tourismus, umgeben von gepflegten Kul- ihnen die umgebende Landschaft über Jahr- turlandschaften, intakten Almen und einer hunderte prägten. einzigartigen Bergwelt. Hier werden die Leitsätze der Bergsteigerdörfer gelebt und Kommen Sie nach Matsch, schnüren Sie umgesetzt. Gerade dies trägt dazu bei in ihre Wanderschuhe, schalten Sie Ihr Han- besonderer Weise auf seine Heimat zu ach- dy aus und laufen Sie los! Genießen Sie die ten und sie in ihrer Ursprünglichkeit wei- herrlichen Blumenwiesen, die Sonne, die terzugeben. unerschöpflichen Touren- und Wandermög- lichkeiten, die Almen und Gasthäuser, den Daher möchte ich jedem einen Besuch in Plausch mit den Einheimischen und tanken unserem schönen Matsch empfehlen, um Sie dabei Erholung und Kraft für Ihren Alltag! sich selbst von der Einzigartigkeit zu über- zeugen, um dem globalen Rausch für kur- Vinzenz Telser ze Zeit zu entwischen und mit bleibenden Fraktionsvorsteher Eindrücken nach Hause zurückzukehren. Matsch Josef Thurner Bürgermeister Gemeinde Mals
7 Erstes Südtiroler Bergsteigerdorf Die alpine Landschaft und unsere gewachse- Mit großer Freude dürfen wir Matsch als ers- ne Kultur, die von den Menschen gelebt wird, tes Bergsteigerdorf Südtirols vorstellen. Ein sind unser Kapital. Diese Einzigartigkeit der Prädikat, das für ein dörfliches Ambiente, Alpen ist schwer imitierbar. Der Alpenverein eine intakte Kulturlandschaft und eine zu- Südtirol zählt zu den Tourismuspionieren, rückhaltende touristische Infrastruktur steht. weil er seit seiner Gründung den Mitgliedern, Mit dieser Initiative wollen die Alpenvereine aber auch unseren Gästen ermöglicht, „Berge in Österreich, Deutschland, Slowenien, Italien zu erleben“. und Südtirol die zukunftsweisende Idee ei- Mit der Umsetzung der Initiative Bergsteiger- nes nachhaltigen Tourismus fördern. Der AVS dörfer in Südtirol trägt der AVS die Idee des schafft mit Hütten und Wegen nicht nur die Österreichischen Alpenvereins zur Regional- Basis für das Wanderland Südtirol, sondern entwicklung und einem nachhaltigen Tou- unterstützt dadurch auch die vielfach propa- rismus in den Alpen über die Grenzen. Die gierte Idee des sanften Tourismus. Bergsteigerdörfer sind eine wertvolle Stär- Beispielhaft für unser Land gliedert sich kung für den Tourismus in Südtirol. Matsch nun in den Kreis der authentischen und intakt gebliebenen Orte im Alpen- Die Initiative Bergsteigerdörfer ist gelebte raum ein. Alpenkonvention und bietet Gemeinden, Orten und Talschaften eine Chance, ihre Zu- Ich wünsche der Matscher Bevölkerung, der kunft selbstbewusst und nachhaltig zu ge- Gemeindeverwaltung und dem Tourismus- stalten und Bestehendes in Wert zu setzen. verein viel Freude und Erfolg und eine gedeih- liche Weiterentwicklung dieses Projektes. Daher freut es mich, dass auch Südtirol mit seinen beiden Bergsteigerdörfern Matsch Georg Simeoni und Lungiarü einen Beitrag dazu leistet. Präsident Alpenverein Südtirol (AVS) Arno Kompatscher Landeshauptmann von Südtirol
8 Matsch Ein Stück vom Glück einer Vielzahl von Dreitausendern umringt und gibt einen wunderbaren Blick auf den gegenüberliegenden Ortler frei. Dank seiner südwestlichen Lage ist Matsch ein wahres Sonnental. GEMEINDE/FRAKTION Matsch ist eine Fraktion der Gemeinde Mals. Der Ortskern liegt auf 1.580 Metern am west- lichen Talhang. Das gesamte Tal zieht sich bis zum Talschluss Glieshof auf 1.800 Metern. Das rätoromanische Haufendorf und die um- LAGE liegenden Höfe zählen zusammen um die IM SÜDEN DER ÖTZTALER ALPEN 460 Einwohner. Das Matscher Tal ist ein Seitental des Vinsch- gaus und führt in die südlichen Ötztaler Al- GEBIRGSGRUPPE pen, zum Fuß der Weißkugel (3.739 m). Der Zusammen mit Langtaufers, Planeil und Vinschgau liegt im Westen Südtirols und Schnals bildet das Matscher Tal die Abda- grenzt an die Schweiz und Österreich. Die chung der südlichen Ötztaler Alpen. Weißkugel ist der zweithöchste Gipfel der Ötztaler Alpen und wird gerne als ihre heim- liche Königin bezeichnet. Das Tal wird von
9 WICHTIGE GIPFEL AVS-HÜTTE IM REICH DER DREITAUSENDER Oberetteshütte (2.670 m) Weißkugel (3.739 m) (N 46° 45,888', O 10° 42,672') Äußerer Bärenbartkogel (3.475 m) www.oberettes.it Schwemmserspitze (3.459 m) Saldurspitze (3.433 m) ALMEN Saldurköpfe (3.429 m) Upialm (2.225 m) Rabenkopf (3.393 m) Matscher Alm (2.045 m, bewirtschaftet) Valvelspitze (3.359 m) Gondaalm (2.000 m) Ramudla (3.330 m) Lazaunspitze (3.313 m) Hochalt (3.285 m) Remsspitze (3.212 m) Pleresspitze (3.188 m) Upikopf (3.175 m) Portlesspitze (3.074 m) Litznerspitze (3.026 m) Kreuzjoch (2.992 m) Hochjoch (2.593 m)
10 Geschichtliches Matscher Talschluss um 1930 Dorfgeschichte Matsch als einem von den Römern, die um Kelten, Römer, Ritter, die Pest 15 v. Chr. Matsch erreichten, eingeführten und andere Katastrophen Valle amatsja (liebliches, freundliches Tal) Geht es nach den Chroniktafeln der Matscher entspricht einer Volksetymologie. Die Form Dorfkirche, wurde das Matscher Tal schon „Amatia“ geht auf romanisch a Matšja (auf, in von illyrischen Stämmen besiedelt. Um 400 Matsch) zurück. v. Chr. sollen es Kelten gewesen sein, die sich Man vermutet, dass das Tal schon zur Zeit mit den Ureinwohnern des Tales zum Volk der Völkerwanderung den Einheimischen als der Räter verschmolzen haben. Ein im Saldur- Zufluchtsstätte diente. Urkundlich erwähnt bach aufgefundener keltischer Helm und die wird „Amatia-Venosta“ bereits um 824 n. Chr. Namen der keltischen Gottheiten „Eisa“ und Zahlreiche frühmittelalterliche Flurnamen „Rumla“, die heute noch Teil der Flurnamen (Quadras, Pardeng) lassen darauf schließen, sind, gelten als Beweise. dass das Matscher Tal bereits zu dieser Zeit Der Name Matsch geht wahrscheinlich auf dauerhaft besiedelt war, im Gegensatz zu das vorrömisch-indogermanische Adjek- den anderen Nebentälern des Vinschgaus, tiv mak- (feucht, nass) zurück, das zu makjā in denen die Besiedelung erst im Hoch- und (Feuchtgelände) erweitert wurde. Im Alpen- Spätmittelalter einsetzte. romanischen zu matšja, wurde der Name im Um 1200 soll es nach Pfarrchronik bereits um Mittelhochdeutschen zu Mätsche (Beleg von die hundert Familien in Matsch gegeben ha- 1302) umgelautet. Die Interpretation von ben. Zu dieser Zeit ließ sich auch das gleich-
11 namige Adelsgeschlecht im Tal nieder und be Ereignis: „Die Mätschischen Gemeinleute trieb die Siedlungstätigkeit voran, so dürften sind in äußerstem Elend und Armut gesetzt die Runhöfe als Rodungsinseln in dieser Zeit worden, dass das große Elend nicht be- entstanden sein. schrieben werden kann“, so berichtet es In den folgenden Jahrhunderten wurde Kaspar Graf Trapp in einem Empfehlungs- Matsch von Katastrophen jeglicher Art schreiben nach der „Großen Mur“. Was- schwer gebeutelt. Ein großer Rückschlag war serkatastrophen plagten das Tal noch des die Pest von 1348. Berichten zufolge fielen Öfteren, Klimaveränderungen und Glet- fünf Sechstel der Einwohner der Seuche zum scherwachstum (!) ließen die Saldurseen Opfer. Noch ein weiteres Mal wütete die Pest unberechenbar werden. Schließlich wurden 1635. Der heute noch übliche Kreuzgang am sie verbaut, doch auch danach suchte sich 1. Mai nach St. Peter in Tanas gründet auf die- das Wasser seine Wege. Erst durch den Glet- ser Zeit – er sollte den Bann brechen. scherrückgang nahm diese Bedrohung ab. 1613 verursachte der Ausbruch eines Glet- Wiederholt starke Regenfälle, gepaart mit schersees eine verheerende Überschwem- Dürreperioden, führten die Matscher immer mung. Im Juli 1737 wiederholte sich dassel- wieder an den Rand des Überlebens: Viele Die Matscher Berge waren schon um 1900 beliebte Ziele (Lageplan Umbau Karlsbader Hütte).
12 wurden in den 1880er-Jahren zur Auswan- Alpingeschichte derung gezwungen – sogar bis nach Ame- Hüttenbau und Wegenetz rika. Die Unwetterkatastrophe von 1983 ist Bereits im Jahre 1884, 15 Jahre nach der Grün- vielen Matschern bis heute in Erinnerung dung des Alpenvereins, wurde in Mals durch geblieben: 72 Stunden regnete es in Strö- Heinrich Flora die Sektion Vinschgau gegrün- men, Muren gingen ab und gar ein Teil des det. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Südtirol Friedhofs rutschte samt Grabsteinen in die an Italien und mit der Machtergreifung der Fa- Tiefe. Immer wieder wurde das Dorf auch schisten wurden alle deutschsprachigen Ver- durch verheerende Brände in weiten Tei- eine, also auch der Alpenverein, verboten. len zerstört. Ein Fresko auf einem Stadel im Erst 1965 regte sich der Wunsch, wieder eine Oberdorf erinnert heute noch daran. eigene Sektion zu gründen. Die eigentliche Erst 1927 verliert Matsch seinen Status als Ursache der Gründung war aber der Plan zum selbstständige Gemeinde und wird zu einer Wiederaufbau der Höllerhütte im Matscher Fraktion der Großgemeinde Mals. Die Bevöl- Tal. Diese Schutzhütte war bereits im Jahre kerung nimmt zu dieser Zeit enorm zu, der 1883 durch die Alpenvereinssektion Prag als Kartoffelanbau wird eingeführt, die Viehhal- Karlsbader Hütte errichtet worden (1902 um- tung verstärkt und die Siedlungstätigkeit benannt in Höllerhütte). 1945 brannte sie bis vorangetrieben. Die Mechanisierung der auf die Grundmauern ab und blieb eine trost- Landwirtschaft hält auch in Matsch Einzug, lose Ruine am Fuße des Oberettesgletschers. künstliche Beregnungsleitungen werden er- Der Wunsch nach einem Wiederaufbau ging richtet, die Arbeit der Bauern wird leichter. vorerst nicht in Erfüllung. Der Grund, auf dem Gleichzeitig entstehen im Vinschgau neue die Hütte stand, lag nämlich im Grenzgebiet Arbeitsplätze in der Industrie. zu Österreich und gehörte dem Staat, der, Die Karlsbader Hütte vor 1893 in einem Aquarell vom englischen Alpenmaler Edward Theodore Compton
13 Umbauplan der Karlsbader Hütte (ab 1902 Höllerhütte) um 1900 von Sprengstoffanschlägen gebeutelt, die und weihte es 1984 ein. Grenzen genau kontrollierte. In den 1970er- In den Jahren 1984 und 1985 trieb der Alpen- und 1980er-Jahren verbesserte sich die poli- verein den Bau der Oberetteshütte voran: tische Situation und so konnte der Alpenver- Eine Materialseilbahn und Wasserleitungen ein zwei Schutzhütten wieder aufbauen: die zur Hütte und zum Wasserkraftwerk wurden ehemalige Pforzheimer Hütte im Schlinig- errichtet. Viele engagierte Freiwillige und ein tal, nun Sesvennahütte, und die ehemalige tatkräftiger Ortsstellenleiter in der Person Höllerhütte, nun Oberetteshütte genannt. von Wilhelm Gunsch hauchten den verwais- Die Sektion Mals wurde 2013 in Sektion ten Gemäuern neues Leben ein. Sommer um Obervinschgau umbenannt. Sommer, Sonntag um Sonntag, bei Regen, Die AVS-Ortsstelle Matsch wurde im April Schnee und Sonnenschein: Die Matscher 1979 gegründet und war von Anfang an sehr und viele Handwerker des Vinschgaus häm- aktiv: 1980 markierten die Mitglieder die merten, mauerten, betonierten und zimmer- wichtigsten Steige in Matsch und kauften ten. 1988 konnte die neue Hütte dann offizi- Ausrüstung an. Auch wurden Gipfelbücher ell eingeweiht werden. auf den bekanntesten Bergen hinterlegt und In all den Jahren organisierte der Verein vie- eine Jugendgruppe gegründet. Gemeinsam le Wanderungen, Hoch- und Skitouren und mit den Langtauferern errichtete die Orts- Kletterausflüge. Der gesellige Teil kam dabei stelle 1983 das Gipfelkreuz auf der Weißkugel natürlich auch nicht zu kurz. Zuletzt wurden
14 das Gipfelkreuz auf der Pleresspitze und und Josef Weitthalm vermutlich im Sommer einige Brücken im Talschluss von Matsch 1845. Da dieser Bericht aber geraume Zeit neu errichtet. Jedes Jahr hilft die Ortsstel- unbemerkt blieb, galt der Wiener Tourist Jo- le Matsch mit, die vielen Steige und Wege sef Anton Specht lange als Erstbesteiger der instand zu halten. Weißkugel im Jahre 1861. Der Hausberg der Matscher, die Weißku- Der Name Weißkugel beruht auf einer In- gel, kann auf eine lange Alpingeschichte terpretation des Wortes „Kogel“, das eine zurückblicken. Die Erstbesteigung des mit spezielle Form eines Berggipfels in Tirol be- 3.739 Metern zweithöchsten Gipfels der zeichnet. Die Aussicht von der Weißkugel ist Ötztaler Alpen gelang nach einem Bericht aufgrund ihrer zentralen Lage eine der um- von Erzherzog Johann von Österreich den fassendsten der ganzen Alpen. beiden Schnalser Trägern Johann Gurschler Die Weißkugel - Heimliche Königin der Ötztaler Alpen
15 Besonderheiten Landschaftsschutzgebiet Matscher Wiesen Landschaft, Ökologie und Klima durch das Mosaik von Feucht- und Trocken- Das Extra des Tales lebensräumen noch Lebensgrundlage für Landschaftlich präsentiert sich das Matscher eine enorm hohe Artenvielfalt auf kleinstem Tal sehr vielfältig, und das beginnt schon bei Raum, wie sie nur mehr ganz selten vor- der Anfahrt zum Dorf. Schwarzföhrenwälder kommt. Heute ist hier ein wunderschöner und Trockenrasen mit seltener Steppenvege- Waalweg angelegt. tation säumen die kurvige Straße. Hier findet Der Matscherjochsee (3.188 m) gilt als höchs- man Pflanzen aus dem zentralasiatischen ter Bergsee Südtirols, die Saldurseen sind das und mediterranen Raum, seltene Vögel und höchste Seenplateau Südtirols, in beiden Schmetterlinge. Matsch ist eines der tro- wird ab und an sogar geschwommen. Über- ckensten Täler der gesamten Alpen. haupt deckt das Matscher Tal auf engem Vor dem Dorf öffnet sich der Blick zum Raum von 1.000 bis 3.700 Meter Höhe alle Landschaftsschutzgebiet „Matscher Wiesen“, typischen Höhenstufen einer Bergregion ab, eigentümlich terrassenförmigen und klein- und es findet sich eine Vielzahl von Vegeta- strukturierten Kulturgründen, die sich steil tionsstufen, vom Obstbau bis zum Gletscher. an das Gelände unterhalb des verschachtel- Auch deshalb ist das Tal seit 2014 Teil eines ten Dorfes anschmiegen. Da damals bereits weltweiten Forschungsnetzwerkes, das die jedes Stückchen Kulturgrund wertvoll war, Langzeitänderungen durch Klima und Land- scheuten die Dorfbewohner diese mühselige nutzungswandel untersucht. Die Wissen- Arbeit nicht. Wegen der Trockenheit muss- schaftler der Europäischen Akademie Bozen ten viele Waale zur Bewässerung der Wiesen (EURAC) haben 17 Klimamessstationen im und Äcker erbaut werden. Der Ackerwaal ist Tal installiert, die fortlaufend Temperatur,
16 Niederschlag und Wind messen. Es wird der Geblieben sind die Matscher bis heute ver- spannenden und zukunftsweisenden Frage wegene „Gamsjager“. Die Bestände von Rot-, nachgegangen, wie sich verschiedene klima- Gams- und Rehwild haben sich recht gut tische Bedingungen, deren Veränderung und entwickelt. Sogar Steinwildrudel können auf die menschliche Landnutzung auf die Arten- den ausgedehnten Bergtouren im Bereich vielfalt auswirken. der Saldurseen oder von der Matscher Alpe „Das Matscherthal war einst das gemsen- aus in ihren Wintereinständen beobachtet reichste Thal Vintschgaus, sowohl diesseits werden. Im Bereich der Matscher Alpe brütet als jenseits der Etsch. Ein noch lebender auch der Steinadler. Nach den Wiederansied- Matscher Jäger, Josef Tschiggfrei, ein hoher lungsprojekten im benachbarten National- Sechziger, schoß allein auf der Pürsch in die- park Stilfserjoch und dem Schweizer Natio- sem Revier weit über vierhundert Gemsen, nalpark hat der Bartgeier ebenso Fuß gefasst. und zwar meistens noch mit dem Vorderla- Auf den Skitouren und Schneeschuhwan- der (…)“, so beschrieb Ernst Meran, richtig derungen kann man unter Umständen an Ernst Semmler, ein inzwischen in Verges- der Waldgrenze das Birkwild antreffen, im senheit geratener Romancier des 19. Jahr- Hochgebirge die Schneehühner. Bekannt hunderts, in seinem Roman „Edelweiss und ist Matsch für seine ausgezeichneten Stein- Tannengrün“ die Fauna in Matsch. Ein im- huhnvorkommen, einem Charaktervogel der posanter Findling auf der Seitenmoräne des felsdurchsetzten Trockenrasen an und über Matscherfernes in den Gawelzen trägt seinen der Waldgrenze an der Matscher Sonnenseite. Namen. Matscherjochsee
17 Artenreiche extensiv bewirtschaftete Bergwiese beim Hof Sass Almwirtschaft Daraus folgt eine heute ausgewogene Sommerfrische für Mensch und Tier Pflanzen- und Tiervielfalt. Das geologische Erscheinungsbild des Mat- Es gibt heute im Tal drei aktive, unabhängige scher Tales wurde durch jahrhundertelange Almstandorte, sprich Hütten mit dazu- intensive Alm- und Weidenutzung geprägt. gehörigen Weiden, und zwei Alpberge. Ein Großteil der ursprünglichen Wälder auf Die Gondaalm befindet sich oberhalb des der orografisch rechten Talseite wurde für Dorfes auf circa 2.000 Metern. Ursprünglich die Beweidung von Rindern, Schafen und als Heimweide für die Dorfkühe genutzt, Ziegen abgeholzt. Für einen intensiven Wei- wird das Gebiet seit dem Bau der heutigen debetrieb spricht auch der Umstand, dass es Almgebäude im Jahr 1983 von dort aus kaum ein Plätzchen auf den Weiden gibt, das bewirtschaftet. Die Alm besteht aus einer nicht eine eigene Bezeichnung trägt. geräumigen Hütte für den Hirten, einem Ab der Mitte des letzten Jahrhunderts wurde modernen Melkstand und dazugehörigen mit einer forstwirtschaftlichen Regulierung Lagerräumen. Über eine Milchleitung ge- der Wirtschaftsflächen begonnen. Die Zo- langt die Milch direkt in die Sennerei im Dorf- nen wurden in Wälder und Weiden getrennt. kern und wird dort zu Käse und Butter verar- Die Wälder, die als Wasserspeicher, Lawi- beitet. Der Almhirte betreut circa 200 Stück nenschutz, Lebensraum und Holzlieferant Galtvieh, 100 Pferde, 90 Kälber und 70 Milch- dienen, wurden aufgeforstet. Die Weiden kühe, die je nach Witterungsverhältnissen wurden in Koppeln eingeteilt und von der von Mitte Mai bis Ende Oktober auf den Wei- Forstbehörde vor Übernutzung geschützt. den gehalten werden.
18 Matscher Alm Als Alpberg werden die Weiden von Rastif kette von den Portlesspitzen über die Weiß- bis zur Grenze zur Inneren Matscher Alm be- kugelgruppe, der Oberetteshütte bis zu den zeichnet. Ein Hirte, der in der Alpberghütte Saldurseen dient als Weidefläche. oberhalb von Eisa wohnt, beaufsichtigt Die Upialm liegt in einem Tal orografisch links die circa 70 Stück Galtvieh, 20 Pferde und vom Glieshof. Sie ist im Besitz der Bauern von 30 Kälber. Schluderns, die den Matschern das Weide- Die Almgebäude der Matscher Alm wurden recht vor langer Zeit für eine „Marende“ ab- in den letzten Jahren umfassend renoviert kauften. Die Milch wird vor Ort zu Käse und und umgebaut. Sie beherbergen eine Sen- Butter verarbeitet. nerei, die Wohnräume für Senner und Hirten und einen Melkstand mit Laufstall. Die Milch Die rätoromanischen Flurnamen - von ungefähr 40 Melkkühen wird direkt auf bis heute lebendig der Alm zu köstlichem Käse, Frischkäse und Da im Vinschgau und mit ihm im Matscher Butter verarbeitet und kann auch vor Ort Tal bis weit in das 16. Jahrhundert in die Zeit verkostet werden. Die Matscher Alm ist Som- der Gegenreformation die rätoromanische mer wie Winter geöffnet und lädt Wanderer, Sprache gesprochen wurde, ist die Sprache Familien, Radfahrer, Tourengeher und Rodler der ehemaligen „Ureinwohner“ als immateri- zu Speis und Trank ein. elles Kulturerbe bis heute im reichen Flurna- Die Weiden des Mutbergs betreuen Hirten menschatz erhalten geblieben, der nach wie auf der hoch über der Waldgrenze gelegenen vor im land-, forstwirtschaftlichen und jagdli- Muthütte. Es grasen Jungrinder und Schafe chen Bereich gebräuchlich ist. auf den sehr steilen und teils im Hochgebirge So wird man bei Wanderungen und Berg- liegenden Matten. Die zerklüftete Gebirgs- touren am „Tanaluv“ (der Wolfsquelle)
19 und dem „Plan dal Uors“ (Bärenboden) Scheibenschlagen, Krampus und mehr vorbeikommen. Jedes Jahr am ersten Fastensonntag steht der Obervinschgau im Bann eines archai- Prähistorische „Schutzhütte“ schen Brauches der Winteraustreibung – des auf dem Langgrubjoch Scheibenschlagens. Im Sommer 2011 entdeckten aufmerksame Die Sonntagsscheiben, teilweise farbenfroh Alpinisten in einem ausapernden Fernerfeld bemalte viereckige oder runde Holzschei- auf dem Langgrubjoch (3.017 m), einem ben, werden an den „Gart“ gesteckt, eine Übergang, der das Matscher Tal mit Kurzras mehrere Meter lange Haselnussgerte, und im Talschluss von Schnals verbindet, bearbei- dann in großen Holzfeuern zum Glühen ge- tete Bretter und Stangen, eine hölzerne Gür- bracht. Wie moderne Hammerwerfer brin- telschnalle und ein Steinbockhorn. Archäo- gen die Scheibenschläger nun die Scheiben logen wurden sofort hellhörig, untersuchten in Schwung und schleudern sie mit einem die Holzteile dendrochronologisch und da- kräftigen Abschlag auf dem Boden oder einer tierten die gefundenen Lärchenschindeln Abschlagrampe oft mehrere hundert Meter auf circa 1.300 vor Christus. Die Schindeln weit in den Nachthimmel. Jeder Scheibe wird waren aus Waldgrenzbäumen angefertigt ein Spruchgesang mit besten Wünschen für und dienten als Dacheindeckung eines mit- das beginnende Frühjahr hinterhergebrüllt. tel- bis spätbronzezeitlichen Jägerunterstan- Den Höhepunkt des Abends bildet das Ab- des oder einer Hirtenunterkunft. brennen der „Larmstong“ (Stange) oder der Scheibenschlagen in Matsch – eine archaische Tradition
20 Florinuskirchl am Dorfausgang Wappen der Vögte von Matsch kreuzförmigen „Hex“, einer dürren Fichten- Form eines Herzens oder eines Kreuzes. stange mit einer dicken Strohummantelung. Verschiedene Prozessionen, Bergsegnungen Im Tal hält man auch noch an weiteren Bräu- und Kirchtage schließen sich im Matsch zu chen fest, die meisten haben kirchlichen einem Jahreskreis, und die Matscher wissen oder heidnischen Ursprung: zum Beispiel diese Anlässe gebührend zu feiern. Die Dorf- das „Schellen“ am Krampustag, also am 5. gemeinschaft wird von den zahlreichen und Dezember. Dabei werden von den Schellern, sehr aktiven Vereinen zusammengehalten. die festgelegte Runden mit schellenden Glo- cken und lauten Bockhörnern durch das Dorf Florinus laufen, die Krampusse aufgeweckt. Zu einem Der Matscher Heilige unbekannten Zeitpunkt und an einem unbe- Der Legende nach wurde Florinus im 8. Jahr- kannten Ort stürmen die Krampusse hervor hundert in Matsch auf dem Valfurhof ober- und versuchen, alle Scheller zu erwischen halb des Dorfes geboren. Die englischstäm- und mit schwarzer Farbe zu bemalen. migen Eltern von Florinus sollen im Jahre 790 Am Herz-Jesu-Sonntag werden am späten auf dem Rückweg von einer Pilgerfahrt nach Abend in den Bergen und auf Anhöhen Berg- Rom in Matsch haltgemacht haben. Florinus feuer entzündet. Diese Tradition geht auf sei in Ramosch als Priester tätig gewesen und das 18. Jahrhundert zurück und erinnert an habe zahlreiche Wunder gewirkt. Er starb am das Gelöbnis, das dem Herzen Jesu gegeben 17. November 856. Während der Franzosen- wurde, als Tirol von den Franzosen bedroht kriege soll Florinus die Matscher vor dem An- war. Der eigentliche Brauch ist älter und geht sturm der Franzosen gerettet haben, indem auf frühere Sonnwend- bzw. Johannisfeuer er diese am Talausgang mit den Worten „Bis zurück. Heute haben diese Feuer meist die hierher und nicht weiter“ aufhielt.
21 Sein Todestag wird in Matsch als „Kirchta“ ge- Missbrauchs der Vogteirechte mit dem Chu- feiert, die Florinuskirche erinnert an den Hei- rer Bischof in Konflikt, der mit der Ermordung ligen. Er ist Schutzpatron der Pfarre Matsch des Abtes von Marienberg durch die Mat- und zweiter Patron der Diözese Chur. scher Raubritter seinen Höhepunkt erreich- Matsch besitzt neben der Pfarrkirche am te. Diese Tat und blutige Familienfehden Dorfeingang noch zwei weitere Kirchen und machten die Matscher Vögte legendär. Der vier Kapellen, darunter auch die Burgkapelle „Golgabichl“ am Eingang des Tales wurde als St. Martin bei der Burgruine Obermatsch. Hinrichtungsstätte benutzt, als Gerichtshaus soll das heutige Widum am Dorfeingang ge- Die Vögte von Matsch dient haben. Das Geschlecht erlosch 1504 Raubritter mit blauem Blut mit dem Tod von Gaudenz. Die politische Die Vögte von Matsch sind ein eigenes, Sonderstellung mit eigenständigem Gericht hochinteressantes Kapitel in der Geschichte endete aber erst 1825. des Tales. Sie sorgten schon ab 1100, als die Der Besitz der Matscher Vögte, darunter die erste Burg auf dem mächtigen Schlosshügel Churburg in Schluderns, ging nach langem am Taleingang gebaut wurde, für Sicherheit Streit schließlich zu den steirischen Rittern und Unabhängigkeit. Die Besitzungen des von Trapp über. Die Burgen Ober- und Un- Geschlechts reichten bis nach Graubünden termatsch wurden allerdings schon seit dem und durch das Veltlin bis zum Comer See. 15. Jahrhundert vernachlässigt und sind Um 1160 bekamen sie die Schirmvogtei über heute nur mehr Ruinen, aber die einzigen das Kloster Marienberg übertragen. Bereits sichtbaren Zeugen der einst gefürchteten die Enkel des ersten Vogtes gerieten wegen Matscher Raubritter. Burgruine Obermatsch mit Burgkapelle St. Martin
22 Tourentipps Sommer Gletschertor der Gletscherzunge des Matscher Ferners Das Matscher Tal ist ein Eldorado für Wan- WEITWANDERUNGEN derer und Bergsteiger. Hier ist für jeden DAS WEITE SUCHEN Geschmack etwas dabei: von gemütlichen Höfe-, Seen- und Waalwanderungen bis zu Vinschger Höhenweg Gipfelbesteigungen in jedem Schwierig- Der Vinschger Höhenweg verläuft von der keitsgrad und rassigen Gletschertouren. Etschquelle am Reschenpass bis nach Staben Das Matscher Tal ist durch Übergänge mit im unteren Vinschgau und ist in fünf Tages- dem Schnalstal, dem Langtauferer- und etappen zu schaffen. Das konditionell an- Planeiltal oder sogar mit Vent im Ötztal ver- spruchsvollste Teilstück ist jenes von Planeil bunden, einem weiteren Bergsteigerdorf über Malettes oberhalb von Mals nach Mun- des Alpenvereins. tetschinig und vom Dorf Matsch hinein bis zur Matscher Alm. Der Weg führt auf der an- Die nachfolgenden Angaben zu Zeit- und deren Talseite auf dem Höfeweg hoch über Höhenunterschied beziehen sich immer auf Schluderns bis zum Vinschger Sonnenberg die eigentliche Tour, nicht auf die Varianten weiter. Diese beiden Etappen bieten von und sind als Richtwert zu verstehen. Für die hochalpinem Gelände bis zu mediterranen anspruchsvollen Touren ist immer die Ver- Hängen viel Abwechslung. Mehr Informatio- wendung von Kartenmaterial empfohlen. nen und eine interaktive Karte unter: www.vinschgau.net
23 Bildstöckljoch – Schnals – Schöne Aussicht Langtaufers. Immer mehr Berggeher kom- Der Weg über das Bildstöckljoch ist ein hoch- binieren diesen Übergang mit einer Wande- alpiner Übergang vom Matscher- ins Schnals- rung von Hütte zu Hütte (Weißkugelhütte – tal. Noch heute wandern die Matscher tra- Oberetteshütte Schöne Aussicht Hütte). ditionell am 15. August nach Schnals zum Von der Oberetteshütte oder dem Glieshof Kirchweihfest ins Dorf Unser Frau. Von der geht es über die Klamm auf dem markierten Oberetteshütte folgen wir dem steilen Weg Steig weiter bis zu den Fernerpleisen. Von Nr. 1 durch die Rinne hinauf bis auf „Klein Ti- dort steigen wir links zur tiefen Einsattelung bet“ und von dort leicht ansteigend bis zum des Matscherjochsees auf 3.209 Metern auf. kleinen Bildstöckl, das das Joch auf 3.097 Me- Rechts vom Planeiler Ferner unter der Frei- tern ziert. Von hier steigen wir auf der Schnal- brunner Spitze vorbei Richtung Roter Kopf ser Seite ins Langgrubtal bis nach Kurzras ab. zur Planeiler Scharte (3.090 m). Dieses Teil- Wer gerne der Schutzhütte Schöne Aussicht stück ist gut markiert und mit Steinmännern (2.842 m) einen Besuch abstatten möchte, versehen, aber steiglos. Von der Planeiler kann einige Kehren vorher nach links abzwei- Scharte folgen wir dem Steig Nr. 5 hinunter gen und zur Hütte aufsteigen. zur Melager Alm auf 1.970 Metern und von Höhenunterschied: 430 m ab der Hütte, Zeit: dort steigen wir erneut zur Weißkugelhüt- 4 h bis Kurzras te (2.554 m) auf. Dieser Übergang erfordert alpine Erfahrung. Empfohlener Zeitraum ist Matsch – Langtaufers – Weißkugelhütte Juli und August. Ebenfalls ein einsamer und recht anspruchs- Höhenunterschied mit Gegenanstieg: circa voller Übergang ist jener von Matsch nach 1.100 m, Zeit: circa 8 h (Klamm – Melager Alm) „Klein Tibet“ auf dem Weg zum Bildstöckljoch mit den Saldurspitzen
24 WANDERUNGEN UND BERGTOUREN dem Steig Nr. 15 folgen. Über Gonda stei- FÜR JEDEN GESCHMACK gen wir ins Dorf ab. Höhenunterschied: 735 m, Zeit: 3,5 h Matsch – Spitzige Lun (Variante Niederjoch – Hochjoch – Matsch – Waalweg – Glieshof Gonda – Matsch) (Variante Thial – Forstweg – Matsch) Die Spitzige Lun (2.324 m) gilt bei Einheimi- Der neu angelegte Waalweg führt vom Dorf schen wie Gästen als Ganzjahreswanderung, auf der Sonnenseite durch das gesamte Tal die bei fast jedem Wetter und problemlos und ist auch mit Kindern ein Vergnügen. auch mit Kindern begangen werden kann. Der Waalweg beginnt einige hundert Meter Der Gipfel verspricht eine einmalige Aussicht oberhalb des Dorfes. Wir folgen zuerst dem über den Obervinschgau. „Kuhtrei“, der im Oberdorf bei der kleinen Wir wandern im Dorf Matsch in Richtung Kapelle nach links abzweigt, dann dem Waal Westen auf dem Weg Nr. 13 bei mäßiger und den Schildern taleinwärts. Die Wande- Steigung durch den Wald. Nach circa ei- rung kann bei Rastif und Thial verkürzt oder ner Dreiviertelstunde den Almweg nach noch bis zur Matscher Alm verlängert wer- links verlassen und der Wegmarkierung den. Als alternativer Rückweg eignet sich der Nr. 13 bis zum Gipfelkreuz der Spitzigen Forstweg Nr. 20, der bei Thial auf der anderen Lun folgen. Für die Variante über das Nie- Talseite nach Matsch zurückführt. derjoch (2.474 m) und Hochjoch (2.593 m) Höhenunterschied: 250 m, Zeit: 2,5 h 200 Meter vor dem Gipfel abbiegen und dem ausladenden Kamm taleinwärts auf Waalwege sind ein Erlebnis für die ganze Familie.
25 Die Spitzige Lun ist ganzjährig ein beliebter Aussichtsberg. Matsch – Vinschger Höhenweg – Eisa – Talboden ab. Nun der asphaltierten Straße Matscher Alm zum Schlosshof folgen und dort hinauf auf Wer das ganze Tal von oben überblicken den Schlosshügel mit den beiden Ruinen möchte, dem sei diese Wanderung ans Herz Ober- und Untermatsch. Hier werden wir gelegt. Vom Dorf folgen wir dem Weg Nr. 15 mit einem wunderschönen Ausblick auf den zum Valfurhof, unter der Gondaalm vorbei Ortler belohnt. Vom „Gschlossbiechl“ zurück zur kleinen Gondahütte am Vinschger Hö- am Schlosshof dem Forstweg folgend auf henweg. Auf dem gut markierten und aus- der linken Seite hinunter zum Bach. Diesem sichtsreichen Weg erreichen wir über Eisa folgend gelangen wir bis zur Gabelung der die Matscher Alm (2.045 m) und wandern beiden Waalwege Berg- und Leitenwaal. dort dem Forstweg entlang zurück zum Auf seinem Weg aus dem Matscher Tal zur Glieshof. Wandertaxi oder Waalweg führen Mündung in die Etsch durchfließt der Sal- zurück ins Dorf. durbach oberhalb von Schluderns die Sal- Höhenunterschied: 650 m, Zeit: 5 h durschlucht. Dort nehmen der Bergwaal und der Leitenwaal das Wasser auf, das sie zu den Matsch – Burgruinen – Bergwaal – Chur- Sonnenhängen des Vinschgaus transpor- burg (Variante Leitenwaal – Ganglegg – tieren. Der Bergwaal führt an der östlichen Schluderns) Flanke in die Saldurschlucht, der Leitenwaal Vom Dorfplatz in Matsch steigen wir über nimmt sich des westlichen Teils an und ver- den Ortsteil „Winkel“ über Somblimas unter- sorgt diese Hänge mit Wasser. Mittels Kandl halb des Dorfes zu den Kartatscher Höfen im und luftiger Stege überwindet der Bergwaal
26 Die Höfewanderung eignet sich Sommer und Winter. einige steile Hänge und Einschnitte. An an- Vom Dorfende führt die Straße hinunter deren Stellen mussten Felswände durchbro- zu den Mühlhöfen (1.479 m). Wir wan- chen werden, um den Waal zu bauen. Tief dern nach Patzleid hinauf und weiter über in der Saldurschlucht trifft der Bergwaal auf die Höfestraße zu den unteren Runhöfen den Saldurbach. Eine Brücke erlaubt seine (1.608 m – Hahnenhof und Aviunshof ). Vor Überquerung, um auf der anderen Seite dem allem im Winter lässt sich hier am längsten Leitenwaal nach Schluderns und zu den prä- die Sonne genießen. Auf dem Weg Nr. 20b historischen Ausgrabungen beim Ganglegg zum Schlosshof hinunter und über Kar- (Mauerzüge, Hüttenreste, Informationsta- tatsch wieder zurück ins Dorf. feln) zu folgen. Die beiden Waalwege mit der Zeit: 3,5 h für den ganzen Rundweg Nr. 17 sind spektakulär, gut begehbar und abgesichert. Runhöfe – Remstal – Runerköpfl – Höhenunterschied: 600 m, Zeit: 2,5 h Runermader – Runhöfe Eine kleinere, gemütliche Wanderung mit Matsch – Mühlhöfe – Runhöfe – Hahnenhof – Gipfel führt uns von Oberrun der Forststraße Schlosshof (Abstecher Schlossruinen) – Nr. 23 folgend ins Remstal. Wir wandern wei- Kartatsch – Kirchweg – Matsch ter zum oberen Remsboden mit der Rems- Diese Höfewanderung auf großteils asphal- hütte und steigen rechts auf das Runerköpfl tierter Straße bietet einen guten Blick auf das (2.585 m) mit einem kleinen Holzkreuz. Vom Dorf und ist auch für Kinder gut geeignet. kleinen Gipfel auf der vorderen Seite hinunter
27 zu den Runermadern. Glieshöfe – Upialm – Upisee (Variante als Höhenunterschied: 880 m, Zeit: 3,5 h von Bergtour: Upikopf und Hochalt) Oberrun zum Runerköpfl Von den Glieshöfen führt der Steig Nr. 9 ins Upi- tal. Diese Wanderung zum malerischen Upisee Glieshöfe – Innere Matscher Alm – ist auch für Kinder interessant und machbar. Herrensteig – Wanderung mit Gedenktafeln Zuerst führt der Steig steil ins Upital, dann Die Matscher Bäuerinnen haben, unterstützt wird er flacher bis zur Upialm (2.225 m). Die von allen Vereinen des Dorfes, der Fraktion Upialm gehört nicht den Matschern, sondern und den Tourismusbetrieben, eine einfa- den Schludernsern. Der Upisee liegt in einer che und recht kurze Wanderung hinein zur Mulde am Fuße von Upikopf, Hochalt und Inneren Matscher Alm mit Gedenktafeln Litznerspitze. Die Wanderung kann auch zu bestückt. Lesen, innehalten inmitten der Na- einer Bergtour weiter zum Upikopf (3.175 m) tur. Die Wanderung ist für alle machbar und und Hochalt (3.285 m) ausgebaut werden. führt dennoch mitten hinein in die Matscher Bis zum Upikopf führt der Steig Nr. 9, er zählt Bergwelt. Ausgangspunkt ist der Parkplatz zu den am leichtesten zu besteigenden Drei- unterhalb der Glieshöfe. Wir wandern über tausendern in Matsch. den Forstweg an der Matscher Alm vorbei Höhenunterschied: 730 m, Zeit: 3,5 h hinein zur Inneren Matscher Alm und auf der anderen Seite des Tales, auf dem „Hearasteig“ Glieshof – Thaneihöfe – Eisa – wieder hinaus. Semmlerstein – Klamm – Matscher Alm Zeit: 2 h (kürzere Variante: über Saloms zurück) Auch diese Wanderung ist für Familien mit Kindern geeignet und bietet eine wunder- Der Upisee auf 2.522 m Höhe
28 schöne Aussicht auf die Matscher Bergwelt. Glieshof – Herrensteig – Oberetteshütte Die Tour kann beliebig abgekürzt oder ver- (Variante: über die Klamm zurück) längert werden. Vom malerischen Talschluss zweigt hinter Vom Glieshof startend gehen wir einige dem Hotel Glieshof der schmale Weg Nr. 1 hundert Meter zurück nach rechts Richtung ab und führt durch den Wald hinein bis zur Thaneihöfe. Dem Weg Nr. 8 nach über das Inneren Matscher Alm. Dieser Weg wird bei malerische Eisa mit seinen gepflegten Mat- den Einheimischen „Hearasteig“ genannt, ten bis auf den Höhenweg Nr. 7. Diesem weil ihn früher die „Hearn“ (also die bes- folgen wir dann durch den Wald bis zur Mat- ser gestellten Touristen) nahmen, um die scher Alm. Eine Abkürzung führt über Saloms Bergwelt zu erkunden. Von der Inneren hinunter zum Forstweg, der wieder zum Aus- Matscher Alm führt ein breiter Forstweg gangspunkt zurückführt. über Einsiedel weiter bis zur Materialseil- Wer gerne weiter wandert, folgt dem Weg bahn der Oberetteshütte. Unterhalb dieser Nr. 7A über Plamjack taleinwärts bis zu den Talstation folgen wir dem Weg taleinwärts kleinen Lacken des Semmlerstein (2.500 m) und steigen in sanften Biegungen zur Obe- und nimmt von dort den kurzen Abstieg hi- retteshütte (2.670 m) auf. Als alternativer nunter zur Klamm. Von der Klamm führt der Rückweg bietet sich der Abstieg von der Weg am Talboden entlang hinaus bis zur AVS-Schutzhütte über die tosende Klamm Matscher Alm. des Saldurbaches an. Von dieser führt der Höhenunterschied: 670 m, Zeit: 5,5 h Weg wieder zurück zur Materialseilbahn und talauswärts wie beschrieben. Eine andere Möglichkeit ist der kurze Aufstieg Herbstliches Farbenspiel im Upital
29 Abstieg von der Portlesspitze von der Klamm zum Semmlerstein und die Beschilderung Nr. 7, dann führt uns der Steig Rückkehr über den Höhenweg. Nr. 7A am kleinen Pleressee (2.465 m) vorbei Höhenunterschied: 850 m, Zeit: 3 h bergauf zum Pleresboden. Das letzte Stück steigen wir über Steine und Geröll auf eine Portlesspitze (3.074 m) Hochfläche. Von dort über einen Rücken zu Ausgangspunkt für diese aussichtsreiche einer kleinen Scharte. Rechts über Felsen Tour sind die Thaneihöfe oder die Glieshöfe. gelangen wir zum Gipfel und dem neu er- Wir wandern auf dem Weg Nr. 8 über Eisa. richteten Eisenkreuz. Aussicht auf die um- Dann halten wir uns immer nordwestlich auf liegenden Dreitausender wie Valvelspitze, dem Weg. Markierungen und kleine Stein- Rabenkopf und Weißkugel. männer wechseln sich ab. Der Aufstieg ist Höhenunterschied: 1.360 m, Zeit: 4 h technisch nicht schwierig. Besonders loh- nend ist ein kurzer Abstieg über den steilen Litzerspitze (3.206 m) über Run – Geröllhang nach Norden zum Portlessee. Remsspitze (3.212 m) – Upital Höhenunterschied: 1.250 m, Zeit: 3,5 h Startpunkt dieser Tour sind die oberen Run- höfe auf der orografisch linken Talseite. Von Pleresspitze (3.188 m) dort folgen wir dem Forstweg ins Remstal Die Wanderung beginnt auf einem breiten bis zu den Remsböden und dem markierten Waldweg hinter der Matscher Alm und führt Weg zum Litzner Schartl (3.142 m). Hier kann bis zur Baumgrenze zu den Muttböden. Am sowohl die Litzner Spitze rechts als auch links Wegweiser folgen wir für einige Meter der die Remsspitze bestiegen werden. Trittsi-
30 Wasserfall auf dem Weg zur Oberetteshütte cherheit ist ab hier vorausgesetzt. Abstieg Valvellspitz Oberetteshütte 1 von der Remsspitze über den gut markierten 3355 2680 Steig zur Upialm und weiter zum Glieshof. Bildstöckljoch n be Ru 3097 Höhenunterschied: 1.500 m, Zeit: 4,5 h 1 4 zur Remsspitze (durchs Upital zurück zum Saldurseen Glieshof: plus 2,5 h) Pleressee M ar Innere Matscher Alm ch tal E i sa 4 Klassische Saldurseenrunde (Variante Matscher Alm 2045 Saldurspitz ta l 3433 Spitzat oder Südliche Schwemmserspitze) ² h Ta b ac 1 ne ita ur Der Klassiker der Höhenwanderungen des ld Sa l Matscher Tals ist die Seenrunde oder „iber 1:75.000 Ei sa tal 0 900 1.800 ! Glieshof die Lockn“, wie es unter den Matschern Meter heißt. Der ehemalige Hüttenwirt Roman Burgo schreibt über diese Wanderung: „Fünf Glieshof Innere Matscher Alm Saldurseen Oberetteshütte Glieshof Hochgebirgsseen von seltener Schönheit 1835 2018 2760 2680 1835 schmücken eine grandiose Bergkulisse: In Innere Matscher Alm 2018 ihrem kristallklaren Wasser spiegeln sich die weißleuchtenden, steilen Gletscher von Lazaun und Saldur, der blaue Himmel über km 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Matsch und die rötlichen, uralten Gletscher Karte und Höhenprofil zur Saldurseenrunde
31 der südlichen Ötztaler. Das Plateau hat fast Oberetteshütte – Höllerscharte (3.280 m) tibetisches Flair (…)“ Die Höllerscharte war der frühere Weg zur Die Wanderung nimmt ihren Ausgang am Weißkugel und wurde nach Franz Höller be- Glieshof und verlangt einiges an Ausdau- nannt. Höller war ein Kaufmann aus Karls- er. Die Tour kann über die Oberetteshütte bad, der sich beim Bau der Hütte verdient zu den Saldurseen und dem Glieshof oder gemacht hatte. Als Dank hieß die Hütte circa auch umgekehrt begangen werden. Von der 20 Jahre lang Höllerhütte. Hütte steigen wir steil bis auf 3.000 Meter Von der Hütte steigen wir den Weg Nr. 5 hinauf und dann über die Plateaustufen zu hinauf in den Kessel unterhalb der Oberet- den einzelnen Seen, die alle in anderen Far- tesscharte. Hier biegen wir nach links ab ben leuchten. Nach dem letzten See führt und gelangen über eine kleine versicherte der Weg wieder steil hinunter bis zur Inneren Steilstufe zur Höllerscharte, wo sich eine Matscher Alm. Die Wanderung erfordert Tritt- grandiose Aussicht auf die Weißkugel eröff- sicherheit und gutes Wetter. Die beste Zeit net. Alternativ kann die äußere Quellspitze ist Juli bis Oktober. Wer will, kann die Wan- (3.385 m) als Gipfel mitgenommen werden derung auch noch mit einem Gipfelerlebnis (von der Scharte aus rechts halten) oder wir auf den einsamen Spitzat oder die Südliche folgen dem markierten Kamm talauswärts Schwemmserspitze verlängern. zum Spaiktsee und von dort dem Steig Nr. 5b Höhenunterschied: 1200 m, Zeit: zurück zur Hütte. 6,5 h für die gesamte Runde Höhenunterschied: 600 m, Zeit: 4,5 h für den gesamten Rundweg Bei den unteren Saldurseen
32 Weißkugel – Klassische Hochtour mit Gletscherpanorama HOCHTOUREN vorsichtig angegangen werden muss. Knapp WEITE GLETSCHER, WEITE AUSSICHTEN oberhalb beginnt schließlich der luftige Gip- felgrat, der Trittsicherheit verlangt. Weißkugel (3.739 m) Höhenunterschied: 1.200 m, Zeit: 5 h Die Tour zur heimlichen Königin der Ötzta- ler Alpen verlangt Gletscherausrüstung und Saldurspitze (3.433 m) Hochtourenerfahrung. Die Saldurspitze ist eine anspruchsvolle, Von der Oberetteshütte führt der Steig Nr. 5b hochalpine und gleichzeitig einsame Tour auf den 3.000 m hohen Sattel. Von dort wei- hoch über dem Seenplateau. ter zum kleinen Kessel des Spaiktsees und Von den Seen weglos hinauf zur Gletscher- über einen breiten Rücken hinunter zum Glet- zunge des nördlichen Saldurferners. Uns schereinstieg. Über den spaltenreichen Glet- eher etwas rechts haltend steigen wir über scher, zunächst in der Mitte, bis auf der Höhe den zerklüfteten Saldurferner bis etwa in die des „Schwarzen Knottes“, dann ziemlich links Mitte auf, wo wir nach links die Scharte zwi- haltend (nördlich) weiter zum großen Becken schen Lazaun- und Saldurspitze anpeilen. unterhalb der Quellspitzen. Hier stoßen wir Von der Scharte über den Grat, der teilweise auf die alte Route, die unterhalb der Inneren recht ausgesetzt ist und Trittsicherheit ver- Quellspitze Richtung Hintereisjoch (3.469 m) langt, direkt weiter zum Gipfel. führt. Danach folgen wir dem Aufstieg über Höhenunterschied: 1.030 m von der das „Matscher Wandl“, einem recht steilen- Oberetteshütte, Zeit: 5 h Südhang, der bei Blankeis oder Neuschnee
33 Rabenkopf (3.393 m) mit Matscherjochsee men und auf die Freibrunner Spitze weiter- (3.188 m) (Variante: Freibrunner Spitze gehen. 3.363 m) Höhenunterschied: 1.050 m von Mit dieser Tour lässt sich ein Abstecher in der Klamm, Zeit: 3 h die Gletscherwelt und zum höchsten Berg- see der Alpen verbinden. Vom Glieshof Valvelspitze (3.359 m) folgt man dem Weg bis zur Materialseil- Der Valvel ist ein prächtiger Aussichtsberg bahn und weiter bis Richtung Klamm. Auf zwischen Planeil- und Matscher Tal. Als Zu- dem großen Boden wechselt man auf die ckerl erwartet den Bergsteiger ein schöner orografisch rechte Talseite. Einige hundert Marmortisch am Gipfel, perfekt für die Stär- Meter weiter bis zu einem großen Stein kung mit Speck, Käse und Brot. mit Wegweiser. Der markierte Weg folgt Wir steigen von der Klamm im hintersten dem nördlichen Gawelzbach hinauf bis Matscher Tal über den Steig Nr. 7 hoch zum zur Schnalser Scharte auf 3.127 Metern Semmlerstein. Auf dem Stein finden wir eine („Schnalser Scharte“, weil es früher ein alte Markierung, die zur Valvelspitze weist. bedeutender Übergang durch das Mat- Die einfachste Route führt nun nach Westen scher- ins Schnalstal war). Von der Scharte durch das weite Tal der Mittergawelz (Tal zwi- unschwierig weiter zum Gipfel des Raben- schen Gawelzspitz und Pleres) hoch bis auf kopfs. Auf dem Grat bleiben, da die Nord- etwa 3.000 Meter, dann nach Nordwesten zur seite vergletschert und spaltig ist, dann tiefsten Scharte am Kamm zwischen Valvel- weiter zum Nebengipfel und Abstieg zum und Plerespitze. Wegen einiger heikler Passa- zauberhaften Matscherjochsee. Wer möch- gen wird davon abgeraten, von der Scharte di- te, kann auch noch einen Gipfel mitneh- rekt am Grat Richtung Valvel weiterzugehen. Sonnenaufgang am Gipfel der Weißkugel
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