Meriten Makro-Brief Volkswirtschaftliche Analysen und Kommentare

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Meriten Makro-Brief Volkswirtschaftliche Analysen und Kommentare
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     Meriten Makro-Brief
     Volkswirtschaftliche Analysen und Kommentare

                                   AUSGABE 2/2015 – 23. JANUAR 2015

                                   EZB-QE: Für jeden ist etwas dabei
                                   Nach langem Zögern und diplomatischem Gezerre hat Mario Draghi
                                   sich durchgesetzt und ein neues Kapitel europäischer Zentralbank-
                                   geschichte geschrieben: Von März 2015 bis September 2016 wird die
                                   EZB monatliche Offenmarktkäufe, auch von Staatsanleihen, im Volu-
                                   men von bis zu 60 Mrd. Euro koordinieren (QE). Die Summe schließt
                                   die bereits aktivierten ABS- und Covered-Bond-Programme mit ein.
                                   Das Gesamtvolumen von 1,1 Billionen Euro sieht zunächst größer als
                                   erwartet aeus, dürfte aber dem von Mario Draghi ausgegebenen
                                   Bilanzziel von drei Billionen Euro bis Ende 2016 angemessen sein.
Holger Fahrinkrug, Chefvolkswirt
Meriten Investment Management      Dass die Käufe durch die nationalen Zentralbanken (NZBs) erfolgen,
                                   und dass nur 20% der Risikoteilung unterliegen, trägt deutschen
                                   Bedenken Rechnung. Dies wird von einigen Kommentatoren als
                                   effizienzmindernd angesehen. Solange es aber keine unmittelbare
                                   Insolvenzgefahr eines Mitgliedsstaates gibt, und solange das
                                   Bilanzziel der EZB glaubwürdig ist, steht dem geldpolitischen Erfolg
                                   des Pakets nichts im Wege. Eine paritätische Risikoteilung wäre
                                   Deutschland gegenüber wohl kaum durchzusetzen gewesen.
                                   Wir gehen davon aus, dass EZB-QE die Konjunktur unterstützen wird,
                                   die sich ohnehin schon bessert. Erhöhte Kreditvergabe der Banken zu
                                   gelockerten Bedingungen dürfte helfen, die Investitionsneigung der
                                   Unternehmen verbessern helfen, Gewinne profitieren vom niedrigen
                                   Ölpreis, der Außenhandel wird vom schwächeren Euro profitieren,
                                   und mittelfristig sollte sich auch die Beschäftigung erhöhen.
                                   Die wichtigste Frage wird nun sein, ob die geldpolitische Lockerung
                                   den Reform- und Konsolidierungseifer der Krisenländer erlahmen
                                   lässt, wie vielfach in Deutschland befürchtet wird. Dies zu verhindern
                                   ist allerdings Aufgabe der EU-Politik auf nationaler und zwischen-
                                   staatlicher Ebene, nicht der EZB.

                                   In diesem Makro-Brief geben wir eine kurze Bewertung des EZB-QE-
                                   Programms und erörtern wichtige Detailfragen im Frage-/ Antwort-Stil.
Meriten Makro-Brief 2

Allgemeine Bewertung

   1. Volumen, Struktur und Risikoverteilung des QE-Programms
      tragen einerseits den vor allem deutschen Sorgen vor Verlusten im
      Falle einer Staatsinsolvenz Rechnung. Andererseits war die
      Mischung den bereits weit vorausgeeilten Markterwartungen
      angemessen. Mario Draghi ist damit ein „geldpolitischer
      Drahtseilakt“ gelungen; er hat Enttäuschungen vermieden.

   2. Wir gehen davon aus, dass es die Konjunktur der Eurozone durch
      das Programm unterstützt wird, vor allem, weil auch andere Stimuli
      bereits vorhanden sind. Dauerhaft niedrige Zinsen und Liquidität im
      Überfluss werden zusammen mit einem schwächeren Euro, einem
      erholten Bankensystem und der Entlastung durch den niedrigen
      Ölpreis 2015 für eine Beschleunigung des Wachstums sorgen.

   3. Dank dieser Konjunkturbelebung gehen wir davon aus, dass sich
      auch die Inflation im Laufe des Jahres, nach einigen negativen
      Monaten, wieder stabilisiert und auf einen leicht ansteigenden Trend
      einschwingt. Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir also nicht davon aus,
      dass das QE-Programm im September 2016 verlängert werden
      muss, auch wenn dies nicht ausgeschlossen werden kann.

   4. Es obliegt den nationalen Regierungen und der EU-Kommission,
      dafür zu sorgen, dass die Entlastung durch die EZB nicht zu einem
      Erlahmen der Reform- und Konsolidierungsbemühungen
      hochverschuldeter und langsam wachsender EWU-Länder führt.
      Dies ist nicht Aufgabe der EZB.

   5. Obwohl die Erwartungen der EZB- Entscheidung weit vorausgeeilt
      waren, nahmen die Finanzmärkte die Entscheidung nochmals
      positiv auf. Was die Zukunft angeht, erwarten wir, dass sich der
      Euro während der Laufzeit des EZB-QE-Programms weiter moderat
      abschwächt, solange gleichzeitig mit Zinserhöhungen der Fed
      gerechnet wird. Prognosen von Parität zum US-Dollar binnen 18
      Monaten halten wir für gewagt, aber nicht realitätsfern. Bei Renditen
      von Bundesanleihen sehen wir kaum Spielraum nach unten,
      allerdings dürften die Spreads von Anleihen anderer Euro-Staaten
      sich weiter einengen, da die EZB-Käufe hier mehr Bedeutung
      erlangen könnten. Und schließlich dürften Risikoaktiva wie Aktien
      tendenziell davon profitieren, dass die EZB ihr Engagement für eine
      Konjunktur- und Inflationsnormalisierung bewiesen hat.
Meriten Makro-Brief 3

                                                 Fragen zum QE-Programm

                                                 1. Frage: Ist das Programm wirklich so groß wie es aussieht?
                                                     Antwort: Ja und nein.
                                                     Ja, denn mit einem (erweiterbaren) Gesamtvolumen von zunächst 1,14
                                                     Billionen Euro ist es das größte, das je eine europäische Notenbank
                                                     gefahren hat. Und natürlich ist die angepeilte Ausdehnung der Zentral-
                                                     bankbilanz um 50% binnen zwei Jahren ein gigantisches Unterfangen.
                                                     Gemessen an der gesamten ausstehenden Staatsschuld der EWU-
                                                     Teilnehmerländer von ca. 9,5 Billionen Euro ist das Programm
                                                     allerdings kleiner als z. B. die drei QE-Programme der US-Notenbank,
                                                     die zeitweise bis zu 20% der US-Staatsschulden hielt. Falls die EZB bis
                                                     September 2016 keinen verbesserten Inflationstrend konstatiert, kann
                                                     ihr Programm allerdings ausgedehnt werden.
                                                     Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass das angestrebte Volumen der
                                                     Staatsanleihekäufe eine Bruttogröße ist. Es muss auch Faktoren aus-
                                                     gleichen, die die EZB-Bilanz schrumpfen lassen, z. B. die Rückzahlung
                                                     der ersten beiden LTROs mit knapp unter 200 Mrd. Euro bis Ende
                                                     Februar (soweit sie nicht durch neue TLTROs ersetzt werden), und
                                                     Fälligkeiten von Anleihen, die im Rahmen des SMP gekauft wurden.
                                                     Zudem ist nicht allein das Volumen der Bilanzverlängerung, sondern
                                                     auch die Verwendung des zur Verfügung gestellten Zentralbankgeldes
                                                     relevant. 2012 expandierte die EZB-Bilanz durch die langfristigen Refi-
                                                     nanzierungsgeschäfte (LTROs) stark, die dadurch bereitgestellte Liqui-
                                                     dität wurde aber überwiegend als Einlage gehalten und führte nicht zu
                                                     einer Ausweitung von Geldmenge oder Kreditvolumen in der Realwirt-
                                                     schaft. Durch den derzeit negativen Einlagensatz der EZB wird dieser
                                                     Effekt jetzt geringer ausfallen, aber solange Banken keine profitable
                                                     Verwendung für die durch Anleiheverkäufe an die EZB freigesetzte
                                                     Liquidität haben, dürfte eine gewisse Absorption der Mittel stattfinden.

ESZB-Bilanz*                                                            Offenmarkt-Ankaufprogramme EZB
  3200                                                                  1200
         Mrd. Euro                                                               EUR Mrd.

  2800                                                                  1000

  2400                                                                   800
                                                                                                                          QE: + EUR 1000
                                                                                                                       Mrd. (netto) bis 2016
                                                                         600
  2000

                                                                         400
  1600

                                                                         200
  1200

                                                                             0
  800                                                                        Jul 09     Jul 10   Jul 11   Jul 12   Jul 13    Jul 14    Jul 15    Jul 16
     2007   2008     2009   2010   2011   2012    2013   2014   2015
                                                                                      CBPP        SMP          CBPP2           CBPP3            ABSPP

*Konsolidierter Ausweis des Eurosystems. Quelle: Bloomberg, Macrobond, Meriten Investment Management,01/2015
Meriten Makro-Brief 4

2. Frage: Wie wird das Programm auf Wachstum und Preise wirken?
   Antwort: Dies ist einer der zentralen Diskussionspunkte auch innerhalb
   des EZB-Rates. Da das Programm spät kommt, die Renditen in der
   Eurozone bereits niedrig und die Renditestrukturkurven flach sind,
   herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Effektivität von EZB-QE
   geringer sein dürfte als dies z. B. in USA oder UK der Fall war; und
   selbst dort war der Effekt nicht klar zu quantifizieren.
   Ferner dürfte es ein Hemmnis sein, dass die Unternehmensfinanzie-
   rung in der Eurozone sehr bankenlastig ist und die Kapitalmärkte
   weniger breit und tief als in den angelsächsischen Ländern. Das
   bedeutet, dass die durch QE bereitgestellte Liquidität nur dann konjunk-
   turwirksam wird, wenn die Geschäftsbanken oder andere Abgeber sie
   auch zur Kreditvergabe oder für Käufe anderer risikobehafteter
   Investitionen nutzen (Portfolioeffekt).
   Im ersten Fall liegt der Konjunktureffekt auf der Hand, denn zusätzliche
   Inlandskredite wären unmittelbar nachfragewirksam. Im zweiten Fall
   würden die Renditen der entsprechenden Anlagen sinken oder, bei
   Auslandsinvestitionen, zu Kapitalabflüssen und damit einer Euro-
   Abwertung führen, was mittelbar positiv für Unternehmensgewinne
   wäre und damit Investitionsanreize schaffen würde.
   Quantifizierbar sind die Konjunktureffekte von QE nicht. Wir sind aber
   ohnehin recht positiv gestimmt, was die Wachstumsaussichten der
   Eurozone angeht, weil
   -   der Euro bereits deutlich abgewertet hat,
   -   die Zinsen sehr lange extrem niedrig bleiben werden (was durch QE
       nochmals untermauert wird),
   -   der Verfall des Ölpreises wie eine Steuersenkung für Privathaus-
       halte wirkt und hilft, die Kosten der Unternehmen zu senken,
   -   der Konsolidierungsdruck auf die öffentlichen Haushalte nachlässt,
   -   sich die Funktionsfähigkeit des Bankensystems nach dem EZB-
       Stresstest sukzessive verbessern dürfte.
QE trägt sicherlich zu einer Verbesserung des Konjunkturausblicks bei; der
ohnehin schon im Aufwind ist; sehr groß dürfte der zusätzliche Schub
allerdings nicht sein.

3. Frage: Verhindert das Programm eine Deflation, oder ist dadurch
   sogar mit (langfristig) erhöhter Inflation zu rechnen?
   Antwort: Wir haben stets argumentiert, dass das derzeitige
   Niedriginflationsumfeld ein globales Phänomen ist. Selbst in den USA,
   die seit Jahren nachhaltiges Wachstum des realen
   Bruttoinlandsprodukts verzeichnen, und deren Beschäftigung stetig
   steigt, zeigen weder Löhne noch Preise klare Inflationsmuster.
Meriten Makro-Brief 5

                                                                                                                                                                Durch die Anpassungsrezessionen in den Euro-Krisenländern ist die
                                                                                                                                                                Produktionslücke in der EWU insgesamt noch erheblich größer als in
                                                                                                                                                                den USA oder anderswo in der industrialisierten Welt. Insofern ist die
                                                                                                                                                                Disinflation hierzulande zum Teil den Verwerfungen in den Krisen-
                                                                                                                                                                staaten zuzuschreiben, die ihre relative Wettbewerbsfähigkeit
                                                                                                                                                                verbessern müssen. Der Abwärtsdruck auf deren Preise färbt allerdings
                                                                                                                                                                auch auf alle anderen Teilnehmer an der Währungsunion ab. Und
                                                                                                                                                                schließlich sorgen auch fallende Rohstoffpreise für Preisdruck.
                                                                                                                                                                Bis hierhin würden wir relative Preisverschiebungen und Disinflation
                                                                                                                                                                konstatieren, keine Deflation. Angesichts der Kombination dieser
                                                                                                                                                                Faktoren sind allerdings auch die Inflationserwartungen deutlich
                                                                                                                                                                gesunken, und dies hätte ohne EZB-Aktivität tatsächlich zu einer
                                                                                                                                                                deflationären Spirale führen können – ausgehend vor allem von
                                                                                                                                                                Ländern mit extrem großer Produktionslücke und hoher Arbeitslosigkeit.
                                                                                                                                                                Wenn Märkte, Konsumenten und Unternehmen an einen Erfolg von
                                                                                                                                                                EZB-QE glauben, dürften sich als erstes die Inflationserwartungen
                                                                                                                                                                normalisieren. Die Erstreaktion des von der EZB beobachteten
                                                                                                                                                                Inflationsswaps (5J/5J), der nach der QE-Entscheidung deutlich zulegte
                                                                                                                                                                deutet eine solche Bewegung bereits an. Sollte sich der Trend
                                                                                                                                                                fortsetzen, könnte das Programm tatsächlich zu einem langsamen
                                                                                                                                                                Verschwinden von Deflationssorgen und damit auch -risiken führen,
                                                                                                                                                                insbesondere auch dann, wenn der Euro nachhaltig geschwächt wird
                                                                                                                                                                und dadurch Importpreise zulegen.

Inflationsraten in der EWU, Dezember 2014                                                                                                                                                                                     Finanzmarkt-Inflationserwartungen

 2,0                                                                                                                                                                                                                          3,0
                                                                                                                                                                                                                                    Prozent           EUR 5yr/5yr inf lation swap
 1,5
 1,0
 0,5
                                                                                                                                                                                                                              2,5
 0,0
 -0,5
 -1,0
 -1,5                                                                                                                                                                                                                         2,0
                                                   HVPI, gg. Vj. Gesamt                                                                              Kernrate
 -2,0
                                Malta

                                                                                                                                                  Portugal

                                                                                                                                                                      Belgien
                                                                                                                                       Eurozone

                                                                                                                                                                                                     Spanien
                                                                                                      Slowenien

                                                                                                                                                                                            Zypern
                                                                                        Niederlande

                                                                                                                  Italien
        Österreich

                                                                                                                            Slowakei

                                                                                                                                                                                Luxemburg
                                                                Deutschland
                                                                              Estland
                                                   Frankreich
                     Finnland

                                                                                                                                                             Irland
                                        Lettland

                                                                                                                                                                                                               Griechenland

                                                                                                                                                                                                                              1,5
                                                                                                                                                                                                                                 2011   2011   2012    2012      2013     2013       2014   2014   2015

Quelle: Bloomberg, Macrobond, Meriten Investment Management,01/2015

                                                                                                                                                  Während der Pressekonferenz wurde Mario Draghi gefragt, was er
                                                                                                                                                  denjenigen antworten würde, die schlimmstenfalls eine Hyperinflation durch
                                                                                                                                                  die quantitative Lockerung erwarten. Diese Frage halten wir, wie der EZB-
                                                                                                                                                  Präsident, für derzeit nicht relevant. Selbstverständlich wird die EZB die
                                                                                                                                                  Inflation im Blick behalten und wäre momentan sogar froh, wenn sie höher
                                                                                                                                                  wäre. Sollte sie aber eines fernen Tages das EZB-Ziel deutlich
                                                                                                                                                  überschreiten, wäre es für die Zentralbank ein Leichtes, überschüssige
                                                                                                                                                  Liquidität abzuschöpfen und eine restriktivere Politik einzuführen.
Meriten Makro-Brief 6

Das Risiko einer Inflation von Güter- und Dienstleistungspreisen erscheint
also sehr begrenzt angesichts der globalen Unterauslastung von Kapazi-
täten, auch wenn dies langfristig neu zu bewerten sein wird. Wir sehen
Inflationsrisiken durch EZB-QE allenfalls an den Finanzmärkten, da eine
Blasenbildung bei verschiedenen Anlageklassen nicht einfach zu
diagnostizieren ist. Speziell in einer Situation, in der die Geldpolitik einen
Richtungswechsel vornehmen muss, könnten solche Blasen, so sie sich
denn bilden, dann platzen. Auch dies (der Richtungswechsel der
Geldpolitik) erscheint uns heute allerdings noch weit entfernt zu sein.

4. Wird das Programm dazu führen, dass Krisenstaaten Reformen
   und Haushaltskonsolidierung verlangsamen oder gar aussetzen?
   Antwort: Da wir nur geringe Auswirkungen auf die ohnehin schon
   niedrigen Renditen von Staatsanleihen erwarten, ändert das Programm
   wenig am bereits heute herrschenden Status Quo: Die Finanzierungs-
   bedingungen für alle EWU-Länder bleiben extrem günstig, für einige
   südeuropäische dürften sie noch etwas günstiger werden.
   Inwieweit das dazu führt, dass Anstrengungen zur Haushaltskonsoli-
   dierung zurückgeschraubt werden, wird von politischen Prozessen vor
   allem in Brüssel, aber auch in den nationalen Hauptstädten abhängen,
   nicht von geldpolitischen Aktionen der EZB.
   Mario Draghi und Angela Merkel haben am Donnerstag zeitgleich, der
   eine in Frankfurt, die andere in Davos, an die EWU-Staaten appelliert,
   in ihrem Reformeifer nicht nachzulassen. Nicht nur Defizitreduktion,
   sondern auch Wachstumsunterstützung durch angebotsseitige Refor-
   men ist unerlässlich, um die langfristige Schuldentragfähigkeit auch der
   Problemländer zu stabilisieren. Sollte dies nicht gelingen, kommt die
   EZB automatisch in ein Dilemma, wenn sie eines fernen Tages
   restriktiver werden muss und sich Anklagen ausgesetzt sieht, hochver-
   schuldete Länder durch Zinserhöhungen in Schwierigkeiten zu bringen.
   Durch strikte Befolgung bereits getroffener stabilitätspolitischer Verein-
   barungen könnte eine solche Situation vermieden werden. Allein, schon
   die Großzügigkeit, mit der die neue EU-Kommission die Haushaltspläne
   Frankreichs und Italiens trotz Zielverfehlungen genehmigt hat, lassen
   Zweifel daran aufkommen, ob dieser Geist in Brüssel noch präsent ist.

5. Frage: Schützt die Begrenzung der Risikoteilung uns (Deutsche)
   vor Ausfallrisiken?
   Antwort: Zur Diskussion über die Risikoteilung äußerte Draghi Unver-
   ständnis. In seinen Augen ist sie für QE nicht relevant, im Gegensatz
   zum OMT-Programm. Grundsätzlich werden nach seiner Darstellung
   gemäß EZB-Statuten die Risiken im Insolvenzfall geteilt. Der EZB-Rat
   kann aber im Einzelfall davon abweichen. Diesen Spielraum hat er mit
   der Begrenzung der QE-Risikoteilung auf 20% des Gesamtpakets
   genutzt, um Sorgen einiger Mitgliedsländer Rechnung zu tragen.
Meriten Makro-Brief 7

   Damit ist nach unserem Verständnis das unmittelbare Risiko aus dem
   QE-Programm für den deutschen Steuerzahler auf 20% der Gesamt-
   summe, multipliziert mit dem deutschen Anteil am Kapitalschlüssel der
   EZB von zur Zeit 18%, begrenzt, also nach vollständiger Implementie-
   rung auf 3,6% von 1,14 Billionen Euro oder insgesamt 41 Mrd. Euro.
   Dies ist eine sehr theoretische Zahl, und im Falle einer Staatsinsolvenz
   dürfte dies das kleinste Problem sein. Risiken aus anderen EZB-
   Bilanzposten, bilateralen Krediten, EFSF/ESM-Krediten (so das
   betroffene Land ein Programmland ist), einem eventuell ausgerollten
   OMT-Programm und Target2-Salden und möglicherweise notwendigen
   Stützungsmaßnahmen für private Banken und andere Unternehmen
   dürften um ein Vielfaches schwerer wiegen. Gemessen daran, stellt das
   QE-Programm ein zu vernachlässigendes Risiko dar; was die
   Gesamtsituation allerdings nicht angenehmer macht.

6. und letzte Frage: Welche Bedeutung hat EZB-QE für die
   Finanzmärkte?
   Antwort: Die Erstreaktion der Märkte hat bereits viele Erwartungen
   bestätigt: Die nunmehr sichere Aussicht auf QE hat bereits am Tag Null
   den Euro auf neue mehrjährige Tiefststände gedrückt. Wir gehen davon
   aus, dass er sich in den kommenden Monaten weiter abschwächen
   wird, vor allem gegenüber dem US-Dollar, und vor allem, solange die
   Märkte mit einer ersten Zinsanhebung der Fed noch in diesem Jahr
   rechnen. Einige Marktteilnehmer rechnen bereits mit einem Erreichen
   der Parität zum US-Dollar binnen 18 Monaten, was wir als aggressive,
   aber durchaus mögliche Prognose ansehen.
   Auch die erste Reaktion der Spreads von EWU-Peripherieanleihen und
   die positive Resonanz an Euro-Credit- und Aktienmärkten waren im
   Rahmen der Erwartungen. Wir gehen davon aus, dass sich diese
   Trends in den kommenden Monaten fortsetzen, denn der Renditedruck,
   der durch die EZB-Käufe an den direkt betroffenen Märkten (EWU-
   Staatsanleihen, Agencies, ABS und Covered Bonds) auftritt, wird sich
   auch auf andere Märkte übertragen.
   Allein die Bewegung deutscher Staatsanleihen am Tag der QE-
   Ankündigung hat überrascht. Denn wenn das EZB-Programm
   glaubwürdig ist, sollten die Inflationserwartungen sich zunächst
   stabilisieren und bald wieder in Richtung EZB-Zielwert ansteigen. Sie
   haben auch bereits eine solche Bewegung begonnen.
   Wenn aber Konjunktur- und Inflationserwartungen steigen, ist das heu-
   tige Renditeniveau mit makroökonomischen Faktoren nur unzureichend
   zu erklären. Allenfalls kann es dann durch eine Angebotsverknappung
   gerechtfertigt werden, da EZB-Käufe und Käufe anderer Zentralbanken
   zu Reservehaltungszwecken, kombiniert mit einem 2015 verringerten
   Emissionsvolumen des Bundes tatsächlich zu einem preistreibenden
   Nachfrageüberschuss bei Bundesanleihen kommen könnte.
Meriten Makro-Brief 8

Fundamental betrachtet, halten wir Bundesanleihen angesichts des sich
abzeichnenden Konjunkturaufschwungs und des sich bessernden
Ausblicks auch für die anderen EWU-Staaten für überbewertet. Solange
allerdings die EZB nach Kapitalschlüssel Anleihen kauft, und damit
auch den Bund-Markt übergewichtet, kann eine solche fundamentale
Überbewertung zweifellos bestehen bleiben.
Meriten Makro-Brief 9

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064/Q1/2015
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