MIGRATION IN ITALIEN UND SÜDTIROL - DATEN UND FAKTEN - Autonome Provinz Bozen
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Die Erstellung dieser Broschüre erfolgte mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union (EU-Projekt „Snapshots from the borders – Small towns facing the global challenges of Agenda 2030“). www.snapshotsfromtheborders.eu Impressum Autonome Provinz Bozen - Südtirol Abteilung Präsidium und Außenbeziehungen Amt für Kabinettsangelegenheiten Entwicklungszusammenarbeit Landhaus I - Silvius Magnago Platz 1 39100 Bozen Tel. +39 0471 412132 www.provincia.bz.it/entwicklungszusammenarbeit Ausgangstexte IDOS, Dossier Statistico Immigrazione 2018, Rom 2018 Fondazione ISMU, 24° Rapporto sulle migrazioni 2018, Franco Angeli 2019 Bearbeitung: Thomas Benedikter Bozen, Juni 2019 Die von Snapshots from the borders genutzte Lizenz CC BY-NC-ND 3.0 legt fest, dass die Vervielfältigung und Verbreitung nur dann erlaubt wird, wenn der Name der Autorin bzw. des Autors genannt wird, wenn die Verbreitung nicht für kommerzielle Zwecke und wenn keine Bearbeitung, Abwandlung oder Veränderung erfolgt.
3 Inhalt 1. Snapshots from the borders: ein Netzwerk von Grenzgemeinden und Grenzregionen 4 2. Die Migration: ein weltweites und unumkehrbares Phänomen 6 3. Europa und Italien: keine Invasion von Zuwanderern 10 4. Ausländische Staatsangehörige ohne Aufenthaltsgenehmigung 14 5. Merkmale, Herkunft und Verteilung der Migranten und Migrantinnen 16 6. Die Integration: eine offene Baustelle 18 7. Migranten und Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt: keine Konkurrenz mit den Inländern 21 8. Die Migration in Südtirol 24 Weiterführende Publikationen 34
4 1. Snapshots from the borders: ein Netzwerk von Grenzgemeinden und Grenzregionen für eine solidarische Asyl- und Migrationspolitik Snapshots from the borders ist ein von der EU finanziertes Projekt, das von 35 Lokal- körperschaften und Nicht-Regierungsorganisationen in 14 EU-Ländern und Bos- nien-Herzegowina getragen wird. Es geht darum, Erfahrungen und Sichtweisen in Sachen Migration der Grenzstädte und Grenzregionen sichtbar zu machen. Von der Migration besonders betroffene Grenzgebiete sollen ihre Stimme in die Schalt- zentralen der Politik bringen, selbst aber auch mehr Verständnis für Ursachen und Zusammenhänge globaler Migration entwickeln. Auch das Land Südtirol ist dabei. Zwei Anliegen stehen im Vordergrund des Snapshots-Programms: ein vertieftes Verständnis der Migration zu fördern und sich für solidarische Aufnahme und In- tegration einzusetzen. Die Grenzgemeinden, die Nicht-Regierungsorganisationen und die Bürgerschaft der Grenzgebiete können wesentlich dazu beitragen, dass schutz- oder arbeitsuchende ausländische Staatsangehörige menschenwürdig auf- genommen werden, dass sie ihre Grundrechte in Anspruch nehmen können und dass sie nach Zuerkennung eines Schutzstatus rasch in unsere Gesellschaft integ- riert werden. Die Grenzgemeinden wollen aber auch auf politischer Ebene bei der Gestaltung der Migration und Integration mitreden. Inklusion bedarf der Zusammenarbeit zwischen Migranten, Politik und Gesell- schaft. Die Steuerung der Migration, die Gestaltung der Asylpolitik, der Schutz der Außengrenzen, die Partnerschaft mit den Herkunftsländern der Migrantinnen und die Zusammenarbeit mit den Transitländern bedürfen der Gemeinsamkeit und Ab- stimmung in der EU. Snapshots from the borders setzt bei der untersten Ebene an, den Bürgern und Bürgerinnen, den Nicht-Regierungsorganisationen und den lokalen Entscheidungsträgern. Diese sollen ein dauerhaftes Netzwerk bilden, sich gegenseitig unterstützen und ihren Bedarf, ihre Vorschläge, ihre Sichtweise in die politische Debatte rund um die Migration einbringen. Bei den Ursachen ansetzen Die Migrantinnen suchen Sicherheit, einen Arbeitsplatz, einen besseren Lebensstandard.
5 Andererseits scheint Italien heute mit der Aufnahme und Integration von hundert- tausenden Migranten überfordert zu sein. Einerseits sind alle EU-Staaten verpflich- tet, jenen Menschen, die vor Krieg, religiöser und politischer Verfolgung, Naturka- tastrophen fliehen, Schutz zu bieten und Asyl zu gewähren. Andererseits haben die souveränen Staaten und Staaten-gemeinschaften das Recht behalten, darüber zu entscheiden, wie viele ausländische Staatsangehörige aus Arbeitsgründen jährlich aufgenommen werden können. Das humanitäre Völkerrecht zwingt keinen Staat, jeden Arbeitsuchenden aus dem globalen Süden aufzunehmen. Ein solches Recht ist auch im neuen UN-Migrationspakt nicht vorgesehen. EU-Mitgliedsländer müs- sen das Asylrecht respektieren und fair anwenden, können aber auch darauf be- harren, die Migration aus Arbeitsgründen zu steuern. Das Asylrecht muss in der EU möglichst gemeinschaftlich geregelt werden, um den gemeinsamen Rechtsraum und den Binnenmarkt aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus haben die EU-Mitgliedstaaten und die EU als solche auch die Auf- gabe, bei den Ursachen der Migration anzusetzen, in partnerschaftlicher Zusam- menarbeit mit anderen Industrieländern und den Entwicklungsländern. Diese lei- den unter struktureller Benachteiligung im Welthandel, unter korrupten Eliten und Diktaturen, unter unkontrolliertem Bevölkerungswachstum, Kapitalflucht, Land- raub, politischer Unfreiheit und Diktatur, internen gewaltsamen Konflikten aller Art geschürt durch Waffenhandel und unter den Folgen des Klimawandels. Und dafür sind Europa, Nordamerika, China und andere Industrieländer mitverantwortlich. Die bloße Abschottung gegen die Migration aus dem Subsahara-Raum, dem Nahen Osten und Südasien löst das Problem nicht. Es geht um einen breiteren Ansatz in der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern und vor allem mit Afrika. Südtirol will seinen Beitrag leisten Südtirol leistet im Rahmen seiner Möglichkeiten einen kleinen Beitrag zur wirt- schaftlichen Entwicklung, z.B. mit unzähligen Kleinprojekten und Partnerschaften der Entwicklungszusammenarbeit im globalen Süden. Das Land Südtirol nimmt auch in der Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien seine Verantwortung wahr, indem 0,9% der Asylbewerberinnen in Italien in Einrichtungen des Landes aufgenommen und versorgt werden. Snapshots from the borders soll dazu beitragen, in der Bevölkerung und bei den Entscheidungsträ- gern und Entscheidungsträgerinnen in den Gemeinden und Lokalkörperschaften für mehr Verständnis zu sorgen. Im Rahmen dieses Netzwerks von Grenzgebieten, koordiniert durch die Gemeinde Lampedusa, will sich das Land Südtirol ins Enga- gement für die Bekämpfung von Fluchtursachen einbringen. Die vorliegende Bro- schüre soll anhand von Daten und Fakten die realen Sachverhalte bei der Migration
6 nach Italien kurz darstellen. Ausführlichere Informationen und Studie finden sich auf www.snapshotsfromtheborders.eu Im IDOS-Dossier zur Einwanderung 2018 (IDOS, Dossier Statistico Immigrazione 2018) und im Bericht zur Einwanderung 2018 der Stiftung ISMU werden aktuelle Daten und Fakten mit vertiefenden Analysen ausführlich dargestellt. Diese Publika- tion liefert Jahr für Jahr einen wichtigen Beitrag für eine sachlich fundierte Informa- tionsgrundlage zur internationalen Migration, zur Aufnahmepolitik und Integration in Italien. Die vorliegende Broschüre bringt einige wichtige Informationen daraus in Kurzfassung mit einigen Ergänzungen zur Entwicklung der Migration in Südtirol. 2. Die Migration: ein weltweites und unumkehrbares Phänomen Laut Angaben der Vereinten Nationen sind weltweit 3,4% der Gesamtbevölkerung MigrantInnen, d.h. Menschen, die in einem anderen Land leben als in jenem, in dem sie geboren wurden. Grafik 1 7,6 Milliarden Weltbevölkerung Migration 258 Millionen weltweit 3,4 % 81,6 % Migranten Globalen Süden von denen 230 Quelle: Wirtschafts- oder IDOS Dossier Arbeitsmigranten Statistico und deren Immigrazione Familien 2018 Auf eine Weltbevölkerung von 7,7 Milliarden (2018) sind das immerhin 258 Millio- nen Menschen. Seit 2015 (244 Millionen) ist die Zahl der MigrantInnen um weitere 14 Millionen gestiegen und wird weiterhin zunehmen. Wenn laut Schätzungen der Vereinten Nationen die Weltbevölkerung im Jahr 2050 auf 9,8 Milliarden gewachsen sein wird (im Durchschnitt 70 Millionen mehr pro Jahr), wird die Gesamtzahl der MigrantInnen weltweit 469 Millionen erreichen, also 211 Millionen mehr als 2018.
7 Die Bevölkerung in Afrika wird sich von 1,2 Milliarden auf 2 bis 2,5 Milliarden ver- doppelt haben und damit das bereits hohe Migrationspotenzial weiter ansteigen. Von den genannten 258 Millionen MigrantInnen kommen 81,6% aus dem globalen Süden der Erde und die große Mehrheit, nämlich rund 230 Millionen, sind soge- nannte Erwerbs- oder Arbeitsmigranten und deren Familien. Die ungleiche Ver- teilung von Gütern und Reichtum auf globaler Ebene bleibt einer der Hauptgründe für die globale Migration. Derzeit (2018) befindet sich gut 43% des gesamten Reich- tums der Erde, nämlich 128 Billionen US-Dollar (globales Bruttoinlandsprodukt zu Kaufkraftparitäten) in den Händen von nur 17% der Weltbevölkerung (1,2 Milliar- den Menschen im globalen Norden). Die restlichen 57% der Ressourcen teilen sich die übrigen 6,3 Milliarden Menschen, die im globalen Süden leben. Diese Ungleich- heit nimmt weiter zu und wird immer ausgeprägter, vor allem mit Blick auf das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen: liegt das BIP pro Kopf in Nordamerika bei 58.000 US-Dollar und in Europa bei 41.000 US-Dollar, so werden in Afrika nur 5.000 US-Dollar pro Kopf und Jahr erwirtschaftet. In Nordamerika verdient man somit pro Kopf 12 Mal und in Europa 8 Mal so viel wie in Afrika. Die globale Einkommensschere spreizt sich zwischen den 128.000 US-Dollar Ka- tars, das Land mit dem weltweit höchsten BIP pro Kopf und den 276 US-Dollar der Zentralafrikanischen Republik, dem Land mit dem absolut niedrigsten BIP pro Kopf. Bei der Arbeitsmigration liegen Länder wie Indien (16,6 Millionen), Mexiko (13 Millionen), Russland (10,6 Millionen), China (10 Millionen) und Bangladesch (7,5 Millionen) als Herkunftsländer vorne. Migration wird allerdings nicht nur durch wirtschaftliche Gründe ausgelöst. Ende 2017 war die Zahl der „Zwangsmigranten“, also der Flüchtlinge, auf 68 Millionen gestiegen, immerhin 2,4 Millionen mehr als Ende 2016. Grafik 2 3,1 Asylbewerber Flüchtlinge weltweit 5,4 Vertriebene 68,5 19,9 besonderer Flüchtlinge Gebiete und palästinensische 42,7 Flüchtlinge, die 33,9 von UNRWA betreut werden 39,1 Binnen- 1997 2007 2017 flüchtlinge Quelle: IDOS Dossier „Zwangsmigranten“ weltweit Statistico Immigrazione (Millionen) 2018
8 Im Vergleich zu 1997 (33,9 Millionen) hat sich die Zahl der Flüchtlinge verdoppelt. Die große Mehrheit dieser Flüchtlinge, nämlich mehr als 40 Millionen, sind Bin- nenflüchtlinge, denn sie verbleiben im eigenen Land, während 23 Millionen in an- dere Länder auswandern und Asyl oder einen anderen Schutzstatus anstreben. Die restlichen 5 Millionen sind Vertriebene besonderer Gebiete und palästinensische Flüchtlinge, die von einer besonderen Agentur der UNO (UN-Hilfswerk für Palästina - UNRWA) betreut werden. In den vergangenen 20 Jahren hat die Zahl der Binnenflüchtlinge mehr als doppelt so stark zugenommen als die Zahl der Personen, die ins Ausland geflohen sind. Offensichtlich ziehen es jene Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, vor, in ihrem Heimatland oder in einem Nachbarland Schutz zu suchen. Bei den Flücht- lingen hingegen, die im Ausland Schutz suchen, stammt einer von dreien aus Sy- rien (6,3 Millionen anerkannte Flüchtlinge außerhalb der Grenzen, davon 150.000 AsylbewerberInnen und zusätzlich 6,2 Millionen Binnenvertriebene) gefolgt von Afghanistan und Südsudan (jeweils 2,5 Millionen Flüchtlinge im Ausland) sowie Myanmar und Somalia (jeweils 1 Million im Ausland). Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung werden 85% der Flüchtlinge von Ent- wicklungsländern aufgenommen. Zum vierten Mal in Folge ist die Türkei vor allem aufgrund des Kriegs in Syrien jenes Land, das am meisten Flüchtlinge aufgenom- men hat (3,5 Millionen und weitere 300.000 Asylbewerber), gefolgt von Uganda mit 1,35 Millionen (eine Million aus dem Südsudan und 200.000 aus der Demokra- tischen Republik Kongo), dem Libanon mit einer Million Flüchtlinge, welche mehr- heitlich aus Syrien stammen, und dem Iran mit 980.000 Flüchtlingen vor allem aus Afghanistan. Grafik 3 Flüchtlinge: die Haupt- aufnahme- länder Aufnahme- Herkunfts- länder • länder • Türkei 3,5 Syrien 6,3 Pakistan 1,4 Afghanistan 2,6 Quelle: IDOS Uganda 1,3 Süd-Sudan 2,4 Dossier Statistico Libanon 1,0 Myanmar 1,1 Immigrazione Iran 1,0 Somalia 0,9 (Millionen Flüchtlinge) 2018
9 Wenn wir den Anteil der Flüchtlinge an der Gesamtbevölkerung der Aufnahme- länder betrachten, steht der Libanon ganz klar an der Spitze: einer von sechs Be- wohnerInnen dieses Landes ist ein Flüchtling, gefolgt von Jordanien (einer von 14 BewohnerInnen ist ein Flüchtling). Wenn wir in diesen beiden Ländern auch die Vertriebenen aus Palästina einbeziehen (unter dem Mandat der UNRWA) liegt das Verhältnis im Libanon bei eins zu drei (Libanon) und eins zu vier in Jordanien, in der Türkei kommt ein Flüchtling auf 23 BewohnerInnen. Grafik 4 (Prozentueller Anteil gegenüber der Gesamtbevölkerung und absolute Zahlen) Flüchtlinge und Asylbewerber: Deutschland 1,7 % 1.399.544 Italien im Frankreich 0,6 % 400.228 EU-Vergleich Italien 0,6 % 353.845 Schweden 2,9 % 292.479 Österreich 1,9 % 171.466 60,7 % Entscheidungen ersten Grades von denen 40,6 % 128.850 positiv gestellte Ansuchen ausfallen Quelle: IDOS Dossier Italien Statistico Immigrazione 2018 „Lasst uns den Flüchtlingen in ihrem Land helfen!“ hört man oft von jenen, die das Einwanderungsproblem einfach durch Abschottung der Grenzen lösen möchten und anscheinend mehr Mittel für die internationale Zusammenarbeit bereitstel- len würden. Doch angesichts der globalen Dimension des Phänomens und seiner strukturellen und multidimensionalen Ursachen würde dies kurz- und mittelfristig keine wesentlichen Fortschritte bei der Beschränkung der Zuwanderung bringen. Eine vernünftige Migrationspolitik würde konsequentere Maßnahmen zur Steue- rung der Migrationsbewegungen und zur Integration der Migranten und Migran- tinnen in den Aufnahmeländern erfordern. Diese Maßnahmen sollten auf inter- nationaler Ebene abgestimmt werden, was aufgrund der globalen Dimension der Migration absolut sinnvoll und geboten erscheint.
10 3. Europa und Italien: keine Invasion von Zuwanderern Aus dem letzten Bericht des Europäischen Parlaments (Berichterstatter Jo Cox) zu Ausländerfeindlichkeit und Rassismus geht hervor, dass Italien den höchsten Grad an Desinformation in Sachen Einwanderung im globalen Vergleich aufweist. Somit kann es nicht überraschen, dass laut einer Studie des Cattaneo-Instituts von 2018 in Italien unter allen Staaten der EU die größte Abweichung von Realität und Wahrnehmung der Zahl der im Land lebenden ausländischen Migranten und Migrantinnen festge- stellt wird. Die Italiener glauben im Schnitt, dass mindestens doppelt so viele Per- sonen ohne italienische Staatsbürgerschaft im Land leben als dies tatsächlich tun. 1 Im Gegenteil: laut den jüngsten EUROSTAT-Daten (Januar 2017) leben in der EU- 28 38,6 Millionen ausländische Staatsangehörige, von welchen 21,6 Millionen Nicht-EU-BürgerInnen sind. Dies entspricht 7,5% der Gesamtbevölkerung der EU. Grafik 5 EU-28 Italien 38,6 Millionen BürgerInnen Ausländeranteil: Italien im europäischen Vergleich (7,5% der Bevölkerung) (8,5% der Bevölkerung) 9,2 5,1 Millionen 6,1 Millionen Millionen 4,6 4,4 Millionen Millionen Quelle: IDOS Dossier Deutschland Vereinigtes Italien Frankreich Spanien Statistico Immigrazione Königreich 2018 Italien ist weder das EU-Land mit der höchsten Zahl an Ausländern noch jenes, das am meisten Flüchtlinge und Asylbewerber aufgenommen hat. Mit 5.144.000 an- sässigen ausländischen Staatsangehörigen (ISTAT 31.12.2017) liegt es nach Deutsch- land (9,2 Millionen) und dem Vereinigten Königreich (6,1 Millionen) an dritter Stel- le vor Frankreich (4,6 Millionen) und Spanien (4,4 Millionen). Der Ausländeranteil auf die Gesamtbevölkerung Italiens liegt mit 8,5% niedriger als jener Deutschlands (11,2%), des Vereinigten Königreichs (9,2%) und einer Reihe kleinerer EU-Länder 1 IDOS (2018), Dossier Statistico Immigrazione 2018, Rom. Das „Statistische Jahrbuch zur Einwanderung“ wird vom Forschungszentrum IDOS im Auftrag der staatlichen Antidiskriminierungsstelle UNAR (Ufficio Nazionale Antidiscriminazioni razziali) jährlich herausgegeben und erschien im Oktober 2018 zum 28. Mal.
11 wie Zypern (16,4%), Österreich (15,2%), Belgien (11,9%) und Irland (11,9%). Den ab- solut höchsten Ausländeranteil weist Luxemburg auf, dessen ansässige Bevölke- rung zu 47,6% aus Ausländern besteht. Die Zahl der Einwanderer, die im Laufe von 2016 in die EU zugewandert sind, be- trägt laut EUROSTAT 4,3 Millionen, also 8% weniger als 2015. Im selben Jahr sind rund 3 Millionen Menschen aus der EU ausgewandert. Trotz der Zunahme der Migration im Weltmaßstab wurde in der EU 2017 ein dramatischer Rückgang der Zahlen der irregulären Grenzübertritte (neun Mal weniger als 2016) und der Asyl- anträge (43,5% weniger als 2016) festgestellt. Wie von der Europäischen Agentur für Grundrechte 2018 hervorgehoben, kommt im- mer noch eine beträchtliche Zahl von Menschen in die EU, die potenziell humanitä- ren Schutz beanspruchen können. 2017 wurden von Menschenrechtsorganisationen zahlreiche Übergriffe der Grenzpolizei gegen Migranten und Migrantinnen dokumen- tiert. Für die Balkanroute hat ein Netzwerk von NROs eine Website für das Monito- ring solcher Übergriffe eingerichtet (www.borderviolence.eu). Amnesty International hat über solche Fälle in Ceuta und Melilla (spanische Exklaven in Marokko) berichtet. Die NRO Ärzte ohne Grenzen hat dank der in ihren Kliniken in Serbien gesammelten Zeugenaussagen die Gewalt der Polizei und der Grenzschützer in Bulgarien, Kroatien und Ungarn aufgezeigt. Zahlreiche weitere Fälle sind aktenkundig geworden. Im Unterschied zur weit verbreiteten Annahme, dass Italien von Ausländern bela- gert und „geflutet“ würde, liegt ihre Zahl seit 2013 bei ziemlich stabilen 5 Millionen (IDOS). Rechnet man die irregulären Zuwanderer und die Schutzsuchenden mit laufendem Verfahren dazu sind es laut ISMU allerdings etwas mehr als 6 Millionen (vgl. Kap. 4). Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung (2013 bei 8%) steigt jährlich um wenige Zehntel-Prozentpunkte. Dieser Anstieg ist vor allem auf den Rückgang der Zahl italienischer Staatsangehöriger zurückzuführen, die im Schnitt immer älter werden. 25% der Bevölkerung Italiens sind älter als 65 Jahre, während nur 5% der ausländischen Staatsangehörigen älter als 65 sind. Staatsbürgerinnen weisen auch eine deutlich geringere Geburtenrate (1,27 Kinder pro Frau) auf, ver- glichen mit der Geburtenrate der Ausländerinnen (1,97 Kinder pro Frau). Darüber hinaus wandern auch immer mehr Italiener und Italienerinnen ins Ausland aus, nämlich 117.000 allein im Jahr 2017. Diese Zahl ist allerdings unterschätzt, weil vie- le dieser EmigrantInnen ihren Umzug ins Ausland gar nicht melden, weil dies in Italien nicht verpflichtend ist. Wenn man zur Zahl der ansässigen AusländerInnen die Zahl der nicht in den Meldeämtern registrierten AusländerInnen dazurechnet, kommt das IDOS auf eine Zahl von 5,33 Mio. in Italien lebenden AusländerInnen zum Jahresende 2017. Das ist eine um 26.000 Personen geringere Zahl als noch Ende 2016.
12 Laut Angaben des italienischen Innenministeriums und des ISTAT lebten in Italien Ende 2017 3,7 Millionen Nicht-EU-BürgerInnen, deren Zahl in den Jahren 2013-2017 im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Dies ist auch auf den starken Rückgang von Bootsflüchtlingen an Italiens Küsten zurückzuführen. Die Zahl ging im Jahr 2017 auf 119.000 zurück (62.000 weniger als 2016). Dieser Rückgang ist 2018 noch deutlicher geworden. Der große Zustrom von Flüchtlingen, die Italien über die zentrale Route durch die Sahara und über das Mittelmeer erreicht haben, hat mit 2017 aufgehört. Damit haben in den vier Jahren 2014-2017 insgesamt 625.000 Flüchtlinge Italien er- reicht. Laut Daten des UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration IOM sind 2017 insgesamt 172.000 Flüchtlinge über das Meer in Europa angekommen, davon etwa 64% in Italien. In den ersten 9 Monaten des Jahres 2018 lag die Zahl der Ankünfte in Spanien (34.000) und in Griechenland (22.000) höher als jene in Italien (21.000). Die Gesamtzahl der Ankünfte in Italien ist 2018 im Vergleich mit demselben Zeitraum des Jahres 2017 um 80% zurückgegangen. Grafik 6 Fluss Präsenz Unbegleitete 4.677 Minderjährige 25.846 untergetaucht 2016-2018 in Italien 15.779 13.151 aufgenommen 2.896 Quelle: IDOS Dossier 2016 2017 2018 (Juni 2018) Statistico Immigrazione (Jan.-Juli) 2018 Die fast vollständige Schließung der zentralen Mittelmeerroute hat auch zu einem drastischen Rückgang der Zahl der nicht begleiteten Jugendlichen geführt, die aus dem Meer gerettet und nach Italien gebracht worden sind. Waren es 2016 noch 25.800, sind 2017 nur mehr 15.800 Minderjährige registriert worden. In den ersten sieben Monaten von 2018 waren es nur mehr 2.900. Im Juni 2018 lebten 13.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Italien, um 26% weniger als im Vorjahr. Diese Minderjährigen sind zum Großteil 16 oder 17 Jahre alt (93%) und männlichen Geschlechts (84%). Sie stammen vorwiegend aus Albanien, Ägypten, Guinea, El- fenbeinküste und Eritrea. Viele der meistens aus Nigeria stammenden Mädchen werden von Schleppern zur Prostitution gezwungen. Ende 2017 waren 4.700 dieser 13.000 unbegleiteten Jugendlichen nicht mehr auffindbar. Vor allem Somalier, Eri- treer und Afghanen, die von Italien aus versuchten, Deutschland, Schweden oder England zu erreichen, wo sie entweder Verwandte haben oder bessere Arbeits- chancen locken (Daten des Arbeits- und Sozialministeriums). Die Schließung der Mittelmeerroute ist das Ergebnis der neuen, 2017 getroffenen Vereinbarungen zwischen Libyen und Italien. Dies hat dazu geführt, dass die libysche
13 Küstenwache immer mehr Flüchtlingsboote vor der Küste abfängt. Die Geflüchteten werden in Auffanglager nach Libyen zurückgebracht, wo sie wiederum Gewalt und Folter ausgesetzt sind. Es ist auch erwiesen, dass sie von Schleppern weiterverkauft und als Sklaven missbraucht werden. Libyen wird zu diesem Zweck mit Küstenwach- booten, Ausrüstung und finanziellen Mitteln unterstützt. Grafik 7 152.125 • Ankünfte Opfer unter • Todesopfer 82.969 den Migranten 2.843 1.842 bei Überquerung des Mittelmeers 2017 2018 2017 2018 Januar-September 2018 23.782 21.796 37.391 1.260 118 Quelle: IDOS Dossier 364 Statistico Immigrazione 2018 Der drastische Rückgang der Ankünfte in Italien, Spanien, Griechenland und Zy- pern hat zwar zu einem Rückgang der absoluten Zahl der Todesopfer bei der Über- querung des Mittelmeers, aber auch zu einem Anstieg der Todesrate geführt (To- desopfer bezogen auf Gesamtzahl der Flüchtlinge). Laut IOM sind von Januar bis September 2018 1.728 Menschen bei diesem Versuch im Mittelmeer ertrunken, al- lein zwischen Libyen und Italien betrug die Zahl 1.260. Zu einer steigenden Todes- rate kommt es zum Teil aufgrund der verringerten Einsätze zur Suche und Rettung von Flüchtlingen in Seenot, weil Italiens Regierung den Einsatz der Schiffe von Hilfsorganisationen zurückgedrängt hat. Diese hatten in den vergangenen Jahren rund 35% aller Rettungseinsätze geleistet. Laut Angaben des IOM sind auf eine Gesamtzahl von 40.000 Migranten, die weltweit seit 2000 auf See umgekommen sind, allein auf der Route Libyen-Italien 22.400 Menschen gestorben. Diese Daten zeigen auf, wie dringlich humanitäre Korridore eingerichtet werden sollten. Dieses Projekt ist in Italien von der Comunità di Sant’Egidio zusammen mit der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen Italiens und der Waldenser Kirche lanciert worden. Im Rahmen von Übereinkünften mit dem Außen- und Innenminis- terium sind bis Juli 2018 1.249 Asylbewerber verschiedener Nationalitäten (Men- schen aus Syrien, Palästina, Irak, Jemen) vom Libanon nach Italien gekommen. Bis Juni 2017 konnten 70% dieser Flüchtlinge einen Schutzstatus erhalten und kein ein- ziger Antrag ist abgelehnt worden. Die italienische Bischofskonferenz hat sodann in Zusammenarbeit mit der Comunità Sant’Egidio und den genannten Ministerien einen weiteren humanitären Korridor nach Äthiopien geschaffen. Bis Juni 2018 sind
14 327 von erwarteten 500 Flüchtlingen von diesen kirchlichen Organisationen nach Italien gebracht worden. Dieses Beispiel Italiens ist in der Zwischenzeit auch von Frankreich und von Belgien übernommen worden. Laut Daten des UNHCR gibt es derzeit in Italien 354.000 Asylbewerber. Diese Zahl schließt jene Personen, die keinen Asylstatus erhalten haben und deren formales Anerkennungsverfahren noch läuft, sowie jene, die einen internationalen oder humanitären Schutzstatus erhalten haben, mit ein. Dies entspricht 0,6% der Ge- samtbevölkerung. Damit liegt Italien nach Deutschland (1,4 Millionen Asylanten, davon mit Schutzstatus eine Million) und nach Frankreich (400.000) auf Rang 3 in Europa. Der Anteil an Asylbewerbern an der Bevölkerung in Italien liegt auf dem- selben Niveau wie jener Frankreichs und der Niederlande, jedoch liegt unter jenem in Schweden (2,9%), in Österreich und Malta (1,9%), Deutschland und Zypern (1,7%) und Griechenland (0,8%). Alle neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländer haben mit Ausnahme von Bulgarien (0,3%) nicht mehr als 0,1% an Asylbewerberanteil an der Gesamtbevölkerung. Ausländische Staatsangehörige 4. ohne Aufenthaltsgenehmigung Am 1.1.2018 lebten laut ISMU (Iniziative e Studi sulla Multietnicità, www.ismu.org)2 6.108.000 Ausländer und Ausländerinnen in Italien. Dies entspricht bei einer Gesamt- bevölkerung von 60.484.000 einer Ausländerquote von knapp 10,1%. 2017 ist vor al- lem die Zahl der irregulär im Land lebenden Personen angestiegen, die vom ISMU auf 533.000 angesetzt wird. Die Zahl der ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in Italien lebenden Ausländer steigt seit 2013 an, als die Legalisierung irregulärer Positionen durch die Regierung Monti auslief. Grund dafür waren die hohen Ankunftszahlen von Schutzsuchenden 2014 bis 2017, wobei viele Migranten und Migrantinnen auf den Antrag auf Gewährung eines Schutzstatus verzichteten oder ein solcher Antrag von den Behörden abgelehnt wurde. 2017 sind über 80.000 Asylanträge geprüft worden, rund 60% davon wurden abgelehnt. Deshalb erhielten 2017 47.839 Migranten keinen Schutzstatus. Vor allem der subsidiäre Schutzstatus wird immer seltener zuerkannt und der humanitäre Schutz ist 2018 gänzlich abgeschafft worden. 2 Quelle der Angaben in diesem Abschnitt: Fondazione ISMU, 24° Rapporto sulle migrazioni 2018, Franco Angeli 2019; http://www.ismu.org/ventriquattresimo-rapporto-sulle-migrazioni-2018/
15 Dennoch blieb die Zahl der Ausgewiesenen 2017 mit 36.000 relativ gering, wovon lediglich 7.045 Italien tatsächlich verlassen haben. Damit befindet sich Italien im EU-Vergleich im Mittelfeld (Deutschland 97.000, Frankreich 85.000, Vereinigtes Königreich 55.000, Griechenland 46.000 Ausweisungen). Bei den Männern wer- den vor allem Marokkaner (28% der insgesamt Ausgewiesenen), Tunesier (20%), Albaner (6%) und Algerier (6%) ausgewiesen. Bei den Frauen sind es Nigerianerin- nen (26%), Chinesinnen (10%) und Ukrainerinnen (9%). Tatsächlich durchgeführt wurden nur 7.045 Rückführungen (Abschiebungen), davon 4.935 zwangsweise. Während in Italien der Anteil der durchgeführten Abschiebungen bei 19,4% auf die Gesamtzahl der Ausgewiesenen liegt, lag er in Deutschland bei 48,6% und im Vereinigten Königreich bei 71%. Daneben gibt es in Italien auch die sog. „Begleitete freiwillige Rückkehr“ (rientro volontario assistito) ins Herkunftsland, die 2016 von nur mehr 136 Migranten genutzt worden ist, auch weil die öffentliche Finanzierung dafür auslief. 84,2% der in Italien lebenden ausländischen Staatsangehörigen (5.144.000 Perso- nen, d.h. die vom IDOS erfasste Zahl, ansässige ausländische Wohnbevölkerung) sind bei den Meldeämtern als ansässig registriert. 7,1% der AusländerInnen verfü- gen zwar über eine Aufenthaltsgenehmigung, aber warten noch auf die Eintragung oder sind noch nicht gemeldet. 8,7% (533.000 Personen) verfügen über keine legale Aufenthaltsbescheinigung und sind auch nicht gemeldet. Der Gesamtanstieg von 2,5% gegenüber 2017 erscheint bescheiden, allerdings müssen die Einbürgerungen berücksichtigt werden (2016: 202.000; 2017: 147.000). Das ISMU schätzt, dass im Dreijahreszeitraum 2018-2020 rund 500.000 AusländerInnen eingebürgert werden und in den kommenden 10 Jahren zwischen 1,6 und 1,9 Millionen. Laut ISMU ist in der Zuwanderung nach Italien ein starker Anstieg der Migration aus Arbeitsgründen zu verzeichnen. Von 2014 bis 2017 hat nämlich die Zahl der Schutzsuchenden aus dem Nahen Osten immer mehr abgenommen, während die Zahl der MigrantInnen aus dem Subsahara-Raum stark zugenommen hat. Stellten 2014 syrische Flüchtlinge noch ein Viertel der Ankünfte, sind sie 2018 kaum mehr unter den Neuankömmlingen zu finden. Die Zahl aller Ankünfte aus Nigeria ist von 5% (2014) auf 21% (2016) stark angestiegen, 2017 waren es noch 15%. Auch aus Ban- gladesch kommt immer noch eine beträchtliche Zahl irregulärer Migranten und Migrantinnen und aus dem Subsahara-Raum ist ein immer höherer Migrations- druck zu verzeichnen: Guinea +63%, Mali +30%, Nigeria +20, Elfenbeinküste +16%, Somalia +12% im Laufe 2017.
16 5. Merkmale, Herkunft und Verteilung der Migranten und Migrantinnen Während bei den in Italien ansässigen ausländischen Personen insgesamt die Frau- en überwiegen (51,7%), sind es bei den in Italien ansässigen Nicht-EU-Bürgern nur 48,3%. Doch unterscheidet sich der Frauenanteil beträchtlich je nach Herkunfts- land. Die Einwanderer in Italien stammen aus nahezu 200 verschiedenen Ländern. 2,6 Millionen sind europäische Staatsangehörige, wovon wiederum 1,6 Millionen (30%) aus einem anderen EU-Mitgliedsland stammen. Eine Million (20%) kommt aus Afrika und fast eine Million aus Asien. Dann gibt es rund 370.000 Einwanderer aus Amerika (7,2%, allein aus Lateinamerika 6,7%). Menschen aus Rumänien bilden die zahlenmäßig weitaus größte Gemeinschaft (1.190.000 Personen, 23,1% aller ansässigen Ausländer), gefolgt von AlbanerInnen (440.000; 8,6%), MarokkanerInnen (417.000, 8,1%), ChinesInnen (291.000; 5,1%) und UkrainerInnen (237.000, 4,6%). Aus diesen fünf Herkunftsländern stammt al- lein schon die Hälfte (50,1%) aller in Italien ansässigen ausländischen Personen. Unter den zehn größten Gemeinschaften befinden sich noch Menschen von den Philippinen, aus Indien, Bangladesch, Moldawien und Ägypten. Grafik 8 22,9% 9,7% Lombardei Venetien Ausländeranteil 8,4% 10,6% nach Region 2017 Piemont Emilia Romagna 13,54% Lazio • Rom 10,8% • Mailand 8,9% Quelle: IDOS Dossier • Turin 4,3% Statistico Immigrazione 2018 In Nord- und Mittelitalien leben 83,1% aller in Italien ansässigen ausländischen Staats- angehörigen, die Mehrheit davon im Nordwesten (33,6%). In der Lombardei leben mit 1.154.000 AusländerInnen 22,9% aller in Italien ansässigen AusländerInnen, gefolgt von Latium (679.000, 13,5%), Emilia-Romagna (536.000, 10,6%; dies ist die Region mit dem höchsten Ausländeranteil, nämlich 12% auf die Bevölkerung der Region), Venetien (487.000; 9,7%), Piemont (424.000; 8,4%). 10,8% der in Italien ansässigen AusländerIn- nen leben allein schon in Rom, 8,9% (459.000) in Mailand und 4,3% in Turin (220.000).
17 Die Zahl der Kinder von ausländischen Eltern nimmt seit 2013 ständig ab. 2012 wa- ren es noch 82.000 Kinder, 2017 nur mehr 68.000 Kinder. Zudem sinkt auch die Geburtenrate bei der inländischen Bevölkerung, weshalb der Anteil der Geburten der ausländischen Bevölkerung mit 14,8% (2017) an der Gesamtzahl der Geburten ziemlich konstant bleibt. Somit hat sich die Geburtenrate der Einwanderer schritt- weise an jene der inländischen Bevölkerung angepasst. Die Fertilitätsrate liegt bei den Ausländerinnen (Geburtenzahl pro Frau im fruchtbaren Alter) zwar höher als bei den Italienerinnen, doch ist sie bereits unter die Reproduktionsrate von 2,1 Kin- der pro Frau gesunken. Die Reproduktionsrate ist jene Rate, die den zahlenmä- ßigen Bestand der Bevölkerung (ohne Wanderungen) konstant hält. Aus diesem Grund wird der Gesamtbeitrag der Ausländerinnen zur allgemeinen Fertilitätsrate in Italien in nächster Zeit abnehmen. Dies wiederum hat Auswirkungen auf den Generationenwechsel, auf den Sozialstaat und auf die Produktivität. Ein zweiter wichtiger Aspekt besteht darin, dass in den letzten Jahren immer mehr Menschen, italienische wie auch nicht italienische StaatsbürgerInnen, Italien ver- lassen haben und ins Ausland abgewandert sind. 2017 waren dies laut offiziellen Daten 41.000 Personen ohne Migrationshintergrund und 32.000 italienische Staatsbürger mit Migrationshintergrund (also eingebürgerte AusländerInnen, welche die italienische Staatsbürgerschaft nach der Einwanderung erworben ha- ben). 2016 waren dies noch 27.000 Personen. Die Meldeamtsdaten unterschätzen diesen Personenkreis, weil nicht alle Betroffenen ihren Umzug ins Ausland mittei- len. Während italienische StaatsbürgerInnen mit asiatischen Wurzeln meistens in ein anderes EU-Land abwandern, kehren lateinamerikanische Zuwanderer eher in ihr Heimatland zurück. Diese beiden Umstände zeigen jedenfalls auf, dass Italien immer weniger ein Land junger Leute ist, weder bezüglich der Staatsangehörigen noch der zugewanderten Personen. Grafik 9 33.658 Lombardei 23.657 +4% Auswanderung Venetien Norditalien aus Italien 2017 18.520 21.320 Piemont Emilia Romagna 128.193 Neueinschreibungen ins AIRE-Register zur +1% Auswanderung 2017 Süditalien • Genua 15.375 • Rom 11.663 • Mailand 10.162 22.086 Quelle: IDOS Dossier Sizilien Statistico Immigrazione • Turin 7.110 2018
18 6. Die Integration: eine offene Baustelle In 45 Jahren Einwanderung nach Italien sind die Migranten und Migrantinnen im- mer mehr zu einem strukturellen Teil der italienischen Gesellschaft geworden. 1,5 Millionen AusländerInnen haben die italienische Staatsbürgerschaft erworben, allein 2017 147.000 (-27,3% im Vergleich zu 2016, als 201.000 Einbürgerungen). Ge- mäß Schätzungen des IDOS machen die 1,3 Millionen in Italien geborenen Aus- länderInnen fast ein Viertel der insgesamt im Inland ansässigen 5,3 Millionen aus- ländischen Staatsangehörigen aus. Dies ist die sog. zweite Generation. 503.000 Personen dieser Gruppe besuchen italienische Schulen und stellen rund zwei Drittel der 826.000 ausländischen SchülerInnen und fast ein Zehntel (9,4%) aller SchülerInnen Italiens, während die Übrigen im Ausland geboren sind (Daten des Unterrichtsministeriums für das Schuljahr 2016/2017). Grafik 10 146.605 1,5 Millionen (am 31.Dezember 2017) Die Entwicklung davon 2017 der Einbürgerungen 2010-2017 -27,3% Quelle: IDOS Dossier Statistico Immigrazione 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Viele dieser Jugendlichen aus der zweiten Generation hätten bereits die italieni- sche Staatsbürgerschaft erhalten können, hätte das italienische Parlament im Sep- tember 2017 die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts verabschiedet. Diese Re- form stützte sich auf das „ius culturae“, das oft zu Unrecht mit „ius soli“ bezeichnet worden ist und sicher nicht auf jene MigrantInnen abzielte, die soeben an Italiens Küsten gelandet waren, wie viele glaubten. Während das „ius soli“ vom Geburtsort des Antragstellers auf Einbürgerung ausgeht, nimmt das „ius culturae“ auf die Zahl der im Inland absolvierten Schuljahre und den Grad der Integration Bezug. Zwei Drittel der in Italien regulär ansässigen Nicht-EU-BürgerInnen (2.390.000) verfügen über eine Langzeit-Aufenthaltsgenehmigung, weil sie entweder min- destens fünf Jahre ununterbrochen im Inland ansässig waren, oder weil sie enge
19 Verwandte eines schon im Inland ansässigen EU-Bürgers sind. Damit zeigt dieser Bevölkerungsanteil eine bemerkenswerte Stabilität und Verwurzelung. Die übri- gen 1.325.000 Nicht-EU-Staatsangehörigen verfügen über eine befristete Aufent- haltsgenehmigung (35,7%) und somit über einen weniger sicheren Status. 39,3% der Nicht-EU-BürgerInnen erhielten diese Aufenthaltsgenehmigung aus familiären Gründen und 35,2% aus Arbeitsgründen. Trotz der unübersehbaren Zeichen von Verwurzelung gibt es weiterhin Probleme bei der Integration. So waren Ende 2017 187.000 der insgesamt 239.000 Auslän- derInnen mit Asyl- oder internationalen und humanitärem Schutzstatus (6% aller in Italien ansässigen Nicht-EU-Bürger) im staatlichen Aufnahmesystem unterge- bracht. 81% der Personen (Dezember 2017) wohnten trotz zahlreicher Missstände und Mängel in den Aufnahmezentren CAS (Centro di accoglienza straordinario). Nur 13,2% der AsylbewerberInnen und der MigrantInnen mit internationalem Schutz sind in den SPRAR (sistema di protezione richiedenti asilo e rifugiati, jetzt SIPROIMI) untergebracht. Diese werden oft als eine gelungene Praxis in Italien be- zeichnet, dennoch will die amtierende Regierung gerade diese Art der Unterkunft auf Asylbewerber mit anerkanntem Schutzstatus beschränken. Die restlichen Flüchtlinge leben in Erstaufnahmezentren (5,7%) oder in Hotspots (0,2%). Grafik 11 35,7% Aufenthalts- 64,3% Befristete genehmigungen Langfristige Aufenthalts- der Nicht-EU- Aufenthalts- erlaubnis BürgerInnen erlaubnis in Italien 74,5% Arbeit und Familie Art des Schutzstatus in Prozent Internationaler 18,1% 32,7 Schutzstatus Schutz Humanitärer 23,0 Schutz 7,4% Quelle: IDOS Dossier Asylantrag 44,3 andere Statistico Immigrazione Gründe 2018 Im Jahr 2017 sind folgende Gruppen in den SPRAR-Einrichtungen aufgenommen worden: • Menschen mit internationalem Schutzstatus (36,1%), • Menschen mit nationalem Schutz (36%), • Menschen mit subsidiärem Schutzstatus (14%), • Menschen, die als Flüchtlinge anerkannt worden sind (12%), • Jugendliche, die eine Aufenthaltsberechtigung als Minderjährige erhalten haben (1,9%).
20 73% dieser Personen erreichten Italien übers Meer, 13% über den Landweg und 7% per Flug. 2% dieser Personen kamen aus anderen europäischen Ländern oder wurden aufgrund der Dublin-Regelungen nach Italien zurückgestellt. 3% waren in Italien geborene Kinder ausländischer Eltern. Im Laufe von 2017 verließen 9.037 Personen die Aufnahmezentren: 43,1% hatten den „Integrationsprozess“ absolviert und aus Sicht der Behörden eine ausreichende Eigenständigkeit bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft erreicht. Doch bleiben diese Menschen vielfach erheblichen Schwierigkeiten bei der sozia- len Inklusion, wenn nicht gar Diskriminierungen ausgesetzt. So gibt es beispiels- weise Ungleichbehandlung im Zugang zu Sozialleistungen und grundlegenden Sozialeinrichtungen, wie etwa Kindergarten, Schulmensa, Kleinkindbonus und Beihilfen für bedürftige Familien. In dieser Hinsicht haben verschiedene lokale Verwaltungen Regelungen verabschiedet, die als diskriminierend betrachtet und prompt von Richtern zurückgewiesen worden sind. Aus dem Ausland zugewanderte Personen treffen zudem auf enorme Probleme bei der Wohnungssuche. Zum einen sind sie selten in der Lage, einen Hypothekar- kredit aufzunehmen, zum anderen gibt es Diskriminierung seitens der Wohnungs- besitzer, die nicht an AusländerInnen vermieten wollen. Aus diesem Grund leben zwei von drei Ausländern in Mietwohnungen, die sie oft mit anderen teilen. Nur ein Fünftel der Ausländer verfügt über eine Eigentumswohnung von in der Regel geringer Größe und peripherer Lage. Die übrigen wohnen in Dienstwohnungen der Arbeitgeber oder mit Verwandten oder Freunden, manchmal in überfüllten Woh- nungen. Auch im Internet haben Diskriminierung und Hassattacken stark zugenommen. Oft auch aufgrund verzerrter Darstellung hinsichtlich der religiösen und äußerer Merkmale einzelner Einwanderer-gemeinschaften, was vor allem Muslime in Itali- en widerfährt. „Wir werden von Muslimen überschwemmt“, hört man oft, doch nur 1.683.000 (32,7% der insgesamt in Italien ansässigen AusländerInnen) sind Mus- lime während die Christen mit 2.706.000 (52,6%) laut IDOS-Daten die Mehrheit stellen. Davon gehören 1,5 Millionen zu orthodoxen Kirchen, über 900.000 sind Katholiken.
21 Migranten und Migrantinnen 7. auf dem Arbeitsmarkt: keine Konkurrenz mit den Inländern Die verbreitete Annahme, dass zugewanderte Personen den Italienern die Ar- beitsplätze wegnehmen, wird seit Jahren durch die Realität widerlegt: 2017 waren 2.423.000 AusländerInnen in einem Beschäftigungsverhältnis gemeldet (10,5% al- ler Beschäftigten in Italien). Zwei Drittel davon mit gering qualifizierten Tätigkei- ten oder als Arbeiterinnen. Im Bereich Dienstleistungen arbeiteten mehr als zwei Drittel der Ausländer (67,4%), in der Industrie 25,6%, in der Landwirtschaft 7%. Deshalb kann es auch nicht überraschen, dass mehr als ein Drittel dieser Arbeit- nehmerInnen für ihre Tätigkeit überqualifiziert sind (34,7%), verglichen mit den 23% Überqualifizierten unter den inländischen Beschäftigten. Grafik 12 60,6 Durchschnitts- 1.381 57,5 entlohnung Ausländische (Euro) 1.029 Arbeit- InländerInnen AusländerInnen 34,7 nehmerInnen in Italien: 23,0 einige 14,3 Merkmale 10,8 9,0 3,7 Quelle: IDOS Dossier Statistico Erwerbs- Arbeitslosen- Über- Unter- quote quote qualifizierte beschäftigte Immigrazione 2018 Unter den ausländischen Beschäftigten sind folgende Berufe am stärksten ver- breitet: 71% der Hausangestellten sind ausländische Frauen (allein 43,2% der be- schäftigten Ausländerinnen arbeiten in diesem Bereich), nahezu die Hälfte der StraßenhändlerInnen, ein Drittel der Transportarbeiter, 18,5% der ArbeitnehmerIn- nen im Gaststätten- und Hotelgewerbe (meist als Kellner und Raumpflegerinnen), und ein Sechstel der Bauarbeiter und landwirtschaftlichen Arbeiter sind Auslän- der. Darüber hinaus sehen sich ausländische Staatsangehörige meist gezwungen, eine Arbeit in Nischenmärkten zu finden, wo oft nur befristete, gering entlohnte oder saisonale Anstellungen geboten werden oder Schwerarbeit zu leisten ist. Oft haben AusländerInnen keinen Arbeitsvertrag, arbeiten schwarz oder in einer Grau- zone und sind damit Opfer von Ausbeutung. 406.000 ausländische Erwerbstätige sind 2017 als arbeitslos gemeldet, etwa ein Sie- bentel aller Arbeitslosen in Italien. Damit weisen die Ausländer eine Arbeitslosenrate
22 von 14,3% auf gegenüber jener der Inländer mit 10,8%. Die geringe soziale Mobili- tät der ausländischen Staatsangehörigen ist typisch für den streng geschichteten italienischen Arbeitsmarkt. Dies zwingt die Ausländer zur Unterordnung, was sich in erheblichen Lohnunterschieden widerspiegelt. Im Schnitt verdient ein italieni- scher Arbeitnehmer 25,5% mehr als ein ausländischer abhängig Beschäftigter, näm- lich 1.381 Euro monatlich gegenüber 1.029 Euro. Ausländische Frauen verdienen im Schnitt 25,4% weniger als ausländische Männer. Grafik 13 34,6% Ausländische Andere ArbeitnehmerInnen Dienstleistungen 10,6% nach Sektoren der Handel Beschäftigung 6,1% Landwirtschaft 6,1% Familienbezogene 9,7% Dienstleistungen Bausektor 16,8% Industrie Quelle: IDOS Dossier im engen Sinn Statistico Immigrazione 2018 Bezüglich der Schlechterstellung der weiblichen Beschäftigten gibt der hohe Anteil von jungen AusländerInnen (15-29 Jahre), die zur NEET-Kategorie gehören, Anlass zu Besorgnis: ein junger Mensch, der sich weder in schulischer noch in beruflicher Ausbildung befindet noch ein Arbeitsverhältnis hat. Nicht weniger als 44,3% der Ausländer dieser Altersgruppe gehören zu den NEETs, verglichen mit 23,7% NEETs bei den Inländern in dieser Altersgruppe. Dieser Umstand weist auf ein weiteres alarmierendes Phänomen hin, nämlich der sehr geringen Erwerbsbeteiligung der ausländischen Frauen, was vor allem Ausländerinnen mit geringer Schulbildung und Berufsbildung betrifft. Verglichen mit einem Schnitt von 44,1% Nicht-Erwerbs- tätigkeit bei Ausländerinnen (43,9% bei den Nicht-EU-Staatsbürgerinnen) liegt die Nicht-Erwerbsbeteiligung der Frauen aus Pakistan, Ägypten und Bangladesch bei mehr als 80% (Ministerium für Arbeit und Soziales). In Italien allgemein liegt die Frauenerwerbsquote knapp über 50%. Somit gibt es keinen Hinweis darauf, dass Migranten im Wettbewerb um Arbeits- plätze mit den Inländern stehen oder den „Italiener die Arbeitsplätze stehlen“, wie in der Öffentlichkeit oft behauptet wird. Eine Wirkung dieser Ungleichheit kann auch im unterschiedlichen Einkommensniveau beobachtet werden. Die in Italien ansässigen Ausländer erklärten insgesamt 27,2 Milliarden Euro an Einkommen (net- to), was ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von 12.000 Euro ergibt. Dies bedeutet,
23 dass ausländische Staatsangehörige fast 10.000 Euro weniger im Jahr verdienen als Inländer (durchschnittlich erklärtes Jahreseinkommen 21.600 Euro). Die Stiftung Leone Moressa unterstreicht, dass 2016 die ausländischen Steuerzahler 3,3 Mrd. Euro an Einkommensteuern und 11,9 Mrd. Euro an Sozialabgaben geleistet haben. Dazu kommen 320 Millionen an Gebühren, die ausschließlich von Ausländern für die Ausstellung oder Erneuerung der Aufenthaltsgenehmigungen und für den Er- werb der Staatsbürgerschaft eingezahlt worden sind. Damit haben AusländerInnen für insgesamt 19,2 Mrd. Euro an Zusatzeinnahmen für den Staat gesorgt. Diesem Betrag stehen 17,5 Mrd. an öffentlichen Ausgaben gegenüber, die MigrantInnen be- zogen haben, was 2,1% der gesamten Staatsausgaben ausmacht. Der Netto-Beitrag der in Italien ansässigen Migranten zu den Staatsfinanzen ist somit positiv und bewegt sich zwischen 1,7 und 3 Milliarden Euro. Außerdem ist anzumerken, dass 2017 die Zahl der ausländischen Mitglieder bei den drei Gewerkschaftsbünden CGIL, CISL und UIL auf rund 975.000 gestiegen ist (+45.000 im Vergleich zu 2016). 8,5% der Gewerkschaftsmitglieder sind Ausländer- Innen. Die Gewerkschaften mit dem höchsten Ausländeranteil unter den Mitglie- dern sind die Gewerkschaften der Bauarbeiter (mehr als 25%), der landwirtschaft- lichen Arbeiter (etwas weniger als 25%), des Bereichs Handel und Dienstleistungen (20%), des Bereichs Transport und Logistik (durchschnittlich mehr als 10% der Mit- glieder sind MigrantInnen). Die relativ schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt und der Wunsch nach so- zialem Aufstieg führen zu verstärkten Anstrengungen, eine selbstständige Un- ternehmertätigkeit aufzubauen. In Italien bestehen bereits fast 590.100 Einzel- unternehmen, die von MigrantInnen geführt werden, was 9,6% aller registrierten Unternehmen entspricht. Manchmal beschäftigen diese Unternehmen auch italie- nische Staatsangehörige. Grafik 14 Von 587.499 AusländerInnen Unternehmen geführte 9,6% Einzelunternehmen aller in Italien Unternehmen davon 7,6% InländerInnen Nicht-EU AusländerInnen +19,6% +2,8% 0,0% -2,0% Quelle: IDOS Dossier Statistico Immigrazione 2016/2017 2012/2017 2018
24 8. Die Migration in Südtirol Grafik 15 – Anzahl – % Veränderung Aus- ländische 60.000 20 Wohn- 50.000 15 bevölkerung 40.000 10 1998-2018 30.000 5 20.000 0 10.000 -5 0 -10 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: ASTAT, ASTAT-Info Stand am 31.12. – Absolute Werte und prozentuelle Veränderung zum Vorjahr 30/2019 Mit 50.333 Personen (31.12.2018) beträgt der Ausländeranteil an der Gesamtbe- völkerung Südtirols 9,5% und liegt im inneritalienischen Vergleich im Mittelfeld. Der Ausländeranteil betrug in Italien 2018 8,5%, der EU-Durchschnitt belief sich auf 7,8%. Während die Ausländerquote im Trentino Ende 2018 bei 8,7% lag, liegt sie im Bundesland Tirol bei fast 16%. In Südtirol ansässige ausländische Staats- angehörige stammen aus insgesamt 139 Ländern, wobei jeweils ein Drittel der in Südtirol ansässigen Ausländer Staatsbürger eines anderen EU-Staates, eines eu- ropäischen Staates, der nicht zur EU gehört, und eines außereuropäischen Staa- tes sind. Im Ländervergleich stellen Migranten und Migrantinnen aus Albanien (11,4%) den höchsten Anteil, gefolgt von Deutschland (8,8%), Pakistan (7,2%), Ma- rokko (7,0%), und Rumänien (6,6%). Mehr als zwei Drittel (70,6%) der in Südtirol wohnhaften ausländischen Staatsangehörigen sind bereits seit über zehn Jahren in Italien ansässig. Grafik 16 11,4% Aus- Albanien ländische 8,8% Wohn- 38,4% Deutschland bevölkerung Andere 7,2% nach Staats- Pakistan bürgerschaft 7,0% 3,2% Marokko Österreich 6,6% 3,5% Rumänien Ukraine 4,2% 4,4% 5,1% Slowakei Kosovo Quelle: ASTAT, Mazedonien ASTAT-Info 30/2019
25 Hauptgrund der neu ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen ist die Familienzu- sammenführung, gefolgt von humanitären Gründen und dann Arbeitsgründen. Die Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen sind von 6,3% (2015) auf 21,9% (2016) und auf 26,3% (2017) gestiegen. Grafik 17 Ansässige, – Männer – Frauen ausländische 872 938 Personen in den Bezirks- Wipptal 2.267 2.532 gemein- schaften 5.051 5.736 2.205 2.457 Pustertal nach 1.098 1.098 7.807 7.927 Geschlecht Vinschgau Eisacktal Burg- grafenamt 1.485 1.738 Bozen Salten – Bis 7% Schlern 7,0%- 9,9% 3.201 3.705 10,0%- 12,9% 13% und mehr Quelle: ASTAT, Überetsch – ASTAT-Info Unterland 32/2018 Den höchsten prozentuellen Anteil an ausländischen Staatsangehörigen an der Gesamtbevölkerung weist die Gemeinde Franzensfeste mit 25,3% auf, gefolgt von Salurn mit 21,1%, Waidbruck mit 18,1% und Brenner mit 16,3%. In absoluten Zahlen am meisten AusländerInnen leben in Bozen (15.161), was 14,1% der gesamten Stadt- bevölkerung entspricht. Meran weist einen Ausländeranteil von 16,2% auf, dort le- ben insgesamt 6.570 ausländische Staatsangehörige. Die Zahl der unbegleiteten Jugendlichen ist von 69 (2015) auf 106 (2017) gestiegen. Immer mehr in Südtirol ansässige AusländerInnen erwerben die italienische Staatsbürgerschaft. 2017 haben in Südtirol 2.377 Personen die italienische Staats- bürgerschaft erhalten, das sind 25,4% weniger als noch 2016 (3.187 Personen). Bis 2016 waren 19 Jahre lang steigende Einbürgerungszahlen verzeichnet worden. Die in Südtirol ansässigen AlbanerInnen sind die absoluten Spitzenreiter beim Erwerb der Staatsbürgerschaft. Auch die zweite und dritte Generation der MigrantInnen in Südtirol wächst lang- sam heran. In Südtirol lebten Ende 2017 6.750 AusländerInnen, die in Italien ge- boren sind, was 13,9% der insgesamt in Südtirol ansässigen ausländischen Staats- angehörigen ausmacht.
26 Grafik 18 – Männer – Frauen 3.500 Der Erwerb 3.000 der italienischen 2.500 Staats- 2.000 bürgerschaft 1.500 in Südtirol 1.000 500 0 Quelle: ASTAT, 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 ASTAT-Info 67/2017 Im Durchschnitt sind in Südtirol ansässige ausländische Staatsangehörige 35,2 Jahre alt, während das Durchschnittsalter der inländischen Bevölkerung (Staats- bürgerInnen) 43,4 Jahre beträgt. Bei der ausländischen Bevölkerung überwiegen die Frauen (52,8% gegenüber 47,2% Männer). Die in Südtirol ansässigen ausländi- schen Frauen sind geburtenfreudiger als der Durchschnitt der in Italien lebenden Migrantinnen. Die Fruchtbarkeitsrate liegt bei den Ausländerinnen bei 2,5 Kindern, bei den inländischen Frauen bei 1,6 Kindern pro Frau. Grafik 19 2016 2017 Erwerb der italienischen Albanien 449 213 Staatsbürgerschaft: Pakistan 216 90 erste 10 Herkunftsländer Marokko 192 91 Mazedonien 156 85 Kosovo 154 73 Rumänien 105 39 Peru 68 22 Bosnien und Herzegowina 67 19 Bangladesch 62 19 Quelle: Aut. Provinz Bozen, Moldawien 59 12 Bericht zur Einwanderung und Integration in Südtirol 2016/17 Die demografische Struktur der Migranten in Südtirol spiegelt jene der ausländi- schen Staatsangehörigen in ganz Italien wider. Es fehlen die älteren Jahrgänge, während die Personen im erwerbsfähigen Alter stark vertreten sind. Im Wachsen begriffen sind die Jahrgänge der Ausländerkinder, die zum Teil schon in Italien ge- boren sind.
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